1895 / 250 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 18 Oct 1895 18:00:01 GMT) scan diff

„der Gesammtwirkung an Bedeutung überragte. Der alte Atting⸗ hausen des Herrn Pauly war eine recht gute schauspielerische Leistung in Anbetracht dessen, daß er für diese Rolle garnicht eeignet ist; dieselbe würde zweifellos weit besser Herr Pablen vertreten, der den Pfarrer Rösselmann spielte. Herr Pahlau, der die Rolle des Rudenz wohl nur provisorisch über⸗ nommen hatte, fühlte sich im Hofkleide des Junkers augenscheinlich nicht wohl; hier wäre Herr von Winterstein gewiß viel besser am Platze gewesen. Wir wollen es an diesen Bei⸗ spielen genug sein lassen. Daß die Aufführung im übrigen manche packenden und interessanten Momente aufwies, soll damit nicht in Abrede gestellt werden. Der Geßler des Herrn Froböse hielt sich vom .“ fern und zeigte scharf umrissene Charakterzüge. Auch Herr Bach als Melchthal konnte berechtigte Ansprüche be⸗ friedigen. Durchweg gut besetzt waren die Frauenrollen; Seraphine Detschy als Gertrud Stauffacher, Marie Wolf als Frau des Tell und vor allem Meta Illing als Bertha von Bruneck verdienen volle Anerkennung. Die kleine Bottstein rief als Walther Tell allgemeine Bewunderung hervor. Die Inscenierung konnte auch verwöhnten Ansprüchen genügen: die neuen vom Maler des Hauses Richard Fischer ausgeführten Dekorationen, insbesondere der Prospekt der Rütliscene, waren von prächtiger Wirkung. Das Peplitum ließ sich, wie bereits gesogt, vom idealen Schwunge der

dichtung zu lebhaften Beifallsäußerungen hinreißen. Konzerte.

Die junge, begabte Violinvirtuosin Betty Schwabe errang estern im Saal der Sing⸗Akademie wiederum lebhaften Beifall ür ihre künstlerischen Leistungen. Mit dem selten gespielten, schwierigen Konzert in D-dur, op. 77, von J. Brahms, das sie mit technischer Vollendung und tief empfindender Ausdrucksweise vortrug, erweckte die Künstlerin einen stürmischen Applaus, der sich wiederholte nach dem Vortrag der originellen, melodiös ge⸗ haltenen Romanze ihres Meisters Joachim und sich zu wieder⸗ holtem Hervorruf steigerte bei dem am Schluß des Abends gespielten Konzert in G-moll von Max Bruch. Die vortheilhaft be⸗ kannte Altistin Fräulein Cäcilie Kloppenburg trug eine Arie

aus „Samson und Dalila“ von Saint⸗Saöns und einige Lieder vor, unter denen das „Schwesterlein“ von Brahms und „das Mädchen ind der Schmetterling“ von d'Albert ganz besonders gefielen. Das

Philharmonische Orchester bewährte sich unter Leitung des Herrn Professors Joachim vortrefflich.

In dem fast überfüllten Saal Bechstein gab zu gleicher Zeit der junge russische Violinvirtuos Ale xander Petschnikow sein weites Konzert. Er bewies darin aufs neue seine außer⸗ ewöhnlichen Eigenschaften: bewunderungswürdige technische Fertig⸗ keit und, was noch weit mehr besagen will, gründliche Bildung. Vor allem war es wieder sein ollendeter Vortrag der „Ciaconna“ von Bach, die letzteres bezeugte. Auch die schöne D-moll⸗Sonate mit Variationen von Corelli

in dieser unübertrefflichen, fein ausgearbeiteten Wiedergabe

einzigartigen Kunstgenuß. Ein

Wieniawski ab dem Künstler Gelegenheit, seine Geige, ie ein Erbstück von dem berühmten Laub sein soll, in entzückender Weise singen zu lassen. Andere Stücke von Lalo (Norwegische Phantasie), Saint Saöns (Prélude du déluge und Cygne) nd Bazzini (calabresischer Tanz) setzten vorwiegend seine Vir⸗ uosität in das glänzendste Licht. Das Publikum war noch nthusiasmierter als am ersten Abend und schmeichelte ihm durch un⸗ ausgesetzten Beifall sowohl im Verlauf des Konzerts wie am Schluß, wo es nicht vom Platze weichen wollte, Zugaben und Wieder⸗ holungen ab. Für seine diskrete und geschickte Begleitung verdient Herr Otto Bake noch besondere Anerkennung.

In Kroll's Theater bringt die Königliche Oper morgen Richard Wagner's „Tannhäuser“ unter Kapellmeister Dr. Muck's Leitung in folgender Besetzung zur Aufführung: Tannhäuser: Herr Sylva, Elisabeth: Fräulein Hiedler, Wolfram: Herr Bulß, Venus: Frau Sucher, Landgraf: Herr Mödlinger. Anfang 7 Uhr. Herr Emil Götze tritt Sonntag zum letzten Mal vor seinem Gastspiel in München in Kroll's Theater auf und singt bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal den Edgard in Donizetti's „Lucia von Lammermoor“ im Verein mit Miß Mary Howe aus New⸗York als Lucia.

Adagio élégiaque von-

Auf Allerhöchsten Befehl findet die Wiedereröffnung des Königlichen Opernhauses am Mittwoch, den 23. Oktober cr., mit Beethoven’s „Fidelio“ statt.

Im Königlichen Schauspielhause findet morgen eine Wiederholung des Goldoni⸗Abends, Mirandolina“ und „Der Diener zweier Herren“, in Emil Pohl's Bearbeitung statt. Die Herren Matkowsky, Vollmer, Purschian, Arndt, Herzer, die Damen von Hochenburger, Poppe, Hausner treten darin auf.

Das Konzerthaus feiert morgen den 50. Jahrestag der ersten Aufführung der Oper Tannhäuser“ durch Veranstaltung eines „Wagner⸗Abends“, an welchem verschiedene Hauptnummern aus der Oper zur Aufführung gelangen: „Der Venusberg“ (Bacchanale), „Arie der Elisabeth“, gesungen von Frau Waibel, Marsch (Einzug der Gäste auf der Wartburg), Einleitung zum III. Akt (Tannhäuser's Fügeefecrth. „Gebet der Elisabeth“ (Frau Waibel), Lied „An den

bendstern“, Ouvertüre (in ursprünglicher Fassung). Außerdem ent⸗ hält das Programm das Vorspiel zu den „Meistersingern von Nürn⸗ bverg“, das „Siegfried⸗Idyll“, „Ein Albumblatt“ und den Ritt der Walküren aus der „Walküre“. 1“ .“

Mannigfaltiges.

Das V. Armee⸗Korps und das Regiments Kronprinz Friedrich Wilhelm (2. Schlesisches) Nr. 11. haben heute am Sarge des Hochseligen Kaisers Friedrich im N bei der Friedenskirche zu Potsdam Kränze niederlegen lassen.

Wenn schon unsere Wälder durch die schönen Blatt⸗ färbungen der Laubhölzer im Spätjahr Entzücken erregen, so ist dies gewiß noch viel mehr der Fall im Berliner Botanischen Garten, wo die zahlreichen exotischen Bäume und Sträucher gegenwärtig Farben zeigen, wie sie von der heimischen

lora nie in ähnlicher Weise hervorgebracht werden. Zahlreiche Bäume prangen noch in frischem Grün, was um so merk⸗ würdiger ist, als wir doch in diesem Jahre einen sehr heißen und lange andauernden Sommer hatten. Häufiger bemerkt man jedoch schon gelbe Färbungen, die Farbe des Blattfalls in unseren Klimaten, dem sich oft ein brauner Ton beimischt, wie ihn besonders Eichen im Spätjahr erhalten. Dazu tritt jedoch nicht selten ein leuchtendes Roth, welches in prachtvoller Weise wirkt und hauptsächlich von zahl⸗ reichen Exemplaren der nordamerikanischen Rhus glabra herstammt. Reizend erscheinen auch solche Bäume, bei welchen sich zahl⸗ reiche Herbstfarben bemerkbar machen, so die ebenfalls nordamerikanische Sumpfeypresse (Taxodium distichum), von welcher unser Botanischer Garten Exemplare besitzt, die nur selten an Schönheit und Größe von solchen in ihrer Heimath übertroffen werden. Der oberste Theil der Krone, welche einen wunderbaren Baumschlag bildet, zeigt noch ein schönes Hellgrün, während die darauffolgenden Aeste schon allmählich durch ein blasses Gelb zu einem braunen Ton übergehen und die Blättchen der untersten häufig ein prächtiges Roth aufweisen. 8

Doch wie lange wird es dauern, und auch diese Schönheit ist vorüber eine Schönheit, die, trotzdem sie das zarte Grün des Früh⸗ lings bedeutend überragt, doch nicht so freudig empfunden wird und jedermann mit einer gewissen Abschiedsstimmung erfüllt! Desto wohl⸗

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thuender berührt es, daß wir noch überall blühende Pflanzen in reicher

Zahl bemerken. Jetzt erst kommen die Gruppen der Georgine recht zur Geltung, welche im Sommer mehr oder weniger der gewöhn⸗ lichen Form ihrer Einzelblüthen wegen mißachtet werden. Und wenn man auch nicht behaupten kann, daß sich die einzelne Blüthe durch Schön⸗ heit ganz besonders auszeichnet, so wird sich doch niemand dem Ein⸗ druck entziehen können, daß der Anblick einer in richtiger Weise zusammengestellten Gruppe einen ganz außerordentlichen Reiz besitzt, sowohl was die Verschiedenheit in der Höhe der einzelnen Exemplare als die Färbung und Ausbildung der Blätter und Blüthen betrifft. Ganz ähnlich verhält es sich mit den Gruppen des Blumenrohrs (canna indica), welches ebenfalls jetzt gerade in vollster Ent⸗ wickelung steht. Doch wirkt eine richtig gewählte Zusammenstellung derselben noch viel vortheilhafter als eine solche der Georgine, da jeder Stock von prächtiger, ornamentaler Gestalt ist, und ie Blätter durch ihre verschiedenartige Färbung, die

Offizierkorps des Grenadier⸗

Blüthen durch die wunderbaren 5 auffallen. Eigenthümlich berührt es auch, ganze Beete übersät zu finden mit verschieden blühenden Krokusarten, welche man ja allgemein als Boten des Früh⸗ lings zu bezeichnen gewohnt ist, und daß sich ferner an anderen Stellen des Gartens eben erst in prächtigem Rosa oder Weiß die Blüthen von Anemonen geöffnet haben. Doch würde man sich irren, wenn man etwa glauben wollte, daß diese Pflanzen ihrer gewöhnlichen Blüthezeit vorausgeeilt seien. Die meisten ihrer verwandten Arten

sind allerdings Frühlingsblüher; diese dagegen sind dadurch ausgezeichnet,

daß sie in der blüthenleeren Zeit vor Eintritt des Winters erst ihre Knospen enkfalten. Anders ist dies allerdings mit dem in den Südalpen heimischen Helle borus niger, der Christfestwurz oder Winter⸗ blume, welche gewöhnlich mitten im Winter, oft durch Schnee und Eis hindurch, ihre Blüthenschäfte treibt, nach diesem heißen Sommer dagegen jetzt schon hier und da zur Blüthe gelangt ist.

Einen reizenden Anblick bieten auch die zahlreichen Eibenbäume (Taxus baccata) des Botanischen Gartens: einer Conifere, welche sich in der Fruchtbildung von sämmtlichen bei uns einheimischen Nadelhölzern scharf unterscheidet. Während, wie ja bekannt, die Früchte unserer Coniferen aus den bekannten Zapfen bestehen, weist die Eibe an ihrer Stelle kleine rothe Beeren auf und ist oft über und über mit denselben bedeckt.

Nur noch kurze Zeit werden sich diese Schönheiten erhalten; bald bhat der Herbststurm die letzten Blätter hinweggefegt, und die

reizenden Blüthen fallen dem ersten Frost zum Opfer!

Im Monat September wurden hierselbst 385 Proben von Nahrungs⸗ und Genußmitteln amtlich untersucht und 51 davon beanstandet, darunter je 2 mit Margarine vermischte Butter⸗ und Käseproben und eine mit Baumwollsamenöl verfälschte Bratenschmalzprobe. Eine Probe von Scheibenäpfeln wurde wegen Zinkgehalts, zwei von Pfeffergurken wegen Kupfergehalts beanstandet; eine größere Zahl von Griesproben ergab sich als durch Mehlmilben verunreinigt und mehr oder minder verdorben.

Der Vorstand des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller macht noch einmal darauf aufmerksam, daß am Mittwoch, den 23. Oktober, Abends 8 Uhr, Herr F. S. Archenhold, Leiter der Grunewald⸗Sternwarte, im großen Saale des „Kaiserhofes“ vor Herren und Damen den bereits angekündigten Vortrag über „den 8 der Riesenfernrohre mit Lichtbild⸗ ꝛc. Demonstrationen“ halten wird.

Der Verein iug ger Kaufleute von Berlin wird in den Gesammträumen der Philharmonie gegen Ende des Monats ein Fest veranstalten, dessen Ertrag für die Unterstützungskasse des Vereins bestimmt ist. Es ist dem Festcomité gelungen, hervorragende Berliner Bühnenkünstler und Künstlerinnen zur Mitwirkung zu gewinnen. Das wird auch groͤßere musikalische Werke heiteren Genres enthalten. .

Im Zirkus Renz geht am Dienstag, den 22. d. M., als erste Pantomimen⸗Novität ein großes militärisches Ausstattungsstück, be⸗ titelt 1870/71“, in Scene. Kommissions⸗Rath Franz Renz, welcher den Feldzug als Vize⸗Wachtmeister beim 12. Dragoner⸗Regiment bis zum Frjehencfchlusfe mitgemacht und bei Gravelotte und Dijon mitgefochten hat, hat die Kriegsbilder entworfen und sämmtliche Proben persönlich geleitet. Der erste Theil, „In Feindes Land“, versetzt den Zuschauer in ein Bivouac der Zuaven und Turcos, welches durch preußische und bayerische Truppen überrumpelt wird, dann entwickelt sich ein Kaval⸗ leriegefecht zwischen französischen Dragonern und preußischen Husaren mit sich anschließender Verfolgung des fliehenden Feindes durch deutsche Infanterie, Artillerie und Kavallerie. Der zweite Theil, „Kriegers Heimkehr“, spielt sich am Brandenburger Thor in Berlin ab und stellt den Einzug der Sieger dar.

Görlitz, 17. Oktober. Die „Görlitzer Nachrichten“ melden: Infolge schlagender Wetter erstickten in dem Schacht der „Kaiser Wilhelm⸗Grube“ bei Lichtenau, Kreis Lauban, zwei

Bergleute; zwei andere wurden rechtzeitig gerettet. (Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

t vom 18. Ottober

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Wagner.

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Stationen.

burg. Romantische Oper in 3 Akten von Richard Ballet von Emil Graeb. setzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dekorative Ein⸗ vom Ober⸗Inspektor Brandt. Kapellmeister Dr. Muck.

Schauspielhaus. 224. Vorstellung. Mirandolina.

In Scene ge⸗

Dirigent: Anfang 7 Uhr.

Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25 26. Sonnabend: Gastspiel der Liliputaner. Abend 7 ½ Uhr: Die Reise uach dem Mars. Sonnabend, Nachmittags 3 Uhr: Große Kinder⸗ Sneewittchen und die

Saal Bechstein. Linkstraße 42. Sonnabend, Anfang 7 ½ Uhr: Lieder⸗Abend von Gustav

Jeden Borchers.

sieben

die Prenzlauer Weißgerber noch nicht vorgegangen.

stehende

auf Kredit zu kaufen.

in 0 Celsius

Temperatur 5 ˙ C. = 40 R.

Bar. auf 0 Gr 1 u. d. Meeressp. red. in Mill

Belmullet.. wolkenlos Aberdeen.. heiter Christiansund Fger Kopenhagen. 3 Nebel Stockholm. bedeckt Haparanda Dunst Moskau ... bedeckt ¹)

Cork, Queens⸗ 19m1,‿ ⁴8 Cherbourg. Ieb

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halb bed. heiter wolkig 5 88 il wolkig²) NW 3 balb bed. WNW A bedeckt

1 Regen

mburg.. winemünde Neufahrwasser Memel ... N

Peris NNO ü6888ö

Karlsruhe.. Wiesbaden

N N NNW NW SUNS

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) Gestern und Nachts Regen. ⁴) Reif. ⁵) Gestern Gewitter.

Uebersicht der Witterung.

Der Kern des Hochdruckgebiets, welches jetzt fast anz Europa überdeckt hat sich ostwärts nach der Noedsee verlegt, wobei der Luftdruck im Westen der Britischen Inseln wieder langsam abgenommen hat. Bei schwacher, meist nördlicher Luftströmung ist das Wetter in Deutschland kühl, vielfach heiter und meist trocken, an der ostrussischen Küste ist reichlich Regen gefallen, die Morgentemperatur liegt an der Küste bis zu 5 ½, in Mitteldeutschland bis zu 6 ½, im Süden bis zu 8 ½ Grad unter dem Mittelwerthe; vielfach haben Nachtfröste stattgefunden, allgemein in Süd⸗ deutschland. Fortdauer wahrscheinlich. Deutsche Seewarte.

Theater. Königliche Schanspiele. Sonnabend: Opern⸗

haus. (Kroll’'s Theater.) 77. Vorstellung. Taun⸗ häuser und der Sängerkrieg auf Wart⸗

SScogdcehge

5 wolkenlos 1 beiter 2 halb bed.

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³) Reif.

Lustspiel in 3 Aufzügen, frei nach dem Italienischen des Carlo Goldoni, von Emil Pohl. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Der Diener zweier Herren. Possenspiel in 1 Aufzug, nach dem Italienischen des Carlo Goldoni, von Emil Pohl. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag: (Kroll's Theater.) 78. Vorstellung. Lucia von Lammermoor. Ovper in 3 Akten von Gastano Donizetti. Text von S. Camerano. (Miß Lucia: Fräulein Mary Howe aus New⸗York, Sir Edgar: Emil Götze, Königlicher Kammersänger, als Gäste.) Phantasien im Bremer Raths⸗ keller. Phantastisches Tanzbild, frei nach Wilhelm Hauff, von Emil Graeb. Musik von Adolf Stein⸗ mann. Anfang 7 ½ Uhr. Schauspielhaus. 225. Vorstellung. Wie die Alten sungen. Lustspiel in 4 Aufzügen von Karl Niemann. (Annalise: Frau Clara Meyer, Ehren⸗ mitqtied des Königlichen Schauspiels.) Anfang b.

Sonnabend: Die

Dentsches Theater. Mütter. Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag, Nachmittags 2 ½ Uhr: Die Weber. Abends 7 ½ Uhr: Der Meister von Palmyra. Montag: Die Mütter.

Berliner Theater. Sonnabend: Götz von Berlichingen. Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag, Nachmittags 2 ½ Uhr: Der Pfarrer von Kirchfeld. Abends 7 ½ Uhr: Die Grille. Montag: Die Journalisten.

Lessing⸗Theater. Sonnabend: Gräfin Fritzi. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr (volksthümliche 8 Die Ehre. Abends 7 ½ Uhr: Gräfin

ritzi. 1

Kesidenz⸗Theater. Direktion: Sigmund Lautenburg. Sonnabend: Der Rabenvater. Schwank in 3 Akten von H. Fr. Fischer und Josef Jarno. Vorher: Aber die Ehe! Komödie in 1 Akt von P. Linsemann. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag und folgende Tage: Der Rabenvater. Vorher: Aber die Ehe!

Vorstellung. Zwerge.

Sonntag Nachmittags: Die Reise nach dem Mars. Kinder Nachmittags halbe Preise.

Neues Theater. Schiffbauerdamm 4./5.

Sonnabend: Der Millitärstaat. Schwank in 4 Akten von Gustav von Moser und Thilo von Trotha. Regie: Siegfried Jelenko. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag Nachmittag: 2 volksthümlichen Preisen: Francillon. Schauspiel in 3 Akten von Alexandre Dumas. Deutsch von Paul Lindau. Abends 7 ½ Uhr: Der Militärstaat.

Theater Unter den Linden. Direktion: Julius Fritzsche. Sonnabend: Mit neuer Ausstattung: Der goldne Kamerad. Operette in 3 Akten, nach einer Idee aus Bret Harte's Erzählungen, von Hermann Hirschel. Musik von Louis Roth. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Hierauf: Phantastisches Ballet⸗Divertissement, arrangiert vom Ballet⸗ meister Herrn Jean Reisinger. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Der goldne Kamerad. Hierauf: Phantastisches Ballet⸗Divertissement.

Adolph Ernst⸗Theater. Sonnabend: Parade⸗ bummler. Besetzung der Hauptrollen: Anna Bäckers, Josefine Dora, Ida Schlüter, Adolph Ernst, Julius Eyben, Hugo Haßkerl, Richard Jürgas, Guido Tielscher, Carl Weiß, Georg Worlitzsch. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Bentral⸗Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Direktion: Richard Schultz. Emil Thomas a. G.

Sonnabend: Eine tolle Nacht. Große Aus⸗ stattungsposse mit Gesang und Tanz in 5 Bildern von Wilb. Mannstädt und Julius Freund. Musik von Julius Einödshofer. In Scene gesetzt vom Direktor Richard Schultz. Die Tanz⸗Arrangements vom Balletmeister Gundlach. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Eine tolle Nacht.

Konzerte.

Konzert-Haus. Sonnabend: Karl Meyder⸗ Konzert. II. Wagner⸗Abend, unter gefl. Mitw. der Konzertsängerin Frau Betty Waibel. Zur Erinnerung an die I. Aufführung der Oper „Tann⸗ häuser“ vor fünfzig Jahren. I. Aufführung: 19. Oktober 1845 im Hof⸗Theater zu Dresden.

Birkus Renz. Karlstraße. Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr: Große e Festliche Begrüßung und Willkommens⸗Huldigung der Reichshauptstadt und ihren Bewohnern, dar⸗ gebracht vom gesammten Herren⸗ und Damen⸗ Perleheg. in einer besonderen Art arrangiert vom

irektor Fr. Renz, endigend mit einer Polonaise. Joujou hippique mit 12 Freiheitspferden. Das Vollendetste der Pferdedressur, wie solche bis jetzt noch nicht gesehen wurde. Vorgeführt vom Di⸗ rektor Fr. Renz. Die vier Jahreszeiten, Schule, geritten von 4 Damen. Auftreten der berühmtesten Schulreiter der Gegenwart: Mr. Gaberel mit seinem Rapphengst Chicago, Mr. James Fillis mit seinem Vollblutpferde Markir. Die große Armee⸗ Steeple⸗Chase. Auftreten der renommierten Künstler⸗Familie James Jee, sowie des Original⸗ Klowns Mr. Gobert Belling und des beliebten „August“ Mr. Lavater Lee. Alles Nähere aus Plakaten und Austragezetteln ersichtlich.

Sonntag: 2 Vorstellungen, Nachmittags 4 Uhr (1 Kind unter 10 Jahren frei): Tjo Ni En. (Beim Jahreswechsel in Peking.) Abends 7 ½ Uhr: Extra⸗Vorstellung.

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Martha von Zeschau mit Hrn. Landschaftsmaler Otto Serner (Sorau N.⸗L. Sagan). Frl. Margarethe Oppitz mit Hrn. Landesältesten, Prem.⸗Lieut. a. D. Max Müller (Leobschütz Pommerswitz).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Hauptmann Bodo von Ditfurth (Colmar i. E.).

Gestorben: Hr. Constantin Reichsgraf von War⸗ tensleben (Fürstenberg i. M.) Hr. Ritterguts⸗ besitzer Eduard von Engelmann (Przybor). 8 Sanitäs⸗Rath Dr. Paul Schütte (Berlin).

r. Landmesser, Prem.⸗Lieut. d. L. Oscar Hoff⸗ mann (Breslau). Hr. Wirklicher Geheimer Rath Carl Friedrich Graf Vitzthum von Eckstädt (Dresden).

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.

Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Fünf Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

1146“ zum Deutschen Reichs⸗Anz No. 250.

Berlin, Freitag, den 18. Oktober

eiger und Königlich Preußischen St

Statistik und Volkswirthschaft. 8

Zur Lage der Weiß⸗ und Lohgerberei.

Nach den Forschungen des Vereins für Sozialpolitik über die Lage des Handwerks in Deutschland.

Von den bisher veröffentlichten Berichten des Vereins für

Sozialpolitik über die Lage des Handwerks in Deutschland beschäftigt sich nur einer mit der Gerberei. Es ist dies der Bericht über die Lage der Weißgerber und Lohgerber in Prenzlau. Nach der Zäh⸗ lung von 1882 kamen im Kreise Prenzlau auf 10 000 Einwohner 23,50 in der Gerberei beschäftigte Personen. Die Stadt mit ihren rund 20 000 Einwohnern ist sonach nicht als eine Gerberstadt von hervorragender Bedeutung anzusehen; sie wurde in dieser Beziehung 1882 von mehr als 30 preußischen Städten übertroffen. Sie ist überhaupt keine Industriestadt, sondern lebt noch heute zum rößten Theil vom Verkehr mit der Bevölkerung des umliegenden bandes, welche ziemlich konsumtionsfähig ist. Der städtische Handel ist durch die modernen Verkehrsmittel, namentlich die Eisenbahn, wenig günstig beeinflußt worden, da den Konsumenten der unmittelbare Einkauf in Berlin und Stettin dadurch sehr er⸗ leichtert ist. Es ist bemerkenswerth, daß der Berichterstatter des Vereins für Sozialpolitik als Grund der immerhin starken Vertretung der Gerberei speziell der Weißgerberei nur die „Einwanderung einiger kapitalkräftiger Meister“ in den sechziger Jahren und das Vorhandensein „bedeutender Fellhändler und Woll⸗ und Lederhändler“ am Ort anführt. Für den örtlichen Konsum produzieren die Ger⸗ bereien so gut wie nichts. Die Lohgerber setzen an die einheimischen Schuhmacher und Sattler, von welchen ersteren 126,46 auf 10 000 Ein⸗ wohner im Kreise kommen, nur etwa 5 % ihrer Produktion ab. Wie sich nun unter diesen, für den besonderen Gewerbszweig keineswegs günstigen örtlichen Verhältnissen die Lage des Handwerks in der Weiß⸗ und Lohgerberei gestaltet hat, sei nach der angeführten Quelle im Folgenden dargelegt.

Von den 10 Weißgerbermeistern bezieht nur einer den Rohstoff, die Felle, unmittelbar vom Produzenten, 9 kaufen vom Fellhändler. Der Bezug von Schaffellen vom Schlächter ist sehr gering und kommt nicht in Betracht. Der Einkauf geschieht im allgemeinen gegen Baar⸗ zahlung. Wer Kredit nimmt, kann fehlerhafte Waare schwer zurück⸗ weisen und erleidet dadurch Schaden. Genossenschaftlich sind vorgeg „Sie erklären das“ wie der Bericht sagt „einfach für unmöglich wegen der Verschiedenheit der Felle und der Wolle, der verschiedenen Quantitäten, deren ein jeder bedarf, und der sehr verschiedenartigen Kreditfähigkeit eines jeden. Die kleinen Meister, welche ohne ein bedeutendes Kapital arbeiten, wären auch nicht im stande, von neuem einzukaufen, bevor sie die verarbeiteten Vorräthe abgesetzt hätten. Gerade bei

schlechter Konjunktur würde dieser Fall häufig eintreten.“ Die kleinen

Meister klagen über mangelhafte Krediteinrichtungen. Der am Ort be⸗ Vorschußverein nach dem System von Schulze⸗Delitzsch genügt ihnen nicht, da er nur vierteljährlichen Kredit gewährt, während es häufig viel länger dauert, bis sie ihre Waare abgesetzt haben und zur Zurückerstattung des Anlehens im stande sind. Außer⸗ dem können sie Summen in der gerade gewünschten Höhe beim Vor⸗ schußverein nicht erhalten, und ein Kredit zu 6 % ist ihnen auch zu kostspielig. Sie ziehen es deshalb vor, wenn nöthig, beim Fellhändler Die beiden Fellhändler am Ort sind frühere Weißgerbermeister.

Die Bearbeitung geschieht ausschließlich mit den Händen. Maschinenbetrieb hat nach des Berichterstatters Erkundigungen über⸗ haupt in der Weißgerberei noch nicht platzgegriffen und wird es auch ft, wie der Berichterstatter glaubt, nicht können; sowohl die kleinen Gerbermeister wie auch der Inhaber eines der ersten Berliner Großbetriebe hätten ihm das bestätigt. Dagegen arbeite die Farben⸗ und Lacklederfabrikation mit Maschinen, beziehe aber zu⸗ meist ihr Material als Halbfabrikat vom Weißgerber.

In bemerkenswerther Weise entwickeln sich die Arbeiterverhältnisse. Da der Weißgerbereibetrieb leicht zu lernen ist, so treten die jungen Leute nicht gern als Lehrlinge ein, sondern als Tagelöhner, um so früher zu besserem Lohn zu gelangen. Von 72 in der Prenzlauer Weißgerberei beschäftigten erwachsenen, männlichen Arbeitern werden nur

6 als „Gerbergesellen“ bezeichnet; ihr Lohn ist ein wenig höher als der der

„Tagelöhner“. Die kleinen Meister beschäftigen noch vor⸗ wiegend Gesellen, da sie bei nicht durchgeführter Arbeitstheilung deren vielseitigere Schulung nicht entbehren können. Von den 3 Weiß⸗ gerbereien, in denen mehr als 10 Arbeiter beschäftigt sind, werden in einer ausschließlich „Tagelöhner“ verwendet, in der zweiten unter 14 Arbeitern 2 Gesellen, in der dritten 8 Tagelöhner und 5 Ge⸗ sellen. Der Inhaber eines Berliner Großbetriebs der Glacégerberei mit mehreren hundert Arbeitern hat dem Berichterstatter mitgetheilt, daß bei ihm fast nur gelernte Gerbergesellen thätig seien; denn würde er sich Tagelöhner „anlernen“, so würden diese doch, sobald sie eingearbeitet seien, dieselben Löhne wie die Gesellen beanspruchen.

Nach den angestellten Erkundigungen glaubt der Berichterstatter die Hoffnung, daß die Weißgerberei sich als Handwerk werde halten können, für nicht ungerechtfertigt erklären zu müssen. Nicht als „Handwerker“, sondern als „Wollhändler“ seien die Weiß⸗ gerber in Gefahr zu Grunde zu gehen. Könnte man ihnen das Risiko des Wollgeschäfts, welches ihnen freilich in guten Zeiten ihr Haupt⸗ einkommen geliefert habe, abnehmen, so wäre ihnen geholfen. Der Absatz der Wolle hat eine weit größere Bedeutung für den Gerber, als der Absatz des Leders. Der Preis der ersteren ift von 1886 bis 1894 von 130 auf 80 gesunken. Wie sehr der Wollpreis die

auptrolle spielt, erhellt schon daraus, daß unmittelbar nach der

chur ein Schaffell etwa 50 kostet, dann aber der Preis um monatlich 35 bis 40 steigt. Der Absatz des Leders erfolgt auf der Messe in Leipzig oder Frankfurt a. O. und an Händler.

„Auch die Lohgerbermeister zur Zeit 5 in Prenzlau beziehen ihren Rohstoff hauptsächlich vom nur 15 % etwa vom Fleischer. Roßleder wird nicht mehr verarbeitet, da man mit den großen holsteinischen Gerbereien darin nicht konkurrieren kann. Der Absatz geschieht an einheimische und auswärtige Leder⸗ händler, in guten Feiben wenn schneller Verkauf zu erwarten ist, auf der Leipziger Messe. Der oben bereits erwähnte geringe Absatz an die Schuhmacher und Sattler am Ort wird durch die „Unfähigkeit der Lohgerber, mit den Handlungsreisenden der Berliner Leder⸗ Feschäfte erfolgreich zu konkurrieren“, zu erklären versucht. Die kleinen ohgerber klagen über die „gedrückte, ja hoffnungslose“ Lage. Nicht so sehr die Maschine sei es, die den Kleinbetrieb ungünstiger stelle,

als vielmehr die Vortheile des Großbetriebs beim Einkauf und die Thatsache, daß der letztere auch bei höheren Arbeitslöhnen infolge der

Arbeitstheilung billiger produziere als der Kleinbetrieb. Von dem Zoll auf ausländische Gerbstoffe erhofft der Berichterstatter eine Wendung zu Gunsten der Kleinbetriebe nicht. Die., dadurch erzielte Vertheuerung der einheimischen Gerbstoffe würde die Steigerung der ederpreise für den Gerber ausgleichen, den Lederexport drücken und vor allem den Großhandel wieder in den Stand setzen, amerikanisches Leder erfolgreich zu importieren. Es sei sehr erklärlich, man nach Mitteln suche, um den bestehenden Klein⸗ betrieben zu helfen; aber bei nüchterner Prüfung komme man zu dem Resultat, daß die Lohgerberei als Handwerk untergehen müsse, wenn es ihr nicht gelinge, durch genossenschaftlichen Zusammenschlut beim

Einkauf und Verkauf für sich die Vortheile und insbesondere die Kapit lsintensität des Großkapitals zu erlangen. Zur Arbeiterbewegung.

In Mastricht hat, wie der „Voss. Ztg.“ aus Brüssel geschrieben wird, die große Glas⸗ und Krystallfabrik Regaut, die 800 Arbeiter beschäftigte, ihren Gesammtbetrieb eingestellt und ihre Oefen ausblasen lassen. Die Arbeiter hatten Lohnerhöhungen und neue Arbeitsbedingungen gefordert, die Regaut nur zum theil zulassen wollte. Alle Vermittlungsversuche sind gescheitert.

In Gent fürchtet man, einer Mittheilung desselben Blattes zufolge, eine neue Ausdehnung des Ausstandes. Nach dem Vorgang der Metallarbeiter fordern jetzt die Holzarbeiter unter der Anführung der Zimmerleute Lohnerhöhungen und neue Arbeitsbedingungen, insbesondere die Erhöhung des Stunden⸗ lohns, zehnstündige Arbeitszeit, Beseitigung des Lohnabzugs für die Beleuchtung und Beseitigung der Arbeiterbetheiligung an den Unfallversicherungen. Werden diese Forderungen nicht bewilligt, so soll der allgemeine Ausstand aller Holzarbeiter eintreten. Die Arbeit⸗ geber wollen nur einzelne Zugeständnisse machen. Zunächst ist die Spndikatskammer einberufen worden, um die Arbeiterforderungen zu prüfen.

Zum Ausstand der Maschinenbauer in Belfast berichtet die Londoner „A. K.“: Die Lage in Belfast hat sich wenig verändert. Die Schiffsbaumeister haben weitere 500 Arbeiter entlassen, da keine Arbeit für sie vorhanden ist. Der Lord⸗Mayor und andere einfluß⸗ reiche Bürger bemühen sich noch immer lebhaft, den Ausstand zum baldigen Abschluß zu bringen.

us Paris meldet „W. T. B.“: Eine Versammlung von 60 soialistischen Deputirten und Pariser Munizipalräthen besprach heute Nachmittag die Lage in Carmaux. Milllerand forderte dazu auf, an das Land ein Manifest zu richten, in welchem die Haltung der Regierung getadelt wurde. Andere Redner verlangten, daß alle mit einem Mandat betrauten Sozialisten nach Carmaux gehen sollten, um durch ihre Gegenwart gegen die Regierungsmaßnahmen zu protestieren. Nach lebhafter Debatte gelangte der Vorschlag Millerand's zur An⸗ nahme. 400 Zuckerträger eines Lagerhauses in La Villette sind in den Ausstand getreten; die Arbeiter fordern eine Lohn⸗ erhöhung.

Literatur.

Statistisches Jahrbuch für das Großherzogthum Baden. 26. Jahrgang (1893). Karlsruhe 1895, Macklot'sche Druckerei. Im vorliegenden Jahrgang des statistischen Jahrbuchs für das Großherzogthum Baden schließen sich die einzelnen Tabellen im wesentlichen an diejenigen des vorigen Jahrgangs an und bilden eine Fortsetzung derselben; nur hier und da sind zum theil Aende⸗ rungen in der Anlage der Tabellen erfolgt, wie das in jedem Jahr⸗ gang geschieht, um den reichen Stoff der zu behandelnden Statistik nach und nach aus verschiedenen Gesichtspunkten zeigen zu können. An Bereicherungen des Materials gegenüber den vorhergehenden Jahr⸗ gängen sind folgende zu erwähnen: Im Abschnitt I. ist eine Uebersicht über die Organisation der Krankenversicherung für das Großherzogthum hinzu⸗ gefügt, im Abschnitt III eine solche über die gesetzlichen Ortsviehversiche⸗ rungs⸗Anstalten und die Geschäftsergebnisse des mit dem 1. Januar 1893 in Wirksamkeit getretenen Viehversicherungsverbandes. In Ab⸗ schnitt IV sind neu aufgenommen die unter Aufsicht stehenden Dampf⸗ kessel nach ihrer Vertheilung auf die Gewerbegruppen, nach Bauart, Alter, Herstellungsort u. s. w., ferner der Patent⸗, Muster⸗ und Markenschutz in Baden, die Arbeiterorganisationen und Arbeits⸗ nachweis⸗Anstalten im Großherzogthum, in Abschnitt V die schmal⸗ spurigen Eisenbahnen, Straßen⸗ und Bergbahnen, in Abschnitt VI a eine Berechnung über das Prozentverhältniß des Kranken⸗ versicherungs⸗Beitrags und des Krankengeldes zum Lohne, Angaben über die statutenmäßige Dauer der Krankenunterstützung, die Zahl der Mitglieder für die einzelnen Organisationen der Kranken⸗ versicherung in Baden nach dem Stande von Ende 1893, sowie über Zahl, Alter und Beruf der Invalidenrenten⸗Empfänger. Abschnitt VII bietet neu eine Uebersicht über die Ergebnisse der im Jahre 1893 stattgehabten Erhebung über die Wohlthätigkeitsanstalten des Groß⸗ herzogthums, statistische Mittheilungen über die Arbeiterkolonien und die Erziehungsanstalten für männliche jugendliche Verwahrloste und Bestrafte, in Anhang AK solche über die land⸗ oder forstwirthschaftlich benutzten und die unbebauten, ertragslosen Flächen, über den Vieh⸗ stand und über die neu eröffneten Gewerbetriebe; als Anhang B werden meteorologische Nachweise gebracht, welche in knappster Form die wichtigsten Faktoren der Witterung behandeln, die auf die Ernten und die Gesundheitsverhältnisse von Einfluß sind. Diese Erweiterungen sind gewiß dankenswerth, und man darf wohl hoffen, daß die neu aufgenommenen Tabellen zu einem bleibenden Bestandtheile des Jahr⸗ buchs gemacht werden.

Im Verlage von Otto Spamer in Leipzig beginnt soeben eine neue bereits die neunte Auflage des „Buches der Erfindungen, Gewerbe und Industrien“ zu erscheinen. Dieses volksthümliche Werk hat die Aufgabe, die Kenntniß der ge⸗ sammten modernen gewerblichen und industriellen Technik, ihrer ge⸗ waltigen Hilfsmittel und mannigfachen Erzeugnisse, sowie die Einsicht in die wechselseitigen Beziehungen von Welthandel und Weltwirth⸗ schaft zu einer möglichst allgemeinen zu machen. Diese Aufgabe haben die Bearbeiter mit Glück gelöst und dafür, wie die weite Verbreitung und Beliebtheit des Werkes beweist, auch die verdiente Anerkennung efunden. Die großartigen Fortschritte auf allen Gebieten, denen die

isherigen Auflagen aufmerksam zu folgen suchten, erforderten jedoch allmählich eine völlige Umgestaltung der Anlage des Werkes, die in der neuesten Auflage desselben vollzogen worden ist. Bisher war das Gesammtgebiet der Arbeit eingetheilt in „Gewinnung der Rohstoffe“ und „Verarbeitung derselben“, bei letzterer wieder in „mechanisches und chemisches Verfahren“ geschieden. Die heutige Technik ist jedoch so umfassend, daß eine solche, zwar von natürlichen Gesichts⸗ punkten ausgehende, aber doch immerhin mehr theoretische Trennung nicht mehr angängig erschien. Anstatt dessen wurden durchaus von praktischen Gesichtspunkten ausgehend gewisse Industriegruppen zusammengestellt, die durch die Wahl ihrer Rohstoffe, durch die Art der Bearbeitung u. dgl. eine gewisse Verwandtschaft zeigen und auch wirthschaftlich gemeinsame Interessen, zum theil sogar eine zusammen⸗ fassende Organisation haben. Auf diese Weise hofft man zu erreichen, daß das gegebene Bild dem wirklichen Leben möglichst nahe komme und der Leser einen richtigen Einblick in das Zusammenwirken der Arbeitskräfte in der Praxis und fernerhin auch eine unmittelbare Vorstellung von ihrem wirthschaftlichen Zusammenhang erhalte. In Anbetracht der rast⸗ losen Vervollkommnung der Technik, die fast täglich dem menschlichen Schaffen neue Gebiete erschließt, ist auch eine Erweiterung des Um⸗ fanges eingetreten. Die neue Auflage erscheint daher in zehn Bänden, auf welche der gewaltige Stoff nach Möglichkeit in der Weise ver⸗ theilt ist, daß jeder Band ein selbständiges und zusammenhängendes Arbeitsgebiet behandelt: ein Umstand, der der Uebersichtlichkeit zu statten kommt und auch den thatsächlichen Verhältnissen besser ent⸗ spricht. Ein erschöpfendes, mit Sorgfalt ausgearbeitetes Register soll jedem Bande beigefügt werden, und außerdem ein am Schlusse des Werkes folgendes Generalregister den Besitzer in stand setzen, jeden ihn augenblicklich interessierenden Gegenstand, jede Be⸗ zeichnung sofort aufzufinden, sodaß das Buch zugleich als prak⸗

später Reaktion.

tisches Nachschlagewerk auf dem gesammten Gebiete der Gewerbe und Technik wird Verwendung finden können. Von dem reichen Inhalt und der Vertheilung des ausgedehnten Stoffes mag die folgende kurze Inhaltsübersicht eine Vorstellung geben. Band I: Entwickelungsgang und Bildungsmittel der Menschheit; Entwickelung der Baukunst; Technik des Bauwesens; Beleuchtung, Heizung, Ventilation; Ortsanlagen; Gemeinnützige bauliche Einrich⸗ tungen der modernen Städte. Band II: Die Kräfte der Natur und ihre Benutzung. Band III: Die Elektrizität, ihre Erzeugung und Anwendung in Industrie und Gewerbe. Band IV: Landwirthschaft und landwirthschaftliche Gewerbe und Industrien. Band V: Bergbau und Hüttenwesen. Band VI: Die Verarbeitung der Metalle. Band VII: Die Industrien der Steine und Erden sowie die chemische Industrie. Band VIII: Die Verarbeitung der Faserstoffe. Band IX: Weltverkehr und seine Mittel. Band X: Welthandel und Weltwirthschaft; das Generalregister. Die einzelnen Bände werden unter besonderer Hervorhebung der neuesten Erfindungen von tüchtigen Fachmännern bearbeitet, wobei die Rücksicht auf das praktische Bedürfniß durchaus in den Vordergrund gestellt ist. Insbesondere sollen durchgehends auch die wirthschaftlichen Verhältnisse eine entsprechende Behandlung er⸗ fahren. Wenn auch die industriellen Fortschritte aller Kulturländer in eingehender Weise berücksichtigt werden, so bildet doch überall die nationale deutsche Industrie im Verein mit derjenigen Oesterreich⸗ Ungarns und der Schweiz den Mittelpunkt der Darstellung. Was die Illustration betrifft, so wird das Werk etwa 6000 anschauliche und instruktive Textabbildungen enthalten; außerdem sollen jedem Bande mehrere Chromotafeln beigefügt werden. Die somit durch⸗ aus neugestaltete Auflage des „Buches der Erfindungen, Gewerbe und Industrien (Gesammtdarstellung aller Gebiete der gewerblichen und industriellen Arbeit sowie von Weltverkehr und Weltwirthschaft)“ erscheint in 160 Heften zum Preise von je 50 ₰, kann aber auch was selbst dem minder Bemittelten die Anschaffung ermöglicht in 400 wöchentlichen Lieferungen zu je 20 bezogen werden. Im Ganzen wird das Werk 10 Bände (geh. je 8, geb. 10 ℳ) umfassen.

Katechismus der Schachspielkunst von K. J. S. Portius. Elfte, verbesserte Auflage. In Original⸗Leinenband Preis 2 Verlag von J. J. Weber in Leipzig. Der Verfasser dieses Leitfadens geht nicht, wie viele Andere, in der Weise vor, daß er den Anfängern, sobald sie den Gang der Figuren kennen, sogleich künstliche Spieleröffnungen zeigt, sondern er entwickelt nach und nach zuerst die Fertigkeit, Felder zu überblicken, ehe er den Verstand, der nur an der bereits erlangten Fertigkeit sich weiter bilden kann, üben will. Die kürzeste Partie nimmt er zuerst, läßt dann die weniger kurzen und hierauf die längeren folgen. Seine Methode hat sich, wie auch die hohe Auflagenzahl beweist, gut bewährt.

Handel und Gewerbe. 8

Leipzig, 17. Oktober. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. Oktober 3,25 ℳ, pr. November 3,25 ℳ, pr. Dezember 3,25 ℳ, pr. Januar 3,27 ½ ℳ, pr. Februar 3,30 ℳ, pr. März 3,32 ½ ℳ, pr. April 3,35 ℳ, pr. Mai 3,37 ½ ℳ, pr. Juni 3,40 ℳ, pr. Juli 3,40 ℳ, pr. August 3,40 ℳ, pr. September Umsatz 70 000 kg. Behauptet.

Bremen, 17. Oktober. (W. T. B.) Börsen⸗Schlußbericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremern Petroleum⸗ Börse.) Ruhig. Loko 6,30 Br. Baumwolle. Fest. Upland middl. loko 47 ½ 4. Schmalz. Matt. Wilcox 32 ₰, Armour shield 31 ¼ ₰, Cudahy 32 ¾¼ ₰, Fairbanks 27 . Speck. Ruhig. Short clear middling loko 28. Taback. Umsatz: 33 Körbe Varinas.

Hamburg, 17. Oktober. (W. T. B.) Kaffee. (Nachmittags⸗ bericht’)) Good average Santos pr. Oktober 75 ¼, pr. Dezember 74 ¾, pr. März 73, pr. Mai 72. Ruhig. Zuckermarkt. (Schlußbericht.) Rüben⸗Rohzucker I. Produkt Basis 88 % Rende⸗ ment neue Usance, frei an Bord Hamburg pr. Oktober 10,77 ½, pr. Dezember 10,95, pr. März 11,30, per Mai 11,42 ½. Schwächer.

London, 17. Oktober. (W. T. B.) 96 % Javazucker 13 ½ ruhig. Rüben⸗Rohzucker loko 10 ¾ fest. Chile⸗Kupfer 46 ½, pr. 3 Monat 46 ½.

St. Petersburg, 17. Oktober. (W. T. B.) Der Rückgang der hiesigen Börsen⸗Spekulationswerthe wird darauf zurück⸗ geführt, daß Gelder, welche seit Monaten zu verschiedenen Neugrün⸗ dungen und Kapitalerhöhungen zur Verfügung standen, gegenwärtig der Börse entzogen und anderen Zwecken, wie Neubauten u. s. w., zugeführt werden. Dazu komme der übliche Geldbedarf des Herbstes. Hierdurch sei die Spekulation zu Realisationen gedrängt worden. Die Feage der Notenreserve der Reichsbank habe hiermit keinerlei Zusammen⸗

ang. Die Notenreserve sei bisher in jedem Jahre durch temporäre Emissionen verstärkt worden. Der Finanz⸗Minister beabsichtige dies⸗ mal nicht, Kreditbillets auszugeben, wünsche dagegen die neuen Goldquittungen in den Verkehr zu bringen. In den großen Städten, namentlich in St. Petersburg, habe man bereits damit be⸗ gonnen, indem die Banken diese Scheine in Zahlung nähmen und gäben. Eine Geldkrisis sei nicht zu befürchten, da der Finanz⸗Minister, wenn er eine ernstliche Gefahr sähe, nur die für den Verkehr erfor derlichen Banknoten auszugeben brauchte.

Amsterdam, 17. Oktober. (W. T. B.) Java⸗Kaffee good ordinary 55 †. Bankazinn 39 ½. 1

18. Oktober. (W. T. B.) Die Gesammteinnahmen der Niederländisch⸗Südafrikanischen Eisenbahngesellschaft betrugen im September 1895 (vorläufig) 1 755 600 Fl. (+ 932 400 Fl.) und vom 1. Januar bis 30. September 1895 12 502 800 Fl. (+ 5 310 444 Fl.)

New⸗York, 17. Oktober. (W. T. B.), Die Börse eröffnet träge und verblieb auch im weiteren Verlauf in träger Haltung. De Schluß war schwach. Der Umsatz der Aktien betrug 161 000 Stück

Weizen eröffnete auf ungünstiges Wetter in den Winterweizen⸗ Distrikten und auf reichliche Käufe der Exporteure in fester Haltung. Auch im weiteren Verlaufe konnten sich die Preise gut behaupten Schluß fest. Mais allgemein fest während des ganzen Börsen verlaufs infolge der Festigkeit in den Weizenmärkten. Schluß behauptet.

Waarenbericht. Baumwolle⸗Preis in New⸗York 95/16, do. do. in New⸗Orleans 9 /16, Petroleum Stand. white in New⸗York 7,10, do. do. in Philadelphia 7,05, do. rohes (in Cases) —, do. Pipe line Certific. pr. November 124 ½⅛ nom., Schmalz Western steam 6,00, do. Rohe u. Brothers 6,25. Mais per Oktober 37 ⅝, do. per November 36 ⅞, do. per Dezember 35 ⅝. Rother Winterweizen 68 ½, Weizen per Oktober 66 8, do. per November —, do. per Dezember 67 ½⅛, do. pr. Mai 70 ⅜. Getreidefracht nach Liverpool 2 ¾, Kaffee fair Rio Nr. 7 16, do. Rio Nr. 7 per November 15,20 do. do. per Januar 14,85. Mehl, Spring⸗Wheat clears 2,70, Zucker 3 , Kupfer 12,00.

Chicago, 17. Oktober. (W. T. B.) Weizen nahm nach fester Eröffnung eine steigende Haltung an infolge des trockenen Wetters im Westen und der Deckungen der Baissiers. Später trat auf geringe Realisierungen eine kleine Abschwächung ein, die jedoch infolge von großen Spekulationskäufen wieder ausgeglichen wurde. Schluß fest. Mais nach Eröffnung einige Zeit steigend, Schluß behauptet.

Weizen pr. Oktober 59 ⅛, pr. Dezember 608. ber 29 %. Schmalz per Oktober 5,65, do. per Speck short clear nom. Pork per Oktober 8,ł30.

Mais pr. Okto⸗ Januar 5,70.