1895 / 253 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 22 Oct 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Morgen erlebt die Gesangs⸗ und Ausstattungsposse „Eine tolle Nacht“, das Repertoirestück des Zentral⸗Theaters, die 50. Auf⸗ führung; die Gesangsnummern sind aus diesem Anlaß um eine Reihe neuer Verse bereichert worden. . B Am Donnerstag, den 31. Oktober, Abends um 7 Uhr, findet in der St. Marien⸗Kirche eine Aufführung des Oratoriums „Elias“, von Felix Mendelssohn, zum Besten des ⸗„Sonntags⸗ heims“ (Lützowstraße 2) statt. Als Solisten wirken darin mit: Frau Katharina Müller⸗Ronneburger, Frau Anna Hecht, Schülerin von Frau Müller⸗ Herr Emil Götze, König⸗ licher Kammersänger; Herr Staudigl, Königlicher Kammersänger. Der Otto Schmidt'sche Chor und das Neue Berliner Symphonie⸗ Orchester führen die choralen bezw. orchestralen Theile aus. Dirigent ist

r Otto Schmidt. Billets à 3, 2, 1 sind bei Bote u. Bock,

eipzigerstraße 37, im „Sonntagsheim“ und bei dem Küster Herrn Lehmann, Bischofstraße 4—5, zu erhalten. 1

Der englische Tenorist Ben Davies giebt am 1. November unter Mitwirkung des Geigers Tivadar Nachez und der Pianistin Mary Wurm in der Philharmonie ein Konzert zu ermäßigten Eintrittspreisen. Die erstgenannten beiden Künstler stehen hier im besten Gedächtniß. Fräulein Mary Wurm wird in England außer als Pianistin auch als Komponistin geschätzt. Sie ist eine Kousine des bekannten Malers Hubert Herkomer und gleich diesem deutscher

Mannigfaltiges. X“

Die Königlichen Kommandos der Landwehrbezirke I, II, III und IV Berlin haben nunmehr die Termine für die Herbst⸗ Kontrolversammlungen der unter ihrer Kontrole stehenden, in Berlin selbst wohnenden Mannschaften festgeseßt. Diese Ver⸗ sammlungen finden in der Zeit vom 4. bis 30. November statt. Die öffentliche Bekanntmachung an den Anschlagsäulen erfolgt am 29. Oktober, 3., 10. und 17. November.

In der städtischen Waisenpflege befanden sich am 1. Oktober 1895 4745 Kinder. Gegen den 1. Juli hat sich diese Kinderzahl um 128 vermehrt. In Zwangserziehung befanden sich zu derselben Zeit 432 Kinder. Der Bestand derselben hat sich vFeTehübe dem 1. Juli nicht verändert. Entlaufen waren von denselben 31 Knaben und 6 Mädchen, im Gefängniß befanden sich 3 Knaben.

In der Irrenanstalt zu Dalldorf befanden sich am 30. Sep⸗ tember d. J. 1221 Personen, in Privatanstalten auf Kosten der Stadt 442 Personen und in Privatpflege 172 Personen. In der Idiotenanstalt daselbst wurden zu derselben Zeit 224 Kinder verpflegt und in Privatpflege befanden sich 57 Idioten. In der Irrenanstalt zu Herzberge war der Bestand Ende September 1044 Personen, in Privatanstalten auf Kosten der Stadtgemeinde 225 Personen und in Privatpflege 142 Personen. In der Anstalt für Epileptische, Wuhlgarten, befanden sich am 30. September 676 erwachsene Personen und 76 Kinder. Mithin hatte die Stadt⸗ vmeime am 1. Oktober 4309 Geisteskranke und Epileptische zu erhalten.

Die Arbeiten auf dem Ausstellungsplatze der Berliner Ge⸗ werbe⸗Ausstellung 1896 in Treptow sind durch die ungünstigen Tage der letzten Woche nur wenig beeinflußt worden. Das Haupt⸗ gebäude, welches schon früher eine Erweiterung erfahren mußte, erhält

das

Holzgerippe fertiggestellt, und es wird jetzt an der Wandbekleidung und Eindeckung gearbeitet. Der Pavillon der Stadt Berlin ist im Rohbau vollendet, ebenso zum größten Theile das Gebäude für Gas und Wasser. Für das Marineschauspiel dort werden die Modelle der größten Schiffe der Marine in allen möglichen Aktionen des Krieges und des Friedens zu sehen sein, und ferner wird dort Hohen⸗ zollern an Land“ vorgeführt, das in getreuester Darstellung die ganze innere Einrichtung eines Bremer Salonschnelldampfers zeigt ist der dazu erforderliche See ziemlich ausgebaggert. In der tschen Kolonial⸗Ausstellung werden außerordentliche Anstrengungen gemacht, um ein vollkommenes und eigenartiges Bild der verschiedenen Schutz⸗ ebiete zu geben. In Südwest⸗Afrika hat sich auf Anregung des andeshauptmanns Herrn S Leutwein ein aus den Herren Schmerenbeck und Conradt in Rehoboth bestehendes Comité gebildet, welches nach Berlin kommen und für geeignete Darstellung der Kolo⸗ nien Sorge tragen wird. Der Arbeits⸗Ausschuß besteht jetzt aus den erren Graf von Süwen Burggrafenstraße 2, als rstem Vorsitzenden, Emil Selberg, Alexandrinenstraße 68/69, als Zweitem Vorsitzenden, und von Beck, Unter den Linden 35. Die Organisation der Ausstellung in den einzelnen Gruppen hat nun auch schon solche Fortschritte gemacht, daß über einzelne der⸗ selben berichtet werden kann. Das Gebäude der chemischen und ver⸗ wandten Industrien, welches nach Plänen des Baumeisters Hans Grisebach errichtet worden ist, geht schnell seiner Vollendung ent⸗ egen. Wie bekannt, befindet sich in demselben ein großer Saal, der ür populäre wissenschaftliche Vorträge auf dem Gebiete der Chemie, der Optik und Mechanik, deren Ausstellungsgegenstände in demselben Gebäude untergebracht sind, unter Vorführung von Demonstrationen, bestimmt ist. Er bietet Raum für 350 Sitz⸗ und 150 Stebplätze. Etwa 100 Firmen aus allen Gebieten der chemischen Industrie werden in den anschließenden Räumen ausstellen. Herr Dr. M. Wiedemann, der schon die Ausstellung der chemischen Industrie in Chicago mit großem Geschick und Erfolg geleitet hat, hat auch hier die Leitung über⸗ nommen. Sechs große Berliner Firmen, darunter vier aus der PEE1“ führen in den eigens dazu eingerichteten Seiten⸗ ojen ihre Erzeugnisse im Betriebe vor. Eine Kollektivausstellung dieser Gruppe ist die der Vereinigten Berliner Seifenhändler, die in einem imponierenden Aufbau den Mittelpunkt des Saales einnehmen wird. Die Lage des Gebäudes für die chemische Industrie am Wasser der Haupteingang ist an der jetzigen Treptower Chaussee gestattet, daß es auch von der Anlagestelle der Dampfer aus direkt wird betreten werden können. Sehr vorgeschritten unter den Ausstellungsbauten im Treptower Park ist das Gebäude der „Bergfahrt im Zillerthal“. Dasselbe liegt auf der großen Wiese gegenüber der Stralauer Kirche an der nach Berlin zugekehrten Seite. Eine hohe Bergwand erhebt sich in schönen Linien hünter reizenden Tiroler Häusern. Von ihnen aus wird eine Drahtseilbahn die Touristen durch das iryllisch schöne Zillerthal mit seinen lieblichen Ortschaften und waldigen Bergen zum Bergdorf Nagohofe führen, und ein elektrischer Aufzug wird sie alsdann zur Höhe der Schwarzensteinalm befördern, von der aus sie den gewaltigsten Gletscherzirkus der Zillerthaler Hochalp mit dem Berghaus der „Berliner Hütte“ des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins überschauen können.

Der Zoologische Garten hat vor einigen Tagen eine außer⸗ ordentlich interessante, auch für die Wissenschaft werthvolle Zuwendung erhalten. Herr Paul Neumann, dessen Familie der Garten schon manches schöne Geschenk verdankt, der Bruder des durch seinen kühnen Zug durch Kavirondo in Ost⸗Afrika bekannt gewordenen Reisenden

bereits vorhandenen einzelnen Stücke dieser Art zu Paaren ergänzen,

Außerdem harrt noch eine ganze Anzahl von Raubvögeln und Eulen, welche demselben Transport angehören, der wissenschaftlichen Be⸗ stimmung. Namentlich fällt eine merkwürdig gezeichnete Maskeneule auf, welche vielleicht die südliche Lokalform des südamerikanischen Uhus darstellt. Die Sendung des Herrn Neumann ist sehr werthvoll für den Garten auch deshalb, weil nunmehr ein vielversprechender mit der Ausstellung von Thieren des in der gemäßigten Zone liegenden Theils von Südamerika gemacht werden kann. Gerade diese Region war bisher noch recht schwach vertreten.

Im Zirkus Renz findet die Erstaufführung des großen mili⸗ tärischen Ausstattungsstücks „1870/71“ nicht heute, sondern morgen, Mittwoch, statt. .

Köln, 21. Oktober. Die Königliche Eisenbahn⸗Betriebsinspektion macht bekannt: Gestern Abend 11 Uhr 43 Minuten überfuhr der Güterzug 1433 im Bahnhofe, östlich in der Richtung nach Elber⸗ feld das auf Halt stehende Ausfahrtsignal, gerieth in ein Nebengleis und überfuhr den Prellbock daselbst. Maschine und Tender stürzten die Dammböschung herunter und sperrten für einige Stunden das am Böschungsfuße liegende Hauptgleis der Strecke Ohligs—-Hilder. Der Verkehr wurde über Opladen geleitet. Die Betriebsstörung war heute früh 5 Uhr vorläufig beseitigt. Der Lokomotivführer Berger aus Deutzerfeld ist todt, das übrige Per⸗ sonal unverletzt. Maschine und Tender sind erheblich beschädigt; während der Räumungsarbeiten wird der Personenverkehr durch Um⸗ steigen an der Unfallstrecke aufrecht erhalten.

Eisenach, 20. Oktober. Die hiesige Villa des Dichters Fritz Reuter ist von der Schillerstiftung der Stadt zum Kauf an⸗ geboten worden. Die geforderte Summe beträgt 35 000 (inkl. Garten und Möbel); dieselbe soll mit 3 % verzinst und mit 1 % amortisiert werden. Der Nachlaß des Dichters wird im Gooethe⸗ Archiv zu Weimar untergebracht werden; Wohn⸗, Schlaf⸗ und Arbeits⸗ zimmer bleiben mit allen ihren Reliquien und Utensilien intakt.

Außerdem wird in der Villa das „Wagner⸗Museum“ (25 000

Nummern) seinen dauernden Platz erhalten.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen. .

St. Petersburg, 21. Oktober. (W. T. B.) Nach einer Depesche der „Nowoje Wremja“ aus Wladiwostok er⸗ folgt demnächst die versprochene Oeffnung weiterer japa⸗ nischer Fafen für den internationalen Handel. Diese sind

Schimonoseki, Yokkaitschi, Tokio, Sendai, Aomori und

Otarunai. Rom, 22. Oktober. (W. T. B.) Ruggero Bonghi ist in Torre del Greco gestorben. (W. T. B.) Nach einem Häuptling der

Hongkong, 22. Oktober. Telegramm aus Formosa ist der

den Widerstand gegen die Man erwarte,

Schwarzflaggen, welcher Japaner in Tai⸗wan⸗fu leitete, geflohen. daß seine Anhänger die Waffen niederlegen würden und An⸗

von dem

fordern. ausdrücklich zum Zweck des Spiels enee Darlehn zwar klaglos,

en seiner hinteren Front zwei weitere Anbauten, deren einer für die Gruppe für Bau⸗ und Ingenieurwesen, der andere für die Gruppe der Holzindustrie bestimmt ist, und die mit dem Hauptgebäude durch eine Wandelhalle in Verbindung stehen. In der Mitte des Anbaues gischen Garten zum Geschenk gemacht. für die Bauabtheilung wird ein großer Hof, der sogenannte „Bauhof“, 8 d

les sn

auf dem diejenigen Ausstellungsobjekte der latz finden, die im Freien bleiben können. Eine der schwierigsten die rbeiten, die Montierung der großen Kuppel des Hauptgebäudes, ist nunmehr glücklich zu Ende geführt. Von dem Hauptrestaurant ist

argentinische Felis 8 Pampasfuchs,

waren: Die BYaguarundi, Kollektion einen beutelratte und

Gruppen

Oskar Neumann, hat von Argentinien aus, wo er seit Jahres⸗ frist eine Farm bewirthschaftet, eine größere Auswahl von Säuge⸗ thieren und Vögeln nach Eurspa geschickt und dem Berliner Zoolo⸗

ich zwei Katzenarten, welche hier noch niemals lebend zu sehen Tigerkatze, yaguarundi.

ein Gürtelthier,

In dieser Sammlung befinden Felis Geoffroyi, und Ferner enthält die azarae, eine Krebs⸗ letzteren beide die

eingenommen.

Canis

welche

ping heute werde besetzt werden. Sansibar, 22. Oktober.

Bureaus“.) Die britischen Truppen unter Mac Dougall haben

das dem Rebellenführer Kombo gehörige Dorf

(Meldung des „Reuter'schen

tuapua Kombo ist geflohen.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

t vom 22. Oktober r Morgens.

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Stationen. Wind. Wetter.

Temperatur in o Celsius

Bar. auf 0 Gr u. d. Meeressp 5 0 C. = 40⁰0 R.

red. in Millim.

ONO 4 bedeckt

Belmullet.. 765 764 NW 3 balb bed.

Aberdeen 764 Christiansund 761 ONO 3 Regen Kopenhagen. 758 WSW. 3 Regen Stockholm . 762 still wolkenlos St. Petersbrg. 759 still halb bed. aranda . 759 WSW I bedeckt Noskau. 764 W 2 wolkenl. ¹)

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761 1 4 heiter 754 2 wolkig 755 G 2 bedeckt 752 6 1 Regen²) 757 3 bedeckt 761 2 Dunst 762 1 Dunst

ö6685 still bedeckt

7655 bedeckt

Künster... 756 Nebel Karlsruhe .. 757 bedeckt Wiesbaden. 758 halb bed. 759 wolkenlos 760 wolkenlos 760 Nebel 760 wolkenlos 762

2 OS’S Dunst le dAix.. 755 SO wolkig 71791S wolkenlos Triet 758 ONO 2 wolkenlos ¹) Abends Regen. ²) Nachts Regen. Uebersicht der Witterung. Der höchste Luftdruck liegt im Nordwesten der Britischen Inseln, gegenüber einer Furche niederen Luftdrucks, welche sich von der südlichen Nordsee westsüdwestwärts über den Kanal hinaus erstreckt, sodaß über den Britischen Inseln lebhafte nord⸗ östliche Winde vorherrschend gewesen sind. Bei 7 Luftdruckvertheilung ist in Deutsch⸗ and das Wetter ruhig, kühl, im Norden trübe, im Süden theils heiter, theils neblig; nur an der Küste ist stellenweise Regen gefallen; vielfach haben Nacht⸗ fröste stattgefunden. Feuchtkühles Wetter demnächst

wahrscheinlich. Deutsche Seewarte. —õõ⅞ʒõů ů—y—— FTheater. 3

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Königliche Schanspiele. Mittwoch: Opern⸗ haus. 139. Vorstellung. Auf Allerhöchsten Befehl. Neu einstudiert: Fidelio. Oper in 2 Akten von Ludwig van Beethoven. Text nach dem Französischen

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von Ferdinand Treitschke. Neu in Scene gesetzt

vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dekorative Einrichtung vom Ober⸗Inspektor Brandt. Dirigent: Kapell⸗ meister Weingartner. Zu Beginn: „Duverture Leonore (Nr. 3)“. Anfang 8 Uhr.

Das geehrte Publikum wird ersucht, im Gesell⸗ schafts⸗Anzuge zu erscheinen (Herren im Frack und weißer Binde).

Schauspielhaus. 228. Vorstellung. Torquato Tasso. Schauspiel in 5 Aufzügen von Wolfgang von Goethe. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Opern haus. 140. Vorstell. Orpheus und Enridike. Oper in 3 Akten von Christoph Willibald Ritter von Gluck. Text nach dem Fran⸗ zösischen des Moline. Ballet von Emil Graeb. —. Prometheus. Musik von Ludwig van Beethoven Nach einer mpthologischen Tanzdichtung Emil Fenbitk in 2 Akten von Emil Graeb. Anfang r.

Schauspielhaus. 229. Vorstellung. Uriel Acosta. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Karl Gutzkow. Anfang 7 ½ Uhr.

Dentsches Theater. Mittwoch: Die Mütter. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Der Meister von Palmyra.

Freitag: Die Weber.

Berliner Theater. Mittwoch: Der Pfarrer von Kirchfeld. Anfang 7 ½ Uhr.

E ersten Male: Der Nachruhm.

1.0 (8. Abonnements⸗Vorstellung): Der Nach⸗ ruhm.

Lessing-Theater. Mittwoch: Gräsin Fritzi. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Gräfin Fritzi.

Freitag: Zum ersten Male: Der Dornenweg. Schauspiel in 3 Aufzügen von Felix Philippi.

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lautenburg. Mittwoch: Der Rabenvater. Schwank in 3 Akten von H. Fr. Fischer und Josef Jarno. Vorher: Aber die Ehe! Komödie in 1 Akt von P. Linsemann. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag und folgende Tage: Der Rabenbvater. Vorher: er die Ehe!

Friedrich⸗-Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25 26. Mittwoch: Gastspiel der Liliputaner. Jeden Abend 7 ½ Uhr: Die Reise nach dem Mars.

Neues Theater. Schiffbauerdamm 4 a./5. Mittwoch: Der Millitärstaat. Schwank in 4 Akten von Gustav von Moser und Thilo von Trotha. Regie: Siegfried Jelenko. Anfang 7 ¼ Uhr. . deSgeghs Freitag, Sonnabend: Der Militär⸗ aat. ersten Male:

Sonntag: Zum Der tapfere

Cardunois. (Lhéroique Cardunois.) Schwank in 3 Akten von Alexandre Bisson. Vorher: Zum ersten Male: Zehntaunsend Fuß hoch! Plauderei in 1 Akt von Fritz Wangenheim.

Sonntag Nachmittag: Zu halben Preisen: Francillon.

Theater Unter den Linden. Dirktion: Julius Fritzsche. Mittwoch: Mit neuer Ausstattung: Der goldne Kamerad. Operette in 3 Akten, nach einer Idee aus Bret Harte's Erzählungen, von Hermann Hirschel. Musik von Louis Roth. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Hierauf: Phantastisches Ballet⸗Divertissement, arrangiert vom Ballet⸗ meister Herrn Jean Reisinger. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Der goldne Kamerad. Hierauf: Phantastisches Ballet⸗Divertissement.

Adolph Ernst⸗Theater. Mittwoch: Parade⸗ bummler. Besetzung der Hauptrollen: Anna Bäckers, Josefine Dora, Idg Schlüter, Adolph Ernst, Julius Eyben, Hugo Haßkerl, Richard Jürgas, Guido Tielscher, Carl Weiß, Georg Worlitzsch. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

ZBentral⸗Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Direktion: Richard Schultz. Emil Thomas a. G.

Mittwoch: Zum 50. Male: Eine tolle Nacht. Große Ausstattungsposse mit Gesang und Tanz in 5 Bildern von Wilh. Mannstädt und Julius Freund. Musik von Julius Einödshofer. In Scene gesetzt vom Direktor Richard Schultz. Die Tanz⸗ Arrangements vom Balletmeister Gundlach. An⸗ fang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Eine tolle Nacht.

Konzerte.

Konzert-Haus. Mittwoch: Karl Meyder⸗ Konzert. Lortzing⸗Feier, unter freundl. Mitw. des Konzertsängerin Frau Betty Waibel.

Saal Bechstein. Linkstraße 42. Mittwoch, Uhr: Lieder⸗Abend von Annie Duncker, unt. Mitw. des Violinvirtuosen Herrn Prof. Wal⸗ demar Meyer.

Birkus Renz. Karlstraße. Mittwoch, Abends 7 ½ Uhr: Gala⸗Fest⸗ Vorstellung. Zum ersten Male: Neu! 1870/1871. Neu! Großes mili⸗ tärisches Ausstattungsstück mit Tänzen, Gruppie⸗ rungen, Gefechten zu Fuß und zu Pferde in zwei Abtheilungen von Direktor Fr. Renz und dem Großherzoglichen Hof⸗Balletmeister A. Siems. Musik, vom Zirkus⸗Kapellmeister K. Krüger. 150 Tänzerinnen, 150. 400 Artisten, Figuranten, 400, und Statisten. Drei Musikkapellen. Tambours und Hornisten. Männergesangverein! Ernste und heitere Soldatenbilder! Episoden, Volksscenen und

Massen⸗Aufzüge! Neue prachtvolle Kostüme, Deko⸗ rationen und Requisiten. Ueberraschende Li ht⸗ und Farbeneffekte. Erste Abtheilung: In Feindes⸗ land (schließt mit dem Siegeszuge der Germania). Zweite Abtheilung: Kriegers Heimkehr, endet mit dem Schlußbild: Bismarck und Moltke. Außer⸗ dem: Auftreten des hervorragendsten Schulreiters der Neuzeit Herrn Ritter von Renroff mit seinem Schulpferde Skobeleff. Zum Schluß der Schule: Original! Der phänomenale Baguettesprung, Original! Hierauf: Wiederholung des berühmten Bagnettesprunges über Hindernisse, ausgeführt von 14 Herren mit 14 Springpferden. Dieses Reiterstück ist eine der hervorragendsten und wag⸗ halsigsten Leistungen auf dem Gebiete der circensischen Künste und ist bisher in keinem anderen Institut zur Aufführung gelangt. Auftreten der hervor⸗ ragendsten Künstler⸗Spezialitäten. Reiten und Vor⸗ führen der bestdressierten Schul⸗ und Freiheitspferde. Komische Entrées und Intermezzi sämmtlicher Clowns. Erhöhte Preise.

Donnerstag, Abends 7 ½ Uhr: Große Vorstellung. Zum zweiten Male: 1870/71. 1b

Sonntag: 2 Vorstellungen. Nachmittags 4 Uhr: Tjo Ni En mit dem beliebten Schellen⸗ spiel. Allends 7 ½ Uhr: 1870/71.

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Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: 2 Elisabeth Sprink mit Hrn. Ge⸗ richts⸗Assessor Curt Elliesen (Görlitz Merseburg). Verehelicht: Hr. Lieut. Ernst Herrmann mit 2 Streichan (Frankfurt a. O. Char⸗ ottenburg). Hr. Prem.⸗Lieut. Heinrich Wernicke mit Frl. Helene Stroedel (Görlitz). 1 Geboren: Ein Sohn: Hrn. Hauptmann d. L. Wolf von Wolff (Köln). Hrn. Hauptm. Frhrn. von Wilmowski (Cassel). Eine Tochter: Hrn. Lieut. d. R. Edo Kracker von Schwartzenfeldt (Groß⸗Sürding). Hrn. Professor Dr. Friedrich Marx (Breslau). G Gestorben: br Rudolf von Kleist aus dem Hause Damen (Belgard). Fr. Emilie von Ferhe⸗ Turow, geb. Schröder (Berlin). —. Hr. Reichs⸗ gerichts⸗Rath Otto Freytag (Leipzig). Hr. Architekt Emil Beck (Berlin). Hrn. Politei⸗ Lieut. Schmidt Tochter Ella (Berlin).

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.

Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Fünf Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage),

sowie die Inhaltsangabe zu Nr. 6 des vffen⸗ lichen Anzeigers (Kommanditgeseuschaftsn au

Aktien und Aktiengesellschaften) für die Woche vom 14. bis 19. Oktober 1895.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags-

zul No. 253.

Berlin, Dienstag, den 22. Oktober

Caekaa Tn

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Zahlt jemand ein ausdrücklich zum Zwecke des Spiels empfangenes und deshalb unklagbares Darlehn in Wechseln urück, so ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Zivilsenats, vom 10. April 1895, im Gebiete des Preußischen Allgemeinen Land⸗ rechts die Schuld bezahlt, und Schuldner kann nicht die Wechsel resp. die dafür erlangte Valuta zurückverlangen. Giebt der Schuldner einer olchen nicht klagbaren Schuld Wechsel zahlungshalber hin, so hann zwar der Schuldner die Wechsel von dem Empfänger zurück⸗ verlangen; hat aber der Empfänger die Wechsel weiter egeben, so kann der Schuldner, welcher sodann die Wechsel gutgläubigen Erwerber eingelöst hat, von dem Empfänger nicht die von diesem für die Wechsel erhaltene Valuta zurück⸗ „Nach den Bestimmungen des Allgemeinen Landrechts ist ein

ber die Forderung aus einem solchen Darlehn ist ebenso wie die Spielschuld selbst, sofern es sich nicht um unerlaubte Spiele handelt, ahlbar mit der Wirkung, daß die geleistete Zahlung von dem Empfänger nicht konzidiert werden kann. Die Hingabe an statt steht in dieser wS. der Zahlung gleich; von ihr unter⸗ cheidet sich die Hingabe zahlungshalber dadurch, daß jene sofort mit der Hingabe die Tilgung der Verbindlichkeit bewirkt, während ie Hingabe zahlungshalber sich zunächst nur als der Versuch iner Zahlung darstellt. Auch hier aber tritt die Wirkung der Zahlung definitiv ein, wenn der Empfänger die Wechsel weiterbegeben, Valuta hierfür erhalten und wenn sie der Hauptschuldner demnächst ingelöst hat. Es kann demnach keine ungerechtfertigte Bereicherung es Beklagten darin gefunden werden, daß er die ihm zahlungshalber gegebenen Wechsel gegen Empfang von 14 900 weiter begeben hat. Der Betrag, den der Beklagte auf diesem Wege erhalten hat, steht einer ihm vom Kläger unmittelbar geleisteten Zahlung gleich, und der Kläger kann, nachdem er die Wechsel von den gutgläubigen Er⸗ werbern eingelöst hat, von dem Beklagten die diesem seitens der Wechselnehmer gezahlte Valuta ebenso wenig zurückfordern, wie er zur Kondiktion einer von ihm direkt geleisteten Zahlung berechtigt sein würde. Die Hingabe eines Wechsels zahlungshalber darf nicht mit der Hingabe zur Sicherung einer bestehenden Verbindlichkeit auf eine Stufe gestellt werden. Ein zahlungshalber gegebener Wechsel ist in erster Linie nicht Sicherungs⸗, sondern Befriedigungsmittel, und die weitere Begebung desselben seitens des ursprünglichen Wechselnehmers ist nicht bloß zulässig, sondern sie ist auch die regelmäßige und nächst⸗ liegende Art, das Befriedigungsmittel zu verwerthen.“ (467/94.) N.Z7. 4444 299.4.14,2 3 88

Ist bei der Aufnahme eines Darlehns gegen Theil⸗ Obligationen, welche auf die Namen der Darlehnssgeber ausgestellt sind, vereinbart, daß diese Obligationen durch Blankogiro über⸗ tragbar sein sollen, so ist dieses Abkommen nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Zivilsenats, vom 10. April 1895, im Gebiete des Preußischen Allg. Landrechts unwirksam; die Zession dieser Obligationen kann nur durch eine Zessionsurkunde erfolgen, in welcher die Person des Zessionars benannt ist. „In Ueberein⸗ stimmung mit der in dem Urtheil des IV. Zivilsenats des Reichsgerichts vom 7. Oktober 1886 ausgesprochenen, auch in den Lehrbüchern des Preußischen Rechts von Förster⸗Eccius und Dernburg vertretenen Auffassung ist davon auszugehen, daß zur Belseen einer Schuldforderung, über welche eine briefliche Urkunde vorhanden ist, gemäß §§ 394 u. 395 I 11 A. L.⸗L. eine auf den Zessionar ge⸗ richtete schriftliche Zession gehört, und daß wegen der dem Zessions⸗ akt innewohnenden Eigenschaft eines Vertrags die Person des Zessionars in der Zessionsurkunde benannt sein muß. Falls nicht das Gesetz, wie bei dem Wechsel, dem kaufmännischen Verpflichtungsschein, der Grundschuld, von jenem Erforderniß absieht, steht es den Parteien

nicht zu, einem Rechtsakt, dem jenes Erforderniß fehlt, die Wirkungen

einer Zession beizulegen“. (371/94.)

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Unter der in einer lokalen Baupolizeiordnung enthaltenen Be⸗ stimmung, daß bei wechselnder Breite der Straße vor dem zu bebauenden Grundstücke die „mittlere“ Breite für das Höhen⸗ maß des ganzen Gebäudes gelten soll, ist nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, Vierten Senats, vom 26. Juni 1895 die durchschnittliche Breite der Straße vor dem in Betracht kommen⸗ Grundstücke, welches mit einem Gebäude besetzt werden soll, zu ver⸗ stehen. „Es kann nicht mit dem Kläger einfach die östliche und westliche Straßenbreite vor seinem Grundstück zusammengerechnet und nun das arithmetische Mittel als die für das ganze Grundstück maßgebende Breite betrachtet werden; vielmehr ist zu beachten, daß das Grundstück nur zu einem Drittheil seiner Längenausdehnung dem Theatergrundstück, zu zwei Drittheilen aber dem Schulgrundstück gegenüber liegt. Will man die durchschnittliche Breite der Straße vor dem Grundstück ec⸗ mitteln, so wird es also darauf ankommen, wie breit letztere vor dem Schulgrundstück, und wie breit sie vor dem Theatergrundstück zu rechnen ist Darnach stände die Sache so, daß die Straße vor zwei Drittheilen seines Grundstücks 10,50 m und vor einem Dritt⸗ theil 17,50 m breit zu rechnen wäre. Dies ergiebt eine Durchschnitts⸗ breite (5. 10,50 + ½. 17,50) von 12,83 m.“ (IV 951.)

Hinsichtlich der in lokalen Baupolizeiordnungen enthaltenen Bestimmung, wonach Gebäude an der Straße nur so hoch sein dürfen, als die Straße breit ist, hat das Ober⸗Verwaltungs⸗ gericht, IV. Senat, durch Urtheil vom 16. Juni 1895 ausgesprochen, daß der an die Straße angrenzende Terrainstreifen eines Grund⸗ stücks, welcher von der Bebauung frei bleiben soll, dadurch nicht den Charakter des Straßenlandes erhält. Es kann demnach der Eigenthümer des gegenüberliegenden Grundstücks für das Höhenmaß seines projektierten Gebäudes nicht die Breite jenes unbebaut bleibenden Terrainstreifens zur Straßenbreite hinzurechnen. „Der zwischen dem neuen Theatergebäude und der Straße unbebaut bleibende Theil wird nicht ohne weiteres ein Theil der Straße. Sollte er in Zukunft zur Straß: geschlagen vielleicht ein Theil des Bürger⸗ steigs werden, so würde sich damit die Breite der Straße er⸗ weitern, und Kläger würde dann befugt sein, unter Einrechnung dieser Erweiterung die zulässige Höhe des von ihm zu errichtenden Gebäudes zu bemessen bezw. sein etwa schon errichtetes Gebäude entsprechend zu erhöhen. Aber gegenwärtig ist der freibleibende Terrainstreifen ein Theil des städtischen Schulgrundstücks; daß er unbebaut bleiben soll, giebt ihm nicht den Charakter des Straßenlandes, ebensowenig wie bisher das Schulgrundstück, obwohl es an der Front der Straße unbebaut war, deshalb ein öffentlicher Platz gewesen wäre.“ (IV. 951.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Die gewerblichen Genossenschaften in Deutschland. Im R.⸗ u. St.⸗A.“ist bereits gelegentlich einer Besprechung der Lage des deutschen Schuhmachergewerbes auf das, was in den Berichten

des Vereins für Sozialpolitik über die genossenschaftliche Selbst⸗-!

ꝛerschienen,

hilfe in diesem Handwerk mitgetheilt wird, hingewiesen und dabei auch des Berichts des Anwalts des „Allgemeinen Verbandes deutscher Erwerbs. und Wirthschaftsgenossenschaften“ gedacht worden. Es ist seitdem der neue Jahresbericht dieses Verbandes r welcher, bis zum 31. Mai 1895 reichend, wiederum eine Reihe statistischer Nachweise bietet, die bezüglich der Betheiligung des Gewerbes, namentlich des Handwerks, an diesen Bestrebungen manches Lehrreiche enthalten. Leider ist die Statistik des vorliegenden Berichts nicht erschöpfend, nicht einmal für die Genossenschaften nach dem System von Schulze⸗Delitzsch. Der Berichterstatter konnte eben nur die ihm „bekannt gewordenen“ Einrichtungen berücksichtigen und nur die Zahlen wiedergeben, die ihm von den Genossenschaften mitgetheilt wurden. Immerhin aber darf man gerade für die den Zwecken der Gewerbe⸗ treibenden dienenden, auf Selbsthilfe gegründeten deutschen Erwerbs⸗ und Wirthschaftsgenossenschaften annehmen, daß das, was dem Bericht⸗ erstatter bekannt geworden ist und von ihm mitgetheilt wird, ein an⸗ nähernd richtiges Bild von der Wirklichkeit giebt.

An erster Stelle erwähnt der Bericht unter dem Sammelnamen „Kreditgenossenschaften“ sämmtliche dem Berichterstatter bekannt gewordenen Kreditgenossenschaften, Volks⸗ und Gewerbebanken, Vorschuß⸗ vereine, Darlehnskassen, Spar⸗ und Leihkassen u. s. w., sowohl die Genossenschaften nach dem System von Schulze⸗Delitzsch als auch die Darlehnskassen nach dem System von Raiffeisen. Im Ganzen werden 6417 Kreditgenossenschaften als zu Anfang 1895 bestehend gezählt, gegen 5489 im Vorjahre. Von dieser Gesammtzahl sollen rund 3800 auf die ländlichen Darlehnskassen nach dem System Raiffeisen entfallen, also für das Handwerk im wesent⸗ lichen nicht in Betracht kommen. Von den Kreditgenossenschaften nach dem System von Schulze⸗Delitzsch ca. 2700 haben dem Verbands⸗Anwalt nur 1047 für das Rechnungsjahr 1894 Rechnungs⸗ abschlüsse vorgelegt und nur 974 über den Berufsstand der Mitglied⸗ schaft im Berichtsjahre Nachweise geliefert. Nach diesen Nach⸗ weisungen waren von den Mitgliedern: 3 Selbständige Landwirthe, Gärtner, Förster, Fischer .˖31,5 % Gehilfen und Arbeiter in der Land⸗ und Forstwirthschaft,

161616161616 Selbständige Handwerker . . . . . .

Fabrik⸗, Bergarbeiter, Handwerksgesellen Selbständige Kaufleute und Händler. bön.“]; Fuhrherren, Schiffseigner, Gast⸗ und Schankwirthe.. . Untere Post⸗, Eisenbahn⸗, Telegraphenbeamte, Eisenbahnarbeiter,

unselbständige Schiffer, Kellner 1“ eeel; Aerzte, Apotheker, Lehrer, Künstler, Schriftsteller, Kirchen⸗,

Staats⸗ und Gemeindebeamte . . . . . .... . Pensionäre und andere Personen ohne Berufs⸗

An den Kreditgenossenschaften sieht man also die Handwerker nur zu etwa †¼ betheiligt, während die landwirthschaftlichen Mit⸗ glieder, trotz der großen Zahl der Darlehnskassen nach dem System Raiffeisen, welche so gut wie ganz der ländlichen Bevölkerung zu gute kommen, etwa 30 % ausmachen.

Von der bedeutenden Entwicklung der Kreditgenossenschaften geben nachstehende Zahlen, die den dem Verbands⸗Anwalt eingesandten Rechnungsabschlüssen entnommenen sind, ein Bild:

Jahr Genossenschaften Iepührte 8

1859 12 394 308

1870 622 854 861 1880 1 447 526 317 1890 1 641 574 191 1891 1 561 610 530 1892 1 539 034 520 8 1893 1 518 313 650 v 1 5860 012 619

Von nicht minder hohem Interesse ist die Betheiligung des Handwerkerstandes an den auf Selbsthilfe gegründeten Erwerbs⸗ und Wirthschaftsgenossenschaften, welche in dem Bericht unter dem Sammel⸗ namen „Genossenschaften in einzelnen Gewerbszweigen“ erwähnt sind d. h. an den Rohstoff⸗, Werk⸗, Magazin⸗ und Produktiv⸗ EE1““ Hier ist der Abstand der Betheiligung von

andwirthschaft und Gewerbe zu Ungunsten des letzteren noch weit augenfälliger als bei den Kreditgenossenschaften: Von 3028 Genossen⸗ schaften gehören 2769 der Landwirthschaft und nur 259 dem Gewerbe an; dabei sind in letzterer Zahl eine Reihe von Anstalten inbegriffen, die mit dem Handwerk nichts zu thun haben, wie Dienstmanns⸗ institute, Kaufmannsgenossenschaften, Sprit⸗ und Branntwein⸗Ge⸗ nossenschaften, die meist zu kurzem Dasein entstandenen Produktiv⸗ genossenschaften gewerblicher Arbeiter u. a. m. Der Berichterstatter räth daher dringend den Handwerkern, sich die Landwirthe zum Muster zu nehmen, und es kann in der That namentlich bei den den Handwerkern oft empfohlenen Rohstoffgenossenschaften be⸗ fremdlich erscheinen, daß hier die örtlich entschieden ungünstiger situierte Landwirthschaft die Zahl von 1067 aufweist, während das Handwerk oder vielmehr das ganze Gewerbe nur 61 besitzt, die theilweise eine kaum noch fruchtbare Existenz fortführen, wie die Berichte des Vereins für Sozialpolitik festgestellt haben. Von den sogenannten „Werk⸗ genossenschaften“ entfallen auf die Landwirthschaft 240, auf das Gewerbe 17, von welchen letzteren nur etwa 10 das Handwerk be⸗ rühren. An Magazingenossenschaften sind für die Landwirth⸗ schaft nur 4, für das Gewerbe 57 gezählt worden, an Produktiv⸗ genossenschaften: 1458 land⸗ und forstwirthschaftliche, gegen 124 gewerbliche, von welchen letzteren jedoch kaum 60 als auf Sessfthilr gegründete Genossenschaften des Handwerks in Betracht ommen. .

Der fernere Inhalt des Berichts, welcher sich auf die „Konsum⸗ vereine“, die „Baugenossenschaften“ sowie die „Versicherungs⸗ und sonstigen Genossenschaften“ bezieht, giebt keine Veranlassung, in Rück⸗ sicht auf das Handwerk hier näher auf ihn einzugehen.

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Zur Frage des Besitzwechsels und der Verschuldung beim ländlichen Grundbesitz.

Von einzelnen Amtsgerichten gehen jetzt dem Königlichen Statistischen Bureau nach einem von diesem entworfenen Schema dankenswerthe Nachweisungen zu, welche über den Umfang des ländlichen Besitz⸗ wechsels von Todes wegen und unter Lebenden, über die dabei zu Tage tretenden Verschuldungsverhältnisse sowie den Einfluß des Besitz⸗ wechsels auf dieselben Aufschlüsse bieten. Zunächst sind dieselben zwar nur für den betreffenden Amtsgerichtsbezirk von Bedeutung, sie ver⸗ sprechen jedoch, allmählich auch die Aufklärung jener Verhältnisse für das ganze Staatsgebiet zu fördern. In der „Stat. Korr.“ werden zunächst die einschlägigen Ergebnisse aus einem vorwiegend kleinbäuer⸗ lichen Amtsgerichtsbezirk der Provinz Sachsen veröffentlicht.

Der Besitzwechsel unter Lebenden war dort viel umfangreicher als derjenige von Todes wegen (durch Vererbung einschließlich der Grundstücksüberlassung bei Lebzeiten des Erblassers); der erstere umfaßte nämlich 91 Grundstücke mit einem Gesammt⸗Flächeninhalt von rund 171 ha und einem Grundsteuer⸗Reinertrag von 4524 gegenüber 29 Grundstücken mit 46 ha Fläche und 1497 Rein⸗ erirag bei dem Besitzwechsel von Todes wegen. Die Realverschuldung

betrug bei letzterem das 30,70 fache, bei demjen igen unter Lebenden das 42,07 fache des Grundsteuer⸗Reinertrags. Diese wirkliche Real⸗ verschuldung deckte sich fast genau mit der buchmäßigen; denn die Summe der buchmäßigen Schulden, welche sich bei der Besitzüber⸗ tragung als bereits getilgt und nur noch nicht gelöscht erwiesen, betrug nur 70 Sonst hat sich bisher abgesehen von denjenigen Landes⸗ theilen, in welchen erst kürzlich Grundbücher angelegt worden sind und deshalb die buchmäßige Belastung der wirklichen noch ziemlich genau entspricht, gezeigt, daß die schon abgezahlten, aber noch nicht ge⸗ löschten Schulden mitunter einen erheblichen Theil, bei einem Amts⸗ gericht volle zwei Neuntel der buchmäßigen Belastung ausmachten. Wie in den früheren Beispielen, so führte auch bei diesem der Besitzwechsel überwiegend zu einer Steigerung der Verschuldung. Doch hielt dieselbe sich in mäßigen Grenzen; sie stieg bei dem Besitzwechsel von Todes wegen auf den 32,03 fachen, bei demjenigen unter Lebenden auf den 43,98 fachen Grundsteuer⸗Reinertrag. Bei dem Besitzwechsel unter Lebenden standen den Neueintragungen von Restkaufgeldern u. s. w. durch den neuen Erwerber im Gesammtbetrage von 25 582 auch Entlastungen in der Gesammthöhe von 16 903 gegenüber, indem der neue Erwerber einen Theil der vorhandenen Hypothekenschulden zur Löschung brachte. .

Roheisenproduktion im Deutschen Reich. Nach den statistischen Ermittelungen des Vereins deutscher Eisen⸗ und Stahlindustrieller belief sich die Roheisenproduk⸗ tion des Deutschen Reichs (einschl. Luxemburgs) im Monat Septem⸗ ber 18955 auf 478 955 t; darunter Puddelroheisen und Spiegeleisen 116 913 t, Bessemerroheisen 36 591 t, Thomasroheisen 242 662 t, Gießereiroheisen 82 789 t. Die Produktion im September 1894 be⸗ trug 473 070 t, im August 1895 490 985 t. Vom 1. Januar bis 30. September 1895 wurden produziert 4 277 307 t gegen 4 088 246 t im gleichen Zeitraum des Vorjahrs.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Straßburg i. E. wird der „Frkf. Ztg.“ berichtet, daß in der dortigen Militäreffektenfabrik von Jansen ein Ausstand der Sattler ausgebrochen ist.

In Wien fand gestern, am Vortage der Eröffnung des Reichs⸗ raths, eine von etwa 3000 Personen besuchte sozialdemokratische Arbeiterversammlung statt, in welcher, wie „W. T. B.“ be⸗ richtet, sämmtliche Redner die Wahlreform verlangten. Nach der Versammlung gingen die Theilnehmer in voller Ruhe auseinander.

Aus Paris wird der „Köln. Ztg.“ zum Ausstande der Zucker⸗ träger (vgl. Nr. 250 d. Bl.) geschrieben: Sämmtliche Sackträger der Lagerhäuser des Stadtviertels Villette sind ausständig. Sie ver⸗ langen den Wegfall der 100 Säcke, die sie täglich unentgeltlich tragen müssen; aus dieser Ersparniß werden 8 Aufseher bezahlt. Ferner wird eine Erhöhung des Traggeldes von 4 auf 5 Centimes für den Sack und sofortige Auszahlung des Lohnes nach vollbrachter Arbeit gefordert 3 1

Literatur.

Annalen des Deutschen Reichs für Gesetzgebung, Ver⸗ waltung und Statistik, herausgegeben von Dr. Georg Hirth und Dr. Max von Seydel. Verlag von G. Hirth in München und Leipzig.

Fhüaben Heft 7 des laufenden Jahrgangs die Einleitung der vor⸗ trefflichen Arbeit des Professors der Rechte in München Freiherrn von Stengel über „Die deutschen Schutzgebiete, ihre rechtliche Stellung, Verfassung und Verwaltung“ ge⸗ bracht und in derselben die Probleme und die Entwicklung der Kolonialpolitik im allgemeinen sowie die natürlichen und wirthschaft⸗ lichen Verhältnisse der deutschen Kolonien in knapper, aber treffender Weise behandelt hatte, bilden in den vorliegenden Heften 8 bis 10 die Erwerbung der deutschen Schutzgebiete, ihre Stellung in öffentlich⸗recht⸗ licher Hinsicht, die Kolonialgesellschaften, deren Verfassung und öffentlich⸗rechtliche Stellung, die Verfassung und Verwaltung der Schutzgebiete im einzelnen und zum Schluß die rechtliche Stellung der Eingeborenen der deutschen Schutzgebiete den Gegenstand der Dar⸗ stellung. Nach ihrer Vollendung ist die Arbeit bei G. Hirth, München und Leipzig, auch im Separatabdruck (Preis 3 ℳ) er⸗ schienen. Die Veranlassung zur Neubearbeitung dieser Schrift, welche 1887 zum ersten Mal herausgekommen war, gaben dem verdienstvollen Verfasser die vielen Aenderungen, welche die Rechtsverhältnisse der deutschen Kolonien in den letzten Jahren erfahren haben, wie die Ver⸗ E ihrer Grenzen durch neue internationale Abmachungen. r hat sich dabei nicht begnügt, das neue Material einfach in den alten Rahmen einzufügen, sondern er hat die ganze Arbeit umgestaltet und erweitert. Die zum Verständniß der rechtlichen Stellung der Schutz⸗ gebiete unentbehrliche Darstellung ihrer Entstehung und Entwicklung ist bedeutend vervollständigt und die Antisklavereibewegung nebst der neuerdings daraus hervorgegangenen Gesetzgebung eingehend geschildert. Der Abschnitt über die Kolonialgesellschaften ist kürzer gefaßt worden als früher, da mit Ausnahme der Neu⸗Guinea⸗Kompagnie keine mehr eine wichtige, öffentlich⸗rechtliche Stellung einnimmt. Dafür ist die schon stark angewachsene Verwaltungsgesetzgebung der einzelnen Schutzgebiete, welche beim Erscheinen der zweiten Auflage der Arbeit 1889 erst in den allerersten Anfängen stand, erschöpfend berücksichtigt. So stellt die 290 Seiten umfassende Schrift jetzt ein Handbuch dar, welches als solches alle über die deutschen Schutzgebiete erschienenen Bücher in Schatten zu stellen geeignet ist. 8

Aus dem übrigen Inhalt der vorliegenden Hefte dieser viel seitigen staatswissenschaftlichen Zeitschrift sind noch zu erwähnen di Darstellung der Rechnungsergebnisse der Berufsgenossenschaften für das Jahr 1893 und die Berschte über die Thätigkeit der Reichs⸗ kommissare für das Auswanderungswesen während des Jahres 1894.

Vorschläge und Materialien zur Kodifikation des internationalen Privatrechts von Dr. Theodor Nie⸗ meyer, o. ö. Professor der Rechte an der Universität Kiel. Verlag von Duncker u. Humblot in Leipzig. Der Entwurf eines Bürger⸗ lichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich hat in der zweiten Lesung ein sechstes Buch als Zusatz erhalten, das den Titel „Anwendung aus⸗ ländischer Gesetze“ führt und in dreißig Paragraphen 2236 bis § 2265) die wichtigsten Normen des internationalen Privat⸗ rechts enthält. Es kann nur willkommen sein, wenn die Vertreter der Rechtswissenschft und die zur Rechtspflege Berufenen auch von dem Texte dieser Bestimmungen Kenntniß nehmen und mit ihren Urtheilen und Vorschlägen zur Verwerthung für die weitere Beschlußfassung über den Entwurf hervortreten. Diesen Zweck verfolgt die vorliegende Arbeit, die zugleich ein Lösungsversuch der von der Juristischen Gesellschaft zu Berlin im vorigen Jahre gestellten Preisaufgabe sein soll: Welche Rechtssätze des internationalen Privat⸗ rechts eignen sich zur Aufnahme in das künftige Bürgerliche Gesetzbuch für das Deutsche Reich? Da zur Zeit der Abfassung dieses Werks das sechste Buch des neuen Entwurfs noch nicht veröffentlicht war, handelt es sich hier naturgemäß nicht um ein kritisches Vorgehen im Anschluß an die Arheiten der Gesetzgebungskommission, vielmehr ist der Verfasser selbständig so vorgegangen, als ob die Gesetzgebungskommission überhaupt noch keine Vorschläge ausgearbeitet hätte. Dadurch verliert die Arbeit keines⸗ wegs an Werth: denn die Gesichtspunkte, welche in Frage kommen, wiederholen sich im wesentlichen bei jeder Kodifikation und nicht