Konzerte.
Der Baritonist Herr Abraham Ojanperä aus Finland,
ehrer am Musikinstitut in Helsimgfors erschien am Sonnabend im Saal Bechstein zum ersten al vor dem hiesigen Publikum. Seine ungewöhnlich kräftige und umfangreiche Stimme ist durch alle Lagen sorgfältig ausgeglichen und stets mir einer lebendigen, oft tief ergreifenden Vortragsweise vereinigt. War sein forte in der Arie aus „Samson“ von Händel von imponierender Wirkung, so mußte man andererseits auch die Zartheit seines piano in
schaikowsky's Lied „Inmitten des Balles“, in Gesängen von Schubert und in eeinigen schwedischen und finischen Volksliedern bewundern. Sehr selten verwendete der Sänger dabei die Töne des Falsetts, da die Bruststimme noch bis zum hohen G bequem hinaufreicht. Seine Reinheit der Intonation und Deutlich⸗ keit der Aussprache sind noch besonders lobend zu erwähnen. Die lavierbegleitung war in den geschickten Händen des Herrn O. Bake. as zahlreich erschienene Publikum spenderte dem Konzertgeber ver⸗ ienten Beifall.
Der III. Symphonie⸗Abend der Königlichen Kapelle ndet am 15. November im Königlichen Opernhause statt. uf dem Programm stehen: Brahms' „Haydn⸗Variationen“, Volk⸗ ann's D-moll⸗Serenade, „Tyll Eulenspiegel“ von Richard Strauß um ersten Mal) und Beethoven’'s „Eroica⸗Symphonie“. apellmeister Weingartner dirigierte am Freitag v. W. das erste
1“ Konzert in Hamburg mit ganz ungewöhnlichem rfolge.
Mannigfaltiges.
Die Pläne für die Gruppe XXIII der Berliner Gewerbe⸗ Ausstellung 1896, welche die deutsche Kolonial⸗Ausstellung enthalten wird, gewinnen allmählich Gestalt. In einer neulichen Sitzung der Kommissionsvorstände für die einzelnen Kolonien legte Herr Maler Hellgreve, der künstlerische Leiter der Kolonial⸗Ausstel⸗ lung, den allgemeinen Plan vor. Herr Graf von Schmweinitz, welcher Ost⸗Afrika vertritt, leitet den Bau eines großen afrikanischen Be⸗ festigungswerks mit dahinterliegendem Eingeborenendorf, der Tembe des Sultans Sikki, einer . Palaverhütte ꝛc. Herr Haupt⸗ mann Morgen legte seine Pläne für die Anlagen aus Kamerun vor, die in Negerhütten, Faktoreien ꝛc. bestehen sollen. Für Togo haben der dortige Landes⸗Hauptmann sowie der Kaiserliche Zoll⸗Direktor Herr Böder ihre Unterstützung zugesagt. Herr C. von Beck legte Entwürfe für die Kolonie Neu⸗Guinea vor. Südwest⸗ Afrika wird von Herrn Privat⸗Dozenten Dove bearbeitet, welcher in Verbindung mit der dortigen Kolonie ein Bild der Wohnstätten, Gebräuche, ethnographischen Gegenstände ꝛc. geben wird. — Angesichts der vielfachen Kundgebungen gegenüber dem am Mittwoch gefaßten Beschluß, die Industriehallen der Ausstellung am Abend nicht zu be⸗ leuchten, trat der geschäftsführende Ausschuß am Sonnabend noch⸗ mals zu einer Sitzung zusammen. Bei der Wichtigkeit der Frage wurde beschlossen, eine “ der Mitglieder des Gesammt⸗ Vorstandes, der Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Gruppen sowie der Vorsitzenden der Untergruppen auf Mittwoch, Abends 7 ½ Uhr, nach dem Hotel de Rome einzuberufen.
DDr. Julius Ritter von Payer, der bekannte Nordpolfahrer und Alpinist, welcher bereits drei Nordpol⸗Expeditionen unternommen hat, rüstet sich abermals zu einer Nordpolfahrt, welche die Er⸗ forschung des nordöstlichen Grönlands zum Ziel hat. Der Kaiser⸗ Franz⸗Josephs⸗Fjord, jene gewaltige Meerenge im 74. Gr. nördl. Br., die Payer im Jahre 1870 auf Koldewey's Expedition erreichte, ist bisher nur unvollkommen erforscht, das anschließende Binnenland kaum betreten, die Nordküste von Grönland nur bis zum 77. Gr. entdeckt. Hier will Payer, im Verein mit Männern der Wissenschaft, seinen Eroberungszug beginnen; aber nicht nur der Wissenschaft, sondern auch der Kunst soll diese Entdeckungs⸗
reise dienen. Der Schöpfer des Bildes „Die Bai des Todes“
durch naturgetreue, an Ort und Stelle aufgenommene Bilder jene fernen Gegenden veranschaulichen. Einen Theil der Kosten seiner Ex⸗ pedition, deren Dauer auf mindestens zwei Ueberwinterungen berechnet ist, hofft Payer durch den Erlös für zu haltende Vorträge zu decken. In Berlin hat es die hiesige Sektion des Deutschen und Oester⸗ reichischen Alpenvereins übernommen, demnächst einen „Payer⸗Abend“ zu veranstalten. Man darf dem Vortrage des kühnen Forschers daher mit großem Interesse entgegensehen.
Allenstein, 27. Oktober. Die hiesige Eisenbahn⸗Betriebs⸗ inspektion macht bekannt: Am 26. Oktober Nachmittags hat der von Königsberg kommende Güterzug auf der Strecke zwischen Mehlsack und Lichtenfeld ein Zigeunerfuhrwerk überfahren, wobei das Fuhrwerk zertrümmert und eine Frau am Kopf und rechten Fuß leicht verletzt wurde.
Inowrazlaw, 27. Oktober. Die hiesige Eisenbahn⸗Betriebs⸗ inspektion giebt bekannt: Gestern Nachmittag 5 ½ Uhr ist vor Bahn⸗ hof Pakosch der Güterzug 1065 gerissen; der abgerissene Theil lief vor Bahnhof Pakosch auf den vorderen Theil auf. 14 Wagen wurden beschädigt, Personal ist nicht verletzt, auch der Betrieb nicht gestört.
Weißenfels, 28. Oktober. Nach näheren Feststellungen sind bei dem Brand der Riebeck'schen Grube „Marie“ bei Deuben (vgl. Nr. 257 d. Bl.) neun Personen verletzt worden, davon drei schwer. Sieben Verletzte sind im „Bergmannstrost“ in Halle unter⸗ gebracht. Der Schaden ist sehr bedeutend.
Nürnberg. Die Anmeldungen für die Bayerische Landes⸗ ausstellung, welche im nächsten Jahre in Nürnberg stattfindet, vertheilen sich auf die einzelnen Gruppen wie folgt: Bergwerks⸗ und Hüttenprodukte 82 Aussteller, Nahrungs⸗ und Genußmittel 216, Textil- und Bekleidungsindustrie 215, Papierindustrie 29, Leder⸗ industrie 186, Glasindustrie 63, Thonindustrie 58, Arbeiten aus Stein 47, Metallindustrie 389, Holzindustrie 482, Graphische und vervielfältigende Künste 155, Wissenschaftliche Instrumente 65, Musik⸗ instrumente 30, Chemische Industrie 68, Bau⸗ und Ingenieur⸗ wesen 67, Verkehrs⸗ und Feuerlöschwesen 48, Maschinenwesen 130, “ Bildungswesen 29, Ministerien und Kommunen 10. Die Zahl der Theilnehmer an der Gartenbauausstellung der Kunstausstellung kann noch nicht festgestellt werden. Die Bauarbeiten an den Ausstellungsgebäuden schreiten rüstig fort. Das Industrie⸗Hauptgebäude und das Unterrichts⸗ und Verkehrsgebäude sind im Zimmermannsrohbau annähernd und hin⸗ sichtlich des Fagadenschmucks großentheils fertig gestellt. Das Auf⸗ richten der Maschinenhalle ist in vollem Gange. Bis Ende dieser Woche werden die Zimmermannsarbeiten an dem hohen Thurm in der Mitte der Hauptfagade soweit gediehen sein, daß die Hebefeier stattfinden kann. Der Bau der Kunsthalle hat begonnen. Es darf sonach mit Sicherheit erwartet werden, daß sämmtliche Ausstellungs⸗ gebäude bis zum 1. März 1896, dem für die Einlieferung der Aus⸗ stellungsobjekte festgesetzten Zeitpunkt, vollendet sein werden.
und
Leipzig, 26. Oktober. „W. T. B.“ meldet: Bei dem heutigen großen Gedränge auf dem Dresdener Bahnhof brach dort in einer Länge von 15 m die eiserne Einfriedigung infolge Ueber⸗ lastung durch das dieselbe besetzt haltende Publikum zusammen. Hier⸗ durch wurde ein Knabe erschlagen, und mehrere Personen wurden theils schwer, theils leicht verletzt.
Zeitz, 27. Oktober. Amtlich wird bekannt gemacht: Heute Vormittag 2 Uhr ist am Wegeübergang bei Bude 45, am westlichen Ende des Bahnhofs Zeitz ein Fuhrwerk durch eine von Gera kommende Maschine überfahren worden. Die vier Insassen wurden
will
vom Wagen geschleudert, wobei eine Person getödtet, eine Person schwer und eine Person leicht verletzt worden sind. Die Person wurden getödtet. Die Schranken waren geschlossen, und der Wärter war auf seinem Posten. Die Pferde hatten die Schranke, durch brochen.
Wien, 26. Oktober. Im Haupt⸗Zollpostpacket⸗Amt wurden, dem „W. T. B.“ zufolge, heute zwei Sendungen ver⸗ mißt. Die eine, aus München an die österreichische Kreditanstalt adressiert, enthielt 16 000 ℳ in Gold, die andere, aus Paris kom⸗ mend, 2000 Francs Silber; die letztere wurde
Entwender der ersteren ist in Ratibor verhafte d
15 480 ℳ bei ihm vorgefunden. ““
Lenz (Dep. Pas⸗de⸗Calais), 26. Oktober. Wetter sind in den Steinkohlengruben von Dourges gestern Abend 3 Bergleute getödtet und 8 verwundet worden.
Sofia, 27. Oktober. Die Lüge im Ueberschwemmungs⸗ gebiet in Südbulgarien (vgl. Nr. 255 d. Bl.) hat sich, wie „W. T. B.“ berichtet, gebessert. In Philippopel hat sich das Wasser verlaufen; in der Umgebung dieser Stadt sind einige Häuser eingestürzt und drei Menschen ums Leben gekommen. Der Schaden
ist sehr bedeutend.
Kopenhagen, 26. Oktober. eingetroffene Postdampfer „Laura“ überbringt die Nachricht, daß vom 1. bis 4. Oktober an den Küsten der Insel ein so heftiger Schnee⸗ sturm wüthete, wie er zu dieser Jahreszeit früher noch nicht beobachtet worden ist. Während des Sturmes trieb der Dampfer „Elin“ im Strömfjord auf's Land, ebenso der dänische Fischerkutter „Patriksfjord“ im Dyrefjord an der Westküste und der norwegische Dampfer „Stam ford“ im Oefjord. Ferner strandete der Schooner „Axel“ in der Nähe des Olansfjords an der Westküste; derselbe hatte gegen 100 Tons ssische an Bord, die nach Bergen in Norwegen gehen sollten. Glück⸗ icherweise wurden die Besatzungen von allen gestrandeten Schiffen gerettet. Außerdem sind noch mehrere inländische Fischerfahrzeuge verunglückt, wobei ein Mann ertrunken ist.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
München, 28. Oktober. (W. T. B.) Die Kammer der Abgeordneten nahm heute mit 69 gegen 53 Stimmen den Antrag des Abg. Orterer an, über die Anträge auf eseshe des Landtagswahlgesetzes zur Tagesordnung über⸗ zugehen.
Darmstadt, 28. Oktober. (W. T. B.) In Gegenwart Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs und Seiner Hoheit des Prinzen Wilhelm sowie des Staats⸗Ministers Dr. Finger und des Finanz⸗Ministers Weber fand heute Mittag die Einweihung der neuen Gebäude der Technischen Hochschule statt. Nach der Festrede des Rektors Lepsius folgte eine Besichtigung der Neubauten, an welcher sich auch Ihre Königliche Hoheit die Cir herf heh n betheiligte. Am Na mittag findet ein Festmahl und Abends ein Festkommers statt, welchem auch der Großherzog und der Prinz Wilhelm bei⸗ wohnen werden.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
om 28. Oktober Morgens.
Wetterb 8
09 —
— — 82
V V
Bremer
richtung vom Ober⸗Inspektor Brandt. Kaäpellmeister Dr. Rathskeller.
Dirigent: Phantasien im Phantastisches Tanzbild,
Muck. Meues Theater.
Schiffbauerdamm 4a. /5. Dienstag: Der tapfere Cardunois. (L'héroique
Durch schlagende
Der heute aus Island hier
Sing-Akademie. Dienstag, Anfang 8 Uhr:
Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp. red. in Milli
im.
Temperakur Celsius 5 ° C. = 40 R.
in 0
Belmullet.. Aberdeen.. Christiansund Kopenhagen. Stockholm.
aranda.
St. Petersbrg.
Moskau...
759 754 750 756 755 758 756 758
halb bed. heiter heiter 2 halb bed. ill halb bed. bedeckt bedeckt 3 Regen
Tork, Queens⸗ “
Cherbourg. “
winemünde Neufahrwasser Memel
Hais “ ünster... Karlsruhe .. Wiesbaden. München.. Chemnitz.. Berlin... Wien. „.. Breslau...
759 757 755 755 757 758 758
757
halb bed. wolkig Regen wolkig heiter ¹) halb bed. ²) Nebels) wolkig
—2”9gSe 000920—9S2SS⸗
758 757 761 760 760 761 760 758 759
3 bedeckt heiter⁴) wolkenl. /ü5) bedeckt 6) bedeckt7) wolkenl. ³) halb bed. Regen Nebel
Ile d'Aix.. Nizza.. Triest.. ¹) Reif. 6) Reif.
760 751 752
2) Reif. 7) Nachts Schnee.
Regen Nebel bedeckt 3) Reif. ⁴) Reif. ⁸) Reif. 8) Nebel und Reif.
—
Uebersicht der Witlerung.
Ueber Südwest⸗Europa hat ig hohem Luftdru lagert
bhs tnacma flache
Depression Meere und scheint sich nach und nach
sich ein Gebist mit ausgebildet; eine über dem norwegischen auszufüllen.
Ueber Deutschland dauert die schwache, meist südliche Luftströmung bei kühler, vorwiegend trüber Witteruug
fort; stellenweise ist Regen gefallen; auf Helgoland und Wilhelmshaven wurde Wetterleuchten beobachtet; fast überall fanden Nachtfröste statt.
Deutsche Seewarte.
igliche Schanspiele. Dienstag: Opern⸗
haus.
145. Vorstellung.
Der Evangelimann.
Musikalisches Schauspiel in 2 Aufzügen, nach einer von Dr. Leopold Florian I erzählten wahren
Begebenheit, von Wilhelm K
enzl. In Scene ge⸗
sett vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dekorative Ein
frei nach Wilhelm Hauff, von Emil Graeb. Musik von Adolf Steinmann. Dirigent: Musik⸗Direktor Steinmann. Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. 234. Vorstellung. Niemand weiß es. 3 Bilder von Theodor Wolff. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Dekorative Einrichtung vom Ober⸗Inspektor Brandt. — Frauen⸗ lob. Lustspiel in 3 Aufzügen von Rudolph Lothar. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Opernhaus. 146. Vorstellung. Fidelio. Oper in 2 Akten von Ludwig van Beethoven. Text nach dem Französischen von Ferdinand Treitschke. Anfang 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. 235. Vorstellung. Ein Sommer⸗ nachtstraum von William Shakespeare, übersetzt von August Wilhelm von Schlegel. Musik von Felir Mendelssohn⸗Bartholdy. Tanz von Emil raeb. Anfanz 7 ½ Uhr.
Opernhaus. Donnerstag: Der fliegende Hol⸗ länder. Freitag: Carmen. Sonnabend: Rienzi. Sonntag: In Kroll's Theater: Nachmittags 2 ½ Uhr: Opern⸗Vorstellung. Im Opernhause: Unbestimmt. 8
Schauspielhaus. Donnerstag: Niemand weiß es. Frauenlob. Freitag: 1812. Sonnabend: Wie die Alten sungen. (Annalise: Fräulein Adele Wienrich, vom Herzoglichen Hof⸗Theater in Coburg, als Gast.) Sonntag: Niemand weiß es. Frauenlob. 1““
Dentsches Theater. Dienstag:
Eiland. Anfang 7 ½ Uhr. Mittwoch: Der Meister von Palmyra. Donnerstag: Die Mütter.
Robinsons
Berliner Theater. Dienstag: Götz von Berlichingen. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Nachruhm. 8
Donnerstag: Nachruhm.
Lessing-Theater. Dienstag: weg. Anfang 7 ½ Uhr. Mittwoch: Gräfin Fritzi. Donnerstag: Der Dornenweg.
Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lautenburg. Dienstag: Der Rabeuvater. Schwank in 3 Akten von 82 Fr. Fischer und Josef Jarno. — Vorher: Aber die Ehe! Komödie in 1 Akt von P. Linsemann. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch und folgende Tage: Der Rabenvater. — Vorher: Aber die Ehe! 1“
Der Dornen⸗
Theater. 1 Chausseestraße 25 — 26. 1 Dienstag: Gastspiel der Liliputaner. Jeden Abend 7 ½ Uhr: Die Reise nach dem Mars.
1“
Le Cardunois.) Schwank in 3 Akten von Alexandre Bisson. Deutsch von Lou Brion. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Vorher: Zehn⸗ tausend Fuß hoch! Plauderei in 1 Akt von Fritz b1“.“ Regie: Siegfried Jelenko. Anfang
Uhr.
Mittwoch: Der Millitärstaat. Schwank in 4 Akten von Gustav von Moser und Thilo von Trotha.
Donnersta dunois.
und Freitag:
8 “ —
Theater Unter den Linden. Direktion: Julius Fritzsche. Dienstag: Miß Helyett. Vaudeoille⸗Operette in 3 Akten von Max Boucheron. Deutsch von Richard Genée. Must von E. Audran. In Seene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Herrn Evstein. Dirigent: Herr Kapellmeister Winné. — Hierauf: Phantastisches Ballet⸗Divertissement von Jean Reisinger. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Mit neuer Ausstattung: Zum ersten Male: Neu! Die Karlsschülerin. Operette in 3 Akten von Hugo Wittmann. Musik von Charles Weinberger (Komponist von „Lachende Erben“).
Adolph Ernst⸗Theater. Dienstag: bummler. Besetzung der Hauptrollen: Anna Bäckers, Josefine Dora, Ida Schlüter, Adolph Ernst, Julius Eyben, Hugo Haßkerl, Richard Jürgas, Guido Tielscher, Carl Weiß, Georg Worlitzsch. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.
Sonntag, den 3. November, Mittags 12 Uhr: Zum ersten Male: Der kleine Lord. Kinder zahlen auf allen Plätzen die Hälfte.
Zentral⸗Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Direktion: Richard Schultz. Emil Thomas a. G.
Dienstag: Eine tolle Nacht. Große Aus⸗ stattungsposse mit Gesang und Tanz in 5 Bildern von Wilh. Mannstädt und Julius Freund. Musik von Jultus Einödshofer. In Scene gesetzt vom Direktor Richard Schultz. Die Tanz⸗Arrangements vom Balletmeister Gundlach. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Eine tolle Nacht.
Konzerte.
Konzert-Haus. Dienstag: Karl Meyder⸗ Konzert. Ouv. „Zanetta“, Auber. „Tannhäuser“, Wagner. „Ein Tag in Wien“, Suppé. „Preghiera“ (neu) von Mahlendorff. Konzerthausklänge“, Walzer von Meyder. Phantasie aus „Die Jüdin“ für Flöte von Demersseman (Herr Liesegang). „Klänge aus Steyermark“ für Piston von Hoch (Herr Werner).
—
ar
8
[7 ½ Uhr: Große brillante Vorstellung. sationeller Erfolg!
Klavier⸗Abend von Anton Foerster aus Leipzig.
Saal Bechstein. Linkstraße 42. Dienstag, Anfang 7 ½ Uhr: Lieder⸗Abend von Catharina Zimdars, unter Mitwirkung der Pianistin Fräulein Helene Geisler.
Birkus Renz. Karlstraße. Dienstag, Abends
Sen⸗ 3 Großes militärisches Ausstattungsstück mit Tänzen, Gruppie⸗
1870/71. Neu!
rungen, Gefechten zu Fuß und zu Pferde in zwei
Abtheilungen von Direktor Fr. Renz Großherzoglichen Hof⸗Balletmeister A. Siems. Außerdem: 6 Trakehner Rapphengste (Original⸗ Dressur), vorgeführt vom Direktor Fr. Renz. Das Schulpferd Orloff, geritten von Herrn Ritter von Renroff. Povero, 4 jähr. Vollblut⸗Rapphengst, in allen Gangarten der hohen Schule dressiert und geritten von dem anerkannt besten Schulreiter der Welt Mr. James Fillis. The marvellous de Kock-Trio. Feruccio, anglo⸗arab. Fuchshengst, in der hohen Schule geritten von Frau Robert Renz. Hierauf: Neu! Der Baguettesprung. Neu! Eine Leistung, wie solche noch niemals von einer Dame zur Aufführung gebracht wurde. Auftreten des renommierten Original. Clowns Mr. Gobert Belling, sowie des beliebten Original⸗August Mr. Lavater Lee. Alles Nähere aus Plakaten und Austrage⸗ zetteln ersichtlich. Mittwoch, Abends 7 ½ Uhr: 1870/71
Familien⸗Nachrichten.
8 1
Verehelicht: Hr. Major Johann Graf zu Rantzau mit Freiin Anna Vincke (Berlin).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Hauptmann von Eckartsberg (Potsdam). — Eine Tochter: Hrn. Gerichts⸗Assessor Hartmann (Frankfurt a. O.). — Hrn. Carl von Axelson (Berlin). — Hrn. Prediger Dobberstein (Charlottenburg). b
Gestorben Verw. Fr. Anna von Chettritz und Neuhaus, geb. Doyé (Karlsbab). — Verw. Fr. Lehrer Amalie Hirschberger, gev. Schinke (Groß⸗ burg). E1113“ von Hartmann Sohn Ernst (Weißenhöhe, Ostbahn).
und dem
Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.
Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sechs Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
9 8
en
88
—
89
üE
8
Anzeiger und Königlich Preu
““
Erste Beilage
28
Berlin, Montag, den 28. Oktober
Mi
WET
11
v11.“
“ W“
Der einzelne Handelsgesellschafter, sowie der persönlich
8 haftende Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft, welcher
aus einem Anspruch gegen die Gesellschaft belangt wird, muß, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Zivilsenats, vom 10. April 1895, das gegen die Gesellschaft ergangene rechtskräftige Urtheil gegen sich gelten lassen, seine Einreden dürfen nur auf einem ihm persönlich
zu statten kommenden Rechtsgrund beruhen. — Die Firma L. u. Co.
erhob wegen einer rechtskräftigen Forderung gegen die Kommandit⸗
gesellschaft X. Klage gegen Sch. als den persönlich haftenden Gesell⸗
chafter der Kommanditgesellschaft auf Zahlung der Schuldsumme. Sch. erhob dagegen den Einwand, daß die Gesellschaftsschuld, deren Zahlung von ihm beansprucht werde, verjährt sei. Dieser Einwand wurde in der Berufungsinstanz als unzulässig verworfen, und die Re⸗ vision des Beklagten wurde vom Reichsgericht zurückgewiesen, indem es begründend ausführte: „Das Berufungsgericht ist hierbei dem Reichs⸗ gericht gefolgt, welches, entgegen einer Entscheidung des Reichs⸗Ober⸗ Handelsgerichts (Entsch. Bd. 20 S. 180), in ständiger Rechtsprechung
ngenommen hat, daß der einzelne Handelsgesellschafter, welcher aus einem Anspruch gegen die Gesellschaft belangt wird, das gegen die Gesellschaft ergangene Urtheil gegen sich gelten lassen muß, sofern ihm nicht persönliche Befreiungsgründe zur Seite stehen. Von dieser
Praxis, der sich auch die neuere Rechtsliteratur nahezu einhellig ange⸗
. 8
schlossen hat, abzuweichen, liegt keine Veranlassung vor.
haben.
Daß aber gegenüber einem die Gesellschaft verurtheilenden Erkenntniß der per⸗ sönlich haftende Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft sich in der gleichen Rechtslage befindet, wie der Gesellschafter einer offenen Handels⸗ sellschaft, ergiebt sich ohne weiteres aus der Natur der Kommandit⸗ gesellschaft als einer nur durch die beschränkte Haftung der Komman⸗ ditisten modifizierten Art der offenen Handelsgesellschaft.“ (1/95.)
— Die Bestimmung des § 29 der Zivilprozeßordnung, daß für Klagen auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Ver⸗ trags, auf Erfüllung oder Aufhebung eines solchen, sowie auf Ent⸗ schaͤdigung wegen Nichterfüllung oder nicht gehöriger Erfüllung das Gericht des Orts zuständig ist, wo die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist — findet, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, 8 Zivilsenats, vom 17. April 1895, keine Anwendung auf Konsulargerichte; diese sind vielmehr nur dann zuständig, wenn der Verklagte zur Zeit der Zustellung der Klage im Gerichtsbezirk entweder faktisch anwesend ist, oder doch, im Falle vorübergehender Abwesenheit, seinen rechtlichen Wohnsitz daselbst hat. Ebenso sind verklagte Handelsgesellschaften nur dann der Konsulargerichtsbarkeit
88 unterworfen, wenn sie in deren Bezirk ihre Hauptniederlassung oder
besondere Niederlassung mit einem Vertreter für dieselbe
„Nach § 1 Abs. 2 des Gesetzes vom 10. Juli 1879 über die Konsulargerichtsbarkeit sind derselben unterworfen: „Die in den Kon⸗ sulargerichtsbezirken wohnenden oder sich aufhaltenden Staats⸗ angehörigen und Schutzgenossen“. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit wurde diese Gerichtsbarkeit auf das dringend nothwendige Maß be⸗ schränkt und ist daher Voraussetzung der Zuständigkeit des Konsular⸗ gerichts, daß der Verklagte (Staatsangehörige oder Schutzgenosse) zur Zeit der Zustellung der Klage im Gerichtsbezirk entweder faktisch anwesend ist oder doch, im Falle vorübergehender Abwesenheit, seinen rechtlichen Wohnsitz daselbst hat. Hiernach können der Gerichtsstand des früheren Wohnsitzes, des Vermögens, sowie derjenige des Vertrags für sich allein nicht genügen, um einen Reichsangehörigen in dem be⸗ treffenden Konsulargerichtsbezirk vor Gericht zu ziehen, vielmehr müssen noch der Wohnsitz oder Aufenthalt in demselben hinzu⸗ treten...“ (251/94.)
— Nach § 57 Abs. 2 und 3 des Preußischen Enteignungsgesetzes vom 11. Juni 1874 findet ein gesetzliches Vorkaufsrecht wegen aller Theile von Grundstücken sart welche infolge des verliehenen Enteignungsrechts zwangsweise oder durch freien Vertrag an den Unternehmer abgetreten sind, wenn in der Folge das abgetretene Grundstück ganz oder theilweise zu dem bestimmten Zweck nicht weiter nothwendig ist und veräußert werden soll. Das Vorkaufsrecht steht dem zeitigen Eigenthümer des durch den ursprünglichen Erwerb verkleinerten Grundstücks zu. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, II. Zivilsenat, durch Urtheil vom 18. Juni 1895 ausgesprochen: Hat der Eigen⸗ thümer der Restparzelle inzwischen einen Theil derselben an einen Dritten veräußert, oder ist ihm inzwischen ein Theil derselben zu Gunsten eines Dritten enteignet worden, so kann er das erwähnte gesetzliche Vorkaufsrecht weder ganz noch theilweise geltend machen, selbst wenn der Dritte auf seinen Antheil an dem Vorkaufsrecht verzichtet hat. — Herr von C. besaß in Köln eine Parzelle. Von dieser wurde im Jahre 1887 eine Theilfläche für den Eisenbahnfiskus dem Herrn von C. enteignet. Demnächst wurde der größere Theil der dem Herrn von C. verbliebenen Restparzelle auf Anstehen der Stadt Köln für eine Straßenanlage enteignet. Die an den Eisenbahnfiskus abgetretene Parzelle erwies sich in der Folge als für die Verwendung zu Eisenbahn⸗ zwecken entbehrlich, und der Eisenbahnfiskus trat einen Theil an die Stadtgemeinde Köln zur Straßenanlage ab, und den Rest verkaufte Fiskus, ohne dem Herrn v. C. eine Anzeige wegen etwaiger Ausübung des Vorkaufsrechts gemacht zu haben, an M. und W. Herr von C. klagte sodann gegen M. und W. auf Uebertragung der von ihnen gekauften Parzelle an ihn gegen Ersatz des an den Eisenbahnfiskus gezahlten Kaufpreises. Die Klage wurde in beiden Instanzen abgewiesen, und die Revision des Klägers wurde vom Reichsgericht zurückgewiesen, indem es begründend ausführte: „Wenn auch im Falle einer solchen Theilung des nach einer Enteignung ver⸗ bliebenen Restgrundstücks mit der Mehrzahl der Schriftsteller und auch dem preußischen Ober⸗Tribunal anzunehmen sein mag, daß das Vorkaufsrecht infolge derselben nicht erlischt, so ergiebt doch der klare Wortlaut des Gesetzes, daß keinenfalls der Eigenthümer eines Theils der Restparzelle der Alleinberechtigte ist, sondern das Vorkaufsrecht immer nur den Eigenthümern der sämmtlichen Theilparzellen zusammen zustehen kann. Jeder Theil des verkleinerten Grundbesitzes ist als solcher gleichberechtigt. Dabei ist es ohne jede rechtliche Bedeutung, auf welche Art, insbesondere ob durch Vertrag oder Enteignung, das Eigenthum erworben worden ist. — — Auch die in den öö aufgestellte Behauptung des Klägers, daß die Stadt Köln auf das ihr durch den Erwerb überkommene Vorkaufsrecht verzichtet habe, würde die alleinige Berechtigung des Klägers nicht begründen können, da aus der Unübertragbarkeit des Vorkaufsrechts auch die Unmöglichkeit eines Zuwachsrechts, für welches es übrigens auch an jedem Anhaltspunkt im Gesetz fehlen würde, sich ergiebt.“ (106/95.)
— Hat ein zur Vertretung einer offenen Handelsgesellschaft be⸗ fugter Gesellschafter einen Wechsel unter der Gesell⸗ schaftsfirma über seine Privatschuld mit Wissen des Wechselgläubigers acceptiert, so schließt, nach einem Urtheil des Reichs⸗ gerichts, I. Zivilsenats, vom 22. Juni 1895, diese Kenntniß allein keine Arglist in sich, und der Gläubiger ist ohne weiteres berechtigt, den Wechsel gegen die Gesellschaft geltend zu machen. Wußte aber der Gläubiger, daß der Gesellschafter das Accept gab, um die Ge⸗ sellschaft zu schädigen, oder mußte er nach den ihm bekannten Umständen annehmen, daß der Gesellschafter in keiner anderen Absicht, als in seinem Privatinteresse zum Nachtheil der Gesellschaft
eine
zu handeln, das Accept gab, so hat er an dem Dolus des Gesell⸗ schafters gegen die Gesellschaft in seinem eigenen Interesse theil⸗ genommen und kann Rechte aus dem mit seinem Wissen mißbräuchlich gegebenen Accept gegen die Gesellschaft und den Sozius nicht her⸗ leiten. (91/95.)
Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Die Polizeibehörde ist, nach einem Urtheil des Ober⸗Ver⸗ waltungsgerichts, IV. Senats, vom 20. April 1895, gesetzlich befugt, die Benutzung von in Verbindung mit einem Vergnügungs⸗ etablissement, Konzertsaal ꝛc., stehenden Garderoberäumen zu untersagen, wenn ihre Benutzung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit des Publikums enthält. „Richtig ist allerdings, daß das lokale Baurecht keine Vorschrift bietet, welche der angefochtenen Verfügung zu Grunde gelegt werden könnte. Aber damit sind die Befugnisse der Polizeibehörde nicht erschöpft. Der § 10. Titel 17 Theil II des Allgemeinen Landrechts weist ihr ganz allgemein als ihres Amtes zu, die nöthigen Anstalten zur Erhaltung der öffent⸗ lichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung, und zur Abwendung der dem Publiko oder einzelnen Mitgliedern desselben bevorstehenden Gefahr zu treffen. Damit ist dem Einschreiten der Polizeibehörde überall da der gesetzliche Boden gegeben, wo es gilt, eine nach den thatsächlichen Umständen vorhandene Gefahr von dem Publikum abzuwenden, und prinzipiell giebt es kein Gebiet, wofern nur die Voraussetzungen des § 10 cit. zutreffen, welches der polizeilichen Einwirkung verschlossen wäre.“ (IV. 612.)
— Bei Grenzveränderungen zwischen zwei benachbarten Gemeinden durch Inkommunalisierung eines Theils des einen Ge⸗ meindebezirks in den anderen Gemeindebezirk kann, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, II. Senats, vom 27. April 1895, nicht ohne weiteres die dadurch hinsichtlich der Steuerkraft und der Lasten geschädigte Gemeinde von der dadurch bereicherten Gemeinde Schadensersatz verlangen. Es wird vielmehr in den geeigneten Fällen vor Vornahme der Grenzvper⸗ änderung auf die freiwillige Gewährung einer Beihilfe an die etwa geschädigte Gemeinde hinzuwirken sein. „In Betreff der Frage, ob der in Rede stehende Anspruch materiell begründet sei, ist davon auszugehen, daß bei Grenzveränderungen die Steuer⸗ kraft, welche mit dem abgetretenen Terrain verbunden ist, und die Last, welche auf demselben ruht, von selbst an die vergrößerte Ge⸗ meinde gelangen. Die so eingetretene Aenderung kann nur deshalb erfolgt sein, weil der bisherige Zustand nach der Ansicht der zuständigen Stellen der weniger zweckmäßige war und durch einen besseren ersetzt werden sollte. Unter solchen Umständen fehlt es an einer allgemeinen esetzlichen Grundlage, auf welche nach Herbeiführung der fa angemessen erachteten Verhältnisse die Zubilligung eines Schadensersatzes sei es an die vergrößerte Geeinde wegen ihr zufallender Lasten, sei es an die verkleinerte wegen Verlustes von Steuerkraft — zu stützen wäre, während immer⸗
S hin zufolge positiver besonderer Bestimmungen, wie der des § 3 der Landgemeindeordnung für die östlichen Provinzen vom 3. Juli 1891, in einzelnen Rechtsgebieten ein anderer gesetzlicher Zustand existieren mag. — — Der seitens des Vorderrichters aufgestellte und so allgemein, wie er aufgestellt ist, garnicht existierende Satz, daß niemand sich mit dem Schaden eines Anderen bereichern dürfe, kann nach dem oben Gesagten nicht dahin führen, der interessierten Ge⸗ meinde die Zahlung einer Entschädigung aufzuerlegen.“ (II. 654.)
Statistik und Volkswirthschaft. 85
Versicherungsanstalt für das Königreich Sachsen.
Der Geschäftsbericht der Versicherungsanstalt für das Königreich Sde für das Jahr 1894 enthält eingehende Mittheilungen über die Organisation der Anstalt und über den Geschäftsbetrieb. Wir entnehmen dem Bericht folgende Mittheilungen. Im Jahre 1894 gingen 2706 (1893: 1852) neue und 26 (1893: 25) wiederholte An⸗ träge auf Invalidenrente ein. Zur Entschließung vorgelegen haben 1894: 2893 (1893: 1985) Anträge; anerkannt wurden 2088 oder 72 % (1893: 1493 oder 75 %); abgelehnt wurden 376 oder 13 % (1893: 236 oder 12 %). Andere Erledigung fanden 156 oder 5 % (1893: 95 oder 5 %), und unerledigt blieben 273 Anträge oder 10 % (1893: 161 oder 8 %). Auf Gewährung von Altersrenten wurden neu erhoben 5712 (1893: 1722) Ansprüche, wiederholt 295 (1893: 31) Ansprüche. Im Ganzen haben zur Entschließung vorgelegen 6143 (i. Vorj.: 1893) Altersrentenanträge; davon wurden anerkannt 4745 oder 77 % (1893: 1519 pder 81 %); abgelehnt wurden 710 oder 12 % (1893: 194 oder 10 %), auf andere Weise erledigt 82 oder 1 % (1893: 44 oder 2 %); un⸗ erledigt blieben 606 oder 10 % (1893: 136 oder 7 %). — Bis Ende 1894 waren im Ganzen 4221 Invalidenrenten im Gesammt⸗ betrage von rund 499 814 ℳ angewiesen gegen 2133 Renten mit 248 185 ℳ Ende 1893. Der Durchschnittsbetrag einer Rente ist von 116 ℳ 35 ₰ auf 118,41 ℳ gestiegen; bei den neu hinzugekommenen Renten stellte sich der Durchschnittsbetrag auf 120,51 ℳ Von den 4221 Empfängern von Invalidenrente entfallen 3032 oder 71,8 % auf das männliche und 1189 oder 28,2 % auf das weibliche Geschlecht; von diesen Rentenempfängern standen im Alter von 21 — 30 Jahren 290, 31 — 40 Jahren 368, 41 —50 Jahren 543, 51 — 60 Jahren 980 und 61 Jahre alt und darüber waren 2040 Invalidenrentenempfänger. — Bis Ende 1894 wurden in die Listen der Anstalt 13 3833 Alters⸗ renten eingetragen (nach Abzug von 25 wieder aberkannten Renten). Der Gesammt⸗Jahresbetrag der angewiesenen Renten be⸗ zifferte sich auf rund 1 669 459 ℳ; der Durchschnittsbetrag einer Rente stellte sich auf 124,74 ℳ; der Zugang im Jahre 1894 betrug 4745 Renten im Gesammtbetrage von 554 866 ℳ 80 ₰ oder 116 ℳ 94 ₰ für eine Rente im Durchschnitt, während 1893 nur
1519 Renten mit 201 979 ℳ oder durchschnittlich 132,97 ℳ bewilligt
wurden. — Von den 4221 Invalidenrentenempfängern der Anstalt wohnten 107, von den 13 383 Altersrentenempfängern wohnten 86 außerhalb des Königreichs Sachsen. Im Königreich Sachsen kamen hiernach Ende 1894 auf je 100 000 Einwohner 117 (1893: 60) Invaliden⸗ und 380 (1893: 245) Altersrentenempfänger. Von der Gesammtheit der Rentenempfänger gehörten den einzelnen Berufs⸗ gruppen an: Land⸗ und Forstwirthschaft, Thierzucht und Fischerei 22,5 (1893: 25,4) %; Industrie einschließlich Bergbau und Bauwesen 57,4 (1893: 55,8) %; Handel und Verkehr, einschließlich Gast⸗ und Schank⸗ wirthschaft 2,6 (1893: 2,5) %; häusliche Dienstleistungen und Lohn⸗ arbeit wechselnder Art 8,7 (1893: 8,4) %; Staats⸗, Gemeinde⸗, Kirchen⸗ ꝛc. Dienst, freie Berufsarten 3,5 (1893: 3,7) %; im Haushalt der Herrschaft lebende Dienstboten für häusliche Dienste 5,3 (1893: 4,9) %. Bei den Invalidenrentenempfängern hat sich die Berufsvertheilung gegen 1893 nur wenig verändert. Wesentlich anders als im Vorjahre gestaltet sich dagegen die Berufsvertheilung bei den Altersrentenempfängern, bei denen infolge des Zugangs von 3211 Hausgewerbetreibenden der Textilindustrie die Gruppe „Industrie“ jetzt bedeutend in den Vordergxrund getreten ist. Von der Gesammtheit dieser Rentenempfänger gehörten an: der Land⸗ 8
8
19,5 (1893: 25,7), der Industrie ꝛc. 49,8 (1893: 33,8), dem Handel und Verkehr ꝛc. 1,5 (1893: 1,9), den häuslichen Dienstleistungen ꝛc. 17,3 (1893: 22,9), dem Staats⸗, Gemeinde⸗, Kirchendienst ꝛc. 4,5 (1893: 6,0) und den Dienstboten für häusliche Dienste 7.4 (1893: 9,7) %. Am meisten macht sich diese Zunahme bei den Renten⸗ empfängern auf dem Lande geltend, von denen 26,5 % Hausgewerbe⸗ treibende sind gegen 19 % in den Städten. — Bis Ende 1894 sind 1222 (1000 männliche und 222 weibliche) Invaliden⸗ und 2144 (1598 männliche und 546 weibliche) Altersrentenempfänger verstorben; hier⸗ von sind als im Jahre 1894 verstorben gemeldet 711 (585 männliche und 126 weibliche) Invaliden⸗ und ebenfalls 711 (514 männliche und 197 weibliche) Altersrentenempfänger. Geht schon hieraus hervor, daß die Sterblichkeit bei den Invalidenrentnern größer ist als bei den Altersrentenempfängern, so wird dies noch genauer durch die Prozent⸗ zahlen bestätigt: es sind nämlich bis Ende 1894 29 % der Invaliden⸗ (33 % der männlichen und 18,7 % der weiblichen), aber nur 16 % der Altersrentner (17,7 % der männlichen, 12,5 % der weiblichen) verstorben; es übersteigt also auch die Sterblichkeit bei den Männern diejenige der Frauen nicht unerheblich. — Die Reineinnahme an Versicherungsbeiträgen betrug rund 8 883 638 ℳ, die Reineinnahme aus dem Markenverkaufe 8 883 634 ℳ (+ 270 222 ℳ oder + 3,1 %). Abzüglich der vernichteten Marken sind im Ganzen 40 443 445 Marken (1893: 39 370 669 Marken) verkauft worden; es ergiebt sich also eine Steigerung um 1 072 776 Stück oder 2,7 %, während die Beitrags⸗ einnahmen um 3,1 %, also stärker, zugenommen haben. Der Durch⸗ schnittsbetrag berechnet sich in der That 1894 für eine Marke auf 21,97 ₰ gegen 21,88, 21 65 und 21,53 ₰ in den Vorjahren. Für Renten sind im Jahre 1894 989 388 ℳ oder 11,14 % der Rein⸗ einnahme an Beiträgen, und zwar 227 937 ℳ 28 ₰ für Invaliden⸗ und 761 450 ℳ 80 ₰ für Altersrenten gezahlt worden; von je 100 ℳ Rentenzahlungen kommen also 23 ℳ auf Invaliden⸗ und 77 ℳ auf Altersrenten; im Vorjahre kamen von je 100 ℳ Renten⸗ zahlungen nur 17 ℳ auf Invaliden⸗ und 83 ℳ auf Altersrenten. Die Kosten der Verwaltung im engeren Sinne betrugen 462 787 ℳ 73 ₰ und im weiteren Sinne 488 560 ℳ 75 ₰; sie stellen sich dem⸗ nach auf 5,21 bezw. 5,50 % der Beitragseinnahme und beziffern sich auf den Kopf der Versicherten, deren Anzahl zu 879 466 angenommen ist, auf 52,6 bezw. 55,6 ₰4. Das Vermögen der Anstalt, einschließ⸗ lich des 1 605 067 ℳ betragenden Reservefonds, belief Ende 1894 auf 30 671 004 ℳ 11“
Zur Arbeiterbewegung.
Zum Ausstand der Glasarbeiter in Carmaux wird dem „W. T. B.“ aus Paris gemeldet: Der Minister des Innern Leygues forderte gestern den Direktor der Glashütten in Carmaux Resseguier auf, den vierten Ofen wieder in Betrieb zu setzen, um noch mehr Arbeitern Arbeit zu verschaffen. Resseguier entsprach der Aufforderung; 200 neue Arbeiter sind eingestellt worden. — Wie aus Carmaux berichtet wird, forderte der Präfekt des Departements Tarn das Ausstands⸗Comité auf, mit ihm über die Mittel zur Lösung der augenblicklichen Lage zu berathen. Das Comité leistete der Auf⸗ forberung Folge; die Konferenz fand gestern Nachmittag statt. Aus Verviers wird der „Köln. Ztg.“ unter dem 24. Oktober geschrieben: Die Verhandlungen zwischen den Webern und den Ar⸗ beitgebern, um eine Entscheidung über das Zweistuhlsystem herbei⸗ zuführen, verliefen ohne Ergebniß. Der Weberausstand bei der Firma Hauzeur in Ensival hat in so fern eine unerwartete Wendung ge⸗
daß sie auf dessen fernere Unterstützung in der Ausstandsangelegenheit verzichte, da sie entschlossen sei, ihre Fabrik aus dem Arrondissement Verviers zu verlegen. (Vgl. Nr. 251 d. Bl.)
1“
Literatur. b “ 6
Von dem langjährigen Vertreter des Deutschen Reichs in China M. von Brandt ist im Verlage von Strecker u. Moser zu Stuttgart ein Bändchen „Sittenbilder aus China“ erschienen, welches besonders über die Lage der „Mädchen und Frauen“ im Reiche der Mitte vieles interessante enthält. In keiner, den niederen Klassen der Bevölkerung angehörigen Familien, so führt der Ver⸗ fasser aus, wird für die Erziehung der Töchter nicht in unserem Sinne, sondern in Betreff ihrer Ausbildung in den häus⸗ lichen Obliegenheiten — auch nur das Geringste gethan, da Vater und Mutter ja doch wissen, daß sie den Lohn für die aufgewandte Mühe nie ernten werden. Die Aufgabe, das in dieser Beziehung Versäumte nachzuholen, fällt also ausschließlich der Schwiegermutter zu, und es mag derselben oft genug nicht zu verdenken sein, wenn ihr die Geduld dabei reißt. Im allgemeinen wird man aber nicht fehlgehen, wenn man das Loos einer jungen Frau für schlimmer als das der niedrigsten Dienerin bezeichnet. das Schicksal des Mädchens, das als Kind, häufig von wenigen Jahren, in das Haus ihrer zukünftigen Schwiegereltern aufgenommen wird, um dort die Zeit bis zur Hochzeit zuzubringen. Es ist dies eine nur unter der ärmsten Klassen herrschende Sitte, da für ein solches Mädchen nur ein sehr geringer Kaufpreis s(oder richtiger gesagt: Verlobungs⸗ geschenk) entrichtet zu werden braucht. In beiden Fällen giebt es für die Braut wie für die Frau keinen gesetzlichen Schutz; sie kann freilich in ihre Familie zurückkehren, aber ihr Unterhalt würde den Mit⸗ gliedern derselben zur Last fallen, und sie würde schon deswegen sehr wenig willkommen sein; „ihr bleibt, um Mißhandlungen zu entgehen, nur ein Mittel, Selbstmord, und die Zahl der jungen ö die zu demselben greifen, ist jährlich keine geringe in China.“
n der Furcht vor einem solchen Entschluß des Opfers liegt zugleich thatsächlich der
einzige Grund, der einer Schwiegermutter ihrer Schwiegertochter gegenüber eine gewisse Rücksicht auferlegt. Im Falle eines Selbstmordes ist die Familie, welcher die Verstorbene als Mädchen angehörte, gezwungen, um nicht, wie der Chinese sagt, „das Gesicht zu verlieren“, die Sache aufzunehmen, und es kommt dann zu Zwistigkeiten, die oft den Charakter wahrer Kämpfe eines Geschlechts gegen das andere annehmen, oder zu gerichtlichen Verhandlungen, die stets sehr kostspielig zu sein pflegen. Die Furcht vor diesen Eventualitäten legt vielen Schwiegermüttern eine Zurück⸗ haltung auf, die sie sonst sicher nicht besan würden. Für eine junge Frau giebt es freilich noch ein anderes Mittel, das ihr busreicgenden Schutz und mehr als das gewährt: wenn sie nämlich die Fähigkeit besitzt, zu jeder Zeit und bei der geringsten Veranlassung einen solchen Lärm zu erheben, da. wie der Chinese sagt, niemand mehr weiß, wo Osten und Westen sei, Menschen und Pferde um⸗ fallen, Berge zittern und die Erde bebt. In diesem Falle wird sich selbst die böseste Schwiegermutter besinnen, den Sturm zu entfesseln, und die junge Frau wird bald unumschränkte Herrscherin in der Familie sein. — Die Aussicht, von den Schwiegereltern schlecht behandelt zu werden, und die Besorgniß, Herz und Haus des Gatten vielleicht mit Nebenfrauen theilen zu müssen oder gar einer derselben nachgese
zu werden, hat im Süden Chinas, wo die ehelichen Zustände unleid⸗ licher als im Norden zu sein scheinen, zu Vereinigungen junger Mädchen geführt, die sich weigern, eine Ehe einzugehen, oder dieselbe wenigstens so illusorisch als möglich zu machen suchen. Archdeakon Gray erzählt in seinem Werke „China“, daß er allein in einer Straße einer Vorstadt Kantons vier Familien gekannt habe, in denen die Töchter sich geweigert hätten, sich zu ver⸗
und Forstwirthschaft
58
heirathen, aus Besorgniß, daß ihre Gatten Nebenfrauen an⸗ nehmen könnten und ihnen dann nichts übrig bleibe ürde,
nommen, als die Firma dem Syndikat der Tuchfabrikanten eröffnete,
Noch trauriger freilich gestaltet sih