1895 / 261 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 31 Oct 1895 18:00:01 GMT) scan diff

von dem Stande der Vorarbeiten für

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die im nächsten Jahre stattfindende Kolonial⸗Ausstellung. Die Nachmittagssitzung wurde durch die Berathungen über die Ordnung der Landverhältnisse in Ost⸗Afrika ausgefüllt. G

Der General⸗Lieutenant Graf von Wartensleben, Kommandeur der Garde⸗Kavallerie⸗Division, ist vom Urlaub hierher zurückgekehrt

Nach telegraphischen Meldungen an das Ober⸗Kommando der Marine ist die Kreuzer⸗Division, Geschwader⸗Chef Kontre⸗Admiral Hoffmann an Bord S. M. S. „Kaiser“ (Flaggschiff), am 28. Oktober von Chefoo über Swatau nach Amoy in See gegangen; S. M. S. „Gneisenau“, Kom⸗ mandant Kapitän zur See da Fonseca⸗Wollheim, ist am 29. Oktober in St. Vincent (Kap Verde'sche Inseln) ange⸗ kommen und beabsichtigt, am 1. November nach Dominica (Westindien) in See zu gehen.

Bayern.

Die Kammer der Abgeordneten trat gestern in die Berathung des Finanz⸗Etats ein. Ueber den Etat der Grundgefälle fand keine Diskussion statt, da der Minister Dr. Freiherr von Riedel vor Beginn der Debatte gebeten hatte, die dazu eingebrachten Anträge der national⸗ Uberalen, konservativen und Zentrums⸗Fraktion, die von großer Tragweite seien und bei denen die allgemeine Finanzlage erörtert werden müsse, einem Ausschuß zu überweisen. Die Etats der Grundgefälle für ein Jahr der Finanzperiode, und der Zinsen, Renten zc. wurden unverändert angenommen. Bei der Be⸗ rathung des Etats des Finanz⸗Ministeriums erklärte der Abg. Grillenberger (Soz.), daß die Sozialdemokraten dem Finanz⸗Minister das Gehalt verweigerten wegen dessen Stellung in den Reichs⸗Steuerfragen. Die erwiesene Unterwürfigkeit unter Berlin sei nicht am Platz gewesen. Der Präsident Walter rügte den Ausdruck Unterwüuͤrfigkeit als unstatthaft. Der Finanz⸗ Minister Dr. Freiherr von Riedel erwiderte, wie die Münchener „Neuesten Nachrichten“ berichten: wenn die Kammer das Gehalt verweigere, werde er den Fiskus verklagen und

den Prozeß gewinnen. Der Abg. Grillenberger habe ihm vor⸗ geworfen, daß er die Interessen des bayerischen Volkes nicht genügend im Bundesrathe vertreten habe, und habe speziell auch die Anschuldigung erhoben, daß er (der Minister) Preußen gegenüber zu „unterwürfig“ sei. Der Abg. Grillenberger habe auch gesagt, er (der Minister) habe kapitalistischen Interessen bei der Reichs⸗Steuerreform Vorschub geleistet. Das sei nicht der Fall. Was zunächst die Börsensteuer anbetreffe, so habe überhaupt noch niemand behauptet, daß damit kapitalistische Interessen gefördert würden. Seine Vorliebe für die Taback⸗ steuer beruhe auf der Erwägung, daß nach seiner Auffassung eine solche Gestaltung der Tabacksteuer möglich gewesen sein würde, daß der gemeine Mann von ihr absolut nichts hätte verspüren können. Bei dem zweiten Entwurfsei die Sache so weitgewesen, daß der Rauchtaback billiger geworden wäre, als er jetzt sei. Wenn man, also auf diesem den kleinen Mann berücksichtigenden Wege hohe Eingänge erzielen könne, so sei das doch kein Attentat auf die Volkswohlfahrt. Sein Bestreben sei immer gewesen, die Lasten der Minderbemittelten zu erleichtern und so zu vertheilen, daß die Steuern von solchen getragen würden, denen es nicht allzu wehe thue. Auch dem Vorwurf bezüglich der Weinsteuer stehe er außerordentlich kühl gegenüber, weil er ein utes Gewissen habe. Man habe die Weinsteuer im Fainchtag schon längst verlangt, weil ja auch das Bier be⸗ steuert sei. Sie werde aber auch von den Weinproduzenten gefordert und sei unentbehrlich, um der künstlichen Wein⸗

8 pproduktion entgegenzutreten, die nichts koste, während sich der

Winzer in einer Weise plagen müsse, von der weitere Kreise gar keine Vorstellung hätten. Er habe übrigens im undesrath erklärt, daß er nur dann einem Weinsteuerentwurf zustimmen werde, wenn eine Belästigung oder Schädigung der Wein⸗ bautreibenden Bayerns nicht eintreten könne. Die Weinsteuer habe ihre Richtung nicht gegen das Volk und nicht gegen die Produzenten, sondern gegen die kapitalistischen Kreise und gegen diejenigen, die sich den Luxus des Weingenusses erlauben önnten. Nicht minder sei der Abg. Grillenberger bezüglich des Reichs⸗Steuergesetzes im Irrthum. Er meine, daß sich dasselbe gegen die bayerische Volksvertretung richte. Vielmehr müßten die Einzelstaaten vor solchen Ueberraschungen ge⸗ schützt werden, daß von einem Jahr auf das andere 2, 4, 6 und 8 Millionen Matrikularbeiträge mehr zu bezahlen seien, wie dies in Bayern der Fall gewesen sei. Eine vorsichtige Finanzgebahrung sei dabei nicht möglich. Der Grundgedanke, 1 ittel zu sinnen, um dem abzuheifen, sei denn doch außerordentlich föderativer Natur, und aus ihm sei das Reichs⸗ Steuergesetz hervorgegangen. Man habe damit die Einzel⸗ staaten sicherstellen und dem Reich aufbürden, nicht zuweisen wollen, was zur Deckung der Reichsausgaben nothwendig sei. Wolle das Reich Ausgaben machen, so müsse es dafür sorgen, daß sie aus Reichsmitteln bezahlt würden. Das wider⸗ spreche nicht den Interessen der Parlamente. Man werde im Reichstag dann eben auf herantretende neue Ausgaben viel mehr Gewicht legen. Wie könne er also gegen die Interessen des bayerischen Volks gehandelt haben? Der Abg. Wagner (nl.) erklärte, die Verweigerung des Gehaltes widerspreche dem Abgeordneteneid. Nach der Verfassung dürften Mittel für eine einmal geschaffene Insti⸗ tution nicht verweigert werden, so lange die Institution nicht aufgehoben sei. Die Abgeordneten Maison (freisinnig) und Dr. Pichler (Zentrum) vertheidigten den Minister. Das Ministergehalt wurde darauf mit allen gegen die Stimmen. der Sozialdemokraten genehmigt. Reuß j. L.

Dem Landtag ist eine Vorlage zugegangen, betreffend die gerichtliche Verfolgung des Verlegers und Druckers eines eee schen Flugblatts wegen Beleidigung des Mini⸗

eriums.

Oesterreich⸗Ungarn.

Der Budgetausschuß des österreichischen Ab⸗ geordnetenhauses hat das Kapitel E1ö6 angenommen. Der E“ r. von Bilinski er⸗ kannte die schwierige Lage der Landwirthschaft an id erklärte,

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dieselbe würde keineswegs allein zur Deckung der steigenden Staatsausgaben herangezogen, sondern zu diesem Zweck eine Reihe von Steuern in Erwägung genommen werden.

Bei den gestern in Prag vorgenommenen 30 Er⸗ gänzungswahlen für das Stadtverordneten⸗Kolle⸗ gium wurden 14 Altcezechen und 13 Iönchege chen ge⸗ wählt; an den drei erforderlichen 815 Wahlen sind vier Altczechen und zwei Jungczechen betheiligt; da die Gesammt⸗ zahl der Stadtverordneten 90 beträgt, ist den Altczechen, welche bereits 46 Sitze innehaben, die Majorität gesichert.

Bei den gestrigen Landtagswahlen in Mähren wurden in der Stadt Olmütz einstimmig der Deutsch⸗Liberale Pa i, im Städte⸗Wahlbezirk Müglitz der Deutsch⸗

iberale Wilhelm Pohl mit 422 Stimmen gegen den czechischen Kandidaten gewählt, welcher 203 Stimmen erhielt; im Städte⸗Wahlbezirk Neustadt sielen 222 von 228 ab⸗ gegebenen Stimmen auf den Jungcezechen Dr. Stransky.

Im kroatischen Landtag interpellierte gestern der Abg. Barcic die über die Vorgänge in Agram. Der Banus Graf Khuen⸗Héderväry erwiderte: die Demonstrationen seien nicht dem Gefühle der Abneigung entsprungen, da Kroatien durch den Ausgleich nichts ver⸗ loren habe. Die Studenten seien aufgehetzt worden; wenn sie Schaden nähmen, so trügen diejenigen die Schuld, welche sie verleitet hätten. Er könne die Einstellung der Unter⸗ suchungen gegen die Studenten nicht beantragen, da der Kaiser die Vorkommnisse verurtheilt habe. Nicht allein der ungarische Minister⸗Präsident, sondern auch der Vorsitzende des gemeinsamen Ministeriums sei daher für jeden Schritt auf dem. Territorium der Stephans⸗Krone verantwortlich. Ungarn wolle sich in die inneren Angelegenheiten Kroatiens nicht einmengen; die übertriebenen Forderungen Ungarns gingen von der Opposition aus, welche nicht mit der Nation identisch sei, ebensowenig wie es die kroatische Nation mit den demonstrie⸗ renden Studenten sei. Die Antwort wurde gegen die Stimmen der Opposition zur Kenntniß genommen. Auf die Interpellation des Abg. Ruzic, warum der Landtag sich nicht korporativ dem Kaiser vorgestellt habe und warum auf dem Landtagsgebäude die ungarische Flagge gehißt worden sei, erwiderte Graf Khuen⸗ Héderväry: eine korporative Vorstellung sei nirgends Sitte; die Hissung der ungarischen Fahne habe er selbst verfügt. Die Antwort wurde zur Kenntniß genommen.

Großbritannien und Irland.

Der Premier⸗Minister Lord Salisbury hielt gestern in Watford eine Rede, worin er, wie „W. T. B.“ berichtet, ausführte, die gegenwärtige Regierung sei der Erbe, nicht der Urheber der auswärtigen Politik, welche sie aber im Interesse der Kontinuität gegenüber den auswärtigen Nationen am besten thun werde in loyaler Weise durchzuführen. Der Minister bedauerte die Aeußerungen eines hervor⸗ ragenden Mannes (Gladstone’s), welche die Schwierigkeiten vermehrten, mit denen die europäischen Nationen in der Türkei zu kämpfen hätten und deren Lösung allein durch Geduld möglichsei. Die hauptsächlichste innere Frage, vor die die Regierung sei, sei die Besserung der sozialen Zustände, und die age der Landwirthschaft sei das erste Interesse, dem die Auf⸗ merksamkeit gebühre. Das Sinken der Preise sei die Folge des Freihandels, der die Landwirthschaft in mehreren raf⸗ schaften nahezu vernichtet habe.

Frrankreich.

Der König von Griechenland nahm gestern das Dejeuner bei Frau Carnot ein; auch der Minister des Aeußern Hanotaux und der griechische Gesandte Delyannis waren dazu geladen.

Der Präsident Faure konferierte gestern Vormittag nach einander mit Peytral, Bourgeois, Lockroy und Cavaignacund bot sodann offiziell Bourgeois die Mission zur Bildung eines neuen Kabinets an. Dieser hatte gestern Abend eine Konferenz mit Lockroy, Cavaignac und Peytral, in welcher die Frage eingehend erörtert wurde, ob es nicht in der Armee eine große Bewegung hervorrufen würde, wenn Cavaignac nach seinem Bericht über das Militärbudget das Kriegs⸗Ministerium übernähme; zudem würde Cavaignac verlangen, daß der Vertrag mit Madagaskar dahin abgeändert werde, daß Madagaskar, wenn es auch seine bisherige Re⸗ E“ beibehalte, eine französische Besitzung sein solle. darin wurde Uebereinstimmung erzielt, daß es nothwendig sei, vor Jahresschluß das Budget zu bewilligen. Heute Vor⸗ mittag wird Bourgeois dem Präsidenten Faure Mitthei⸗ lung machen, ob er die ihm übertragene Mission annehme.

Türkei.

Fethi Bey ist zum Gehilfen des Ober⸗Kommissars für Armenien Schakir Pascha ernannt worden.

Die Pforte hat, wie dem „Reuter'schen Bureau“ aus Konstantinopel berichtet wird, ein Rundschreiben an ihre Vertreter im Auslande gerichtet, worin erklärt wird, die Armenier hätten jüngst Unruhen in den Provinzen hervor⸗ gerufen; die Ordnung sei jetzt wiederhergestellt, ausgenommen in dem Bezirk von Baiburt, wo eine Bande von 400 be⸗ waffneten Armeniern die Mohamedaner bedrohe.

Meldungen aus amtlichen türkischen Quellen berichten, daß sich 26 000 Armenier im Distrikt von Zeitun im Auf⸗ stande befänden; die jüngsten dortigen Kämpfe hätten hiermit im Zusammenhang gestanden. Die Pforte habe die Ein⸗ berufung eines Theils der Reserven und die Zurückberufung der beurlaubten Mannschaften aus den 6 Vilajets beschlossen, in welchen Reformen eingeführt werden sollen; der Mangel an Geld erschwere jedoch die Mobilisierung.

Das armenische Patriarchat ist, dem „W. T. B.“ zufolge, um das Schicksal der Bewohner der Provinz sehr besorgt, da über die Zahl der Opfer und die Einzelheiten der jüngsten Vorfälle nähere Nachrichten fehlen. Die Anzahl der

in Erzingjan ums Leben gekommenen Personen wird auf

85 angegeben. In der letzten Zeit sind 185 Armenier verhaftet worden. In der armeni⸗ chen Kirche in Pera wurden am Dienstag zwei als türken⸗ freundlich geltende Geistliche von Mitgliedern des armenischen Comités insultiert. .“

in Konstantinopel

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Rumänien. vb“

Der Minister⸗Präsident Sturdza hat, nach einer dem „W. T. B.“ zugegangenen Meldung aus Bukarest, ein Rundschreiben an die Praffetten erlassen, worin er denselben strenge Achtung der persönlichen Freiheit anempfiehlt. Jeder Beamte, der sich einer willkürlichen Inhaftnahme schuldig mache, werde dem Gericht übergeben und bestraft werden.

Die in Nr. 258 d. Bl. mitgetheilte Nachricht, daß der Minister des Aeußern an die runzanischen Gesandtschaften im Auslande

E bezüglich der auswärtigen Politik gerichtet habe, erklärt der onitorul Official“ fuͤr falsch und nur auf tendenziöser Erfindung beruhend.

Schweden und Norwegen.

Die mit der Begebung der vom norwegischen Kriegs⸗ Ministerium ausgeschriebenen drei Torpedoboote betraute Kommission hat gestern das Angebot der Firma Schichau in Elbing angenommen, welche das Mindestgebot von 187000 Kronen pro Torpedoboot bei einer Lieferungszeit von 10 Monaten

gemacht hatte. 8 Asien.

Aus Tientsin wird gemeldet, daß die Verhandlungen wegen der Ertheilung einer sogenannten Kxonkonzession daselbst an Deutschland gestern durch Unterzeichnung des Vertrages abgeschlossen worden seien. 8.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Pfarrer Neumann, Mitglied des Reichstags für den 13. elsaß⸗lothringischen Wahlkreis, ist heute Nacht in Diedenhofen gestorben.

Nr. 44 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“, vom 30. Oktober, hat folgenden Inhalt: Gesund⸗ heitszustand und Gang der Volkskrankheiten. Zeitweilige Maßregeln gegen Cholera ꝛc. Desgl. gegen Pest. Cholera in England, 1893. Gesetzgebung u. s. w. (Deutsches Reich.) Schweineseuchen ꝛc. (Preußen.) Gewerbliche Anlagen. (Fortsetzung.) (Reg.⸗Bez. Posen.) Beförderung von Schweinen. (Württemberg.) Diphtherieserum. (Oesterreich.) Löffler'scher Mäusebazillus. (Großbritannien.) Maul⸗ und Klauenseuche. Gang der Thierseuchen. Lungenseuche im Deutschen Reich, 1894. Thierseuchen in Oesterreich, 3. Vierteljahr. Zeitweilige Maßregeln gegen Thierseuchen. (Bayern.) Vermischtes. (Frankreich.) fektionskrankheiten im Heere, 1892/94. Geschenkliste. Wochen⸗ tabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. Desgl. in

deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Witterung. Grundwasserstand

und Bodenwärme in Berlin und München, September.

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Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

In Elberfeld und Barmen haben, Zeitungsmeldungen zufolge, mehrere Hundert Arbeiter der Militäreffekten⸗ Fabrik en wegen Lohnstreits die Arbeit eingestellt.

In Leipzig verhandelte eine Versammlung von Zimmerleuten am Dienstag über Lohnforderungen, die im nächsten Jahre an die Arbeitgeber gerichtet werden sollen. zwar, wie die „Lpz. Ztg.“ bemerkt, auch für die Zimmerer eine geringe Lohnerhöhung zur Folge gehabt, die aber die den Maurern be⸗ vhkster Lohnsätze nicht erreicht. Der gegenwärtige Stundenlohn soll zwischen 36 und 46 ₰, meist 38 bis 40 betragen. Der Vor⸗ schlag, im nächsten Frühjahr einen niedrigsten Stundenlohn von 50 und die neunstündige Arbeitszeit zu fordern, fand zwar Beifall, indessen hielt sich die Versammlung nicht für zahlrei genug, um einen endgültigen Beschluß hierüber zu fassen.

In Rudolstadt befinden sich, der „Goth. Ztg.“ zufolge, über hundert Maler der Porzellanfabrik von Schäfer u. Vater im Ausstand.

Hier in Berlin beschäftigte sich eine Versammlung der Maler

und Anstreicher am Dienstag mit dem Ausstande, der für die Zeit

geplant wird, wo diese Arbeiter im nächsten Frühjahr für die Ber⸗ liner Gewerbeausstellung 1896 gebraucht werden. Die von der Lohnkommission ausgearbeiteten und von der Versamm⸗ lung genehmigten Forderungen lauten nach der „Voss. Ztg.“: Auflösung des jetzigen Innungs⸗Arbeitsnachweises und Gründung eines neuen, zur Hälfte durch Arbeitgeber, zur Hälfte durch Arbeit⸗ nehmer zu leitenden Arbeitsnachweises; ein Mindest⸗Stundenlohn⸗ satz von 33 ₰; ein Lohnzuschlag von 50 v. H. für Ueberstunden und 100 v. H. für Nacht⸗ und Sonntagsarbeit; Lohnzahlung auf der Arbeits⸗ stätte; Arbeitsschluß Sonnabends Stunde, vor einem Feiertag 1 ½ Stunde früher; Vergütung des Fahrgeldes für die Stadt⸗ und Ringbahn dritter II1““ „Madb. Ztg.“ wird aus Berlin gemeldet: Eine sozialdemokratische Kommission hatte an die großen Konfektions⸗ geschäfte das Ersuchen gerichtet, bis zum 1. Februar 1896 Be⸗ triebswerkstätten einzurichten, welche die allgemeine Ab⸗ schaffung der Heimarbeit ermöglichten. Da die leitenden Häuser dieses Geschäftszweiges sich dieser Forderung gegenüber ab⸗ lehnend verhalten haben, soll nunmehr zum 24. November nach Er⸗ furt ein Kongreß aller Konfektionsarbeiter und ⸗Arbeiterinnen ein⸗ berufen werden, auf dem ein allgemeiner Ausstand vorgeschlagen

werden soll.

In Gent haben, wie der Köln. Ztg.“ geschrieben wird, 500 Arbeiter der Weberei von Baertsoen u. Buisse am Montag die Arbeit niedergelegt, um die Wiederannahme einer entlassenen

Arbeiterin zu erzwingen.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Verbreitung der Lungenseuche im Deutschen Reich im Jahre 1894.

Nach dem bereits erwähnten, im Kaiserlichen Gesundheitsamt bearbeiteten neunten Jahresbericht über die Verbreitung von Thier⸗ seuchen im Deutschen Reich ist die Lungenseuche im Jahre 1894 zwar in den älteren verseuchten Gebieten erheblich zurückgegangen, jedoch an verschiedenen anderen Stellen neu aufgetreten. So sind Seuchen⸗ ausbrüche ös in den bereits im Vorjahre betroffenen preußischen Provinzen achsen und Westfalen, sowie den Bundesstaaten Bayern, Braunschweig und Anhalt noch in den Provinzen Posen, Hannover und Rheinland, ferner im Königreich Sachsen, in Sachsen⸗Weimar und Reuß j. L. vorgekommen. Erkrankt sind 822 Stück Rindvieh gegen 686 im Vorjahre, gefallen 10, getödtet auf polizeiliche Anordnung 933, auf Veranlassung der esitzer 563 Thiere. Der Gesammtverlust an Rindvieh betrug somit 1517 Stück gegen 1220 im Vorjahr, das sind 297 = 24,3 % mehr. Der Bestand an Rindvieh in den 93 neu verseuchten Gehöften betrug 2167 Stück gegen 2590 in 88 des Vorjahrs, das sind 423 = 16,3 % weniger. Die Erkrankungsfälle vertheilen sich auf 7 Staaten (im Vorjahr 4), 16 Regierungs⸗ ꝛc. Bezirke (7) und 30 Kreise ꝛc. (17). Hiervon kommen auf Preußen 602 (Provinz Posen 3, Sachsen 419,

Hannover 5, Westfalen 1, Rheinland 174) gegen 580 im Vorjahr; es folgen das Königreich Sachsen mit 118 gegen 0, ferner Anhalt mit 51 gegen 96, Bayern mit 27 gegen 3, Sachsen⸗Weimar mit 12 gegen 0, Braunschweig mit 8 7, Reuß I. L. mit 4 gegen 0. Auf je 10 000 Stück des Ge⸗ ammtbestands an Rindvieb nach der Zählung vom 1. Dezember 1892 ergeben sich im Reich 0,47 erkrankte (1893: 0,39) und 0,86 gefallene

oder getödtete Thiere (0,69). Von je 100 getödteten Thieren sind

45,72 (43,64) bei der Sektion frei von Lungenseuche befunden worden. Auf je 1 erkranktes Thier kommen im Reich 1,82 getödtete (1,75) und 1,83 aus Anlaß der 8 überhaupt zu Verlust gegangene dn. Am Jahresschluß blieben 28 Gehöfte in 21 Gemeinde erseucht.

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in größeren Städten des Auslandes.

Der Ausstand der Maurer hat

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8 Das ältere Seuchengebiet im mittleren Deutschland umfaßt diesmal nur die 8 (1893: 12) Kreise Neuhaldensleben, Wolmirstedt, Wanzleben, Oschersleben, Kalbe (Reg.⸗Bez. Magdeburg), Blanken⸗ burg (Herzogthum Braunschweig), Cöthen und Zerbst (Herzogthum K Perhältnißmäßtg am schwersten betroffen wurde wieder der Kreis Wanzleben, der auch gegenüber dem Vorjahre eine stärkere Verseuchung aufweist (123,99 Erkrankungsfälle auf je 10 000 Stück Rindvieh). Neu befallen wurde der Kreis Blankenburg. In dem enannten Seuchengebiet sind 436 = 53,0 % (1893: 658 = 95,9 %) sämmtlicher im Reiche beobachteter Erkrankungsfälle gemeldet worden, und 36 Gemeinden = 52,9 % (50 = 83,3 %), sowie 63 Gehöfte = 59,4 % (97 = 90,7 %) der überhaupt be⸗ troffenen verseucht. Die Stückzahl des Rindviehs in den neu be⸗ fallenen Gehöften betrug 1224 = 56,5 % (2436 = 94,1 %) derjenigen on sämmtlichen im Reich neu betroffenen Gehöften. Auf das er⸗ wähnte Seuchengebiet entfallen ferner 861 = 57,2 % (1172 = 6,8 %) aller im Reich aus Anlaß der Lungenseuche zu Verlust ge⸗ gangenen Thiere. Von den 855 dort getödten Thieren sind 425 = 9,7 % (44,16 %) bei der Sektion lungenseuchefrei befunden worden. Ueber die Vornahme von Impfungen zum Schutze gegen die Lungenseuche sind Mittheilungen aus 2 Kreisen ꝛc. des Regierungs⸗ ezirks Magdeburg, aus je 1 des Königreichs Sachsen und des Herzog⸗ hums Anhalt, zusammen über 24 Rindviehbestände, eingegangen. on diesen waren im Berichtsjahre 6 verseucht, die nicht. on den 6 verseuchten Beständen waren 2 schon ganz oder kheilweise eimpft, als die Seuche zum Ausbruch kam, 4 nicht. In einem der chon geimpften Bestände erkrankten beim Ausbruch der Seuche von 20 geimpften Thieren 14 = 6,3 %, in den anderen von 11 nicht ge⸗ mpften Thieren 4 = 36,4 %. In den 4 erst nach dem Ausbruche er Seuche geimpften Beständen erkrankten vor der Impfung von 145 Stück 40 = 27,6 %, nach der Impfung von 160 Stück 26 = 16,3 %. In 17 von den 24 Gehöften waren die Rindviehbestände ganz oder theilweise auch schon aus früheren Anlässen, d. h. unab⸗ H von den Impfungen im Berichtsjahre, geimpft; von denselben ist 1 Gehöft verseucht. Von nachweislich 1805 geimpften Thieren nd 11 = 0,61 % an der Impfkrankheit zu Grunde gegangen, sarunter 9 in 6 seuchefreien Gehöften. 8

Norwegen. 8 Durch Königliche Verordnung vom 23. d. M. sind Egypten und Marokko sowie Konstantinopel für choleraverseucht erklärt worden. Marokko. Zufolge Beschlusses des Gesundheitsraths in Tanger ist die für Herkünfte aus Tanger in den übrigen Küstenplätzen Marokkos s. 3. angeordnete 5 tägige Quarantäne aufgehoben und durch eine 48 stündige Beobachtung (einschließlich der Reisezeit) nebst Desinfektion ersetzt orden. (Vergl. „R.⸗A.“ Nr. 232 vom 27. v. M.)

Cholera. 1 Oesterreich⸗Ungarn. Aus Galizien wurden dem „Oest. San.⸗W.“ vom 15. bis 21. Oktober 57 Erkrankungen (und 32 Todes⸗ fälle) gemeldet, darunter in der Stadt Tarnopol 7 (1), in 5 Ort⸗ schaften des gleichnamigen Bezirks 16 (7), in 8 Gemeinden des Be⸗ zirks Trembowla 13 (11), ferner in je 1 Gemeinde der Bezirke Czortkow 6 (5), Kamionka strumilowa 6 (3), Sokal 5 (2), Przemysl 3 (2) und Husiatyn 1 (1). 1 Frankreich. In Paris wurde, dem Bull. hebd. de stat,. mun. zufolge, vom 13. bis 19. Oktober 1 Erkrankung an „affections cholériformes“ gemeldet. 8 Rußland. Dem Medizinal⸗Departement wurden bis zum 28. September nachstehende Erkrankungen (und Todesfälle) angezeigt: im Gouvernement Wolhynien vom 1. bis 7. September 4237 (1668) und vom 8. bis 14. September 3554 (1417), im Gouvernement odolien in den gleichen Zeiträumen 35 (11) und 16 (8), im rimorskajabezirk (Küstengebiet in Sibirien) vom 30. Juli bis 10. September 74 (54), vom 11. bis 17. September 8 (4). Türkei. In Galata wurde am 13., in Saloniki am 14. Oktober je ein tödtlicher Cholerafall festgestellt. Laut amtlicher Erklärung ist die Seuche in Homs (Syrien) ausgebrochen. Egypten. In Damiette wurden vom 11. bis 16. Oktober 15 Erkrankungen und 8 Todesfälle festgestellt. 28 hina. Einer Mittheilung vom 31. August zufolge, ist in Tientsin eine epidemische Verbreitung der Seuche nicht mehr fest⸗

zustellen. Gelbfieber.

Am 5. Oktober wurden in der nord⸗amerikanischen Quaran⸗ tänestation South Atlantie 2 Erkrankungen an Bord eines von Sevenu kommenden österreichischen Dampfers fest⸗ estellt. 8 8 Es sind ferner, dem „Abstr. of sanit. rep.“ zufolge, gemeldet worden aus Rio de Janeiro vom 1. bis 7. September 7 Todes⸗

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ffälle, Vera Cruz vom 20. bis 26. September 4, Sagua la

Grande vom 15. bis 21. September 1, Cienfuegos vom 23. bis 29. September 3, Havanna vom 20. September bis 3. Oktober 51 (bei etwa 160 Neuerkrankungen); ferner aus Santos vom 3. bis 10. August 2 Erkrankungen ohne Todesfall. 8 Verschiedene Erkrankungen. Ppocken: St. Petersburg 3 Todesfälle; London 7 (Krankenhäuser), Paris 2, St. Petersburg 3 Erkrankungen; Rückfallfieber: St. Heterebueg 2 Todesfälle und 40 Erkrankungen; Genickstarre: New⸗ ork 5 Todesfälle; Influenza: London 8 Todesfälle. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starb an Scharlach (Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1881/90: 1,39 %): in Kottbus und Posen. Erkrankungen kamen vor in Berlin 129, Breslau 62, im Regierungsbezirk Posen 105, in Hamburg 41, Budapest 37, Edinburg 117, London 241 (Krankenhäuser), Paris 36, St. Petersburg 84 an Diphtherie und Croup (1881/90 4,49 %): in Brandenburg, Bromberg, Dessau, Halle, Har⸗ burg, Kottbus, Remscheid und Zwickau Erkrankungen wurden ge⸗ meldet in Berlin 137, München 42, Hamburg 35, Kopenhagen 29, London 115 (Krankenhäuser), Paris, St. Petersburg je 67 desgl. an Masern in den Regierungsbezirken Arnsberg 96, Trier 200, in München 171, Budapest 67, St. Petersburg 55 desgl. an Unter⸗ leibstyphus in Kopenhagen 27, Paris 32, St. Peters burg 94.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesten. An der Ruhr sind am 30. d. M. gestellt 12 785, nicht recht⸗ zeitig gestellt 110 Wagen. 8 1 In Oberschlesien sind am 29. d. M. gestellt 4787, nicht recht⸗ zeitig gestellt 1098 Wagen.

Zwangs⸗Versteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen am 29. und 30. Oktober die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Camphausenstraße 31, dem Kaufmann Adolf Fromm gehörig; Fläche 6,53 a; Nutzungswerth 10 600 ℳ; mit dem Gebot von 193 600 blieb die A iengesellschaft in Firma Deutsche Grund⸗ schuldbank, Dorotheenstraße 94/95, Meistbietende. Anton⸗ straße 9 und Ruheplatzstraße 19, dem Kaufmann M. Busse ehörig; Nutzungswerth 8440 ℳ; Ersteher wurde der FRschnl, abrikant Carl Flegel, Grünthalerstraße 38, für das Meistgebot von 137 600 Ste Zerdetsiaß⸗ 19, dem Maurermeister Alb. Weiß zu Charlottenburg gehörig; Fläche 8,84 a; Ersteherin wurde die Aktiengesellschaft in Firma Deutsche Grundschuld⸗ Bank, Dorotheenstraße 94/95, mit dem Gebot von 126 000

Der Abschluß der Viktoriabrauerei in Berlin für das Jahr 1894/95 ergiebt einen Ueberschuß von 246 000 (i. V. 169 000 ℳ). Der Aufsichtsrath beschloß, der Generalversammlung

8 % Dividende in Vorschlag zu bringen, während im Vorjahre nur ho; vertheilt werden konnten. Der Absatz hat sich um 5273 hl. ehoben.

hge In der gestrigen Aufsichtsrathssitzung der Berliner Musik⸗ Instrumenten⸗Fabrik Aktien⸗Gesellschaft vorm. Ch. F. Pietschmann u. Söhne wurde die Bilanz für das Geschäftsjahr 1894/95 vorgelegt. Darnach haben auch diesmal die Beziehungen zu Amerika unerwartete Verluste herbeigeführt; wenn auch die gesammten Umsätze sich etwas gegen das Vorjahr erhöhten, waren sie doch noch nicht hoch genug, um die durch den großen Fabrikations⸗Apparat entstehenden Unkosten zu decken. Das neue Instrument „Coelesta“ hat erhebliche Kosten verursacht, die sich erst im neuen Geschäftsjahre 1895/96 durch den Vertrieb bezahlt machen werden. Da ferner Abschreibungen auf vor⸗ nehmlich amerikanische Bestände sich als nothwendig berausgestellt haben, so schließt das Betriebsjahr mit einem Verlust von 205 773 Zur Deckung der Unterbilanzen und um die jährlichen Abschreibungen zu verringern, wird im Anschluß an die am 22. November stattfindende ordentliche Generalversammlung eine außerordentliche berufen, welche über die Verringerung des Aktien⸗ kapitals durch Zusammenlegung der Aktien zu beschließen haben wird.

Dem in der Generalversammlung des Bochumer Vereins für Bergbau und Gußstahlfabrikation vorgetragenen. Bericht enknehmen wir Folgendes: Volle Beschäftigung des Werkes auch nur für die Tagesschicht war nicht zu erzielen. Im laufenden Jahre hat sich der Bedarf an Eisen⸗ und Stahl⸗ erzeugnissen etwas vermehrt und die Preislage etwas gebessert. Die Ausfuhr des Werkes an Stahl, die im Jahre 1881/82 79 046 t betrug, ist nach und nach bis auf 22 497 t im Berichtsjahre zurückgegangen. Die Summe der Gesammtlasten gegenüber dem vorigen Jahre (513 011 gegen 675 433 ℳ) war etwa um ¾ geringer, hat aber doch rund 40 % vom Reingewinn und 2 ½ % vom Aktienkapital betragen. Das Erträgniß dieses Jahres (Brutto⸗ gewinn 2 160 175 ℳ, Reingewinn 1 206 144 ℳ, Dividende 5 %) darf als verhältnißmäßig günstig betrachtet werden. Die Steinkohlenbergwerke weisen eine mäßige Besserung der Ver⸗ hältnisse nach. Ihre Ausbeute beträgt 268 646 ℳ, davon ab Zu⸗ buße 89 644 ℳ, verbleiben 179 002 ℳ, welche Summe dem Brutto⸗ gewinn zugeführt worden ist. Die Stahlindustrie hat gut gearbeitet und 180 000 Dividende zum Jahresgewinn des Bochumer Ver⸗ eins beigetragen. Auf der Gußstahlfabrik hat sich im Betriebsjahre der Durchschnittspreis für verkaufte Erzeugnisse wieder verringert, und zwar um 12,71 die Tonne, während der Verkaufspreis für Roh⸗ eisen sich um 0,93 erhöht hat. Die vom Verwaltungsrath für nothwendig erachteten Abschreibungen betragen 130 865 mehr als die gewöhnlichen Abschreibungen im Vorjahre, nämlich 954 030 gegen 823 165 Während am 1. Juli 68 061 t Aufträge in das neue Jahr mit hinüber genommen wurden, gegenüber 76 919 t im Vorjahre, lagen am 1. Oktober 94 505 t gegen 89 079; t im Vor⸗ jahre vor. 8

In der gestrigen Sitzung des Aufsichtsraths des Georgs⸗ Marien⸗Bergwerks⸗ und Hütten⸗Vereins zu Osnabrück wurde beschlossen, die ordentliche Generalversammlung auf den 5. De⸗ zember d. J. zu berufen. Auf Grund des Rechnungsabschlusses für 1894/95 soll die Vertheilung einer Dividende von 5 % an die Vor⸗ zugs⸗Aktien und von 1 % an die Stamm⸗Aktien vorgeschlagen werden. Im vorigen Jahre erhielten die Vorzugs⸗Aktien 4 %.

In der gestrigen außerordentlichen e beh der Hamburger Wechsler⸗Bank wurde, wie die „Hamb. Börs.⸗H.“ meldet, der Antrag über die Erhöhung des Kapitals um 3 750 000 einstimmig angenommen. Geheimer Rath Simon⸗Berlin wurde als neues Mitglied in den Aufsichtsrath gewählt. 8

Breslau, 30. Oktober. (W. T. B.) Getreide⸗ und E Spiritus pr. 100 1 100 % exkl. 50 Ver⸗

rauchsabgabe pr. Oktober 51,30, do. do. 70 Verbrauchsabgabe pr. . 31,70, do. do. Rüböl pr. Oktober 45,00, pr. Mai 18 - Breslau, 30. Oktober. (W. T. B.) Der „Schl. Ztg.“ zu⸗ folge traten gestern hier auf Anregung des Ober⸗Präsidenten Fürsten von Hatzfeld zu Trachenberg die Vertreter des russischen, galizischen, ostpreußischen, westpreußischen und CEE11’“ zu einer Berathung zusammen, an welcher sich auch der ungarische Fischerei⸗Inspektor betheiligte. In der fhihung wurde ein inter⸗ nationaler Verband der Weichselfischer zur Hebung der ge⸗ sammten Fischerei im Weichselgebiet gegründet.

Magde burg, 30. Oktober. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker exkl., von 92 % —, neue 11,40 11,55. Kornzucker exkl. 88 % Rendem. 10,90 11,05, neue 10,90 11,10. Nachprodukte exkl., 75 % Rendem. 7,75 8,75. Ruhig. Brotraffinade I 23,25. Brotraffi⸗ nade II 23,00. Gem. Raffinade mit Faß 23,50 23,75. Gem. Melis I mit Faß 22,75. Ruhig. Rohzucker I. Produkt Trans. f. a. B. Hamburg pr. Oktober 10,77 ½ Gd., 10,82 ½ Br., pr. November⸗Dezember 10,80 Gd., 10,82 ½ Br., pr. Januart⸗März 11,10 Gd., 11,15 Br., pr. April-Mai 11,30 bez. und Br. Ruhig.

Frankfurt a. M., 30. Oktober. (W. T. B.) Einer Meldung der „Frkfr. Ztg.“ zufolge soll die Banque ottomane infolge der Krisis in mehreren Lokalwerthen der türkischen Regierung erklärt haben, die Konversion der 5prozentigen Zollanleihe und der Raccordements⸗Anleihe nicht durchführen zu können.

Leipzig, 30. Oktober. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. November 3,10 ℳ, pr. Dezember 3,12 ½ ℳ, pr. Januar 3,15 ℳ, pr. Februar 3,17 ½ ℳ, pr. März 3,20 ℳ, pr. April 3,20 ℳ, pr. Mai 3,22 ½ ℳ, pr. Juni 3,22 ½ ℳ, pr. Juli 3,25 ℳ, pr. August 3,25 ℳ, pr. September 3,27 ½ ℳ, pr. Oktober Umsatz 25 000 kg. Fest.

Mannheim, 30. Oktober. (W. T. B.) Produktenmarkt. Weizen pr. November 14,90, pr. März 14,95, pr. Mai 14,95. Roggen pr. November 12,45, pr. März 12,60, pr. Mai 12,60. Hafer pr. November 12,60, pr. März 12,80, pr. Mai 12,80. Mais pr. November 10,50, pr. März 10,00, pr. Mai 10,00.

Bremen, 30. Oktober. (W. T. B.) Börsen⸗Schlußbericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle otierung der Bremer Petroleum⸗Börse.) Fest. Loko 6,50 Gd. Baumwolle. Fest. Upland middl. loko 45 ₰4. Schmalz. Matt. Wilcox 31 ½ ₰, Armour shield 30 ¾ ₰, Cudahy 32 ₰, Fairbanks 26 ½ ₰. Speck. Ruhig. Short clear middling loko 27. Taback. Umsatz 376 Faß Kentucky, 72 Faß Virginy, 413 Packen Paraguay, 200 Seronen Havannah.

Hamburg, 30. Oktober. (W. T. B.) Kaffee. (Nachmittags⸗ bericht.) Good average Santos pr. Oktober 75 ½, pr. Dezember 75 ¼, pr. März 73 ¼, pr. Mai 72 ¼. Mectie. Zuckermarkt. (Schlußbericht.) Rüben⸗Rohzucker I. Produkt Basis 88 % Rende⸗ ment neue Usance, frei san Bord Hamburg pr. Oktober 10,72 ½, pr. Dezember 10,85, pr. März 11,17 ½, per Mai 1127 ½. Ruhig.

Wien, 30. Oktober. Wie die Wiener „Wochenschrift für Rübenzucker⸗Ind.“ mittheilt, haben starke Regenfälle und Fröste den Stand der noch nicht geernteten Rüben ungünstig eeinflußt. Mitte November d. J. werden bereits mehrere Fabriken den Betrieb beenden. Die Vorräthe für Ende September 1896 werden auf 605 000 t berechnet gegen 1 251 000 t zu Ende September dieses Jahres und 562 000 t zum gleichen Zeitpunkte von 1894.

Pest, 30. Oktober. (W. T. B.) Produktenmarkt. Weizen loko fest, pr. Herbst 6,58 Gd., 6,62 Br., pr. Frühjahr 6,92 Gd., 6,94 Br. Roggen pr. Herbst 6,15 Gd., 6,25 Br., pr. Frühjahr 6,30 Gd., 6,32 Br. Hafer pr. Herbst 5,72 Gd., 5,77 Br., pr. Frühjahr 5,94 Gd., 5,96 Br. Mais pr. Oktober 6,65 Gd., 6,80 Br., pr. Mai⸗Juni 4,54 Gd., 4,56 Br. Kohlraps pr. August⸗ September 11,05 Gd., 11,15 Br.

London, 30. Oktober. (W. T. B.) An der Küste 4 Weizen⸗ ladungen angeboten. 8

96 % Javazucker 12 v⅞ ruhig. Rüben⸗Rohzucker loko 10 ¾ ruhig. Chile⸗Kupfer 45, per 3 Monat 4ͤaͤat.

Simferopol, 31. Oktober. (W. T. B.) Der frühere Millionär Charles Durante ist für insolvent erklärt worden.

Florenz, 30. Oktober. (W. T. B.) Auf der italieni⸗

schen Meridional⸗Eisenbahn betrug in der zweiten Oktober⸗

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Dekade 1895 auf dem Hauptnetz die Einnahme von 1895 3 410 804 (s— 48 116) Lire, seit 1. Januar 1895 77 478 844 (+ 91 197) Lire. Im Ergänzungsnetz betrug die Einnahme seit 1. Januar 1895 5 678 820 (+ 261 476) Lire. 3 Amsterdam, 30. Oktober. (W. T. B.) Java⸗Kaffee good ordinary 55 ½. Bancazinn 39 ¼. New⸗York, 30. Oktober. (W. T. B.) Die Börse eröffnete mit weichenden Kursen und wurde gegen den geg; vorherrschend träge. Der Schluß war schwach. Der Umsatz der Aktien betrug 365 000 Stück. ““ Weizen, anfangs stetig, ging mit wenigen Reaktionen während des ganzen Börsenverlaufs etwas im Preise zurück auf günstiges Wetter in den Winterweizendistrikten sowie auf Realisierungen und zunehmende Vorräthe östlich vom Felsengebirge; der b-; war schwach. Mais einige Zeit steigend nach Eröffnung auf Wetter⸗ berichte über Regen; später trat, entsprechend der Mattigkeit in den Weizenmärkten, eine Reaktion ein und der Schluß blieb träge. Waarenbericht. Baumwolle⸗Preis in New⸗York 9, do. do, in New⸗Orleans 8 ⅜, Petroleum Stand. white in New⸗York 7,10 do. do. in Philadelphia 7,05, do. rohes (in Cases) —, do. Pipe line Certific. pr. November 129 nom., Schmalz Western steam 5,90, do. Rohe u. Brothers 6,15. Mais per Oktober 37, do. per November 36 ¾, do. per Dezember 35 ¼. Rother Winterweizen 69 8, Weizen per Oktober —, do. per November —, do. per Dezember 66 ⅛, do. pr. Mai 69ꝛ ¾. Getreidefracht nach Liverpool 3 ¾¼, Kaffee fair Rio Nr. 7 15%⅜, do. Rio Nr. 7 per Nopember 15,10 do. do. per Januar 14,85. Mehl, Spring⸗Wheat clears 2,85, Zucker 31/16, Kupfer 11,80. Chicago, 30. Oktober. (W. T. B.) Weizen fallend während des ganzen Börsenverlaufs mit wenigen Reaktionen auf große An⸗ künfte im Nordwesten und weil der sehr nothwendige Regen jetzt ein⸗ ist. Mais infolge weniger günstigen Wetters durchweg etig. Weizen pr. Oktober 57 ⅛, pr. Dezember 58 ¾. Mais per Okto⸗ ber 30. Schmalz per Oktober 582 % do. per Speck short clear nom. Pork per Oktober 8,05

Verkehrs⸗Anstalten.

Der Postdampfer „Werkendam“ der Niederländisch⸗Ameri⸗ kanischen Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft ist am 29. Oktober in New⸗ York angekommen.

Bremen, 31. Oktober. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Havel“ hat am 30. Oktober Morgens die Reise von Southampton nach Bremen fortgesetzt; er überbringt 309 Passagiere und volle Ladung. Der Schnelldamper „Spree“ hat am 30. Oktober Morgens Dover passiert. Der Schnelldampfer „Aller“ ist am 29. Oktober Mittags von New⸗York nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Croft“ ist am 30. Oktober Mittags in Antwerpen angekommen. Der Postdampfer „Habs⸗ burg⸗ ist am 30. Oktober Morgens auf der Weser angekommen. Der Postdampfer „Bonn“ ist am 29. Oktober von Buenos Aires nach der Weser abgegangen.

Hamburg, 30. Oktober. (W. T. B.) Hamburg⸗Ameri⸗ kanische Packetfahrt⸗Aktiengesellschaft. Der Postdampfer „Phoenicia“ hat heute früh Lizard passiert.

Triest, 30. Oktober. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Semiramis“ ist, von Alexandrien kommend, heute Nachmittag

hier eingetroffen. London, 30. Oktober. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer „Norham Castle“ hat gestern auf der Heimreise Madeira

passiert.

Theater und Musik.

Theater Unter den Linden.

Die erste Aufführung der neuen Operette „Die Karls⸗ schülerin“ fand gestern bei den Zuschauern und Hörern freundlichen Beifall. Der Verfasser des Texrtes Hugo Wittmann hat die glückliche Grundidee der Handlung nicht sehr geschickt für die Operette bearbeitet, sodaß der Komponist Karl Weinberger, der mit einer früheren Arbeit „Lachende Erben“ einen schönen Erfolg erzielt hat, diesmal bei der musikalischen Umschreibung und Erhellung des Textes größeren Schwierigkeiten begegnete. Die dürftige Handlung, der wieder das Verkleidungsmotiv zu Grunde liegt, entwickelt sich nicht natürlich, sondern willkürlich und verworren und ent⸗ behrt der belebenden dramatischen Bewegung. Der Kostümwechsel eines jungen Karlsschülers Hektor, der von einer Dame gespielt wird, erinnert unwillkürlich an das Audran’sche Vaudeville „Tata⸗Toto“; der Dialog vermochte nur selten Heiterkeit zu erwecken und dann nur durch derbe Scherze. Um so höher ist es dem Komponisten anzurechnen, daß er durch einzelne musikalisch sehr gefällige Nummern die Stimmung der Hörer soweit hob, daß man von einem kleinen Erfolge reden kann. Einige zierliche und anmuthige Melodien zeichnen sich noch besonders durch frische und tempe⸗ ramentvolle Orchestrierung aus, während sich der Tondichter die Arbeit im übrigen dadurch erleichtert hat, daß er zwei seiner ansprechenden Melodien, den Karlsschülermarsch und eine volksthümliche Weise, in jedem der drei Akte wieder⸗ kehren läßt. Als die wirkungsvollsten Sätze dürfen ein Schornsteinfegerduett und das Boccacciolied des zweiten Akts gelten. Im Mittelpunkt der Darstellung stand Fräulein Fischer, welche die Rolle des übermüthigen Hektor spielte; sie kennzeichnete die knabenhaften Eigenheiten des jungen Karlsschülers auch in Mädchen⸗ gewändern recht drollig und rief durch ihre lustige Vortragsweise lebhaften Beifall hervor. Außer ihr trat nur noch Herr Klein, der als treuer Diener seines jungen Herrn ebenfalls verkleidet erscheint, schauspielerisch und gesanglich vortheilhaft hervor.

Konzerte.

Die amerikanische Konzertsängerin Mary Forrest, die sich schon früher hier hören ließ, gab gestern im Saal Bechstein einen Lieder⸗Abend, den sie mit einer Arie von Emanuel d'Astorga (1681) und einem altfranzösischen Liede eröffnete. Auf den Vortrag dieser Gesänge ließ sie noch elf andere folgen, die der neueren und neuesten Zeit angehörten. Ihre Mezzosopranstimme, die mehr Kraft als Wohlklang besitzt, scheint nicht sorgfältig genug ausgebildet, wie aus der ungleichen Klangfarbe der tiefen und höheren Töne und an der unsicheren Intonation zu erkennen war. Der Vor trag ist dagegen meist ein recht belebter und ausdrucksvoller, so⸗ daß nach einigen der Lieder lebhafter Beifall und Dacaporuf folgte Die Pianistin Toni Tholfus aus Köln, die das Konzert unter stützte und zum ersten Mal vor dem hiesigen Publikum erschien, ist für ein öffentliches Auftreten noch nicht reif. Der Vortrag der für sie viel zu schwierigen syomphonischen Etuden von Schumann litt an Unklarheit, zumal ein Uebermaß des Pedalgebrauchs oft störend wirkte. Das zahlreich erschienene Publikum ließ es indessen an aufmuntern⸗ dem Beifall nicht fehlen.

Saale der Sing⸗Akademie einen Klavier⸗Abend, für welchen er Schumann’'s Fis-moll-Sonate (op. 11), das nach der Melodie eines altdeutschen Minneliedes komponierte Andante und Scherzo von Brahms aus der Sonate op. 1, Mendelssohn's Notturno und Scherzo aus dem „Sommernachtstraum“ und einige beliebte Klavierstücke von Schubert⸗Liszt, Chopin und Strauß⸗Tausig auserwählt hatte. Im Vortrag sämmtlicher Piscen traten wiederum die an dem ausgezeichneten Künstler stets gerühmte technische Sicher⸗ heit, die Klarheit im Phrasieren, die edle äußere Ruhe und die objektive Vortragsweise hervor, die stets den Inhalt der Werke im Auge hat, ohne nach Effekten zu haschen. Den

im Programm genannten Kompositionen fügte der unermüdliche Künstler noch einige Zugaben hinzu, die, gleich allen anderen Vor⸗

trägen, mit stürmischem, lang anhaltendem Beifall aufgenommen wurden.

Januar 5,67 ½

Zu derselben Zeit gab Herr Professor Heinrich Barth im