1895 / 268 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 08 Nov 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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ddes Empfängers oder durch

ist, einer vorsätzlichen oder fahrlässigen

Berufsgenossenschaft von Ruhrort nach Duis⸗ burg wird, ein Rundschreiben an die Vorstände der gewerblichen Berufsgenossenschaften vom 10. Mai 1895, betreffend den Erlaß von Strafverfügungen, und ein ferneres undschreiben an die Vorstände der sich über preußisches Staatsgebiet erstreckenden Berufsgenossenschaften vom 18. Ok⸗ tober 1895, betreffend die Inanspruchnahme der preußischen Aerztekammern zur Benennung von Obergutachtern in Unfallversicherungssachen, sowie folgende Rekursentscheidungen: Die Bestimmung des Zannc- des Unfallversiche⸗ rungsgesetzes, nach welcher Zustellungen, welche den Lauf von Fristen bedingen, durch die Post mittels eingeschriebenen Briefs gegen Empfangsschein (Posteinlieferungsschein) er⸗ folgen, ist nicht als eine ausschließliche in dem Sinne aufzufassen, daß eine Zustellung in an⸗ derer Form schlechthin nichtig wäre; insbesondere erscheint eine Zustellung dann gültig, wenn das zuzustellende Schriftstück dem Adressaten selbst, sei es auf welchem Wege immer, behändigt, und diese Thatsache sowie der zu welchem sie geschehen ist, auf irgend eine Weise durch schriftliche Erpfangsbescheinigung oder sonstiges Geständniß . Zeugen ꝛc. bewiesen werden. Die Zustellung von Urtheilen vor Vollziehung

der Urschrift durch die Beisitzer eröffnet nicht den

Lauf der Rechtsmittelfristen. .

Das Versagen der für einen Rechtsmittelschrift⸗ satz benutzten letzten Beförderungsgelegenheit giebt keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. 1

Für die Frage der Innehaltung einer Rekurs⸗ frist kommt dem 2. Februar Mariä Lichtmeß nach dem in Berlin, dem Sitze des Reichs⸗Versicherungsamts, geltenden Rechte die Bedeutung eines „allgemeinen Feiertags“ nicht zu.

Zu den begrifflichen Grundlagen des Verfahrens in Unfall⸗ versicherungsstreitigkeiten gehört es, daß die Betheiligten von ven Werhandlungsterminen so zeitig benach⸗ richtigt werden, daß ihnen die Möglichkeit der Wahr⸗ nehmung des Termins oder der Geltendmachung ihrer Rechte durch eine schriftliche Mittheilung an das Gericht verbleibt; die Vorschriften der Zivilprozeß⸗ ordnung über Einlassungs⸗ und Ladungsfristen finden hierbei keine Anwendung. 8 1

Dagegen ist die auf die Behauptung gestützte formelle Rüge einer Berufsgenossenschaft, daß der Verhandlungs⸗ ort in der Terminsbenachrichtigung undeutlich be⸗ zeichnet gewesen sei, nach der besonderen Lage des Einzelfalls nicht für begründet erachtet worden, weil nicht erhellte, daß der Vorstand durch jene Benachrichtigung außer Stand gesetzt gewesen sei, zu wo der Termin werde abgehalten werden, und es ihm zudem möglich gewesen wäre, eine etwaige Ungewißheit vor dem Termin durch Rück⸗

rage bei dem Schiedsgerichts⸗Vorsitzenden zu beseitigen. Die Nichtinnehaltung der Vorschrift des § 16 Abs. 3 der Kaiserlichen Verordnung vom 2. No⸗ vember 1885, wonach die Parteien von Zeugenvernehmungs⸗ terminen zu benachrichtigen sind, stellt einen wesentlichen Mangel des Verfahrens dar. 8 .

Eine Beeidigung der Sachverständigen in dem Verfahren in Unfallversicherungsstreitigkeiten ist gesetzlich nicht geboten.

—Der Antrag auf Wiederaufnahme des Ver⸗ fahrens kann in entsprechender Anwendung der §§ 543 Ziffer 3, 544 der Zivilprozeßordnung darauf gestützt werden, daß ein Zeuge sich durch Beeidigung des Zeugnisses, auf welches das rechtskräftige Urtheil erletzung

er Eidespflicht schuldig gemacht habe.

Der Antrag auf Wiederaufnahme eines rechts⸗

raͤftig abgeschlossenen Streitverfahrens wegen Geistes⸗ krankheit eines mit der Zeugenvernehmung be⸗ auftragten nichtrichterlichen Beamten und wegen ngeblicher Verfälschung der protokollierten eugenaussagen durch denselben Beamten (Zivil⸗ rozeßordnung § 542 Ziff. 2 und § 543 Ziff. 2 und 5) t in einem Einzelfalle zurückgewiesen worden. Der Antrag auf Wiederaufnahme eines rechts⸗ kräftig abgeschlossenen Verfahrens kann gemäß § 543 iff. 4 und 544 der Zivilprozeßordnung auf die Behauptung, der Kläger, um sich in den Besitz einer Rente zu setzen, durch Vorspiegelung falscher beziehungsweise durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Thatsachen einen Irrthum erregt und unterhalten habe, nur dann mit Erfolg gestützt werden, wenn wegen der angeblich strafbaren Hand⸗ ung eine rechtskräftige Verurtheilung erfolgt ist. ie Restitutionsklage findet nach § 543 Ziff. 7 b der statt, wenn eine Partei eine Urkunde auf⸗ ndet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, welche eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde.

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Ver⸗ fahrens ist an die Förmlichkeiten des § 550 der Zivilprozeßordnung nicht gebunden; auch ist es in einem Einzelfalle für unerheblich erachtet worden, daß der

ntrag nicht an die zuständige Instanz gerichtet v ist. 8 Zur Anwendung des § 65 des Unfallversiche⸗ rungsgesetzes genügt nicht eine bloße veränderte der Sachlage durch die Sachverstän⸗ digen oder die Gerichte, sondern es muß der Sachstand des früheren Verfahrens sich inzwischen thatsächlich geändert haben: sei es, daß die allein in dem früheren Verfahren erörterte und damals für abgelaufen er⸗ achtete Folge des Unfalls erneute, die Erwerbsfähigkeit beein⸗ trächtigende Wirkungen zeigt, sei es, daß überhaupt inzwischen neue Folgen des Unfalls ö Hat dagegen der Ver⸗ letzte bereits in dem früheren Verfahren bestimmte Folgen des Unfalls behauptet, die aber als solche in jenem wegen mangelnden Beweises oder wegen unrichtiger Beurtheilung der Sachlage durch die Aerzte nicht anerkannt worden sind, so geht er seines Ent⸗ schädigungsanspruchs auch bezüglich etwaiger Verschlimme⸗ rungen dieser Folgen verlustig, er eine in dem Vor⸗ verfahren ergangene und durch ein Rechtsmittel noch anfecht⸗ bare Entscheidung hat rechtskräftig werden lassen, oder wenn die höchste von ihm angerufene Instanz sich in der Beurthei⸗ lung der Sachlage geirrt hat. 1

Das Schiedsgericht überschreitet seine Zu⸗ ständigkeit nicht, wenn es sich nicht auf die ver⸗ neinende Feststellung beschränkt, daß die in An⸗ spruch genommene Berufsgenossenschaft nicht ent⸗

schädigungspflichtig sei, sondern zugleich den Klägern die⸗ fch⸗ nszenossenschaft bezeichnet, gegen welche nach der Meinung des Gerichts die Entscheidungsansprüche zu richten sind.

Der Anspruch eines Entschädigungsberechtigten auf Gewährung außergerichtlicher Kosten des Ver⸗ G ist nicht schon deshalb zurückzuweisen, weil er Streit nur die Frage betrifft, welche von mehreren Berufsgenossenschaften zur Entschädigung verpflichtet sei. 1

einem Einzelfalle, in welchem ein Sektionsvorstand gegenüber der erneuten Anmeldung eines Entschädigungs⸗ anspruchs einen neuen förmlichen Bescheid unter Hinweis auf die Rechtskraft eines früheren Bescheides erlassen hatte, ist anerkannt worden, daß den Klägern zunächst ausschließ⸗ lich darüber der Instanzenweg eröffnet worden ist, ob der erneuten Anmeldung die Rechtskraft des ersten Bescheides entgegenstehe. 1

einer vorläufigen Entschädi⸗ Wung gemäß § 58 bs. 4 des Unfallversicherungsgesetzes foll nicht durch einen förmlichen Bescheid fest⸗ gesetzt werden, vielmehr ist die erfolgte Zubilligung einer solchen Entschädigung dem Berechtigten mittels ein⸗ fachen formlosen Schreibens zu eröffnen; wird aber die orm eines berufungsfähigen Bescheides gewählt, so wird durch diesen Bescheid für den Verletzten ein selb⸗ ständiges, der einseitigen Einwirkung der Berufsgenossenschaft entzogenes Recht geschaffen, und diese bleibt deshalb an die in diesem Bescheide liegende wenn auch vielleicht materiell unrichtige Anerkennung des Betriebsunfalls gebunden.

ine Berufsgenossenschaft, die nach Erlaß eines rechts⸗ kräftig gewordenen Festsetzungsbescheides einen neuen Bescheid mit gleichem Inhalt ertheilt, kann sich in dem daraufhin ein⸗ Streitverfahren nicht mit Erfolg auf die Rechtskraft des ersten Bescheides berufen.

Auf die Berufung gegen einen eine Kranken⸗ hausbehandlung zum Zwecke der Heilung an⸗ ordnenden Zescheid einer Berufsgenossenschaft ist eine materielle Entscheidung in der Form eines Urtheils zu treffen.

Der Rekurs einer Berufsgenossenschaft gegen ein schieds⸗ gerichtliches Urtheil, in welchem dem Kläger für die Dauer des bereits beendigten Heilverfahrens eine Entschädigung gemäß 5 8 des lanbwirthschalichen Unfallversicherungsgesetzes zuge⸗ prochen war, ist auf Grund des § 68 Abs. 1 in Ver⸗ bindung mit § 62 Abs. 1 Ziff. 1 a. a. O. als un⸗ zulässig verworfen worden, da eine prozessual oder materiell unrichtige Anwendung des Gesetzes, wie sie hier vor⸗ liegt, ein schiedsgerichtliches Urtheil nur, wenn die allgemeinen Voraussetzungen des Gesetzes hierfür gegeben sind, zu einem rekursfähigen mache. 8

Ein vor dem Schiedsgericht geschlossener Vergleich, durch welchen die Berufsgenossenschaft dem Verletzten eine „lebenslängliche“ Rente von bestimmter 181 zu gewähren sich verpflichtet, verstößt gegen Vorschriften des öffent⸗ lichen Rechts und ist deshalb nichtig.

Die Entschädigung, welche einem im schiedsgerichtlichen Verfahren behufs Begutachtung des Grades der Erwerbs⸗ unfähigkeit in ein Krankenhaus eingewiesenen Verletzten wegen des Verlustes an Arbeitsverdienst zusteht, gehört zu den Kosten der Beweisaufnahme; über solche Kosten ist im schiedsgerichtlichen Urtheil nicht zu ent⸗ scheiden.

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Der General der Infanterie von Grolman, Gouverneur des Invalidenhauses, ist hierher zurückgekehrt.

Der Königliche Gesandte beim Päpstlichen Stuhle, Wirk⸗ liche Geheime Rath Otto von Bülow ist von dem ihm

Allerhöchst bewilligten Urlaub nach Rom zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen

Laut telegraphischer Meldung an das Ober⸗Kommando der Marine ist S. M. S. „Moltke“, Kommandant Kapitän zur See Schneider, am 6. November von Palermo nach Brindisi in See gegangen.

Flensburg, 7. November. Ihre Foben die Herzogin

at heute Nachmittag

Adelheid zu Schleswig⸗Holstein sich zum Winteraufenthalt

Schloß Gravenstein verlassen und nach Dresden begeben.

Bayern.

In der gestrigen Sitzung der Kammer der Ab⸗ geordneten kamen die Anträge der Abgg. Pichler und Ehrhart auf Gründung einer staatlichen Mobiliar⸗ Versicherungsanstalt zur Berathung. Der Minister des Innern Freiherr von Feilitzsch bekämpfte dieselben, da die Frage zur Zeit nicht dringlich sei und die Privatversiche⸗ rung age fellschaften erst neuerdings namhafte Zogestenpnifse ge⸗ macht hätten. Zunächst gelte es für Bayern, die Frage der staatlichen Viehversicherung zum Abschluß zu bringen. Die Weiterberathung wurde auf heute vertagt..

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Der Landtag des Sege Coburg hat in seiner vorgestrigen Sitzung den Gesetzentwurf, betreffend die Nachlaßsteuer, angenommen.

Der preußische Gesandte bei den Hansestädten von Kiderlen⸗Wächter überreichte gestern S dem prä⸗ idierenden Bürgermeister von Lübeck Dr. Kulenkamp sein

dnerafungsschreiben Nachmittags fand zu Ehren des Gesandten im Hause des Bürgermeisters ein Diner statt.

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Oesterreich⸗Ungarn. Der Budgetausschuß des österreichischen Ab⸗ geordnetenhauses hat mehrere Kapitel des Ackerbaubudgets

und des Finanzbudgets angenommen. Gegenüber der Forderung auf Erhöhung von Meliorations⸗ und Viehzuchtssubventionen

wies der Minister für Ackerbau Graf Ledebur auf die bereits

erfolgte namhafte Erhöhung hin und erklärte, den Bedürf⸗

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nissen der Landwirthschaft müsse auf dem Gesetz⸗ gebung abgeholfen werden. Betreffs der ünsche auf Herabsetzung der Gebühren bei dem kleinen Grundbesitz erklärte der Finanz⸗Minister Dr. von Bilinski, er strebe noch für 1896/97 eine Reform des Gebühren⸗ wesens an; gelinge dies nicht, so sei es noch immer möglich, Novellen einzubringen. Auf den Ertrag des Zeitungsstempels in Höhe von 1 700 000 Fl. sei nicht leicht zu verzichten. Betreffs des Zeitungsstempels von Beilagen zu illustrierten Zeitungen werde eine mildere Praxis eintreten. Bei dem Kapitel „Lonto“ warnte der Finanz⸗Minister vor dem Sern auf eine Klassenlotterie, welche durch minimale Loostheile die kleinsten Leute in das Spiel hineinziehen würde. Die Aufhebung des Lottos werde erwogen werden, sobald das Finanzprogramm der Regierung angenommen sein werde. Der Land⸗ wirthschafts⸗Ausschuß nahm eine von dem Abg. Pacak vorgeschlagene Resolution an, worin die Regierung aufgefordert wird, in allernächster Zeit einen Gesetzentwurf einzubringen, durch welchen Kartellverbindungen durchweg der staatlichen bezw. der Landesaufsicht unterstellt werden und die Gründung wirthschaftlich schädlicher Kartelle bestraft wird. Der Vertreter der Regierung stimmte der Resolution zu. Der Immuni⸗ tätsausschuß beschloß, dem Hause vorzuschlagen, dem Ansuchen des Kreisgerichts Korneuburg um Auslieferung des Abg. Schneider wegen Ehrenbeleidigung und Störung der öffentlichen Ruhe, sowie dem Ansuchen des Bezirksgerichts Wieden um Auslieferung des Abg. Dr. Lueger wegen Ehrenbeleidigung stattzugeben.

Bei der Landtagswahl der tiroler Handels⸗ kammern wurden zwei Liberale und ein Mitglied der Abstinenzpartei gewählt. Die Städte wählten 3 Liberale, 4 Konservative und 6 Mitglieder der Abstinenzpartei.

Zum Bischof des Augsburger evangelischen Kirchendistrikts jenseits der Donau ist, wie aus Budapest berichtet wird, der Seelsorger Franz Gyuratz

g Zlt w rden.

Großbritannien und Irland.

Die Antiparnelliten B gestern den bgeordnet Healy aus dem Vollzugsausschuß der irischen Nationallige ausgewiesen. 3 1

In dem gestern abgehaltenen Ministerrath theilte, dem „W. T. B.“ zufolge, der Justiz⸗Minister Ricard mit, daß der General⸗Prokurator mit der weiteren Untersuchung der Südbahn⸗Angelegenheit bereits begonnen habe.

Der Senat wählte gestern Peytral an Stelle Combes' zum Vize⸗Präsidenten.

Die Deputirtenkammer beschloß auf Antrag der Regierung, den Termin zur Berathung der Interpellation über Ma dagascar in einer späteren Sitzung festzusetzen. Der Deputirte Habert stellte eine Anfrage bezüglich des Handels mit Goldminen⸗Aktien. Er führte aus, daß der Staat eingreifen könne, da ein Gesetz die Ausgabe von Werthen unter 100 Fr. verbiete. Es müsse eine Steuer auf die Goldminenwerthe verlangt werden. Ein Dekret aus dem Jahre 1886 gestatte, den Handel mit auswärtigen Werthen in Frankreich zu verbieten. Der Finanz⸗Minister Doumer erwiderte, die Regierung werde beantragen, an Stelle der gegenwärtigen Taxen die Stempelsteuer auf die auswärtigen, in Frankreich gehandelten Werthe auf 2 Proz. festzusetzen und die Ausgabe von Werthen in Höhe von 25 Fr. zu gestatten. 1

Die Regierung wird die Arbeiterbörse wieder eröffnen unter der Bedingung, daß nur gesetzlich konstituierte Syndikate

auf derselben vertreten seien und daß diese sich nicht mit

politischen Fragen beschäftigten. Italien.

Gegenüber den gestern mitgetheilten Gerüchten über Be⸗ wegungen, die seitens der Derwische drohten, sagt der „Fanfulla“: es sei hierüber kein Telegramm aus Massovah an die Regierung gelangt. Diese Gerüchte seien demnach voll⸗ ständig unbegründet oder bezögen sich auf Vorgänge, die den General Baratieri nichts angingen. Das Blatt fügt hinzu, die Lage der Erythräischen Kolonie sei fortdauernd voll⸗ ständig ruhig, da die Entlassung und die Zerstreuung der Schaaren Ras Alula's und das Einstellen des Vormarsches der Truppen des Königs Menelik bestätigt würden.

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Türkei.

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Außer dem gestern gemeldeten Wechsel im Großvezirat

sind, wie „W. T. B.“ aus Konstantinopel berichtet, noch fol⸗ gende Veränderungen im Ministerium amtlich bekannt gemacht worden: Der ehemalige Botschafter in Wien Aarifi Pascha ist zum Minister ohne Portefeuille, der bis⸗ herige Gouverneur in Adrianopel Abdurrahman Pascha zum Justiz⸗Minister, der bisherige Gesandte in Berlin Tewfik Pascha zum Minister des Auswärtigen, Memduk Pascha, seither Gouverneur von Angora, zum Minister des Innern, der frühere Gouverneur von Kreta; Mahmud Pascha, zum Minister des Handels und der öffentlichen Arbeiten, der Chef des allgemeinen Rechnungswesens Sabri Bey zum Finanz⸗Minister und der Minister des Auswärtigen Said Pascha zum Präsidenten des Staatsraths ernannt worden. Der Scheich ül⸗Islam sowie die bisherigen Minister für Krieg, Marine und für Unterricht, ferner der Chef der Artillerie und der Intendant der Evkafs verbleiben in ihren Stellungen. Kiamil Pascha ist zum Vali von Aleppo ernannt worden.

Infolge der Ausdehnung des Konflikts zwischen den Muhamedanern und den Armeniern sind die in Erzerum, Trapezunt und Diarbekr stehenden Redif⸗Divisionen in der Mobilmachung begriffen; hierdurch wird der Mannschaftsstand des 4. Korpsbereichs mit Hinzuziehung der Linien⸗Divisionen in Erzerum und Bitlis auf rund 60 000 Mann erhöht. Ebenso wurden im Be⸗ reich des 5. Korps (Stabsquartier Damaskus), dessen nördlicher Theil gleichfalls von der Bewegung ergriffen ist, die in Aleppo stehende Redif⸗Division und die Brigade in Marasch einberusen. In einem gestern in Konstantinopel abgehaltenen Ministerrath wurde über weitere Maß⸗ nahmen zur Eindämmung und Beendigung der Kämpfe 88 Armeniern und Muhamedanern in den asiatischen Vilajets berathen. 8 8

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Kunst und Wißssenschaft.

In dem Wettbewerb um die Ausführung eines Denkmals zur Verherrlichung der Einigung Deutschlands, das auf dem Rondelplatz in Cassel aufgestellt werden soll (Wimmel⸗Stiftung), haben die Preisrichter, der „N. A. Ztg.“ zufolge, den ersten Preis dem Akademielehrer in Cassel, Professor Karl Begas zuerkannt; den zweiten Preis erhielt Professor Eberlein hierselbst.

Anläßlich der Feier des siebenhundertjährigen Geburtstags des heiligen Antonius von Padua (I5. August) hat man, der „Nat.⸗ Ztg.“ zufolge, in der ihm geweihten Kirche daselbst dem Hochaltar, der im 17. Jahrhundert von seiner alten Stätte entfernt und dessen Theile in der Kirche verstreut worden waren. Donatello's herrliches Bronzewerk zurückgegeben. Der Meister führte diese Bronzen ge⸗ legentlich eines mehrjährigen Aufenthalts in Padua aus, als er nach dem 1443 erfolgten Tode des Gattamelata berufen ward, dem Kriegshelden das berühmte Reiter⸗Denkmal neben der Facade der Kirche zu setzen. Seine zahlreichen Gehilfen entdeckt man leicht an einzelnen Reliefs und Statuen des Bronzeschmucks. Fünf breite Stufen, abwechselnd aus rothem und gelbem Marmor, führen heute zu dem Altar hinauf, an dessen Vorderwand die Hoch⸗ reliefs jener musizierenden Engel prangen, die ihre Instrumente mit so kindlichem Ernst und Eifer handhaben. In der Mitte sieht man den todten Heiland, das Haupt in stummem Schmerz ge⸗ senkt, auf dem Sarge sitzend, über dem weinende Engel einen Teppich emporhalten. In gleicher Höhe mit der Altarplatte springt nach beiden Seiten die Rückwand noch über die Altarstufen hinaus per und bildet in ihren Ecken das gefällige Postament für je eine Statue. Auch die etwa einen Meter über dem Altartisch sich er⸗ hebende Hochwand ragt über diesen nach rechts und links ein wenig heraus, wird durch Doppelpilaster in drei Abtheilungen gegliedert und oben durch ein reiches Kranzgesims gekrönt.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Verbreitung des Rotzes (Wurmes) der Pferde in Deutschen Reich im Jahre 1894.

Niach dem schon erwähnten, im Kaiserlichen Gesundheitsamt be⸗ arbeiteten neunten Jahresbericht über die Verbreitung von Thier⸗ seuchen im Deutschen Reich ist der Rotz (Wurm) der Pferde im Jahre 1894 abermals zurückgegangen. Wenn auch die Zahl der Erkrankungsfälle nur wenig kleiner war als im Verjahre, so ist doch die Seuche räumlich eingeschränkt worden. Es waren ferner der Gesammtverlust an Pferden sowie der Pferdebestand in den neu be⸗ troffenen Gehöften geringer, und der Stand der Seuche am Schlusse des Jahres niedriger als bei Beginn desselben. Erkrantt sind 516 Pferde (gegen 564 Pferde im Vorjahre), gefallen 32 (32), getödtet 668 (743), davon auf polizeiliche Anordnung 631 (713), auf Veranlassung der Besitzer 37 (30). Von den 668 ge⸗ tödteten Thieren wurden 184 bei der Sektion roßfrei befunden; des⸗ gleichen 67 wegen Verdachts der Seuche oder der Ansteckung polizeilich getödtete Pferde in seuchefreien Beständen. Der Gesammtverlust betrug mithin 767, d. s. 85 = 10,0 % weniger als im Vorjahre. Auf je 10 000 Pferde nach dem Stande vom 1. Dezember 1892 er⸗ gaben sich im Reich 1,35 rotzkranke (1893: 1,47) und 1,82 (2,02) gefallene oder getödtete Pferde. Die Erkrankungsfälle vertheilen sich auf 116 Kreise ꝛc. (gegen 152 im Vorjahre), 170 Gemeinden ꝛc. (206) und 197 Gehöfte (222). Am stärksten betroffen waren wieder die östlichen, besonders die in der Nähe der polnischen Grenze gelegenen Theile von Preußen, nur wenig ver⸗ seucht dagegen die nordwestlichen Gebiete des Reichs. Mehr als 20 rotzkranke, auf je 10, 000 vorhandene Pferde sind ge⸗ zählt östlich der Oder in den Kreisen Krotoschin, Jarotschin, Rosen⸗ berg i. Westpr., Strelno, ferner westlich der Oder in den Kreisen ꝛc. Dermbach, Zellerfeld, Kissingen, und südlich vom Main Grafenau, Bruck, Landsberg, Biberach, Vaihingen. Hohe absolute Erkrankungs⸗ ziffern hatten außerdem noch die Kreise Koschmin (29 gegen 3 im Vorjahre) und Ragnit (27 gegen 27). Von Rotz⸗ (Wurm.) Fällen verschont blieben wie im Vorjahre Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Schwarz⸗ burg⸗Rudolstadt, Waldeck, Reuß ä. L., Reuß j. L., Schaumburg⸗ Lippe, Lübeck, Bremen; außerdem Baden, Braunschweig, Sachsen⸗ Meiningen, Sachsen⸗Altenburg, Anhalt, Schwarzburg⸗Sondershausen, Hamburg. Innerhalb der 11 betroffenen Staaten sind Seuchenfälle nicht vorgekommen in 808 Kreisen ꝛc.

Eine Einschleppung der Seuche aus dem Auslande hat wieder in mehreren Fällen stattgefunden. So durch aus Rußland eingeführte Pferde in die Kreise Johannisburg, Rawitsch, Witkowo, Neu⸗

markt i. Schl., Kreuzburg und Pleß. Ferner durch je ein Pferd aus

Oesterreich⸗Ungarn, Frankreich, Belgien und Luxemburg. Im Inlande wurden Neucasbrüche vielfach durch den Ankauf von bereits an⸗ gesteckten Pferden verursacht. Zur Ermittelung der Seuche hat in verschiedenen Fällen die thierärztliche Beaufsichtigung der Pferdemärkte, Pferdeschlächtereien, Abdeckereien, sowie die Revision von Pferden auf offener Straße beigetragen. Von Uebertragungen der Seuche auf

Menschen bei der Wartung rotzkranker Pferde wurden drei Fälle ge⸗

meldet, welche sämmtlich tödtlich verliefen. v“

Oesterreich⸗Ungarn.

Wie in Triest so sind auch in Fiume für Herkünfte zur See aus Egvpten die Bestimmungen der internationalen Sanitätskonpention in Dresden in Kraft gesetzt worden. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 257 vom 26. v. M.)

1 Spanien.

Durch Königliche Verordnung vom 2. d. M. ist gegen Herkünfte

von Hongkong, Nagasaki, Yokohama und den Sandwichs⸗Inseln wegen Cholera, und gegen Herkünfte von der Ostküste von Mexiko und Guatemala wegen Gelbfiebers Quarantäne angeordnet worden. Gleichzeitig gelten alle Häfen, welche den genannten Orten nicht weiter als 165 km entfernt sind, als verdächtig. Einer weiteren Königlichen Verordnung von demselben Tage zu⸗ folge wird die gegen Herkünfte von Singapore und Shanghai ange⸗ ordnete Quarantäne unter den üblichen Bedingungen aufgehoben. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 168 vom 17. Juli und Nr. 207 vom 30. August d. J.)

Handel und Gewerbe.

8 1 16 1 8 Tägliche Wagengestellung für Koblen und Ko an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 7. d. M. gestellt 12 195, nicht recht⸗ zeitig gestellt 84 Wagen. 8 In Oberschlesien sind am 6. d. M. gestellt 5899, nicht recht⸗ zeitig gestellt 74 Wagen.

1 Zwangs⸗Versteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am 7. November die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Huttenstraße 2, dem Landwirth A. Witt gehörig; Fläche 5,39 a; Nutzungswerth 6120 ℳ; für das Meistgebot von 98 500 wurde der Rentier Wilh. Beiersdorf, Wienerstraße 31, Ersteher. Prinzen⸗Allee 27, der Frau Rentier Auguste Ney und Ge⸗ nossen gehörig; Fläche 14,01 a; Nutzungswerth 7000 ℳ; Meist⸗ bietender blieb der Kastellan a. D. Gustav Fritsche, Eberswalder⸗ straße 33, mit dem Gebot von 92 500 Gubenerstraße 12 a, dem Milchhändler Ed. Lenz gehörig; Fläche 10,53 a; Nutzungswerth 13 500 ℳ; mit dem festgesetzten geringsten Gebot von 1600 blieb 832 Preußische Hypotheken⸗Aktienbank zu Berlin Meist⸗ ietende.

Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin standen die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Grundstück zu Schöne⸗ berg, Sedanstraße 51, dem Bauunternehmer Wilhelm Mewes gehörig; Flächenraum 5,69 a; Nutzungswerth zur Gebäudesteuer ℳ; Meistbietender blieb der Kaufmann Aͤrnold Johannes Blankenfeld zu Berlin, Inselstraße 6, mit dem Gebot von

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120 200 Grundstück zu Wilmersdorf, Brandenburgische⸗ straße 105, dem Fabrikanten Alexander Schlegel und dem Maurermeister Gottfried Schalk zu gleichen Rechten und Antheilen gehörig; Flächenraum 15 a; Meistbietender blieb der Kaufmann Hermann Ascher zu Berlin, Leipzigerstraße 102, mit dem Gebot von 151 200 Grundstück zu Schöneberg, Stubenrauch⸗ straße 7, dem Töpfermeister Friedrich Pawlowsky zu Schönschorn⸗ stein bei Erkner gehörig; Flächenraum 9,99 a; Meistbietender blieb der Kaufmann Ferdinand Neumann zu Berlin, Leipziger⸗ straße 51, mit dem Gebot von 226 875 In Sachen der Zwangsversteigerung des im Grundbuch von Wilmersdorf Band 36 Blatt Nr. 1088 auf den Namen des Kaufmanns Fritz Pax eingetragenen, zu Wilmersdorf in der Güntzelstraße 42 belegenen Grundstücks und des im Grundbuch von Deutsch⸗ Wilmersdorf Band 36 Blatt Nr. 1092 auf den Namen des Kaufmanns Fritz Pax gleichfalls eingetragenen, zu Deutsch⸗ Wilmersdorf, Ubhland⸗ und Güntzelstraßen⸗Ecke belegenen Grund⸗ stücks sind die Versteigerungstermine am 31. Dezember 1895, Vor⸗ mittags 10 Uhr und 10 ¼ Uhr, aufgehoben. Eingestellt ist das Verfahren der iengspe gteigernng wegen des Grundstücks zu Steglitz, Forststraße belegen, dem Maurer Daniel Montag Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Schlachtviehmarktvom 6. November 1895. Auftrieb und Markt⸗ preise nach Schlachtgewicht mit Ausnahme der Schweine, welche nach Lebendgewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 740 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) I. Qualität —,— ℳ, II. Qualität Schweine. Auftrieb 8141 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 94 ℳ, Landschweine: a. gute 88 92 ℳ, b. geringere 80 86 ℳ, Galizier —,— ℳ, leichte Ungarn —,— ℳ, bei 20 % Tara. Bakonver —,— bei kg Tara pro Stück. Kälber. Auftrieb 1319 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 1,16 1,26 ℳ, II. Qualität 1,04 1,14 ℳ, III. Qualität 0,92 1,02 Schafe. Auftrieb 667 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) 8 Qualität —,— ℳ, II. Qualität —,— ℳ, III. Qualität

Die Einnahmen der Marienburg⸗Mlawkaer Eisenbahn betrugen im Oktober 1895 nach vorläufiger Feststellung 212 000 gegen 216 000 nach vorläufiger Feststellung im Oktober 1894, mithin weniger 4000

Börse zu Düsseldorf. (Amtlicher Kursbericht vom 7. November, aufgestellt unter Mitwirkung der Börsenkommission.) Die Lage des Kohlen⸗ und Eisenmarktes ist andauernd fest. Kohlen und Koks. 1) Gas⸗ und Flammkohlen: Gaskohle für Leucht⸗ 10,00 11,00 ℳ, Generatorkohle 10,00 11,00,

asflammförderkohle 8,00 9,00; 2) Fettkohlen: Förderkohle 7,50 8,50, melierte beste Kohle 8,50 9,50, Kokskohle 6,50 7,00; 3) magere Kohlen: Förderkohle 7,00 8,00, melierte Kohle 8,00 10,00, Nußkohle Korn II (Anthracit) 18,00 20,00; 4) Koks: Gießereikoks 13,00 14,50, Hochofenkoks 11,00 11,50, Nuß⸗ koks: gebrochen 13,75 16,00; 5) Briquettes 8,50 11,00. Erze: 1) Rohspath 7,00, 2) Spatheisenstein 9,50 10,50, 3) So⸗ morrostro f. o. b. Rotterdam —, 4) nassauischer Rotheisenstein mit etwa 50 %, Eisen 8 8,50, 5) Rasenerze franko —. Roh⸗ eisen: 1) Spiegeleisen Ila. 10 12 % Mangan 54,00, 2) weiß⸗ strahliges Qualitäts⸗Puddelroheisen: a. rheinisch⸗westfälische Marken, b. Siegerländer und 3) Stahleisen 48 —49 mit Fracht ab Siegen, 4) englisches Bessemereisen ab Verschiffungs⸗ afen —,—, 5) spanisches Bessemereisen Marke Mudela cif. Rotterdam —,—, 6) deutsches do. —,—, 7) Thomaseisen frei Verbrauchsstelle 50,00, 8) Puddeleisen (Luxemburger Qualität) 39,20, 9) englisches Roheisen Nr. III ab Ruhrort 58,00, 10) Luxem⸗ burger Gießereieisen Nr. III ab Luxemburg 47,00, 11) deutsches Gießereieisen Nr. 1 65, 12) do. Nr. II —, 13) do. Nr. III 56, 14) do. Hämatit 65, 15) spanisches Hämatit Marke Mredela ab Ruhrort 71 72. Stabeisen: Gewöhnl. Stabeisen 108. Bleche: 1) Gewöhnliche Bleche aus Flußeisen 110 120, 2) Kesselbleche aus Flußeisen 120 125, 3) Kesselbleche aus Schweißeisen 160 175, 4) Feinbleche 130 140. Draht: 1) Eisenwalzdraht —,—, 2) Stahl⸗ walzdraht 101 103.

Aus Siegen meldet die „Köln. Ztg.“, 8 die Verlängerung des 1u.““ gestern einstimmig beschlossen wurde.

In Greiz erfolgte gestern die Konstituierung der Mittel⸗ deutschen Bodenkreditanstalt mit einem Aktienkapital von 7 ½ Millionen Mark, wovon 2 ½ Millionen vollgezahlte, 5 Millionen mit 25 % gezahlte Aktien gezeichnet wurden. Der Aufsichtsrath be⸗ steht aus den Landgerichts⸗Präsident Hofmann⸗Greiz, Vor⸗ sitzender, Max Arnhold, in Firma Gebrüder Arnholdt Dresden, Rechtsanwalt Berve, Geschäftsinhaber des Schlesischen Bank⸗ vereins Breslau, Max Chrambach, in Firma Philipp Ehmevyer, Dresden, Stadtrath Flinsch, Mitglied des Aufsichtsraths der Deutschen Effekten⸗ und Wechselbank, Frankfurt a. M., 88 Se Direktor der Dresdener Baugesellschaft, Konsul

orn, Direktor der Dresdner Kreditanstalt, Kommerzien⸗Rath, Konsul Menz, in Firma Menz, Blochmann u. Cie., Dresden, Direktor C. W. Meyer⸗Berlin, General⸗Konsul Rosencrantz⸗Dresden, Kammerherr von Stieglitz⸗Dresden. Zu Vorstandsmitgliedern wurden Geheimer Regierungs⸗Rath Stier aus Weimar und Kaufmann Julius Lehmann aus Berlin gewählt; der letztere behält seinen Wohnsitz in Berlin. Der Geschäftsbetrieb wird, wie „W. T. B.“ meldet, voraussichtlich am 1. Dezember eröffnet werden. 1

Leipzig, 7. November. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. November 3,12 ½ ℳ, pr. Dezember 3,12 ℳ, pr. Januar 3,15 ℳ, pr. Februar 3,15 ℳ, pr. März 3,15 ℳ, pr. April 3,15 ℳ, pr. Mai 3,17 ½ ℳ, pr. Juni 3,20 ℳ, pr. Juli 3,20 ℳ, pr. August 3,20 ℳ, pr. September 3,22 ½ ℳ, pr. Oktober 3,25 Umsatz 40 000 kg. Behauptet.

Kämmlings⸗Auktion. Von 540 000 kg wurde die Hälfte verkauft. Gewöhnliche Käuferzahl; Geschäft schleppend, Schluß belebter. Buenos Aires 10 15 ₰. Abschlag: Australier unverändert mit 5 Abschlag. Croßbreds vernachlässigt.

Paris, 7. November. (W. T. B.) Der Leiter des Crédit foncier, Christophle, hat sein Amt niedergelegt; der Direktor der 85; des dépöts et des consignations, Labeyrie, tritt an seine Stelle.

Konstantinopel, 7. November. (W. T. B.) Die Ottoman⸗ bank ist, wie amtlich bekannt gemacht wird, für einen Monat von der Verpflichtung zum Umtausch ihrer Banknoten entbunden. Während dieser Zeit wird das hier eintreffende Gold in Pfunde ausgemünzt werden. Die öffentlichen Kassen haben die Banknoten auch ferner anzunehmen. b

Die Ottomanbank machte von der Regierungsermächtigung zur Einstellung der Goldzahlungen für die Dauer eines Monats keinen Gebrauch, sondern setzte auch heute die Einlösung ihrer Verpflich⸗ tungen fort. Insgesammt sind 1 200 000 Pfund von London, Paris, Wien und Alexandrien nach Konstantinopel unter⸗ wegs: eine Summe, welche die Gesammtheit der Noten⸗ und Kontokorrentschuld der Bank übersteigt. Die Regierung ver⸗ längerte die Konzessionsdauer der Ottomanbank um 12 Fahre, sodaß diese jetzt 30 Jahre beträgt. Auch die heutige Börse war geschäftslos. Der Kompensationskurs für lokale Emissionswerthe ist noch immer unfixiert. 2

Verkehrs⸗Anstalten. 8

Bremen, 8. November. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Havel“ hat am 6. November Abends die Reise von Southampton nach New⸗York fortgesetzt. Der Postdampfer „Salier“ hat am 6. November Nachmittags Las Palmas passiert. Der Postdampfer „Aachen“ ist am 6. November Nach⸗ mittags von Baltimore nach der Weser abgegangen. Der Reichs⸗

Postdampfer „Prinz⸗Regent Luitpold“ ist am 7. November Vormittags in Suez angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Karls⸗ ruhe“ ist am 7. November Vormittags in Suez angekommen. Der Schnelldampfer „Werra“ hat am 7 November Morgens Punta Delgada passiert. Der Schnelldampfer „Spree“ ist am 7. November in New⸗York, der Reichs⸗Postdampfer „Sachsen“ in Antwerpen und der Schnelldampfer „Aller“ auf der Weser angekommen. 8 Hamburg, 7. November. (W. T. B.) Der Postdampfer „Persia“ ist Ees Nachmittag in Cuxhaven eingetroffen. London, 7. November. (W. T. B.) Der Uniondampfer „Mexican“ ist Mittwoch auf der Heimreise von Kapstad abgegangen. 8 5 8 1.“

Theater und Musik.

Konzerte.

Der Königliche Domchor gab gestern in der St. Marien kirche ein Konzert, welches von dem Musikdirektor O. Dienel mi der Passacaglia in C-moll für die Orgel von J. S. Bach eröffne wurde. Hieran schlossen sich zwei Gesänge für Männerchor von Palestrina und Lotti, sowie ein Requiem von Jomelli für gemischten Cher. Diese Werke und die acht stimmige Motette von Bach „Der Geist hilft“ machten in der vollendeten Ausführung von seiten des Chors einen nachhaltigen, tiefergreifenden Eindruck. Gleiches Lob verdient die Wiedergabe vo Grell s „Benedictus“ aus der 16 stimmigen Messe, der altdeutsche Hymne von Vierling und des weihevollen achtstimmigen 14. Psalms vo Professor A. Becker, dem ausgezeichneten Leiter des Domchors. Als eir werthvolle Bereicherung des Programms darf der Sologesang der Königlichen Sängerin Frau Emilie Herzog bezeichnet werden deren klangvolle Stimme und meisterliche Vortragskunst eine Ari aus „Samson⸗ von Händel und geistliche Lieder von Bach und Fran vortrefflich zur Geltung brachten. Das schöne Konzert wurde durch den fugierten Choral von Becker „Eine feste Burg“, der von Herr Dienel auf der Orgel vorgetragen wurde, wirkungsvoll abgeschlossen

An demselben Abend ließ der junge Komponist Rober Hermann aus Leipzig in der Sing⸗Akademie eine Reih seiner Werke dem hiesigen Publikum vorführen. Die hervorragendere

Kompositionen waren eine Symphonie für Orchester (C-dur und ein Trio für Klavier, Violine und Violoncello. J beiden Werken folgt er den Vorbildern neuerer Komponisten, ohn jedoch eine gewisse Eigenart in der Durchführung der Themata, wie in der (zuweilen etwas geräuschvollen) Behandlung des Orchesters vermissen zu lassen. Die Themata sind meist kurzrhythmisch und von drastischer Wirkung, eine Eigenschaft, die sie in beiden Werken gemei haben. An der Ausführung des Trios betheiligten sich di für die Herren Hilf und Klengel in letzter Stunde ein getretenen Herren Witek (Violine) und Simon va Beuge (Violoncello), die in Gemeinschaft mit dem Pianiste Herrn A. Förster das Werk sehr lobenswerth vortrugen Die sechs Lieder schienen am wenigsten zu gefallen, obwohl sie von Frau Bertha von Knappstädt mit lobenswerthem Eintreten für ihre Aufgabe zu Gehör gebracht wurden. Der Komponist war nicht persönlich anwesend. Das mitwirkende Philharmonische Orchester bewährte sich unter Professor Mannstädt's Leitung vortrefflich. 8 G

Im Konzertsaal, Potsdamerstraße 9, ließ sich vorgestern Abend die Sängerin Martha Ramme hören. Ihre Mezzosopranstimm klang in der Höhe etwas angestrengt, wie besonders in den Braut liedern von Cornelius und in Schubert's „Gretchen am Spinnrade zu bemerken war. Besser gelangen ihr „Nachtigall, als ich sie fragte von Goldmark, und Schubert's „Nacht und Träume“. dönigli Kammermusikus Herr Otto Lüdemann (Violoncello) unterstützt das Konzert durch die vortreffliche Ausführung des ersten Satzes au dem A-moll-Konzert von Davidoff und einiger kleineren Stücke vo Pirani und Moszkowski. Beide Vortragenden erfreuten noch dur eimtge Zugaben, welche das zahlreich erschienene Publikum beifälli aufnahm. 2

Im Königlichen Opernhause wird morgen Conradi Kreutzer's Oper „Das Nachtlager in Granada“ gegeben, den Jäger singt Herr Bulß. Hierauf folgt das Ballet „Phantasien im Bremer Rathskeller“.

Im Königlichen Schauspielhause geht morgen Schiller: Trauerspiel „Die Jungfrau von Orleans“ mit Fräulein Lindner al Johanna in Scene. Die übrige Besetzung lautet: Graf Dunois Herr Ludwig, Herzog von Burgund: Herr Molenar, Talbot: Herr Klein, Lionel: Herr Matkowsky, König: Herr Arndt, Isabeau: Fra Stollberg. Agnes Sorel: Frau von Hochenburger, Thibaut d'Arc Herr Kahle.

Das Schiller⸗Theater wird den Geburtstag des Dichters dessen Namen es trägt, feierlich begehen. Schon am 9. Novembe findet eine Nachmittags⸗Vorstellung von „Wilhelm Tell“ statt, di durch einen Prolog eingeleitet wird. Der 10. November, der diesma auf einen Sonntag fällt, wird durch zwei Schiller'sche Stücke gefeier werden, und zwar durch Schiller's erstes und letztes Werk: Nach mittags 3 Uhr werden „die Räuber“, Abends 8 Uhr „Wilhelm Tell gegeben; beide Vorstellungen werden durch ein Festgedicht eingeleitet

Für die im Königlichen Opernhause am Sonntag de 17. November, stattfindende Matinée hat Herr Kammersänger Emi Götze seine Mitwirkung zugesagt. Außerdem findet eine Wiederholun der Vorstellung „Militärfromm“ und „Kleine Mißverständnisse“ welche bei Gelegenheit der Anwesenheit Seiner Majestät des Königs von Portugal im Neuen Palais zu Potedam gegeben wurde, statt. Unter den Darbietungen wird sich endlich ein von Herrn Ober⸗Regisseur Max Grube gestelltes lebendes Bild (das „Flötenkonzert Friedrich's des Großen“, naoch A. Menzel) befinden. Das Flötensolo darin hat der Königliche Kammervirtuose Herr Prill übernommen, und zwar trägt derselbe eine eigene Komposition de großen Königs, das 3. Flötenkonzert, vor. 8

Am Sonntag Mittag um 12 Uhr findet in der Philharmonie die öffentliche Hauptprobe zum III. Philbarmonischen Konzert unter Arthur Nikisch's Leitung und solistischer Mitwirkung des Violinvirtuosen Willy Burmester statt. Karten (2 ℳ) sind be⸗ Bote u. Bock erhältlich. 8

Mannigfaltiges.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin hat an den Magistrat und die Stadtverordneten von Charlotten⸗ burg folgendes Dankschreiben gerichtet:

Die Glückwünsche und die Versicherungen des Dankes und de Treue, welche Mir von dem Magistrat und den Stadtverordneten Charlottenburgs im Namen der Bürgerschaft dargebracht worden sind haben Mir eine aufrichtige Freude bereitet. Charlottenburg hat a dem bedeutungsvollen Jahre 1895 in besonderem Maße Antheil, sowoh im Hinblick auf die dem ganzen Volke theure Ruhestätte des unver⸗ geßlichen Kaisers, als im Hinblick auf das herrliche Denkmal, die Kaiser Wilhelm⸗Gedächtnißkirche, welche dem geliebten Herrscher an dem Tage Seines größten, die deutschen Hoffnungen erfüllen den Sieges geweiht worden ist. Es bewegt Mich freudig und dankbar daß die Vertreter Charlottenburgs in diesen Erinnerungen einen mäch tigen Antrieb zur Gottesfurcht, zur Nächstenliebe und zur Königstreu erbkicken, und gern spreche Ich Ihnen und Ihrer Bürgerschaft Meine herzlichen Dank und Meine Anerkennung dafür aus, daß Sie ohn Unterschied der Partei und des Standes durch Ihr opferbereites Ein⸗ treten ein hohes Verdienst an dem Gelingen ds. N artigen Werkes erworben und dadurch zu der schönsten Gedächtnißfeier des vergangenen Jahres am 1. September wesentlich beigetragen haben.

Neues Palais, den 29. Oktober 1895. 1““ Auguste Viktoria, Kaiserin und Königin.