1895 / 271 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 12 Nov 1895 18:00:01 GMT) scan diff

In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers’ wird eine Bekanntmachung des preußischen Ministers für Handel und Gewerbe, betreffend die neue Zusammensetzung der Schiedsgerichte der Sektionen Ibis VI der Knappschafts⸗Berufsgenossen⸗ schaft, veröffentlicht.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Rektor der Klosterschule zu Donndorf, Regierungs⸗ bezirk Merseburg, Professor Dr. Richard Kraft den Titel „Direktor“ beizulegen.

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Auf den Bericht vom 8. Oktober d. J. will Ich der Gemeinde Kanstein im Kreise Brilon auf Grund des Gesetzes vom 11. Juni 1874 (Gesetz⸗Samml. S. 221) hiermit das gisch verleihen, das zur Anlage der geplanten neuen Wasserleitung erforderliche Grundeigenthum im Wege der Enteignung zu erwerben oder, soweit dies ausreichend ist, mit einer dauernden Beschränkung zu belasten. Der eingereichte, das Unternehmen veranschaulichende Plan folgt anbei zurück.

An die Minister 'er geistlichen ꝛc. Angelegenheiten und

Finanz⸗Ministerium.

Euer Hochwohlgeboren benachrichtige ich, daß die Entwürfe eines neuen amtlichen Waarenverzeichnisses zum Zolltarif und eines statistischen Waarenverzeich⸗ nisses sowie eines Verzeichnisses der Massengüter seitens des Bundesraths in der Sitzung vom 31. v. M. § 582 der Protokolle genehmigt worden sind und mit dem 1. Januar k. J. in Gültigkeit treten.

Die bezeichneten Drucksachen werden Euer Hochwohlgeboren in der durch den Bericht vom September 1892 erbetenen Anzahl durch die Reichsdruckerei zugehen. Sie wollen die Zollstellen schleunigst mit der erforderlichen Zahl von Exemplaren versehen und anordnen, daß die fraglichen Drucksachen in je einem Exemplar zur Einsicht des Publikums an Amtsstelle ausgelegt oder bereit gehalten werden.

Daß das amtliche Waarenverzeichniß und das statistische Waarenverzeichniß nebst dem Verzeichniß der Massengüter er⸗ schienen seien und mit dem 1. Januar k. J. in Kraft treten, ist durch die Amtsblätter unter Bezugnahme auf den § 12 des Vereinszollgesetzes mit dem Bemerken bekannt zu machen, daß die Drucksachen bei den Amtsstellen eingesehen werden können, und daß das amtliche Waarenverzeichniß im Wege des Buchhandels von dem Königlichen Hofbuchhändler G. Schenck, Berlin SW., Jerusalemerstraße 56, bezogen werden kann.

Berlin, den 6. November 1895. Der Finanz⸗Minister. Im Auftrage:

Schomer.

An sämmtliche Herren Provinzial⸗Steuer⸗Direktoren.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.

Dem Maler Gregor von Bochmann in Düsseldorf ist das Prädikat „Professor“ beigelegt worden.

Bekanntmachung.

Die sämmtlichen bisher noch nicht verloosten Schuldver⸗ schreibungen des 3 ½ % Staats⸗Anlehens der vormals freien Stadt Frankfurt vom 9. April 1839 werden im Auf⸗ trage des Herrn Finanz⸗Ministers den Besitzern zum 1. März 1896 mit der Aufforderung gekündigt, die Kapitalbeträge, deren Verzinsung vom Kündigungstermin ab aufhört, vom 2. März 1896 ab bei der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a. M., bei der Königlichen Staats⸗ schulden⸗Tilgungskasse in Berlin W., Taubenstraße 29, oder bei einer Königlichen Regierungs⸗Hauptkasse zu erheben.

Die Auszahlung erfolgt gegen Quittung und Rückgabe der Obli⸗ gationen nebst den zugehörigen, am 1. März 1896 noch nicht fälligen Zinsscheinen. Es sind dies bei den Obligationen Litt. A. die Zins⸗ scheine Reihe III Nr. 4 bis 6, bei denjenigen Litt. B., C. und D. die Zinsscheine Reihe III Nr. 3 bis 5. Der Betrag etwa fehlender, unentgeltlich zurückzugebender Zinsscheine wird vom Kapital zurück⸗ behalten. Dagegen werden neben den Kapitalbeträgen noch folgende Stückzinsen gezahlt werden:

bei den Obligationen Litt. A. für die Zeit vom 1. Januar 1896 bis 29. Februar 1896,

bei Obligationen Litt. B. für die Zeit vom 1. April 1895 bis 29. Februar 1896,

bei den Obligationen Litt. C. für die Zeit vom 1. Juli 1895 bis 29. Februar 1896,

bei den Obligationen Litt. D. für die Zeit vom 1. Oktober 1895 bis 29. Februar 1896.

Soll die Einlösung der gekündigten Schuldverschreibungen weder bei der Kreiskasse in Frankfurt a. M. noch bei der Regierungs⸗Haupt⸗ kasse in Wiesbaden, sondern bei einer der anderen Kassen bewirkt werden, so können die Effekten schon vom 1. Februar 1896 ab bei diesen Kassen eingereicht werden, welche sie dem Unterzeichneten zur vorzulegen haben und nach erfolgter Feststellung vom 2. März 1896 ab die Auszahlung bewirken. 1“

Wiesbaden, den 30. Oktober 1895.

1 Der v. ee, een von Tepper⸗Laski.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 12. Novemhber.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten im Neuen Palais heute Vormittag von 9 Uhr ab den Vortrag des Chefs des Militärkabinets, Generals von Hahnke und empfingen um 11 Uhr den Präsidenten des Evangelischen Ober⸗Kirchenraths D. Dr. Barkhausen. Um 12 Uhr hatte der neuernannte chilenische Gesandte Don Francisco Antonio

Pinto die Ehre, in besonderer Audienz sein Beglaubigungs⸗ schreiben zu überreichen. Um 1 Uhr nahmen Seine Majestät an der Parforce⸗Jagd im Grunewald theil.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths Handel und Verkehr und für Justizwesen hielten heute ei

Sitzung.

Sachsen. 8 1“ 16.“

Ihre Majestäten der König und die Königin sind

gestern früh aus Sibyllenort wieder in Dresden eingetroffen. Anhalt.

Ihre Hoheiten der Herzog und die Herzogin haben sich gestern nach Sondershausen begeben, wo Höchstdieselben

mehrere Tage zu verweilen gedenken.

Elsaß⸗Lothringen. Der Statthalter Fürst zu Hohenlohe⸗Langenburg

wird in der zweiten Hälfte dieser Woche einer Einladung

Seiner Majestät des Königs von Württemberg nach Schloß Bebenhausen folgen und am Sonntag nach Straßburg

Oesterreich⸗Ungarn.

6hn Die „Wiener Zeitung“ von heute veröffentlicht die Er⸗ nennung des Freiherrn von Aehrenthal zum Gesandten in Bukarest.

Im österreichischen Abgeordnetenhause brachten gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, die Abgg. Sueß und Genossen einen Dringlichkeitsantrag ein: die Regierung möge Erhebungen darüber anstellen, inwiefern der Kurssturz vom 9. d. M. durch Gründe lokaler Natur veranlaßt worden sei und in welchem Maße die Börsenkomptoirs, die Agenten und a. m. die Ueberspekulation verschuldet hätten; ferner: welche gesetzlichen und administrativen Maßnahmen zu einer künftigen Abhilfe möglich seien. Die Regierung möge das Resultat dieser Erhebungen so bald als möglich dem Hause mittheilen. Die Abgg. Hauck und Ge⸗ nossen interpellierten den Finanz⸗Minister über die Börsenpanik vom 9. d. M. und fragten an: wie in Zukunft einer weiteren „Ausraubung“ des Publikums werde vorgebeugt werden, und ob der Minister das Sensalenwesen verstaatlichen wolle. Ferner brachten die Abgg. Geßmann und Ge⸗ nossen einen Dringlichkeitsantrag ein, die Regierung möge im Hinblick auf den Kurssturz vom 9. d. M. Maßnahmen treffen zum Schutz des ehrlichen Handels. Der Abg. Groß begründete den oben mitgetheilten Dringlichkeitsantrag der Abgg. Sueß und Genossen und wies auf die an allen Börsen in die Höhe getriebenen Kurse hin, sowie auf die bedeutende Ueberspekulation, die einen Rückschlag unausbleiblich gemacht habe, welcher durch die Debacle in Minenaktien, durch die Unruhen im Orient und durch den bekannten, vielleicht auf Börsenmanöver zurück⸗ zuführenden Artikel. des russischen „Regierungsboten“ herbei⸗

eführt sei. Dieser Rückschlag sei speziell in Wien in eine Pinkt ausgeartet; die Banken hätten, wie verlaute, massenhafte Exekutionsverkäufe vorgenommen. Redner besprach sodann das Treiben der Börsenkomtore und drückte die Hoffnung aus, die Energie des Ministers des Innern und des Finanz⸗Ministers werde Klarheit in die Sache bringen. Seine, des Redners, Partei urtheile heute nicht über Schuld oder Nichtschuld, wie es der Antrag Geßmann’s thue. (Unruhe bei den Antisemiten; Ruf: das Großkapital ist schuld, wir fordern genaue Er⸗ hebungen). Der Abg. Geßmann bemerkte, die Linke rücke nur den Börsenkomtoren auf den Leib, nicht aber der hohen Finanz und den Banken (Widerspruch links). Die Linke wirke mit, um die Erhebungen über den Kurssturz unfruchtbar zu machen (Rufe links: Redner, der vom Präsidenten zweimal zur Ordnung gerufen wurde, schloß mit der Be⸗ merkung, er halte nicht Erhebungen, sondern ein energisches Einschreiten für nothwendig. Der Finanz⸗Minister Dr. von Bilinski erklärte: er fühle sich nicht berufen, zu ent⸗ scheiden, welche der beiden Parteien ein größeres Recht Anträge in dieser Angelegenheit zu stellen. Die Regierung ei nicht erst durch die gestellten Anträͤge auf die Vorgänge an der Börse aufmerksam geworden. Die Veranlassung der letzten Börsenpanik sei schwer mit einigen Worten darzulegen. An⸗ scheinend hätten die nicht ganz günstigen auswärtigen Ver⸗ hältnisse eine gewisse Beunruhigung herbeigeführt und so den Sturz vorbereitet, welcher hauptsächlich dadurch hervorgerufen sei, daß Spekulanten, Wechselkomptoire, Wechselstuben ꝛc. große Kreise des Publikums, auch der kleinsten Stände in das Börsen⸗ spiel hineingezogen hätten. Zudem habe sich seit längerer 285 eine ganze Gruppe von Kontremineuren etabliert und zwar im Aus⸗ lande. Die Börsenspekulation sei bekanntlich oft eine inter⸗ nationale; nun habe man es gegenwärtig mit einer gewaltigen Kontremine, und zwar mit einer solchen gegen österreichische Papiere zu thun. Diese Kontremine habe alle Mittel ange⸗ wandt, um einen Sturz der Papiere herbeizuführen. Die Regierung habe schon früher beabsichtigt, Maßregeln zu er⸗ greifen, um einer derartigen Gefahr vorzubeugen. Die Wiener Börse an und für sich sei als Markt nicht ungesund, sie sei nur mit auswärtigen Elementen überlastet gewesen. Wenn das anlagebedürftige Publikum sich jetzt solid mit den gesunkenen Werthen versorge, werde sich die Börse, an welcher kein krankhafter Zustand bemerkbar sei, beruhigen. Geldaushilfe in Form eines Regierungsdarlehns sei ganz entbehrlich, da der Privatdiskont etwa 4 Proz. sei. Der Börse sei Autonomie ertheilt worden, damit die selbstgewählten Organe für ihre Institution möglichst ein⸗ ständen. Die Börse müsse parallel mit der Regierung that⸗ kräftig eingreifen, damit nicht theilweise berechtigte Vorwürfe, wie sie jetzt im Publikum zu hören seien, erhoben würden. Der Minister kündigte darauf Maßregeln administra⸗ tiver, eventuell fiskalischer Natur gegen die durch außer⸗ halb der Börse stehende Wechselstuben verursachten Schä⸗ den an. Die Regierung verfolge stets die Börsenvor⸗ gänge mit minutiöser Genauigkeit und werde alles thun, damit derartige Vorgänge sich nicht wiederholten. Der Abg. Hauck behauptete, der Kurssturz sei lange geplant und vor⸗ bereitet worden, und sprach für eine Börsensteuer und eine Börsenkontrole durch die staatlichen Organe. Der Abg. Dr. Lueger glaubte, die Meinung des Finanz⸗Ministers von

der Börse sei eine zu gute. Redner erging sich in beschimpfenden Ausdrücken gegen die Banken und die Börse. Der Abg. Groß verwahrte sich gegen die Unterstellung, daß sein Antrag sich nicht auch gigen die Banken richte. Bei der Ab⸗ stimmung wurde die Dringlichkeit beider Anträge einstimmig Der Abg. Pattai führte aus, die Postspar⸗

angenommen. ihre Hebung würde das

kassen seien richtige Volksbanken, Volkswohl kräftigen. Nachdem noch einige Abgeordnete ge⸗ sprochen hatten, wurde bei der Abstimmung der Antrag Sueß und Genossen angenommen, der Antrag Geßmann abgelehnt. Die Abgg. Steiner und Genossen stellten hierauf den dringlichen Antrag: die Regierung wolle die Gründe für die Konsignierung der Sicherheitswache und des Militärs am 6. d. M. angeben. Der Minister⸗Präsident Graf Badeni erklärte: es sei für ihn nicht schwierig, diesem Verlangen zu entsprechen. Die Regierung habe eben nichts ver⸗ anlaßt, folglich seien die gewünschten Gründe unbekannt. Es sei kein Militär konsigniert gewesen, es habe keinerlei Kon⸗ signierung der Sicherheitswache stattgefunden. Sollte der Polizei⸗Präsident die Mannschaft einer Wachtstube vermehrt, die einer anderen vermindert haben, so habe er dies aus eigener Machtvollkommenheit gethan. Nachdem der Abg. Steiner aufs schärfste unter wiederholten Ordnungsrufen des Präsidenten die Regierung angegriffen hatte, wurden Dringlichkeit und Antrag mit großer Majorität abgelehnt. Der Abg. Graf Hohenwart beantragte die Aufnahme des Ordnungsrufs gegen den Abg. Steiner in das Sitzungsprotokoll und regte geeignete Anträge des seinerzeit eingesetzten Ausschusses zur Aenderung der Geschäftsordnung an. Der Obmann des Geschäfts⸗Ausschusses, Abg. Graf Deym, erklärte, der Ausschuß sei bereit, seine Arbeiten wieder aufzunehmen, um derartigen unqualistzier⸗ baren Angriffen einen Riegel vorzuschieben. Der Antrag des Grafen Hohenwart wurde einstimmig angenommen und sodann die Sitzung geschlossen.

Der kommandierende General von Nieder⸗Oesterreich Graf Uxkull⸗Gyllenband hat gestern an den Minister⸗Präsi⸗ denten Grafen Badeni ein Schreiben gerichtet, worin er er⸗ klärt, daß die Garnison von Wien weder am 6. d. M. noch an einem Tage seit dem 6. konsigniert gewesen sei.

In Prag ist es gestern bei dem Leichenbegängniß des amnestierten Omladinisten Cizek, welcher durch Selbstmord endete, zu Ausschreitungen der Omladinisten gekommen, sodaß die Polizei sich genöthigt sah, mit der blanken Waffe einzuschreiten.

Im weiteren Verlauf der gestrigen Sitzung des ungari⸗ schen Unterhauses, üͤber deren Beginn bereits in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden ist, beantwortete der Minister⸗Präsident Baron Banffy die Interpellation über die angebliche Einmischung der ungarischen Regierung in die Angelegenheit Lueger mit der Erklärung: die ungarische Regierung habe sich weder für die Wahl Lueger’s noch für die Bestätigung derselben interessiert; sie habe keinerlei Einfluß auf die Nichtbestätigung ausgeübt. Das Haus nahm die Antwort zur Kenntniß.

Großbritannien und Irland.

Der Herzog von Cambridge wohnte gestern Abend einem Festmahl bei, welches anläßlich seines Ruͤcktritts vom Ober⸗Kommando von den Mitgliedern des „United Service Club“ zu London veranstaltet war. Der Prinz von Wales führte den Vorsitz, der Herzog von Sachsen⸗Coburg und Gotha, der Herzog von York und eine große Anzahl von Offizieren der Armee und Marine nahmen an dem Mahle theil.

Der großbritannische Botschafter in Konstantinopel Ar Ph. Currie wird sich, dem „W. T. B.“ zufolge, Ende dieser Woche auf seinen Posten zurückbegeben.

Von offizieller Seite wird ein Dementi der jüngst ver⸗ breiteten Nachricht über die Verstärkung des britischen Mittelmeergeschwaders veröffentlicht. Dieses Geschwader werde nur 89 die normale Stärke gebracht werden.

Die Londoner Blätter melden, im nächsten Kabinetsrath werde beschlossen werden, den Aschantis den Krieg zu er⸗ klären. In Woolwich sei der Befehl eingetroffen, Kriegs⸗ material nach Accra zu schaffen.

Frankreich.

In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer brachte der Minister für öffentliche Arbeiten Guyot⸗Dessaigne eine Vorlage wegen Bewilligung von 5 Millionen ein, um die infolge des Dammbruchs von Bouzey nothwendigen Leistungen an Schadenersatz und die ersten Arbeiten zur Wiederinstandsetzung des Dammes zu bestreiten. Bei der Wa b eines Vize⸗Präsi⸗ denten hatten die Radikalen und Sozialisten alle Bewerbungen ihrer Anhänger zurückgezogen, sodaß nur Regierungsrepublikaner zur Wahl standen, nämlich für die Stelle eines Vize⸗Präsidenten der frühere Minister Poincaré und für die eines Schrift⸗ führers Ernst Carnot, der Sohn des ermordeten Präsidenten. Da die äußerste Linke auch an der Wahl nicht theilnahm, verkündigte der Vorsitzende bei der Zählung, daß die nothwendige Zahl von Mitwählenden nicht erreicht sei, worauf die äußerste Linke die Abhaltung einer abermaligen Wahl im Januar vorschlug, was mit 285 gegen 232 Stimmen abgelehnt wurde. Eine weitere Forderung von derselben Seite, die Wahl nach Verlauf von einem Monat vorzunehmen, wurde mit 212 gegen 147 Stimmen abgewiesen. Da auch der zweite Wahlgang ohne Resultat blieb, wurde die Sitzung auf heute vertagt.

Rußland. Der Kreuzer „Rurik“, Flaggschiff des Geschwaderchefs, und der Kreuzer „Dimitry Donskoi“ sind am Sonntag von Kronstadt in das Ausland abgegangen.

Schweiz. Der Bundesrath hat das von dem Eisenbahn⸗Departe⸗

ment vorgelegte neue Gesetz über das Rechnungswesen der Eisenbahngesellschaften angenommen. Türkei.

Aus Konstantinopel berichtet „W. T. B.“: sämmtliche Botschafter seien am Sonntag zu einer Besprechung der Lage zusammengetreten, ohne daß ein neuer Schritt verein⸗ bart worden sei. Im Yildiz⸗Kiosk sei an demselben Tage ein außerordentlicher Ministerrath über die zur Beruhi⸗ gung der Bevölkerung zu ergreifenden Maßregeln abge⸗ halten worden. Die in Konstantinopel und im Aus⸗ land verbreiteten Gerüchte, daß ein abermaliger Minister⸗ wechsel zu erwarten sei, hätten bisher keine Bestätigung ge⸗ funden. Der älteste Sohn des Sultans Prinz Izzedd in ist erkrankt. Im Hauran seien die Drusen im Aufstande. Wie verlaute, zögen sie in Stärke von 12 000 Berittenen gegen die Mohamedaner. Auf ihrem Zuge seien bisher zwei

schmerzlich.

tauglich war.

Dörfer niedergebrannt worden. Zur —2 des Auf⸗ standes seien in aller Eile Nizamtruppen an den Schauplatz beordert und gleichzeitig die Einberufung von Redifs verfügt worden. Bei der Beurtheilung der dortigen Lage träten zwei verschiedene Auffassungen zu üee. die eine erachte die Situation als ziemlich ernst, die andere führe die eingelaufenen Meldungen auf die landesüblichen örtlichen Reibungen wegen der Weideplätze zurück, welche diesmal einen größeren Umfang angenommen haben könnten. 1“

Griechenland. Die Herzogin Wera von Württemberg ist mit de Herzoginnen Elsa und Olga in Athen eingetroffken.

Bulgarien.

Der Prinz Ferdinand von Sachsen⸗Coburg empfing gestern Abend die Deputation der Sobranje, welche die Adresse auf die Thronrede überreichte. Der Prinz erklärte dabei: Die Frage wegen der Aufnahme des Prinzen Boris in die offtzielle Kirche beschäftige mit Recht die Nation und ihn (den Prinzen Ferdinand), der nur die Größe und den Fortschritt Bulgariens im Auge habe. In rückhalt⸗ losem Verständniß für die religiösen Bedürfnisse der Bulgaren habe er vom ersten Tage seiner Regierung ab an der Wieder⸗ aufrichtung der nationalen Kirche, an deren Glanz und Ansehen gearbeitet. In dem Gefühl der Achtung vor der nationalen Religion und der Verehrung für letztere habe er den festen Entschluß gefaßt, den Thronerben in der nämlichen Achtung vor der nationalen Kirche zu erziehen. Das von ihm verlangte Opfer, die orthodoxe Taufe des Prinzen Boris sogleich vorzunehmen, sei groß, schwer und überaus 3 Er sei auferzogen in den Dogmen und Ge⸗ bräuchen der katholischen Religion und habe stets an seinen religiösen Ueberzeugungen festgehalten, daher mache jetzt sein Gewissen einen Kampf durch, den jeder gute Bulgare, jeder überzeugte Christ begreifen werde. Er erkenne voll die patriotischen Gefühle und die Loyalität für die Dynastie an, von denen die Deputirten bei der Vorbringung ihres Wunsches ge⸗ leitet worden seien; er sei durchdrungen von der Wichtigkeit dieses Staatsakts und erkläre, daß er den Wunsch verwirklichen werde, sobald es ihm gelungen sei, die großen Schwierigkeiten weg⸗ zuräumen. Er sei überzeugt, daß er die Frage in kurzer Zeit der Lösung werde zuführen können, welche die Interessen und Wünsche des bulgarischen Volks erheischten. Die Rede wurde mit enthusiastischen Kundgebungen aufgenommen; der Prinz verließ unter stürmischen Zurufen der Deputirten den Thronsaal.

Amerika. Depeschen aus Cuba schildern, wie „W. T. B.“ aus Madrid berichtet, die dortige Lage als sehr schwierig. 1

Afrika. 8 Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Kairo hat der egyptische Minister⸗Präsident Nubar Pascha seine Entlassung genommen. Das Gesuch sei mit seinem Ge⸗ sundheitszustand und dem Wunsch nach Ruhe begründet worden, ein politischer Beweggrund liege nicht vor. Zum Nachfolger Nubar Pascha's und zum Minister des Innern ist der bisherige Kriegs⸗ und Marine⸗Minister Mustapha Fehmi Pascha, zum Kriegs⸗ und Marine⸗Minister der Ober⸗ Zeremonienmeister Abani Pascha ernannt worden. Weitere Personalveränderungen fanden nicht statt. In Paris eingetroffenen Meldungen aus Tanger zu⸗ folge wäre die Stadt Saffi von 5000 Aufständischen einge⸗ schlossen; man sei um die Bevölkerung in Sorge.

Entscheidungen des Reichsgerichts. Das Vergehen der Selbstverstümmlung behufs Untaug⸗

* lichmachung zur Erfüllung der Wehrpflicht 142 Strafgesetz⸗ buchs) wird, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Strafsenats,

vom 28. Mai 1895, schon dadurch begangen, daß die Untauglichkeit eine absolute ist, sondern sich nur auf diejenige Dienstart er⸗

eckt, zu der der Wehrpflichtige ohne den Eintritt der Verstümmlung 8 .. . Es kommt nicht darauf an, ob das Dienen in einer Arbeiterabtheilung oder in einem der beiden Aufgebote des Landsturms als Erfüllung der Wehrpflicht anzusehen ist. Denn, wie festgestellt ist, war der Angeklagte vor der Verstümmlung ium „aktiven Militär⸗

dienst“, d. h. zum Dienst mit der Waffe im „stehenden“ Heere tauglich,

und er hat diese Tauglichkeit beseitigt, sich also zu derjenigen Er⸗ füllung seiner Wehrpflicht untauglich gemacht, zu der er ohne die Verstümmlung nach der zu erwartenden Entscheidung der Ersatz⸗ behörden fähig gewesen wäre.“ (1984/95.)

—— Das „Priesterthum“, nicht aber der „Priesterstand“ ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Strafsenats, vom 8. Juni 1895, eine Einrichtung der christlichen Kirche. Eine Beschimpfung einzelner oder aller Priester kann demnach nicht ohne weiteres als Beschimpfung einer Einrichtung der christlichen Kirche 166 Str.⸗G.⸗B.) bestraft werden. Wegen der öffentlich geschehenen Aeußerung, daß der Priester, äußerlich mit einer heiligen Handlung beschäftigt, heimlich über die Gläubigen lache und ein Heuchler sei, wurde der Thäter von der Strafkammer aus § 166 Strafgesetzbuchs verurtheilt, indem diese die Aeußerung als eine Kundgebung der Verachtung des Priesterstandes erachtete und den Priesterstand als eine Einrichtung der christlichen Kirche auffaßte. Auf die Repision des Angeklagten hob das Reichsgericht das erste Urtheil auf, indem es begründend ausführte: „Der Priesterstand ist lediglich die Gesammtheit der Mitglieder dieses Standes, nicht die Einrich⸗ tung des „Priesterthums.“ Es ist denkbar, daß sämmtliche Mitglieder des Priesterstandes als verderbt und heuchlerisch bezeichnet werden, während doch die Einrichtung des Priesterthums als ehrwürdig anerkannt wird. Wenn also die Aeußerung des Angeklagten, wie der Vorderrichter annimmt, sich nur gegen den Priesterstand richtete, so konnte eine Beleidigung vebisen oder aller Priester unter einer Gesammt⸗ bezeichnung angenommen werden, aber nicht eine Beschimpfung der Einrichtung des Priesterthums.“ (1687/95.)

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Die Verpflichtung zur chausseemäßigen Unterhaltung

einer Chaussee ist, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungs⸗ Frichts, IV. Senats, vom 24. April 1895, so zu verstehen, daß der Verpflichtete den Weg so zu unterhalten hat, wie es das jeweilig wechselnde Bedürfniß des öffentlichen Verkehrs erheischt, und demnach unter Umständen ebenso sorgfältig, wie städtische Straßen, pflastern und unterirdisch entwässern muß. Der der Stadt Berlin gehörige Gutsbezirk Boxhagen⸗Rummelsburg wurde 9 Jahre 1889 in eine Landgemeinde umgewandelt, nachdem 2 Stadtgemeinde Berlin zu Gunsten der neu zu bildenden

meinde u. a. zugesagt hatte, daß „die Verpflichtung der Stadt⸗ —— Berlin zur chausseemäßigen Unterhaltung und Reinigung der Fhaussee von Berlin nach Rummelsburg und des Anschlußweges von dieser Chauffee nach dem Markgrafendamm vorläufig bestehen bleibt.“

Auf Grund dieser verpflichtenden Zusage richtete Amtsvorsteher von Boxhagen⸗Rummelsburg unter dem 6. Dezember 1893 eine Ver⸗ fügung an den Magistrat von Berlin, in der der Stadt Berlin auf⸗ gegeben wurde, den Anschlußweg von der Chaussee bis zum Markgrafendamm zu pflastern und die Entwässerung des Wegs theils durch einen Rinnstein, theils durch eine Röhrenleitung zu bewirken. Die Klage der Stadtgemeinde Berlin auf Aufhebung dieser Verfügung wurde vom Kreisausschuß abgewiesen. Dagegen erkannte der Bezirksausschuß nach dem Klageantrag. Auf die von den Be⸗ klagten (dem Amtsvorsteher und der Gemeinde B.⸗Rummelsburg) ein⸗ gelegte Revision hob das Ober⸗Verwaltungsgericht das Urtheil des Bezirksausschusses auf und stellte das Urtheil des Kreisausschusses wieder her, indem es begründend ausführte: „Es steht in der Ver⸗ waltung und Judikatur des öffentlichen Wegewesens außer Zweifel, und es konnte auch einer Verwaltungsbehörde, wie dem Magistrat der Stadt Berlin, nicht unbekannt sein, daß grundsätzlich die öffentlich⸗ rrechtliche Wegebaulast die Verpflichtung in sich schließt, einen öffentlichen Weg so zu unterhalten, wie es das jeweilig wechselnde Bedürfniß des öffent⸗ lichen Verkehrs erheischt. Hätte nun die Verbindlichkeit der Stadt Berlin darauf beschränkt werden sollen, die Unterhaltung des Weges in dem zur Zeit der Gemeindebildung gerade bestehenden chausseemäßigen Zustande zu bewirken, so wäre damit eine Abnormität in das Wegewesen der neuen Gemeinde hineingetragen worden, die, wie der Kreisausschuß zutreffend bemerkt, die übernommene Verbindlichkeit fast entwerthet hätte, da

vor den Thoren von Berlin mit einem stetig wachsenden Verkehrs⸗

bedürfniß nothwendig gerechnet werden mußte. Diese somit sachwidrige Beschränkung gleichwohl in der Pos. 6 zu finden, dafür bietet der Gebrauch des Wortes „chausseemäßig“ keinen An⸗ balt Es ist als notorisch zu bezeichnen, daß nicht nur zahl⸗ reiche Chausseestrecken, sondern sogar gewöhnliche Knmmunikations⸗ wege gepflastert werden müssen, und zwar nicht weniger sorg⸗ fältig, wie städtische Straßen, um dem auf sie nothwendig angewiesenen öffentlichen Verkehr zu genügen. Seltener mögen unterirdische Entwässerungen von Chausseestrecken sein, dies aber nur deshalb, weil das Bedürfniß nach ihnen in der Regel nicht vorliegen wird. Keineswegs bildet aber diese Art ein entscheidendes Merk⸗ und Grenzzeichen zwischen Chausseen und den für den Anbau fertig gestellten Straßen. Es kann sich daher hier lediglich darum handeln, ob das Bedürfniß des auf den Weg als einen öffentlichen Kommunikationsweg gewiesenen Ver⸗ kehrs die erhobenen polizeilichen Anforderungen rechtfertigt. In dieser Hinsicht hat das Ober⸗Verwaltungsgericht kein Bedenken tragen können, dem Urtheil des Kreisausschusses auf Grund des Gutachtens des Land⸗Bauinspektors L. beizupflichten, zumal die thatsächlichen Unterlagen desselben, der ganz außerordentlich große, auf den Weg gewiesene Wagen⸗ und Fußgängerverkehr und seine gänzlich unzu⸗ reichende Entwässerung, im einzelnen gar nicht bestritten oder gar widerlegt sind.“ (IV. 635.)

Das Verwaltungsstreitverfahren über die Rechtsgültigkeit einer Wahl wird, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, II. Senats, vom 8. Mai 1895, durch den Tod des Gewählten während des Verfahrens, in der Hauptsache beendigt; nur hin⸗ sichtlich der Kosten ist auf Verlangen der zur Kostenzahlung ver⸗ urtheilten Partei das noch bei Lebzeiten des Gewählten eingelegte Rechtsmittel zum Austrag zu bringen. „Der Streit ist in der Hauptsache durch den Tod des M. in dem Sinn erledigt, daß ein dispositiver, unmittelbar auf die Gültigkeit oder die Ungültigkeit der Wahl gerichteter Ausspruch überhaupt nicht mehr zu ergehen hat. Die Wahl ist durch jenes Ereigniß dergestalt hinfällig geworden, daß ein Ausspruch des vorbezeichneten Inhalts in Bezug auf die Zu⸗ sammensetzung der Stadtverordneten⸗Versammlung, auf das Eintreten oder Nichteintreten des Gewählten keinerlei rechtlichen Einfluß mehr würde üben können... n aber auch hiernach der Streit in der Hauptsache für erledigt zu erklären ist, so war doch die Berufung der Beklagten in dem Zeitpunkte der Einlegung dieses Rechtsmittels noch völlig zulässig und die Partei somit berechtigt, die Berechtigung der angefochtenen Entscheidung auch in Ansehung des Kostenpunktes zu verlangen. Dieser Anspruch ist dadurch, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache später gegenstandslos geworden ist, nicht erloschen; und es bedarf zur Entscheidung des Kostenpunktes der Prüfung, ob der Vorderrichter mit Recht zu Ungunsten der Beklagten entschieden hat.“ (II 657.)

er O 2

Statistik und Volkswirthschaft.

Der Weinbau in Preußen 1894.

Ueber die 1894 in Preußen erzielte Weinernte wurden bei Ge⸗ legenheit der Ermittelung der Ernteerträge aus 661 Erhebungs⸗ bezirken (gegen 707 im Vorjahre) Mittheilungen gemacht, die jetzt in der „Stat. Korr.“ veröffentlicht werden. Hiernach nahm im Staat die im Ertrage stehende, mit Reben bestockte Fläche von 17 292,9 ha gegen 1893 um 36 ha zu. Ein Rückgang derselben zeigte sich in den Provinzen Brandenburg und Sachsen (um 15 bezw. 10 ha). Die gleichen Anbauflächen wie im Vorjahre wurden für Fgge und Schlesien, eine Zunahme dagegen für Hessen⸗Nassau und Rheinland (9 bezw. 52 ha) nachgewiesen.

Von dem Ertrage entfielen mehr als neun Zehntel (91,9 v. H.) auf die Provinzen Rheinland (78,3 v. H.) und Hessen⸗Nassau (13,6 v. H.), wo sich derselbe fast nur auf die drei Regierungs bezirke Koblenz (49,7 v. H.), Trier (28,0 v. H.) und Wiesbaden (13,4 v. H.) vertheilte. Die gesammte Weinkreszenz dieser Regierungsbezirke ergab 268 936 hl (oder 91,1 v. H.) gegen 354 664 hl (92,7 v. H.) im Vorjahre; sie nahm in Koblenz um 8,1 v. H. der Gesammternte zu, ging aber in Trier um 9,5 und in Wiesbaden um 0,2 v. H. zurück. Ein bemerkenswerther Weinbau findet ferner noch in den Regierungsbezirken Merseburg und Liegnitz statt. Hier wurden 1894 von 789 bezw. 1429 ha 11 135 bezw. 10 517 hl gekeltert.

Der Gesammtertrag von 295 297 hl für den Staat ergiebt im Vergleich zu dem des Vorjahres einen Ausfall von 87 230 hl, durchschnittlich 17,08 hl vom Hektar gegen 22,17 hl im Vorjahre.

Von der im Ertrage stehenden Weinbergsfläche und dem Ertrage derselben entfielen im Berichtsjahre

e1 ein im Ertrage Ernteertrag stehende Fläche überhaupt vom

1b von Hektar die Provinzen hl

1 432, 1 8 8*

Süer .. öö“ 4, 14 73

Schlesien. . 2 10 517 7,36

11 359 14,26

40 233 13,74

8 231 224 19,95 die Regierungsbezirk w1ö1“1“] . 1 650 3,82 8 314 2,73 JPTPe11ö1166“” 10 517 7,36 Merseburg.. 11 135 14,11 LEe 224 32,00

Sachsen. Hessen⸗Nassau Rheinland

Cassel. 620 7,38 39 613 13,93 146 737 18,95 1 901 8,40 82 586 22,83 0 0

Wiesbaden Koblenz Köln . h“

Alters⸗ und Invaliditäts⸗Versicherung.

Bei der Versicherungsanstalt Baden sind im Monat Oktober 1895 232 Rentengesuche (79 Plters⸗ und 153 Invaliden⸗ rentengesuche) eingereicht und 174 Zenten (47 + 127) be⸗ willigt worden. Es wurden 54 Geuche (16 + 38) abgelehnt, 125 (43 + 82) blieben unerledigt. Anzerdem wurden im schieds⸗ gerichtlichen Verfahren 4 Invalidenrenten nerkannt. Bis Ende Oktober

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sind im Ganzen 9824 Renten (5213 Alters⸗ und 4611 Invaliden⸗ renten) bewilligt bezw. zuerkannt worden. Davon kamen wieder in Wegfall 2863 (1427 + 1436), sodaß auf 1. November 1895 6961 Rentenempfänger vorhanden waren (3786 Alters⸗ und 3175 In⸗ validenrentner).

Verglichen mit dem 1. Oktober 1895, hat sich die Zahl der Rentenempfänger vermehrt um 104 (10 Alters⸗ und 94 Invaliden⸗ rentner). Die Rentenempfänger beziehen Renten im Gesammt⸗ jahresbetrage von 872 073 55 (mehr seit 1. Oktober 1895 13 211 66 ₰). Der Jahresbetrag für die im Monat Oktober be⸗ willigten 47 Altersrenten berechnet sich auf 6283 80 und für 131 Invalidenrenten auf 16 423 80 ₰; somit Durchschnitt für eine Altersrente 133 70 J, für eine Invalidenrente 125 37 ₰. (Für sämmtliche bis 1. Januar 1895 bewilligten Renten betrug der durchschnittliche Jahresbetrag einer Altersrente 129 50 ₰, einer Invalidenrente 118 9 ₰.) 8

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Leipzig berichtet die „Lpz. Ztg.ö', daß die dortige lokale Organisation der Gummiarbeiter sich zu Gunsten des (sozial⸗ demokratischen) Zentralverbands auflösen werde.

Hier in Berlin hat eine Versammlung der Metallarbeiter, wie die „Post⸗ meldet, eine Kommission von sechs Mitgliedern ge⸗ wählt, die über die Verschmelzung der lokalen mit der zentralen Organisation der Metallarbeiter berathen soll. In einer allgemeinen Buchdruckerversammlung wurde am Sonntag folgende Ent⸗ schließung angenommen: Die Versammlung ersucht alle Buchdrucker, die in Druckereien arbeiten, wo der Tarif nur halb oder theilweise bezahlt wird, Stellung zur Durchführung des Tarifs zu nehmen. In solchen Druckereien jedoch, wo gemischte Personale stehen, ist es vorher noth⸗ wendig, eine Offizins⸗Versammlung des gesammten Personals statt⸗ finden zu lassen.

Aus Glasgow wird dem „W. T. B.“ zur Lohnbewegung der Schiffsbauarbeiter berichtet: Die Aussichten auf Bei⸗ legung des Ausstandes haben sich gebessert. Es wird gemeldet, daß auf die Firma Thompson von der Admiralität mit dem Hinweis auf

die nothwendige Fertigstellung gewisser Arbeiten eingewirkt werde 5 4.

Knunst und Wissenschaft.

Gestern verstarb nach längerer Krankheit der Verlagsbuchhändler Professor Johann Ludwig Gustap Langenscheidt hierselbst, der Begründer der nach ihm und Charles Toussaint (gest. 1877) benannten Methode zur Erlernung fremder Sprachen. Der Verstorbene, dem 1874 der Professortitel verliehen worden ist, war im Jahre 1832 zu Berlin geboren und erlernte ursprünglich das kaufmännische Gewerbe. Er hatte nur mittlere Schulen besucht und war im übrigen Auto⸗ didakt. Sein hervorragendes Sprachtalent, das er auf größeren Reisen nach England, Frankreich und Italien entdeckte, machte er zuerst nutzbar in den gemeinsam mit seinem obengenannten Freund und Lehrer Toussaint herausgegebenen „Unterrichtsbriefen zur Er⸗ lernung der französischen Sprache“, die er, weil kein Buchhändler sich dafür fand, mit kärglichen Mitteln im Selbstverlage berauszugeben genöthigt war. Dann folgten bald Unterrichts⸗ briefe für andere Sprachen. Durch den Erfolg angespornt, nahm er hierauf die Schaffung weiterer Hilfsmittel für das neuere Sprachstudium in Angriff. Vor allem verdient in dieser Hinsicht ⁸8 „Encyklopädische Wörterbuch der französischen und deutschen Sprache“ hervorgehoben zu werden, für dessen Bearbeitung er Karl Sachs in Brandenburg gewann; das entsprechende Werk für die englische Sprache, auf das Professor Muret eine schon mehr als zwanzigjährige Arbeit verwendet hat, ist noch im Entstehen begriffen. Auch die anderen im Langenscheidt'schen Verlage erschienenen lexiko⸗ graphischen Werke genießen wegen der kritischen Sorgfalt, mit der sie bearbeitet sind, bei den Neu⸗Philologen einen wohlbegründeten Ruf.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Washington, 11. November. (W. T. B.) Der amtliche Erntebericht des landwirthschaftlichen Bureaus für den Monat Novemher giebt nach vorläufigen Schätzungen den Ertrag von Mais auf 26,2 Bushel auf den Acre an, die größte Ernte, welche je gemacht wurde; an Buchweizen auf 20,1 Bushel, Kartoffeln 100,7 Busbel, Taback 743 Pfd., Baumwolle 155,6 Pfd. Rohfaser per Acre. Nach verschiedenen Berichten ist die Baumwollernte nur halb so groß, weil sie durch die Dürre sehr gelitten hat und theil⸗ weise vernichtet wurde.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ 8 e14“ 1“ Portugal.

Durch Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern ist der Hafen von Parä seit dem 5. v. M. für choleraverseucht erklärt worden.

8 Handel und Gewerbe.

Die „Rhein.⸗Westf. Ztg.“ meldet: Die linksrheinische Gruppe des Vereins deutscher Eisenindustrieller beschloß am 30. Oktober in Bingen, dem Vorgehen der hessen⸗nassauischen Gruppe entsprechend, einen Aufschlag von 10 auf die Tonne für Gußwaaren eintreten zu lassen. In einer am 2. November in Dortmund abgehaltenen Versammlung der nieder⸗ rheinisch⸗westfälischen Gruppe wurde beschlossen, die Guß⸗ waarenpreise von dem gedachten Tage an um 2 für 100 kg zu erhöhen. Der ostdeutsch⸗sächsische Hüttenverein hat in Verfolg seiner am 21. und 22. Oktober in Dresden gefaßten Beschlüsse sich dahin entschieden: 1) Infolge der allgemeinen Preissteigerung der Rohmate⸗ rialien die Preise für Handels⸗Rohguß aller Art um 1 für 100 kg zu erhöben; 2) infolge der seit längerer Zeit andauernd festen Lage des Roheisenmarkts und der eingetretenen Preissteigerung der Roh⸗ materialien, in Verbindung mit der gesteigerten Nachfrage, die be⸗ stehenden Nettopreise für emaillierte Waaren um 5 % zu erhshen und den Rabatt für emaillierte Topfwaaren vorläufig um 3 % herab⸗ zusetzen.

Die Generalversammlung des Annener Gußstahlwerkes beschloß, den Betriebsverlust des Verwaltungsjahres 1894/95 im Betrage von 14 635 sowie die Abschreibungen dem Reservefonds zu entnehmen, ertheilte Entlastung und wählte das ausscheidende Mit⸗ glied des Aufsich:sraths wieder.

In der gestrigen Generalversammlung der Sächsischen Webstuhlfabrik (Louis Schönherr) wurden die Anträge der Verwaltungsorgane einstimmig genehmigt, dem Vorstand wurde Ent⸗ lastung ertheilt und die Vertheilung einer Dividende von 16 Prozent = 48 für jede Aktie beschlossen.

Aus Basel meldet die „Frkf. Ztg.“: Nachdem der Ver⸗ waltungsrath des Baseler Bankvereins in seiner Sitzung vom 9. d. M. und derjenige des Züricher Bankvereins gestern das getroffene Uebereinkommen über die Vereinigung beider Institute unter der neuen Firma „Baseler und Züricher Bankverein“ genehmigt haben, sollen sofort Generalversammlungen beider Banken zur Genehmigung der getroffenen Abmachungen einberufen werden. Der Baseler Bankverein wird zu⸗ Neich sein Aktienkapvital auf 30 Millionen Francs erhöhen. Die Vereinigung erfolgt auf der Grundlage, daß fünf Aktien des Züricher Bankvereins gegen vier Aktien des Baseler Bankvereins vmgetauscht werden. Der gesetzliche Hauptsitz der Gesellschaft wird Basel; Ge⸗ schäftssitze bestehen in Basel und in Zürich. Von der seitherigen Ver⸗ waltung des Züricher Bankvereins werden fünf Mitglieder als Ver⸗ waltungsräthe in das neue Institut übertreten.

In dem Konkurse des Optikers Paul Dettmann zu Ce ist, wie das Kaiserlich deutsche Konsulat zu Helsingfors mittheilt, der E“” welcher vor dem Rathhaus⸗ gericht zu Helsingfors tfindet, auf Donnerstag, den 12. Dezember d. J., 11 Uhr Vormittags, festgesetzt worden.