regungen zur Abänderung grundlegender Bestimmungen des
Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes. 8 .
8 Die Konferenz begann mit einer Besprechung über die
Zusammenlegung der verschiedenen Zweige der Arbeiterversiche⸗ rung. Nachdem sich aber die Unmöglichkeit herausgestellt
hatte, die Tragweite der eine wesentliche Umgestaltung des geltenden Rechts bedingenden Vorschläge der Herren Dr. Bödiker und Dr. Freund sogleich zu übersehen, wurde die weitere Erörterung dieser Vorschläge zurückgestellt und zunächst
in die Besprechung des Entwurfs über die Revision des
Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes eingetreten.
. Bei der auf vier Tage sich erstreckenden Verhandlung über diesen Entwurf wurde allseitig anerkannt, daß das Gesetz vom 22. Juni 1889 auch bei Aufrechterhaltung seiner rundsätzlichen Bestimmungen mancher Verbesserungen bedürftig fer⸗ und daß der im Reichsamt des Innern ausgearbeitete Revisions⸗Entwurf gegenüber dem bestehenden Zustande eine Reihe wesentlicher Erleichterungen und Vereinfachungen biete.
Als solche lassen sich bezeichnen: die üseen.;
Begriffs eines dem Kalenderjahre nicht entsprechenden Beitragsjahres und damit die Abrundung der Wartezeit; die Zulassung von Marken für größere Zeiträume (Appoints); Kasng. der Zusatzmarke bei freiwilliger Versicherung;
der Entricht ir unf Arbeiter; thunlichste Beseitigung aller besonderen Bescheinigungen über geleistete Arbeitszeit; Anlegung von Sammelkarten bei den Versicherungsanstalten, um die langjährige Auf⸗ bewahrung der Einzelkarten entbehrlich zu machen; Verein⸗ fachung der Bestimmungen für die Uebergangszeit; Be⸗ schleunigung des Verfahrens bei Bewilligung von Renten durch Fortfall der obligatorischen 588e.. von Vertrauensmännern und des obligatorischen Gutachtens der unteren Verwaltungs⸗ behörde; weitere Ausgestaltung der vorbeugenden Kranken⸗ pflege; der Fortfall des besonderen Reservefonds bei den Ver⸗ sicherungsanstalten und in theilweisem Zusammenhange hiermit
eeine Herabsetzung der Beiträge; die Vereinfachung und anderweite
Gestaltung des Vertheilungsverfahrens unter thunlichster Aus⸗ zleichung der aus den örtlichen Verhältnissen bei den ver⸗ chiedenen Versicherungsanstalten sich ergebenden, nicht in der Absicht des Gesetzes liegenden und erst in der Praxis hervor⸗ getretenen Ungleichheiten; die Erweiterung der Aufsichtsbefug⸗
nisse des Reichs⸗Versicherungsamts u. a. Das jetzige Ver⸗ ahren bei Aufbringung der Beiträge, das „Markensystem“, würde nach diesem Entwurf bestehen bleiben; die prinzipielle Erörterung über dessen Beibehaltung wurde für die Bebee se er Bödiker'schen Vorschläge zurückgestellt.
Der größte Theil der Abänderungsvorschläge fand den ngetheilten Beifall der Versammlung; es bestand kein Zweifel arüber, daß, wenn das Markensystem beibehalten würde, die orgesehenen Vereinfachungen und Erleichterungen, insbesondere
die seiner Fet von dem Reichstag verworfene Einführung rößerer Appoints von Marken (etwa für 2 und für 3 Beitragswochen) sowie die Aufhebung der Vorschrift, daß Marken bei jeder Lohnzahlung verwendet werden müssen, s wesentliche Verbesserungen zu begrüßen seien. Da⸗ egen wurden gegen den ferneren Vorschlag, an Stelle der Quittungskarten Beitragsbücher für längere Zeit⸗ räume einzuführen, um die aus dem häufigen Umtausch der Karten sich ergebenden Belästigungen der Ortsbehörden zu be⸗ eitigen, manche nicht von der Hand zu weisende Bedenken geltend gemacht; insbesondere wurde hervorgehoben, daß die Gründe für Einführung des Beitragsbuchs an Gewicht ver⸗ lieren würden, sobald die Karten infolge der Herstellung größerer Appoints von Marken eine längere Gebrauchsdauer erhielten.
Uebrigens beschränkte sich die Versammlung nicht auf eine
kritische Beleuchtung der in dem Entwurf gebotenen Vorschläge; vielmehr gingen aus der Mitte der Konferenz auch dankens⸗ werthe Anregungen zu weiteren sachlichen und redaktionellen Aenderungen hervor. Hierher gehört u. a. der Vorschlag, ie vom Reichstag beschlossene besondere Berechnung der Altersrente wieder aufzugeben. Anderweite Vorschläge über die gemeinsame Aufbringung eines Theils der Rentenlast durch die Gesammtheit der Versicherten, die der Direktor der hanseatischen Versicherungsanstalt formulierte, wurden gleich⸗ falls erörtert.
Nach Abschluß dieser Berathungen wurde am sechsten, letzten Sitzungstage die Erörterung über die Frage der Be⸗ seitigung des Markensystems und die Besprechung über die organische * ammenlegung der verschiedenen Zweige der Arbeiterversicherung wieder aufgenommen. Dabei ergab sich, daß die zur Veröffentlichung nicht bestimmten Vor⸗ schläge des Präsidenten Dr. Bödiker, und zwar, wie der Vor⸗
itzende feststellte, ohne Wissen und gegen den Willen des Ver⸗ assers, anscheinend infolge einer Friskretion, ihrem wesent⸗ ichen Inhalte nach in der „Norddeutschen Allgemeinen eitung“ zum Abdruck gekommen waren. Auch die Freund'’schen rundsätze hatten bereits ihren Weg in die Presse gefunden.
Ebenso wie in der Frage der organisatorischen Zusammen⸗ legung, so stehen auch hinsichtlich des Verfahrens bei Auf⸗ bringung der Beiträge die Bödiker'schen und die Freund’schen Vorschläge einander gegenüber. Dr. Bödiker will die Bei⸗ träge in Prozenten des von dem Arrbeitgeber ge⸗ 5 Arbeitslohns bemessen und von dem Arbeitgeber nach den Lohnlisten der Berufsgenossenschaften, in deren Ermangelung nach besonders vorzunehmenden Einschätzungen, einziehen lassen, als Rente aber jedem, der einige Jahre vor Eintritt des Rentenfalls als Arbeiter beschäftigt gewesen ist, eine einheitliche, eventuell nach Lohnsätzen abstufbare Grundrente und, soweit er durch Vorlegung eines rein fakultativen Arbeitsbuchs (Sammelhefts für Arbeits⸗ und Lohnbescheinigungen) eine längere Beschäftigung und höheren Lohn nachweisen kann, eine mehrfach abgestufte Rentensteigerung gewähren. Während Dr. Bödiker auf diesem Wege zur Beseitigung des Marken⸗ systems gelangt, wird dieses von Dr. Freund als das ein⸗ fachste Verfahren bei Aufbringung von Beiträgen vertheidigt, auch für die Beiträge zur Krankenversicherung empfohlen und nur der Vereinfachung für bedürftig erklärt.
Wenngleich das Markensystem in der Versammlung auch
onst nicht ohne Befürworter blieb, von denen u. a. bemerkt wurde, daß die Abneigung gegen dasselbe bei einem großen
heil des Publikums nicht in der durch das Kleben ver⸗ ursachten Mühewaltung begründet sei, sondern nur dem Wider⸗ willen gegen die Beitragsleistung zum Deckmantel diene, so stellte sich doch als unzweifelhaft heraus, daß gegen das Markensystem in der That eine weitgehende, wenn auch mitunter vielleicht künstlich genährte Ver⸗ stimmung in der Bevölkerung herrsche, Sr daß dessen
1
eitigung, sofern sie thunlich sei, mit Freuden begrüßt Andererseits aber war die überwiegende Mehrheit der Versammelten auch darin einig, daß eine Beseitigung jenes Systems sich nur dann empfehle, wenn etwas zweifellos Besseres oder mindestens Gleichwerthiges an seine Stelle gesetzt werden könne. 1 8
Auch ohne Abstimmung, die in der Konferenz grundsätz⸗ lich ausgeschlossen blieb, ließ sich erkennen, daß die Mehrheit der Theilnehmer, wenngleich sie die Beseitigung des Marken⸗ systems dringend wünschte, die bisherigen Vorschläge als be⸗ denkenfreie Verbesserungen noch nicht anerkennen konnte und zunächst eine weitere eingehende vbrüfung ihrer Zweck⸗ mäßigkeit und Durchführbarkeit für erforderlich erachtete. Bei den bisherigen Vorschlägen werde, wie man hervorhob, nicht genügend beachtet, daß die Marken nicht als Quittungen über die Beitragsentrichtung, welche allerdings auch in anderer Form möglich seien, sondern auch als Nachweis über die versicherungspflichtige Beschäftigung dienen. Dieser Nachweis müsse, wenn man die Marken fort⸗ fallen lasse, auch nach den Bödiker'schen Vorschlägen ander⸗ weit, in der Regel durch Bescheinigungen, erbracht werden; dies aber würde, wie die Erfahrung während der nun über⸗ wundenen Uebergangszeit genugsam ergeben habe, zu erheb⸗ lichen Unzuträglichkeiten und Weiterungen führen.
Bei Besprechung der weiteren Bödiker’'schen Vorschläge,
welche eine Vereinigung der gesammten Rentenversicherung (Unfall⸗, Invaliditäts⸗ und Altersversicherung) theils in ört⸗ lichen Verbänden, theils in den Berufsgenossenschaften, soweit diese nicht aufzulösen sind, bezwecken, wurden neben gewissen Vor⸗ zügen auch einzelne Schattenseiten hervorgehoben, so vor allem die Schwierigkeiten, welche für die landwirthschaftliche Unfall⸗ versicherung sich ergeben müßten, wenn nach den Vor⸗ schlägen in denselben territorialen Anstalten neben Betrieben er Land⸗ und auch Betriebe aus anderen, jetzt genossenschaftlich organisierten Berufszweigen mit zum theil hoher Unfallgefahr versichert würden. Die Einfach⸗ heit und Billigkeit der jetzigen Verwaltung der landwirth⸗ schaftlichen Berufsgenossenschaften wuürde hierunter erheblich leiden, was freilich auch eintreten werde, wenn, einem ander⸗ weitig mehrfach gemachten Vorschlag entsprechend, landwirth⸗ schaftliche gewerbliche Nebenbetriebe mit in die landwirthschaft⸗ liche Seegeee aufgenommen würden.
Die Freund'schen Vorschläge, welche die Duüchführaeng der Krankenversicherung unter Aufhebung der örtlichen Kranken⸗ kassen den Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsanstalten über⸗ tragen und besondere Arbeiterversicherungsämter als gemeinsame lokale Hilfsbehörden für alle Zweige der Arbeiterversicherung schaffen wollen, begegneten dem Einwand, daß sie zu sehr auf großstädtische Verhältnisse Pnegscestan seien, den Verhältnissen im Lande aber nicht genügend Rechnung trügen.
Zum Schluß der Berathungen wurde mehrfach hervor⸗ gehoben, daß die vorliegenden Reformvorschläge noch nicht als genügend ausgereift zu betrachten seien, sondern eine ein⸗ gehendere Durcharbeitung und Erwägung erfordern. Das⸗ selbe gelte auch von den noch am letzten Tage von dem Geheimen Ober⸗Regierungs⸗Rath von Woedtke und von dem Großherzoglich badischen Ministerial⸗Direktor Dr. Schenkel gegebenen eventuellen Anregungen, deren erstere für den Fall einer Beseitigung des Markensystems eine anderweite Be⸗ messung der Renten mit freiwilliger Zuschußversicherung unter Beihilfe des Arbeitgebers ins Auge faßt, während letztere eine Hüelehe Einschränkung der Klebepflicht der Arbeitgeber vorsieht.
Die zuständigen Behörden werden sich unter diesen Um⸗ ständen die Frage vorzulegen haben, ob es sich empfiehlt, die Revisionsarbeit so lange auszusetzen, bis sich ein einwands⸗ freier Weg für eine Zusammenlegung verschiedener Ver⸗ sicherungszweige oder fuür andere grundlegende Ab⸗ änderungen der Arbeiterversicherungs⸗Gesetzgebung gefunden Fäörm wird, oder ob nicht vorbehaltlich späterer weitergehender
aßnahmen zunächst mit einer Revision der Einzelgesetze unter Aufrechterhaltung ihrer grundlegenden Bestimmungen, wie sie bei der Krankenversicherung durch die Novelle von 1892 mit Erfolg begonnen wurde, fortzufahren sein wird.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich hessische Geheime Staatsrath Hallwachs ist von hier ab⸗ gereist.
Der Regierungs⸗Assessor Arnoldt ist der Königlichen Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern zu Berlin, der Regierungs⸗Assessor Freiherr von Houwald aus Gum⸗ binnen der Königlichen Polizei⸗Direktion in Danzig und der Regierungs⸗Assessor Tappen zu Danzig der Königlichen Re⸗ gierung zu Köslin zur weiteren dienstlichen Verwendung über⸗
8 ““
wiesen worden.
.
In der Kammer der Abgeordneten begründete estern der Abg. Lutz seinen Antrag auf höhere Be⸗ seeran der Waarenhäuser und der catgeschste Der Finanz⸗Minister Dr. Freiherr von Riedel erklärte sich mit der Tendenz des Antrags, den Mittelstand schützen zu wollen, vollständig einverstanden, fand aber den Antrag in der vorliegenden Fassung unbrauchbar. Die Vor⸗ arbeiten zur Reform des 8I seien soweit vor⸗ geschritten, daß ein Gesetzentwurf in Aussicht stehe, der auch die Wünsche des Abg. Lutz berücksichtige. Die Berathung wird heute fortgesetzt werden.
Sachsen.
Der Staatshaushalts⸗Etat des Königreichs Sachsen auf die Finanzperiode 1896/97 schließt, nach dem „Dr. Journal“, in seinem ordentlichen Theil, dem Etat der Ueberschüsse und demjenigen der Zuschüsse, mit je 77 604 250 ℳ jährlich (gemeinjährig nach dem Sprachgebrauch des Staats⸗ haushalts⸗Etats) ab. Bei diesen Beträgen handelt es sich jedoch nur um Nettosummen. Die Summe der zu er⸗ wartenden Roheinnahmen ist für den Etat der Ueberschüsse mit 164 539 989 ℳ, für den Etat der Zuschüsse mit 40 023 264 ℳ, für beide Etats zusammen also mit 204 563 253 ℳ jährlich, die Summe der voraussichtlich davon zu bestreitenden Ausgaben für den Etat der Ueberschüsse mit 86 935 739 ℳ, für den Etat der Zuschüsse mit 117 267 514 ℳ, für beide Etats zusammen sonach mit ebenfalls 204 563 253 ℳ jährlich beziffert. Von den Brutto⸗ und Netto⸗Abschlußsummen des Etats der Ueberschüsse entfallen
—
21 ö“ B
124 672 863 ℳ Einnahmen und 80 509 194 ℳ Aus⸗ aben, mithin 44 163 669 ℳ Ueberschuß auf die utzungen des Staatsvermögens und der
Staatsanstalten; 39 867 1265 ℳ Einnahmen und
6 426 545 ℳ Ausgaben, mithin 35 440 581 ℳ Ueber⸗
schuß auf Steuern und Abgaben. Die Brutto⸗ und
Netto⸗Abschlußsummen des Etats der Zuschüsse ver⸗
theilen sich mit 85 241 ℳ Einnahmen und 35219981 ℳ
Ausgaben, mithin 35 134 740 ℳ Zuschuß auf allgemeine
Staatsbedürfnisse, 1355 ℳ Einnahmen und 245 730 ℳ
Ausgaben, mithin 244 375 ℳ Zuschuß auf das Gesammt⸗
Ministerium nebst Dependenzen, 7 170 200 ℳ Einnahmen
und 10 956 490 ℳ Ausgaben, mithin 3 786 290 ℳ Zuschuß auf
das Departement der Justiz, 3 577 158 ℳ Einnahmen und
15 003 361 ℳ Ausgaben, mithin 11 426 203 ℳ Zuschuß auf
das Departement des Innern, 514 695 ℳ Einafmen
und 7 289 098 ℳ Ausgaben, mithin 6 774 403 ℳ Zuschuß auf das Departement der Finanzen, 1 399 365 ℳ Ein⸗
nahmen und 14 388 095 ℳ Ausgaben, mithin 12 988 730 ℳ
Zuschuß auf das Departement des Kultus und öffent⸗
lichen Unterrichts, 50 ℳ Einnahmen und 144 150 ℳ Aus⸗ aben, mithin 144 100 ℳ Zuschuß auf das Departement des
27 260 000 ℳ Einnahmen und 27 290 750 ℳ
Ausgaben, mithin 30 750 ℳ Zuschuß zu Ausgaben für eichs⸗
zwecke, 15 200 ℳ Einnahmen und 4 755 785 ℳ Ausgaben,
mithin 4 740 585 ℳ Zuschuß für den Pensions⸗Etat und
2 334 074 ℳ Ausgaben und Zuschuß für Dotationen und
Reservefonds. Der Staatshaushalts⸗Etat für die Finanz⸗
periode 1894,95 bezifferte seine Roheinnahme und die davon zu
bestreitenden Ausgaben auf je 197 793786 ℳ oder die Ueberschüsse des Etats der Ueberschüsse und die Zuschüsse des Etats der Zuschüsse auf je 100 684 389 ℳ jährlich. Im Vergleich zum Vor⸗Etat schließt sonach der neue Etat einen Minderbetrag in der Netto⸗ Abschlußsumme um je 23 080 139 ℳ in sich, was indessen ledig⸗ lich von der veränderten Einstellung des sächsischen Antheils an dem den Bundesstaaten vom Reich zu überweisenden Ertrag der Zölle, der Tabacksteuer, der Reichsstempel⸗ und der Brannt⸗ weinverbrauchsabgabe herrührt, der bisher bei dem die Zölle und Verbrauchssteuern umfassenden Etat⸗Kapitel (21) eingestellt war, im neuen Etat aber mit Rücksicht darauf, daß es sich dabei nicht sowohl um Abgaben, die seitens der Pflichtigen an die sächsische Staatskasse gezahlt werden, als um Zuwendungen handelt, die Sachsen aus der Reichskasse zufließen, zusammen mit dem Matrikularbeitrage im Etat der Zuschüsse eingestellt ist. Hätte man den Antheil Sachsens am Ertrage der Ueber⸗ weisungssteuern in der bisherigen Weise im neuen Etat ein⸗ gestellt, so würden Ueberschüsse und Zuschüsse einen Mehrbetrag von je 2 005 501 ℳ gegenüber dem Vor⸗Etat aufweisen.
Im übrigen ist es, um eine Steuererhöhung zu vermeiden,
auch diesmal nöthig gewesen, eine Anzahl größerer Ausgaben
für Bauten in den außerordentlichen Staatshaushalts⸗Etat zu verweisen. Unterwirft man die Abschlußziffern der einzelnen
Etat⸗Kapitel einer näheren Betrachtung, so ergiebt sich,
daß wesentlich höher im Etat der Ueberschüsse nament⸗
lich die Erträge der Staatseisenbahnen, die Ein⸗ nahmen der allgemeinen Kassenverwaltung und die direkten
Steuern, im Etat der Zuschüsse insbesondere die Kosten
der Verzinsung der Staats⸗ und Finanz⸗Hauptkassen⸗
schulden, der Berichtigung von Wasserläufen, sowie die Wege⸗ bau⸗ ꝛc. Unterstützungen, der Aufwand für das Landarmenwesen, die Universität Leipzig, die Volksschulen, die Pensionen und der
Reservefonds IIö“ sind. Auch die unter den Ueberschüssen
aufgeführten fiskalischen Erzbergwerke finden sich mit einem gegen
den Vor⸗Etat nicht unerheblich geringeren Zuschuß, also relativ höher eingestellt. Wesentlich niedriger sind im Etat der Ueber⸗ schüsse hauptsächlich die Erträge der Forsten und der fiskalischen
Hüttenwerke, im Etat der Zuschüsse insbesondere der Aufwand
für Tilgung der Staatsschulden, für die Landgerichte, Amtsgerichte
und Staatsanwaltschaften und für die Straßen⸗ und Wasserbau⸗
verwaltung veranschlagt. 8 v
Mecklenburg⸗Schwerin.
Dem Landtag ist ein Schwerinsches Reskript zugegangen, welches vom 1. Oktober 1897 an ein Alterszulagensystem für alle seminaristischen Lehrer in dem Domanium, der Ritterschaft und an Volks⸗ und Bürgerschulen in den Städten befürwortet. Er⸗ forderlich sind dafür jährlich 429 200 ℳ, welche aus der Rezepturkasse gezahlt werden sollen. Das Reskript wurde an eine besondere Committe überwiesen.
8
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Der Landtag des Herzogthums Coburg hat in seiner gestrigen Sitzung den Gesetzentwurf, betreffend di Neuregulierung der Gehälter der Volksschullehrer einstimmig angenommen. Bei der günstigen Finanzlage er klärte sich die Regierung mit einem Kommissionsantrage ein verstanden, wonach die Erhöhung für alle Landgemeinden au der Staatskasse gezahlt und für die Unterstützung der Städt in Dispositionsfonds errichtet werden soll. 1
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser empfing gestern eine Deputation unter Fü rung des Metropoliten Sembratovitsch, welche den Hank der Nation und des Klerus der Ruthenen für die Gru
dung des ruthenischen geistlichen Instituts
Metropoliten äußerte der Kaiser seine Freude darüber, daß er auf Wunsch des Papstes neuerdings für die Ruthenen etwas habe thun können. Gegenüber den der Depu⸗ tation angehörenden Abgg. Barwinski und Wachnian drückte der Kaiser die Hoffnung aus, daß sich die Situation im Parlament bald klären werde und das Haus sich der , der Geschäfte werde zuwenden können. 9
se die „Politische Korrespondenz“ erfährt, wird Ende
dieses Monats in Wien eine Konferenz österreichischer und italienischer Delegirten zusammentreten, welche sich in Ausführung der Beschlüsse der Dresdener Konferenz mit der Vereinbarung sanitärer Vorkehrungen im Grenz⸗ verkehr beider Staaten, speziell im Schiffsverkehr, bei einem Ausbruch der Cholera beschäftigen wird.
Der bulgarische Minister des Aeußern Natschowitsch ist in Wien eingetroffen.
Im Budgetausschuß des österreichischen Ab⸗ geordnetenhauses führte der Minister⸗Präsident Graf Badeni bei dem Kapitel „Ministerium des Innern“ aus: Die Regierung sei keine parlamentarische, aber eine konstitutionelle. Er werde die Nichtbestätigung Dr. Lueger’s als Bürgermeister von Wien verantworten. Er habe seiner Zeit dem Hause
b in Rom aussprach. In seiner Erwiderung auf die Ansprache des
erklärt, daß er für die Begründung, weshalb Dr. Lueger zur Bestätigung nicht vorgeschlagen worden sei, dem Kaiser verantwortlich sei; für die Thatsache der nicht erfolgten Be⸗ stätigung sei er dem Hause verantwortlich, jedoch nicht herslichlet, Gründe mitzutheilen. Dessenungeachtet habe die Regierung dem Hause die Gründe bekannt gegeben. Was die Gründe für die Auflösung des Wiener Gemeinde⸗ raths anbelange, so seien diese sehr einfache. Die Re⸗ gierung sei unzweifelhaft berechtigt, den Gemeinderath in dem Moment aufzulösen, in welchem sie die Ueberzeugung gewonnen habe, daß er seine eigentliche Aufgabe nicht erfüllen könne. Die Regierung sei daher zur Auflösung nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet gewesen. Der Abg. Kozlowski interpellierte über die Frage der deutschen Vieheinfuhrverbote und bat die Regierung, im Einver⸗ nehmen mit dem Ministerium des Aeußern den Vorschriften des Veterinär⸗Uebereinkommens Geltung zu verschaffen. Der Sektionschef Erb gab ausführliche Erkläru in der An⸗ elegenheit des Veterinärwesens. — Der Ausschuß für die Ges chäftsordnung beschloß die Einsetzung eines Ehrenraths vorzuschlagen zum Zwecke der parlamentarischen Zensur bei schweren Verletzungen der Würde des Hauses.
Die an den Ausschreitungen gegen die serbische
Kirche in Agram am 15. v. M. Betheiligten sind zu drei⸗
wöchigem bis einmonatigem Arrest verurtheilt worden
Im kroatischen Landtage interpellierte gestern der Abg. Frank wegen verschiedener Vorfälle während der Anwesen⸗ heit des Kaisers in Agram, sowie wegen der Ausweisung der relegierten Studenten. In seiner Erwiderung wies der Banus Graf Khuen⸗Héderväry auf das Handschreiben des Kaisers betreffs der strafbaren Vorfälle hin und verschob die Diskussion über die Fahnenangelegenheit auf Montag.
Großbritannien und Irland.
Der König von Portugal hat gestern von London die Rückreise nach Lissabon angetreten.
Bei dem Empfang einer Deputation der Trade⸗Unions erklärte der Präsident des aee Ritchie: die Regie⸗ rung hoffe, bald eine Gesetzesvorlage, betreffend die Be⸗ kämpfung der Einwanderung mittelloser Ausländer, einzubringen; die Verantwortung für die Annahme oder Zurück⸗ weisung einer derartigen Maßnahme falle alsdann auf das Parlament.
Eine gestern in Dublin abgehaltene Versammlung der irischen Parlamentspartei hat die Abgeordneten Healy und Arthur O’'Connor aus dem leitenden Comité der Partei ausgeschlossen. 1“
Frankreich.
In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer legte der Justiz⸗Minister Ricard einen Gesetzentwurf vor, durch welchen den Senatoren und Deputirten die Be⸗ theiligung an Syndikaten für finanzielle Emis⸗ sionen und an Verwaltungsräthen von Gesellschaften, welche zu dem Staat in einem Verwaltungsverhältnisse stehen, untersagt wird. Die Vorlage wurde sehr beifällig aufgenom⸗ men. Der Deputirte Dumas brachte eine Interpellation über die Anwendung des Gesetzes gegen anarchistische Umtriebe ein und beantragte, daß die Aburtheilung derartiger Vergehen, wenn sie durch Worte oder die Presse begangen seien, wieder den Schwurgerichten übertragen werde. Der Deputirte Pourquery beschuldigte das Zentrum, das Kabinet Bourgeois stürzen zu wollen. Der Minister⸗Präsident Bourgeois erklärte, die Regierung werde gegenwärtig keine Verpflichtungen eingehen; das Gesetz habe einen Ausnahmecharakter, und man würde gut daran gethan haben, eine Frist für die Anwendung desselben zu bestimmen, denn es könne der Zeitpunkt kommen, wo das Gesetz unnütz sei. Die Frage werde vor Schluß der gegenwärtigen Parlamentssession entschieden werden; er bitte die Kammer, mit der Beurtheilung seines Auftretens sowie der allgemeinen Politik des Kabinets ein wenig zu warten. Hierauf wurde die Berathung geschlossen. Der Deputirte Sarrien brachte eine Tagesordnung ein, in welcher die Erklä⸗ rungen der Regierung gebilligt werden. Der Deputirte Go⸗ blet erklärte, er werde für die Tagesordnung stimmen, denn das Gesetz über die Umtriebe der Anarchisten sei in den Hän⸗ den des gegenwärtigen Kabinets nicht gefährlich. Der Deputirte Millerand sprach sich im gleichen Sinne aus. Hierauf wurde die Tagesordnung Sarrien mit 347 gegen 87 Stimmen angenommen und die Sitzung geschlossen.
Rußland. kb.“ Die „Politische Correspondenz“ meldet aus St. Peters⸗
burg, ein russisches Geschwader werde sich demnächst
nach dem Mittelländischen Meer begeben. Das Geschwader bestehe aus fünf Kriegsschiffen unter dem Kontre⸗Admiral Cologeras und solle zunächst Smyrna anlaufen. Italien. Der „Agenzia Stefani“ wird aus Neapel von Ffhhe gemeldet, daß die erste Division des im Dienst befindlichen eschwaders, bestehend aus den Schiffen „Rê Umberto“, „Doria“, „Stromboli“, „Etruria“ und „Partenope“, Geschwaderchef Vize⸗Admiral Accinni, demnächst nach den türkischen Gewässern in See gehen werde.
Türkei.
Die Kontrollkommission für die Ausführung der Reformen hat gestern ihre Arbeiten begonnen.
Wie das „Reuter'sche Bureau“ aus Konstantinopel von gestern meldet, veröffentlichen die dortigen Blätter eine offizielle Mittheilung, betreffend die Einberufung einer Anzahl von Truppen, um die Ruhe in den Theilen von Anatolien, in denen die Unruhen stattgefunden haben, wieder herzustellen, und betreffend die Anordnung der noth⸗ wendigen Verhaltungsmaßregeln für die Zivil⸗ und Militär⸗Behörden der Provinzen.
Im Bereiche des IV. Armee⸗Korps (Stab Erzingjan) sind alle vier Redif⸗Divisionen, im Bereiche des V. Armee⸗ Korps (Stab Damaskus) die Redif⸗Divisionen von Aleppo und Adana, ferner zur Bewältigung des Drusenaufstands vier Redif⸗Regimenter, endlich die dritte den europäischen
orps angehörende Brigade von Aidin bereits mobil Feet oder in der Mobilmachung begriffen. Insgesammt
d sonach 120 Bataillone mobil gemacht. Der Divisions⸗ General im Generalstabe Sad⸗eddin wird nach Zeitun ent⸗ sandt. 120 Militärärzte sind von Konstantinopel zum IV. und V. Korps abgegangen. 8
Wie amtliche türkische Quellen melden, griffen aufstän⸗
e Armenier in Siwäs die mohamedanische Bevölkerung
wobei ein Soldat getödtet wurde. Eine Kugel drang
das Fenster in das Zimmer des General⸗Gouverneurs.
Dieselben Armenier griffen sodann die Ortschaft Mandschilikan . es wurden vierzig zur Zerstörung von öffentlichen Gebäuden bestimmte Bomben entdeckt. Die von 1500 Armeniern an⸗ gegriffene mohamedanische Bevölkerung von Abakir wandte sich telegraphisch an die Regierung um Beistand. Die Ord⸗ mmg. und Sicherheit wurden von den Behörden wieder her⸗
„W. T. B.“ berichtet aus Konstantinopel, in Malatia seien drei katholische Geistliche ermordet worden. Der Auf⸗ stand der Drusen im Hauran scheine nur eine Folge alter lokaler Streitigkeiten zu sein.
Aus Beiruth berichtet die „Agenzia Stefani“, die Lage daselbst sei eine beunruhigende. Die mohamedanische Bevölke⸗ rung sei ebenso gegen die Christen wie gegen die Regierung aufgebracht. Den Ortsbehörden fehle es an Ansehen. Ein französisches Geschwader werde in Beiruth erwartet.
8 Griechenland.
Der König und die Königliche Familie sind gestern Vormittag in Athen eingetroffen und von der Bevölkerung herzlichst begrüßt worden.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Athen habe die griechische Regierung das Verlangen gestellt, an einer eventuellen Flottenentsendung nach den türkischen Gewässern theilzunehmen; sie begründe diesen Wunsch mit der großen Anzahl der in der Türkei befindlichen Griechen.
Bulgarien.
Die Sobranje erklärte fünf Ergänzungswahlen, darunter
diejenige Karawelow's, für gültig. Amerika.
Nach einer dem Madrider „Imparcial“ aus Havanna zugegangenen Depesche nimmt der Aufst and in der rovinz Santa Clara eine beträchtliche Ausdehnung an.
In Mexiko hat der General Francisco Mena, ehe⸗ maliger Gesandter Mexikos in Berlin und London, gestern den Eid als Minister für das Verkehrswesen geleistet.
Afrika.
Der Congostaat hat, wie „W. T. B.“ aus Brüssel erfährt, wegen des ungerechtfertigten Verfahrens bei der Hin⸗ richüung des Händlers Stokes 150 000 Fr. an E gezahlt.
Parlamentarische Nachrichten.
Das Ergebniß der Ersatzwahl zum Reichstag im 12. württembergischen Wahlbezirk ist folgendes: Augst (D. Volksp.) erhielt 5823, Groeber (Ztr.) 2718, Kloß (Soz.) 236, zersplittert waren 110 Stimmen.
— Bei der gestrigen Ersatzwahl zum Landtag in dem 9. Oppelner Wahlbezirk wurde nach amtlicher Fest⸗ stellung Freiherr von Huene (Zentrum) mit 332 von 363 Stimmen wieder zum Mitglied des Hauses der Abge⸗ ordneten gewählt. Franc Strzoda (Zentrum) erhielt 31 Stimmen.
Nr. 46 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 15. November, hat fol⸗ genden Inhalt: Versicherungswesen: Bezug der Invaliden⸗ und Altersrenten von Personen in ausländischen Bezirken. — Zoll⸗ und Steuerwesen: Titelverleihung an einen Stations⸗Kontroleur. — Militärwesen: Nachtrag zum Gesammtverzeichniß der zur Ausstellung von Zeugnissen über die Befähigung für den einjähri ⸗freiwilligen Militärdienst berechtigten Lehranstalten. — Allgemeine 86 sachen: Anderweite Klassifizierung der Marinebeamten zur Verordnung, betreffend die Tagegelder, die Fuhrkosten und die Umzugskosten der Reichsbeamten, vom 21. Juni 1875. — Marine und Schiffahrt: Bestimmungen über die gegenseitige Anerkennung der Schiffsmeßbriefe in Deutschland und Dänemark. — Justizwesen: Erscheinen des siebenten Jahrgangs der „Deutschen Justizstatistik“. — Konsulat⸗ wesen: Ernennung; — Exequatur⸗Ertheilungen. — Polizeiwesen: Aus⸗ weisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.
Kunst und Wissenschaft.
Der morgen erscheinenden Nr. 2733 der „Illustrierten Zeitung“ (Verlag von J. J. Weber in Leipzig) ist als besondere Kunstbeilage in getreuer Reproduktion des Originals das nach einem Entwurf Seiner Majestät des Kaisers von Hermann Knackfuß gezeichnete allegorische Blatt mit der Kaiserlichen Unter⸗ schrift in Facsimile: „Völker Europas, wahret eure heiligsten Güter!“ eigefügt.
— Die Einnahmen der Kunstausstellung des Vereins bildender Künstler Münchens „Sezession“, welche am 1. Oktober geschlossen wurde, betrugen, laut einer Mittheilung des Preßcomités des Vereins, 66 418 ℳ 90 ₰ und halten den Ein⸗ nahmen des vorigen Jahres die Wage. Die Gesammtausgaben lassen sich noch nicht feststellen, werden jedoch keinesfalls die vorjährigen übersteigen, sodaß der Verein mit Hilfe des Ueberschusses der Früh⸗ jahrsausstellung (etwa 4400 ℳ) und des bisher gewährten Zu⸗ schusses der Stadt München auch in diesem Jahre in der Lage sein wird, seinen Verpflichtungen voll und ganz nachkommen zu können. Für die nächsten zwei Jahre werden dann noch etwa 60 000 ℳ zu decken sein. Die Ausstellung wurde von 302 Künstlern mit 642 Werken beschickt, wovon 565 verkäuflich waren. Verkauft wurden im Ganzen 142 Werke für zusammen 228 680 ℳ, also ein Viertel aller verkäuflichen Werke. Auf die Nationalitäten der Künstler ver⸗ theilt, ergeben sich folgende Ziffern: Belgien verkaufte 8 Werke für 9230 ℳ, Skandinavien 4 Werke für 13 500 ℳ, Deutschland (aus⸗ schließlich München) 13 Werke für 6650 ℳ, München 49 Werke (von 155 verkäuflichen) für 60 875 ℳ, England und Schottland 47 Werke für 51 365 ℳ, Frankreich 5 Werke für 3650 ℳ, deexen 8 Werke für 13 000 ℳ, Italien 1 Werk für 1400 ℳ, Oesterreich 2 Werke für 450 ℳ und die Schweiz 5 Werke für 68 560 ℳ (darunter 3 Werke von Böcklin). Von den verkauften Werken blieben in Deutschland 81 Nummern für 167 660 ℳ; hiervon erwarben Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent Luitpold 6 Werke für 9550 ℳ, der bayerische Staat für die Pinakothek und Glyptothek 7 Werke für 27 000 ℳ, deutsche Galerien 7 Werke für 4430 ℳ, Privatkäufer aus München 11 Werke für 2735 ℳ und Privatkäufer aus dem übrigen Deutschland 50 Werke für 123 945 ℳ; nach Amerika wurden verkauft 6 Werke für 6200 ℳ, nach Belgien 2 Werke für 800 ℳ, nach England 2 Werke für 1100 ℳ, nach Frankreich 2 Werke für 700 ℳ, nach Oesterreich 26 Werke für 23 905 ℳ, nach Rumänien 8 Werke für 16 050 ℳ, nach Rußland 4 Werke für 4400 ℳ, nach der Schweiz 8 Werke für 7350 ℳ und nach Ungarn 3 Werke für 485 ℳ
gand⸗ und Forstwirthschaft.
Niachdem der Gesammtausschuß der Deutschen Landwirth⸗ schafts⸗Gesellschaft in seiner ktobersitzung die Ausstellordnung
für die 10. Wander⸗Ausstellung in Stuttgart⸗Cannstatt
(Juni 1896) genehmigt bat, ist dieselbe im Druck erschienen und kann von der Hauptgeschäftsstelle der Deutschen Landwirthschafts⸗ Gesellschaft, Berlin SW., Kochstraße 73, kostenlos bezogen werden. Die Deutsche Landwirthschafts⸗Gesellschaft veranstaltet alljährlich nach denselben Grundsätzen eine Ausstellung und zwar wandernd in allen Theilen Deutschlands. Es hat sich als Regel herausgestellt, auf zwei Ausstellungen im Norden eine solche im Süden Deutschlands folgen zu lassen. So fol jetzt auf die Ausstellung von Berlin 1894 und Kö 1895 die Stuttgart⸗Cannstatt, welche vom 11. bis 15. Juni 1896 auf der Cannstatter Wiese abgehalten wird. Die Ausstellungen sind all⸗ gemein deutsche, jedoch pflegen namentlich in der Abtheilung der Thiere, die Gegenden, in denen die Ausstellungen abgehalten werden, in der Beschickung voranzustehen. So darf man auch diesmal an⸗ nehmen, daß in den einzelnen Thierabtheilungen die süddeutschen in der Zahl die norddeutschen Aussteller überwiegen werden. Die Haupt⸗ abtheilung der lebenden Ausstellung wird zweifellos die Rinderabt eilung sein. Mit Berücksichtigung dieses Umstandes sind jetzt schon für diese Abtheilung über 40 000 ℳ an Preisen ausgesetzt worden. Unter den Rindern werden wiederum die Gebirgs⸗ und Höhenschläge besonders hervorragen, vor allem der Simmenthaler Schlag, für welchen allein die Hälfte der gesammten Preissumme ausgesetzt ist. Ueber die Betheiligung an der Pferdeausstellung sind die An ichten noch getheilt, namentlich weil Württemberg bis jetzt nach dieser Richtung hin sich noch nicht entschieden hat; von anderen Ländern, u. a. auch besonders von Elsaß⸗Lothringen und Baden, werden Pferde erwartet. Bisher sind 17 000 ℳ an Preisen für Pferde ausgesetzt worden. Die Schafabtheilung wird wahrscheinlich wesentlich zurück⸗ treten. Vermuthlich werden deutsche Rassen und Schläge die Hauptsache der Beschickung bilden. Schweine und auch Ziegen werden entsprechend ihrer Bedeutung in Süddeutschland ver⸗ treten sein. Zum Vieh des kleinen Mannes gehören auch das Geflügel und die Kaninchen, ebenso die Bienenwirthschaft. Zum ersten Mal wird die Deutsche Landwirthschafts⸗Gesellschaft selbständig eine Fischerei⸗Abtheilung zur Vorführung bringen, für welche 1000 ℳ an Preisen ausgesetzt sind. Der württembergische Obstbauverein wird eine Vorführung von Obstbäumen ins Leben rufen, für welche die Vorbereitungen jetzt schon im Gange sind. Die süddeutschen Milch⸗ wirthe haben beantragt, eine milchwirthschaftliche Abtheilung ein⸗ zufügen. Der Preisbewerb bezieht sich auf Butter und Käse: eine Kosthalle wird jedem Besucher Gelegenheit geben, selbst die ausgestellten Milchwaaren zu prüfen.é In einer andern, ebenfalls von der Gesell⸗ schaft verwalteten Kosthalle wird eine ausgewählte Sammlung deutschen Weinen dargeboten; in einer dritten bieten die Obst⸗ und Schaumweinfabrikanten selbst ihre Erzeugnisse an. Außerdem kommen zur Ausstellung landwirthschaftliche Samen und Pflanzen, Braugerste und Hopfen, Obst⸗Dauerwaaren, Gegenstände der Dünger⸗ wirthschaft, auch Stall⸗ und Gründünger, Handelsdünger und Handels⸗ futtermittel. Wie immer wird ein großes Feld landwirthschaftlicher Geräthe die Ausstellung zieren. In Arbeitsprüfungen werden stehen: Getreidetrockenapparate, Futterdämpfer, Weinfilter und Garbenbänder. Endlich wird eine Sammlung von Entwürfen aus dem Bauwesen zur Ausstellung kommen, insbesondere auch die Ergebnisse eines Preis⸗ ausschreibens für Bauentwürfe zu einem Jungvieh⸗Stall für Rinder⸗
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
1 ““ Marokko. Zufolge Beschlusses des Gesundheitsraths in Tanger sind die für Herkünfte aus Tanger in den übrigen Küstenplätzen Marokkos noch bestehenden Quarantänemaßnahmen aufgehoben worden. (Verg eeee;];
Handel und Gewerbe.
Cböb Setesehhrgg 15. November. (W. T. B.) Der „Regie⸗ t
rungsbote“ veröffentlicht folgende Mittheilung des Finanz⸗Mi⸗ nisteriums: „Unter dem Publikum, welches an den Börsen⸗ eschäften interessiert ist, hat sich das Gerücht verbreitet, daß das sbaaa Rintterumn gegenwärtig bei dem Fallen des Preises der Dividendenpapiere den Privatbanken und Bankgeschäften untersage oder sie davon abhalte, Darlehen auf diese Papiere zu verabfolgen. Infolge⸗ dessen erachtet es das Finanz⸗Ministerium für nothwendig, zu erklären, daß es ähnliche Weisungen niemals und niemandem ertheilt hat. Das Ministerium hat den Banken und den Bankgeschäften keine Weisungen bezüglich der Lombardierung der genannten Papiere ertbeilt, als der Kurs derselben stieg; ebensowenig ertheilte es theilige Weisungen, nachdem der Kurs gefallen war, noch beabsi⸗ es, sie gegenwärtig zu ertheilen. as Finanz⸗Ministerium achtet es auch für angezeigt, zu erklären, daß die Frag der Ausarbeitung eines Börsengesetzentwurfs, mit welcher jetz eine besondere Kommission beschäftigt ist, schon am Anfang diese Jahres angeregt wurde. Auf diese Weise steht diese Arbeit i keiner direkten Beziehung zu der jetzigen Lage des Fondsmarktes“ — Die „Nowosti“ bemerken hierzu: Die St. Petersburger Börse ha sich beruhigt. Die Mittheilung des Finanz⸗Ministeriums wurde an der gestrigen Börse bekannt. Ferner zeigte es sich, daß gegenwärtig keine Geldknappheit herrscht, da neben den Kassenbeständen der Privat⸗ banken die Reichsbank über mehr als 30 Millionen verfügt und niemandem Darlehen verweigert. Diese Erklärung genügte, um die Baissebewegung mit einem Male aufzuhalten.
Konstantinopel, 14. November. (W. T. B.) Die Betriebs⸗ einnahmen der Anagtolischen Eisenbahn auf der Stammlinie
ascha — Angora (578 km) betrugen im September 1895 470 057 Fr., im September 1894 305 394 Fr. Für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 1895 betrugen die Betriebseinnahmen 2 581 . für den entsprechenden Zeitraum 1894 2 269 776 Fr. Die Betriebs⸗Ausgaben betrugen im September 1895 142 072 Fr., im September 1894 158 396 Fr., vom 1. Januar bis 30. September 1895 1 347 508 Fr., im gleichen Zeitraum 1894 1 511 989 Fr. — Der Betrieb auf den einzelnen Theilstrecken des Ergänzungsnetzes Eskischehir — Konia erfolgt bis zur gänzlichen Fertigstellung dieses Netzes zu Lasten des Baufonds.
Dem „R. B.“ wird aus Konstantinopel gemeldet: Die Gold⸗
zufuhren dauern in großer, in Konstantinopel bisher niemals vor⸗ ekommener Weise fort. Die auf verschiedenen Wegen hierher ge⸗ angten Zufuhren werden Ende dieser Woche auf nahezu 1 500 000 Pfund geschätzt; von Egypten wurden ungefähr 100 000, von Wien ungefähr 200 000 Pfund bezogen. Das Bestürmen der Ottoman⸗Bank mit Zahlungsforderungen hat vollständig auf⸗ gehört, das Vertrauen des Publikums scheint wieder hergestellt zu sein.
8 Verkehrs⸗Anstalten.
London, 15. November. (W. T. B.) Die Castle⸗ Dampfer „Roslin Castle“ und „Drummond Castle“ sind am Mittwoch auf der Heimreise von Kapstadt abgegangen. Die Castle⸗Dampfer „Dunottar Castle“ und „Doune Castle“ sind heute auf der Ausreise in Durban (Natal) angekommen.
Theater und Mufik.
Deutsches Theater. 8
Die erste Aufführung der Komödie „Tedeum“ von Ernst Rosmer fand Ur. Abend nach jedem der vier Aufzüge starken Beifall, obwohl die Akte recht verschiedenwerthig sind. Die Ver⸗ fasserin — denn hinter dem Pseudonym verbirgt sich eine Dame — neigt etwas der modernen realistischen Schule zu. Den e dieser Richtung erkennt man bereits in dem ersten Akt, der in das beschei⸗ dene, sorgenvolle Heim eines ideal angelegten deutschen Musikers, Peter Kron, führt, und man fühlt sie noch kräftiger heraus im zweiten Akt, der den “ verbitterten Künstler, gekränkt und gedemüthigt, auf einer Musikprobe in einem Operetten⸗ und Pelensenth. eigt; derbnaturalistische Ausdrücke werden hier ohne agen den Possenspielern in den Mund gelegt. Ein völlig verändertes