. iu höchst bedenlichen g. sprechungen geführt. Die Beseitigung ein Was das Ausbleiben des Angeklagten bei der Hauptverhandlung auf Grund mündlicher Verhandlung ergangenen rechtskräftigen Urtheils vor dem Berufungsgericht betrifft, so ist zu unterscheiden, ob die Be⸗ ohne mündliche Verhandlung enthält an sich einen Widerspruch und rufung von ihm selbst oder ob dieselbe von der Staatsanwaltschaft darf nicht weiter ausgedehnt werden, als es infolge besonderer Um⸗ eingelegt ist. stände unvermeidlich ist. Solche besonderen Umstände können nur in Im ersteren Falle ist nach dem jetzt geltenden Gesetz, falls das den Fälen des Absatzes 1 als v anerkannt werden. Ausbleiben nicht genügend entschuldigt die Berufung sofort zu ver⸗ der Verurtheilte bereits orben, so bietet sich der Natur werfen. Diese Vorschrift beruht auf der Annahme, daß der im der Sache nach für eine Hauptverbandlung kein Raum mehr. Desem Termine zur Hauptverhandlung nicht erschienene Angeklagte das von Fal⸗ wird, wie es im Entwurf gescheben ist, der weitere Fall ange⸗ ihm eingelegte Rechtsmittel zurückgenommen habe, und wird daher schlossen werden dürfen, wenn der Verurtheilte in Geisteskrankheit durch die erweiterte Zulassung des Kontumazialverfahrens, wie solche verf ist. Da der Geisteskranke verhandlungsunfähig ist, würde vom Entwurf vorgesehen ist, an sich nicht berührt. Auch liegt es im auch, wenn sich nachträglich seine Unschuld ergiebt, nach Beseitigung Interesse der Rechtspflege, die Vorschrift wenigstens als Regel festzuhalten, des Absatzes 2 eine erneute Hauptverbandlung im Wiederaufnahme⸗ da sie einen wirksamen Schutz gegen miß räuchliche Anwendung des verfahren nicht stattfinden köͤnnen. Seine Freisprechung würde also Rechtsmittels gewährt. Eine Einschränkung ist jedoch zu treffen mit erst nach seinem Tode möglich sein. Um einer solchen Unbilligkeit zu Rücksicht auf diejenigen Angeklagten, deren 112,4—2 wegen großer begegnen, ist die Ausnahme des Absatzes 1 auf diesen Fall ausgedehnt Entfernung ihres Aufenthaltsortes besonders erschwert ist oder welche worden. sich nicht auf freiem Fuße befinden. Hier soll das Gericht auf Antrag ” 411 Absatz 4, § 4132. 1 eer betreffenden Personen beschließen können, daß in ihrer Abwesenheit Die in dem bisherigen Absatz 4 des § 411 enthaltene Vorschrift über die von ihnen eingelegte Berufung zu verhandeln sei (Absatz 1). soll in Zukunft auf alle Fälle Anwendung finden, in denen im Wieder⸗ Soweit es sich um Angeklagte handelt, deren Erscheinen wegen großer aufnahmeverfahren ein freisprechendes Urtheil ergeht. Das Recht, zu Entfernüng ihres Aufenthaltsortes besonders erschwert ist, erscheint verlangen, daß die geschehene Anerkennung der Unschuld des Ver⸗ diese Bestimmung als eine felgerichtige und nothwendige Entwickelung urtheilten öffentlich bekannt gemacht werde, ist den Betheiligten ohne des dem § 232 des Entwurfs zu Grunde liegenden Gedankens. Ihre Rücksicht darauf zu gewähren, ob das freisprechende Urtheil nach vor⸗ gängiger Hauptverhandlung oder ohne eine solche erlassen ist.
Erstreckung auf Personen, die sich nicht auf freiem Fuße befinden, 1 8 1. 8 1 8 Wird die Vorschrift in der oben gedachten Weise eeeisge
empfiehlt sich aus Zweckmäßigkeitsgründen. in eroll sübe sch die von der Staatsanwaltschaft eingelegte Berufung, so empfiehlt es sich, sie in einer besonderen als § 413 a einzus ltenden 1 Bestimmung dem Gesetze einzufügen.
8 konnte sich der Entwurf im Absatz 2 der Haupt nach auf die §§ 413 b bis 413 f.
orschrift beschränken, daß bei nicht genügend entschuldigtem Aus⸗
bleiben des Angeklagten über dieselbe zu verhandeln sei. Des weiteren Daß es jetzt infolge der anderweiten Regelung des Wieder...— aufnahmeverfahrens für die Gesetzgebung ermöglicht ist, der Frageaeae)e8—
nach der Entschädigung der in jenem Verfahren Freigesprochenen näher
zu treten, ist bereits in der allgemeinen Begründung (Nr. 2) dargelegt,
so daß hier nur noch die Einzelheiten zu erörtern sind.
§ 413 b.
sowohl
Bei der — Gestaltung des Prozesses empfiehlt sich so 4
für die Stellung des Antrages auf Entschädigung, als auch Klageerhebung die Einführung 8 zu geräumiger Fristen.
Wenn auch der Entschädigungsanspruch an erster Stelle ein ver⸗
Dritte Beilage mögensrechtliches Interesse befriedigen soll, so bezweckt derselbe doch
L“ zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staa
iermit steht es im Einklange, daß der Anspruch den Erben des a 1 1 3 — EE nur dann gewährt * Berlin, Freitag, den 22. November
wenn der letztere ihn bereits geltend gemacht hat. Der Absatz 2 will einem unwürdigen Handel mit der Ent⸗
“ 1. 8 8 8 (Fortsetzung aus der Zweiten Beilage.)
§ 414 Absatz 1 und 2. 88 8 Wenn gegenwärtig ausschließlich Beleidigungen und Körperver⸗ Das Prinziv, die Berufung in korrektionellen Sachen vor die letzungen, soweit die Verfolgung nur auf Antrag eintritt, der Privat⸗ Appellhöfe zu meisen, war in der Gesetzgebung von 1808 und 1810 klage unterliegen, so erscheint diese Beschränkung sachlich nicht gerecht⸗ in der Annahme durchbrochen worden, daß eine Anfechtung der Tri⸗ bunalsurtheile in sehr erhöhtem Maße stattfinden und zugleich eine Wiederholung der Zeugenvernehmung in I. Instanz häufig nothwendig
fertigt. Denn es kommen auch andere strafbare Handlungen vor, welche in den leichteren Fällen mehr eine Verletzung der Privatrechts⸗ werden würde: bei der damaligen Unzulänglichkeit der Verkehrsmittel all der Verweisung aller Be⸗
sphäre, als der öffentlichen Ordnung darstellen, und welche sich daher
mangels eines bestehenden öffentlichen Interesses an der Verfolgung und ⸗Wege befürchtete man daher im
für die Privatklage eignen. Auf Grund des Legalitätsprinzips müssen mfungen vor die Appellböfe zu große len und Schwierigkeiten.
auch solche Fälle gegenwärtig von der Staatsanwaltschaft verfolgt Die Erfadrung zeigte indessen, daß jene Annahmen ungenaue und jene b. übertriebene waren. Nicht mehr als 5 % der
werden Es eee biüee von gerinffügigen
Sachen zu entlasten und ihr die Befugniß zu verleihen, dieselben ge⸗ erstinstanzlichen Tribunalsurtheile kam in die Berufungsinstanz, und mäß § 416 zur Privatklage zu verweisen Dies will der abgeänderte deren Abneigung gegen eine Wiederholung der in TInstan⸗ stund Absatz 1 bewirken, indem er in den Kreis der Strafthaten, wegen gehabten Zeugenvernehmung ließ eine solche nur in 3 % der Be⸗ venh ahe Privatklage angestellt werden kann, folgende Handlungen neu zufungssachen erfolgen.
einbezieht: 8 b-gens Fiel somit der oben angeführte Grund für die weitere Bei⸗ §§ 123 Absatz 1 (einfacher Hausfriedensbruch), 241 (Bedrohung behaltung jener Anomalie fort, so kam noch die ungeahnte Entwickelung 5 eeen aa eesseen)“” (strafbarer Eigennutz) der vrr und mit ihr die Verringerung der Entfernungen und 303 seinfache Sachbeschädigu J).B 8 18 binzu, so daß man 1856 die für Zivilsachen längst durchgeführte ein⸗ Bezüglich dieser Thatbestände wird es einer besonderen Rechtferti⸗ beitliche Gerichtsorganisation auf die “ Brcheefübrt⸗ hares dehnen zu dürfen glaubte.
gung nicht bedürfen. Daß der § 241 kein Antragsdelikt ist, kann seiner Man verglich mit den Nachtbeilen des bisherigen Systems die
Einbeziehung nicht entgegenstehen, da die Frage der Verfolgbarkeit von Amtswegen sich mit derjenigen, ob bestimmte Fälle wegen mangelden Vortheile der Verweisung sämmtlicher Appelle vor die Appellhöfe.
während im letzteren Falle ihre Entscheidungen „allendliche“ und als solche nur im Kassationsverfahren anfechtbar sind. Immer aber geht die Berufung nur an höhere Gerichte, die Appellationsgerichte.
Anlage B. 8
Zulässigkeit des Kontumazialverfahrens in den größeren 8 europäischen Staaten.
I. In Oesterreich ruht nach der Strafprozeßordnung vom
23. Mai 1873 das Verfahren gegen abwesende Beschuldigte, denen die Ladung zur Hauptverhandlung nicht zugestellt werden konnte, bis zu ihrer Betretung, und es findet nur auf Antrag des Anklägers ein „Ungehorsamverfahren“ statt. Das Gericht erläßt an den Angeklagten eine öffentliche Vorladung, sich binnen bestimmter Frist an Gerichts⸗ stelle zu verantworten, widrigenfalls ihm die Ausübung der staats⸗ bürgerlichen Rechte untersagt werden würde. Im Falle der Stellung des Anzeklagten findet das Verfahren seinen regelrechten Fortgang; sonst erkennt die Rathskammer auf Antrag des Anklägers gemäß der in der Vorladung enthalten gewesenen Androhung. Ist das Verfahren bis zur Hauptverhandlung gedieben und er⸗ scheint in ihr der Angeklagte nicht. so kann ihn vor dem Bezirks⸗ gericht der Richter zum persönlichen Erscheinen auffordern oder, falls dies bereits geschah, vorführen lassen. It er aber seine persönliche Vernehmung nicht für erforderlich, so tritt er in die Verhandlung ein, erledigt die Beweisaufnahme und verkündet schließlich das Urtheil,
VI. Von den Kantonen der Schweiz lassen das Kontumazial⸗ verfahren in weitestem Umfange und vor Strafgerichten jeder Ordnung zu: Zürich, Luzern, Neuchätel, St. Gallen, Appenzell außer Rhoden, Solothurn, Schwyz, Unterwalden ob dem Wald. Dabei werden im Verfahren vor den Schwurgerichten in Zürich, Solothurn, Neuchatel Geschworene nicht zugezogen. Schwyz, St. Gallen haben eine obliga⸗ torische Vertheidigung des in der Hauptverhandlung abwesenden An⸗ eklagten. Vielfach ist ein freisp des Kontumazialurtheil unstatt⸗
ft, vielmehr bei nicht hinreichendem Schuldbeweise Vertaaung der Verhandlung bis zur Betretung des Angeklagten vorgesch ieben. — In Verfahren vor den Amtsgerichten Solothurns besteh! die Be⸗ sonderheit, daß der nicht geständige Angeklagte beim Ausbleiten in der Hauptverhandlung mit einer Ordnungsbuße belegt wird, oone daß das Verfahren selbst eine Unterbrechung erlitte.
VII. In Norwegen kann nach der Strafprozeßorenang vom 1. Juli 1887 das Schwurgericht, falls das betreffende Delikt vor⸗ zugsweise mit Fee oder einer geringeren Strafe bedroht ist, und die Anwesenheit des Angeklagten nicht erforderlich erscheint, gegen den Ausgebliebenen verhandeln, wenn er hierein willigte oder kein Grund vorliegt, eine gesetzliche Verhinderung am Erscheinen anzu⸗ nehmen. Fand die Ladung im Aasland oder öffentlich start, so be⸗ schränkt sich die Zulässigkeit dieses Verfahrens, außer bei der Zustim⸗ mung des Angeklagten, auf Delik e, die mit keiner höheren Strafe als mit Buße bedroht sind.
finden, wie sich aus § 373 der Strafprozeßordnung esth die im sechsten Abschnitte des zweiten Buchs über die Hauptverhandlung ge⸗ gebenen Vorschriften auch hier Anwendung. Nach Maßgabe dieser Vorschriften wird das Gericht darüber zu befinden haben, ob in Ab⸗ wesenheit des Angeklagten die Hauptverhandlung durchzuführen oder
ob die Vorführung des Angeklagten beziehungsweise dessen Verhaftung anzuordnen ist. Im übrigen ist am Schlusse des zweiten Absatzes nur noch vorgesehen, daß dem unentschuldigten Ausbleiben der Fall leichsteht, wenn der Angeklagte, welcher sich nicht auf freiem Fuße efindet, auf die Vorführung zur Hauptverhandlung ausdrücklich ver⸗ ichtet hat. Diese Hervorhebung war nothwendig, weil sonst die Zu⸗ bästgkes eines Kontumazialverfahrens in Zweifel gezogen werden önnte. Der Absatz 3 entspricht dem Absatz 2 des bisherigen § 370. Die neu hinzugefügte Bestimmung, nach welcher die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht beansprucht werden kann, wenn der An⸗ eklagte selbst die Verhandlung in seiner Abwesenheit beantragt hatte, darf keiner besonderen Begründung. Als ein Antrag in diesem Sinne ist es auch anzusehen, wenn der Angeklagte, welcher sich nicht auf freiem Fuße befindet, auf die Vorführung zur Hauptverhandlung ausdrücklich verzichtet hat (zu EE“ 2).
Die Einführung der Berufung gegen die Urtheile der Straf⸗ kammern in erster Instanz hat zur Folge, daß für das Rechtsmittel der Revision an Stelle dieser Urtheile die Urtheile der Ober⸗Landes⸗
erichte in der Berufungsinstanz treten. Dem entspricht die vorge⸗ schlagene Fassung des § 374. . §
Nach der bisherigen Fassung des § 380 kann die Revision gegen Urtheile der Landgerichte in der Berufungsinstanz auf die Verletzung von Rechtsnormen über das Verfahren — die Verletzung der Vor⸗ schrift des § 398 der Strafprozeßordnung ausgenommen — nicht gestützt werden. Hiermit ist den Betheiligten die Möglichkeit entzogen, Ver⸗ stöße gegen die Vorschriften des Prozeßrechts, welche in einem solchen
erufungsverfahren stattfinden, selbst wenn dadurch an sich eine Nichtig⸗
keit des Urtheils im Sinne des § 377 der Strasprozeßordnung be⸗ gründet wäre, vor den höheren Richter zu bringen. Der Umstand, daß der Revisionsrichter insoweit außer stande ist, auf die Beob⸗ achtung der gesetzlichen Vorschriften hinzuwirken, hat aber weiter die uunerwünschte Folge gehabt, bei den einzelnen Landgerichten ein ver⸗ sschiedenes und nicht überall den Grundsätzen der Strafprozeßordnung entsprechendes Verfahren in der Berufungsinstanz herauszubilden. Schon längst herrscht über die Unangemessenheit der Bestimmung all⸗ gemeines Einverständniß, so daß ihre Beseitigung angezeigt erscheint.
§ 399 Nr. 5. 8
Die Nothwendigkeit der hier vorgeschlagenen Einschränkung des
Wiederaufnahmeverfahrens ist schon in der allgemeinen Begründung (Nr. 2) dargelegt. “ 8
Soweit bisher die Berufung zugelassen war, nämlich gegen die Urtheile der Schöffengerichte, war die Wiederaufnahme des Verfahrens auf Grund neuer Thatsachen oder Beweismittel nur mit der Be⸗
sschränkung auf solche Thatsachen oder Beweismittel gestattet, welche der Verurtheilte in dem früheren Verfahren, einschließlich der Be⸗ rufungsinstanz, nicht gekannt hatte oder doch ohne Verschulden nicht hatte geltend machen koͤnnen. 1 1 .“
Diese Beschränkung soll in Zukunft wegfallen, da die Wiederauf⸗ nahme des Verfahrens auf Grund des abgeänderten § 399 Nr. 5 nur noch von nachweislich Unschuldigen erlangt werden kann und daher für mißbräuchliche Ausnutzung des Wiederaufnahmeverfahrens Raum nicht mehr übrig sein wird. Einem wirklich Unschuldigen muß aber die Anfechtung seiner Verurtheilung auch dann Festatiet sein, wenn ihn eine Versäumniß in der Benutzung seiner Vertheidigungsmittel trifft. Dieser Grundsatz gilt auch, wenn es sich nicht um die Un⸗ schuld hinsichtlich der ganzen That, sondern nur um diejenige hinsichtlich eines erschwerenden Unstandes handelt. Die bezeichnete Einschränkung
in Ansehung der schöffengerichtlichen Sachen ist daher in Wegfall
gebracht. § 409 Absatz 2. “
Die im § 409 vorgesehene Beweisaufnahme bildet die Grundlage ür den vom Gericht nach § 410 über die Wiederaufnahme des Ver⸗ ahrens zu 8 Beschluß. In diesem liegt der Schwerpunkt des ganzen Verfahrens. Hat das Gericht einmal in Gemäßheit des § 410
bsatz 2 die Wiederaufnahme beschlossen, so ist der Antragsteller gegen
Die Bestimmung bringt zum Ausdruck, daß der Anspruch auf Schadensersatz nicht nur gesetzlich anzuerkennen, sondern auch als ein gerichtlich verfolgbares Recht zu gestalten sei. Bei der Abschätzung des Schadensersatzes soll nur derjenige Schaden berücksichtigt werden, welcher dem Verurtheilten durch die erfolgte Straspollstreckung er⸗ wachsen ist. Auf diesem Standpunkt standen auch die von dem Reichstag beschlossenen Gesetzentwürfe. 8
Im Anschluß an die 81n. trifft die allgemeine Fassung der Bestimmung nicht nur die Fälle einer verbüßten Freiheitsstrafe, sondern auch diejenigen Fälle, in denen auf Todesstrafe oder auf Geldstrafe erkannt worden war. 8 8 Einer besonderen Vorschrift für die Fälle, daß die Wiederaufnahme gegenüber einer Gesammtstrafe zu theilweiser Freisprechung geführt hat und die nunmehr erkannte Strafe geringer ist als die bereits vollstreckte, wird es nicht bedürfen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß diese Fälle durch die Vorschrift des ersten Absatzes mit umfaßt sind.
Da nur derjenige Vermögensschaden ersetzt wird, welcher durch die Strafvollstreckung verursacht ist, so versteht es sich von selbst, daß in den Fällen, in welchen im Wiederaufnahmeverfahren auf eine geringere Freiheitestrafe erkannt wird, ein Schadensersatz nur insoweit beansprucht werden kann, als die neu erkannte Strafe hinter der vollstreckten Strafe zurückbleibt. “ 8 — Voraussetzung des Anspruchs foll lediglich das freisprechende Urtheil sein. Dadurch wird eine Prüfung der mit der Entscheidung über den Anspruch befaßten Behörden über die Vorbedingungen der Ent⸗ schädigungspflicht für den gegebenen Fall erübrigt; die Thätigkeit der Behörden wird sich auf die Prüfung, ob die im § 413c. bezeichneten Ausnahmefälle vorliegen, auf die Legitimationsfrage, sowie auf Er⸗ mittelung des Schadens und Feststellung der Entschädigungssumme zu beschränken haben. — W Was den Kreis der Berechtigten anlangt, so ist außer dem Frei⸗ gesprochenen auch denjenigen Personen ein Entschädigungsanspruch bei⸗ gelegt, denen der Verurtheilte gesetzlich Unterhalt zu gewähren hatte, insoweit ihnen der Unterhalt durch die Strafvollstreckung entzogen worden ist. Diese Vorschrift entspricht der Billigkeit und findet ihre Rechtfertigung in dem allgemein anerkannten Grundsatze des bürger⸗ lichen Rechts, wonach der Unterhaltsanspruch für die Vergangenheit nicht geltend gemacht werden kann. Zufolge dieses Grundsatzes sind in dem bezeichneten Falle die unterhaltsberechtigten Personen nicht in der Lage, sich nachträglich an den Verurtheilten zu halten, selbst wenn derselbe die SeeSs Mittel erlangt haben sollte. Der Verurtheilte kann daher seinerseits einen Anspruch auf Entschädigung aus diesem Gesichtspunkt überhaupt nicht geltend machen, und hiermit erledigt sich ohne weiteres das Bedenken, daß der Ersatz wegen entzogenen Unter⸗ halts sowohl auf Grund von Absatz 1, wie auf Grund von Absatz 2, mithin doppelt, gefordert werden könnte.
§ 413 c. 3 . — Von dem Grundsatze, daß jedem Freigesprochenen ein Anspruch auf Schadens nr. zustehen soll, ist nur eine Ausnahme gemacht. Der Anspruch soll ausgeschlossen sein, wenn die frühere Verurtheilung vom Angeklagten selbst vorsätzlich herbeigeführt oder durch grobe Fahrlässigkeit verschuldet war. 8
Es ist eine Thatfrage, die nach Lage des einzelnen Falles von dem zuständigen Gericht zu entscheiden ist, ob eine solche Fahrlässigkeit in der nicht erfolgten Einlegung eines an sich gegebenen Rechtsmittels erblickt werden darf.
Der Entwurf hat den Standpunkt eingenommen, daß es sich hier
um eine Verpflichtung handelt, die aus der Justizhobeit sich ergiebt.
Die Entschädigung soll daher regelmäßig aus der Kasse desjenigen
Bundesstaates gezahlt werden, vor dessen Gericht die Sache in erster
(Instanz anhängig gewesen ist. Der Reichskasse wird sie zur Last
Füne bn” das Reichsgericht in erster und letzter Instanz geur⸗ t.
Wenn die Verurtheilung von einem mehreren Bundesstaaten ge⸗ meinsamen Gericht erfolgte, so will der Entwurf selbstverständlich nicht auch die Entschädigung von Angehörigen anderer Staaten der in dessen Gebiet das
öffentlichen Interesses dem Betriebe durch den Verjetzten überlassen werden dürfen, nicht nothwendig deckt. Die gleiche Erwägung trifft auch für den in den Absatz 1 neu aufgenommenen § 2232a zu. Zwar bezieht sich der Paragraph begrifflich auf die schwereren Fälle von Körperverletzung. Die Erfahrung hat aber gelehrt, daß that⸗ sächlich unter die Begriffsbestimmengen desselben auch leichte, in ihrer Bedeutung für die öffentliche Ordnung von der gewöhnlichen Körper⸗ verletzung kaum sich unterscheidende Vergehungen fallen, deren Zabl infolge der Auslegung, welche die Rechtsprechung den Begriffen des „gefährlichen Werkzeuges“ und der „Gemeinschaftlichkeit“ gegeben hat, nicht unerheblich ist. Gegen die Ausschließung solcher Fälle von der Verfolgung von Amtswegen dürfte kein wesentliches Bedenken bestehen, zumal die Verpflichtung der Staatsanwaltschaft, da einzuschreiten, wo ein öffentliches Interesse berührt erscheint, bestehen bleibt, und die Vorschriften des § 417 es sicherstellen, daß die Staatsanwaltschaft von jeder erhobenen Privatklage Kenntniß erhält. Die Erbebung einer solchen ohne vorgängige Anrufung der Staatsanwaltschaft wird wohl auch — schon der Kosten wegen — nur höchst selten vor⸗
kommen. § 447 Absatz 1. Nach der Vorschrift des § 447 ist der Erlaß eines amtsrichter⸗ lichen Strafbefehls gegenwärtig nur in den gemäß § 27 Nr. 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zur Zuständigkeit der Schöffengerichte gehörigen Sachen zulälsig. Der Entwurf will die Vorschrift auch auf die in den Nummern 3 und 5 des § 27 (nach der Fassung unter Artikel 1) bezeichneten Sachen ausdehnen (Hausfriedensbruch im Falle des § 123 Absatz 3 des Strafgesetzbuchs, Bedrohung im Falle des § 241). Bei den gedachten Vergeben ist der Thatbestand oftmals einfach und weiterer Aufklärung nicht bedürftig, sodaß die Erledigung der Sache durch Strafbefehl unbedenklich und im Interesse der Be⸗ schleunigung wünschenswerth erscheint. § 496 Absatz 2. G 8
Die veränderte Fassung des zweiten Absatzes bezweckt, die Zweifel zu beseitigen, welche in der Praxis bezüglich des Kostenerstattungs⸗ verfahrens hervorgetreten sind.
Die vorgeschlagene Regelung, welche sich der von den Gerichten ielfach schon jetzt befolgten Uebung anschließt, betrifft nur den Fall, daß dem Beschuldigten, dem Privatkläger oder dem Nebenkläger zufolge einer in Gemäßheit des ersten Absatzes des § 496 ergangenen Fnesceibung ein Anspruch auf Erstattung von Auslagen erwachsen ist.
Insoweit gegen den Ansatz von Gebühren und Auslagen der Gerichte Erinnerungen erhoben werden, ist der § 4 des Gerichtskosten⸗ gesetzes vom 18. Juni 1878 (Reichs⸗Gesetzbl. 1878 S. 141) maß⸗
gebend. Artikel III.
Die in diesem Artikel vorgesehenen Uebergangsbestimmungen werden einer besonderen Rechtfertigung nicht bedürfen.
Anlage A. 8 Der gegenwärtige Standpunkt der größeren europäischen Staaten hinsichtlich der Berufung gegen die Urtheile von
Strafgerichten. .“
I. Oesterreich, dessen Strafprozeßordnung vom 23. Mai 1873 lediglich gegen erstinstanzliche Urtheile der mit Einzelrichtern besetzten Bezirksgerichte im vollen Umfange eine 5—. zuläßt, leitet dieselbe an den höheren „Gerichtshof I. Instanz“, das Landesgericht. Soweit — hinsichtlich der Strafzumessung und See. nsprüche — die Berufung gegen erstinstanzliche Urtheile der Landes⸗ und der Ge⸗ schworenen gerichte statthaft ist, geht auch sie an ein höheres Gericht, das Ober⸗Landesgericht als „Gerichtshof II. Instanzö.
Nach der Strafprozeßordnung vom 17. Januar 1850 hatte sich allerdings das Landesgericht in der Berufungsinstanz mit erstinstanz⸗ lichen Entscheidungen des Bezirks⸗Kollegialgerichts selbst in den Fällen befassen müssen, wo dieses Gericht aus einem besonderen Senate des Landesgerichts bestand. Doch hat die Praris diese Einrichtung schon damals als Ausnahme für kaum erträ 7 erachtet (vergl. Glaser: „Bemerkungen über einen neuen Vorsch g. zur Regelung der Be⸗ h Strafsachen“, in den gesammelten kleineren Schriften Theil] S. b
In Schwyz, Wallis, Luzern, Thurgau, Unterwalden ob dem Wald,
lsch gegenwärtig auch in England eine nicht unerhebliche Strömung
Wenn letzteres durchgeführt wurde, war es nicht mehr möglich, daß ein Verletzter sich je nachdem den Appellhof oder ein Tribunal als Gericht II. In anz dadurch sicherte, daß er entweder mit einer selbst⸗ süüändigen Zivilklage vorging oder seine Zivilansprüche nur accessorisch im Strafverfahren geltend machte.
Andererseits waren Regierung und gesetzgebender Körper darin einig, daß die Berufung mit ernstlichen Garantien nur dann umgeben sei, wenn das mit der erneuten Prüfung betraute Gericht gegenüber der I. Instanz einen höheren Rang einnehme. Die Tribunale an den Präfektursitzen waren zwar mit einer größeren Zahl von Richtern be⸗ seht und bildeten bei sich die Assisenbofe: wenn sie aber aufhörten, II. Jastanz für die Arrondissementstribunale zu sein, so waren sie den letzteren und ihren Richtern in keiner Beziehung mehr übergeordnet. Zwischen den hauptstädtischen und den Arrondissementstribunalen be⸗ stand eben nur ein zufälliges and auch nur zeitweises Verhältniß von Ueber, und Unterordnung, was befürchten ließ, daß, wenn die ge⸗ nügende Nachgiebigkeit auf der einen, die nöthige Mäßigung auf der mderen Seite fehlte, ein gewisser passiver Widerstand oder oppositionelle Tendenzen der Rechtspflege Abbruch thun könnten. 1
Als unbestreitbar nahm man dagegen die Ueberlegenheit der Ipellhöfe an; ihre gewährleistete eine bessere Recht⸗ sprechung wegen der Zahl und Vorzüge ihrer Richter, die vorher an den Tribunalen mitgewirkt hatten und deren Beförderung zu Avpell⸗ tichtern gerade ein Beweis ihrer Dienste und Verdienste, vor allem aber einer Nb Erfahrung zu sein schien. Gegenüber solchen Berufungsrichtern meinte man, werde bei den Richtern I. Instanz kein Gefühl von Rivalität und kein Gedanke an Widerstand auf⸗ kommen; die Berufungsurtheile in korrektionellen Sachen würden, gleich denen in Zivilsachen, im ganzen Bezirk eine unbestrittene Autorität und dadurch die so dringend erwünschte Einheit der Recht⸗ sprechun 8
g sichern
Nebenbei versprach man sich von dem Eingreifen der General⸗ rrokuratoren bei den Appellhöfen in den Gang des Berufungsver⸗ fahrens eine schnellere und sichere Repression des Verbrechens.
Von diesen Erwägungen war die Verweisung aller Berufungen vor die Appellhöfe getragen, und es ist nicht bekannt geworden, daß iie Erwartungen hinsichtlich des guten Einflusses der Neuerung ge⸗ tiuscht worden wären.
III. In Belgien, wo der französische Code d'instruction iminelle gilt, ist die Berufung ebenfalls in vollem Umfang zulässig. kehnliche Erwägungen wie in Frankreich führten hier schon im Ge⸗ she vom 1. Mai 1849 dazu, die Berufung gegen die Urtheile der korrektionellen Tribunale in allen Fällen an die Appellhöfe zu bringen. IV. Die Niederlande haben die früher abgeschaffte Berufung 1814 wieder eingeführt, und auch das neueste Wetboek van Straf- zordering von 1886 hat sie in vollem Umfang aufrecht erhalten. Lie ist gleichfalls stets vor ein höheres Gericht verwiesen, indem vom kanton-regter an die arrondissements-regtbank, von dieser als aster Instanz an den geregtshof appelliert wird.
„V. Italiens Codice di procedura penale vom 26. November 1865 führte die Berufung in weitestem Umfange durch. Auch dieses Gesetzbuch bestellt zu Gerichtshöfen II. Instanz nur höhere Gerichte, de tribunali correzionali gegenüber den pretori, und den ersteren ils Gerichten I. Instanz gegenüber die corti d'appello.
VI. Von den Kantonen der Schweiz kennen Waadt, St. Gallen, Freiburg, Neuchatel und Graubünden eine Berufung nicht, während se, sei es gegen sämmtliche Strafurtheile I. Instanz, sei es bei einer zewissen Höhe der Strafandrohung oder Straffestsetzung, gewährt wird
Irich, Appenzell außer Rhoden, Solothurn, Uri. Ueberall haben
ne Gerichte höherer Ordnung in der zweiten Instanz zu ent⸗ n. 3
VII. England kennt die Berufung im kontinentalen Sinne
ds Wortes nicht. Es besteht hier allerdings ein Court of Criminal
aPpeal, doch hat er nur solche Rechtsfragen zu entscheiden, die der
hräsident der Assisen nicht selbst entscheiden will. Indessen macht
in Gunsten der Einführung einer Berufunge geltend. So lag dem
gegen welches nur die Berufung zugelassen ist.
nur, wenn Freiheitsstrafe bedrohtes Verbrechen steht,
.3) zur Hauptverhandlung noch persönlich geladen worden war.
Grund
Hauptverhandlung ohne den Angeklagten gesetzlich un⸗
liest dem Einspruch auf Hindernisses.
Ist eine zuläsfig Vorführung veranlaßt. Erweist sich dieselbe als unausführbar, so kann der Ankläger auf Einleitung des Ungehorsamverfahrens (vergl. oben) antragen. 8
II. In Frankreich findet nach dem Code d'instruction criminelle von 1808 vor den tribunaux correctionnels und den tribunaux de police bei den juges de paix auch beim Nichterscheinen des Angeklagten die Hauptverhandlung statt, indeß müssen bei sonstiger Nichtigkeit zwischen Ladung und Termin mindestens 3 Tage beziehungsweise 24 Stunden liegen. Die Nichtigkeit kann nur im nächsten Termin, nach der gegen das Kontumazialurtheil eingelegten Opposition, geltend gemacht werden; erscheint der Angeklagte hier, so wird aufs neue verhandelt, bleibt er aus, so gilt seine opposition comme non avenue und er kann sich der Vollstreckung des Urtheils nicht mehr widersetzen.
Vor den cours d'assises fordert der 82 den An⸗ geklagten, der sich nach der Versetzung in den Anklagezustand der Verhaftung entzieht und sich auch nicht stellt, öffentlich auf, letzteres binnen 10 Tagen zu thun, widrigenfalls er als rebelle à la loi er- klärt, ihm die Ausübung der bürgerlichen Rechte entzogen und sein Vermögen beschlagnahmt, jede gerichtliche Handlung untersagt, das Verfahren jedoch trotzdem fortgesetzt werden würde. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist findet ohne F von Geschworenen und ohne Zulassung eines Vertheidigers die Hauptverhandlung und Urtheils⸗ verkündung statt. Stellt sich der Angeklagte innerhalb der Straf⸗ verjährungsfrist oder wird er festgenommen, so gilt das Urtheil als nicht gesprochen und es findet eine neue Verhandlung in den gewöhn⸗ lichen Formen statt.
III. Belgien hat mit’dem französischen Code d'instruction criminelle auch dessen Gestaltung des Kontumazialverfahrens.
IV. Nach dem in den Niederlanden geltenden Wetboek van Strafvordering von 1886 kann sich in der Hauptverhandlung vor dem kanton-regter der Angeklagte — einen Fall ausgenommen — stets vor der regtbank durch einen Advokaten oder procureur nur dann vertreten lassen, wenn die ihm zur Last gelegte Handlung nicht mit Gefängniß bedroht ist. Wenn jedoch das Gericht das persönliche Erscheinen des Angeklagten für nothwendig hält, so kann es die Verhandlung aussetzen; andernfalls wird, wenn weder der An⸗ geklagte noch ein Vertheidiger erscheint, nach den Regeln des ordent⸗ lichen Verfahrens in contumaciam verfahren. Gegen das Urtheil ist ein Einspruch zugelassen, worauf von Rechtswegen in der nächsten ordentlichen Gerichtssitzung weiter verhandelt wird; erscheint der An⸗ geklagte hier abermals nicht, so wird sein Einspruch als verfallen erklärt, und das angegriffene Urtheil vollstreckt
Wird der Angeklagte wegen Störung der Ruhe und Ordnung aus der Sitzung hinausgewiesen, so wird ohne ihn weiter verhandelt, und nur die Urtheilsverkündung muß erst wieder in seiner Gegenwart erfolgen.
V. In Italien wird nach dem Codice di procedura Penale vom 26. November 1865, wenn der Angeklagte in der Hauptverhand⸗ lung vor den tribunali correzionali und den pretori nicht erscheint, ohne ein gesetzliches Hinderniß glaubhaft zu machen, nach den gewöhn⸗ lichen Regeln in seiner Abwesenheit verfahren, ein Vertheidiger jedoch nicht zugelasseu. Das Urtheil unterliegt der Berufung oder, wo diese
nachgewiesenen
„Auch vor anderen Gerichten darf ohne Rücksicht auf den ab⸗ wesenden Angeklagten verhandelt werden, aber bei sonstiger Nichtigkeit
1) zur Anklage ein Vergehen oder ein mit höchstens fünfjähriger 2) der Angeklagte schon in der Voruntersuchung vernommen und Das Urtheil wird ihm durch einen dazu bestimmten Richter er⸗
öffnet oder abschriftlich mitgetbeilt, eventuell veröffentlicht und unter⸗ unabweisbaren
oder vom Gericht für nicht durchführbar erachtet, so wird die
Ist der Angeklagte erst nach der an ihn geschehenen Verkündung des Anklagebeschlusses entwichen und auf seine Anwesenheit kein Gewicht zu legen, so ist eine Verhandlung in seiner Abwesenheit ganz allgemein zulässig. Ferner kann beim Ausbleiben des Angeklagten stets ein frei⸗ sprechendes Urtheil ergehen und die Verhandlung dann fortgeführt werden, wenn sie zweifellos zur Freisprechung zu führen scheint. Auch wenn die Hauptverhandlung ausgesetzt wird, können doch sofort alle Beweise aufgenommen werden, deren spätere Erhebung unmöglich sein oder weniger befriedigend ausfallen würde.
Das Schöffengericht kann, wenn der Angeklagte in der Haupt⸗ verhandlung ohne anzunehmeude gesetzliche Verhinderung ausbleibt, ohne Rücksicht auf die angedrohte Strafe in allen Fällen, von dem für nöthig gehaltenen persönlichen Erscheinen des Angeklagten ab⸗ gesehen, in dessen Abwesenheit verhandeln. Bei Strafbefehlen und überhaupt in Polizeisachen kann sein Ausbleiben, ohne Verhinderung oder Verweigerung einer Erklärung, mangels dagegen sprechender Momente als Jugestäündniß angesehen werden.
VIII. In Rußland ist ein Kontumazialverfahren nur vor dem Friedensrichter statthaft, wenn die Strafe höchstens mit Arrest bedroht ist und der Angeklagte weder selbst, noch ein Bevoll⸗ mächtigter für ihn erscheint, oder wenn er einen solchen schickt, wo er persönlich erscheinen sollte. Die gegen das Kontumazialurtheil -ge⸗ gebene Berufung führt zu erneuter Verhandlung vor cemselben Friedensrichter. Erscheint der Angeklagte hier wieder nicht, so wird er in eine Geldbuße genommen, und das Urtheil bleibt in Kraft.
Steht auf dem Delikt eihe härtere Strafe, so darf nur ein zivil⸗ prozessuales Kontumazialurtheil über den Schadensersatzanspruch des Verletzten ergehen, während die Verhandlung der Strafsache bis zur Vorführung des Angeklagten auszusetzen ist.
Dies findet stets vor den anderen Gerichten statt; das Ver⸗ mögen des nicht erscheinenden Angeklagten wird unter Kuratel gestellt und, wenn er nach sechs Monaten noch nicht aufgefunden ist, nach den für die Güter Verschollener geltenden Bestimmungen behandelt.
Anlage C.
Die Bestimmungen des französischen, belgischen und englischen Rechtes über die beschleunigte Aburtheilung der Délits flagrants. I. Frankreich.
Der code d'instruction criminelle von 1808 kannte eine Be⸗ sonderheit bezüglich der délits flagrants nur in so weit, als für den ersten Zugriff der strafverfolgenden Behörden eine auf schleunigste Feststellung des ersten Eindrucks abzielende Ausnahmeprozedur zuge⸗ lassen war; nach Beendigung derselben trat das gewöhnliche Verfahren ein. Durch das Gesetz vom 20. Mai 1863 (Bulletin des lois, Tome XXI — Jahrg. 1863, Bd. I. — S. 966) ist für den Fall, daß der Verüber einer korrektionell strafbaren (mit Ausnahme einzelner bestimmter Delikte) auf frischer That ergriffen wird, ein summarisches Verfahren eingeführt worden. Der Festgenommene wird unverzüglich dem Staatsanwalt überliefert, der ihn vernimm und sodann, wenn möglich, sofort in der Sitzung des Gerichts vor⸗ führt; findet keine Sitzung statt, so hat er ihn, geeignetenfalls unter Erlaß eines Haftbefehls, zur Sitzung des nächstfolgenden Tages laden zu lassen, welche nöthigenfalls besonders berufen wird. Die Zeugen⸗ ladungen erfolgen mündlich zur Vermeidung der gewöhnlichen U
gehorsamsstrafen. Wenn die Sache spruchreif ist, ergeht sofort das Urtheil; andernfalls wird sie auf eine der nächsten Sitzungen vertagt; der Beschuldigte kann aber immer einen Aufschub von drei Tagen behufs Vorbereitung seiner Vertheidigung verlangen. Das Gericht kann ihn jederzeit, geeignetenfalls gegen Kaution, entlassen; der Frei
gesprochene ist stets, auch wenn Berufung eingelegt wird, in Freiheit
zu setzen.
II. Belgien. Gegenwärtig findet, da lediglich der französische code d'instruc- tion criminelle ailt, ein besonderes Verfahren nicht statt. Der Ent⸗ wurf einer revidierten Strafprozeßerdnung von 1885 enthielt Be⸗ stimmungen zur Regelung dieser Materie; derselbe ist aber noch nicht Gesetz geworden (vergl. Travaux préparatoires du code de pro-
Kasse desjenigen Bundesstaates aufbürden, 1 Gebi⸗ venlinebo e K. Gericht seinen Sitz hat. Es bleibt hier vielmehr -Je.n2 2 Regelung der Uebereinkunft unter den betheiligten Staaten vorbehalten.
Keiner weiteren Begründung wird die Bestimmung bedürfen, daß bis zum Betrage der geleisteten Entschädigung diejenigen Ansprüche kraft Gesetzes an die 8 e übergehen sollen, welche dem unschuldig Bestraften gegen einen en aus dessen rechtswidrigen, für die Ver⸗
eilung maßgebend gewesenen Handlungen zustehen.
das Urtheil restituiert und letzteres thatsächlich beseitigt. Das erkennende Gericht ist an den Beschluß gebunden und nicht befugt, die Zulässigkeit der Wiederaufnahme von neuem einer Prüfung zu unterziehen.
Mit Rücksicht auf die hiernach der Beweisaufnahme des § 409 zukommende Bedeutung muß das Verfahren so gestaltet werden, daß dasselbe eine sichere Gewähr für die Ermittelung der Wahrheit bietet.
Die vorgeschlagene Abänderung ist auch vom Reichstag in dem von ihm 1886 bes Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung und Ergänzung der Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Wiederaufnahme des Verfahrens, vorgeschlagen worden. 1
Neben der Bestimmung, daß die Vernehmung der Zeugen, soweit die Beeidigung zulässig ist, eidlich zu erfolgen hat, greifen selbstver⸗ ständlich die allgemeinen Vorschriften der §§ 56a und 57 Platz, wo⸗ nach unter den dort bezeichneten Voraussetzungen die Beeidigung
unterbleiben darf.
§ 410 Absatz 1. , Die Nummern 1 und 2 entsprechen der bisherigen Bestimmung. Daß im Falle der Nummer 1 der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens auch dann zu verwerfen ist, wenn die darin aufgestellten 3 Behauptungen zum theil sich als hinfällig ergeben, zum anderen ch, um es zu ermöglichen, 5 in allen Fällen in letzter Instanz das Theil zwar Bestätigung finden, aber insoweit nicht mehr erheblich er⸗ Reichsgericht angegangen und so auf eine gleichmäßige Anwendung der scheinen, ergiebt sich aus den Bestimmungen des § 399 von selbst und gesetzlichen Vorschriften hingewirkt werden kann. ie örtliche Zu⸗ raucht daher hier nicht noch besonders hervorgehoben zu werden. ständigkeit der Landgerichte regelt sich nach § 20 der Zivilprozeß⸗
Die Bestimmung unter Nummer 3 wird durch die Aenderung des ordnung. 8 399 Nr. 5 erfordert, um, eehhen⸗ dem bestehenden Recht, das Die weitere Bestimmung des 2 iederaufnahmeverfahren in denjenigen Fällen auszuschließen, in denen des Rechtsweges nur nach nerfengige Entscheidung der obersten Justiz⸗ 2. — Anmendung cn7. 8e Strafgesetzes eine geringere Seeltn gassbnee⸗ ge- zulässig erklärt, sch n.-e Ner, 25 FArlce. eestrafung nicht begrün ein würde. esetze und den im g. r 1 ee- w § 411 Absatz 1, 2. Dieselbe darhte umsomehr am Platze sein, ais sie einerseits der Natur Der jetzige Absatz 2 läßt auch für den Fall, daß der Verurtheilte des Anspruchs nung trägt und andererseits dem en Interesse lich noch am Leben befindet, eine Freisprechung ohne Erneuerung der des Entschädigungsbere bügten entspricht, dem dad vielfach die Hauptverhandlung zu. Die Bestimmung hat in der Praxis mehrfach! Weitläufigkeit des prozessualischen Verfahrens erspart bleiben wird.
cédure pénale, rapports faits à la chambre des représentants au nom de la commission parlementaire par M. Thoniss en, Bd. II, S. 416). Um bereits vor Beendigung dieser Gesetzesrevision eine beschleunigte Aburtheilung der délits its zu ermöglichen, legte der Justiz⸗Minister am 14. April 1890 den Kammern einen Gesetzentwurf vor, welcher im wesentlichen die Bestimmungen des französischen Gesetzes vom 20. Mai 1863 wiedergiebt. Abwei von demselben wird bestimmt, daß das beschleunigte Verfahren nach Ergreifung auf frischer That nur bei denjenigen der Juris⸗ diktion der tribunaux correctionels unterliegenden Strafthaten statthaft ist, welche ausschließlich mit Freiheitsstrafen bedroht sind. Jeder Beamte, selbst jeder Bürger kann den Ergriffenen dem Staatsanwalt oder dem Friedensrichter vorführen; der Letztere kann ihn dem Staatsanwalt zuführen lassen; der Staats⸗ anwalt vernimmt den Beschuldigten. Das weitere Verfahren ist das⸗ selbe wie in Frankreich; nur muß, falls eine Vertagung stattfindet, der Beschuldigte immer in Freiheit gesetzt werden, sofern nicht einer der allgemeinen gesetzlichen Haftgründe vorliegt. Nach Erlaß des Urtheils ist der Freigesprochene oder in Abweichung von der ursprünglichen Be⸗ chuldigung nur zu Geldstrafe Verurtheilte sofort freizulassen; der zu reiheitsstrafe Verurtheilte kann, wenn Berufung eingelegt wird, gegen aution in Freiheit gesetzt werden. III. England. 2 Durch die drei summary jurisdiction acts von 1848 (11 & 12 Vict. c. 43, ergänzt durch Gesetz von 1863, 26 & 27 Vict. c. 97), 1879 (42 & 43 Vict. c. 49) und 1884 (47 & 48 Vict. c. 43) in Verbindung mit der früheren Gesetzgebung ist für eine große Zahl einzeln bezeichneter Delikte eine beschleunigte Aburtheilung vor den courts of summary jurisdiction ermöglicht. . Dieselben bestehen meistentheils aus einem Einzelrichter und einem Gerichtsschreiber; nur in gewissen Gerichtsbezirken sind bei einzelnen
terhause vor wenigen Jahren ein Gesetz⸗Entwurf mehrerer Ab⸗ Kordneten vor, wonach dem Angeklagten in jeder Strafsache die Be⸗ mnefung, auch hier an ein höheres Gericht, eine Abtheilung des High ourt, zustehen sollte. VIII. Norwegen giebt in der neuesten Strafprozeßordnung vom s Zuli 1887 die Berufung nur gegen Urtheile der unteren Gerichte — Schöffen⸗ und Verhörsgerichte — im weitesten Umfange: gegen Ent⸗ Füdungen der Schwurgerichte ist zwar gleichfalls die Berufung zu⸗ Flassen, dach entspricht sie unserer Revision, da sie auf eine unrichtige aelscheidung der Schuldfrage nicht gestützt werden darf. Das Rechts⸗ netel geht stets an das oberste Gericht des Landes, das „Höchstegericht“, velches selbst oder in gewissen Fällen durch einen aus seiner Mi bildeten Beschwerdeausschuß entscheidet. 8 Um die Zuständigkeit der Untergerichte erweitern und gleichzeitig ve Zahl ihrer Richter einschränken zu können, hat man noch ein der drther ng ähnliches Rechtsmittel gegen schöffen⸗ und verhörsgerichtliche St eile eingeführt. Wenn nämlich eine Partei, Angeklagter oder matsanwalt, das, was dort hinsichtlich der Schuldfrage angenommen
— st vorden ist, bestrei 8 ee, eae e Perms weilen auch an das Tribunal am Präͤfektursitze des Nachbardepartements en ist, bestreitet, ohne sich dabei lediglich auf eine angeblich un gewiesen. 8 existierten in gersselt, —9 Tribunale: nur für 18 de Hesetzesanwendung zu stäßen⸗ so kann die Sache zu erneuter von ihnen 22 infolge 8* “ een der Appellhof, für nbra h 81 888 das Schwurgericht, also auch vor ein höheres Gericht
2 eordnetes Tribunal II. anz. . 8 1
8 4 3 ““ 8 deon Rußlands Fee (letzte amtliche Ausgabe § 4130, welche die Beschreitung 2 Sinag 6) gewährt gegen Ürtheile der Friedensrichter als der untersten 3 3 nier gerichte die Berufung in vollem Umfange und leitet sie an die Beilage.) wedensrichterversammlungen, zu denen in bestimmten Terminen alle ssensrichter eines Friedensrichterbezirks — im allgemeinen eines
d mit den darin liegenden Städten — zusammentreten. idie höhere Gerichtsbarkeit in Strafsachen üben die Bezirks⸗ gatheils ohne Geschworene, theils mit solchen aus. Im ersteren eht gegen ihre Urtheile Berufung in weitem Umfange zu,
nicht zulässig ist, der binnen 10 beziehungsweise 5 Tagen einzulegenden Opposition. Der Präsident beraumt auf dieselbe einen neuen Termin an: erscheint der Angeklagte hier, so gilt das Kontumazialurtheil als nicht erlassen, andernfalls wird durch nur der Kassation unterworfenes Erkenntniß die Vollstreckung des ersten Urtheils angeordnet.
Vor den corti d'assise erläßt, ähnlich wie in Frankreich, der Präsident gegen den Angeklagten, der in Anklage⸗ zustand nicht stellt, auch nicht ergriffen wird, einen öffentlichen Befehl zur Stellung binnen 10 Tagen, widrigenfalls gegen ihn in seiner Ab⸗ wesenheit verfahren werden würde. Stellt er sich nicht, so wird in öffentlicher Sitzung jener Befehl hinsichtlich seiner Formalien geprüft und nach Verlesung des Protokolls, sonstiger Dokumente sowie der niedergeschriebenen Zeugenaussagen das Urtheil gefällt und verkündet. Hierbei wirken Geschworene nicht mit, wenn
1) der auf freiem Fuß befindliche Angeklagte zwar innerhalb der 85 öffentlich gestellten Frist, aber nicht zur Hauptverhandlung er⸗ schienen ist,
2) wenn der Präsident den Angeklagten unter abschriftlicher Mit⸗ des Gesetzeswortlauts direkt hat laden lassen, ohne daß er
erschiene.
Im ersten Fall wird in der Sitzung der Ueberweisungsbeschluß und das vvnnne über die Bekanntmachung des Befehls, im letzteren die g der Zustellung verlesen. 1b Wird der zu einer pena criminale verurtheilte Angeklagte inner⸗ halb der Verjährungsfrift festgenommen, so kann er seine Rechte so geltend m „ als ob er gar nicht kontumaziert worden wäre, in wel Fall das Urtheil als nicht fefält gilt und auf Grund des in Kraft bleibenden U isungsbeschlusses sowie der Anklage in ge⸗ wöhnlicher Form ver III1 8
Gegen „ oder Polizeistrafen aussprechende Erkennt⸗ nisse ist Opposition zugelassen.
In Ungarn ist es zur Kodifikation des gesammten Strafprozesses noch nicht gekommen, doch ist gegenwärtig eine Berufung im vollen Umfang, hinsichtlich der Schuldfrage und der Strafzumessung, zu⸗ ralar und in II. Instanz entscheiden stets höhere Gerichte,
öniglichen Gerichtshöfe oder die Königlichen Tafeln. In diesem Zu⸗ stande beabsichtigt auch der neueste Regierungs⸗Entwurf einer Straf⸗ ee , von 1Gee,be ber Sen Les Leves “ In Frau er e d'instruction cri b
von 1808 gleichfalls die — im vollen Umfange und leitet sie stets an höhere Gerichte, an die tribunaux correctionnels beziehungs- weise von diesen als erster Instanz an die Cours * wovon 8 seit dem Gesetze vom 13. Juni 1856 eine Ausnahme nicht mehr giegt.
Vor diesem Gesetze bestanden solche allerdings vielfach. Die Appellhöfe waren nämlich korrektionelle Berufungsinstanz nur für die Tribunale im Departement ihres Sitzes, während in den anderen ihrem Bezirke gehörenden Departements II. Instanz das sonst stehende Tribunal am jeweiligen Präfektursitze war. Die Bexusas gegen deren eigene Urtheile I. Instanz war an pellhof,
§ 413 e. 8 Da die Aufgabe des erkennenden Gerichts sich im wesentlichen auf die Ermittelung und Feststellung des Betrages der zu gewährenden Entschädigung beschränkt, so liegt kein Grund 22 besondere ö Verf er
über das Verfahren und die Zuständigkeit der Gerichte zu geben. Entwurf beläßt es daher in diesen Beziehungen bei den allgemeinen Regeln, die sich aus der Anwendung der Zivilprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes ergeben, jedoch mit der Maßgabe, daß die Zu⸗ söndche der Landgerichte ohne Rücksicht auf den Werth des Streitgegen⸗ t
s
aandes eine ausschließliche sein soll. Die letztere Bestimmung empfiehlt den Ap
Falle
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