1895 / 279 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 22 Nov 1895 18:00:01 GMT) scan diff

11314“*

bestimmten Delikten zwei Friedensrichter zur Urtheilsfällung erforder⸗ lich. Das summarische Verfahren ist bei bestimmten, besonders be⸗ zeichneten Strafthaten zulässig. Die courts of summary jurisdiction sind für bestimmte Delikte an sich zuständig; unter gewissen Voraus⸗ setzungen aber haben sie auch einzelne besonders bezeichnete, an sich zur Zuständigkeit eines höheren Gerichtsbofes gehörige Delikte abzuurtheilen; dagegen aber hat der Beschuldigte das Recht in bestimmten, an sich zur Zuständigkeit der courts of summary jurisdiction gehörigen Sehe 5 Verhandlung die Verweisung an einen 5 ichtshof zu verlangen. 8

Das summarische Verfahren ist in den an sich zur Zuständigkeit böherer ee gehörenden Sachen stets von den beiden Vor⸗ bedingungen abhängig: 8

1) daß der Gerichtshof dasselbe nach Lage des Falles für an⸗ gezeigt erachtet; 1“ 1

2) daß der Beschuldigte beziehungsweise sein gesetzlicher Vertreter mit Anwendung dieses Verfahrens einverstanden ist. 3

In gg Fällen kann das Urtheil im summarischen Verfahren nur ergehen:

1y gegen Kinder unter 12 Jahren, wenn nicht Vater, Mutter oder Vormund des Beschuldigten die Verweisung an ein höheres Gericht verlängen;

29 gegen Personen im Alter von 12 bis 16 Jahren, wenn der Beschuldigte ausdrücklich seine Zustimmung erklärt;

3) 8 Personen im Alter von mehr als 16 Jahren: .

a. 566 Delikten, wenn der Beschuldigte ausdrücklich seine Zustimmung erklärt; -

P. bei anderen bestimmten Delikten nur dann, wenn der Be⸗ schuldigte geständig ist; Verweigerung der wr. oder Bestreiten zieht die weisung an das höhere Gericht nach sich.

In allen diesen Fällen ist der Beschuldigte oder gesetzliche Ver⸗ treter desselben zunächst über sein Recht zu belehren. 8

Die courts of summary jurisdiction balten täglich, mit Aus⸗ nahme 2, e-ce ae Sitzung ab. Jede auf frischer That in den bezeichneten Straffällen durch einen Polizeibeamten ergriffene Person wird durch diesen zugleich mit den sofort von ihr mündlich zu ladenden Zeugen und dem Verletzten dem Richter des Bezirks vor⸗ geführt. Dieser vernimmt ihn sowie die Zeugen und erläßt sofort das Ürtheil, wenn die Sache spruchreif ist; ist die Zeit zu sehr vorgerückt oder weitere Beweisaufnahme erforderlich, so vertagt er die Sache, ordnet die erforderlichen Ermittelungen an und erläßt geeignetenfalls den Haftbefehl; erachtet er das summarische Verfahren für nicht zulässig oder nach Lage des Falles für nicht angezeigt, so verweist er die Sache an das höhere Gericht. 8 1

Nachstehend erfolgt die wörtliche Wiedergabe des französischen Gesetzes vom 20. Mai 1863 und der belgischen Entwürfe von 1885 und 1890.

8

Vergleichung der französischen und belgischen Gesetz⸗ geFunc über das summarische Verfahren bei Aburtheilung der flagrants délits.

Französisches Gesetz vom Belgischer Entwurf von

20. Mai 1863. 1885.

Bulletin des lois, Tome XXI. Travaux préparatoires du code (Jahrg. 1863, Bd. I, S. 966.) de procédure pénale. Rapports v111“ faits à la chambre des repré-

sentants au nom de la com- mission parlementaire par

M. Thonissen. (Bd. II, S. 146.)

(Der Regierungs⸗Entwurf enthielt

die folgenden nicht;

die Kommission hat sie eingefügt.) Artikel 142.

Artikel 1. r Jeder Beschuldigte, der auf

teder Beschuldigte, der auf

frischer That wegen einer mit kor⸗ frischer That wegen einer korrek⸗

rektionellen Strafen zu ahndenden tionell strafbaren Handlung ergriffen Handlung ergriffen wird, wird wird, kann unverzüglich dem Staats⸗ unverzüglich dem Staatsanwalt anwalt vorgeführt werden. vorgeführt, der ihn vernimmt und Artikel 143. ihn, wenn möglich sofort, der Nachdem der Staatsanwalt ihn Sitzung des Tribunals überliefert. vernommen hat, ohne daß er ein

diesem Falle kann der Protokoll über die Vernehmung Staatsanwalt einen Verwahrungs⸗ aufzunehmen braucht, überliefert er befehl gegen den Beschuldigten den Beschuldigten entweder dem erlassen. Untersuchungsrichter im Wege des gewöhnlichen Verfahrens, oder läßt ihn auf der Stelle der Sitzung des korrektionellen Tribunals über⸗ liefern.

In diesem Falle kann der Staats⸗ anwalt Haftbefehl gegen den Be⸗ schuldigten erlassen, wenn die Prä⸗ ventivhaft gesetzlich zulässig ist.

Artikel 144. Wenn das Tribunal keine Sitzung

Wenn keine Sitzung stattfindet, so ist der Staatsanwalt verpflichtet, hat, ist der Staatsanwalt ver⸗ den Beschuldigten zur Sitzung des pflichtet, den Beschuldigten zur nächstfolgenden Tages laden zu Sitzung des nächstfolgenden Tages lassen. n es nöthig ist, wird zu laden. Wenn es nöthig ist, das Tribunal besonders einberufen. wird das Tribunal besonders ein⸗

berufen. Artikel 3. Artikel 145. 8 Die Zeugen können durch jeden nnen den Beamten der gerichtlichen Polizei Beamten der gerichtlichen Polizei oder Agenten der öffentlichen Ge⸗ oder Agenten der öffentlichen Ge⸗ walt mündlich vorgeladen werden. walt mündlich vorgeladen werden. Sie sind zum Erscheinen ver⸗ Sie sind zum scheinen ver⸗ pflichtet, bei Vermeidung der in pflichtet, bei Vermeidung der in Artikel 157 des code d'instruction Artikel 31 und 32 dieses Titels criminelle angedrohten Kriminal⸗ angedrohten Strafen.

strafen. Artikel 4. Artikel 146.

Wenn der Beschuldigte es be⸗ Wenn der Beschuldigte es be⸗ antragt, so gewährt das Tribunal antragt, so gewährt das Tribunal ihm einen Aufschub von mindestens ihm einen Aufschub von mindestens drei Tagen zur Vorbereitung seiner drei Tagen zur Vorbereitung seiner Ventboibisung. Vertheidigung.

Artikel 5. Artikel 147.

Wenn die Sache nicht spruch⸗ Wenn die Sache nicht spruch⸗ reif ist, so verfügt das Tribunal reif ist, so verfügt das Tribunal die Vertagung behufs weiterer Auf⸗ die Vertagung behufs weiterer Auf⸗ klärung auf eine der’ nächsten klärung auf eine der nächsten Si en, und setzt geeignetenfalls Sitzungen, und setzt geeignetenfalls den Beschuldigten in den Beschuldigten vorläufig in Frben mit oder ohne Sicher⸗ Füebet mit oder ohne Sicher⸗

eitsleistung. eitsleistung. Artikel 6. 1 Der freigesprochene Beschuldigte ist unverzüglich und ungeachtet der Berufungseinlegung in Freibeit zu

setzen. Artikel 7. Artikel 148.

Das gegenwärtige Gesetz findet Die vorstehenden Artikel finden keine Anwendung auf Preßvergehen, keine Anwendung auf Strafthaten, politische Vergehen und auf Ma⸗ welche nicht zur Jurisdiktion der terien, deren durch be⸗ korrektionellen Tribunale gehören. sondere Gesetze geregelt ist. Anmerkung. Die Aufnahme

1u“ des Artikels 6 des französischen

Gesetzes in den belgischen Ent⸗

urf erübrigte sich durch die all⸗

gemeinen Bestimmungen desselben ber die Untersuchungshaft.

8 2 8 Die Zeugen können durch jeden

Belgischer Entwurf über die Verfolgung der flagrants

délits vom 14. April 1890,

.“ den Kammern vorgelegt.

Artikel 1. 8 un in den Fällen der Ergreifung auf frischer That die Straf⸗

that eine derartige ist, welche mit korrektioneller Freibeitsstrafe be⸗

droht ist, so kann jedes Organ der öffentlichen Gewalt und selbst

jeder Bürger den Beschuldigten festnehmen und ihn unverzüglich vor

den Staatsanwalt oder vor den Friedensrichter oder seinen Vertreter

ren.

Der Friedensrichter oder sein Vertreter können die Vorführung des Beschuldigten vor den Staatsanwalt anordnen.

Der Staatsanwalt vernimmt den Beschuldigten und führt ihn, wenn es möglich ist, ohne daß er ein Protokoll über die Vernehmung aufzunehmen braucht, sofort in der Sitzung des korrektionellen Tribunals vor.

In diesem Falle kann der Staatsanwalt Haftbefehl gegen den Beschuldigten erlassen. 1

Artikel 2.

Wenn das Tribunal keine Sitzung hält, so läßt der Staats⸗ unwalt den Beschuldigten zur Sitzung des folgenden Tages laden. Das Tribunal wird im Nothfalle besonders zusammenberufen.

Artikel 3. b

Die Zeugen können mündlich durch jeden Beamten der gericht⸗ lichen Polizei, Vertreter der öffentlichen Gewalt, oder Vertreter der Ortspolizei vorgeladen werden, und sind zum Erscheinen verpflichtet zur Vermeidung der den Zeugen angedrohten Strafen.

rtikel 4.

Wenn der Beschuldigte es verlangt, hat ihm das Tribunal einen Aufschub von mindestens drei Tagen behufs Vorbereitung seiner Ver⸗ theidigung zu gewähren. Bei Gewährung dieses Aufschubes kann das Tribunal die Freilassung anordnen.

Artikel 5.

Wenn die Sache nicht spruchreif ist, so vertagt das Tribunal sie behufs weiterer Ermittelung auf eine spätere Sitzung und ordnet die Freilassung des Beschuldigten an. 8 8 8 S.

In allen Fällen, in denen die Untersuchungsbaft gesetzlich zulässig ist, kann das Tribunal anordnen, daß der Beschuldigte in Haft bleibt, oder seine Freilassung gegen Kautionsleistung befehlen.

1 Artikel 6. Wenn der Beschuldigte freigesprochen oder zu einer Geldstrafe verurtheilt wird, so wird er sofort in Freiheit gesetzt, sofern er nicht wegen einer anderen Sache in Haft bleibt.

Im Falle der Verurtheilung zu einer Freiheitsstrafe kann⸗der Beschuldigte seine Freilassung beim Berufungsgericht beantragen, wenn Berufung eingelegt worden ist. Das Berufungsgericht kann die Frei⸗ lassung gegen Kautionsleistung anordnen.

Artikel 7. 8

Das gegenwärrige Gesetz findet keine Anwendung auf Straf⸗ thaten, welche nicht der Jurisdiktion der korrektionellen Tribunale unterliegen. .

Anlage D. 8 Zusammenstellung einiger Bestimmungen neuerer Strafprozeßordnungen über die Ablehnung von Gerichtspersonen.

I. Norwegen (Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Straf⸗ sachen vom 1. Juli 1887, Artikel 68 bis 71).

Die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ergeht durch das Gericht, welchem der Abgelehnte angehört; dieser nimmt an der Entscheidung theil, sofern es sich nicht um Ablehnung eines Mitgliedes des Höchstegerichtshofes oder des Beschwerde⸗Ausschusses desselben handelt. Wird der Ablehnung stattgegeben, so steht der Staatsanwaltschaft die Beschwerde zu, bei Ablehnung eines Mit⸗ gliedes des Geschworenengerichts ist die Beschwerde ausgeschlossen. Derjenige Richter, dessen Austritt beschlossen ist, ist dessenungeachtet berechtigt, solche Amtshandlungen vorzunehmen, welche keinen Auf⸗ schub dulden.

II. Italien (Codice di procedura penale vom 26. No⸗ vember 1865, Artikel 746 765). 1

Die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ergeht durch das Gericht, welchem der Abgelehnte angehört, ohne Theilnahme desselben. Entsteht durch sein Ausscheiden Beschlußunfähigkeit eines Gerichts, so weist das Ober⸗Gericht die Entscheidung einem anderen Untergecicht zu. Die Beschwerde ist zulässig. Das Gesuch muß spätestens vierundzwanzig Stunden vor dem Termin angebracht werden. Sind in demselben keine Beweise angegeben, oder wird es als un⸗ begründet verworfen, so kann der Gesuchsteller mit Geldstrafe bis zu 300 Lire belegt werden, auf die Staatsanwaltschaft findet diese Be⸗ stimmung keine Anwendung. 1 2 z III. Oesterreich (Strafprozeßordnung vom 23. Mai 1875, §§ 72 bis 74).

Die Enrscheidung über das Ablehnungsgesuch ergeht in der Regel durch den Vorsteher desjenigen Gerichts, dem der Abgelehnte angehört Ueber die Ablehnung eines Einzelrichters entscheidet die Rathskammer des nächst höheren Kollegialgerichts, über Ablehnung eines ganzen Gerichts oder des Vorstehers desselben der nächst höhere Gerichtshof. Die Entscheidung ist nicht mittels Rechtsmittels anfechtbar. Zugleich mit derselben ist der Richter oder das Gericht zu bezeichnen, dem die Sache übertragen wird. Das Gesuch ist, wenn es einzelne Gerichts⸗ mitglieder betrifft, spätestens vierundzwanzig Stunden vor Beginn der Verhandlung wenn es einen ganzen Gerichtshof betrifft, spätestens anienr drei Tagen nach der Vorladung zur Hauptverhandlung an⸗ zubringen. 3 2

Völlig gleiche Bestimmungen enthält die Strafprozeßordnung für Bosnien und die Herzegowina vom 31. August 1880.

8*

den gesetzgeben

Entwurf eines Gesetzes, ““ betreffend den Verkehr mit Butter, Käse, Schmalz und deren Ersatzmitteln.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ꝛc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

§ 1.

Die Geschäftsräume und sonstigen Verkaufsstellen, einschließlich der Marktstände, in denen Margarine, Margarinekäse oder Kunst⸗ speisefett gewerbsmäßig verkaust oder feilgehalten wird, müssen an in die Augen fallender Stelle die deutliche, nicht verwischbare In⸗ schrift „Verkauf von Margarine“, „Verkauf von Margarinekäse“, „Verkauf von Kunstspeisefett“ tragen.

Margarine im Sinne dieses Gesetzes sind diejenigen, der Milch⸗ butter oder dem Butterschmalz ähnlichen Zubereitungen, deren Fett⸗ gehalt nicht ausschließlich der Milch entstammt.

Margarinekäse im Sinne es Gesetzes sind diejenigen käse⸗ artigen Zubereitungen, deren Fettgehalt nicht ausschließlich der Milch

t

Kammt.

Kunstspeisefett im Sinne dieses Gesetzes sind diejenigen, dem Schweineschmalz ähnlichen Zubereitungen, deren Fettgehalt nicht aus⸗ schließlich aus Schweinefett besteht. Ausgenommen sind unverfälschte Fette bestimmter Thier⸗ oder Pflanzenarten, welche unter den ihrem 891,7n entsprechenden Bezeichnungen in den Verkehr gebracht werden. 3

§ 2. Die Vermischung von Butter oder Butterschmalz mit Margarine oder anderen Speisesetten zum Zweck des Handels mit diesen Mischungen, donfe das gewerbsmäßige Verkaufen und Feilhalten solcher Gemische ist verboten.

Unter diese Bestimmung fällt auch die Verwendung von Milch

oder Rahm bei der Feeene ehs Herstellung von Margarine, sofern mehr als 100 Gewichtstheile Milch oder eine dementsprechende Menge

zu entnehmen. Auf Verlangen ist ein Theil der Pro

5

Nahm an 100 Genichtetbenk⸗ der nicht der Milch entstammenden

Fette in dung kommen.

2. Wer Margarine, Margarinekäse oder Kunstspeisefett gewerde⸗

mäßig herstellen oder vertreiben will, hat davon der nach den landes⸗ rechtl Bestimmungen zuständigen Behörde Anzeige zu erstatten, hierbei auch die für die Herstellung, Aufbewahrung, Verpackung und Feilhaltung der Waaren dauernd bestimmten Räume zu

und die etwa bestellten Betriebsleiter und Aufsichtspersonen namhaft

zu machen. Für bereits bestehende Betriebe ist eine entsprechende Anzeige binnen zwei Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes zu erstatten Veränderungen bezüglich der der Anzeigepflicht unterliegenden Räume und Personen sind nach Maßgabe der Bestimmung des Ab⸗ satzes 1 der zuständigen Behörde drei Tagen anzuzeigen.

Die Beamten der Polizei sind befugt, in die Räume, in denen Margarine, Margarinekäfe oder Kunstspeisefett gewerbsmäßig ber⸗ gestellt, aufbewahrt, feilgehalten oder verpackt wird, jederzeit ein⸗ zutreten und daselbst Revisionen vorzunehmen, auch nach ihrer Aus⸗ wahl Proben zum Zweck der Untersuchung gegen Empfangsbescheinig amtlich ver⸗ schlossen oder versiegelt zurückzulassen und für die ennommene Piokbe eine angemessene Entschädigung zu

Die Unternehmer von Betrieben, in denen Margarine, Margarine⸗ käse oder Kunstspeisefett gewerbsmäßig hergestellt wird, sowie die von ihnen bestellten Betriebsleiter und Aufsichtspersonen sind verbflichtet, der Polizeibehörde auf Erfordern Auskunft über das Verfahren bei Herstellung der Erzeugnisse, über den Umfang des Betriebs und über die zut Verarbeitung gelangenden Rohstoffe, insbesondere auch über deren Menge und Herkunft zu ertheilen.

In Räumen, woselbst Butter oder Butterschmalz gewerbs hergestellt, aufbewahrt oder verpackt wird, ist die Herstellung, bewahrung oder Verpackung von Margarine oder Kunstspeisefett ver⸗ boten. Ebenso ist in Räumen, woselbst Käse gewerbsmäßig herge tellt aufbewahrt oder verpackt wird, die Herstellung, Aufbewahrung oder Verpackung von Margarinekäse untersagt.

Unter diese Bestimmung fällt nicht das Aufbewahren der für den Kleinhandel erforderlichen Bedarfsmengen in öffentlichen Verkaufs. stätten, sowie das Verpacken der daselbst im Kleinhandel zum V gelangenden Waaren. Jedoch müssen Margarine, Margarinekäse und Kunstspeisefett innerbalb der Verkaufsräume in besonderen Vorratbs⸗ gefätzen und an besonderen Lagerstellen, welche von den zur Auf⸗ bewahrung von Butter, Butterschmalz und Käse dienenden Lagerstellen getrennt sind, aufbewahrt werden.

7.

Die Gefäße und äußeren in welchen Margarine Margarinekäse oder Kunstspeisefett gewerbsmäßig verkauft oder feil⸗ gehalten wird, müssen an in die Augen fallenden Stellen die deutliche nicht verwischbare Inschrift „Margarine“, „Margarinekäse“, „Kunst⸗ speisefett“ tragen.

Wird Margarine, Margarinekäse oder Kunstspeisefett in gamen Gebinden oder Kisten gewerbsmäßig verkauft oder feilgehalten. 8 hat die Inschrift außerdem den Namen oder die Firma des Fabrikanten zu enthalten.

Im gewerbsmäßigen Einzelverkauf müssen Margarine, Margarine⸗ käse und Kunstspeisefett an den Käufer in einer Umhüllung abgegeben werden, auf welcher die Inschrift „Margarine“, „Margarinekäse“ „Kunstspeisefett“ mit dem Namen oder der Firma des Verkäuferz angebracht ist. 1

Wird Margarine oder Margarinekäse in regelmäßig geformten

Stücken gewerbsmäßig verkauft oder feilgehalten, so müssen dieselben

von Würfelform sein, auch muß denselben die Inschrift „Margarine“, „Margarinekäse“ eingepreßt sein, sofern sie nicht mit einer diese Ir⸗ schrift enthaltenden Umhüllung versehen sind oder sonstwie in sicht⸗ barer Weise die Inschrift an

§ 8. In öffentlichen Angeboten, sowie in Schlußscheinen, Rechnungen,

Frachtbriefen, Konnossementen, Lagerscheinen, Ladescheinen und sonstige im Handelsverkehr üblichen Schriftstücken, welche sich auf die Liefe⸗ rung von Margarine, Margarinekäse oder Kunstspeisefett be⸗ ziehen, müssen die diesem Gesetze entsprechenden Waarenbezeichnunge angewendet werden.

§ 9. Der Bundesrath ist ermächtigt, das gewerbsmäßige Verkaufen und Feilhalten von Butter, deren Wassergehalt eine bestimmte Grene überschreitet, zu verbieten. 9 10

Der Bundesrath ist ermächtigt, 1

1) nähere, im Reichs⸗Gesetzblatt zu veröffentlichende Bestin⸗ mungen zur Ausführung der Vorschriften des § 7 zu erlassen,

2) Grundsätze aufzustellen, nach welchen die zur Durchführung dieses Gesetzes, sowie des Gesetzes vom 14. Mai 1879, betreffen den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchs⸗ gegenständen (Reichs⸗Gesetzbl. S. 145), erforderlichen Seehee natürlicher oder künstlicher Fette der in diesem Gesetz bezeichneten vorzunehmen sind. 5 8

Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf solche Erzeugnisse de im § 1 bezeichneten Art, welche zum Genuß für Menschen nicht be⸗ stimmt sind, keine Anwendung. 8

Mit Gefängniß bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark oder mit einer dieser Strafen bestraft: 3 1 1

1) wer zum Zweck der Täuschung im Handel und Verkehr eim der nach § 2 unzulässigen Mischungen herstellt; 8

2) wer in Ausübung eines Gewerbes wissentlich solche Mischunge verkauft oder feilhält. 5 18

Mit Geldstrafe von fünfzig bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft wird bestraft: 1 1) wer den Vorschriften des § 4 zuwider den Eintritt in die Räume, die Entnahme einer Probe oder die Revision verweigert; 2) wer die in Gemäßheit des § 5 von ihm erforderte uvskanf nicht ertheilt oder bei der Auskunftertheilung wissentlich unwahre Ar⸗ gaben macht. 9 14

Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des § 3 werden mt Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft bis zu viet Wochen bestraft. 8en

5.

Außer den Fällen der §§ 12 bis 14 werden Zuwiderhandlunge gegen die Vorschriften dieses Gesetzes sowie gegen die in Gemäsbet der §§ 9 und 10 Ziffer 1 ergehenden Bestimmungen des Bundesratht mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft ven

Im Wiederholungsfalle ist auf Geldstrafe bis zu sechsh Mark, oder auf Haft, oder auf Gefängniß bis zu drei Monale erkennen. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn seit Zeitpunkt, in welchem die für die frühere Zuwiderhandlung erkannu Strafe verbüßt oder erlassen ist, gr Jahre verflossen sind.

In den Fällen der §§ 12 und 15 kann neben der Straft Einziehung der verbotswidrig hergestellten, verkauften oder feilgebaltenn Gegenstände erkannt werden, ohne Unterschied, ob sie dem Verurtheilter gehören oder nicht. . . paf

Ist die Verfolgung oder Verurtheilung einer bestimmten so kann auf die Einziehung selbständig werden.

Die Vorschriften des Gesetzes, betreffend den Velkehr Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgeg den. . 14. Mai 1879 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 145) bleiben u b

§ 17. i4

cgthen isten in den §§ 16, 17 desselben finden auch bei Zuwiderhand⸗ en gegen die Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes Anwendung.

8 § 18. Das gegenwärtige Gesetz tritt am 1896 in Kraft. Mit diesem Zeitpunkte tritt das Gesetz vom 12. Juli 1887, betreffend den mit Ersatzmitteln für Butter (Reichs⸗Gesetzbl. S. 375),

ft. Urkundlich ꝛc. Gegeben ꝛc.

Die Begründung lautet:

Das Gesetz vom 12. Juli 1887 über den Verkehr mit Ersatz⸗ mitteln für Butter hatte den Zweck, die Fabrikation und den Vertrieb von Margarine, welche die Grenzen des erlaubten Wettbewerbs im geschäftlichen Leben zu überschreiten begannen, in geordnete Bahnen zurückeuführen. anerkanntermaßen Margarine, welche aus einwandfreien Rohstoffen hergestellt wird, ein gesundes, und seiner Billigkeit wegen namentlich für die minderbemittelten Be⸗ völkerungsklassen schätzbares Ersatzmittel der Milchbutter bildet, war es nicht beabsichtigt, die Fabrikation und den Absatz derselben zu ver⸗ bindern oder zu erschweren. Vielmehr sollte durch das bezeichnete Geseß nur denjenigen Mißständen entgegengetreten werden, welche infolge eines überhandnehmenden unredlichen Geschäfts⸗ gebabrens der betbeiligten Industrie⸗ und Handelskreise bervor⸗ getreten waren. Diese Unzuträglichkeiten bestanden hauptsächlich zarin, daß Margarine, zumeist vermischt mit Butter, unter fälschlicher Bezeichnung als Naturbutter oder unter anderen, die Abnehmer der Waare irreführenden Namen in den Handel“ gebracht und zu dem gleichen Preise wie echte Naturbutter verkauft wurde. Einer⸗ seits wurde hierdurch das kaufende Publikum geschädigt, indem es für den Preis der Milchbutter eine Waare von geringerem Werth erhielt, andererseits wurde aber auch die Landwirthschaft, namentlich das Molkereiwesen, benachtheiligt, indem die minderwertbige und erheblich wohlfeiler als Milchbutter berstellbare Margarine auf dem Nahrungsmittelmarkt mit der letzteren in Konkurrenz trat und ihr unter falschem Gewande das bisherige Absatzgebiet streitig machte. Entsprechend der vorerwähnten Absicht beschränkte sich das Gesetz vom 12. Juli 1887 darauf, eine strenge Unterscheidung zwischen Naturbutter und Margarine im Handel ein⸗ treten zu lassen und den Grundsatz zur Geltung zu bringen, daß überall im Geschäftsverkehr Margarine offen als das, was sie ist, be⸗ feichnet werden muß.

Seit dem Erlaß dieses Gesetzes sind nunmehr acht Jahre ver⸗ gangen, ohne daß das erstrebte Ziel in vollem Maße erreicht worden it. Nach wie vor laufen Klagen darüber ein, daß in erheblichem Umfange der unredliche Verkehr mit Margarine fortgesetzt wird. Neuerdings ist, namentlich von seiten land⸗ und milchwirth⸗ schaftlicher Interessenten, über die Fortdauer der fraudulösen Konkurrenz der Margarineprodukte mit besonderem Nachdruck Beschwerde geführt und dringend um Verstärkung der gesetzlichen EWE gebeten worden. Hierbei ist unter anderem darauf Bezug genommen, daß auch im Auslande das Be⸗

nach fortschreitender Verschärfung der einschlägigen Vor⸗ schriften sich geltend gemacht habe. Als Anlage I ist eine Zusammen⸗ stellung der ausländischen Gesetzgebung beigefügt.

Prüft man die in Frage kommenden Verhältnisse, wie sie sich in Deutschland unter der Herrschaft des Gesetzes vom 12. Juli 1887 ge⸗ staltet haben. an der Hand der bisherigen Erfahrungen und Wahr⸗ nehmungen, so ergiebt sich Folgendes:

Die Produktion von Margarine hat an Umfang nicht wenig zu⸗ genommen. Während im Jahre 1887 Deutschland 45 Margarine⸗ abriken besaß, deren Jahresproduktion sich auf ungefähr 15 Millionen Kilogramm mit einem Verkaufswerth von etwa 18 Millionen Mark bezifferte, sind heute 73 solcher Betriebe im Reich vorhanden, deren jährliche Produktionsmenge auf etwa 90 Millionen Kilogramm mit einem Verkaufswerth von etwa 117 Millionen Mark geschätzt wird. Von den Fabriken entfallen 50 auf Preußen, 12 auf Bayern, Z auf das Königreich Sachsen, je 2 auf Württemberg und Hamburg, je l auf Baden, Mecklen⸗ turg⸗Schwerin, Braunschweig und Elsaß⸗Lothringen. Ebenso wie der Produklionsumfang der Margarine, hat auch ihr Kaufpreis eine Steigerung erfahren. Während im Jahre 1887 das Kilogramm Margarine noch zu 0,70 bis 1,20 käuflich war, wird dieselbe heutzutage im Kleinhandel mit 0,80 bis 1,60 bezahlt.

Ueber die Eigenschaften der Margarine in gesundheitlicher Hin⸗ sicht treffen noch vollständig die Bemerkungen zu, welche hierüber in der Begründung zu dem Gesetz vom 12. Juli 1887 niedergelegt sind. Nur um ein Geringes bleibt die Margarine im Nährwerth und in der Verdaulichkeit hinter der Naturbutter zurück. Nachweisliche Gesundheitsschädigungen durch den Genuß von Margarine sind bis jett nicht bekannt geworden. Immerhin ist nach dem Urtheil der Sachverständigen die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß Margarine gesundheitsschädliche Eigenschaften annimmt, wenn sie aus nicht einwandfreiem Material, namentlich aus dem Fette kranker oder gefallener Thiere hergestellt wird. Die nach dieser Richtung be⸗ stehende Gesahr ist sogar im Laufe der Zeit gewachsen, weil die Fett⸗ stoffe, aus denen Margarine bereitet wird, gegenwärtig zum über⸗ wiegenden Theil aus dem Auslande bezogen werden, und weil bezüglich dieser Stoffe jede Kontrole darüber, ob sie von gesunden Thieren stammen, fehlt.

Was den Handel mit Margarine⸗Erzeugnissen anla so ist die

Erwartung, daß derselbe unter den Wirkungen des Gesetzes vom

12. Juli 1887 wieder allgemein zu den Grundsätzen von Treue und Glauben sich bekennen werde, nicht ganz in Erfüllung gegangen. Während der Großhandel sich im allgemeinen den Bestimmungen des Gesetzes gefügt zu haben scheint, dauert im Zwischen⸗ und Kleinhandel der unredliche Verkehr mit Margarine und Mischbutter in erheblichem

fange fort. Namentlich wird, entgegen dem Verbot des § 2 des Gesetzes vom 12. Juli 1887, die sogenannte Mischbutter noch vielfach hergestellt und unter dem Schein unverfälschter Naturbutter wie letztere verkauft.

Unter solchen Umständen ist der Wunsch der landwirthschaftlichen Kreise nach stärkerem Schutz wohl begreiflich. Gegenüber den hier⸗ auf gerichteten Bestrebungen, soweit sie ohne Schädigung berechtigter nteressen der Produzenten und Konsumenten von Margarine sich ver⸗ wirklichen lassen, wird die Gesetzgebung umsoweniger sich ablehnend ver⸗ balten dürfen, als die Landwirthschaft bei der ungünstigen Lage, in der sie sich seit längerer Zeit befindet, in jeder ereheeg ilfreiche Unter⸗ hühung verdient und jedenfalls vollen staatlichen Schutz mit Recht in Fällen beanspruchen kann, wo ihr das Absatzgebiet für ihre Produkte uch unlautere Mittel verloren zu gehen droht. Nach dieser Richtung die Landwirthschaft vor Schädigungen thunlichst zu be⸗ wahren, rechtfertigt sich auch um deswillen, weil d die Naturbutterproduktion, welche ibrerseits den Betrieb von lch⸗ wirthschaft und ausgedehnter Feld⸗ und Viehwirthschaft zur Voraus⸗ stzung hat, eine ungleich größere Anzahl einheimischer Arbeits⸗ kräfte Verdienst und Lebensunterhalt findet als in der Margarine⸗ ndustrie, welche ihre Rohstoffe größtentheils aus dem Ausland be⸗ sieht, dieselben zum theil bereits dort verarbeiten läßt und zur fabrik⸗ mäßigen Herstellung ihrer Erzeugnisse im Inland nur einer beschränkten ühl von Arbeitern bedarf. Außer für die Landwirthschaft werden Schutzmaßnahmen gegen die Uebervortheilungen und Schädi⸗ hen durch trügerischen Margarinehandel auch für alle diejenigen ölkerungskreise willkommen sein, welche Naturbutter konsumieren, gegenwärtig aber immer noch trotz der im Gesetz vom 12. Juli 1887 enen Maßnahmen durch die Unterschiebung von Margarine oder bbutter an Stelle von Naturbutter hintergangen werden. Grund der Erfahrungen, in den einzelnen Bundes⸗ mit dem bisherigen Gesetz gemacht worden sind, sowie an der Vorschläge und Wünsche, welche in zahlreichen Versamm⸗ neen Druckschriften und Eingaben von sachkundigen Personen, sowie landwirthschaftlichen und industriellen Vereinen und Interessen⸗ Regel ingen geäußert worden sind, ist an eine Revision der dermaligen ng des Verkehrs mit Butter herangetreten worden. Hierbei

haben indessen nicht alle Vorschläge der Sachverständigen und bethei⸗ igung finden können.

ligten Interessentenkreise Berü Was dringend befürwortete An⸗

ordnung der Färbung garineprodukte betrifft, so wäre es unbillig, wenn dem minderbemittelten Theile des Volkes, welcher auf die wohlfeilere Margarine als Ersatzmittel angewiesen ist, dieses Fett nur in einer den Genuß verleidenden oder wenigstens in einer ihm nicht zusagenden, fremdartigen Färbung zugänglich gemacht werden wollte. Auch würde die in dwirthschaftlichen Kreisen von der Einführung eines Färbegebots erhoffte Vermehrung des Konsums von Naturbutter kaum zur Wirklichkeit werden, da die⸗ jenigen Bevölkerungskreise, welche vom ferneren Gebrauch der Margarine ihrer Farbe wegen ablassen würden, in Zukunft nicht die für ihre Verhältnisse zu kostspielige Naturbutter, sondern andere, an Billigkeit der Margarine gleichkommende Fette verwenden würden. Um die Bedenken zu heben, welche einer Färbung der Margarine entgegenstehen, ist die Einführung der sogenannten latenten Färbung der Margarine befürwortet worden. Sie würde darin bestehen, daß der Margarine ein chemischer Stoff zugesetzt wird, welcher Farbe, Geschmack, Aussehen und Ge⸗ brauchswerth derselben in keiner Weise verändert, jedoch sofort einen für jedermann erkennbaren Wechsel im Aussehen der Waare berbei⸗ führt, wenn mit letzterer eine reagierende Substanz in Berührung gebracht wird. Auch gegen diese Art der Färbung der Margarine bestehen indessen schwerwiegende Bedenken. Die Ab⸗ sicht, hierdurch die Aufdeckung betrügerischer Vertauschungen von Margarine mit Naturbutter ju erleichtern und dadurch von Be⸗ gehung von Gesetzwidrigkeiten der bezeichneten Art abzuschrecken, würde nur dann erreicht werden, wenn wirklich alle Margarine, bevor sie in den öffentlichen Verkehr gebracht wird, den vorschriftsmäßigen Zusatz erhielte. Um letzteres durchzusetzen, müßte eine kostspielige ständige Ueberwachung sämmtlicher Margarinefabriken eingeführt werden. Besondere Schwierigkeiten aber würde es bereiten, die Befolgung des Färbegebotes bei der aus dem Ausland kommenden Margarine sicher zu stellen. Nicht nur die unter der Bezeichnung als Margarine zur Ein⸗ fuhr kommenden Fetterzeugnisse müßten auf ihre latente Färbung geprüft werden, sondern auch sämmtliche über die Grenze eingehende Butter würde darauf zu untersuchen sein, ob sie nicht mit Margarine versetzt ist. Denn es läge die Gefahr nahe, daß Margarine, welche den frag⸗ lichen Zusatz nicht erhalten hat, unter falschem Namen eingeführt würde. Eine so eingehende Waarenkontrole an der Grenze scheint in⸗ dessen sowohl mit Rücksicht auf die dadurch entstebenden Verkehrs⸗ störungen als auch im Hinblick auf den Kostenpunkt und die technische Schwierigkeit der Untersuchungen nicht durchführbar. Als ein anderes Mittel, um das Feilhalten der Margarine in einem der Naturbutter ähnlichen Aussehen zu verhindern, ist von mehreren Seiten das Verbot der Färbung in Vorschlag gebracht worden. Die Färbung dient bei der Margarine ebenso, wie bei der Naturbutter dazu, der Waare ein gefälliges, gleichmäßiges Aussehen zu geben. Dies bei der Margarine zu verhindern, würde in den auf den Konsum derselben angewiesenen Bevölkerungsklassen mit Recht als eine Härte empfunden werden. Vom gesundheitspolizeilichen Standpunkt ist gegen die Färbung eine Erinnerung nicht zu erheben, da die nach den bisherigen Erfahrungen zur Anwendung kommenden Färbemittel schädliche Stoffe nicht enthalten. Uebrigens würde auch der mit dem Färbeverbot beabsichtigte Zweck kaum erreicht werden, weil es den Margarinefabrikanten möglich wäre, auch ohne unmittelbaren Farbzusatz eine im Aussehen der Naturbutter ähnliche Margarine dadurch herzustellen, daß sie hochgelbe, wenig gebleichte Pflanzenöle oder gelbfarbiges Fett, wie es älteren Thieren oder bestimmten Viehrassen eigenthümlich ist, zur Fabrikation verwenden. In letzterem Falle hätte das Färbeverbot nur die unerfreuliche Folge, daß die Lahr der Verwendung minder guten Rohmaterials zur Fabrikation von Margarine vergrößert würde. In Dänemark und Belgien ist eine Regelung dahin getroffen worden, daß die Gelb⸗ färbung der Margarine eine bestimmte, in einer amtlichen Farben⸗ tafel festgesetzte Intensitätsgrenze nicht überschreiten darf. Die Durch⸗ führung einer derartigen Bestimmung scheitert indessen daran, daß die Entscheidung der Frage, ob der Far henton der Waare noch innerhalb der festgesetzten Färbungsgrenze sich bewegt, sehr schwierig und

oftmals geradezu unmöglich ist. Dazu kommt, daß die ursprüngliche

Färbung der Margarine je nach der mehr oder minder starken Finwirkung der Luft und des Lichtes Schwankungen unter⸗ worfen ist, welche ohne Verschulden des Fabrikanten oder des Verkäufers eine Verletzung der gesetzlichen Färbungsgrenze herbei⸗ führen können.

Eine zu weitgehende Einschränkung des Margarinehandels würde es sein, wenn, wie dies mehrfach angeregt worden ist, das Feilhalten und Verkaufen der Margarine in solchen Gefäßen und äußeren Um⸗ hüllungen verboten würde, in denen Butter verpackt zu werden pflegt. Bei der Mannigfaltigkeit der Verhältnisse, welche in den einzelnen Theilen des Reichs zur Aufbewahrung, Ver⸗ sendung und Abgabe der Naturbutter Verwendung finden, würden brauchbare und dabei nicht allzu köostspielige Ge⸗ fäße für den Verkehr mit Margarine kaum mehr übrig bleiben. Ein solches Verbot erscheint auch überflüssig, da eine ausreichend deutliche Kennzeichnung der bei der Aufbewahrung und Abgabe von Margarine verwendeten Gefäße und Umhüllungen schon dann bewirkt wird, wenn dieselben, entsprechend der bisherigen Vorschrift, mit der Inschrift „Margarine“ versehen werden.

ls besonders erwünscht ist von verschiedenen Seiten bezeichnet worden, Gastwirthe, Bäcker und Konditoren zu verpflichten, die etwaige Verwendung von Margarine in ihrem Gewerbebetrieb durch Anschlag in den Betriebsräumen und durch entsprechende Vermerke auf den Svpeisekarten bekannt zu geben. Schon anläßlich der Kommissionsberathungen zu dem Gesetz vom 12. Juli 1887 ist die Einführung einer derartigen Maßnahme erörtert, schließlich aber mit Einstimmigkeit abgelehnt worden. Auch jetzt noch er⸗ scheint sie unzweckmäßig. s bildet keine unbedingte Voraus⸗ setzung für den ordnungsgemäßen und ehrlichen Betrieb einer Gast⸗ wirthschaft, Bäckerei oder Konditorei, daß als Koch⸗ und Backfett aus⸗ schließlich Naturbutter verwendet wird. ür die Zubereitung einer Reihe von Speisen und Gebäcken eignen sich neben der Naturbutter, bisweilen sogar noch besser als diese, andere Fette. Im besonderen für Margarine eine Deklarationspflicht einzuführen, würde als eine einseitige, nach Lage der Verhältnisse nicht begründete Ausnahme⸗ bestimmung aufgefaßt werden müssen. Ob es gelänge, durch eine solche Vorschrift den Verbrauch der Naturbutter, wie dies in land⸗ wirthschaftlichen Kreisen gehofft zu werden scheint, zu steigern, ist fraglich; voraussichtlich würden sich die in Betracht kommenden Gewerbe⸗ treibenden, wenn ihnen die Verwendung der Margarine durch die Deklarationspflicht verleidet wird, nicht in der theuren Naturbutter, sondern in billigeren anderen Fetten, wie beispielsweise in amerkanischem Schweineschmalz, Ersatz schaffen. Eine wirksame Kontrole darüber, ob der Deklarationspflicht allseits entsprochen wird, würde nur mittels eingehender, für die Behörden sowohl wie für die betheiligten Gewerbe⸗ treibenden höchst lästiger Besichtigungen der Betriebsräume, insbesondere auch der Küchenräume, Backstufen, Gelasse für Teigbereitung ꝛc., sich ermög⸗ lichen lassen. Genaue Untersuchungen der Speisen, Backwaaren ꝛc. müßten vorgenommen werden, wobei in vielen Fällen nicht einmal auf ein zuverlässiges Ergebniß der Speiseuntersuchungen gerechnet werden könnte, weil bei Speisen, welche starker 588 ausgesetzt werden, nament⸗ lich aber bei Zubereitungen von Fleisch, dessen natürliches Fett bei der Erwärmung mit dem zugesetzten Butterfett sich vereinigt, ein sicherer Nachweis darüber nicht mehr erbracht werden kann, ob aus⸗ schließlich Naturbutter oder auch anderes Fett zur Anwendung ge⸗

kommen ist. 8 b Auch die Einführung einer Inlandsteuer für Margarine nach amerikanischem Muster ist in Vorschlag g. worden. Dieselbe erscheint indessen gleichfalls nicht annehmbar, weil 8 die Steigerung des Kaufpreises für die Margarine die 1 einer derartigen Abgabenerhebung sein würde. Nach tze aber, welche bereits für das Gesetz vom 12. Juli 1887 maßgebend gewesen sind und auch für den rwaärigen Gesetzentwurf wiederum zur Richtschnur gedient haben, so eine Vertheuerung r Margarine,

die hauptsächlich unter der ärmeren Bevölkerung ihre Abnehmer hat und d. diese ein wichtiges Nahrungsmittel geworden ist, vermieden wer

Von mehreren Seiten ist ferner ein Verbot der Einfuhr von Margarine, welche den inländischen Vorschriften nicht entspricht, an⸗ st worden. Eine derartige Sperrmaßnahme erscheint indessen ent⸗ hrlich. Es ist selbstverständlich, daß die ausländische Margarine im Inlandverkehr den gleichen Vorschriften wie das einheimische Produkt unterliegt. Des macht es auch für die Strafbarkeit des vor⸗ schriftswidrigen Verkehrs mit Margarine und namentlich für die Zu⸗ lässigkeit der Einziehung vorschriftswidriger Margarine oder Mischbutter in den Fällen des § 5 Absatz 3 des setzes vom 12. Juli 1887 keinen Unterschied, ob das Erzeugniß inländischen oder auslän⸗ dischen Ursprungs ist. Abgesehen davon, daß hiernach geeignete Abwehr⸗ mittel gegen die Einbringung und den Vertrieb ausländischer Mar⸗ garine von verbotswidriger Beschaffenheit bereits gegeben sind, kommt in Betracht, daß der Erlaß eines Einfuhrverbots die Anordnung zur Folge haben müßte, daß alle eingehenden Butter⸗ und Mar⸗ garinesendungen an der Grenze ihren Inhalt geprüft und erst nach befriedigendem Ergebniß der Untersuchung zum freien Verkehr zugelassen werden. Die hierzu erforderlichen Einrich⸗ tungen und Arbeitskräfte würden aber einen Kostenaufwand ver⸗ ursachen, welcher zu dem durch eine derartige Waarenkontrole an der Grenze erzielten Vortheil kaum in einem richtigen Verbältniß stände. Daß durch eine solche Kontrole mannigfache Verzögerungen in der Waarenabfertigung und unliebsame Störungen des Geschäftsverkehrs, und zwar auch für den Butterhandel, herbeigeführt würden, bedarf keiner näheren Ausführung. 8

Wenn hiernach eine Reihe von e. und Anregungen aus Interessentenkreisen in dem vorliegenden Gesetzentwurf keine Berück⸗ sichtigung finden konnte, so hat sich nach anderer Richtung eine Er⸗ weiterung und theilweise Umgestaltung der bisherigen Vorschriften als angezeigt erwiesen.

Hinsichtlich des Verkehrs mit Margarine erschien es zweckmäßig, eine schärfere polizeiliche Ueberwachung der Fabrikation und des Vertriebes dieses Nahrungsmittels zu ermöglichen, namentlich aber die Herstellung der Mischbutter zu erschweren und Täuschungen über das Wesen der Waare durch fälschliche Be⸗ zeichnungen im schriftlichen Handelsverkehr thunlichst zu ver⸗ hüten. Zu diesem Behufe ist in dem Gesetzentwurf eine Erweiterung der Kontrolbefugnisse hinsichtlich aller Räume, in denen Margarine hergestellt, aufbewahrt, feilgehalten oder verpackt wird, vor⸗ gesehen; ferner sollen die der Herstellung und dem Vertrieb von Mar⸗ garine dienenden gewerblichen Betriebe der Anzeigepflicht unterworfen werden, eine Deklarationspflicht für Margarine in öffentlichen Angeboten, Schlußscheinen, Rechnungen und ähnlichen Handelsurkunden zur Einfüh⸗ rung kommen und endlich die gewerbsmäßige Herstellung, Aufbewahrung und Verpackung von Margarine und Naturbutter in einem und demselben Raume verboten werden. Die übrigen auf den Verkehr mit Margarine bezüglichen Neuerungen in dem Entwurf bezwecken lediglich eine durch die Ergebnisse der Rechtsprechung und die Erfahrungen in der Ver⸗ waltungspraxis veranlaßte Klarstellung einiger Bestimmungen des bisherigen Gesetzes.

Außerdem ist im Laufe der Zeit das Bedürfniß einer gesetzlichen 273 des Verkehrs mit Margarinekäse und Kunstspeisefett hervor⸗ getreten.

Als das Gesetz vom 12. Juli 1887 erlassen mwurde, war die Fabrikation des Margarinekäses im Reich noch unbekannt. Ueber die Herstellung und das Wesen des Margarinekäses geben die als Anlage II angeschlossenen technischen Erläuterungen*) nähere Auskunft. Im wesentlichen beruht die Fabrikation dieses Käses darin, daß der entfetteten Milch, also der Magermilch, an Stelle des ihr entzogenen Butterfetts Margarine oder ein anderes, nicht der Milch entstammen⸗ des Fett zugesetzt und alsdann aus dieser Mischung Fettkäse bereitet wird. Vom gesundheitspolizeilichen Standpunkt läßt sich hiergegen nichts einwenden; der in dieser Weise hergestellte Käse bildet bei Ver⸗ wendung guter und reiner Rohstoffe ein nahrhaftes, der Gesundheit nicht schädliches Lebensmittel. Insoweit die Margarinekäsefabri kation zur Folge hat, daß die Magermilch in großen Mengen zur Herstellung eines neuen Artikels verbraucht wird, und mithin sich nutzbringender als bisher verwerthen läßt, hat sie der Landwirthschaft Vortheil gebracht. Andererseits aber bildet der Margarinekäse für die Produzenten von Milchfettkäse ein gefährliches Konkurrenz Erzeugniß, insofern er in Aussehen, Geruch und Geschmack Milchfettkäse täuschend ähnlich ist, dabei aber erheblich billiger als dieser hergestellt und verkauft werden kann. Es ist von verschiedenen Seiten beantragt worden, die Herstellung von Margarinekäse gänzlich zu verbieten, da letzterer fast ausschließlich in betrüzerischer Absicht fabriziert werde, überdies ein Bedürfniß für diese Käseart mit Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit der deutschen Molkereiwirthschaft nicht anerkannt werden könne. Allein die Herstellung und den Vertrieb des Margarine⸗ käses zu untersagen, erscheint aus denselben Gründen volkswirthschaft⸗ lich nicht nlbffig. aus denen eine Unterdrückung der Margarine⸗ fabrikation sich verbietet. Vielmehr wird den Wünschen der betheiligten Kreise nur insoweit zu entsprechen sein, als dieselben auf gesetzlichen Schutz gegen unlautere Geschäftsgepflogenheiten beim Verkauf von Margarinekäse abzielen. Zu diesem Behuf genügt es, wenn durch die gleichen Maßnahmen wie beim Verkehr mit Margarine thunlichst verhütet wird, daß Margarinekäse in unredlicher Weise als Milch⸗ fettkäse auf dem Markt feilgehalten und verkauft wird.

Ivn ähnlicher Weise hat sich das Bedürfniß einer gesetzlichen Für⸗ sorge auf dem Gebiete des Handels mit Schweineschmalz und den demselben ähnlichen Fettzubereitungen ergeben. Schon seit längerer Zeit wird eine große Menge von Speisefetten feilgeboten, die in ihrem Aeußeren dem Schweineschmalz sehr ähnlich sind, als solches auch vom Publikum gekauft werden, thatsächlich aber ein minderwerthiges Mischprodukt aus Fettsubstanzen verschiedener Art darstellen. Hauptsächlich zählen hierher die unter Be⸗ zeichnungen wie „Speisefett“, „Raffiniertes Schmalz“, „Braten⸗ schmalz“, „Amerikanisches Schweineschmalz“ in Verkehr befindlichen Fette, über deren Wesen, Zusammensetzung und wirthschaftlichen Gebrauchswerth die technischen Erläuterungen in Anlage II näheren Aufschluß geben. Diese Fette gänzlich vom Lebensmittelmarkt zu verdrängen, liegt kein ausreichender Anlaß vor. Insoweit die Gefahr besteht, daß Fette solcher Art von gesundheitsschädlicher Beschaffenheit in den Handel gebracht werden, bietet das Nahrungsmittelgesetz vom 14. Mai 1879 genügende Handhaben zur Ab⸗ hilfe; insoweit dagegen diese Produkte Lebensmittel von nur geringerem Nahrungswerth sind, wird hieraus noch nicht die Nothwendigkeit ihres vollständigen Ausschlusses von Handel und Verkehr abgeleitet werden können. Sie bilden immerhin ein billiges, zum unmittelbaren Genuß und zur Bereitung mancher Speisen wohl w. g⸗ Fett und können, namentlich im Hinblick auf den überall bestehenden großen Bedarf und mit auf die beschränkte Kaufkraft der minder bemittelten Bevölkerungsklassen, unbedenklich zuge⸗ lassen werden. Nur erscheint es geboten, hier ebenso wie beim Handel mit Margarine und Margarinekäse gegen die Benach⸗ theiligung des Publikums und der betheiligten Produzentenkreise durch unredliche Geschäftsgepflogenheiten Schutz zu schaffen. Aus diesem Grunde ist in dem Veseventwurf die Regelung des Verkehrs mit den dem Schweineschmalz ähnlichen Fetterzeugnissen im wesentlichen nach den gleichen Gesichtspunkten wie beim Handel mit den vorbezeichneten

issen vorgesehen.⸗

Eine weitere Neuerung enthält die Gesetzesv stimmung, daß Butter, deren Wassergehalt eine immte Grenze überschreitet, vom Handel ausgeschlossen werden kann. Es empfiehlt sich eine derartige Bestimmung um deswillen, weil vielfach der Miß⸗ brauch obwaltet, der Butter auf künstlichem Wege Wasser beizu⸗ mischen, um dadurch das Gewicht derselben zu erhöhen und einen größeren Gewinn aus ihrem Verkauf zu erzielen.

Die Umgestaltung, welche nach den vorstehenden Darlegungen das Gesetz vom 12. Juli 1887 zu erfahren hat, ist so einschneidend, daß es sich aus praktischen Gründen empfiehlt, sie nicht durch zusätz⸗

je in der Be⸗