1895 / 280 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 23 Nov 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Bitburg, Wadern, Hermeskeil, Merig Waxweiler, Prüm, 0

Trier, Perl und Berncastel, vom 12. November 1895. Berlin W., den 23. November 1895. Königliches Gesetz⸗Sammlungs⸗Amt. Weberstedt.

Bekanntmachung.

Nach Vorschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesetz⸗Samml. S. 357) sind bekannt gemacht: 1

1) der Allerhöchste Erlaß vom 1. Juni 1895, betreffend die Herabsetzung des Zinsfußes der von der Stadt Barmen auf Grund des Allerhöchsten Privilegiums vom 18. Juni 1891 aufgenommenen Anleihe von 4 auf 3 ½ %, durch das Amtsblatt der Königlichen Re⸗ gierung zu Düsseldorf Nr. 26 S. 271, ausgegeben am 29. Juni 1895;

2) das Allerhöchste Privilegium vom 13. August 1895 wegen Aus⸗ gabe auf den Inbaber lautender Provinzial⸗Anleihescheine der Provinz Posen bis zum Gesammtbetrage von 10 Millionen Mark, durch die Amtsblätter 8 22.

der Königlichen Regierung zu Posen Nr. 45 S. 467, aus⸗ gegeben am 5. November 1895,

der Königlichen Regierung zu Bromberg Nr. 44 S. 557, aus⸗ gegeben am 31. Oktober 1895;

3) das Allerhöchste Privilegium vom 13. August 1895 wegen Ausfertigung auf den Inhaber lautender Kreis⸗Anleibescheine des Kreises Ostrowo im Betrage von 1 000 000 ℳ, durch das Amts⸗

blatt der Königlichen Regierung zu Posen Nr. 39 S. 415, ausge⸗ geben am 24. September 1895; 8 88

4) das am 31. August 1895 Allerhöchst vollzogene Statut für die Ent⸗ und Bewässerungsgenossenschaft zu Gusenburg im Kreise Trier (Land), durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Trier Nr. 40 S. 393, ausgegeben am 4. Oktober 1895; 1

5) das Allerhöchste Privilegium vom 17. September 1895 wegen Ausstellung auf den Inhaber lautender Anleihescheine der Stadt Wiesbaden im Betrage von 3 375 000 ℳ, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Wiesbaden Nr. 43 S. 347, ausgegeben am 24. Oktober 1895; 3 88

6) das am 17. September 1895 Allerhöchst vollzogene Statut für die Drainagegenossenschaft Klingenberg im Kreise Friedland a. Alle, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Königsberg Nr. 42 S. 411, ausgegeben am 17. Oktober 1895; 8

7) das am 17. September 1895 Allerhöchst vollzogene Statut für die Drainagegenossenschaft zu Karlsberg im Kreise Memel, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Königsberg Nr. 43 S. 419, ausgegeben am 24. Oktober 189535 1

8) das am 17. September 1895 Allerhöchst vollzogene Statut für die Genossenschaft zur Regulierung des Mooßnerflusses im Kreise Oletzko, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Gum⸗ binnen Nr. 42 S. 380, ausgegeben am 16. Oktober 1895;

9) der Allerhöchste Erlaß vom 23. September 1895, durch welchen dem Kreise Dramburg, welcher den Bau zweier Chausseen, nämlich von Dramburg nach Wusterwitz und vom Bahnhof Falken⸗ burg bis zur Neustettiner Kreisgrenze vollendet hat, nachträglich das Enteignungsrecht für die zu der letzteren Chaussee erforderlichen Grund⸗ stücke verliehen und genehmigt worden ist, daß die dem Chausseegeld⸗ tarif vom 29. Februar 1840 angehängten Bestimmungen wegen der Chausseepolizeivergehen auf die gedachten beiden Straßen zur An⸗

wendung kommen, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu

Köslin Nr. 44 S. 313, ausgegeben am 31. Oktober 1895;

10) der Allerhöchste Erlaß vom 28. September 1895, betreffend

eine Abänderung des Statuts für den Karlowitz⸗Ranserner Deich⸗ verband, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Breslau Nr. 43 S. 539, ausgegeben am 25. Oktober 1895;

11) die Allerhöchste Konzessionsurkunde vom 28. Sentember 1895, betreffend den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Ostrowo nach Skalmierzyce für Rechnung des Kreises Ostrowo, durch das Amts⸗ blatt der Königlichen Regierung zu Posen Nr. 43 S. 451, aus⸗ gegeben am 22. Oktober 1895;

8 12) der Allerhöchste Erlaß vom 6. Okteber 1895, betreffend die Verleihung des Rechts zur Chausseegelderhebung an den Kreis Jüterbog⸗ Luckenwalde für die von ihm zu bauende Chaussee von Baruth nach Jänigkendorf zum Anschluß an die diesen Ort berührende Luckenwalde⸗ Dahmer Chaussee, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin Nr. 44 S. 427, ausgegeben am 1. November 1895; 13) das am 6. Oktober 1895 Allerhöchst vollzogene Statut für die Entwässerungsgenossenschaft zu Dudeldorf im Kreise Bitburg. durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Trier Nr. 44 S. 427, ausgegeben am 1. November 1895;

14) der Allerhöchste Erlaß vom 11. Oktober 1895, betreffend die Genehmigung der von dem XVII. General⸗Landtag der Schlesischen Landschaft gefaßten Beschlüsse, durch die Amtsblätter

dder Königlichen Regierung zu Breslau Nr. 46 S. 561, aus⸗

gegeben am 15. November 1895, .

der Königlichen Regierung zu Liegnitz Nr. 45 S. 373, aus⸗ gegeben am 9. November 1895,

der Königlichen Regierung zu Oppeln Nr. 45 S. 351, aus⸗ gegeben am 8. November 1895,

der Königlichen Regierung zu Frankfurt a. O. Nr. 45 S. 353, ausgegeben am 6. November 1895.

Preußen.

Berlin, 23. November.

Seine Majestät der Kaiser und König ge heute Abend um 10 ½ Uhr aus der Göhrde i wieder einzutreffen.

In der am 21. d. M. unter dem Vorfit des Präsidenten des Staats⸗Ministeriums, Staatssekretärs des Innern Dr. von Boetticher abgehaltenen Plenarsitzung

des Bundesraths wurde dem Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Erwerbs⸗ und Wirth⸗ schaftsgenossenschaften vom 1. Mai 1889, sowie dem Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes nach Maßgabe der Ausschußanträge die Zustimmung ertheilt. Den zustaͤndigen Ausschüssen wurden überwiesen: die Gesetz⸗ entwürfe über die Feststellung des Reichshaushalts⸗Etats und über die Feststellung des Haushalts⸗Etats für die e. auf das Etatsjahr 1896/97, der Entwurf eines Gesetzes wegen Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltungen des Reichsheeres, der Marine und der Reichs⸗Eisenbahnen, der Entwurf eines Gesetzes wegen Abänderung des Zucker⸗ steuergesetzes, sowie die Vorlage, betreffend die Ausprägung von Einpfennigstücken. Von der Vorlage über den Stand der Bauausführungen ꝛc. für die Eisenbahnen in Elsaß⸗ Lothringen ꝛc. wurde Kenntniß genommen. Genehmigt wurden die Etats auf das Etatsjahr 1896/97 für den allgemeinen Pensionsfonds, für die Verwaltung des Reichsheeres, für die Verwaltung der Reichs⸗Eisenbahnen, für das Reichs⸗Eisenbahn⸗ amt und für den Rechnungshof. Außerdem wurde über ver⸗ schiedene Eingaben Beschluß gefaßt. 1

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Heute hielten die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr eine Sitzung.

Die im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellte Uebersicht der Betriebs⸗Ergebnisse deutscher Eisenbahnen im Monat Oktober 1895 ergiebt für 60 Bahnen, die schon im Oktober 1894 im Betriebe waren, Folgendes:

Gesammtlänge: 39 356,63 km.

im gegen auf gegen Ganzen das Vorjahr 1 km das Vorjahr —2 % für alle Bahnen im Oktober 1895

aus dem Per⸗ sonenverkehre 31 378 335 + 1 948 763 814 + 34 + 4,36 aus dem Güter⸗

verkehre .. 85 898 319 + 3 953 891] 2 191 + 55 + 2,57 für die Bahnen mit dem Rechnungsjahre 1. April 31. März in der Zeit vom 1. April 1895 bis Ende Oktober 1895

Einnahme

aus dem Per⸗ 1 8 sonenverkehre 209769888 15 911195 6 604 + 387 + 6,22 aus dem Güter⸗

verkehre 441675988 +16234591]13 670 + 256 + 1,91

für die Bahnen mit dem Rechnungsjahre 1. Januar 31. Dezember in der Zeit vom 1. Januar bis Ende Oktober 1895

aus dem Per⸗ sonenverkehre 58 090 469 + 2 213 171] 9 044 + 257 + 2,92 aus dem Güter⸗

verkehre .106536368 + 6 071 256 16 336 + 735 + 4,71

Eröffnet wurden: am 1. Oktober die Strecken Kalhausen Saargemünd 12,91 km (Reichseisenbahnen in Elsaß⸗Lothringen), Bromberg —Znin 43,18 km (Königliche Eisenbahn⸗Direktion in Bromberg), Ziegenrück Lobenstein 24,01 km (Königliche Eisenbahn⸗Direktion in Erfurt), Katernberg —Osterfeld mit Abzweigung nach Frintrop 12,00 km (Königliche Eisenbahn⸗ Direktion in Elberfeld), Düben Pretzsch 20,20 km (Königliche Eisenbahn⸗Direktion in Halle a. S.), Olbernhau —Neuhausen 11,49 km und Altchemnitz Stollberg nebst Verbindungsbahn bei Stollberg 21,43 km (Königlich sächsische Staatseisenbahnen); am 15. Oktober Stolzenhagen Kallies 33,53 km (Königliche Eisenbahn⸗Direktion in Bromberg) und Homburg v. d. H.— Usingen 22,60 km (Königliche Eisenbahn⸗Direktion in Frank⸗ furt a. M.); am 20. Oktober Ratibor —Troppau 31,58 km (Königliche Eisenbahn⸗Direktion in Kattowitz).

Nach telegraphischen Meldungen an das Ober⸗Kommando der Marine ist S. M „Prinzeß Wilhelm“, Kom⸗ mandant Korvetten⸗Kapitän von Holtzendorff, gestern in Shanghai eingetroffen; S. M. S. „Stosch“, Kommandant Kapitän zur See Thiele, ist gestern in St. Thomas ein⸗ getroffen und geht am 20. Dezember nach Haiti in See.

In der Kammer der Abgeordneten begann gestern die Berathung des Militär⸗Etats. Nach einem eingehenden Referat des Abg. Wagner erklärte der Kriegs⸗Minister Frei⸗ herr von Asch, dem „W. T. B.“ zufolge: die zweijährige Dienst⸗ zeit genüge im allgemeinen, nur die technischen Truppen (Pioniere und Artillerie) böten gewisse Schwierigkeiten. Das Urtheil über die ““ sei ein sehr getheiltes, sie seien eine halbe Maßregel und blieben ihrem ganzen Charakter nach nur ein Nothbehelf; sie hätten sich, was die Entlastung der übrigen Bataillone betreffe, bewährt, indessen gebe es auch einzelne Nachtheile. Die Ausbildung habe bei den Mannschaften dieser Bataillone eine gewisse Grenze, jedoch hätten z. B. zwei Kom⸗ pagnien solcher Bataillone die Dienstauszeichnung erhalten. Des weiteren wies der Kriegs⸗Minister die Angriffe auf die Ehren⸗ gerichte zurück. Der Abg. Dr. Schädler verlangte insbeson⸗ dere, daß bei der militärischen Erziehung die Grundlage jeder Erziehung, Religion und Sittlichkeit, energisch gewahrt würden, und befürwortete die Einsetzung internationaler Schiedsgerichte. Die weitere Berathung wurde auf heute vertagt.

Sachsen.

Seine Majestät der König ist gestern Vormittag von Bebenhausen in Strehlen wieder eingetroffen. Ihre Majestät die Königin war Allerhöchstdemselben bis Tharandt entgegen⸗ gefahren. Von dort aus setzten die Allerhöchsten Herrschaften die Reise nach Strehlen gemeinschaftlich fort.

Die Zweite Kammer überwies gestern c hwee Debatte den Gesetzentwurf über die ärztlichen Bezirks⸗ vereine der Gesetzgebungsdeputation und sodann den Personal⸗ und Besoldungs⸗Etat der Landes⸗Brand⸗ versicherungs⸗Anstalt der Finanz⸗Deputation A.

Baden.

Die Zweite Kammer hat gestern den Gesetzentwurf, betreffkend die Genehmigung zur Forterhebung der direkten und indirekten Steuern für die Monate Dezember 1895 und Januar bis einschließlich März 1896 nach dem dermaligen Umlegefuß und den bestehenden Gesetzen und Tarifen, ohne Debatte angenommen.

Mecklenburg⸗Schwerin.

Ihre Königlichen Hoheiten der Kronprinz und der Prinz Karl von Schweden und Norwegen haben gestern Schwerin verlassen, um sich über Warnemünde nach Schweden zu begeben.

Der Landtag hat die Bewilligung von Landesmitteln zur Aufbesserung der Lehrergehälter im Prinzip abgelehnt.

Bremen.

Der Bürgermeister Dr. Lürman hat sein Amt nieder⸗ gelegt. Wie die „Wes. Ztg.“ vernimmt, wird die Wahl eines neuen Senators am 30. d. M. stattfinden.

Desterreich⸗Ungarn.

Die „Politische Correspondenz“ meldet: es stehe nunmehr fest, daß der Erzherzog Franz Ferdinand den kommen⸗ den Winter in Egypten zubringen werde, wohin er sich in den ersten Tagen der nächsten Woche von Triest aus einzuschiffen gedenke. Der Exzherzog werde im strengsten Inkognito reisen und habe dankend jeden offiziellen Empfang und aige Festlichkeiten abgelehnt; er werde nirgends einen ständigen Aufenthalt nehmen, sondern nach kurzem Verweilen in Kairo längere Fahrten auf dem Nil machen.

Der Budgetausschuß des österreichischen Abge⸗ ordnetenhauses erledigte in seiner gestrigen Sitzung die Kapitel „Ministerium des Innern“, „Landesvertheidigungs⸗ Ministe rium“ und „Ministerium für Kultus und Unterricht“. Bei dem Kapitel „Landesvertheidigungs⸗Ministerium“ erklärte der Minister Graf Welsersheimb: die Soldatenmißhandlungen verstießen nicht nur vom rein menschlichen, sondern auch vom militärischen Standpunkt aus gegen die Moral. Die Heeresleitung lege Gewicht darauf, die Mißhandlung n zu bestrafen. Betreffs der neuen Militär⸗Strafprozeßordnung lägen große Schwierig⸗ keiten darin, daß drei Regierungen mitzuwirken hätten. Der Minister befürwortete ferner ein baldiges Zustandekommen der Reform der Wittwen⸗ und Waisenpensionen. Eine Animosität gegen die böhmische Sprache bestehe nicht; der nothwendige Gebrauch der Armeesprache sei nicht mit der Nationalitäten⸗ frage in Verbindung zu bringen.

Nach dem bisher festgestelten Resultat der gestrigen böhmischen Landtagswahlen in den Städten und industriellen Orten sind bei 19 Wahlen in deutschen Wahlbezirken 6 Deutsch⸗Nationale und 13 Deutsch⸗Liberale gewählt worden. Von 39 Kandidaten der Jungczechen sind 37 gewählt; ein Jungczeche unterlag gegen einen Kandidaten der Fortschrittspartei, ein anderer gegen einen Alt⸗ czechen. Von 7 altczechischen Kandidaten ist nur einer ge⸗ wählt. In Brüx hat eine Stichwahl zwischen einem Deutsch⸗ Liberalen und einem Deutsch⸗Nationalen stattzufinden, 13 Wahl⸗ resultate stehen noch aus.

Im ungarischen Unterhause suchte gestern die Re⸗ gierung um eine dreimonatige Indemnität nach.

Großbritannien und Irland.

Der Premier⸗Minister Lord Salisbury empfing gestern Nachmittag eine Abordnung englischer Hopfenbauer, welche einen Einfuhrzoll auf fremden Hopfen, als das einzige wirkliche Mittel gegen den Rückgang des Hopfenbaues, verlangte. Lord Salisbury erwiderte, es sei unmöglich, das Ansuchen zu erfüllen oder einen Zoll auf irgend einen allgemeinen Verbrauchsartikel zu legen.

Das Kriegs⸗Ministerium hat ein Memorandum ver⸗ öffentlicht, welches den Wirkungskreis der verschiedenen mili⸗ tärischen Departements festsetzt. Danach werden der Ober⸗ Befehlshaber, der General⸗Adjutant, der General⸗Quartier⸗ meister, der General⸗Inspektor der Befestigungen und der General⸗Inspektor des Geschützwesens direkt dem Kriegs⸗Minister unterstellt und bilden zusammen das „Kriegsamt“. Wenn der Kriegs⸗Minister das Budget für die Armee festgestellt hat, wird er dem Kriegsamt diejenigen Fragen vorlegen, über welche er von diesem Auskunft erlangen will. Die Mitglieder des Kriegsamts sollen auch befugt sein, Zusätze zu den Budget⸗ vorschlägen zu machen.

Frankreich.

Der Marine⸗Minister Lockroy hat, wie der „Temps“ meldet, telegraphisch Bericht über die kürzlich erfolgte Stran⸗ dung der Panzerschiffe verlangt; der Minister ertheilte dem Admiral Gervais die Anweisung, sich mit seinem Ge⸗ schwader bei Salins⸗d'Hyeéres zur Verfügung des Ministers zu halten und dessen etwaige weiteren Entscheidungen abzu⸗ warten.

Die Deputirtenkammer hat gestern die letzten Artikel des Gesetzentwurfs über die Reform der Erbschafts⸗ steuer angenommen. Der Deputirte Guesde (Sozialist) brachte einen Zusatzartikel ein, wonach eine Zusatzsteuer auf sämmtliche Erbschaften, die 5900 Fr. übersteigen, eingeführt werden soll. Diese Steuer solle zur Unterstützung von Schul⸗ kantinen dienen. Der Berichterstatter bekämpfte das Amendement, welches hierauf mit 393 gegen 91 Stimmen abgelehnt wurde. Der gesammte Gesetzentwurf wurde mit 404 gegen 125 Stimmen angenommen. Sodann wurde der Gesetzentwurf, betreffend die Aufhebungder Octroi⸗Abgaben auf die hygienischen Getränke, angenommen. * 8

Rußland. 1“ W 1 1“ Die Taufe der Großfürstin Olga Nikolajewna soll wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg erfährt, am 14./26. No⸗ vember, dem Geburtstage der Kaiserin⸗Wittwe und dem Jahrestage der Vermählung des Kaiserpaares, stattfinden. Die höheren Staatsbeamten, die Hofstaaten, die Chefs der ausländischen Missionen mit ihren Damen und andere Per⸗ sönlichkeiten sind eingeladen, sich am genannten Tage um 10 Uhr zum Gottesdienst im großen Palais in Zarskoje Sselo einzufinden. . Der Kaiser besuchte gestern das in St. Petersburg ein⸗ getroffene, in England gebaute Torpedoboot „Sokol“, welches zu den schnellsten Schiffen der Welt gehört. Der Kaiser be⸗ sichtigte das Schiff sehr eingehend. Italien. 1 In der Deputirtenkammer wird am Montag der Schatz⸗Minister Sonnino das Finanzexposé vortragen. Am Dienstag soll dann die Verhandlung der über die innere und die auswärtige Politik eingebrachten Inter⸗ pellationen beginnen.

Spanien.

Aus Madrid wird gemeldet, daß 12 000 Mann nach Cuba abgegangen seien.

Belgien.

Wie „W. T. B.“ aus Brüssel erfährt, bestände in belgi⸗ schen Regierungskreisen keine Neigung, dem unabhängigen Congostaat zum Zweck der Aburtheilung des Hauptmanns Lothaire ein belgisches Kriegsgericht zur Verfügung

weitere

gestern

zu stellen, da Belgien nicht wünsche, in diese Angelegenheit

verwickelt zu werden.

Nach einer der „Pol. Corresp.“ aus Sofia zugegangenen Mittheilung hätte der Sultan die Erlaubniß ertheilt, daß je ein Schiff einer jeden Großmacht als zweites Stationsschiff die Dardanellen passieren könne.

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In Konstantinopel ist, wie das „Reuter'sche Bureau“ er⸗ fährt, eine besondere Ueberwachungs⸗Kommission, die aus dem Minister des Innern Memduh Pascha, dem Mitgliede des Staatsraths Reschid Bei und dem Mitgliede der Zivilstaatskommission Nefi Effendi besteht, zu dem Zweck gebildet worden, um Tag und Nacht die bei der Wieder⸗

der Ordnung in Anatolien erzielten Ergebnisse zu verfolgen.

Die Bemühungen Mustapha Paschas, die Armenier in Zeitun zur Freigabe der durch sie gefangen ge⸗ haltenen Garnison dieses Orts und zur Unterwerfung zu bewegen, haben, dem „W. T. B.“ zufolge, bisher kein Resultat ergeben, da die Führer der Aufständischen sich weigerten, ohne formelle Zusicherung eines General⸗ Pardons auf irgend einen Antrag einzugehen. Die Mobilmachung nimmt, dank der neuen Territorial⸗ Eintheilung, einen guten Fortgang: gegenwärtig sind 100 Bataillone mobil; nur in einzelnen vom Aufstande er⸗ griffenen Gebieten Anatoliens und Syriens sind Hemmungen entstanden. Während in den früheren Stadien der Bewegung die Truppen in mehreren festgestellten Fällen selbst an den Gewaltthätigkeiten theilgenommen haben, stimmen jetzt zu⸗ verlässige Berichte darin überein, daß die Haltung der Truppen eine korrekte geworden sei und dieselben bei den Ausschreitungen in wirksamer Weise eingriffen.

Die in Konstantinopel eingetroffenen Konsularberichte melden neue Gewaltthätigkeiten aus armenischen Ortschaften, besonders aus dem Vilajet Siwäs. In den Küstenstädten, namentlich in Unie, herrsche große Beängstigung.

Serbien. serbische Gesandte in Paris Garaschanin, der Führer der Fortschrittspartei, ist gestern Abend in Belgrad eingetroffen.

Asien.

Der „Times“ wird aus Rangoon gemeldet: in seiner Antwort auf das Vorgehen Chinas, welches entgegen den Bestimmungen der birmanisch⸗chinesischen Konven⸗ tion zwei Distrikte von Kiang⸗Hung an Frankreich abge⸗ treten habe, bestehe Lord Salisbury auf der Forderung, daß alle englischen Ansprüche, die durch die Konvention zu Gunsten Chinas aufgegeben worden seien, wieder anerkannt würden. Sima, Sadon und das ausgedehnte Katschin⸗ Gebiet im Nordosten von Bhamo seien jetzt Birma zuge⸗ sprochen worden.

Nr. 47 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“, vom 20. November, hat folgenden Inhalt: Mittheilung über das Gesundheitsbüchlein. Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. Zeitweilige Maßregeln gegen Cholera ꝛc. Gesundheitswesen in Hamburg, 1894. Gesetzgebung u. s. w. (Deutsches Reich). Schweineseuche ꝛc. (Preußen). Desgl. (Rheinprovinz). Geheimmittel. (Mecklenburg ⸗Schwerin). Prüfungskommission für Nahrungsmittel⸗Chemiker. (Sachsen⸗ Meiningen). Arzneibuch. Wein. (SOesterreich, Tirol und Vorarlberg). Todtenbeschau. (Schweiz). Fleischeinfubr. Gang der Thierseuchen. Entschädigungen für Viehverluste im Deutschen Reich, 1894. Thierseuchen in Norwegen. 3. Vierteljahr. Zeitweilige Maßregeln gegen Thierseuchen. ((Preußen, Reg.⸗Bezirke Liegnitz, Baden, Elsaß⸗Lothringen, Frankreich.) Kongresse. (Deutsches Reich.) XXIII. deutscher Aerztetag. Ver⸗ mischtes. (Belgien. Antwerpen)) Berichte des Gesundheitsbureaus, 1894. Geschenkliste. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Witterung.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Eine Handlung, welche Geschäfte in ausgedehntem Umfange betreibt, kann sich, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Zivil⸗ senats, vom 27. April 1895, Ansprüchen auf Schadensersatz gegenüber wegen fahrlässig verschuldeter Vermögensschädi⸗ gungen zu ihrer Entschuldigung nicht darauf berufen, daß ihre ver⸗ schiedenen Geschäftszweige durch von einander getrennte Bureaux betrieben werden, deren Beamte nach dem Geschäftsgange keine Kenntniß von den in den anderen Bureaux geschehenen Thatsachen er⸗ langen können. Ein großes Berliner Bankhaus hatte eine rumänische Staatsobligation ihrem Kommittenten S. ge. liefert. Dieser erfuhr sodann, daß die Obligation gestohlen war und daß der Bestohlene bei den rumänischen Behörden Einspruch gegen deren Verkehr erfolgreich erhoben hatte. S. beanspruchte kla⸗ gend von dem Bankhaus Schadensersatz und erstritt in beiden Instanzen obsiegliche Urtheile, indem die Instanzrichter annahmen, daß der Be⸗ klagten ein vertretbares Versehen zur Last falle, da sie bereits vor der Lieferung des fraglichen Rententitels durch die rumänische Regierung von der eingelegten Opposition benachrichtigt worden war. Die Revision der Beklagten wurde vom Reichsgericht zurückgewiesen, indem es begründend ausführte: „Wie im landgerichtlichen Ur⸗ theil zutreffend ausgeführt ist, gereicht es nicht zur Entschul⸗ digung der Beklagten, daß ihr diese Nachricht nur in ihrer Eigenschaft als Zahlstelle zugegangen ist, und daß die mit dem Ver⸗ kauf des Rententitels befaßten Beamten ihres Effektenbureaus hiervon keine Kenntniß erlangt haben, wie Beklagte meint, auch keine Kenntniß haben konnten. Die Schuld der Beklagten liegt eben darin, daß sie ihrem Effektenbureau von der ihr zugegangenen Nachricht keine Mit⸗ theilung gemacht und keine Vorkehrung getroffen bat, um die Lieferung des in ihrem Besitz befindlichen, mit der Opposition belegten Renten⸗ titels zu verhüten. In dieser Unterlassung ist mit den Instanz⸗ richtern ein die Beklagte treffendes grobes Versehen zu finden.“ (19/95.)

Die Beleidigung eines pensionierten Offiziers in Beziehung auf seinen ehemaligen Beruf kann, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strafsenats, vom 2. Mai 1895, nicht auf den Strafantrag seiner ehemaligen militärischen Vorgesetzten verfolgt werden. „Nach § 2 des Gesetzes vom 9. November 1867 besteht die bewaffnete Macht“ aus dem „Heere, der Marine und dem Land⸗ sturm“, das Heer aber gemäß § 3 a. a. O. aus „dem stehenden 8 und der Landwehr“. Ein mit Pension verabschiedeter Offizier behält in einigen Beziehungen (Gerichtsstand ꝛc.) wohl noch die Eigenschaft einer „Militärperson“, ist aber so wenig im Sinne des § 113 Str.⸗G.⸗B. wie im Sinne des § 196 des Strafgesetzbuchs noch ein Mitglied „der bewaffneten Macht“, welcher er in keiner der vor⸗ bezeichneten Kategorien mehr angehört.“ (1262/95.)

Wer bei Gewährung eines Darlehns eigenmächtig und im Widerspruch mit dem Willen des Darlehnsnehmers diesem einen Theil der Darlehnssumme vorenthält, auf deren Empfang jener nach den getroffenen Abreden Anspruch hat, erfüllt, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Strafsenats, vom 28. Mai 1895, wohl seine Verbindlichkeit nicht, macht sich aber nicht des Wuchers schuldig, selbst wern er bei dem Abschlusse des Vertrags die unausgesprochene Absicht hegt, sich in Gestalt des Vorent⸗ haltenen einen Vermögensvortheil zu verschaffen, jenes als Verdienst beim Darlehnsgeschäft iu behalten. „In solchem Fall w

g

d

der Vortheil vom Darlehnsnehmer weder versprochen noch ge⸗ währt, noch weniger dazu, daß dies lescehe. die Lage des Geld⸗ bedürftigen ausgebeutet. Durch Verhüllen jener Absicht unter einem ausgesprochenen Vorwand kann nach Lage der Sache der Thatbestand des Betrugs begründet werden, jedoch wird die Handlung nicht zum verschleierten Wucher, zu dessen Merkmalen erst recht das Versprechen des Vortheils gehört, und der sich vom nicht qualifizierten Wucher nur dadurch unterscheidet, daß das Versprechen in eine Form gekleidet wird, welche dem Rechtsgeschäft den Schein eines gesetzlich erlaubten giebt und dadurch die Erkennbarkeit des wucherischen Charakters erschwert. Wenn dabei auch Einverständniß zwischen dem Versprechenden und dem das Versprechen Annehmenden darüber, daß jene Verschleierung stattfinden solle, zur Anwendbarkeit des § 302 b des Strafgesetzbuchs nicht erfordert wird, so ist doch das Einverständniß darüber unumgänglich, daß dasjenige, was sich als

wucherischer Vortheil charakterisiert, dem Darlehnsgeber als Ver⸗

mögenszuwachs zufallen solle.“ (1949/95.)

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Ein Stadtrath, welcher zugleich Mitglied eines Ver⸗ waltungsgerichts ist, ist, nach einem Urtheil des Ober⸗Ver⸗ waltungsgerichts, II. Senats, vom 29. Mai 1895, nicht von der Aus⸗ übung des Richteramts in Verwaltungsstreitsachen, in welchen der Magistrat, dem er angehört, Partei ist, kraft Gesetzes ausgeschlossen. „Partei ist hier der Magistrat, dem freilich der Stadtrath X. als Mitglied angehört. Keineswegs aber besteht damit zwischen ihm und dem Magistrat eine Identität in dem Sinne, daßI nunmehr auch er für seine Person als Partei angesehen werden dürfte. Ebensowenig ist er aber „Mitberechtigter“; ein mittelbares Interesse reicht in dieser Beziehung nicht aus, hätte vielmehr höchstens als Ablehnungsgrund 42 der Reichs⸗ Zivilprozeßordnung) in Betracht kommen können. Ferner kann keine Rede davon sein, den Stadtrath F. etwa als „gesetzlichen Vertreter“ des Magistrats 41 Nr. 4 a. a. O.) für ausgeschlossen zu erklären. Denn er ist dies in der That nicht, und der Umstand, daß der Magistrat ihn als eines seiner Mitglieder mit seiner Vertretung im Streit⸗ verfahren beauftragen konnte, bleibt so lange einflußlos, als dies that⸗ sächlich nicht geschehen ist. Endlich mag dem Kläger zwar allenfalls zugegeben werden, daß auch an die Möglichkeit einer Ablehnung gedacht werden konnte. Allein es erübrigt, hierauf des näheren ein⸗ zugehen, da die Besorgniß der Befangenheit in einem Ab⸗ lehnungsantrag nicht zum Ausdruck gelangt ist. 42

a. a. O.).“ (II. 879.)

Die Innehaltung der Einspruchsfrist gegen die Heranziehung zu den Gemeindeabgaben ist, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, II. Senats, vom 29. Mai 1895, vom Verwaltungsrichter bei der Entscheidung über die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage von Amtswegen zu prüfen; wo die Innehaltung der Einspruchsfrist nicht feststeht, muß zunächst noch eine solche Feststellung versucht werden, und von diesem Versuche darf nur da abgeseben werden, wo unerachtet einzelner Lücken im Material doch die gesammte Sachlage kein Bedenken im Sinne der Frist⸗ versäumniß aufkommen läßt. (II 879.)

Nur die an sich unstreitige Gemeinde ⸗Abgabepflicht der Besitzer selbständiger Güter für ursprünglich bäuer⸗ biche, zu ihren Gütern eingezogene, der örtlichen Lage nach aber gegenwärtig nicht mehr erkennbare Grund⸗ stücke (wüste Hufen) unterliegt, nach dem Endurtheile des Ersten Senats des Ober⸗Verwaltungsgerichts vom 7. Mai 1895, gemäß § 28 der Landgemeindeordnung vom 3. Juli 1891 der Regelung im Wege einer billigen Ausgleichung. Streitigkeiten dagegen, welche die Voraussetzungen und den Umfang der Abgabepflicht selbst zum Gegen⸗ stand haben, werden in dem Verfahren nach § 38 a. a. O., d. i. durch Heranziehung seitens des Gemeinde⸗Vorstehers und durch Einspruch und Klage seitens des Herangezogenen zum Austrag gebracht.

In Betreff des religiösen Charakters der Volks⸗ schulen in Preußen hat der Erste Senat des Ober⸗Verwaltungs⸗ gerichts in dem Endurtheil vom 18. Juni 1895 folgende Rechtsgrund⸗ sätze aufgestellt: Die religions⸗ oder konfessionslose Schule ist nicht zugelassen. Im Bereich des Allgemeinen Landrechts ist sowohl die konfessionelle wie die paritätische (Simultan⸗) Schule gesetzlich statt⸗ haft. Eine Konfessionsschule für die Minderheit darf in Bezirken, wo solche Schulen für die Mehrheit bestehen, an sich gefordert werden, sofern das vom Verwaltungsrichter nicht nachzuprüfende öffent⸗ liche Unterrichtsbedürfniß es erheischt. Verpflichtet zu ihrer Errich⸗ tung ist zwar nicht die Sozietät, welche die Konfessionsschulen für die Mehrheit unterhält, wohl aber die bürgerliche Gemeinde, welche an Stelle einer Sozietät kraft eigener Entschließung das öffentliche Schulwesen als eine Kommunalanstalt unterhält, vorausgesetzt, daß sie die Schullast nicht nur für die Angehörigen einer bestimmten Kon⸗ fession, sondern für alle Einwohner ohne Unterschied des Glaubens übernommen hat.

Statistik und Volkswirthschaft.

Für den Stand der Herbstsaaten im Deutschen Reich um die Mitte des Monats November sind nach der Zusammen⸗ stellung des Kaiserlichen Statistischen Amts, die für die einzelnen Staaten und Landestheile in der nächsten Nummer des „R.⸗ u. St.⸗Anz.“ veröffentlicht werden wird, die Noten folgende (Nr. 1 bedeutet sehr gut, 2 Zwischenstufen sind durch Dezimalen bezeichnet):

1131ö5ö5 Winter⸗Roggeln 2,3

Iuunger Klee (auch Luzerne) 2,7 b

Eine vorläufige Schätzung des Ernte⸗Ertrages, die sich im November auf Hafer, Kartoffeln, Klee und Heu erstreckte, hat für das Reich im Ganzen ergeben als Ertrag vom Hektar:

1895 dagegen 1894 (100 kg) (100 kg) 11n1mu“] 16,8 bei Kartoffeln . . . 123,9 bei Klee (auch Luzerne) 50,6

8 1 Zur Arbeiterbewegung. Aus Amsterdam wird der Voss. Ztg.“ geschrieben: „Der fünf⸗ zehnte November war der Tag, an dem die endgültige Regelung zwischen den Diamantarbeitern und Fabrikbesitzern zu stande kommen mußte (vgl. Nr. 254 d. Bl.). In der That ist eine Vereinbarung erzielt worden, und die Arbeiter haben vor der Hand auf ihr Verlangen, daß alle Fabriken Bundesfabriken werden sollten, verzichtet. Nach dem, was aus der Mitte ein⸗ zelner Arbeiterkreise, namentlich der sog. verstellers, vernommen wird, sind jedoch neue Mißhelligkeiten zu befürchten. Daß diese jetzt schon wieder zu einem Ausstand führen werden, ist, da der Winter vor der Thüre steht, kaum anzunehmen; aber die Führer der Diamantarbester haben erklärt, daß der Vergleich nur infolge der Noth der Aus⸗ ständigen zu stande gekommen sei, und daß er nur als Waffenstill⸗ stand betrachtet werden dürfe. Die Lage der Zigarrenarbeiter dagegen ist geradezu traurig und verzweifelt. Von den 16 Zigarren⸗ Pbrüben. in denen die Arbeit eingestellt wurde, sind etwa vier in ovinzstädte verlegt worden, drei haben den Betrieb überhaupt ein⸗ gestellt und liquidieren, andere haben den Betrieb derart eingeschränkt, daß sie kaum ein Drittel ihrer früheren Arbeiter beschäftigen können, wieder andere stehen noch vollständig still, und die Besitzer beabsichti⸗

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gut, 3 mittel, 4 gering, 5 sehr gering; die 1

gehörig.

alle aber igern den Haupträdelsführern bei dem Ausstand un⸗ erbittlich den W intritt in ihre Fabriken.“

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 10. bis inkl. 16. November cr. zur Anmeldung gekommen: 848 Lebendgeborene, 306 Eheschließungen, 14 Todtgeborene, 600 Sterbefälle.

Kunst und Wissenschaft.

In den Schaufenstern der Amsler und Ruthardt'schen Kunsthandlung (Behrenstraße 29a) sind vom nächsten Montag an die drei Bilder ausgestellt, für welche die Kunstanstalt von Trowitzsch u. Sohn in ö“ a. Oder auf der inter⸗ nationalen Lithographie⸗Ausstellung in Paris die goldene Medaille

erhalten hat. Bauten.

S. Dresden. Das Königliche Schloß zu Dresden ist in den letzten vier Jahren umgebaut worden; der Umbau ist jetzt zwar noch nicht vollendet, hat aber, da die vom Landtag bisher bewilligten Gelder aufgebraucht sind, einen vorläufigen Abschluß gefunden. Dieser Umbau ist dem Königlichen Schlosse nach der ästhetischen wie nach der praktischen Seite von Vortheil gewesen. Es ist eine gewisse Einheit in dem äußeren Eindruck geschaffen und die Nachtheile, die das allmähliche Entstehen des Schlosses durch Neu⸗ und Umbauten vom 16. Jahrhundert an verursacht hat, sind nach Möglichkeit be⸗ seitigt worden. Beseitigt hat man vor allem die vier unschönen Häuser, die vom Hauptportal an der Schloßstraße bis an den Taschen⸗ berg eine enge Straße, die nach dem Zwinger zu führt sich erstreckten. Abgesehen von einigen reizvollen architek⸗ tonischen Einzelhbeiten, war der Anblick dieser Häuser nicht besonders erfreulich, und die inneren Räume sowie die winzigen Höfe dahinter waren winklig und schlecht zugänglich. Durch die Beseitigung der vier Häuser am Taschenberg (d. i. Frage⸗ oder Orakelberg: tacznighora) ist diese Straße rchebch breiter geworden; die Räume auf dieser Seite haben bessere Verbindung untereinander und einen besseren Eingang erhalten; ein kleiner Hof, der zwei Aus⸗ gänge nach dem Taschenberge und nach dem mittleren der nunmehrigen drei Schloßhöfe hat, giebt ihnen Licht. Die architektonischen Ver⸗ änderungen am Aeußeren des Schlosses bestehen nun zunächst darin, daß man an der östlichen und an der südlichen Seite, ebenso auch in den beiden großen Höfen durchweg ebensolche Renaissance⸗Giebel an⸗ een.hg hat, wie sie der Westbau (nach dem Zwinger zu) aufzuweisen

atte. Ferner sind an den drei Ecken des Schloßbaues hobe runde Treppenthürme eingebaut worden und alle Fenster des Erdgeschosses mit künstlerisch werthvollen Gittern in Schmiedeeisen (von Kühnscherf u. S in Dresden) angebracht worden. Die jetzt vollendete Schauseite an der Schloßstraße erhält ihr Gepräge durch den runden Treppenthurm an der Taschenberg⸗Ecke, durch das alte Puchnersche Hauptportal, das zwei stattliche heraldische Löwen be⸗ krönen, und zwei Erker links und rechts von diesem Hauptportal. Das Zusammentreffen des Eckthurms mit zwei Giebeln wirkt zwar etwas überladen, im übrigen aber wirkt das Ganze jetzt vortrefflich. Dies gilt insbesondere auch von dem Eckthurm in Sandstein, der sich in wohlberechneten Verhältnissen nach oben verjüngt und mit einer Kuppel gedeckt ist. Mannigfacher plastischer Schmuck ziert ihn, darunter zwei Umgänge und ein kleines reizendes Portal, das von dem einen der vier abgebrochenen Häuser herrührt. Von den beiden Erkern zeigt der eine insbesondere zwei Karyatidenhermen und einen bärtigen Mannskopf als Schlußstein, der andere die Bildnisse des Kurfürsten Christian I. und seiner Gemablin, unter denen dieser Theil des Schlosses erbaut worden ist. Das Hauptportal endlich ist überarbeitet worden. Bei allen diesen Arbeiten ist man mit Verständniß und Geschick vorgegangen. Was der Erhal⸗ tung fähig war, ist erhalten, die neuen Theile aber schließen sich im Charakter vortrefflich an die alten an. So stellt sich das Königlich⸗ Schloß auch nach der Seite der Schloßstraße jetzt als ein einheitlicher, stilgerechter und charaktervoller Baun dar. Betritt man das Schloß durch das große Portal von der Schloßstraße, so gelangt man in den mittleren, von da nach rechts in den großen Schloßhof, der in jeder seiner vier Ecken einen ansehnlichen skulpierten Treppenthurm aufweist. Von diesen ist jetzt auch der südliche erneuert; auch sind hier die Schauseiten durch Giebelaufbauten im Sinne der schon vorhandenen vervollständigt worden. In dem Durchgang zwischen den beiden alten Schloßhöfen betritt man nach der Schloßstraße zu das Vestibül des neuen Treppenhauses, das hier entstanden ist. Die Treppe führt nach den Fest⸗ räumen des Königlichen Schlosses; in ihrer früheren ärmlichen Ge⸗ staltung entsprach sie keineswegs den stattlichen Räumen, deren Zugang sie bildete. Die neue Treppe, die sich an die vorhandenen ürchitektortheile anlehnt, ist im Stile Ludwig'’s XIV. gehalten und wirkt ungemein stattlich und vornehm. Die Formen dieses echt Fürstlichen Stils sind von den Architekten (Hof⸗Baumeister Dunger und Hof⸗Bauinspektor Fröhlich) und dem Bildhauer Roch mit bestem Verständniß getroffen worden, sodaß das Schloß in diesem Treppenhause ein neues schönes Schmuckstück erhalten hat.

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Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Von dem im Kaiserlichen Gesundheitsamt bearbeiteten „Gesundheitsbüchlein“, welches zum ersten Mal im vorigen Jahre erschien, ist jetzt bereits ein siebenter Abdruck nöthig geworden. Auch ist eine Uebersetzung desselben in das Italienische von dem Direktor des hygienischen Labsratoriums der Universität Turin, Professor Dr. G. Bordoni⸗Uffreduzzi unter dem Titel: „Libriccino d'igiene. Guida popolare pubblicata dall'Ufficio imperiale di sanità della Germania con 54 illustrazioni nel testo e 2 tavole colorate, edizione italiana secondo la quinta edizione tedesca“ hergestellt und von der Verlagsbuchhandlung von Carlo Clausen in Turin zum Preise von 2,50 Lire in den Verkehr gebracht worden. Englische, russische und serbische Uebersetzungen sind in der Bearbeitung.

Handel und Gewerbe.

Zwangs⸗Versteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am 21. und 22. November die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteige⸗ rung: Beusselstraße 51, dem Kaufmann Maximilian John gehörig; Flächenraum 8,05 a; Nutzungswerth 9740 ℳ; mit dem Gebot von 142 050 ℳ% blieb der Kaufmann Ad. Schäfer zu Schöneberg Meistbietender. Jäger⸗ straße 28, dem Kaufmann Julius Erxleben gehörig; Flächen⸗ raum 1,15 a; Ersteher wurde der Kaufmann David Münzer zu Berlin für das Meistgebot von 228 100

Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin standen die nachverzeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Grundstücke zu Zehlen⸗ dorf, Parzellen 28 und 66 a und b belegen, den Erben des Malermeisters Wilhelm Stengel gehörig; r p Pe⸗ 41 a und 8,23 a; mit dem Gebot von

505 blieb der Kaufmann Gustav Asch zu Berlin, Großbeeren⸗ straße 94, Meistbietender. Grundstück zu Steglitz, Markstein⸗ straße 3, dem Schneidermeister Max Rosenkranz gehörig; Flächen⸗ raum 5,15 a; Nutzungswerth zur Gebäudesteuer 3600 ℳ%; mit dem Gebot von 58 blieb der Ziegeleibesitzer Ferdinand Schulze zu Gömnick bei Brück in der Mark Meist⸗ bietender. Grundstück zu Deutsch⸗Wilmersdorf, dem Tischlermeister Heinrich Hartwig zu Berlin gehörig; Flächenraum 7,19 a; Meistbietender blieb mit dem Gebot von 97 500 der Rentier Robert Platz zu Charlottenburg, Nürnbergerstraße 57/58. Aufgehoben wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung wegen des Grundstücks zu Schöneberg, Goltz⸗ straße 40, dem Maurermeister Bernhard Gottfried Neumann

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