1895 / 282 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 26 Nov 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Cassel, 23. November. Der Kommunal⸗Landtag

des Regierungsbezirks Cassel wurde heute nach Er⸗ ledigung seiner Geschäfte durch den Ober⸗Präsidenten Magde⸗ burg geschlossen. Der Vorsitzende brachte auf Seine Majestät den Kaiser und König ein Hoch aus, in welches die Versammlung mit Begeisterung einstimmte.

Bayern. v Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent hat sich am Sonntag mit Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzen Ludwig und Leopold von München zur Jagd nach dem Spessart begeben.

Sachsen. Seine Majestät der König hat wegen leichten Unwohl⸗ seins die für heute in Aussicht genommene Reise nach Leipzig aufgegeben; dagegen wird Ihre Majestät die Königin heute Abend in Leipzig eintreffen und dort an einem Kostümfest des Albert⸗Zweigvereins theilnehmen. Die Zweite Kammer hat gestern den Gesetzentwurf wegen proviforischer Forterhebung der Steuern und Abgaben im Jahre 1896 ohne Debatte angenommen.

Baden.

Die Erste Kammer hat in ihrer Sitzung vom 23. d. M. den Gesetzentwurf, betreffend die Steuererhebung in den Mo⸗ naten Dezember 1895 und Januar bis einschließlich März 1896, einstimmig genehmigt. In der Zweiten Kammer brachte gestern der Präsident des Ministeriums des Innern Eisenlohr einen Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung der Gemeindeordnung, ein.

Hessen. Der Geburtstag Ihrer Königlichen Hoheiten des Groß⸗ .8 ogs und der Großherzogin ist gestern im ganzen ande in herkömmlicher Weise festlich begangen worden. Ueberall trugen die öffentlichen und zahlreiche Privat⸗ gebäude Flaggenschmuck. In Darmstadt fand um 7 Uhr Morgens Reveille statt. Um 9 Uhr konzertierte wäh⸗ rend des Frühstücks der Höchsten Herrschaften die Kapelle des 1. Großherzoglichen Infanterie⸗ (Leib⸗Garde⸗) Regiments Nr. 115 vor dem Neuen Palais. In den Lehr⸗ anstalten beging man den Tag mit Festakten. Um 10 Uhr war Festgottesdienst in der katholischen Pfarrkirche, um ¼111 Uhr solcher in der evangelischen Stadtkirche. Um 12 Uhr fand Paroleausgabe mit Wachtparade auf dem Paradeplatz statt. Im Neuen Palais war um 2 Uhr Familiendiner, während dessen die Kapelle des 1. Großherzoglichen Dragoner⸗ Regiments (Garde⸗Dragoner) Nr. 23 konzertierte. Zu der⸗ selben Stunde vereinigten sich die Beamten und Bürger zum Festmahl im städtischen Saalbau. Im Theater fand Abends eine Festvorstellung und nach derselben im Neuen Palais eine kleine Soirée statt. hre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin werden am 28. d. M. nach Zarskoje Sselo abreisen.

Mecklenburg⸗Schwerin.

Aus Cannes vom 23 d. M. wird den „Meckl. Nachr.“ emeldet, daß eine Veränderung in dem Befinden Seiner öniglichen Hoheit des Großherzogs nicht eingetreten sei. Die asthmatischen Beschwerden dauerten in leichter Weise fort.

Lübeck. Die Bürgerschaft hat den Antrag des Senats an⸗

genommen: aus Anlaß der bevorstehenden Wiederkehr des

Jahrestages der Schlacht bei Loigny 10 000 als Stiftung

für das 2. Hanseatische Infanterie⸗Regiment Nr. 76 zu be⸗ willigen. 11 8

Oesterreich⸗Ungarn.

Die Kaiserin ist gestern Nachmittag von Wien nach Cap Martin abgereist. Der Kaiser wird sich morgen früh zum Besuch des Erzherzogs und der Erzherzogin Franz Salvator nach Lichtenegg begeben und am 28. d. M. Abends nach Wien zurückkehren.

Der Erzherzog Eugen hat sich gestern Abend nach Triest begeben, von wo er heute mit dem Erzherzog Franz Ferdinand die Reise nach Egypten antreten wird.

Das österreichisch⸗ungarische Geschwader, be⸗ stehend aus den Schiffen „Kaiserin Elisabeth“, „Tegethoff“ und „Blitz“, ist im Piräus eingetroffen; das Schiff „Donau“ hat auf der Fahrt nach dem Piräus zur Kohlenergänzung Korfu angelaufen.

Bei ven Landtagswahlen der böhmischen Handels⸗ kammern wurden 7 Jungczechen, 1 Altczeche, 6 Deutsch⸗ liberale und 1 Deutschnationaler gewählt, welcher letztere jedoch bei der Kandidatur erklärt hatte, dem deutschen Landtagsklub beitreten zu wollen.

Von den bei den Landtagswahlen der Städte⸗ Kurie in Krain gewählten 6 Abgeordneten gehören 5 der radikal⸗slovenischen und einer der deutsch⸗liberalen Partei an. Ne Stadt Laibach wählte 2 Mitglieder der radikal⸗slovenischen Partei.

Das ungarische Unterhaus wird sich nach Beendigung der Generaldebatte über das Budget und nach Bewilligung des provisorischen Budgetgesetzes, die etwa bis zum 9. Dezember stattfinden dürfte, bis in den Januar hinein vertagen, da im Dezember die Komitatswahlen stattfinden.

Großbritannien und Irland.

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Der Ober⸗Hof⸗Marschall des Deutschen Kaisers Graf zu Eulenburg ist gestern in London eingetroffen und von der Königin zur Tafel gezogen worden.

In London wurde gestern für den verstorbenen türkischen Botschafter Rustem Pascha in der katholischen Kirche von St. James ein Requiem abgehalten. Die Königin, der Prinz von Wales und Lord Salisburvy ließen sich bei der Feier vertreten; alle Mitglieder des diplomatischen Korps waren anwesend.

Frankreich.

Die chinesische Regier ung hat, wie „W. T. B.“ er⸗ fährt, in Paris eine von den anderen chinesischen Mis⸗ sionen unabhängige Gesandtschaft errichtet. Mit der Leitung derselben 68 Tsching⸗Tschang, bisher chinesischer Geschäftsträger in Paris, betraut worden.

Die Deputirtenkammer berieth gestern die für die Bildung von Konsularposten in China nothwendigen

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Der Berichterstatter Raiberti Kredite, die durch die in China und durch die gegenwärtige geringe Anzahl von französischen Konsulaten daselbst dee gie he seien. Der Minister des Aus⸗ wärtigen Berthelot betonte das Interesse, welches Frank⸗ reich habe, auf die Märkte Chinas zu gelangen. Neue Konsulate seien unumgänglich nothwendig. Hierauf wurden

die Kredite einstimmig angenommen und alsdann die Berathung des allgemeinen Einnahmebudgets wieder begonnen, wurde. Das Handels budget

welche alsbald beendigt gelangte zur Annahme. Italien. 1

In der Deputirtenkammer verlas gestern der Schatz⸗ Minister Sonnino das Finanz⸗Exposé. Danach schließt, wie „W. T. B.“ meldet, das berichtigte Budget des Etats⸗ jahrs 1895/96 mit einem effektiven Ueberschuß von 1 270 000 Lire ab; diese Summe werde sich, aller Voraussicht nach, in dem endgültigen Budget noch erhöhen. Der Budget⸗ voranschlag für 1896,/97 weist einen effektiven Ueberschuß von 8 020 000 Lire auf, ohne daß eine Ausgabe von Staatsschuldscheinen vbeha werde. Das Exposé erwähnt dann, daß die Voranschläge sich als genau zutreffend erwiesen, daß die Ausgaben sich in den festgesetzten Grenzen gehalten hätten, und daß das Gleichgewicht im Budget erreicht und aufrecht erhalten worden sei. Die statutarischen Vorentnahmen hätten am 31. Oktober 1895 nur 25 Millionen gegen 691 ½ Millionen am 31. Oktober 1894 betragen, sodaß 110 Millionen für nicht einlösliche Schatzbonds disponibel geblieben seien. Am 31. Oktober 1894 habe diese Summe nur 47 Millionen betragen.Dann wird in dem Exposé erwähnt, daß das auf die Bank⸗ frage bezügliche legislative Werk vollendet sei. Vom 20. Fe⸗ bruar 1894 bis 31. Oktober 1895 hätten sich die Immobili⸗ sationen der drei Emissionsinstitute um 116 Millionen ver⸗ ringert. Die Gesammtsumme der im Umlauf befindlichen Staats⸗ und Bankbillets habe sich gegen 1894 um 20 Mil⸗ lionen verringert, während die Metallreserve, welche jetzt 717 Millionen betrage, sich um 19 Millionen erhöht habe. Be⸗ züglich der Depot- und Konsignationskassen, deren Lage sich bedeutend gebessert habe, werde ein Antrag eingebracht werden. Ferner kündigt das Exposé Vorlagen an, durch welche die Pensions⸗ kassen der Eisenbahnen und der Kataster reguliert werden sollen; die aus diesen Vorlagen sich ergebenden Resultate seien bei den obigen Zahlen schon berücksichtigt. Der Minister erklärte weiter, daß er gegen jede Finanzoperation zur Konsolidierung der tilgbaren Schulden sei; letztere müßten durch den Ueberschuß der normalen Einnahmen über die Ausgaben getilgt werden. Die Lage des Schatzes, heißt es dann, bessere sich allmählich; alle Fonds, welche für die Zahlungen an das Ausland nöthig seien, seien gesichert. Das Exposé hebt die den Aufschwung des italienischen Handels zeigenden Zahlen hervor, betont die Zunahme der Ergebnisse aus den Konsumsteuern und den Eisenbahnen und erklärt bei Erwähnung des Rückgangs des Kurses der italienischen konsolidierten Anleihe infolge der Börsenkrise in Paris und Wien, daß der Schatz keine Finanzoperation be⸗ nöthige; der erwähnte Kursrückgang könne daher auf das Budget keine fühlbare Wirkung ausüben. Die konsolidierte Anleihe habe noch einen Preis, der unter ihrem unbestreitbaren Werth sei. Der Schatz⸗Minister schloß mit den Worten: „Es ist viel für die Finanzen geschehen, aber es bleibt noch viel zu thun übrig. Wachsam, sowie die Ungeduld zügelnd und jede Ausgabe mäßigend muß in der Durchführung des Programms aus⸗ geharrt werden was in zwei Jahren unsere Lage derart besserte, daß das Gleichgewicht des Staatshaushalts vollständig aufrechterhalten wurde und daß jede Schaffung von Schulden fah h lecn ist. Auf diesem Wege ist endlich der Sieg icher.“

Der Papst empfing gestern den Kardinal⸗Staatssekretär Rampolla. Der Gesundheitszustand des Papstes hat sich gebessert, und es dürfte nunmehr kein Hinderungsgrund vor⸗ liegen, die Konsistorien am 29. November und 2. Dezember 11““ Türkei.

Die Beunruhigung dauert, dem „W. T. B.“ zufo unter der Bevölkerung Konstantinopels, insbesondere in den Stadttheilen Skutari und Stambul, fort; einige Stam⸗ buler Medressen werden militärisch bewacht. Das „Comité libéral ottoman“ hat ein Manifest in Umlauf gesetzt, worin die Gemeinschaft mit dem armenischen Comité ab⸗ gelehnt, aber Gleichheit der politischen Rechte, Sicherheit des Lebens und des Eigenthums sowie Inkraftsetzung der Verfassung von 1876 gefordert werden.

Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Konstantinopel vom 24. d. M.: die Lage in den asiatischen Provinzen erscheine ruhiger; es seien keine weiteren Unruhen ge⸗ meldet worden. Obwohl die Pforte das den Mächten ver⸗ tragsmäßig zustehende Recht auf ein zweites Stationsschiff anerkenne, glaube sie, die Anwesenheit eines zweiten Schiffs könnte die entgegengesetzte Wirkung haben und die mohameda⸗ nische Bevölkerung erregen. Ueberdies sei ein zweites Schiff un⸗ nöthig angesichts der Maßregeln der Pforte zur Aufrecht⸗ erhaltung der Ordnung. Eine entsprechende Erklärung sei an den österreichisch⸗ungarischen Botschafter Freiherrn von Calice, als den Doyen des diplomatischen Korps, gesandt und auch den Vertretern der Pforte im Auslande zur Mittheilung an die Regierungen mit der Instruktion übermittelt worden, letztere zu ersuchen, auf ihrer Forderung nicht zu bestehen.

Serbien.

Gestern konstituierte sich in Belgrad der fortschrittliche Klub. Nach der gA erklärte, wie „W. T. B.“ berichtet, der Minister⸗Präsident Nowakowic in seinen Aus⸗ führungen über die Thätigkeit der Regierung: Das Finanz⸗ arrangement sei beinahe zu Ende geführt mit Ausnahme der Anleihe, welche durch die Ereignisse in der Türkei und die Schwierigkeiten der Ottoman⸗Bank gehindert worden sei; gegenwärtig seien diese Hindernisse gehoben, und auch dieser Theil werde bald geordnet werden. Zur Kräfti⸗ gung der Finanzen habe die Regierung Gesetzesvorlagen vor⸗ bereitet. Durch Ausrottung der Haiduken sei die Sicherheit im Lande wiederhergestellt worden. „Die Skupschtina wählte gestern Nachmittag sechs Prä⸗ sidentschafts⸗Kandidaten: Miljutin, Garaschanin, Rajowic, Obradowic, Kazic, Nikolic und Simic.

Der hat Garaschanin zum Präsidenten und Rajowic zum Vize⸗Präsidenten ernannt. Die feierliche Er⸗

öffnung der Skupschtina findet morgen Vormittag statt.

vertheidigte die )

Nr. 47 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 23. No⸗ vember, hat folgenden Inhalt: Amtliches: Erlatz vom 11. November 1895, betr. die Unterbrechung der Elevenzeit der Maschinenbau⸗ beflissenen. Dienstnachrichten. Nichtamtliches: Das neue Haupt⸗ gebäude der Technischen Hochschule in Darmstadt. Uferschälung aus Eisen und Beton (Schluß). Theoretische Erläuterung des Koech⸗ lin'schen Entwurfs im Brückenbewerb Budapest. Vermischtes: Umbau des Königlichen Opernhauses in Berlin. Zur Nering⸗ forschung. Erprobungen von Gewölben in Oesterreich. Schienen⸗ befestigung für hölzernen Querschwellen⸗Oberbau. Bücherschau. Neue Patente.

Nr. 58 des „Eisenbahn⸗Verordnungsblatts“, heraus⸗ gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 25. November, hat folgenden Inhalt: Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 16. November 1895, betreffend erste Hilfe bei Unfällen vor An⸗ kunft des Arztes: vom 21. November 1895, betreffend Stempelpflich⸗ tigkeit von Amtsbestallungen; vom 21. November 1895, betreffend Anzeige von dem Ausscheiden der zur Verfügung gestellten Beamten; vom 22. November 1895, betreffend Restantenliste und Kontrole un⸗ einziehbarer oder unbeitreiblicher Forderungen. Nachrichten.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Generalpolicen der Transport⸗Versicherungs⸗ branche, in welchen es für die Bestimmung des Prämienbetrags an jedem Anhalt fehlt, weil der Betrag von den zur Zeit der Ausstellung der Policen ganz ungewissen Transporten abhängig ist, unterliegen, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Zivilsenats, vom 16. Mai 1895, in Preußen nur einem Stempel von 1,50 Nach der zwischen der Deutschen Rück⸗ und Mitversicherungs⸗Gesellschaft zu Berlin und J. zu Odessa abgeschlossenen Generalpolice für See⸗ versicherungen hatte die Gesellschaft dem J. für 1. Juli 1892 bis 30. Juni 1895 sämmtliche Verschiffungen von Getreide per Dampfer nach Se bis zur Höhe von 100000 zu den weiter angegebenen besonderen Bedingungen versichert. Nach diesen Bedingungen umfaßt die Versicherung alle Verschiffungen innerhalb der 3 Jahre; weiter ist bestimmt, daß die Police monatlich zu berechnen und zu vergüten sei, sowie daß die Prämien sich nach den angehängten Tarifen richten sollen. Zu dieser Generalpolice war ein Stempel von 1,50 ver⸗ wendet worden. Nachdem J. in der Zeit vom 1. Juli 1892 bis 31. Mai 1893 mit der Gesellschaft auf Grund der Police 163 Ver⸗ sicherungen zu einem Prämienbetrage von 13 645 abgeschlossen, forderte der preußische Steuerfiskns mit Rücksicht auf die Tarif⸗ position „Assekuranz⸗Policen“ des Stempelsteuergesetzes vom 7. März 1822 die Versteuerung des genannten Betrages zu ½ % mit 68,50 Die Gesellschaft zahlte unter Vorbehalt und klagte auf Rückzahlung. Der Steuerfiskus wurde in der Berufungsinstanz zur Rückzahlung verurtheilt, indem das Berufungsgericht ausführte: Da Gegenstand der Versteuerung der Prämienbetrag sei und die Steuer als Urkundenstempel auf der über das Geschäft errichteten Urkunde laste, so hänge die Ver⸗ steuerung davon ab, welcher Prämienbetrag beurkundet sei. Für die Bestimmung des letzteren Betrags fehle es aber in der General⸗ police an jedem Anhalt, da der Betrag von den Schiffssendungen ab⸗ hängig und zur Zeit der Ausstellung der Urkunde ganz ge⸗ wesen sei, ob uberhaupt und in welchem Umfang solche statt⸗ finden würden. Eine Festsetzung des Prämienbetrags durch Vo anschlag habe daher nicht stattfinden können;

die Aussetzung der Versteuerung bis zur Feststellung der Abrechnungen und die nach⸗ trägliche Versteuerung erscheine aber unzulässig und stehe mit der Natur des Urkundenstempels im Widerspruch. Hiernach unterliege die Generalpolice nur einem Stempel von 1,50 ℳ, da zur Zeit d Ausstellung derselben der Prämienbetrag überhaupt nicht bestimmbar und deshalb die Versteuerung nach der Regel zu bewirken gewesen se welche für diejenigen Policen zur Anwendung gelange, welche nich ergeben, daß der Prämienbetrag weniger als 150 betrage, in welchem Falle Steuerfreiheit eintrete, oder 300 übersteige, in welchem Falle die prozentuale Versteuerung stattzufinden habe. Die Revision des Fiskus wurde vom Reichsgericht zurückgewiesen, indem es der Auf⸗ fassung des Berufungsgerichts in allen Punkten beitrat. (419/94.)

In Bezug auf § 1123 Th. 1 Tit. 11 des Preuß. Alls.

Landrechts: ““ Der Geschenkgeber selbst kann, wenn er in Dürftigke gerathen ist, von dem Beschenkten 6 vom Hundert von der g schenkten Summe oder dem Werth der geschenkten Sache, al eine Kompetenz, jährlich fordern.“ 1 8 hat das Reichsgericht, IV. Zivilsenat, durch Urtheil vom 20. Mai 1895 ausgesprochen, daß dieser Kompetenz nicht die rechtliche Natu von Alkmentengeldern im Sinne des § 366 1 16 A., L.⸗R („Gegen schuldige Alimentgelder findet keine Kompensation statt“) bei zulegen ist, und daß demnach gegenüber dieser Kompetenz die Auf rechnung von Gegenforderungen zulässig ist. (426/94.)

Wird vom Gerichtsvollzieher bei der Pfändung das Siegel an einer Stelle des zu pfändenden Gegenstandes befestig woselbst es geradezu den Blicken entzogen ist und nur bei näherer Nachforschung entdeckt werden kann, so ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Zivilsenats, vom 8. Oktober 1895, die Pfändung Her Ein Gerichtsvollzieher hatte bei einer Pfändung in dem Komtor des Schuldners Geldschrank und Schreibtisch gepfänd und an diesen in dem Gewahrsam des Schuldners belassenen Gegen⸗ ständen die Pfandmarken an die Rück, und Wandseite geklebt, inde er mit der Hand in den geringen Zwischenraum zwischen Rückseit und Wand griff. Der Schüldner gerieth bald darauf in Konkurs, und der Konkursverwalter focht die geschehene Pfändung als ungültig an, weil nach § 712 der Zivilprozeßordnung die Wirksamkeit d Pfändung dadurch bedingt ist, daß durch Anlegung von Siegel oder auf sonstige Weise die Pfändung ersichtlich gemacht ist. Da Berufungsgericht erachtete aber die Pfändung für gültig, indem es ausführte, daß die von der Zivilprozeßordnung verlangte Ersichtlich⸗ machung der Pfändung bewirkt sei, weil die Anheftung der Siegelmarken auch an einer nach dem zeitigen Standpunkt den Blicken mehr oder minder sich entziehenden Seite genüge. Auf die Revision des Konkursverwalter hob das Reichsgericht das Berufungsurtheil auf, indem es begründen ausführte: „Die Ersichtlichmachung der Pfändung bei Belassung der Sachen in dem Gewahrsam des Schuldners soll die Fortschaffung de Sachen thunlich ersetzen. Die Maßnahmen des Gerichtsvollziehers müssen deshalb darauf gerichtet sein, die Pfandverstrickung durch äußere Zeichen offen erkennbar zu machen. Diesem Zweck dienen ab solche Mhehndöne nicht, welche einen Zustand schaffen, bei welchen die angeheftete Pfandmarke geradezu den Blicken entzogen ist. Die Möglichkeit der Entdeckung der Pfandmarke bei näherer Nachforschung kann nicht genügen.“ (141/95)

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Bei Veranlagungen zur Staats⸗ und zur Gemeinde Einkom mensteuer sind, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwal⸗ tungsgerichts, II. Senats, vom 8. Mai 1895, von dem Ein⸗ kommen niemals direkte Kommunalabgaben (ausgenommen die Deichlasten) in Abzug zu bringen, selbst wenn diese Abgaben sich als Ausgaben charakterisieren lassen, die zur Sicherung und Er⸗ haltung des Einkommens verwendet werden. Der Forense A. hatte in seiner Gemeinde⸗Einkommensteuer⸗Deklaration für die Gemeinde H. von seinem Einkommen aus Grundbesitz die zur Deckung des F eld hütergehalts in der Form einer kommunalen Umlage au die Grundsteuer erhobenen Beträge in Abzug gebracht.

g

Gemeindevorstand setzte

aber jene äge zu dem steuer⸗ pflichtigen Einkommen hinzu und zog demgemäß den X. zu einer höheren Steuerstufe heran. Der Einspruch und sodann die Klage des T. hatten keinen Erfolg, und auf die Revision des Klägers be⸗ stätiate das Ober⸗Verwaltungsgericht die Entscheidung des Bezirks⸗ ausschusses, indem es begründend ausführte: „Es mag dem Kläger zuzugeben sein, daß es nicht selten zu Härten führen wird, die Abzugs⸗ fähigkeit der Kommunalabgaben abgesehen von den Deichlasten zu versagen. Allein die Billigkeit kann dem klaren Wortlaut und Inhalt des Gesetzes gegenüber nicht in Anspruch genommen werden, und ebenso ist dem gegenüber eine Untersuchung in der Richtung abzulehnen, ob eine Kommunalabaabe im Einzel⸗ falle, wenn auf deren letzten Grund zurückgegangen wird, sich auch unter den Gesichtspunkt solcher Ausgaben bringen läßt, die, weil zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung des Einkommens verwendet, in § 9 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes vom 24. Juni 1891 als abzugsfähig anerkannt werden. Vielmehr entscheidet der ihr innewohnende Charakter der Kommunalabgabe schlechthin. Daß auch der Gesetzgeber von diesem grundsätzlichen Standpunkt aus⸗ gegangen und recht eigentlich von der Absicht geleitet gewesen ist, den Kommunalabgaben prinzipiell die Abzugsfähigkeit zu versagen, ergiebt sich auf das klarste gerade aus denjenigen Verhandlungen des Ab⸗ geordnetenhauses, die dazu geführt haben, im § 9 I Nr. 1 a. a. O. auch die unter den Kommunalabgaben begriffenen Deichlasten als ab⸗ zugsfähige Ausgaben zu erwähnen.“ (II. 715.)

Ein Ortsstatut, welches eine Gebühr fürdie Benutzung der Luftsäule über den öffentlichen Straßen zur Anlage von Erkern und Balkonen festsetzt, ist, nach einem Urtheil des Ober⸗ Verwaltungsgerichts, II. Senats, vom 29. Mai 1895, rechts⸗ ungültig. Die Gemeinde kann nur, wenn der Grund und Boden der Straße, in welche die Erker und Balkons hineinragen, ihr Eigen⸗ thum ist, in Ermangelung eines gütlichen Abkommens mit dem Bauenden vor dem ordentlichen Richter einen Ersatz, event. die Weg⸗ räumung der betr. Bautheile beanspruchen. „. Abgesehen davon, daß die Luftsäule über der Straße nicht angelegt ist und keine Anstalt bildet, steht fest, daß Gebühren Abgaben öffentlich⸗recht⸗ licher Natur lediglich für öffentliche Leistungen und für die Benutzung öffentlicher Einrichtungen erhoben werden dürfen. So hat denn auch der in dieser Hinsicht mit dem älteren Rechts⸗ zustande übereinstimmende § 4 Abs. 1 des Kommunalabgaben⸗ gesetzes vom 14. Juli 1893 vorgesehen, daß „die Gemeinden für die Benutzung der von ihnen im öffentlichen Interesse unterhaltenen Ver⸗ anstaltungen (Anlagen, Anstalten und Einrichtungen) besondere Ver⸗ gütungen (Gebühren) erheben können.“ Im vorliegenden Falle stehen nun allerdings öffentliche Anstalten, nämlich die unter der Obhut der Wegepolizeibehörde befindlichen städtischen Straßen, in Frage. Indeß der Luftraum über denselben bildet als solcher einen Gegenstand des Privatrechts. Die Straßen sind für den inneren Verkehr der Stadt und für den Anbau, nicht aber dazu bestimmt, daß Erker und Balkone in ihren Luftraum hineinragen. Bei der Anbringung solcher, im Privatinteresse einzelner Personen beabsichtigten Bautheile kann, wenn die Eigenschaft des Terrains als Straße in Betracht kommt, es sich also allein darum handeln, ob dieselben der Straße unschädlich sind und deshalb seitens der Polizeibehörde gestattet werden dürfen. Gehört der Grund und Boden, auf welchem sich die Straße befindet, der Stadt, so mag diese kraft ihres Eigenthums auch gegen die seitens der Polizeibehörde genehmigte Anbringung von Erkern und Balkonen vorzugehen befugt sein. Jedoch sie würde hierdurch nur ihr Privat⸗ recht hinsichtlich der Luftsäule zur Geltung bringen, demnach, wenn sie nicht im Wege der freien Vereinbarung zu einem Abkommen mit dem Bauenden gelangen sollte, vor dem ordentlichen Richter einen Ersatz, event. die Wegräumung der betreffenden Bautheile be⸗ anspruchen müssen.“ (II. 880.)

—— In Betreff der Wahl der Gemeindevexordneten in den östlichen Provinzen hat der J. Senat des Ober⸗Verwaltungsgerichts in dem Endurtheil vom 11. Oktober 1895 folgende Rechtsgrundsätze aufgestellt: Die Vorschrift in § 50 Absatz 2 der Landgemeinde⸗Ordnung vom 3. Juli 1891, wonach bei der Eintheilung sämmtlicher Stimm⸗ berechtigten in drei Klassen Steuern nicht in Betracht kommen, welche für Grundbesitz oder Gewerbebetrieb in einer anderen Gemeinde ent⸗ richtet werden, ist durch § 5 des Gesetzes, betreffend die Aenderung des Wahlverfahrens, vom 29. Juni 1893, nicht außer Kraft gesetzt. Mit Ausschluß jener Steuern (und der Steuer für den Gewerbe⸗ betrieb im Umherziehen) sind den Stimmberechtigten alle direkten Steuern anzurechnen, welche sie an den Staat oder den der Ge⸗ meinde übergeordneten Kreis⸗ oder Provinzialverband entrichten. Zu den Steuern „für“ Grundbesitz oder Gewerbebetrieb gehören nicht bloß die betreffenden Realsteuern, sondern auch die vom Einkommen aus diesen Quellen zu entrichtenden persönlichen Abgaben; die Staats⸗ einkommensteuer bleibt daher insoweit außer Ansatz, als sie auf das Einkommen aus Grundbesitz oder Gewerbebetrieb außerhalb der Ge⸗ meinde entfällt. Einen Irrthum im Ansatze der Steuern bei Auf⸗ stellung der Wählerliste, welcher im Ergebnisse die Zusammensetzung der Wählerschaft oder diejenige der Wahlabtheilungen beeinflußt, kann jeder Stimmberechtigte selbst dann, wenn davon seine eigene Stellung innerhalb der Wahlabtheilungen nicht berührt wird, mittels Einspruchs und Klage wider den den Einspruch abweisenden Be⸗ schluß rügen.

Nach Art. 18 des Gesetzes vom 15. Mai 1856, betreffend die Gemeindeverfassung in der Rheinprovinz, müssen der Versammlung des Gemeinderaths alle Mitglieder regelmäßig beiwohnen. „Ein Mitglied, welches die Versammlung dreimal hintereinander ohne genügende Entschuldigung versäumt hat, kann durch einen Beschluß des Gemeinderaths welcher der Genehmigung der Auf⸗ si ctsbehördeunterliegt, aus dem Gemeinderath ausgeschlossen werden.“ In Bezug auf diese Bestimmung hat das Ober⸗Verwaltungsgericht, II. Senat, durch Urtheil vom 25. Mai 1895 ausgesprochen:

1) Durch §§ 27, 28 des Zuständigkeitsgesetzes vom 1. August 1883 ist für den Ausschließungsbeschluß des Gemeinderaths das Er⸗ forderniß der Genehmigung der Aufsichtsbehörde beseitigt.

2) Für die Frage der Ausschließung kommt es nicht sowohl darauf an, ob der von der Versammlung Ausbleibende sich genügend entschuldigt hat, als vielmehr darauf, ob er durch thatsächliche Umstände genügend entschuldigt ist, auch wenn er diese oder andere Entschuldigungsgründe nicht geltend gemacht hat. Als eine zur Ent⸗ schuldigung genügende Thatsache kann die weite Entfernung des Wohnsitzes des Ausbleibenden von dem Sitzungssaale des Gemeinde⸗ raths erachtet werden. (II. 859.) 8

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung. 5

Aus Rummelsburg bei Berlin berichtet die „Post“, daß die dortigen Glasarbeiter beschlossen haben, bei der Generalversamm⸗ lung des Deutschen Glasarbeiterverbands zu beantragen, alle zur Zeit noch über deutsche Glashüttenwerke verhängten Sperren aufzuheben und in Zukunft von diesem Kampfmittel nur in den seltensten Fällen Gebrauch zu machen.

Zum Ausstand der Schiffbauarbeiter in England wird dem „W. T. B.“ aus London gemeldet: Die neue Vereinigung der Schiffsbaumeister wird wahrscheinlich die Arbeitgeber im Norden Englands auffordern, ihre Arbeiter Ende der Woche auszusperren. Ferner wird aus New⸗Castle berichtet: Eine zahlreich besuchte Versammlung von Arbeitgebern, welche der Schiffbauer⸗ Vereinigung der Nordostküste angehören, hat das Vorgehen ihrer Ver⸗ 158 auf der letzten Konferenz in Carlisle gebilligt und endgültig eschlossen, sich der Vereinigung der Arbeitgeber im Schiffbaufache anzuschliegen.

g In Budapest brach gestern, wie „W. T. B.“ meldet, in einigen uchdruckereien wegen Nichtbewilligung einer von den Arbeitern

derlangten Lohnerhöhung ein Ausstand der Setzer und Hilfs⸗

arbeiter aus, der sich fast auf alle Buchdruckereien ausdehnte. Die dortigen Tageblätter sind deshalb heute in sehr verkürztem Umfang erschienen. Die Setzer sollen über einen großen Ausstandsfonds ver⸗ fügen. Die Druckereibesitzer erklärten sich solidarisch gegenüber den Forderungen der Setzer. 8 8

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16 Kunst und Wissenschaft.

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4 Zur Ehrung ihrer drei vor achtzig Jahren geborenen Mit⸗

glieder Andreas Achenbach, Adolf Menzel und Julius

Schrader hat die Königliche Akademie der Künste eine Ausstellung veranstaltet, die durch Vereinigung einer stattlichen Anzahl von Werken der genannten Maler dem Publikum deren Be⸗ deutung vor Augen führen soll. Von Achenbach sind dreißig, von Schrader siebzehn Oelgemälde, von Menzel schließlich nahezu zwei⸗ hundert Bilder und Zeichnungen ausgestellt. Das Schaffen der drei Meister gehört bereits der Geschichte an, Tadel und Bewunderung weichen damit historischer Reflexion. Ein ausgeführtes Bild des Ent⸗ wicklungsganges jedes Einzelnen zu geben, ist hier nicht am Platze; wir beschränken uns deshalb darauf, die wichtigsten Daten aus dem Leben der drei Jubilare, soweit sie durch ausgestellte Bilder illustriert sind, mitzutheilen.

Julius Schrader, am 16. Juni 1815 in Berlin ge⸗ boren, studierte an der Akademie seiner Vaterstadt und in Düsseldorf unter Schadow; schon seine ersten Historienbilder, von denen leider keines seinen Weg in die Ausstellung gefunden hat, zeugen von dem tiefen Eindruck, den die Werke der belgischen Kolo⸗ risten auf ihn gemacht haben. Auch das große, dem Danziger Stadt⸗ Museum gehörige Bild: Gregor VII. und Graf Centius, im Jahre 1864 gemalt, sowie der Abschied Oldenbarneveld's von seiner Familie (1865) und die Huldigung der Städte Berlin und Kölln (1874) zeigen deutliche Reflexe der Kunst Gallait's und Bièfve’s, die Schrader auf einer Studienreise durch die Niederlande in ihrer Heimath kennen gelernt. Reiches Farbenleben und liebenswürdige Charakterzeichnung sichern den Bildnissen Schrader's, von denen ein Kinderporträt aus dem Besitz Herrn F. Simrock's und das Porträt des Geheimen Kom⸗ merzien⸗Raths von Hansemann besonders hervorgehoben seien, einen bleibenden Werth und eine Bedeutung, die voraussichtlich die seiner Geschichtsbilder überdauern wird.

Andreas Achenbach, der weltbekannte Schilderer der hollän⸗ dischen und belgischen Küfte, wurde am 29. September 1815 in Cassel geboren. Ein interessantes Frühbild aus des Meisters Wanderjahren nachdem A. die Düsseldorfer Akademie als Schüler Schirmer'’s absolviert, unternahm er zahlreiche Studienreisen durch aller Herren Länder hat das Stadt⸗Museum zu Danzig für die Jubiläums⸗Aus⸗ stellung dargeliehen: eine norwegische Vorfrühlingslandschaft, deren jugendliche Befangenheit noch nichts von der zukünftigen Entwicklung des damals einundzwanzigjährigen Malers ahnen läßt. Von Haupt⸗ bildern seiner späteren Schaffensperioden seien der „Untergang des President“ (1848), die zarte, an Ruysdael gemahnende Herbstlandschaft (1857) aus der Sammlung Klingelhöfer, zu einem Cyelus der Jahres⸗ zeiten gehörend, der Ostender Fischmarkt (1869), die Bergmühle (1882) und das Interieur aus einem Hildesheimer Kloster (1893) hervor⸗ gehoben. Die Ausstellung wird das verbreitete Vorurtheil von der Eintönigkeit der Werke Achenbach's beseitigen und seine bahnbrechende Bedeutung für die Entwicklung deutscher Landschafts⸗ malerei deutlich in die Erinnerung rufen.

Zehn Wochen später als Achenbach wurde in Breslau Adolf Menzel geboren. Die Stellung dieses genialen Meisters in der deutschen Kunstgeschichte, insbesondere seine Pionierarbeit im Dienste der realistischen Kunstauffassung zu erörtern, wird sein achtzigster Geburtstag, am 8. Dezember dieses Jahres, der zu⸗ gleich der Eröffnungstag einer Menzel⸗Ausstellung in der König⸗ lichen National⸗Galerie sein soll, Gelegenheit bieten. Die Ausstellung der Königlichen Akademie, auf decen Darbietungen wir heute kurz hin⸗ weisen wollten, darf sich rühmen, eine Fülle wichtigen Materials zur Würdigung des Meisters, zum theil zum ersten Mal, aus Privat⸗ sammlungen und auswärtigen Galerien zur Schau gebracht zu haben.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Portugal. 1 Durch Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des

Innern ist der Hafen von Cears (Brasilien) für von Gelbfieber ver⸗

seucht erklärt worden. Die anderen Häfen der gleichnamigen Provinz gelten als verdächtig. Schweden.

Zufolge Bekanntmachung des Königlichen Kommerz⸗Kollegiums vom 20. d. M. sind die Stadt und das Gouvernement St. Peters⸗ burg vom 6. d. M. an für choleraverseucht erklärt worden.

Dänemark.

Durch eine sofort in Kraft getretene Bekanntmachung des König⸗ lich dänischen Justiz⸗Ministeriums vom 21. d. M. sind die Vor⸗ schriften des Gesetzes vom 2. Juli 1880, betreffend die gesundheits⸗ polizeiliche Untersuchung, für alle Schiffe in Wirksamkeit gesetzt worden, die aus Häfen des Gouvernements St. Petersburg kommen oder mit von dort kommenden Schiffen auf der Reise in Berührung ge⸗ gewesen sind.

Gleichzeitig sind die Vorschriften der Verordnung vom 9. Sep⸗ tember 1893, betreffend die ärztliche Beaufsichtigung, für die aus jenen Häfen auf dem Seewege in Dänemark eintreffenden Personen in Kraft gesetzt worden. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 223 vom 16. Sep⸗ tember 1893.) 1 B

Des weiteren ist die Einfuhr von gebrauchten, nicht zu Reise⸗ oder Umzugsgut gehörenden Kleidungsstücken, Bettzeug und Leibwäsche aus den in Rede stehenden Häfen verboten.

8 Handel und Gewerbe.

Die Wochenübersicht der Reichsbank vom 23. November weist einen gesammten Kassenbestand nach von 951 737 000 ℳ; d. i. der Vorwoche gegenüber mehr 8 724 000 ℳ; der Metallbestand allein hat um 7 054 000 zugenommen. Der Bestand an Wechseln zeigt mit 664 548 000 eine Abnahme um 36 384 000 und der Bestand an Lombardforderungen mit 79 620 000 eine solche um 3 520 000 ℳ; auf diesen beiden Anlagekonten ist also zusammen ein Rückgang um 39 904 000 eingetreten. Auf passiver Seite hat sich Betrag der umlaufenden Noten um 24 011 000 auf 1 117 608 000 vermindert; auch die 8 täglich fälligen Verbindlichkeiten zeigen mit 470 726 000 eine Abnahme um 9 319 000

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks

an der Ruhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 25. d. M. gestellt 12 686, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. 1 b

In Oberschlesien sind am 23. d. M. gestellt 5532, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.

Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Schlachtviehmarkt vom 23. November 1895. Marktpreise nach Schlachtgewicht; nur Schweine werden nach Lebendgewicht

ehandelt. Rinder. Auftrieb 2341 Stück. (Durchschnittspreis ür 100 kg.) I. Qualität 120 124 ℳ, II. Qualität 110 bis 116 ℳ, III. Qualität 98 104 ℳ, IV. Qualität 88 —94 Schweine. Auftrieb 9632 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 92 ℳ, Landschweine: a. gute 86 90 ℳ, b. geringere 78 84 ℳ, Galizier —,— ℳ, leichte Ungarn —,— bei 20 % Tara, Bakonyver bei kg Tara pro Stück. Kälber. Auftrieb 1142 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 1,22 1,32 ℳ, II. Qualität 1,16 1,20 ℳ, III. uglität 1,08 1,14 Schafe. Auftrieb 7312 Stück. (Durchschnittspreis für I. Qualität 1,04 1,16 ℳ, II. Qualität 0,92 1,00 ℳ,

In der gestrigen Generalversammlung der Berlin⸗Neu dorfer Spinnerei⸗Aktiengesellschaft wurde der Antrag „Aufhebung des Generalversammlungsbeschlusses vom 15. März 1890 wonach die 1 000 000 jungen Aktien den Aktionären zu 115 % von der Deutschen und Dresdner Bank angeboten worden waren“, angenommen. Ebenso wurde der Antrag ange⸗ nommen auf Verminderung des Aktienkapitals um 500 000 ℳ, um die Unterbilanz von 150 000 zu beseitigen und den Reservefonds wieder zu füllen. Auch seien Abschreibungen nothwendig, zumal die Gesellschaft neue Anlagen gemacht hat und eine weitere Ausdehnung des Betriebes plane, um die gegenwärtig günstige Konjunktur aus⸗ zunutzen.

Nach dem Geschäftsbericht der Bierbrauerei⸗Aktien⸗ Gesellschaft vorm. Gebr. Hugger, Posen, über das erste Betriebsjahr ist das Ergebniß günstig gewesen. Es wurden gebraut 31 108 hl und verkauft 31 209 hl, wobei ein Gewinn von 194 303 erzielt wurde. Nach Dotierung des Reservefonds, Abzug der Tan⸗ tibmen an Aufsichtsrath und Direktion sollen 125 000 für Zahlung einer Dividende von 10 % verwendet, und mit 30 000 soll ein Spezialreservefond gebildet werden.

Aus Dortmund berichtet die „Köln. Ztg.“, daß der Aufsichts⸗ rath der Dortmunder Aktienbrauerei beschlossen hat, der Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 26 ½8 % für das Geschäftsjahr 1894/95 vorzuschlagen.

Nach dem Geschäftsbericht der Stadtberger Hütte zu Niedermarsberg für 1894/95 betrug die Erzgewinnung 759 250 Ztr. mit 243 5456 gleich 32,07 für den Zentner Selbst⸗ kosten, d. i. gegen das Vorjahr 58 650 Ztr. weniger, ein 6965 geringerer Kostenaufwand und 1,44 für den Zentner höhere Selbstkosten. Der Durchschnittsgehalt der ge⸗ sammten Erzförderung betrug 2 % gegen 1,97 % i. V. An Kupfer wurden insgesammt 15 314 Ztr. (i. V. 15 344 Ztr.) gewonnen. Auf je 100 Ztr. Erze ergiebt sich eine Kupfererzeugung von 1,97 % gegen ein Ausbringen von 1,88 % i. V. Die Selbstkosten des Kupfers beliefen sich auf 38,10 oder 0,27 niedriger als i. V. Einschließlich Zinsen beträgt der Rohgewinn 111091 (i. V. 133 829 ℳ), davon werden 35 927 (42 586) zu Abschrei⸗ bungen verwandt; es verbleiben 75 164 Reingewinn, wovon je 3758 zur Reserve und als Gewinnantheil des Verwaltungsraths eh und 67 647 zur Verfügung der Generalversammlung

eiben.

Die Einnahmen der Königlich sächsischen Staats⸗ eisenbahnen betrugen im Juli d. J. 8 933 068 (+ 606 746) und vom 1. Januar bis Ende Juli 52 810 901 (+ 2 724 760) Die Einnahmen der Zittau⸗Reichenberger Eisenbahn betrugen im Juli d. J. 78 111 (+ 1912) und vom 1. Januar bis Ende Juli 474 592 (+ 26 931) Die Altenburg⸗-„Zeitzer Eisen⸗ bahn vereinnahmte im Juli d. J. 90 200 (+ 7853) und vom 1. Januar bis Ende Juli 571 328 (+ 44 089) Die Zittau⸗ Oybin⸗Jonsdorfer Eisenbahn vereinnahmte im Juli d. J. 15 120 (— 153) und vom 1. Januar bis Ende Juli 56 731 (+ 2031) 8 .

Von der „Leipziger Monatsschrift für Textil⸗ Industrie“ (Theodor Martin’'s Textil⸗Verlag in Leipzig) liegt das zehnte Heft des X. Jahrgangs vor. Der allgemeine Theil bringt interessante Angaben über Deutschlands Ausfuhr nach Japan, die den hervorragenden Antheil ersichtlich machen, welchen Deutschland an der Versorgung des japanischen Markts mit Wollgarnen, Flanellen, wollenen Strickgarnen ꝛc. hat, und der im Jahre 1894 sich höher stellt als die gleichartige Ausfuhr Englands. Ein zweiter Bericht behandelt die Verhältnisse der Textilindustrie Rumäniens. Mittheilungen über die Feuergefährlichkeit elektrischer Anlagen sowie über das Ergebniß einer in Rußland veranstalteten Enquôte bezüglich der Einführung eines Normalarbeitstags beschließen den allgemeinen Theil des Hefts. Der technische Theil enthält Aufsätze aus den Ge-⸗ bieten der Spinnerei, Weberei, Bleicherei, Färberei und Appretur, ferner zahlreiche Berichte über neue Erfindungen, technische Notizen, eine Rundschau über bemerkenswerthe Ereignisse, Bücherbesprechungen ꝛc. Das Heft ist wieder mit Mustern von Stoffneuheiten versehen.

Von der Ham burger Börse berichtet die „Hamb. Börs.⸗H.“, daß die Hausse⸗Positionen eines dortigen Großspekulanten in lokalen Werthen gestern von einem Bankkonsortium übernommen worden sind. Die sehr umfangreichen, viele Millionen umfassenden Engagements dieses Spekulanten sind schon häufig von Einfluß auf die Börsentendenz gewesen; sie erstreckten sich namentlich auf Aktien des Norddeutschen Lloyd, der Amerikanischen Packetfahrt⸗Gesellschaft, der Hamburger Straßenbahn und auf St.⸗Pr. der Dortmunder Union. Das Eintreten des Konsortiums bezweckt insbesondere den Schutz der lokalen Werthe, Packetfahrt⸗ und Straßenbahnaktien, aber es umfaßt auch die Nordd. Lloydaktien der Engagements. 4

Aus Lemberg meldet „W. T. B.“, daß die dortige Bank⸗ und Getreidefirma Goldstern und Löwenherz infolge großer Verluste durch Getreidespekulation insolvent ist. Die Lemberger Finanzinstitute leiteten eine Hilfsaktion ein und brachten einen Fonds zusammen, um eine außergerichtliche Liquidation zu ermöglichen. Wie der „Frkf. Ztg.“ aus Wien gemeldet wird, betragen die Passiva der Firma 1 ½ Millionen Gulden. Die kleinen Einleger erhielten durch das Bankkonsortium sofort 40 % ihrer Forderungen.

Forst (Lausitz), 26. November. (W. T. B.) Tgbl.“ meldet: Durch das Anwachsen der hiesigen Tuchindustrie

hat sich das Bedürfniß herausgestellt, hier Auktionen deutscher und .

ausländischer Wollenkämmlinge ꝛc. zu veranstalten. Zu diesem Zweck hat sich ein Syndikat gebildet, an dessen Spitze das Wollhaus Gebrüder Herzberger in Forst steht. Die Auktionen treten im nächsten Jahre ins Leben.

8 Verkehrs⸗Anstalten.

Laut Telegramm aus Goch ist die erste englische Post über Vlissingen vom 25. November ausgeblieben. Grund: Sturm auf See. 1

Laut Telegramm aus Herbesthal sind auch die erste und die zweite englische Post über Ostende vom 25. November ausgeblieben. Grund: Sturm auf See.

Aus Bern wird dem „W. T. B.“ gemeldet, daß die Unter⸗ zeichnung des Vertrags über den Simplon⸗Tunnel gestern erfolgt ist. Der italienisch⸗schweizerische Staatsvertrag enthält 26 Artikel. Das von dem Verwaltungsrath der Jura⸗Simplonbahn und dem Bundesrath bereits angenommene Arbeitsprogramm des Hauses Brand, Brandau und Kompagnie wird hierdurch genehmigt. Ftalien verpflichtet sich zum Bau der Zufahrtslinien von Domo d'Ossola nach Iselle in der Länge von 17 km; es gewährt keine Subvention, wird aber seinen Einfluß ausüben, damit die an dem Bahnbau interessierten Provinzen und Städte Nord⸗Italiens eine Subvention von 4 Millionen gewähren. Hingegen wird Italien laut einem bestehenden Gesetz für jeden auf seinem Boden gelegenen Bahnkilometer für die Dauer der Konzession, nämlich 99 Jahre, eine jährliche Subvention von 3000 Fr. gewähren, das sind im Ganzen 66 000 Fr. jährlich, welche Summe einem Kapital von 1 ½ Millionen Francs gleichkommt. Die Schweiz verpflichtet sich zu einer Subvention von 15 Millionen Francs.

Der Schnelldampfer „Maasdam“ der Niederländisch⸗Ameri⸗ kanischen Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft ist am 24. November in New⸗ YVork angekommen.

Bremen, 26. November. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Saale“ hat am 23. November Nachmittags Punta del Gada passiert. Der Postdampfer „Mark“ hat am 24. November Vormittags die Reise von Villa Garzia nach dem La Plata fortgesetzt Der Postdampfer „Weimar“ i am 24. November Morgens in New⸗York angekommen. Reichs⸗Postdampfer „Sachsen“ hat am 24. November Nach⸗

ittags die Reise von Port S S rtgesezt. Der “] 1 2 8 8* 6 I 8

Das „Forster