als Kosten für die Festfeier anläßlich der Schlacht von Loigny, sowie 40 000 ℳ zum Besten nothleidender Veteranen dieses Regiments. 11“
Oesterreich⸗Ungarn. Das österreichische Abgeordnetenhaus beschloß eestern mit 120 gegen 51 Stimmen die Auslieferung des Abg. Dr. Lueger wegen Ehrenbeleidigung. Der Abg. Schleicher überreichte einen dringlichen Antrag, worin er die Einsetzung eines 18 gliedrigen Ausschusses verlangte, welcher über die militärischen Maßnahmen am Tage des Be⸗ kanntwerdens der Nichtbestätigung des Dr. Lueger um Bürgermeister von Wien sowie über die Inhi⸗ “ von Telegrammen Erhebungen anstellen und dem Hause berichten solle. Der Minister⸗Präsident Graf Badeni er⸗ erklärte: Die Regierung habe von der Militärbehörde keine Assistenz verlangt und zwar nicht nur am fraglichen Tage, sondern überhaupt nicht, seitdem sie am Ruder sei. Die Re⸗ gierung sei mit den Militärbehörden in der Angelegenheit der Assistenz überhaupt in keinen Kontakt getreten; auch seitens der Militärbehörden sei weder eine komplette, noch eine partielle Konsignierung, noch auch überhaupt eine über den täglichen Rahmen der Bereitschaft hinausgehende, sogenannte strenge Bereitschaft veranlaßt worden. Der Minister⸗Präsident ging sodann auch auf die Frage nach den Gründen der Nichtbestätigung des Abg. Dr. Lueger ein und erklärte, die Regierung habe dabei absolut kein persönliches Moment vor Augen gehabt, sondern nur die Art und Weise der Be⸗ thätigung des Abgeordneten Dr. Lueger im öffentlichen Leben. Die Regierung halte an dem Grundsatze fest, daß man nicht nur die öffentliche Stellung eines Mannes in der Politik für wichtig zu finden habe, im Gegensatz zu der traurigen Gewohn⸗ heit, die sich auch in Oesterreich einzubürgern scheine. Wenn die Regierung nicht an der scharfen Unterscheidung zwischen dem öffentlichen und dem privaten Leben festzuhalten wisse, würde sie das ganze öffentliche Leben, besonders den Parlamentarismus schädigen. Bezüglich der Inhibierung der Depeschen gab der Minister⸗Präsident zu, daß an einem Telegraphenamt die Annahme von vier Depeschen über die Nichtbestätigung des Abg. Dr. Lueger verweigert worden sei. Die Untersuchung habe ergeben, daß diese bedauerliche Thatsache auf die sträfliche Neugierde einer Telegraphistin sowie auf die Verstümmelung eines Textes zurückzuführen sei. Die Schuldtragenden seien bestraft worden. Der Abg. Dr. Lueger führte aus, daß er dem Minister⸗ Präsidenten für die Erklärung dankbar sei, daß gegen seinen, des Redners, Charakter nichts vorliege. In Betreff des Antrags des Abg. Schleicher müsse jedoch hervor⸗ gehoben werden, daß das Volk in Wien sich zu nichts hin⸗ reißen lassen und sich nicht zum Ziel der scharfen Patronen des Grafen Badeni hergeben werde. Nach der Rede des Abg. Dr. Lueger entspann sich ein Wortwechsel zwischen den Abgg. Kraus und Schneider. Der Präsident Freiherr von Chlumecky rief den Abg. Schneider zur Ordnung und sagte infolge eines Zwischenrufs dieses Abgeordneten: „Ich muß die Herren verantwortlich machen, wenn in der Bevölkerung eine derartige Zunahme der Verrohung statt⸗ sindet.’“ (Stürmischer Beifall auf der Rechten und Linken, Unruhe auf der äußersten Linken.) Der dringliche Antrag des Abg. Schleicher wurde sodann mit 153 gegen 52 Stimmen abgelehnt. Der Abg. Fort interpellierte den Finanz⸗Minister Dr. von Bilinski, ob er die entsprechenden Vorkehrungen treffen wolle, wenn die Zuckersteuervorlage in Deutschland zum Gesetz geworden sei. Der Abg. Dr. Lueger stellte an den Präsidenten die Anfrage, ob er die Verfügungen des Hauses, betreffend die Abänderung der Hausordnung, zurückziehen wolle. Dies beziehe sich insbesondere auf die Einschränkungen des Besuchs der Galerien, welche den Ausschluß der Oeffentlichkeit, somit eine Verletzung des Gesetzes, bedeuteten. Der Präsident Freiherr von Chlumecky erwiderte, die Feststellung der Hausordnung sei ein anerkanntes Recht des Bureaus, und wies auf die Vorkommnisse hin, welche diese Abänderung nothwendig gemacht hätten. Es sei Pflicht des Präsidiums, den Mißbrauch der Oefefentlich⸗ keit hintanzuhalten und das Recht des Parlaments zu wahren, damit es nicht unter den Terrorismus der Straße gerathe. (Stürmischer Beifall, Widerspruch auf der äußersten Linken.) Solange er in seiner Stellung sei, werde er auf die strengste Handhabung der Hausordnung sehen und die Freiheit der Berathung schützen. (Lebhafter, anhaltender Beifall und Händeklatschen.) Die Sitzung wurde damit geschlossen. Das ungarische Unterhaus hat gestern mit einer bedeutenden Majorität das Budget als Basis für die Spezial⸗ debatte angenommen.
Frankreich.
In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer gab zunächst der Minister des Aeußern Berthelot seiner An⸗ erkennung der Verdienste des nach Madagaskar entsandten Expeditions⸗Korps Ausdruck und führte sodann aus: Madagaskar sei jetzt im französischen Besitz. Die Expe⸗ dition habe zu schmerzlichen, alle vorherigen Annahmen übersteigenden Opfern geführt, die Frankreich das Recht gäben, ausgedehnte Entschädigungen und endgültige Bürg⸗ schaften zu verlangen. Es könne sich hieraus keinerlei aus⸗ wärtige Schwierigkeit ergeben. Die Regierung achte die in Bezug auf gewisse Mächte von ihren Vorgängern einge⸗ angenen Verpflichtungen. Was die von den Hovas abge⸗ folcfenen Verträge betreffe, so würden die für eroberte Gebiete üblichen internationalen Regeln beobachtet werden. Unter diesem Vorbehalt sei die Regierung ent⸗ schlossen, namentlich unter dem wirthschaftlichen Ge⸗ ichtspunkt, alle aus der endgültigen Occupation Mada⸗ aaskars sich ergebenden Rechte auszuüben. Die innere Organi⸗ seion des Landes werde unter der Autorität Frantreichs auf⸗ recht erhalten werden. Die Regierung beabsichtige keineswegs, den Vertrag von Tananarivo abzulehnen; nichtsdestoweniger erachte sie es für nothwendig, an dem Wortlaut des Vertrages He Abänderungen vorzunehmen, zu dem Zwecke, jeden Irrthum zu vermeiden und jeder Möglichkeit neuer Konflikte vorzubeugen. Das endgültige Vertragsinstrument werde der Kammer demnächst vorgelegt werden. Der Deputirte Ribot ersuchte die Regierung, die zu ändernden Punkte des Vertrags genau anzugeben und die Aktenstücke in Betreff Madagaskars mitzutheilen, worauf der Minister des Aus⸗ wärtigen Berthelot erwiderte, ein Gelbbuch werde in nächster Zeit veröffentlicht werden. Die Kammer beschloß, die Inter⸗ pellationen, betreffend die Organisation der Madagaskar⸗Expe⸗ dition, sofort zu berathen. Die Deputirten Pi
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Pierre⸗Alype und
Vigné tadelten die Organisation der Expedition, legten die Verantwortlichkeit hierfür dem Marine⸗Ministerium zur Last und verlangten eine Untersuchung. Der Kriegs⸗Minister Cavaignac erklärte, die Regierung sei bereit, Aufklä⸗ rungen zu geben. Der Minister lobte den Heldenmuth der Soldaten und Offiziere; die Frist zur Vorbereitung der Expe⸗ dition sei ungenügend gewesen; der Feldzug habe bewiesen, daß die Kolonialarmee aus fertigen Leuten zusammengesetzt sein müsse. Die Verwendung der Lefévre⸗Wagen sei ein Irrthum gewesen. Die Wahrheit sei, daß Frankreich einer Organisation für die Kolonien ermangele, ein Sühnopfer brauche aber deshalb nicht herausgesucht zu werden. Der Deputirte Jaurès verlangte, die verant⸗ wortlichen Minister sollten sich rechtfertigen. Der Deputirte Dupuy erklärte, er habe den aufrichtigen und loyalen Erklä⸗ rungen Cavaignac's nichts hinzuzufügen. Die Debatte wurde sodann geschlossen. Der Sozialist Jourdes verlangte die Er⸗ nennung einer Untersuchungskommission. Der Minister⸗ Präsident Bourgeois verwarf jede Untersuchung und erklärte, die Regierung werde die Verantwortlichkeit im Verwaltungsweg prüfen. Der Antrag Jourdes wurde mit 409 gegen 112 Stimmen abgelehnt. Die Kammer nahm sodann mit 426 gegen 54 Stim⸗ men eine Tagesordnung an, mit der sich der Minister⸗ Präsident einverstanden erklärt hatte; dieselbe besagt: die Erklärungen der Regierung seien zu billigen und den Truppen Glückwünsche auszusprechen. Der Sozialist Grousset brachte schließlich einen Antrag ein: die früheren verantwortlichen Minister in Anklagezustand zu versetzen, und verlangte für diesen Antrag die Dringlichkeit. Der Antrag wurde mit 417 gegen 48 Stimmen abgelehnt.
Die radikalen und sozialistischen Blätter sprechen ihre lebhafte Unzufriedenheit darüber aus, daß das Kabinet eine Untersuchung über die Verantwortlichkeit betreffs Mada⸗ gaskars abgelehnt habe; sie sind der Ansicht, daß das Land eine große Enttäuschung erfahren werde, und geben zu ver⸗ stehen, daß die Frage wieder vor die Kammer kommen werde. Die gemäßigten Blätter äußern hingegen ihre Genug⸗ thuung daruͤber, daß das Kabinet sich von den Sozialisten ge⸗ trennt habe.
Das russische Geschwader, bestehend aus den Kreuzern „Rurik“, „Dimitry Donskoy“ und dem Kanonenboot „Grosiastschy“, ist gestern Vormittag auf der Rhede von Brest eingetroffen
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““ 1u1“
Nachdem der Abg. Barzilai in der gestrigen Sitzung Deputirtenkammer über Umtriebe gesprochen hatte, welche gelegentlich der letzten allgemeinen Wahlen bei der Wahl des Abg. Guy, des Gegenkandidaten des Kabinetschefs im Ministerium des Innern, der vor den Wahlen seine Kandi⸗ datur zurückgezogen hatte, vorgekommen seien, erklärte der Abg. Guy: es seien ihm Geld⸗ und andere Anerbietungen gemacht worden, damit er seine Kandidatur zurück⸗ ziehe; aber diese Anträge seien von Personen ausge⸗ gangen, welche der Regierung fernständen. Er habe die⸗ selben zurückgewiesen; weder der Minister⸗Präsident Crispi, noch die Regierung seien dabei betheiligt gewesen. Er, Guy, habe seine Kandidatur auf Grund des ministeriellen Programms aufgestellt und sei der gegenwärtigen Regierung treu ge⸗ blieben. Der Abg. Barzilai, der Unter⸗Staatssekretär Galli und andere Redner betheiligten sich an der weiteren Debatte, welche sehr lebhaft wurde und zu heftigen Zwischenrufen von Deputirten der äußersten Linken führte. Da der Präsident die Ruhe nicht herzustellen vermochte, suspendierte er die Sitzung. Nach deren Wieder⸗ aufnahme schlug der Minister⸗Präsident Crispi vor, dem Präsidenten der Kammer die Ernennung einer Kommission von 9 Mitgliedern zu übertragen, welche eine Untersuchung über die behaupteten Thatsachen anstellen solle. Dieser Vorschlag wurde gemäß der Geschäftsordnung den Bureaux überwiesen. Sodann wurde die Berathung der Interpellationen über die innere und äußere Politik der Regierung wieder aufgenommen. Der Abg. Imbriani entwickelte seine Inter⸗ pellation über die auswärtige Politik der Regierung: Italien dürfe nicht den Interessen derer dienen, welche sich um die türkische Erbfolge stritten. Der Minister des Auswärtigen Baron Blanc unterbrach den Redner mit der Bemerkung: Italien sei nicht und könne nicht im Dienste von irgend jemand sein.
Schweiz. An der heutigen Beerdigung des deutschen Gesandte n Dr. Busch nahmen der Bundesrath, die Mitglieder des diplomatischen Korps und die Angehörigen der deutschen Kolonie theil. ö111“
Türkei. .“
Dem „Reuterschen Bureau“ wird aus Konstantinopel ge⸗ meldet, der Minister des Auswärtigen Tewfik Pascha habe am Dienstag dem großbritannischen Botschafter Sir Ph. Currie einen Besuch abgestattet und ihm mitgetheilt, die Vermehrung der Stationsschiffe werde bewilligt werden.
Eine Meldung der „Politischen Correspondenz“ bezeichnet die Angaben über die Verluste an Menschenleben in Klein⸗Asien, welche das englisch⸗armenische Comité kürzlich veröffentlicht habe, als übertrieben. Auf Grund verläßlicher Berichte werde jedoch die Anzahl der in den anatolischen Städten den Unruhen zum Opfer gefallenen Armenier auf rund 15 000 beziffert. Der Menschenverlust auf dem platten Lande sei gegenwärtig überhaupt nicht zu schätzen. Der Ver⸗ lust an Gütern sei mit der in der englischen Quelle an⸗ gegebenen Summe von 10 Millionen türkische Pfund eben⸗ falls überschätzt, betrage jedoch sicher etwa ein Drittel oder die Hälfte der genannten Summe. Aus den Vilaäjets Trapezunt, Erzerum, Tiflis, Wan, Diarbekr, Mamureth⸗ul⸗ Aziz, Siwäs und Aleppo werde ein jeder Beschreibung spottender Nothstand gemeldet.
Aus amtlicher türkischer Quelle erfährt „W. T. B.“, daß nach authentischen, in Konstantinopel eingetroffenen Meldungen im Vilajet Adana vollständige Ruhe herrsche; das Gerücht, wonach in Pias (2) Ruhestörungen vorgekommen sein sollten, entbehre jeder Begründung; nur die Armenier der Ortschaft Tschok Merzemen hätten um ihre Ortschaft herum eine Stein⸗ mauer errichtet, von welcher herab sie auf die mohamedanische Bevölkerung geschossen hätten, wobei mehrere Personen ge⸗ tödtet und 13 verwundet worden seien.
18 Serbien. Die gestern mitgetheilte Thronrede hat, wie „W. T. B.“ aus Belgrad berichtet, in dortigen politischen Kreisen einen orzüglichen Eindruck gemacht; insbesondere
werden soll,
hebung der befriedigenden Lage der Finanzen sowie der vo König geäußerte Wille, die friedliche Politik fortzusetzen, sehr
Dem Madrider „Heraldo“ ist aus Havanna telegraphis gemeldet worden, die dortige Lage werde infolge von Bra auf Zuckerpflanzungen pessimistisch betrachtet. Fünfhundert⸗ tausend Zentner Zucker seien an 2 Tagen durch Feuer zerstört worden. Die Eigenthümer hätten, mit dem Tode bedroht die Ernte preisgegeben. Derselben Depesche zufolge hätten die Aufftändischen einen Zug zur Entgleisung gebracht der Eskorte des Zugs die Waffen weggenommen und die Reisenden geplündert. Ferner hätten die Aufständischen die Barke „Merceditas“ verbrannt, welche an der Küste von Trinidad als Lebensmitteldepot gedient habe. 3
Parlamentarische Nachrichten.
Bei der am 22. November im 2. Mindener Wahl⸗ kreise (Herford⸗Halle) vorgenommenen Ersatzwahl zum Reichstag wurden nach amtlicher Feststellung 13 310 Stimmen abgegeben; davon entfielen auf den Amtsgerichts⸗Rath Dr. Weihe (konservativ) 6553 Stimmen, auf den Bürgermeister von Herford Quentin (liberal) 3907 Stimmen, auf den Redakteur Carl Hoffmann zu Bielefeld (Sozialdemokrat) 2384 Stimmen; zersplittert waren 466 Stimmen. Demna Dr. Weihe und Quentin
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ist eine Stichwahl zwischen erforderlich.
— Bei der heute im 3. Potsdamer Wahlbezirk (Prenzlau⸗Angermünde) vorgenommenen Ersatzwahl zum Landtag wurde der Schloßhauptmann von Buch⸗Stolpe mit 290 Stimmen zum Mitglied des Hauses der Ab geordneten gewählt. Ein Drittel der Wahlmänner fehlte.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Nach § 40 des Strafgesetzbuchs können Gegenstände, welche zur Begehung eines vorsätzlichen Verbrechens oder Vergehens be⸗ stimmt sind, sofern sie dem Thäter oder einem Theilnehmer ge⸗ bören, eingezogen werden In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, I. Strafsenat, durch Urtheil vom 20. Mai 1895 ausgesprochen, daß eine Einziehung nur dann stattfinden darf, wenn die strafbare That wenigstens bis zum Versuche gediehen war. „Daß das Gesetz einen strafbaren Versuch des Jagdvergehens nicht anerkennt, kann nicht zu der Annahme führen, das Bestimmt⸗ sein des betreffenden Gegenstands zur Begebung desselben sei schon dann gegeben, wenn nur überhaupt erwiesen erscheine, er habe, im Falle sich eine Gelegenheit hierzu finde, in Gebrauch genommen werden sollen; es muß vielmehr die hierauf gerichtete Absicht in einer äußeren Handlung dergestalt erkennbar hervorgetreten sein, daß sie als Versuch des Vergehens hätte bestraft werden können, wenn er mit Strafe be⸗ droht wäre; denn die Einziehung ist eine Strafe.“ (1783/95.)
— Das Prozeßgericht ist, nach einem Urtheil des Reichs⸗ gerichts, III. Zivilsenats, vom 14. Juni 1895, befugt, die Handlungs⸗ und Prozeßunfähigkeit einer Person, insoweit eine solche für den ihm vorliegenden Prozeß in Betracht kommt und einen Theil des Streit⸗ stoffes bildet, nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung selbst festzustellen, ohne daß bierfür das amtsgerichtliche Entmündigungs⸗ verfahren, welches nur die formelle Feststellung der Geisteskrankheit und der allgemeinen Handlungsunfähigkeit bezweckt, abzuwarten ist. Eine partielle Geistesstörung zieht nicht ohne weiteres die
Prozeßunfaͤhigkeit des Geistesgestörten nach sich; vielmehr ist in inwieweit
diesem Falle vom Prozeßrichter zu untersuchen, zwischen der Geistesstörung und der in Frage stehenden Handlung des Geistesgestörten ein Zusammenhang besteht, und insoweit kann er zu dem Ergebniß gelangen, daß der Kranke auf dem von seinen Wahnideen beherrschten Gebiete prozeßunfähig sei. „Der Begriff Geistesstörung oder Geisteskrankheit ist nicht voll⸗ kommen gleichbedeutend mit Handlungsunfähigkeit; nicht jede im technisch⸗medizinischen Sinne geisteskranke Person entbehrt desbhalb durchaus der Handlungsfähigkeit; insbesondere schließen einzelne, nach bestimmten Richtungen hin auftretende Wahnideen, welche von der Medizin als Geisteskrankheit bezeichnet werden, die Handlungs⸗
fähigkeit nur auf denjenigen Gebieten und in denjenigen Fällen aus,
welche durch sie beeinflußt werden.“ (78/95.)
— Die Bestimmung des § 194 der Zivilprozeßordnung, wonach die Frist, welche in einer anhängigen Sache zwischen der Zu⸗ stellung der Ladung und dem Terminstage liegen soll (Ladungs⸗ frist), in Anwaltsprozessen mindestens eine Woche und in anderen Prozessen mindestens drei Tage beträgt, ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Zivilsenats, vom 26. Juni 1895, nur für Ladungen zum Terminstage, nicht für Benachrichtigungen über eine Ab⸗ änderung der Terminsstunde erlassen die lediglich im Ermessen des Gerichtsvorsitzenden liegt. Die Verfügung einer Abänderung der Terminsstunde kann demnach später wirksam zugestellt werden. (3/95.)
Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Die passive Wahlfähigkeit zum Stadtverordneten muß, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, II. Senats, vom 8. Mai 1895, schon im Moment der Wahl bei dem Ge⸗ wählten vollständig vorhanden sein. — Der Stadtrath M, dessen Funktionen als Magistratsmitglied am 31. Dezember 1893 endeten, wurde bereits am 15. November 1893 auf die Zeit vom 1. Januar 1894 bis zum 31. Dezember 1899 als Stadtverordneter gewählt, welche Wahl M. am 23. November 1893 annahm. Die Wahl des M. wurde seitens der Stadtverordneten⸗Versammlung für ungültig erklärt, und er erhob Klage auf Gültigkeitserklärung seiner Wahl. Diesem Antrage entsprach der Bezirksausschuß, da⸗ gegen schloß sich das Ober⸗Verwaltungsgericht der Ansicht der beklagten Stadtverordneten⸗Versammlung an, indem es begründend ausführte: „Der entscheidende Gesichtspunkt ist die jederzeitige, insbesondere nicht etwa erst mit der Funktionsperiode eintretende Un⸗ vereinbarkeit des Stadtverordnetenamts mit den in § 17 der Städte⸗ ordnung vom 30. Mai 1853 unter Nr. 1—6 aufgeführten Aemtern. Für die Wahl kann nur der Zeitpunkt dieses Aktes selbst entscheiden, nicht noch mit den erst in einer späteren Zeit sich vollziehenden Aende⸗ rungen gerechnet werden, ohne daß damit in den öffentlich rechtlichen Akt eine demselben begrifflich widerstrebende Unsicherheit hinein⸗ getragen werden würde. Wenn — wie bekannt — die Befristung und Bedingung schon für eine Reihe von zivilrechtlichen Akten als wesenswidrig ausgeschlossen ist, so muß dies in noch höherem Maße für das öffentliche Recht gelten. Das Wahlgeschäft beschränkt sich auf die Benennung desjenigen, welchem der Wähler seine Stimme geben will; die Stimmen werden sofort gezählt, das Ergebniß sofort ermittelt und bekannt gemacht; für eine Untersuchung mehr oder minder schwieriger und unsicherer Fragen, wie eine solche, wenn die spätere Erlangung der Qualifikation noch als wirksam zugelassen ermeidlich wäre, ist kein Raum gelassen. So spricht
der § 17 das positive Verbot der Wahl der dort aufgezählten Personen dahin aus, daß dieselben überhaupt nicht Stadtverordnete sein können, und beschreibt damit einen leicht zu erkennenden Kreis Nichtwähl⸗ barer.“ (II. 657.)
— Nach § 124 der Kreisordnung ist zu einem Beschlusse des Kreis⸗ tags, durch welchen eine Veränderung des festgestellten Vertheilungs⸗ maßstabs für die Kreisabgaben eingeführt werden soll, eine Stimmen⸗ mehrheit von mindestens zwei Dritteln der Abstimmenden erforderlich. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Ober⸗ Verwaltungsgericht, 1I. Senat, durch Urtheil vom 2. Ok⸗ tober 1895 ausgesprochen, daß ein Kreistagsbeschluß, betreffend die Vertheilung der Kreisabgaben nach Maßgabe des neuen Kom⸗ munalabgabengesetzes, mit einfacher Stimmenmehrheit gefaßt werden kann, falls die bisherige Vertheilung den Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes widerspricht. Dies gilt auch für den Fall, daß der Beschluß vor dem 1. April 1895, dem Tage des Inkrafttretens des Kommunalabgabengesetzes, innerhalb des vorher⸗ gegangenen Jahres gefaßt worden ist. „Nachdem der alte Zustand durch das Gesetz und nicht durch einen FvrE beseitigt worden war, mußte, um die Anwendung des § 12 Abs. 2 der Kreisordnung abzuwenden, eine neue Vertheilung vorgenommen werden. Diese bildet aber keine Veränderung des festgestellten Vertheilungsmaßstabs, weil eben durch das neuere Gesetz der Ver⸗ theilung fortan jeder Boden entzogen, gewissermaßen — um einen vulgären Ausdruck zu gebrauchen — tabula rasa gemacht worden war und daher für die Zeit nach dem 1. April 1895 ein vollständig neuer Aufbau zu erfolgen hatte. Eine Veränderung würde vielmehr voraussetzen, daß eine Abweichung von dem rechtmäßig Bestehenden ohne eine in dem Kommunalabgabengesetze begründete Nöthigung beabsich⸗ tigt werde.. .“ (II. 1468.)
Statistik und Volkswirthschaft.
Der auswärtige Handel des deutschen Zollgebiets im Monat Oktober 1895.
Das vom Kaiserlichen Statistischen Amt herausgegebene Oktober⸗ heft der „Monatlichen Nachweise über den auswärtigen Handel des deutschen Zollgebiets“ schließt in der Einfuhr für Oktober 1895 mit 32 016 408 (100) kg gegen 30 898 438 (100) kg des gleichen Vorjahr⸗ Monats ab, sodaß die Einfuhr im letzten Monat um 1 117 970 (100) kg mehr betragen hat als im Oktober des Vorjahrs.
Die Gesammt⸗Einfuhr der verflossenen 10 Monate des Jahres 1895 hat sich von 266 620 592 (100) kg des Vorjahrzeitraums auf 266 652 053 (100) kg gehoben, sodaß eine Mehr⸗Einfuhr von nur 31 461 (100) kg vorhanden ist.
Die gegen die Vormonate unverhältnißmäßig stark gestiegene Ein⸗ fuhr des Monats Oktober 1895 vertheilt sich auf Nr. 9 (Getreide und andere Erzeugnisse des Landbaus), Nr. 13 (Holz und Holzwaaren), Nr. 34 (Stein⸗ und Braunkohlen ꝛc.), Nr. 1 (Abfälle ꝛc.), Nr. 41 (Wolle und Wollenwaaren).
Die Ausfuhr ergab im Monat Okotober 1895: 22 423 402 (100) kg gegen 22 770 424 (100) kg des gleichen Vorjabr⸗Monats, also um 347 022 (100) kg weniger. Gleichwohl weist die Ge⸗ sammt⸗Ausfuhr für die Monate Januar bis einschließlich Oktober 1895 noch eine Steigerung von 7 135 705 (100) kg aus, indem die Gesammtmenge von 186 388 650 (100) kg auf 193 524 355 (100) kg gestiegen ist. 8.
Nach Abzug der Edelmetalle gestaltet sich demnach für die Monate Oktober 1894 und 1895 und die Jahresabschnitte Januar / Oktober 85 und 1895 die Ein⸗ und Ausfuhr des deutschen Zollgebiets, wie folgt:
Im Monat Oktober betrug die Einfuhr 1894: 30 897 548 (100) kg, 1895: 32 015 828 (100) kg, Ausfuhr 1894: 22 769 943 (100) „ 1895: 22 423 120 (100) „
In den Monaten Januar/ Oktober betrug die Einfuhr 1894: 266 613 589 (100) kg, 1895: 266 645 547 (100 kg), Ausfuhr 1894: 186 384 739 (100) „ 1895: 193 521 980 (100 „
Die Ein⸗ und Ausfuhr der Edelmetalle hat sich nur um ein Geringes verändert, indem dieselbe im Vorjahre bis Ende Oktober 7003 (100) kg und im Jahre 1895 bis dahin 6506 (100) kg in der ne2 und 3911 beziehungsweise 2375 (100) kg in der Ausfuhr
4 1“]
1 Zur Arbeiterbewegung. In Erfurt fand am 24. und 25. November eine allgemeine
Konferenz der deutschen Konfektionsschneider statt. Ver⸗
treten waren, wie die Berliner „Volks⸗Ztg.“ berichtet, 27 Orte, vor⸗ nehmlich West⸗ und Mitteldeutschlands, durch 21 Delegirte. Zwei Vertreter der Berliner Lokalorganisation wurden von der Theilnahme ausgeschlossen. Einer Kommission von fünf Mitgliedern, die bereits einen Tarif ausgearbeitet hat, wurde das Recht zugesprochen, sich zu kooptieren und die Lohnbewegung an einzelnen Orten nach Kräften zu unterstützen. Ein Beschluß, im Frühjahr in allen Konfektionsorten gleichzeitig die Arbeit nieder⸗ zulegen, wurde nicht gefaßt. Die Kommission soll Flugblätter über die Lage der Konfektionsarbeiter verbreiten; auch sollen Ausstands⸗ marken zu 10 und 20 ₰ verausgabt werden. Für die Maßarbeit sollen Betriebswerkstätten gefordert werden.
Aus Schlesien wird der „Köln. Ztg.“ geschrieben: Der lang⸗ wierige Ausstand in der Porzellanfabrik Altwasser (vgl. Nr. 79 u. flgde. d. Bl.) ist beendet. Die Arbeiter sind fast alle wieder eingestellt worden. Die noch Arbeitslosen werden vom Ver⸗ bande weiter unterstützt. 1 8 8 1
Hier in Berlin haben, wie die „Post“ berichtet, sämmtliche Arbeiter und Arbeiterinnen der Hutfabrik von Silber und Brand die Arbeit eingestellt, weil die Arbeitsdauer von 9 auf 10 Stunden verlängert werden sollte. 1
Aus Pest wird der „Madb. Ztg.“ vom 27. d. M. telegraphiert: Der Setzerausstand nimmt größeren Umfang an, nachdem heute auch die Setzer der großen Aktiendruckereien dem Ausstand beigetreten sind. Die Zahl der Ausständigen beträgt 2800. Nur mit Hilfe der heute eingetroffenen Setzer aus der Provinz und dem Auslande konnten die heutigen Zeitungen, wenn auch ganz verkleinert, erscheinen. 1
Aus Glasgow meldet „W. T. B.“: Auf der dortigen Börse liefen günstige Gerüchte über eine wahrscheinliche Beilegung des Schiffsbauer⸗Ausstandes um.
Kunst und Wissenschaft.
u dem Huldigungsfest fr Adolf Menzel, welches, wie schon gemeldet, am 8. Dezember im Kroll'schen Etablissement stattfindet, wird den Theilnehmern ein künstlerisch ausgeführtes Erinnerungs⸗
blatt dargeboten werden. Im Auftrage des „Vereins Berliner Künstler“ hat der Maler Hans Looschen die Zeichnung dafür ge⸗ schaffen. Das Fee soll in vornehmer Ausstattung durch Helio⸗ ravüre vervielfältigt werden. 8
t — dre Dumas der Jüngere, der bekannte französische Roman⸗ und Bühnendichter, ist gestern Abend nach längerem Kranken⸗ lager in Marly im Alter von 71 Jahren gestorben. Er wurde am 29. Juli 1824 als Sohn Alexandre Dumas' des Aelteren (gestorben am 5. Dezember 1870) geboren und begann bereits als Siebzehn⸗ jäbriger seine literarische Laufbahn mit einem Band Gedichte: „Les péchés de la jeunesse, veröffentlichte dann einen größeren abenteuerlichen Roman im Stil der bekannten Werke seines Vaters, der aber wenig Beachtung fand, und widmete sich hierauf ganz der Schilderung der Sitten des modernen Frankreich. Seinen Ras begründete der Roman „La dame aux camélias (1848), den er später dramatisierte. Seitdem folgten fast alljährlich in ununterbrochener Reihe Romane und Dramen, die fast sämmtlich in deutscher Uebertragung auch bei uns bekannt geworden sind, so z. B. in neuerer Zeit „Der Fall Clémenceau“, eine geschickte Bühnen⸗
Gesundheitswesen, Thierkrankheit
bearbeitung seines bereits im Jahre 1866 erschienenen Romans „U'affaire Clémenceau“. Dumas wurde im Jahre 1875 in die französische Akademie aufgenommen. — Die Leiche wird am Sonnabend nach Paris gebracht werden. In seinem Testament bestimmte Dumas, daß er in seinem Arbeitskleide, ohne militärische Ehren und ohne Grabreden beerdigt sein wolle. Der Minister⸗Präsident Bourgeois sandte gestern Abend der Familie des Verstorbenen ein Beileids⸗ Telegramm, in welchem er den Schmerz des gesammten Frankreich über den Verlust des Meisters des zeitgenössischen Theaters ausspricht.
— Nach einer Mittheilung der „Voss. Ztg.“ aus Stavanger in Norwegen ist in den letzten Tagen auf dem Bauernbofe Oma in Thime ein bemerkenswerther Goldfund aus der Vikinger⸗ zeit gemacht worden. Der Fund bestehe aus acht massiven Gold⸗ ringen und 51 Bruchstücken von Goldstangen, wie sie seiner Zeit al Zahlmittel benutzt wurden, im Gewicht von zusammen 650 g. 8
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Nach einer im „Staats⸗Courant“ Nr. 267 vom 13. d. M. ver⸗ öffentlichten Bekanntmachung des niederländischen Ministeriums
des Aeußern ist die Einfuhr holländischen Viehs nach der Schweiz über die französisch⸗schweizerische Grenze bis auf weiteres gestattet.
und Absperrungs⸗ Maßregeellnl.
Durch Königliche Verordnung vom 22. d. M. ist für Herkünfte von St. Petersburg Quarantäne angeordnet worden.
Gleichzeitig gelten alle Häfen, welche von St. Petersburg nicht weiter als 165 km entfernt sind, als choleraverdächtig.
Portugal. 8 G
Durch Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern sind die Häfen der Sandwich⸗Inseln seit dem 10. d. M. für rein von Cholera erklärt worden. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 228 vom 23. September d. J.)
Der Gesundheitsstand in Berlin uch in der Woche vom 10. bis 16. November ein günstiger, die Sterblichkeit nahezu die gleich niedrige, wie in der Vorwoche (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 16,7). Unter den Todesursachen kamen akute Entzündungen der Athmungsorgane erheblich seltener als in der Vorwoche zum Vorschein und nahmen auch häufiger einen milderen Verlauf. Auch Erkrankungen an Grippe wurden ebenfalls seltener beobachtet, doch wurden nech 3 Todesfälle infolge von Grippe gemeldet. — Akute Darmkrankheiten zeigten sich selten, die Zahl der durch sie bedingten Sterbe⸗ fälle blieb die gleiche wie in der Vorwoche. Die Betheiligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war geringer als in der Vor⸗ woche — von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 40 Säuglinge. — Unter den Infektionskrankheiten blieben Erkran⸗ kungen an Typhus selten, und Erkrankungen an Masern und Scharlach wurden etwas mehr, an Diphtherie etwas seltener zur Anzeige ge⸗ bracht, und zwar kamen Erkrankungen an Masern aus der jenseitigen und diesseitigen Louisenstadt, Erkrankungen an Scharlach aus der dies⸗ seitigen Louisenstadt, dem Stralauer Viertel, der Rosenthaler Vorstadt und dem Wedding, an Diphtherie aus der Tempelhofer Vorstadt, der diesseitigen und jenseitigen Louisenstadt, dem Stralauer Viertel und namentlich aus der Rosenthaler Vorstadt in größerer Zahl zur Meldung. An Pocken kamen 2 weitere Erkrankungen (je 1 aus dem Spandauer Viertel und der Oranienburger Vorstadt) sowie 1 Todesfall zur Anzeige; auch 1 Erkrankung an Flecktyphus wurde gemeldet. Erkrankungen an Kindbettfieber wurden 2 bekannt. Selten blieben rosenartige Entzün⸗ dungen des Zellgewebes der Haut. Erkrankungen an Keuchhusten, die in 13 Fällen tödtlich endeten, blieben bäufig; auch rheumatische Beschwerden aller Art zeigten gegen die Vorwoche keine wesentliche Veränderung in ihrem Vorkommen.
Handel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 27. d. M. gestellt 12 979, nicht recht⸗ zeitig gestellt 12 Wagen. 8 1 In Oberschlesien sind am 26. d. M. gestellt 5526, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.
Zwangs⸗Versteigerungen. 8 Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am 25. und 27. November die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteige⸗ rung: Stargarderstraße 11, dem Maurermeister Karl Schulz gehörig; Fläche 7,29 ha; Nutzungswerth 9660 ℳ; Ersteher wurden der Architekt Dugo Wrede und der Kaufmann Fritz Schenke, Dennewitzstraße 24, für das Meistgebot von 151 000 ℳ — Oder⸗ bergerstraße 6, zum Nachlaß des Bäckermeisters Th. Eichler gehörig; Fläche 8,11 a; Nutzungswerth 11 500 ℳ, für das Meistgebot von 190 000 ℳ wurde der Maurermeister Jul. Schossow, Wilm⸗ straße 3, Ersteher. 1 Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin ist das Ver⸗ fahren der Wiederversteigerung des im Grundbuche von Weißensee Band 46 Blatt Nr. 1358 auf den Namen des Kaufmanns Adolf Kuppe eingetragenen, zu Neu⸗Weißensee, Lehderstraße 33, be⸗ legenen Grundstücks aufgehoben worden. Die auf den 17. und 22. Januar 1896 anberaumten Termine fallen fort.
Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Schlachtviehmarkt vom 27. November 1895. Auftrieb und Markt⸗ preise nach Schlachtgewicht mit Ausnahme der Schweine, welche nach Lebendgewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 576 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) I. Qualität —,— ℳ, II. Qualität —,— ℳ, III. Qualität 98 — 104 ℳ, IV. Qualität 88 — 94 ℳ — Schweine. Auftrieb 9252 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 90 — 92 ℳ, Landschweine: a. gute 84 — 88 ℳ, b. geringere 78 — 82 ℳ, Galizier —,— ℳ, leichte Ungarn —,— ℳ, bei 20 % Tara. Bakonyer —,— ℳ bei — kg Tara pro Stück. — Kälber. Auftrieb 1623 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 1,20 — 1,28 ℳ, II. Qualität 1,12 — 1,18 ℳ, III. Qualität 1,04 — 1,10 ℳ — Schafe. Auftrieb 1404 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 1,04 — 1,16 ℳ, II. Qualität 0,92 — 1,00 ℳ, III. Qualität —,— ℳ
— Liquidationskurse der Berliner Börse für Ende November 1895. 3 % Deutsche Reichs⸗Anleihe 99,10, 3 % Preuß. Konsols 99,25, Oesterreichische Kredit⸗Aktien 232,00, Lombarden 42,50, Franzosen 154,00, Berliner Handelsgesellschaft 148,00, Darmstädter Bank⸗Aktien Mark⸗St. 152,50, Deutsche Bank⸗Aktien 197,00, Dis⸗ konto⸗Kommandit⸗Antheile 209,25, Dresdner Bank 161,50, National⸗ bank für Deutschland 137,00, Russische Bank für 5 Handel 131,50, Wiener Bank⸗Verein 149,00, Aachen⸗Mastricht 76,50, Dortmund⸗ Gronau 149,50, Lübeck⸗Büchener 149,00, ainz⸗Ludwigshafener 117,00, Marienburg⸗Mlawka 76,00, Ostpreußische Südbahn 90,50, Böhmische Nordbahn 175,00, Buschterahder 255,50, Canada Pacific 53,80, Gotthardbahn 164,00, talienische Meridional 118,50, do. Mittelmeer 89,00, Jura⸗Simplon (konv. Schwz. W.) 88,50, Oesterreichische Nordwestbahn 133,00, do. do. Elbe⸗ thal 135,75, Prince Henri 72,50, Schweizer Zentralbahn 130,00, do. Nordostbahn 125,00, do. Union 88,50, Warschau⸗ Wiener 259,00, Egyptische Anleihe 4 % unifiz. 103,00, Italienische 5 % Rente 86,20, Mexikaner 6 % Anleihe 92,00, do. v. 1890 92,25, do. von 1893 88, Oesterr. 1860er Loose 150,00, Russische 4 % Konsols 101,50, do. 4 % 80er Anl. 101,25, do.é 4 % Rente 66,50, do. 3 ½ % Gold 95,00, Türken konv. 19,86, Türken⸗Loose 109,00, Türkische Taback 200,00, Ungarische 4 % Gold⸗Rente 102,00, do. Kronen⸗Rente 98,25, Bochumer Gußstahl 159,00, Konsoli⸗ dation 205,00, Dannenbaum 103,00, Dortmunder Union 6 % Stamm⸗
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Prigritäten 55,00, Gelsenkirchen 176,00, Guano 104,50, Hamburg acketfahrt⸗Akt. 107,50, Harpener 172,75, Hibernia 166,50, Königs⸗ und Laurahütte 151,00, Norddeutscher Lloyd 102,50, Trust Komp. 149,50, Russische Banknoten 220,00, Buenos Aires 26,50 Heutig amtli Durchschnittskurs für deutsche Fonds und Eisenbahn⸗Aktien Amtli Durchschnittskurs vom 29. d. M. für Oesterr. Noten Wechsel pr. Wien und St. Petersburg.
— In der gestrigen, in Kattowitz abgehaltenen General versammlung der Vereinigten Obers Flefischen Walzwerk wurde die Verlängerung dieser Vereinigung auf die Dauer von zwei Jahren, also bis Ende 1897, einstimmig beschlossen. Es wurde fest⸗ gestellt, daß der Beschäftigungsgrad sämmtlicher Werke ein außer⸗ gewöhnlich günstiger ist, sodaß für weitere Verkäufe äußerste Zurück⸗ haltung geboten erscheint. 1 8
— Die Generalversammlung des Vereins für den Verkauf des Siegerländer Roheisens ermäßigte, wie die „Köln. Volksztg.“ berichtet, die Produktionseinschränkung von 25 auf 15 % Diese Ermäßigung sei vorläufig nur nominell, da bis zum 1. April 1896 mehr als die volle Produktion verkauft sei.
Breslau, 27. November (W. T. B.) Getreide⸗ un RnSeez- Spiritus pr. 100 1 100 % exfl. 50 ℳ Ver⸗ rauchsabgaben pr. November 50,00, do do. 70 ℳ Verbrauchsabgab pr. November 30,50, do. do. Rüböl pr. November 45,50, pr. Mai —,—. Zink —. 8
Magdeburg, 27. November. (W. T. B.) Zuckerberich Kornzucker exkl., von 92 % —, neue 10,85 — 11,00. Kornzucker erxkl. 882 Rendem. 10,30 — 10,45, neue 10,30 — 10,50. Nachprodukte exkl., 75 % Rendem. 7,50 — 8,20. Stetig. Brotraffinade I 23,00. Brot⸗ raffinade II 22,75. Gem. Raffinade mit Faß 23,00 — 23,25. Gem. Melis I mit Faß 22,00. Ruhig, stetig. Rohzucker I. Produkt Trans. f. a. B mburg pr. November 10,32 ½ Gd., 10,37 ½ Br., pr. Dezember 10,40 bez. und Br., pr. Januar⸗März 10,62 ½⅞˖ Gd., 10,67 ½ Br., pr. April⸗Mai 10,85 Gd., 10,87 ½ Br.
Leipzig, 27. November. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. Dezember 3,10 ℳ, pr. Januar 3,12 ½ ℳ. pr. Februar 3,15 ℳ, pr. März 3,17 ½ ℳ, pr. April 3,20 ℳ, pr. Mai 3,22 ½ ℳ, pr. Juni 3,25 ℳ, pr. Juli 3,27 ½ ℳ, pr. August 3,27 ½ ℳ, pr. September 3,27 ½ ℳ, pr. Oktober — ℳ, pr. November — ℳ%ℳ Umsatz 85 000 kg. Behauptet.
Mannheim, 27. November. (W. T. B.) Produktenmarkt. Weizen pr. November 14,90, pr. März 14,85, pr. Mai 14,80. Roggen pr. November 12,60, pr. März 12,70, pr. Mai 12,70. Hafer pr. November 12,50, pr. März 12,60, pr. Mai 12,60. Mais pr. November 10,25, pr. März 10,00, pr. Mai 10,00.
Bremen, 27. November. (W. T. 8* Börsen⸗Schlußbericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer Petroleum Börse.) Ruhig. Loko 7,50 Br. Russisches Petroleum. Loko 7,10 Br. — Schmalz. Behauptet. Wilcor 30 ¾ ₰, Armour shield 30 ½¼ ₰, Cudahv 31 ¼ ₰, Choice Grocerv 31 ¼ ₰, White label 31 ⅞ ₰, Fairbanks 26 ₰. — Speck. Ruhig. Short clear middling loko 26 ₰. Extra longs 27 4. — Reis sehr ruhig. — Kaffee unyerändert. — Baumwolle. Ruhiger. Upland middl. loko 44 ½ ₰. — Taback. Umsatz: 196 Seronen Carmen, 79 Faß Kentucky.
Hamburg, 27. November. (W. T. B.) Kaffee. (Nachmittage⸗ bericht.) Good average Santos pr. Dezember 75 ½, pr. März 70 ¼, pr. Mai 69, pr. Juli 66 ¾. Ruhig. — Zuckermark, (Schlußbericht.) Rüben⸗Rohzucker I. Produkt Basis 88 % Rende⸗ ment neue Usance, frei an Bord Hamburg pr. November 10,37 ½, pr. Dezember 10,40, pr. März 10,75, per Mai 10,90. Stetig.
Pest, 27. November. (W. T. B.) Produktenmarkt. Weizen loko matt, pr. Frühjahr 6,92 Gd., 6,93 Br. Roggen pr. Frühjahr 6,30 Gd., 6,31 Br. Hafer pr. Frühjahr 6,17 Gd., 6,19 Br. Mais pr. Mai⸗Juni 4,47 Gd., 4,49 Br. Kohlraps pr. August⸗ September 10,85 Gd., 10,90 Br.
London, 27. November. (W. T. B.) verändert.
96 % Javazucker 12 ⅞ ruhig, Rüben⸗Rohzucker lofko 10 x fest. — Chile⸗Kupfer 43 ⁄16, pr. 3 Monat 43 ⅞.
St. Petersburg, 27. November. (W. T. B.) Produkten⸗ markt. Weizen loko 8,00. Roggen loko 4,90 Hafer loko 3,30. Leinsaot loko 10,50, Hanf loko —,—. Talg loko 47,00.
Amsterdam, 27. Nsvember. (W. T. B.) Java⸗Kaffee good ordinary 54. — Bancazinn 39.
New⸗York, 27. November. (W. T. B.) Die Börse eröffnete mit höheren Kursen, wurde im weiteren Verlaufe lebhaft und im allgemeinen fest, der Schluß blieb recht fest. Der Umsatz in Aktien betrug 231 000 Stück.
Weizen anfangs stetig, ging während des ganzen Börsenverlaufs auf lokale Verkäufe und Liquidation der langsichtigen Termine im Preise zurück mit unbedeutenden Reaktionen. Der Schluß war schwach. — Mais entsprechend der Mattigkeit in den Weizenmärkten im Preise nachgebend während des ganzen Börsenverlaufs, mit wenigen Reaktionen. Schluß kaum behauptet.
Waäarenbericht. Baumwolle⸗Preis in New⸗York 8 ⅞, do. do. in New⸗Orleans 85/16, Petroleum Stand. white in New⸗York 8,00, do. do. in Philadelphia 7,95, do. rohes (in Cases) —, do. Pipe line Certific. pr. November 147, Schmalz Western steam 5,70, do. Rohe u. Brothers 6,00. Mais per November 35 ½, do. per Dezember 34 ⅝, do. per Mai 35 ¼. Rother Winterweizen 68 ½, Weizen per Dezember 64 ½, do. per Januar 65 ½, do. pr März 67 ¼, do. per Mai 66 ⅞. Getreidefracht nach Liverpool 3, Kaffee fair Rio Nr. 7 15, do. Rio Nr. 7 per Dezember 14,05, do. do. pver Februar 13,70, Mehl, Spring⸗Wheat clears 2,40, Zucker 3, Kupfer 11,00.
New⸗York, 27. November. (W. T. B.) Die Receiver der St. Louis und San Francisco⸗Eisenbahn⸗Gesellschaft erklärten, daß der Juli⸗Kupon der 5 % und 6 % General Mortgage⸗ Bonds durch die Gesellschaft am 1. Dezember d. J. zur Einlösung gelangen werde.
Chicago, 27. November. (W. T. B.) Weizen infolge von lebhaften Verkäufen fallend während des ganzen Börsenverlaufs mit wenigen Reaktionen bei schwachem Schluß. — Mais fiel während des ganzen Börsenverlaufs mit unwesentlichen Reaktionen. Schluß kaum behauptet.
Weizen pr. November 55 ½, pr. Dezember 55 ¼. Mais per No⸗ vember 26 ¾. Schmalz per November 5,30, do. per Januar 5,45. Speck short clear nom. Pork per November 7,82 ½. — Des Feiertags wegen bleiben morgen die amerikanischen Börsen geschlossen.
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Wollauktion: un⸗
3 Verkehrs⸗Anstalten. Am 1
Auslande eine Reihe von Aenderungen in Kraft, deren wichtigere
die folgenden sind: 1 88 8
Nach Finland werden auf dem Wege über Schweden Post⸗ vesee b zum Gewicht von 3 kg, auch mit Werthangabe bis 400 ℳ, zugelassen. 8
Die Taxen für Postpackete nach Canada, sowie für Postfracht⸗ stücke nach Spanien (über Hamburg) und nach Brasilien (über Hamburg oder Bremen) ermäßigen sich.
Das Gewichtporto und die Versicherungsgebühr für Postpackete nach Montenegro sind anderweit festgesett. 8
Den Postpacketen nach Salvador, ebenso den Postpacketen und Postfrachtstücken, welche im Durchgang durch Oesterreich⸗ Ungarn Beförderung erhalten, ist in Zukunft für die Zwecke der Zollverwaltungen der genannten Länder eine Zoll⸗Inhaltserklärung mehr als bisher beizufügen. 1
Im Verkehr mit Frankreich ist bei den Postfrachtstücken mit Werthangabe das Porto in Ansehung der französischen Beförderungs⸗ strecke herabgesetzt.
Bei den Postfrachtstücken aus und nach Rußland ist die Werthgrenze von 15 000 auf 20 000 Rubel erhöht; zugleich wird für die Packete mit einer Werthangabe von mehr als 5000 Rubel an Stelle des bisherigen besonderen Gewichtportotarifs derselbe Tarif wie für Packete mit einer Werthangabe bis 5000 Rubel eingeführt.
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