Serbien.
Der König hat den Minister⸗Präsidenten Nowakowic zum Präsidenten der Akademie der Wissenschaften ernannt.
Bulgarien.
In Sofia fand vorgestern Abend in der Kapelle des dortigen Palais die Taufe des Prinzen Cyrill im engsten Familienkreise statt. Als Taufpathen fungierten der Herzog von Aumale und die Herzogin von Chartres. Letztere wurde bei dem Taufakt von der Prinzessin Clementine vertreten,
während der Herzog von Aumale den Marquis de Lasteyrie, einen Urenkel Lafabette s, mit seiner Vertretung betraut hatte.
Unter zahlreicher Betheiligung aus allen Ständen fand,
wie „W. T. B.“ berichtet, gestern Nachmittag in Sofia eine Versammlung statt, in welcher der zur Opposition gehörige Deputirte Takiew, einige Studenten und ein wegen Be⸗ theiligung an den diesjährigen Kämpfen in Macedonien ent⸗ lassener Offizier für die macedonische Sache sprachen. Während der Versammlung brachen Streitigkeiten aus; zwei Revolverschüsse, durch welche jedoch niemand verletzt wurde, riefen eine Panik hervor. Die vollzählig aufgebotene Polizei und eine Schwadron Kavallerie säuberten den Versammlungsplatz.
Das Journal „Progreß“ meldet: Die serbische Regie⸗
rung habe in Sosia erklären lassen, sie wünsche Verhand⸗ lungen wegen Abschlusses eines Handelsvertrages einzu⸗
leiten. Die bulgarische Regierung habe den Vorschlag günstig
aufgenommen und werde demnächst die Delegirten für die Verhandlungen besti
Nach einer Meldung aus Washington betrugen die Einnahmen des Staatsschatzes im Monat November 25 986 503 Doll., die Ausgaben 27 112 708 Doll.
Der Ausschuß der republikanischen Partei hat zum Sprecher des Repräsentantenhauses Thomas Reed be⸗ stimmt. Reed dankte für seine Wahl und führte aus, Amerika
habe nicht den Wunsch, sich in die Angelegenheiten anderer
Nationen zu mischen, müsse aber seine Rechte mit Festigkeit und Selbstachtung wahren. 1
Nach einer in New⸗York eingetroffenen Depesche aus Havanna brachte eine spanische Truppenabtheilung
unter den Generalen Luque und Oliver einer von Gomez ge⸗ führten Insurgentenschaar eine vollständige Nieder⸗ lage bei. Die Insurgenten hatten 80 Todte und 100 Ver⸗ wundete, die spanischen Truppen 8 Todte und 18 Verwundete.
— Der Lieutenant Feijo, welcher das Fort Pelayo den Insurgenten übergab, ist von einem Kriegsgericht zu lebens⸗
länglichem Gefängniß verurtheilt worden.
Wie aus Lima gemeldet wird, ist das neue Ministerium folgendermaßen zusammengesetzt: Justiz Barinage, Aus⸗ wärtiges Zevallos, Inneres Boza, Finanzen Obin,
Krieg Oberst Ibarra. 8 1
Afrika.
Das „Reuter'sche Bureau“ berichtet aus Tananarivo unter dem 23. v. M.: am Tage zuvor hätten ungefähr 2000 Eingeborene die englische issionsstation in Arivonimamo angegriffen. Der Missionar Johnson, dessen Frau und deren Kind seien ermordet und die Leichen
verstümmelt worden. Die Eingeborenen seien den Europäern
feindselig gesinnt. Man befürchte noch andere Angxiffe auf die fremden Missionsstationen. b
Dasselbe Bureau erfährt aus Las Palmas, daß der Dampfer „Bathurst“ mit einem Theile der Ashanti⸗Expedition, Sir Francis Scott und dem Prinzen Christian zu Schleswig⸗Holstein am Sonnabend Abend dort ein⸗ getroffen sei.
Mannigfaltiges.
Die Centennarfeier des Königlichen medizinisch⸗ chirurgischen Friedrich⸗Wilhelms⸗Instituts begann gestern mit einem Begrüßungsabend im Rittersaale des Kroll schen Eta⸗ blissements. Alle Räume paren dicht gefüllt. Der Chef des preußischen Militär⸗Medizinalwesens, General⸗Stabsarzt der Armee Dr. von Coler, wohnte mit den Herren der Medizinal⸗Abtheilung des Kriegs⸗Ministeriums der kameradschaftlichen Vereinigung bei. Sämmtliche General⸗Aerzte der preußischen Armee waren erschienen, ebenso viele General⸗Aerzte a. D. sowie eine große Anzahl auswärtiger Medizinalbeamten und Professoren.
Der Hauptfestakt fand heute Mittag 12 Uhr in der reich ge⸗ schmückten Aula der Universität statt. Zu Seiten des von goldenen Palmen überwölbten Vestibüls erhoben sich zwei Siegesgöttinnen. Dem in die Aula Eintretenden bot sich an der Fenster⸗ wand eine überaus wirkungsvolle plastische Darstellung: das Heiligthum der Athene, deren von elektrischem Licht hell beleuchtete Gestalt sich von einer griechischen Idealland⸗ schaft abhob. Zwei Karyatiden trugen das Gebälk des Tempels, das von einem goldenen Adler gekrönt und mit goldenen Palmen ge⸗ schmückt war. Hinter der Rednertribüne sah man vor einem pur⸗ purnen Velarium, das in reicher Goldstickerei den Reichsadler zeigte, die Büste Seiner Majestät des Kaisers und Königs. An der Brüstung der Galerie, gerade über dieser Büste, strahlte in flammendem Licht zahlreicher Glühlampen die Kaiserkrone. Die Säulen, welche die Galerie tragen, waren mit Laubgewinden umwunden, in denen elektrische Birnen leuchteten. Rechts und links in den Interkolumnen standen die Rauch'schen Viktorien. Ueber den Säulen der Langwände waren zehn Lünetten angebracht, welche die Namen der um das Militär⸗Medizinalwesen besonders verdienten Männer trugen: Theden, Görcke, von Wiebel, Lohmeyer, Büttner, Löffler, Grimm, von Lauer, von Langenbeck und von Helmholtz. Die gesammte Ausschmückung des Raumes war nach den Plänen des Regierungs⸗Baumeisters Jaffé ausgeführt. Vor Beginn der Feier fand die Verkündigung der Allerhöchsten Auszeichnungen statt. Dem General⸗Stabsarzt der Armee Dr. von Coler übersandte Seine Majestät eine Kabinetsordre, in der in huldvollen Worten der Verdienste desselben gedacht ist.
Zur Theilnahme an dem Festakt fand sich eine ebenso hochansehn⸗ liche wie zahlreiche Versammlung ein. Es waren erschienen: der Kriegs⸗ Minister Bronsart von Schellendorff, der General⸗Oberst Freiherr von Loë, die kommandierenden Generale von Winterfeld und Prinz Friedrich von Hohenzollern, der Chef der Kriegs⸗Akademie General von Brauchitsch, die Generale von Scheel und Golz und viele andere hohe Offiziere, ferner der Staatssekretär des Reichs⸗Marineamts von Hollmann, der kommandierende Admiral Knorr und der Chef des Marinekabinets,
Admiral Freiherr von Senden⸗Bibran. Von Vertretern der Zivil⸗
kehörden seien genannt: der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministe⸗ riums, Staatssekretär des Innern Dr. von Boetticher, der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten D. Dr. Bosse mit dem Ministerial⸗, Direktor de la Croix und mehreren Räthen des Ministeriums, der des Reichs⸗Gesundheitsamts Köhler und der Polizei⸗ räsident von Windheim. Zur Rechten der Tribüne hatten der ektor der Universität, Professor Wagner und der Dekan der medizi⸗
nischen Fakultät rofessor Rubner mit den Professoren der medizini⸗
schen Fakultät Platz genommen. Die Zahl der Sanitäts⸗ die zur Feier herbeigeeilt waren, betrug weit üher 300.
Offiziere,
Seine Königliche Hoheit der PrinzFriedrich Leopold Höchstwelcher von Seiner Majestät dem Kaiser und König mit Aller⸗- höchstseiner Vertretung betraut war, wurde von dem General⸗ stabs⸗Arzt der Armee Dr. von Coler, dem Kriegs⸗Minister, dem General⸗Obersten Freiherrn von Los und dem Kultus⸗Minister empfangen und in die Aula geleitet. Nachdem der Prinz die Ge⸗- nehmigung zu dem Beginn der Feier gegeben hatte, intonierte der Domchor die Hymne „Jauchzet dem Herrn alle Wege“. Hierauf er⸗
griff der Generalstabs⸗Arzt der Armee Dr. von Coler das Wort
zu der (in der Ersten Beilage zur heutigen Nummer d. Bl. ab⸗-
8 8
gedruckten) Festrede.
Hierauf betrat der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten D. Dr.
Bosse die Tribüne: Als Vertreter der preußischen Unterrichts⸗ und Medizinalverwaltung empfinde er es mit
8
großer Freude und
als eine hohe Ehre, hier die militärärztlichen Bildungsanstalten
an ihrem Ehrentage begrüßen zu dürfen. Institut und dem Ministerium habe von jeber ein freundliches Ver⸗ hältniß bestanden.
Zwischen dem
War im Anfang dieses Verhältniß auch nur ein
lockeres, so sei es im Laufe des Jahrhunderts immer fester, inniger
und freundschaftlicher geworden. Reihe hochangesehener Männer der Wissenschaft, Universitätslehrer und Forscher hervorgegangen, und welcher Segen durch sie der Universität
Aus dem Institut sei eine
und der Wissenschaft zugeflossen, das brauche nicht weiter dargelegt
zu werden. Das ganze Volk wisse es, was es diesen Männern und
8
der Alma mater derselben, dem Institut verdanke. Aber noch weiter gehe die Dankespflicht. Die Pepinière sei es gewesen, die zuerst das große Problem der Vereinigung der Chirurgie und Medizin nach Jahr⸗
hunderte langer Trennung gelöst habe, und unaussprechlich groß
seien die Einflüsse, die dadurch zurückgewirkt hätten auf die
Universitäten, auf die gesammte ärztliche Vorbildung und auf die
8
die Wurzel
Organisation unseres Medizinalwesens. Hier sei dieser Reform zu suchen. Dieser Ruhm solle dem Institut unver⸗
aufhören, dafür dankbar zu sein. noch die Hilfe, die die Militärärzte bei der der Choleragefahr geleistet haben, und verlas eine Tabula gratulatoria, in der das Institut wird als Trägerin großer wissenschaftlicher Erinnerungen, als allzeit bereite Mitarbeiterin an den großen gemeinsamen Aufgaben der Volkswohlfahrt und Gesundheitspflege, und dem Institut Dank Gruß und Heil sowie weiteres Gedeihen entboten wird.
Im Namen der Universität beglückwünschte alsdann der Rektor
gessen bleiben, und nie werde die preußische Unterrichtsverwaltung Der Minister rühmte endlich Bekämpfung sodann gefeiert
Geheime Regierungs Rath, Professor Wagner das Institut, indem er vom volkswirthschaftlichen Standpunkt aus auf die Nothwendigkeit
der Kriegsbereitschaft hinwies. Auch er überbrachte eine Adresse.
Nachdem noch der Dekan Professor Rubner den Glückwünschen der Fakultät Ausdruck gegeben, verlas der Kriegs⸗Minister eine Aller⸗
höchste Ordre, welche aus Anlaß der Stiftungsfeier des medizinisch⸗chirurgischen Instituts bestimmt, daß die jetzt bestehenden militär ärztlichen Bildungsanstalten, das medizinisch⸗chirurgische Friedrich
hundertjährigen riedrich⸗Wilhelms⸗
Wilhelms⸗Institut und die Chirurgisch⸗medizinische Akademie für das Militär zu einer Anstalt vereinigt werden, welche den Namen „Kaiser
Wilhelm⸗Akademie für das militärärztliche Bildungswesen“ erhält.
Mit einem Hoch auf Seine Maiestät den Kaiser und König und
dem Gesang des „Sal- f gem schloß die Feier.
EE““
. 1“ “ (Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
8 .
vom 2. Dezember Morgens.
8bI
82 8N 8 = 40 R.
Temperatur in o Celsius
50 C.
6 halb bed. 3 wolkig 4 balb bed. 1 Nebel 2 bedeckt 4 bedeckt 1 halb bed. 1 bedeckt
—
Kopenhagen. Stockholm.
* St. Petersbrg. Moskau..
Cork, Queens⸗
Cσ 85S =Og S
4 wolkig
2 beiter
4 wolkenlos
1 balb bed.
Hamburg.. 1 Nebeli)
Swinemünde 3 Schnee
Neufahrwasser 2 wolkenl. ²) Memel ... 2 Regen
“ 1 bedeckt Münster ... 1 Nebel Karlsruhe ..
3 bedeckt Wiesbaden. 2 bedeckt München ..
4 bedeckt ³) Chemnitz .. 3 Schnee
still bedeckt
2 Schnee
. 28 2 bedeckt
le d'Aix.. 769 2 Dunst
q1“ 4 heiter
E “ 2 bedeckt V ¹) Nachts Regen. ²) Dunst. ³) Nachts Regen.
Uebersicht der Witterung.
Während über Frankreich sich ein Hochdruckgebiet ausgebildet hat, hat sich der Einfluß der Depression im Nordwesten über fast ganz Zentral⸗Europa aus⸗ gebreitet, wobei die Frostgrenze bis zur Oder zurück⸗
egangen ist, im östlichen Deutschland herrscht noch trenge Kälte, welche demnächst dem Thauwetter Platz machen dürfte. Bei schwacher südlicher bis nord⸗ westlicher Luftströmung ist das Wetter in Deutsch⸗ land in den westlichen Gebietstheilen, wo fast überall Regen gefallen ist, mild und trübe, im Osten kalt, vorwiegend heiter und trocken. Neufahrwasser meldet 11, Breslau 12 Grad unter Null. Feucht⸗ mildes Wetter demnächst wahrscheinlich. Deutsche Seewarte.
Theater.
Königliche Schanspiele. Dienstag: Opern⸗ haus. 176. Vorstellung. Der Evangelimann. Musikalisches Schauspiel in 2 Aufzügen, nach einer
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—’
von Dr. Leopold Florian Meißner erzählten wahren Begebenheit, von Wilhelm Kienzl. In Scene Pjest vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dekorative inrichtung vom Ober⸗Inspektor Brandt. Diri⸗ gent: Kapellmeister Dr. Muck. — Phantasien im Bremer Rathskeller. Phantastisches Tanzbild, frei nach Wilhelm Hauff, von E. Graeb. Musik von Steinmann. Dirigent: Musikdirektor Stein⸗ mann. Anfang 7 ½ Uhr. .
Schauspielhaus. 268. Vorstellung. Neu ein⸗ studiert: Der Störenfried. Lustspiel in 4 Auf⸗ zügen von Roderich Benedix. (Lebrecht Müller: Herr Friedrich Haase, als Gast.) Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Opernhaus. 177. Vorstellung. Ivanhoe. Romantische Oper in 4 Akten von Arthur Sullivan. Nach Walter Scott's gleichnamigem Roman bearbeitet von Julian Sturgis, deutsch von H. Wittmann Anfang 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. 269. Vorstellung. Wilhelm Tell. Schauspiel in 5 Aufzügen von Friedrich von Schiller. Anfang 7 ½ Uhr. 1
Opernhaus. Donnerstag: Don Juan. Freitag: Wagner⸗Cyclus. I. Rienzi. Anfang 7 Uhr. Sonnabend: Mignon.
Schauspielhaus. Donnerstag: Minna von Barnhelm. (Riccaut: Herr Friedrich Haase als Gast.) Freitag: Der Störenfried. (Lebrecht Müller: Herr Friedrich Haase, als Gast.) Sonn⸗ abend: Die Quitzow’s.
Deutsches Theater. Dienstag: Die Weber. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Die Jüdin von Toledo.
Donnerstag: Die Jüdin von Toledo.
1“
Berliner Theater. Dienstag: Pan Cezar. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Hasemann's Töchter.
Donnerstag: Zum ersten Male: Der Herrgott⸗ schnitzer.
Lessing-Theater. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Wettrennen.
Donnerstag: Erstes Gastspiel von Felix Schweighofer. Zum ersten Male: s Nullerl. Volksstück mit Gesang in 5 Aufzügen von C. Morre. Musik von Vincenz Partl. (Gabi: Jenny Groß.)
Dienstag: Wettrennen.
Residenz⸗Theater. Direktion: Sigmund Lautenburg. Dienstag: Der Rabenvater. Schwank in 3 Akten von H. Fr. Fischer und Josef Jarno. — Vorher: Aber die Ehe! Komödie in 1 Akt von P. Linsemann. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch und folgende Tage: Der Rabenvater. — Vorber: Aber die Ehe!
In Vorbereitung: Hals über Kopf. Coup de tete. Schwank in 3 Akten von A. Bisson.
I. 111“
Friedrich⸗-Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25 — 26. Dienstag bleibt das Theater geschlossen. 1 Mittwoch: Gastspiel des Kaiserlich russischen Hof⸗ schauspielers Herrn Julius Fiala mit seiner Gesellschaft. Volksthümliche Vorstellung. Lorbeerbaum und I Schauspiel in 4 Akten von Carl von oltei.
Neues Theater. Schiffbauerdamm 4a./5. Tournée Indic. Direktion: Theodor von Glaser. Dienstag: La femme à papa. Vaudeville- Opérette en 3 Actes de Mrs. Hennequin et Millaud. Musique de M. Hervé. Anfang 7½ Uhr. Sämmtliche freien Entrées sind aufgehoben. Mittwoch: Fünfter Judic⸗Abend. Le Parfum. Comédie en 3 actes de Mrs. Blum et Toché. — Chansonnettes. *
Theater Unter den Linden. Direktion: Julius Frische. Dienstag: Neu einstudiert: Der Mikado, oder: Ein in Titipu. Burleske Operette in 2 Akten von W. S. Gilbert, deutsch von Julius Fritzsche. Musik von A. Sullivan. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. — Hierauf: Großes Ballet⸗Divertissement, arrangiert und entworfen vom Balletmeister Jean Reisinger. Anfang 7 ½ Uhr. 1b 8
Mittwoch: Der Mikado. — Hierauf: Ballet⸗Divertissement.
Adolph Ernst⸗Theater. kleine Lord. Lebensbild in 3 Akten, nach dem gleichnamigen Roman von Mrs. Hodasen Burnett, übersetzt von Bolten⸗Bäckers. — Hierauf: Die ewige Braut. Operette in 1 Akt von W. Mann⸗ städt und Jean Kren. Anfang 7 ½ Uhr. Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.
Bentral⸗Theater. Alte Jakobstra Direktion: Richard Schultz. Emil Thomas a. G.
Dienstag: Eine tolle Nacht. Große Aus⸗ stattungsposse mit Gesang und Tanz in 5 Bildern von Wilb. Mannstädt und Julius Freund. Musik von Julius Einödshofer. In Scene gesetzt vom Direktor Richard 82g Die Tanz⸗Arrangements vom Balletmeister Gundlach. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Eine tolle Nacht.
Konzerte.
Konzert-Hjaus. Dienstag: Karl Meyder⸗ Konzert. Ouv. „Der Freischütz“, Weber. „Die Feen, Wagner. „Le Caid“, Thomas. Phantasie aus „Der Evangelimann“ (neu) von Kienzl. Coletta⸗ Walzer aus „Das Modell“ (neu) von Supps. Gavotte für Cello von Popper (Herr Smit). „Singvögelchen aus dem Thüringer Wald“ für
3 Piston von Hoch (Herr Werner).
*
Saal Bechstein. Linkstraße 42. Dienstag, Anfang 7 ½ Uhr: II. Kammermusik⸗Abend von Halir, Markees, Müller, Dechert, unter gütiger Mitwirkung des Herrn Hof⸗Kapellmeisters Beruh, Stavenhagen (Kl.).
Zirkus Renz. Karlstraße. Dienstag, Abends 7 ½ Uhr: Extra⸗Vorstellung. 1870/71. Großes militärisches Ausstattungsstück vom Direktor Fr. Renz. Außerdem besonders hervorzuheben: Joujou hippique mit 7 Freiheitspferden. 1) Bagdad, arab. Vollblut⸗Schimmelhengst. 2) Die Spazierfahrt eines Jagdherrn, ausgeführt von 5 Rapphengsten. 3) Der Favorit Donner, das non plus ultra der Pferdedressur. Sämmtliche Pferde dressiert und vorgeführt vom Direktor Fr. Renz. Zum ersten Male: Jeu de barre, geritten von den Herren Williams, Krembser und Fr. Ackermann Auftreten der Schulreiterin Frau Robert Renz mit dem Schulpferde Feruccio. Hierauf: Neu! Der Baguettesprung. Neu! Herr W. Immaus mit seinen auf das Vor⸗ züglichste dressierten zehn Kolossal⸗Pracht⸗ hunden. Mr. James Fillis mit dem Vollblut⸗ Rapphengst Povero. Auftreten der hervorragendsten Reitkünstlerinnen und Reitkünstler. Komische Entrées und Intermezzi von sämmtlichen Clowns und dem beliebten Original⸗August Mr. Lavater Lee. Alles Nähere aus Plakaten und Austragezetteln er⸗ sichtlich.
Mittwoch, Abends 7 ½ Uhr: 1870/71.
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Freiin Bianka von Seherr⸗Thoß mit Hrn. Hauptmann Lothar Frhrn. von Richthofen (Breslau-—Oels). — Frl. Agnes von Esmarch mit Hrn. Hauptmann Otto Christoph Frhrn. von Verschner (Homburg v. d. Höhe). — 85— Elise van Kempen mit Regierungs⸗Baumeist Max Brosius (Krefeld). 3 1
Verebelicht: Hr. Lieut. Graf Willy von Per⸗ poncher mit Frl. Margarete von Plüskom (Demmin). 88 1 “
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Amtsrichter 2 knecht (Berlin). —, Eine Tochter: Hrn. Pr fessor Flügge Breslau). u“ 1 1
Gestorben: Hrn. General⸗Sekretär Dr. Kutzleb Sohn Viktor (Breslau).
Verantwortlicher Redakteur: Siemenxoth in Berlin.
Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sieben Beilagen
(einschließlich Börsen⸗Beilage), (19262) und ein Prospekt der Firma J. Hurwitz in
Berlin.
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Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagk⸗
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n Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußi—
„Montag, den 2. Dezember
1
Festrede zur Feier des hundertjährigen Stiftungsfestes des medizinisch⸗chirurgischen Friedrich⸗Wilhelms⸗ Instituts 8 am 2. Dezember 1895, gehalten von
Professor Dr. von Coler,
General⸗Stabsarzt der Armee, Chef des Sanitäts⸗Korps, Direktor der militärärztlichen Bildungsanstalten.
. Moch nicht verhallt sind die Jubelrufe, welche von der Erinnerung an die opfermüthigen Heldenthaten unseres Heeres in den blutigen Schlachten des Jahres 1870 wachgerufen, allüberall vom Fels zum Meer wiedertönen, und bald naht sich des großen Krieges freudigster, der welthistorische Tag, an welchem dem deutschen Volk vor 25 Jahren wieder ein Kaiser, ein Mehrer des Reichs an Gütern und Gaben des Friedens, herrlich erstand.
„Mititten hinein zwischen die Gedenktage kriegerischer Ereignisse mit ihren patriotischen Kundgebungen und die Jubelhymnen über die Wiedererrichtung des Deutschen Reichs ließ der Allerhöchste Kaiserliche Wille ein der Wissenschaft und Human ität gewidmetes, dies heutige, der Erinnerung an die nunmehr hundertjährige Geschichte unserer Anstalt geweihte Fest legen, — und jeigte somit, wie in unserem Vaterlande neben der über ruhmreiche kriegerische Lorbeern und über die politische Wohlfahrt unseres Reichs doch auch immer Wissenschaft und Humanität ihr Gedeihen gefördert und ihre denkwürdigsten Tage hochgehalten sehen sollen.
8 188 ist in der That ein Jubelfest, das die Wissenschaft heute
egeht.
Denn die deutsche Chirurgie, diese den Tod bannende Wehr im Rüst⸗ zeuge der Minerva medica, muß in der Feier der Gründung der chirur⸗ gischen Pepinisre ein Fest der Geburt ihrer wissenschaftlichen Richtung und Gestaltung erblicken, und wenn sie auch später ihr eigentliches Heim erst unter der Obhut der alma mater der hiesigen Universität fand, so verdankt sie doch unserer Anstalt ihr erstes geregeltes Fortschreiten zur Wissenschaft und ihre erste Verschmelzung mit der wissenschaft⸗ lichen Medizin. :
„Die Erinnerung an die Männer, welche mit prophetischem Blick für diese so hochbedeutende, folgenschwere, wissenschaftliche Entwicke⸗ lung gekämpft und gerungen haben: an einen Theden, den erfahrenen und bewährten General⸗Chirurgen in den Fridericianischen Schlachten, an einen Goercke, den Leiter des Feldlazarethwesens in der Rhein⸗ kampagne und Organisator dieser Anstalt, wird in dem Gedächtniß pietätvoller Epigonen nie erlöschen.
Aber auch die helfende und hilfreiche Schwester der Wissen⸗ schaft, die Humanität, hat ihr gewichtiges, untrennbares Anrecht an den heutigen Tag.
Galt es doch als Zweck und Ziel dieses Instituts, nicht nur die Wissenschaft abstrakt zu pflegen, sondern Aerzte für die Kranken des Heeres zu gewinnen und dieselben so zu bilden, daß sie, mit dem vollen Schatz mediko⸗chirurgischen Wissens ausgestattet, den tapferen Kriegern in der Stunde der Noth, bei Krankheit oder Verwundung, als Helfer und Berather thatkräftig zur Seite ständen. Diese humane Schöpfung aber entsprang der eigensten Initiative unseres Hohen⸗ zollernhauses.
Eine wahrhaft erhebende Erscheinung in der Geschichte der Menschheit ist es, und einzig steht sie da, daß die Regenten eines Herrscherhauses, ich möchte traditionell von Glied zu Glied in der Kette ihres Geschlechts in schwersten Zeiten aus reiner Menschlichkeit immer von neuem die so schwierige Fürsorge für das sanitäre Wohl der Armee und des Vaterlandes sich selbst zu eigen gemacht haben.
Darum ist es, wenn die Aufgaben und Leistungen dieses Instituts richtig gewürdigt werden sollen, ebenso Pflicht der Dankbarkeit wie ein Gebot der Nothwendigkeit, die wichtigsten Allerhöchsten Maß⸗ nahmen für das Sanitätswesen überhaupt anzuführen, da sich in ihnen die Bedeutung des Instituts am besten widerspiegelt.
Und so muß ich, wenn ich mir gestatte, den Beweggründen für Entstehung und Entwickelung dieser Anstalt nachzugehen, Sie weit zurückführen in die Zeiten des Kurfürsten Georg Wilhelm, in den Beginn der Existenz des kurbrandenburgischen Heeres. Es er⸗ scheint vor Ihren Augen sein Fußvolk und die Reiterei — fast 11 000 Mann —, so wie sie bei der Musterung vor ihrem Kurfürstlichen Herrn 1638 bei Eberswalde paradierten —, und Sie sehen, wie des Kurfürsten Sorge schon damals bei jeder Kompagnie zu Fuß und zu Roß einen Kompagnie⸗Feldscherer, bei jedem Regiment den Regiments⸗Feldscherer hatte werben lassen.
Sodann zum Heere Friedrich Wilhelm's, des Großen Kurfürsten! Schon giebts außer den Feldscherern auch einige Medici, akademische Doktores, wohlbestallt und geprüft, beim Stabe im Heere, welche bei inneren Krankheiten Rath zu ertheilen und vor⸗ nehmlich die Offiziere zu pflegen haben. Wir wandern über die glor⸗ reiche Walstatt von Fehrbellin, das Saatfeld, aus dem die Größe unseres preußischen Vaterlandes machtvoll emporwuchs, und wir hören die Stimme und den Befehl des Großen Kurfürsten an den Statt⸗ halter der Mark: „Nicht zu vergessen die Blessierten, daß sie mit ge⸗ höriger Wartung und Pflege versehen werden!“
Zwei Jahre später! Die Thore des belagerten Stettin haben sich geöffnet, und es ergeht die Weisung an den Magistrat, die zurück⸗ gelassenen Kranken und Verwundeten nicht allein an⸗ und aufzunehmen und mit Quartier zu versehen, sondern auch gebührend zu verpflegen und zu kurieren. „Was auf dieselben an Medikamenten gereicht wird, solches wollen Seine Kurfürstliche Durchlaucht nicht allein bezahlen, sondern auch den Feldschers wegen ihrer deshalb gehabten Mühe noch einig e Ergetzlichkeit zufließen lassen.“
„Nur vier Jahre vollkommener Ruhe hat der Gründer der Königskrone Preußens, Friedrich I., seinem Heere geben können. Es mehrten sich daher die Scharen der Kranken, der Schwachen, der Verwundeten, welche nach den zahlreichen Kämpfen — in 15 Hauptschlachten und wohl hundert Gefechten haben seine Truppen im Dienste des Reichs gegen Türken und Franzosen ruhmvoll gekämpft — versorgungsbedürftig um Hilfe und Existenz flehten. So kam unter Preußens erstem König der Humanitätsgedanke in der Versorgung der Invaliden, der Errichtung der Invaliden⸗ kasse, der auch die Einkünfte aus dem ehemaligen Klostergut Chorin überwiesen wurden, und in dem Plan eines Invaliden⸗Versorgungs⸗ hauses zum Ausdruck.
Staunenswerth ist die vielseitige und eingreifende Für⸗ sorge für das Wohl der Armee bei Friedrich Wilhelm I. In Würdigung der Erfahrung, daß mit der Anerkennung des Werths der Einzelnen und der Förderung eines Standes⸗ bewußtseins auch Eifer, Zuverlässigkeit und Hingebung wächst, hob er zunächst die Stellung seiner oberen Militär⸗Chirurgen, stellte sie den Adjutanten, Predigern und Auditeuren gleich, gab den Regiments⸗Chirurgen eine eigene Uniform — blaue Kamisöler mit etwas Silber — und befahl, daß sie überall als „einer der Subaltern⸗ offiziere traktieret würden“.
‚„Ferner setzte er durch seine Ordre vom 30. Januar 1725 fest, „wie bei Abnehmung der Regiments⸗Feldscherer verfahren werden, und worin derselben Funktion und das Detail ihrer Verrichtungen bestehen solle'. Auch wollte er die Sicherheit haben, daß seine
88 8—
von guten Feldscherern sollten behandelt und traktieret werden.
Er sorgte für eine Unterweisung und Ausbildung derselben, er⸗ richtete die Anatomie⸗Kammer, stiftete das Collegium medico- chirurgicum, gründete das Charité⸗Krankenhaus, führte die Prü⸗ fungen für die Regiments⸗Chirurgen ein und legte durch sein Medizinal⸗Edikt vom 27. September 1725 — aufbauend auf dem Edikt des Großen Kurfürsten vom 12. November 1685 — den Grund für die ganze spätere Gestaltung und Entfaltung der preußi⸗ schen Medizinal⸗Verfassung.
So wurde in seinem Staat unter seiner Regierung der wissen⸗ schaftliche Ausbau der Militär⸗Medizin und „Chirurgie begonnen, als in Deutschland und vielen seiner Nachbarländer die Wundarzneikunst völlig im Argen lag und unentwickelt schlummerte.
Aber die Zeit bis zu den gewaltigen Kriegen seines Nachfolgers war zu kurz, als daß schon ein ausreichendes Personal hätte gebildet sein können. 8 8
Was Friedrich der Große für sein Heer empfunden, wie er für seine Soldaten gesorgt und gelitten hat, ist allbekannt. Ich erinnere an die vielfältigen persönlichen, rührenden Beweise seiner Menschenliebe und Milde für seine Soldaten und die ver⸗ wundeten Feinde auf dem Schlachtfelde. Nur das Eine wollen Sie mir gestatten. Ich führe Ihre Gedanken auf einen kurzen Augenblick in das Todesjahr des großen Königs zurück und be⸗ trete mit Ihnen seine Räume im Fürstenschloß Sanssouci. Es ist der 9. Juli 1786. Der König sitzt, schon ergriffen von seinem schweren Leiden, zurückgesunken in seinem Lehnstuhl. Aber der Blick ist frei, der Sinn lebhaft, und rührig schweifen seine Gedanken zurück in seine große Vergangenheit. Da schaut er „mit großem Auge und mit seinem Adlerblick“ um sich und spricht — wie der Ohrenzeuge Dr. Zimmermann wörtlich berichtet — in Erinnerung an seine Feldzüge und an seine Soldaten „mit, einer Stimme, die nur ein König haben kann“, die denkwürdigen Worte:
„Im Kriege kommt es nicht bloß auf Rezepte an, sondern auf alle übrigen Anstalten, die man bei einer Armee macht. In allen meinen Kriegen befolgte man meine Befehle in Absicht auf meine kranken und verwundeten Soldaten äußerst schlecht. Nichts hat mich in meinem Leben mehr verdrossen, als wenn ich sah, daß man diese braven Männer, die Gesundheit und Leben so edel für ihr Vaterland hingaben, in ihren Krankheiten und bei ihren Wunden übel verpflegte. Nichts hat mich von jeher mehr betrübt, als wenn ich die unschuldige Ursache am Tode irgend eines Menschen war.“
Als er erfuhr, daß von einem Feldmedikus Fritze ein guter Vor⸗ schlag zur Reorganisation des Feldlazarethwesens ausgearbeitet sei, ließ er den Verfasser dieses Entwurfs zu sich bescheiden, und schon am 19. Juli gab er die bestimmten Befehle, sogleich zur Ausführung der gebilligten püit zu schreiten.
Er selbst sollte der Erfüllung seines Wunsches sich nicht mehr erfreuen, — schon wenige Wochen später entschlief der große König zur ewigen Ruhe! Aber der neue, mächtige Impuls, den er fast sterbend der Sache gegeben hatte, ist nicht vergebens gewesen. Sein letzter Wille über die Heeres⸗Sanitäts⸗Reorganisation ist getreulich als heiliges Vermächtniß vollführt.
Schon ein Jahr später, am 16. September 1787, unterzeichnete sein erlauchter Nachfolger auf dem Thron Preußens Friedrich Wilhelm II. das neue Feldlazareth⸗Reglement, ein Muster vor⸗ trefflicher, fürsorglicher Verfügungen, von denen viele bis auf den heutigen Tag in Geltung sind, und — am 2. August 1795 hat der⸗ selbe dieses Institut gegründet.
Nachdem durch das Gesetz vom 3. September 1814 über die Verpflichtung zum Kriegsdienst die allgemeine Wehrpflicht zur Durch⸗ führung gebracht war, somit die Söhne des Volks selbst ausschließlich die waffentragenden Mannschaften bildeten, und die vornehmste Sorge der Könige der Armee noch allseitiger zugewandt wurde, blieben auch die gesundheitlichen Interessen nicht außer Acht.
Nicht wärmer kann dies zum Ausdruck kommen, als in der Ordre Friedrich Wilhelm's III., in der die Rechte der Militär⸗ verwaltung an die Charité niedergelegt sind, und in der es heißt: „Bei der gänzlich veränderten Militärorganisation, wo die Blüthe der Nation, die Söhne aller Stände in einem sehr jugendlichen Alter die Militärpflicht absolvieren, ist es unumgänglich nöthig, daß der Ausbildung des militärärzlichen Personals die größte Berücksichtigung gewidmet werde.
Die Pepinière wurde in Verbindung mit der Schwesteranstalt, der neugeschaffenen Akademie für das Militär, reformiert, mehr der medizinischen Fakultät analog eingerichtet und nunmehr „Friedrich Wilhelms⸗Institut“ benannt.
Ein wichtiges Denkmal edelster Humanität hieße es übergehen, wenn ich nicht des Königlichen Befehls gedenken wollte, der auf per⸗ sönliche Initiative des Prinzen Wilhelm, unseres späteren Ersten Kaisers, im festen Vertrauen auf den Rath der Militärärzte von seinem Vater über die obligatorische Impfung in der Armee erlassen wurde. Die große Zahl von Menschenleben, die allein durch strikte Durchführung dieser Maßregel erspart sind, geht schon aus den Zahlen des letzten Krieges hervor, in welchem unsere Armee nur 459 Soldaten an Pocken verlor, das französische Heer aber, dem damals keine prophylaktische Durchführung der obligatorischen Wiederimpfung zur Seite stand, nach dem eigensten Zeugniß seines Kriegs⸗Ministers Freycinet 23 400 Todesfälle allein an Pocken zu beklagen hatte.
Infolge der fortschreitenden Entwickelung konnte sodann unter der Regierung Friedrich Wilhelm's IV. die entscheidende Ordre ergehen, daß als Militärärzte nur noch solche Mediziner in die Armee eingestellt werden durften, die alle für das Studium der Medizin vor⸗ geschriebenen Vorlesungen an der Universität mit Erfolg gehört und alle die für die Zivilärzte staatlich vorgeschriebenen Prüfungen ab⸗ gelegt haben. ““
Abschließend mit einem Theil seiner Vergangenheit, war das Institut jetzt in der Lage. nur noch in voller Uebereinstimmung mit den Einrichtungen der Universität und durch ein zwar planmäßig ge⸗ regeltes, aber durch nichts beschränktes, freies Studium für eine gründliche, umfassende und sicher vorwärts schreitende Ausbildung seiner Studierenden zu sorgen; es setzte hierfür in den folgenden Dezennien alle Mittel und Kräfte ein.
Dies findet seine Anerkennung mit in den denkwürdigen Ordres des Hochseligen Kaisers Wilhelm I. jedesmal nach den Kriegen 1864, 1866 und 1870/71, in deren einer es heißt: „Die Armee soll in diesen Gnadenverleihungen einen neuen Beweis Meiner gerechten Würdigung des schwierigen ärztlichen Berufs und Meines lebhaften Interesses für die Förderung des Sanitätsdienstes erkennen.“
Die Gründung der Medizinal⸗Abtheilung im Kriegs⸗Ministerium, die Schaffung des Sanitätskorps, die einheitliche Verschmelzung der Interessen der Aerzte des Friedens⸗ und des Beurlaubtenstandes, die Ein⸗ führung der Chefärzte, die Organisationen in der Kriegs⸗Sanitäts⸗ Ordnung, die Einrichtung der serünungerae — das Alles ver⸗ dankt seine Entstehung zumeist den eingehenden Erwägungen des Großen Kaisers selber. 4
Wohl wäre es verlockend, nunmehr anzureihen die Entscheidungen, die Huld⸗ und Gnadenbeweise der letzten sieben Jahre, durch welche das Sanitätskorps nicht nur zu gesteigerter Thätigkeit für seine Auf⸗ hüher angespornt, befähigt und beseelt, sondern ihm auch neue wichtige
ahnen erschlossen wurden, besonders auf dem Gebiete der Hygiene; aber das Alles steht für jeden Einzelnen noch zu sehr im Vordergrunde
der aktuellen Gegenwart und des Werdens, als daß es mir ziemte, hier dessen preisend zu gedenken. Facta loquuntur.
Dagegen sei es mir vergönnt, nach dem kurzen geschichtlichen Rückblick ein Streiflicht auf die reife Frucht und den Segen fallen zu lassen, den die Fürsorge der Allerhöchsten Kriegsherren für de speziellen Sanitätsdienst und noch weit darüber hinaus für das sanitär Wohl der Truppe überhaupt zur Folge gehabt hat. Schon allein 2 öes und die Sterbeziffer in der Armee sind ein Indikator Hierfür. 8
Da vermag ich anzuführen, daß allein im letzten Jahre ungefähr 100 000 Mann weniger erkrankten und 2000 Mann weniger starben, als es der Fall gewesen sein würde, wenn wir noch die Erkrankungs⸗ und die Sterbeverhältnisse vor 27 Jahren — des Jahres 1868 — g habt hätten. Der Krankenzugang ist gegen damals um 42 %, d Sterblichkeit um 57 % gesunken. 8
Welche Summe von Nationalkraft, Familienglück wird hierdurch erhalten! Und doch erscheint dies nur gering gegenüber den Segnungen und unberechen baren Werthen, welche dem Volk zu gute kommen au der körperlichen und geistigen Erziehung der Mannschaften, durch die Festigung und Stählung der Gesundheit und damit der Verlängerung des Lebens, der erhöhten Geschicklichkeit, Erwerbs 8 durch Entwicklung ihrer Gesittung und der Mannestugenden im Heere. 1
Zu den erstgenannten Ergebnissen hat aber, soweit ärztliche Wissen⸗ schaft und Thätigkeit daran Antheil besitzt, unser Institut nicht unwesent⸗ lich beigetragen. Denn von hier stammt der größte Theil der Militärärzte. 4300 derselben traten in 100 Jahren aus diesen Bildungsanstalten in die Armee, und 72 % der jetzigen Sanitätsoffiziere sind ihr Schüler. Es sind aber von hier auch Männer für die gesammte wissenschaftliche Welt hervorgegangen, die selbst bahnbrechend als Leuchten der Wissenschaft neue Ziele und Wege aufgefunden und gangbar gemacht haben. 8
Für das Institut aber darf auf der Bahn, die ihm vorgezeichnet ist, kein Stillstand Platz greifen.
Rasten ist Rosten.
Es muß erstrebt werden, daß die Bildung der Stadierenden das Stadium des Wissens und Könnens — vornehmlich auf den funda⸗ mentalen Disziplinen — erreicht, welches von vornherein eine sichere Erfüllung ihrer beruflichen Pflichten perbürgt. Daran hat sich die Pflege der Hygiene und deren praktische Verwerthung für die Armee anzuschließen.
Was auf diesem Felde erzielt werden kann, zeigt die Thatsache, daß die früher so verheerenden En⸗ und Epidemien von Ruhr, Pocken, Trachom, Malaria, Typhus und jetzt auch die Wundinfektionskrankheiten aus den Reihen unserer Armee mehr und mehr zum Schwinden ge⸗ bracht sind, und beweist die Abwehr der drohenden Gefahr der Cholera.
Weiter aber ist es eine immer mehr hervortretende Nöthigung,
den Aerzten von Zeit zu Zeit ausgiebige Gelegenheit zur Er⸗ gänzung und Vervollkommnung ihrer Erfahrungen zu geben. Hier kann das Institut fürsorglich eintreten. Nicht mehr die Ausbildung der Studierenden allein, sondern auch die Fortbildung der Militärärzte soll zu seinem Wirkungskreis gehören. Zur Erfüllung dieser Aufgaben muß es, in immer engerem An⸗ schluß an die Professoren der Fakultät, mit seiner reichhaltigen Bibliothek, welche durch eine hochherzige Schenkung heute um 9000 Bände vermehrt ist, seinen mannigfaltigen Sammlungen, seinem chemisch⸗hygienischen Laboratorium, seinen werthvollen statistischen Schätzen ein Brennpunkt des geistigen Lebens für das Sanitäts⸗ Offizierkorps werden.
Wir hegen die Hoffnung, daß das Institut zu diesen seinen Auf⸗ gaben auch in Zukunft der Fördexung aller Betheiligten, der Reichs⸗ und Staatsbehörden, zumal der Lehrer und Professoren, sich erfreuen wird, ohne deren opferfreudige, selbstlose Mitwirkung die jetzigen Er⸗ folge nicht zu erlangen gewesen wären, ohne welche das Erreichen der Zukunftspläne nicht gedacht werden kann.
Möchte das für das Blühen dieser Bildungsstätte so entscheidende Wohlwollen des Herrn Kriegs⸗Ministers, des Kurators der Anstalt, ihr ferner erhalten, und möchte das warme Interesse des Herrn Kultus⸗Ministers für die militärärztliche Ausbildung, von dem wir neuerdings wieder einen Beweis empfangen haben durch Zulassung jüngerer Sanitätsoffiziere zu den klinischen Anstalten der Universitäten, sowie die wirksame Unterstützung des Zivil⸗Medizinalwesens ihr ge⸗ wahrt bleiben!
Dann wird der Sanitätsdienst im Heere stets solchen Kräften anvertraut sein, wie sie das persönliche Interesse des einzelnen Kranken und das Gesammtwohl der Armee erheischt.
Möchte Gottes Segen auf der Anstalt und der Arbeit der Männer ruhen, die an ihr zu wirken berufen sind!
Des Kaisers und Königs Majestät aber wolle in Gnaden geruhen, den ehrerbietigsten Dank für die Weihe entgegenzunehmen, die Aller⸗ höchstderselbe diesem Fest und dieser Anstalt für alle Zeit in beson⸗ derer Weise gegeben hat, und wir empfinden in tiefer, unvergänglicher Dankbarkeit die Ehrung und Gnade, welche Eure Königliche Hoheit der Wissenschaft, der Humanität und dieser Feier durch Höchstihre Anwesenheit erweisen. Auch wage ich die Allerhöchste Huld für das Gedeihen der militärärztlichen Bildungsanstalten für die fernere Zu⸗ kunft zu erflehen. 8 “ Gott segne und schütze Kaiser und Reich!
Volksvermögen und
Kunst und Wissenschaft.
Neues aus der egyptischen Sammlung der Königlichen Museen.
Im Säulenhofe der egyptischen Abtheilung der Königlichen
Museen ist zur Zeit eine größere Sammlung von Alterthuͤmern ausgestellt, die den neuesten Ausgrabungen des englischen serchers Herrn Flinders Petrie entstammen. Sie sind den töniglichen Museen von Herrn Martin Kennard in London als Geschenk überwiesen, dem die egyptische Abtheilung schon viele werthvolle Proben aus Petrie’s früheren Ausgrabungen in den Stadtruinen von Kahun, Gurob, Tell⸗el⸗Amarna und Koptos verdankt.
Petrie's Arbeiten sind alle für die Wissenschaft von großer Bedeutung gewesen. Mögen Einzelheiten in seinen Urtheilen bestritten worden sein, so muß doch zugegeben werden, daß die egyptische Archäologie, d. h. die Kenntniß von egyptischen Alterthümern, soweit sie nicht in Inschriften bestehen, erst durch ihn auf festeren Boden gestellt worden ist.
Während seiner J in der Stadt Koptos ¹) waren Petrie von den Bauern der Umgebung öfter Alter⸗ thümer von seltsam unegyptischem Stil gebracht worden, wie sie vereinzelt wohl schon vorher bekannt waren, über deren Herkunft und Alter man jedoch völlig im Unklaren war.
¹) Koptos liegt etwas nördlich von Theben, an d
der Stelle, wo sich der Nil dem Rothen Meere am meisten nähetrtt.