Nähere Nachforschüͤngen führten Petrie auf die Strecke zwischen den Dörfern Ballàs und Negäde, gegenüber von Koptos, und die planmäßige Untersuchung ergab die Aufdeckung von Häuserruinen und mehr als 2000 Gräbern von völlig un⸗ egyptischer “
Die Gräber bestehen aus rechteckigen Gruben, die mit Hols gedeckt waren. Petrie will bemerkt haben, daß sie mit
orliebe in dem leicht zu durchstechenden Schwemmsand alter Wasserläufe sind. Wenn auch die meisten Gräber erstört waren, blieben doch noch genug unberührte, die ein
ild von der Bestattungsweise geben konnten.
Für Egypten besonders bemerkenswerth ist es, daß kein einziger mumifizierter Leichnam sich vorfand. Die Skelette lagen in den Gräbern in zusammengekauerter Stellung, die Knie an das Kinn herangezogen, den Kopf nach Süden, das Gesicht aber nach Westen gerichtet. Auch das ist unegyptisch, denn egyptische Leichname . immer das Gesicht nach Osten gewendet. Vielen der Skelette fehlten Arme oder Beine. In andern Gräbern wieder, besonders wo mehrere Personen bestattet waren, lagen die Gebeine gewissermaßen sortiert, Schädel, Schenkelknochen, Armknochen u. s. w. für sich. Da nun Petrie versichert, daß die Knochen nie Spuren von Verbrennung eigen, müßten wir in diesem Falle annehmen, daß ein oppeltes Begräbniß stattgefunden habe, daß also erst der ganze Leichnam begraben worden sei und dann nach einiger
eit noch einmal nur die Knochen beigesetzt worden eien. Trotzdem also die Leichen nicht verbrannt sind, müssen bei der Bestattung große Feuer angezündet worden sein, deren Asche sorgfältig 1.2. in Töpfen beigesetzt ist und manchmal 20 bis 30 große Krüge füllt. Diese Feuer dienten nebenbei vielleicht zur Bereitung des Todtenmahls, denn in den Gräbern finden sich häufig Schädel oder Knochen von Rindern.
Die Menge der Thontöpfe, die in diesen Gräbern ge⸗ funden sind, ist erstaunlich. Da ist kaum ein Grab, das nicht 10 bis 12 Töpfe enthielte, ja in einigen standen sogar gegen 80. Sie sind von allen möglichen Größen und auf die verschiedensten Arten hergestellt. Besonders auffällig sind
die aus schönem rothen Thon, deren glatte Oberfläche nicht durch
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merkwürdige Sorte aus
möglichen Steinarten vom
Glasur, sondern durch Polieren mit einem glatten Steine erzeugt ist. Die Innenseite und der äußere Rand dieser 8 Töpfe ist meist schwarz gebrannt. Oft sind sie mit weißen Strichen verziert. Daneben findet sich eine ganz rohe Waare, die, ohne Anwendung der Scheibe aus freier Hand gefertigt, manchmal eine bedeutende Größe erreicht; vor allem aber eine bräunliche, die mit Wellenlinien, Spiralen, Strichen, Dar⸗ stellungen von Schiffen, Segeln u. s. w. bedeckt ist; ferner eine schwarzem Thon mit weißen Verzierungen. Leider fehlt unter den hier ausgestellten aber eine andere mit eigenthümlichen welligen Henkel⸗ ansätzen. Bei den Gefäßen ist es schwierig, egyptische und nicht egyptische Formen zu scheiden, denn es ist für diese Frage nicht zu vergessen, daß uns aus der Zeit zwischen altem und mittlerem Reich, aus der, wie wir unten sehen werden, diese Gräber stammen, bis jetzt so gut wie keine rein egyptischen Grabfunde bekannt geworden sind. Eine Reihe Typen ist aber schon jetzt sicher als unegyptisch zu be⸗ zeichnen.
Außer den Thongefäßen scheinen auch Gefäße aus allen chwarzen Granit bis zum weißen
Alabaster ein von diesen Fremdlingen sehr geschätzter Besitz
gewesen zu sein. Die meisten dieser Steingefäße sind von aus⸗ gezeichneter Feinheit der Arbeit und zeigen große Vertrautheit
mit dem Bohrer und der Drehscheibe. Bemerkenswerth unter
den hier ausgestellten ist eines in Gestalt eines Hundes. Alle Gefäße haben einfache, wenig entwickelte Formen; die Stein⸗ gefäße fallen auch dadurch auf, daß in ihnen vielfach die der Töpferarbeit eigenthümlichen Formen nachgeahmt sind. Unter
ihnen finden sich auch vereinzelte, sicher rein egyptische Typen.
möglichen Arten vorhanden sind.
Die Beigaben, die Petrie in den Gräbern gefunden hat, geben die Möglichkeit, uns wenigstens ein ungefähres Bild von dem Aussehen und dem Leben der hier begrabenen
Menschen zu machen. Aus dem Bau der Skelette schloß Petrie, daß es große, starkgewachsene Leute mit Adlernasen waren; er glaubte zu sehen, daß sie braunes lockiges Haar hatten, und aus den plumpen Knochenschnitzereien, die auch in unserer Auswahl vertreten sind, ist klar, daß die Männer spitze Bärte trugen.
Der beliebteste Schmuck waren Ketten, von denen alle
Oft hängt an ihnen ein einfaches Anhängsel, das vielleicht als Amulett aufzufassen ist. anz rohe Ketten aus Steinchen oder Muscheln sind wohl eigenes Fabrikat dieser Fremden, während solche von Fayenceperlen und aus Perlen von grünglasiertem Stein aus
den Händen von Egyptern hervorgegangen sind. Das Glasieren
des Steins ist ja eine speziell egyptische Kunst, und die Fayence⸗ perlen zeigen rein egyptisches Aussehen. An einer der Stein⸗
ketten hängt eine Perle, die offenbar die Gestalt der egyptischen
Königsschlange, des Uräus, hat.
Metall und Feuerstein sind nebeneinander im Gebrauch gewesen. Aber der Feuerstein überwiegt bedeutend, und in seiner Bearbeitung hat es dieses fremde Volk zu einer Höhe gebracht, die wohl kaum übertroffen werden kann. Neben einzelnen ganz rohen Schneideinstrumenten finden sich Messer und merkwürdige gabelförmige Lanzenspitzen von vollendeter Feinheit. Ihre geringe Stärke ist außer durch vorsichtiges Schlagen manchmal noch durch Schleifen erreicht. Von anderen Waffen haben sich die steinernen Köpfe von Keulen erhalten, wie sie sich ähnlich auch in Egypten finden, und einige Pfeilspitzen. Von Werkzeugen sind harpunenähnliche Geräthe aus Kupfer, Knochen und Horn, ein kupferner Meißel sowie ein Löffelchen aus Knochen vorhanden.
Die steinernen Köpfe von Spindeln bezeugen die Kenntniß
des Spinnens und Webens und einige kupferne Nadeln Fertig⸗ keit in der Verarbeitung des Gewebes zur Kleidung. Eine
Reihe von Ringen aus Elfenbein oder Knochen schmückte wohl das Handgelenk, und einige Kämme aus Knochen, von denen * mit Straußen, einer mit Antilopenhörnern verziert ist, owie mehrere Knochennadeln waren vielleicht zum Zusammen⸗ halten des Haares bestimmt.
„Rohe Kritzeleien, die Thiere, Pfeile, Schilde u. a. m. darstellen sollen, finden sich auf vielen Gefäßen. Inschriften sind nicht vorhanden; nur steht auf einigen Gefäßen das Fyptische Zahlenzeichen für 10, auf einem anderen das für 11. Von besonderem Interesse ist aber in unserer Auswahl eine
er gleich zu besprechenden Schieferplatten. Sie enthält die eichnung eines Krokodils. Das wäre ja nun an und für ich nichts Besonderes, aber die Art, wie das Thier gezeichnet
itt, giebt uns einen klaren Beweis dafür, daß in diesen
Gräbern keine Egypter begraben sind. Der seitlich zusammen⸗ eedrückte Schwanz eines Krokodils endigt nach oben in eine eihe von emporstehenden dreieckigen Zacken. (Man vergleiche
die große Krokodilmumie in Saal VIII, Schrank F.) In
unserer Zeichnung ist der Schwanz nun in ganz merkwürdiger
Art, von oben gesehen, gezeichnet. Ein Egypter würde ihn
nie so, sondern immer von der Seite gezeichnet haben. (Eine
hetische Zeichnung eines Krokodils ist zum Vergleich daneben gestellt.
Wohl das Auffälligste unter den ausgestellten Dingen sind diese massenhaft vorhandenen Tafeln aus schieferartigem Stein in allen möglichen Formen, als Fische, Vögel, Schild⸗ kröten, Nilpferde, Rhomben, Rechtecke u. s. w. Fast in jedem Grab lag ein solcher Stein, meist neben dem Kopf des Leich⸗ nams. Längst waren solche Steine in den Museen vorhanden, ohne daß man sich aber ihren Gebrauch und ihre Herkunft erklären konnte. In sicher reinegyptischen Gräbern sind sie nie gefunden worden. Petrie hat erkannt, daß es gewissermaßen Paletten sind, die mit den ebenfalls zahlreich vorhandenen glatten Kieselsteinen zum Zerreiben von Farben
edient haben. In der That sind in viele der Tafeln durch angen Gebrauch deutliche Gruben eingerieben, in denen oft
noch Farbenreste sitzen. Von solchen Tafeln finden sich auch kleine Nachbildungen, die nur für das Grab gemacht sind und nie für wirklichen Gebrauch bestimmt waren.
Man wird aus dem Ganzen den Eindruck gewonnen haben, daß wir es hier mit einem halbwilden fremden Volksstamm zu thun haben, der, wie geringe Spuren — Perlen, einige Gefäßformen, Zahlzeichen — zeigen, zwar unter Egyptern lebte, im Großen und Ganzen aber sich frei⸗ willig oder unfreiwillig von ihnen fern hielt. Nach dem anatomischen Befunde — Adlernase, blonde Haare — besonders auf Grund des spitzen Bartes hat Petrie die Vermuthung ausgesprochen, daß wir hier eine Ansiedelung von Libyern vor uns haben. Diese Ver⸗ muthung ist gewiß richtig und läßt sich, wie ich glaube, noch durch eine andere Thatsache unterstützen, das ist das Vorhandensein der eben besprochenen Schiefer⸗ platten. Bei den alten Egyptern war es, wie noch heute bei den Frauen im Orient, eine beliebte Sitte, die Ränder der Augenlider zu schminken. Diese Schminkstriche sind gewohnlich schwarz, auf Denkmälern der ältesten Zeit aber grün. Da si nun auf einigen der Schieferplatten veutliche Reste zer⸗ riebener grüner Farbe zeigen und den Todten außer den Paletten öfter ein Beutel mit Malachit (grün) oder Bleiglanz (schwarz) beigegeben war, möchte Petrie annehmen, daß die Farbe zum Schminken der Augen dienen sollte. Doch ist das nicht ganz wahrscheinlich. Vor allem müßte man doch solche Steine oder ähnliche gerade auch bei den Egyptern antreffen, während man in Wirklichkeit dort nur höchstens ein kleines Büchschen mit Augenschminke und dem charakteristischen Griffel findet. (Zahlreich im Saal VI vorhanden.) Dann aber sitzen auf zweien der hier ausgestellten Paletten deutlich auch Reste von rother Farbe.
Die Libyer werden uns nun auf egyptischen Denkmälern als weiße, blondhaarige, blauäugige Leute dargestellt (siehe das Wandgemälde in Saal VI am Fenster). Eine besondere Eigenthümlichkeit ist aber, daß sie tätowiert oder bemalt sind, wie ja auch Herodot von dem libyschen Stamm der Maxyer berichtet, daß sie sich den Körper mit Mennige bemalten. Es ist daher wohl anzunehmen, daß auch die in den Gräbern von Negade gefundenen Paletten zum Bereiten der Tätowierfarben gedient haben. Das unterstützt Petrie’'s Ansicht über die Nationalität der Bestatteten und erklärt das massenhafte Vor⸗ kommen solcher Steine in diesen Gräbern sowie ihr völliges Fehlen in egyptischen.
Man wird nun fragen, als was denn diese Libyer bei Negade mitten unter den Egyptern gesessen haben. Petrie antwortet darauf mit einer Theorie, die auf den ersten An⸗ schein viel Einnehmendes hat. Bekanntlich klafft zwischen dem sogenannten alten Reich Egyptens (etwa 3000 bis 2500 v. Chr.) und dem sogenannten mittleren (etwa 2200 bis 1800 v. Chr.) eine Lücke, aus der uns fast alle Denkmäler fehlen. Was der Grund ist und wie groß diese Lücke ist, können wir genau nicht sagen. Petrie denkt nun, daß sie gerade durch diese wilden Libyer veranlaßt ist, die das alte Reich über den Haufen geworfen und — wie später zwischen dem mittleren und dem neuen Reich die sogenannten Hyksos — eine Zeit lang Egypten beherrscht hätten.
Das ist möglich und die hier bei Negade gefundenen Gräber scheinen wirklich in die Zeit zwischen altem und mittlerem Reich zu gehören, da einige dieser Gräber in einem Grabschacht des alten Reichs angelegt und von Anlagen des mittleren Reichs bedeckt sind.
Vielleicht ist aber auch eine andere Erklärung ötgrfsegen⸗ In den Heeren der egyptischen Könige haben ausländische Soldtruppen von jeher ein starkes Kontingent gebildet und besonders Libyer waren unter ihnen in großer Zahl vertreten. Im neuen Reich hat die Verwendung von Söldnern immer größeren Umfang angenommen und in der XXII. Königs⸗ dynastie (um 900 v. Chr.) haben sie schließlich die Herrschaft völlig an sich gerissen. Eine Ansiedelung solcher libyschen Söldner, die natürlich immer mit Weib und Kind anzogen, haben wir vielleicht aus der Zeit zwischen altem und mittlerem Reich hier vor uns. Die Aermlichkeit der ganzen Lebens⸗ führung, die die Gräberfunde zeigen, scheint nicht gerade dafür zu sprechen, daß die hier Bestatteten als Herren im Lande saßen, sondern im Gegentheil dafür, daß sie als arme, nicht gerade geachtete Klasse in besonderen Dörfern oder Vierteln für sich lebten ohne enge Berührung mit der um⸗ wohnenden egyptischen Bevölkerung.
Das ist das, was sich nach der augenblicklichen Lage der Dinge über die neuen merkwürdigen Funde Flinder Petrie’'s sagen läßt. Hoffentlich ist es Petrie vergönnt, auch die Stätte des alten Abydos, das eine große derartige Ansiedlung gehabt se haben scheint — aus ihr stammen die gleichfalls ausge⸗ tellten, vor kurzem vom Museum erworbenen prächtigen Steingefäße —, planmäßig zu durchforschen, ehe sie von den beutelustigen Arabern geplündert und für die Wissen⸗ schaft verloren ist. Diese Stelle wäre auch be⸗ sonders interessant, da sie die Lage dieses Fremdenviertels zur egyptischen Stadt ergeben müßte. Bis jetzt sind hierher ge⸗ hörige Funde nur aus der Gegend Gebelén bis nach Abydos hin bekannt. Vielleicht bringt die Zukunft uns die Auffindung von ähnlichen Siedelungen von anderen Orten Egyptens und aus der Zeit des neuen Reichs oder der Spätzeiit.
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung. Aus Glasgow meldet „W. T. B.“, daß die dorti
bauer am Sonnabend beschlossen haben, die Wieder Arbeit abzulehnen, wenn die Arbeitgeber die urs nicht zugeständen. 8
Wie dem „W. T. B.“ aus Belfast berichtet wird, soll in dieser Woche eine Konferenz abgehalten werden, welcher es, wie man zuversichtlich erwartet, gelingen dürfte, den Schiffbauer⸗Ausstand zu beendigen. Beide Parteien zeigen Geneigtheit zu einem Kompromiß
„Land⸗ und Forstwirthschaft.
Ernteergebnisse Schwedens im Jahre 1895 und Saatenstand. 8 Ueber das diesjährige Ernteergebniß in Schweden, verglichen mit dem Durchschnittsertrag der letzten 10 Jahre, geben wir folgende 1“ 8 1 Ertrag über (+.) oder unter (-—) d. Durchschnitt der — letzten 10 Jahre. Wehhuauu 3 % Sommer.. Roggen, Winter. Sommer. Gerste.. Hafer. 24 753 300 Mengeiocorarn 1u““ Erbsen “ 525 400 Bohnen “ 74 600 Wicken 265 400 1““ + 3 % Der derzeitige Stand der Wintersaaten in befriedigend.
Handel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. „An der Ruhr sind am 30. v. M. gestellt 12 115, nicht recht⸗ zeitig gestellt 941 Wagen. „In Oberschlesien sind am 29. v. M. gestellt 5558, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.
Zwangs⸗Versteigerungen
Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin standen am 29. November die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Grundstücke zu Wartenberg, dem Büdner Johann Gottfried Schulze daselbst gehörig; Flächenraum 28,60 a und 194,34 a; Nutzungswerth zur Gebäudesteuer 75 ℳ; mit dem Gebot von 20 000 ℳ blieb der Gastwirth Julius Feitner zu Wartenber Meistbietender. — Grundstück Friedrichsberg, Blumenthal⸗ straße 22, dem Fleischwaarenhändler August Wendt zu -55 gehörig; Flächenraum 6,30 a; Nutzungswerth zur Gebäudesteuer 3266 ℳ; Meistbietender blieb der Schlossermeister Louis Heutig zu Berlin, Wrangelstraße 110, mit dem Gebot von 64 000 ℳ — Grundstück zu Neu⸗Weißensee, Metzerstraße 22, dem Tischler⸗ meister Gustav Kasprick zu Weißensee, gehörig; Flächenraum 2,26 a; Nutzungswerth zur Gebäudesteuer 1165 ℳ; Meistbietender blieb der Baumeister Ludwig Krüger zu Berlin, Stendaler⸗ straße 10, mit dem Gebot von 14 200 ℳ — In der Engel⸗ hardt'schen Zwangsversteigerung wird die Bekanntmachung vom 4. November d.
Grundstück, aus drei Theilen besteht, welche zu Groß⸗Lichterfelde an der Dorotheenstraße, ö“ 95a und an der Berlin⸗Pots⸗ damer Eisenbahn belegen
Feregebeesteigenn wird der auf den 9. Januar 1896, Vormittags 11 Uhr, angesetzte Termin aufgehoben und ein neuer Versteigerungs⸗
termin auf den 23. Januar 1896, Vormittags 10 ½ Uhr, und
Zuschlagstermin auf den 27. Januar 1896, Mittags 12 Uhr, anberaumt.
Beim Königlichen Amtsgericht zu Charxlottenburg wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung des im Grundbuch von der Stadt Charlottenburg Band 121 Blatt Nr. 4447 auf den Namen des Zimmermeisters Aug. Zander zu Berlin eingetragenen, u. Z““ Augsburgerstraße 9, belegenen Grundstücks auf⸗ gehoben.
Berlin, 30. November. (Bericht der ständigen Deputation der Woll⸗Interessenten über das Geschäft in Wolle im Monat No⸗ vember.) Das Geschäft im November nahm einen ruhigen Verlauf; es hatte den Anschein, als wenn Käufer den Beginn der Londoner Auktion, sowie den weiteren Gang der Verkäufe in Australien und in
den La Plata⸗Staaten abwarten wollten, um danach ihre weiteren Dispositionen zu treffen. In deutschen Wollen wurden etwa
2700 Ztr. Rückenwäschen und etwa 2400 Ztr. ungewaschene Wollen an hiesige Fabrikanten und Kammgarnspinner verkauft. Die Preise
waren etwas schwächer als im Oktober. Die Londoner Auktion wurde am 26. November bei reger Betheiligung mit Schlußpreisen der letzten
Oktober⸗Auktion für australische Merinos und bis 5 % darunter für fehlerhafte und Kap⸗Wollen eröffnet. bessert; denn nach den neuesten Berichten aus London sowie aus den Kolonien wird eine festere Tendenz gemeldet. — Auch in Kolonial⸗ Wollen war das Geschäft ruhig und belebte sich erst mit Eröffnung der Londoner Auktion; die Umsätze betragen etwa 2000 Ballen Kap und etwa 1000 Ballen Austral und Buenos Aires zu Preisen, die durch die jetzt in Lendon gegebene Werthstufe bestätigt worden sind.
— Wie die „Rhein.⸗Westf. Ztg.“ meldet, wurden in der am Sonn⸗ abend abgehaltenen Generalversammlung des Verbands deutscher Grobblech⸗Walzwerke zu Düsseldorf, in welcher eine gute Beschäftigung der Werke festgestellt wurde, folgende Preiserhöhungen be⸗ schlossen: Flußeiserne Kesselbleche von 120 auf 125, Siemens' Martin⸗ Reservoirbleche von 115 auf 117 ½, Thomas⸗Reservoirbleche von 110 auf 112 ½ ℳ pro Tonne ab Werk. Schweißerne Bleche blieben im Preise unverändert. Die Verhandlungen über die Syndikatsbildung sind aussichtsvoll.
— Die außerordentliche Generalversammlung der Bayerischen 8
andelsbank vom 30. November hat, wie „W. T. B.“ aus
Nünchen meldet, eine vom Aufsichtsrath vorgeschlagene Kapitals⸗ erhöhung um 5 094 000 ℳ mit vorläufig 50 % Einzahlung genehmigt. Der Emissionskurs wurde auf 152 % festgesetzt. .
— Bei der Kulmbacher Exportbrauerei Mönchshof schließt das v Jahr mit einem Reingewinn von 293 668 ℳ ab; hiervon sollen zu erhöhten Abschreibungen 73 419 ℳ, zu Extra⸗ reservestellungen 54 000 ℳ verwendet und 10 % Dividende gegen 9 % für 1893/94 der Generalversammlung vorgeschlagen werden.
— Nach dem Jahresbericht der Waggonfabrik vorm. Herbrand u. Co. für das letzte Geschäftsjahr betrug der Gesammt⸗ umsatz 2 673 779 ℳ gegen 2 231 395 ℳ im Vorjahre. Der Brutto⸗ gewinn beziffert sich auf 242 089 ℳ; hiervon gehen ab: Abschreibu 3 36 276 ℳ, Reservefonds 10 290 ℳ, Tantièmen ꝛc. 22 290 ℳ, Ne. servefonds II 36 000 ℳ; die Dividende beträgt 7 %.
— Wie aus Rostock gemeldet wird, wurde in der General⸗ versammlung der Aktiengesellschaft „Neptun“ vom 30. v. M. der Jahresbericht genehmigt. Die Anträge der Aktionäre, nämlich 1) das Grundkapital von 1 300 000 ℳ auf 1 040 000 ℳ zu er⸗ mäßigen und die Verminderung in der Weise vorzunehmen, daß von je 5 Aktien eine Aktie vernichtet wird, sowie 2) das so ermäßigte Kapital durch Ausgabe von 260 Inhaberaktien zu je 1000 ℳ zum Kurse von 100 %, deren Einzahlung sofort erfolgen soll, wieder auf 1 300 000 ℳ zu erhöh d d s
J. dahin ergänzt, daß das im Grundbuch von Groß⸗Lichterfelde Band 1 Blatt Nr. 11 belegene, 57,18 a große
ind. — In Sachen der Zander'schen
Seitdem hat sich die Lage ge-⸗
Breslau, 30. November. (W. T. B.) Getreide⸗ und Pr2 Spiritus pr. 100 1 100 % exkl. 50 ℳ Ver⸗ rauchsabgaben pr. November 49,90, do do. 70 ℳ Verbrauchsabgaben pr. b-8 do. do. Rüböl pr. November 45,00, pr. Mai —,—. Wink —.
Magdeburg, 30. November. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker exkl., von 92 % —, neue 11,00 — 11,15. Kornzucker exkl. 88 % Rendem. 10,40 — 10,65, neue 10,50 — 10,70. Nachprodukte exkl., 75 % Rendem. 7,50 — 8,30. Raffineriewaare etwas besser, Export⸗ waare ruhig. Brotraffinade 1 23,00. Brotraffinade II 22,75. Gem. Raffinade mit Faß 22,75 — 23,25. Gem. Melis I mit Faß 22,00. Stetig. Rohzucker I. Produkt Trans. f. a. B. Hamburg pr. November 10,40 Gd., 10,42 ½ Br., pr. Dezember 10,45 bez. und Br., pr. Januar⸗März 10,67 ½ Gd., 10,72 ½ Br., pr. April⸗ Mai 10,90 Gd., 10,95 Br. Fest.
Leipzig, 30. November. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. Dezember — ℳ, pr. Januar 3,17 ½ ℳ, pr. Februar 3,20 ℳ, pr. März 3,20 ℳ, pr. April 3,20 ℳ, pr. Mai 3,22 ½ ℳ, pr. Juni 3,25 ℳ, pr. Juli 3,25 ℳ, pr. August 3,27 ½ ℳ, pr. September 3,30 ℳ, pr. Oktober 3,30 ℳ, pr. November 3,32 ½ ℳ%ℳ Umsatz 35 000 kg. Behauptet.
Mannheim, 30. November. (W. T. B.) Produktenmarkt. Weizen pr. November 15,25, pr. März 14,85, pr. Mai 14,85. Roggen pr. November 12,60, pr. März 12,70, pr. Mai 12,70. Hafer pr. November 12,50, pr. März 12,60, pr. Mai 12,60. Mais pr. November 10,25, pr. März 10,00, pr. Mai 10,00.
Braunschweig, 30. November. (W. T. B.) In der heutigen Generalversammlung des 82 Fabriken umfassenden braunschweig⸗ hannoverschen Zweigvereins für die Rübenzuckerfabri⸗ kation wurde einstimmig eine dem Reichskanzler zu übermittelnde Entschließung angenommen, in welcher das Vorgehen der Präsidial⸗ macht in der Zuckersteuerfrage dankend begrüßt und gesagt wird, daß der Entwurf des neuen Zuckersteuergesetzes in seinen Grundzügen den be⸗ rechtigten Bedürfnissen der Industrie Rechnung trägt.
Bremen, 30. November. (W. T. B.) Börsen⸗Schlußbericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer
etroleum⸗Börse.) Niedriger. Loko 7,00 Br. Russisches Petroleum.
ko 6,60 Br. — Schmalz. Ruhig. Wilcor 30 ¾ ₰, Armour shield 30 ¼ ₰, Cudahv 31 ¼ ₰, Choice Grocery 31 ½¼ ₰, White label 31 ¼ ₰, “ 26 ₰. — Speck. Ruhig. Short clear middling loko 26 ₰, Extralongs 27 ₰. — Reis flau. — Kaffee ruhig. — Baumwolle. Ruhig. Upland middl. loko 44 ½ 4. — Wolle. Umsatz: 142 Ballen. — Taback. Umsatz: 32 Faß Kentucky, 1587 Packen Brasil.
Hamburg, 30. November. (W. T. B.) Kaffee. (Nachmittags⸗ bericht.) Good average Santos pr. Dezember 72 ¾, pr. März 69 ½¼, pr. Mai 67 ¾, pr. Juli 65 ½4. Matt. — Zuckermarkt. (Schlußbericht.) Rüben⸗Rohzucker I. Produkt Basis 88 % Rende⸗ ment neue Usance, frei an Bord Hamburg pr. November —,—, pr. Dezember 10,42 ½, pr. März 10,80, per Mai 10,92 ½. Stetig.
Pest, 30. November. (W. T. B.) Produktenmarkt. Weizen loko matt, pr. Frühjahr 6,91 Gd., 6,92 Br. Roggen pr. Frühjahr 6,28 Gd., 6,29 Br. Hafer pr. Frühjahr 6,11 Gd., 6,13 Br. Mais pr. Mai⸗Juni 4,48 Gd., 4,50 Br. Kohlraps pr. August⸗ September 10,80 Gd., 10,85 Br. 8
London, 30. November. (W. T. B.) Wollauktion: Für Wolle gute Nachfrage, Preise fut behauptet.
An der Küste 2 Weizenladungen angeboten.
108 8 Javazucker 12 h ruhig, Rüben⸗Rohzucker loko 0“† fest.
— 2. Dezember. (W. T. B.) Die Getreidezufuhren betrugen in der Woche vom 23. November bis 29. November: Engl. Weizen 1310, fremder 50 494, engl. Gerste 3111, fremde 9778, engl. Malzgerste 20 312, fremde —, engl. Hafer 2622, fremder 105 711 Orts., engl. Mehl 18 430 Sack, fremdes 39 020 Sack.
Florenz, 30. November. (W. T. B.) Auf der italieni⸗ schen Meridional⸗Eisenbahn betrug in der zweiten November⸗ Dekade 1895 auf dem Hauptnetz die Einnahme 2 676 090 Lire (+ 100 166 Lire), seit 1. Januar 1895 86 506 072 Lire (+ 187 958 Lire). Im Ergänzungsnetz betrug die Einnahme seit 1. Januar
1895 6 392 900 Lire (+ 342 090 Lire).
Amsterdam, 30. November. (W. T. B.) Java⸗Kaffee good ordinary 54. — Bancazinn 39.
New⸗York, 30. November. (W. T. B.) Die Börse eröffnete in unregelmäßiger Haltung; dann trat theilweise eine Erholung ein, die später wieder verloren ging. Der Schluß war schwach. Der Umsatz in Aktien betrug 137 000 Stück. 8
Weizen eröffnete in ruhiger Haltung; später trat infolge von Realisationen ein Rückgang der Preise ein. Im weiteren Verlauf konnten sich die Kurse dann behaupten. Der Schluß war stetig. — Mais änderte sich im Verlauf des Verkehrs nur wenig, da sich kein besonderer Einfluß geltend machte. Der Schluß war ruhig.
Wagrenbericht. Baumwolle⸗Preis in New⸗York 8 ⁄18, do. do. in New⸗Orleans 8 ⁄16, Petroleum Stand. white in New⸗York 7,75, do. do. in Philadelphia 7,70, do. rohes (in Cases) —, do. Pipe line Certific. pr. November 140, Schmalz Western steam 5,67, do. Rohe u. Brothers 6,70. Mais per November —, do. per Dezember 34 ½, do. per Mai 35 ⅞. Rother Winterweizen 69 ½, Weizen per Dezember 64 ⅞, do. per Januar 66, do. pr März 68, do. per Mai 67 ¾. Getreidefracht nach Liverpool 3, Kaffee fair Rio Nr. 7 14 ¼ do. Rio Nr. 7 per Dezember 13,75, do. do. per Februar 13,45, Mebl, Spring⸗Wheat clears 2,40, Zucker 3, Kupfer 10,90.
Der Werth der in der vergangenen Woche eingeführten Waaren betrug 7 335 143 Doll., gegen 9 174 141 Doll. in der Vor⸗ woche, davon für Stoffe 1 969 968 Doll., gegen 2 023 879 Doll. in der Vorwoche.
Chicago, 30. November. (W. T. B.) Weizen anfangs stetig, dann auf unerwartete Zunahme der sichtbaren Vorräthe im
reise etwas nachgebend. Der Schluß war stetig. — Mais konnte ich während des ganzen Börsenverlaufs gut behaupten und schloß in ruhiger Haltung.
Weizen pr. November 56, pr. Dezember 56 ½. Mais per No⸗ vember 26 ½. Speck short clear nom. Pork per November 7,67.
Verdingungen im Auslande.
„Rümänien. 12. Dezember. Kriegs⸗Ministerium in Bukarest: 31 900 m verschiedener Galons, 50 000 m schwarzes Wollband, 1680 wollene
Achselschnüre und Epauletten, 2000 schwarzlederne Zäume, 300 voll⸗
ständige Hörner und 200 vollständige Trompeten mit Schnur.
Verkehrs⸗Anstalten. “
Husum, 1. Dezember. (W. T. B.) Die Dampfer fahrten zwischen Hoyerschleuse und Sylt sind wegen niedrigen Wassers und Eises von heute ab bis auf weiteres gänzlich eingestellt.
Bremen, 1. Dezember. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Saale“ ist am 29. November Abends in New⸗York angekommen. Der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II.“ ist am 29. November Vormittags in New⸗ PYork angekommen. Der Postdampfer „Graf Bismarck“ ist am 30. November Morgens auf der Weser angekommen. Der Reichs⸗ Postdampfer „Gera“ hat am 30. November Vormittags die Reise von Antwerpen nach Bremen fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer „Sachsen“ ist am 29. November Nachmittags in Aden an⸗ gekommen. Der Postdampfer „Wittekind“ ist am 30. November
ormittaggs in Antwerpen angekommen. Der Postdampfer Aachen⸗ hat am 30. November Vormittags St. Catharines Point passiert.
Hamburg, 30. November. (W. T. B.) Hamburg⸗Ameri⸗ kanische Packetfahrt⸗Aktien⸗Gesellschaft. Der Post⸗ dampfer „Persia“ ist heute früh in New⸗York ein etroffen
Schmalz per November 5,22, do. per Januar 5,42
wesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗Maßregeln. 8 Nachrichten
Kronland
Maul⸗ und Klauenseuche. Rothlauf der Schweine .. Schweinepest (Schweineseuche) Maul⸗ und Klauenseuche.. Rothlauf der Schweine. Schweinepest (Schweineseuche) Maul⸗ und Klauenseuche 8 Rothlauf der Schweine .. Schweinepest (Schweineseuche)
V V Maul. und Klauenseuche. b
Füiees Oesterreich . . .
Ober⸗Oesterreich
v1ö1ö11AX“; Steiermark. “ Tirol⸗Vorarlberg .. Böhmen 8
Rothlauf der Schweine.. Schweinepest (Schweineseuche) Maul⸗ und Klauenseuche. Lungenseuche . ... Rothlauf der Schweine ... Schweinepest (Schweineseuche) 2 Maul⸗ und Klauenseuche. Lungenseuche.. Rothlauf der Schweine.. Schweinepest (Schweineseuche) 105 Rothlauf der Schweine. 1 Schweinepest (Schweineseuche) 29 Maul⸗ und Klauenseuche. — Rothlauf der Schweine . . 15 Schweinepest (Schweineseuche) 230 Rothlauf der Schweine . 1 Schweinepest (Schweineseuche)
1 Rothlauf der Schweine. 2
Mähren
Schlesien Galizien Bukowina. Kärnten
Krain
v 9. Oktober.
1 Komitate: Orte: Höfe: Kom.: Orte: Höfe: Maul⸗ und Klauenseuch 38 455 4407 38 501 4986 C77575752 17 18 13 14 Rothlauf der Schweine 51. 624 4192 557 3809
Lungenseuche
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Rußland.
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Belgien. 1.— 15. Oktober. 16.— 31. Oktober. Zahl der verseuchten ehen; “ - Gemeinden: 25.
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Der von zwei Wiener Autoren, Victor Léon und H. von Waldberg, verfaßte Schwank „Wettrennen“, der am Sonnabend zur ersten Aufführung gelangte, ist nach der Art der niederen, beson⸗ ders in Wien beliebten, Schwänke gearbeitet, die durch starke äußerliche Mittel, durch burleske oder pikante Verkleidungen, seltsame Ver⸗ wechslungen und durch eine die Karikatur streifende Charakterzeichnung belustigend auf die Zuschauer zu wirken suchen. Diesmal wählten die Dichter eine Reihe komischer Figuren aus der Theater⸗ und Sportwelt für ihre Zwecke, fanden in Verbindung mit ihnen einige guten Gedanken und einige treffenden Witzworte. Im Ganzen begnügen sich aber die Personen des Stückes: ein alter, eitler Tenor und sein junger Rivale, eine kecke, das Wienerische mit ungarischem Accent sprechende Sports⸗ dame und ihr Verehrer, der gleichzeitig ihr Nebenbuhler auf der Rennbahn ist, in Rede und Gegenrede mit matten und zu⸗ weilen unschönen Bemerkungen und Witzen. Dem Publikum schien der Schwank aber gut zu gefallen, sodaß der Beifall einen der Verfasser, um seinem Dank Ausdruck zu geben, auf die Bühne lockte. Die Darsteller haben jedenfalls den ihnen gespendeten Beifall besser verdient. Herr Guthery ärgerte sich als alter Opern⸗ sänger mit Virtuosität in eine starke Heiserkeit hinein, die dem be⸗ rühmten Sänger das Auftreten vor einem indischen Fürsten unmöglich macht, und spielte seine Rolle überhaupt auf groteske Wirkungen hinaus. Herr Schönfeld gab einen Wiener Geck nach bewährtem, wirksamem Muster. Zwei junge Liebhaber wurden von den Herren Stahl und Sauer elegant und gefällig gegeben. Fräulein Groß sprach mit Anmuth ihren komischen Dialekt, und in der unvermeid⸗ lichen Rolle einer Naiven wirkte Fräulein Jäger erfreulich mit.
Neues Theater.
Madame Judie, die renommierte französische Soubrette, begann am Sonnabend mit einer eigenen Truppe im Neuen Theater eine Reihe von Gastvorstellungen, die trotz des nicht eben hohen Niveaus des von ihr vertretenen Genres, dennoch wegen der darin entfalteten, sehr gereiften und in mancher Beziehung unnachahmlichen Kunst ein eigenartiges Interesse beanspruchen dürfen. Ueber die beiden Stücke, in denen Madame Judic gestern und vorgestern auftrat, „La femme à Papa“ und „Niniche“ von Hennequin und Millaud, ist eigentlich wenig Neues zu sagen. Sie gleichen vollkommen den vielen französischen Possenspielen, die man mit dem Namen „Vaudevilles“ zu bezeichnen pflegt. Solche Stücke enthalten meist nur eine oder ein paar wirksame Scenen und immer nur eine dank⸗ bare Rolle, beide gewöhnlich der Eigenart des Künstlers oder der Künst⸗ lerin angepaßt, denen der Autor sie zugedacht hat; das Uebrige ist Beiwerk und Nebensache.. So war es auch im vorliegenden Falle. Unter den Trägern der Nebenrollen wären nur die Herren Chambly, Howey und Fioratti und Mme. Jenny Rose zu nennen, die einigermaßen hervortraten. Das Hauptinteresse galt natürlich dem Spiel und dem Gesang der Madame Judic. In beiden offenbarte sie sich, nachdem zunächst eine unverkennbare Ent⸗ täuschung von seiten des Publikums und eine gewisse Beklommen⸗ heit ihrerseits überwunden war, in der That als Meiftelin ihres Fachs. Eine so dezente, fein ausgearbeitete und von jeglicher Uebertreibung frei gehaltene Vortragsart und Mimik findet man bei anderen Soubretten selbst da kaum, wo die ihnen gestellten Aufgaben minder
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14. Oktober. 21. Oktober. Zahl der verseuchten Höfe: Orte:
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23. Oktober. 30. Oktober.
Kom.: Orte: Höfe: Kom.: Orte: Höfe: Kom.: Orte: Höfe: 39 621 40 669 7628 41 753 8417 1“ “ 51 549 8 2 3757 47 530 3721 29 6“ 8 88
16. Oktober. Zahl der verseuchten
heikler Natur sind als zuweilen in diesem Falle. Den Hauptbeifall errang die Künstlerin, als sie nach Schluß der obengenannten Stücke einige Chansonnettes mit Klavierbegleitung zum Besten gab, in denen diese Vorzüge ganz besonders zur Geltung kamen. 8 Konzerte. 8
Am Sonnabend fand im Königlichen Opernhause das ursprünglich für den Montag angekündigte Konzert des Königlichen Opernchors unter Kapellmeister ee Leitung statt. Das Programm enthielt außer Nicolai's bekannter Ouvertüre über „Ein' feste Burg“, bei welcher der Chor mitwirkte, und dem von Professor Halir mit gewohnter Meisterschaft gespielten Brahms'schen Violinkonzert das Werk eines in letzter Zeit häufig genannten, hier aber sehr wenig bekannten Komponisten E. N. von Reznigcek, Verfassers der kürzlich in Leipzig mit gutem Erfolg auf⸗ geführten Oper „Donna Diana“. Zwei Orchesternummern dieser Oper gelangten in den vorjährigen Symphonie⸗Konzerten der König⸗ lichen Kapelle erfolgreich zum Vortrag. Vorgestern war es ein „Requiem“, ein breit angelegtes Werk für Orchester, Chor, Solostimmen, das hier seine erste Aufführung erlebte. Der Text ist derselbe, den Verdi fowohl wie Berlioz in überaus
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wirksamer Weise in Musik gesetzt haben, und während man einerseits
von Reznigek von einer gewissen Anlehnung namentlich an die igenart des französischen Komponisten nicht ganz freizusprechen ver⸗ mag, kann man ihm andererseits leider nicht nachrühmen, daß er auf derselben Höhe stehe wie seine Vorgänger und Vorbilder. Sein Werk hat kein kirchliches Gepräge und entbehrt eines einheitlichen Ge⸗ dankens; es setzt sich vielmehr aus einer Reihe nebeneinandergestellter, mehr oder minder wirkungsvoller Nummern zusammen. Am besten gefielen „Dies irae“ für Chor, Recordare, ein Duett für Sopran und Tenor, „Ora supplex“ für Chor, „Hostias“ ein Sextett mit Chor, und Benedictus“, ein Baritonsolo, für dessen Ausführung Herr Betz großen Beifall erntete. Im übrigen bewährten sich als Solisten die Herren Sommer, Alma und Mödlinger und die Damen Reinl und Krainz (für die erkrankte Frau Götze). Das Publikum verhielt sich diesem Werk egenüber trotz der vortrefflichen Ausführung unter Weingartner’s Leitung ziemlich kühl; erst nach dem erwähnten „Benedictus“ und am Schluß war der Beifall ein solcher, daß der anwesende Komponist sich dankend verneigen kennte.
Im Königlichen Opernhause wird morgen Wilhelm Kienzl's musikalisches Schauspiel „Der Evangelimann“ unter Kapellmeister Dr. Muck's Leitung gegeben. Die Herren Sylva, Bulß, die Damen Pierson und Götze treten darin auf. Hierauf folgt das Ballet „Phantasien im Bremer Rathskeller“, in welchem die Damen Dell'Era und Urbanska mitwirken. — Am Freitag, den 6. Dezember nimmt mit Richard Wagner's „Rienzi“ ein Cyelus seinen An⸗ fang, der in chronologischer Reihenfolge sämmtliche auf dem Repertoire der Königlichen Bühne befindlichen Werke des Meisters umfassen wird, und zwar: „Der fliegende Holländer“ (8. Dezember), „Tannhäuser“ (11. Dezember), „Lohengrin“ (13. Dezember), „Meister⸗ singer von Nürnberg“ (15. Dezember), „Tristan und Isolde“ (17. De⸗ zember), „Rheingold“ (19. Dezember), „Die Walküre“ (20. Dezember), „Siegfried“ (22. Dezember), „Götterdämmerung“ (27. Dezember).
Im Königlichen Schauspielhause beginnt Friedrich Haase morgen sein Gastspiel in Roderich Benedix' neu einstudiertem Lust⸗ spiel „Der Störenfried“ als Lebrecht Müller. Der Künstler feiert am 14. Januar 1896 das Jubiläum seiner 50 jährigen Bühnenthätig⸗ keit und wird vom 3. Dezember bis zum genannten Zeitpunkt zum letzten Mal in einer Reihe seiner Glanzrollen vor dem Berliner Publikum erscheinen.
Das Königliche Ballet veranstaltet mit Genehmigung des General⸗Intendanten Grafen von Hochberg am Sonntag den 8. De⸗ zember Mittags 12 Uhr eine Matinée, in der „Hänsel und Gretel“ und „Phantasien im Bremer Rathskeller“ zur Aufführung gelangen. Der Billetverkauf ist im Königlichen Opernhause.
Im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater findet am Mittwoch die erste der angekündigten volksthümlichen Vorstellungen unter Leitung des Kaiserlich russischen Schauspielers Julius Fiala statt. Zur Aufführung gelangt das Charaktergemälde „Lorbeer⸗ baum und Bettelstab“ von Karl von Holtei. Die Preise für diese Vorstellungen sind bedeutend ermäßigt und in folgender Weise fest⸗ gesetzt: II. Parquet 1 ℳ, I. F1-S⸗ 1,50 ℳ, Fauteuil 2 ℳ, Tribüne 2 ℳ, II. Rang 75 ₰, Galerie 40 ₰, II. Rang Sperrsitz 1 ℳ, I. Rang Balkon 1,50 ℳ I. Rang Loge 3 ℳ, Parquet⸗, Orchester⸗ und Fremdenloge 4 ℳ
Mannigfaltiges.
MNach Erledigung der Stichwahlen stellt sich nunmehr das Ge⸗
sammtergebniß der 44 Stadtverordnetenwahlen wie folgt: Es sind gewählt 39 liberale und 5 sozialdemokratische Stadtverordnete. Bisher waren 6 Bezirke sozialdemokratisch und 38 liberal vertreten. Die liberale Partei hat mithin einen Sitz gewonnen. Im Ganzen vertritt die sozialdemokratische Fraktion jetzt sechzehn Bezirke, während sie bisher siebzehn besaß. E.“
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