verletzt, noch Fahrzeuge oder sonstige Einrichtungen beschädigt worden sind. Die Meldung hat nur dann zu unterbleiben, wenn das ent⸗ gleiste Fahrzeug, ohne nennenswerthen Schaden zu erleiden oder an⸗ zurichten, von selbst wieder auf die Schienen aufgelaufen ist.
Entgleisungen von Draisinen und Bahnmeister⸗(Roll⸗)wagen sind nicht als Entgleisungen, sondern als „sonstige Betriebsunfälle“ anzu⸗ sehen und in Spalte 56 aufzunehmen, falls dabei Personen zu Schaden gekommen sind. ¹)
B. In Stationen. a. Entgleisungen ein⸗ und ausfahrender Züge oder fahrplanmäßi fahrender Lokomotiven, auch wenn dabei weder Personen verletzt, 2 ahrzeuge oder sonstige Einrichtungen beschädigt worden sind. Die teldung hat nur dann zu unterbleiben, wenn das entgleiste Fahrzeug, ohne nennenswerthen Schaden zu erleiden oder anzurichten, von selbst wieder auf die Schienen ist. b. Entgleisungen beim Rangieren, wenn dabei 1) Personen zu Schaden gekommen oder 2) Fahrzeuge, Gleise oder sonstige Bahneinrichtungen erheblichꝛ) beschädigt worden sind.
Zu den Rangierbewegungen sind auch die Bewegungen zu rechnen, die mit fahrplanmäßigen Zügen oder ihren Theilen während des Auf⸗ enthalts auf den Stationen vorgenommen werden.
8 II. Zusammenstöße.
1“
Zusammenstöße von Zügen oder einzeln fahrenden Lokomotiven mit anderen Zügen, Lokomotiven oder mit Eisenbahnwagen, die sich von Zügen getrennt haben oder von Stationen abgelaufen sind, auch wenn dabei weder Personen verletzt, noch Fahrzeuge oder sonstige Einrichtungen beschädigt worden sind.
B. In Stationen.
1 a. Zusammenstöße ein⸗ und ausfahrender Züge oder fahrplan⸗ mäßig fahrender Lokomotiven mit anderen Zügen, Lokomotiven oder Eisenbahnwagen, auch wenn dabei weder Personen verletzt, noch Fahr⸗ zeuge oder sonstige Einrichtungen beschädigt worden sind.
b. Zusammenstöße rangierender Züge, Zugtheile der Lokomotiven mit Zügen, Lokomotiven oder Eisenbahnwagen, wenn dabei eine
Voraussetzungen E 88 ei und 2
zutrifft. 8 Das Zusammenstoßen von Wagen und Wagengruppen, die beim
Rangieren auf dasselbe Gleis abgelassen werden, oder die beim Ab⸗
zutrifft.
laufen oder nachdem sie von der Lokomotive abgestoßen sind, in den
Weichen zusammentreffen, sind nicht als „Zusammenstöße“, sondern als „sonstige Betriebsunfälle“ anzusehen. Sie sind in Spalte 56 aufzunehmen, falls dabei Personen zu Schaden gekommen sind. Ebenso ist das Auffahren eines Zuges auf einen festen Gegen⸗ stand (Prellbock, Rampe, Bahnsteig u. s. w.) zu den „sonstigen Be⸗
triebsunfällen“ zu rechnen und unter der gleichen Voraussetzung in Spalte 56 aufzunehmen. Wenn aber der aufgefahrene Zug zugleich entgleiste, so ist der Unfall als Entgleisung zu behandlln.
III. Sonstige Betriebsunfälle:
A. Ueberfahren von Fuhrwerken,
wenn dabei
1) Personen zu Schaden gekommen oder
2) Zugthiere getödtet oder
3) Straßenfuhrwerke zertrümmert worden sind. B. Feuer im Zuge, wenn dabei eine der Voraussetzungen bei I B b 1 und 2 zutrifft oder 3) an Gütern ein Schaden von mehr als 1000 ℳ entstanden ist.
C. Kessel⸗Explosionen.
Explosionen von Lokomotivpkesseln unter allen Umständen.
Egvyvplosionen von Kesseln der Heizwagen, fowie von Gas⸗ und Druck⸗
luftbehältern, wenn dabei eine der Voraussetzungen bei I B b 1 und 2
D. Andere Ereignisse. Dazu gehören außer den schon bei den Zissern I und II bierher verwiesenen Fällen alle Unfälle, die bei der Bewegung von Eisen⸗ bahnfahrzeugen (einschließlich der Draisinen und Bahnmeisterwagen) vorkommen, ohne Rücksicht darauf, ob der ursächliche Zusammenhang des Unfalls mit der Bewegung nachgewiesen werden kann oder nicht. Ein Eisenbahnfahrzeug, das einen Stoß erleidet, gilt gleichfalls als bewegt“. Aufzunehmen sind also beispielsweise die Tödtungen und Verletzungen durch Ueberfahrenwerden (ausschließlich der zu III A gehöri⸗ 8 Fälle), durch Stöße, von denen außerhalb, in oder auf den Fahrzeugen befindliche Personen betroffen werden, durch Aufspringen oder Aufsteigen auf bewegte Fahrzeuge, durch Herabfallen, Abspringen oder Absteigen von solchen, durch Ausgleiten, Straucheln oder Fallen in oder auf solchen, durch Anstoßen an feste Gegenstände beim Vorüber⸗ fahren, durch Umfallen fester Gegenstände in oder durch Herabfallen fester Gegenstände von bewegten Fahrzeugen, die Tödtungen und Ver⸗ beim Kuppeln und Entkuppeln bewegter Fahrzeuge, beim Wagenschieben, beim Bremsen mit Kurbeln, Knüppeln oder Brems⸗ schuhen, bei der Handhabung und Bedienung der in der Fahrt be⸗ griffenen Lokomotiven, durch Aufschneiden von Weichen u. dergl. m. Als Unfälle im Sinne der Statistik sind nicht an⸗ zusehen: die am stehen den Zuge (Fahrteuge) vorgekommenen Un⸗ fälle, also beispielsweise nicht die Unfälle beim Kuppeln oder Ent⸗ kuppeln stehender Wagen, beim Besteigen oder Verlassen der völlig
zur Ruhe Fahrzeuge, beim Aufstecken der Signale und
Laternen, beim Auf⸗ und Abnehmen der Leine am stehenden Zuge, beim Heizen und Schmieren stehender Lokomotiven, durch vom stehenden Zuge herabfallende Gegenstände, durch Fenster und Thüren still⸗ stehender Wagen;
ferner nicht die Unfälle beim Ueberschreiten von Gleisen, durch Fallen über Gestänge und Drahtleitungen, in Putzgruben und Schächte, durch Anstoßen an feste Gegenstände, die Unfälle bei der Bedienung von Weichen, Drehscheiben, Schiebebühnen, Drehbrücken und festen Signalen, beim Wasserfassen und Einnehmen von Heizmaterial und dergl., immer jedoch unter der Voraussetzung, daß dabei keine Be⸗ wegung von Eisenbahnfahrzeugen in Betracht kommt,
endlich nicht die Unfälle bei Nebenbeschäftigungen (Bahnunter⸗ haltung, Bau, Verladen von Gütern, Reinigen von ahnanlagen und Betriebsmitteln), soweit auch hierbei keine Bewegung von Eisen⸗ bahnfahrzeugen in Betracht kommt. Ist dies der Fall, so sind die Unfälle auch bei diesen Beschäftigungen als eigentliche Betriebsunfälle zu betrachten.
Die neuen Vorschriften unterscheiden sich von den älteren dadurch, daß die am Schluß erwähnten Vorkomm⸗ nisse, sowie leichtere Verletzungen, die früher gleichfalls zu melden waren, sofern sie eine Arbeitsunfähigkeit von als 24 Stunden 5 Folge hatten, ausgeschlossen sind.
Bezüglich der eigentlichen Betriebsunfälle, der Entgleisungen und Zusammenstöße der Züge, ist gegen früher keine Aenderung eingetreten. Nach wie
1) Unter dem Ausdruck zu Schaden gekommen“ ist hier und im Folgenden verstanden, daß eine Person getödtet wird oder eine Körperverletzung erleidet, die eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als vierzehn 5 zur Folge hat. Verletzungen, die eine kürzer dauernde Arbeitsunfähigkeit bedingen, sind als Unfälle im Sinne der Statistik nicht zu betrachten. Wenn jedoch eine erhebliche Verletzung statt⸗ gefunden hat, ohne daß die Dauer der Arbeitsunfähigkeit nachzuweisen wäre, wie dies bei Verletzungen von Reisenden und fremden Personen vorkommen kann, so ist eine solche Verletzung als ein Unfall zu be⸗ trachten und demgemäß zu melden. ²) Als „erheblich“ ist eine Sachbeschädigung dann anzusehen, wenn der muthmaßliche Gesammtschaden (an Betriebsmaterial, Gleisen und sonstigen Bahneinrichtungen) 1000 ℳ übersteigt.
vor werden sämmtliche Ereignisse dieser Art, sogar wenn sis ohne alle nachtheiligen Folgen geblieben ind, verzeichnet. Ausgeschieden wurden dagegen Fälle, bei denen die besonderen Eigenthümlichkeiten des Eisenbahnbetriebes nicht in Betracht kommen. Fälle dieser Art, sowie leichtere Verletzungen, die natürlich weit häufiger vorkommen als schwere, sind es denn auch gewesen, bezüglich deren die Berichterstattung früher Lücken aufgewiesen hatte. Eigentliche Betriebsunfälle ernstlicher Art sind nach den Untersuchungen des Reichs⸗Eisenbahnamts auch früher stets zur Anzeige gelangt
Dem Erlaß der neuen Vorschriften hat die von dem „Vorwärts“ unterschobene Absicht, Thatsachen, die ein un⸗ günstiges Licht auf die Sicherheit des deutschen Eisenbahn⸗ betriebes werfen könnten, zu vertuschen, selbstverständlich durch⸗ aus ferngelegen; es sollten damit nur solche Fälle, die man auch in anderen Staaten nicht als Eisenbahnunfälle behandelt, aus der deutschen Statistik entfernt werden.
S. M. S. „Hyäne“, Kommandant Kapitän⸗Lieutenant Deubel, ist am 30. November in Mossamedes angekommen 8 beabsichtigt, am 6. Dezember nach St. Thomé in See zu gehen.
Stettin, 3. Dezember. Seine Maäajestät der Kaiser hat, dem „W. T. B.“ zufolge, aus Anlaß des gestrigen Gedenktages der Schlachten von Villiers⸗Champigny an den kommandierenden General des II. Armee⸗Korps, General der Infanterie von Blomberg folgende Depesche gerichtet:
Neues Palais, 2. Dezember 1895. Gern und dankbar erinnere Ich Mich heute der von den braven Pionieren in der Schlacht von Villiers⸗Champigny erkämpften Lorbeeren und beauftrage Sie, dies den betheiligten Truppen des Armee⸗Korps, welchem auch Sie in jener großen Zeit angehörten, bekannt zu machen. Wilhelm R.
Itzehoe, 3. Dezember. Das Schleswigsche Feld⸗Artillerie⸗ Regiment Nr. 9 feierte heute seinen 25 jährigen Erinnerungs⸗ tag der Schlachten von 1870/71. Die Stadt war festlich beflaggt. Bei der Parade, an der viele Veteranen theilnahmen, wurde von dem Kommandeur folgendes Telegramm verlesen:
Breslau, den 3. Dezember. An dem heutigen 25. Gedenktage der Schlacht von Orleans erinnere Ich Mich dankbar der ruhmreichen Thätigkeit der Artillerie des IX. Armee⸗Korps an diesem Tage wie bei sonstigen schweren Kämpfen in jener großen Zeit. Wilhelm R.
Sachsen.
Die Erste Kammer stimmte gestern dem Gesetzentwurf, betreffend die provisorische Forterhebung der Steuern und Abgaben im Jahre 1896, zu.
Mecklenburg⸗Schwerin.
Seine Königliche Hoheit der Großherzog hat, wie den „Meckl. Nachr.“ aus Can nes gemeldet wird, am 2. d. M. Losgaenbes Telegramm Seiner Majestät des Kaisers erhalten:
Neues Palais, 2. Dezember. Eure Königliche Hoheit wollen versichert sein, daß Ich Mich bei der 25. Wiederkehr der Gedenktage des Loirefeldzuges in tiefempfundener Dankbarkeit der unvergänglichen Verdienste Ihres in Gott ruhenden, als Heerführer hochbewährten Herrn Vaters Königlicher Hoheit um die deutsche Sache, wie der ruhmvollen Theilnahme der Truppen Ihres Kontingents an den Er⸗ folgen jener großen Zeit erinnere. Wilhelm. I. R.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.
Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin ist gestern
Abend von Heinrichau wieder in Weimar eingetroffen.
Anhalt.
Seine Hoheit der Herzog hat sich gestern zu längerem Aufenthalt nach Dresden begeben. Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich Karl von Preußen ist gestern Nachmittag von Dessau nach Berlin zurückgekehrt.
Schwarzburg⸗Sondershausen.
In der vorgestrigen Sitzung des Landtags stand die Vorlage wegen Abänderung des Wahlgesetzes vom 14. Januar 1856 auf der “ Der Bericht⸗ erstatter des Ausschusses für Rechtspflege, dem der Regie⸗ rungsentwurf zugegangen war, Abg. Bärwinkel⸗Arnstadt, beantragte Zustimmung zu dem Gesetzentwurf, insoweit fortan die Unter⸗ wie die Oberherrschaft durch je neun Abgeordnete vertreten sein, also die Zahl der Abgeordneten von 15 auf 18 erhöht werden solle. Von der Erfüllung weiterer Wünsche, nämlich der Einführung des direkten Wahlsystems für die all⸗ gemeinen Wahlen an Stelle des indirekten, sowie von der Einführung des geheimen Wahlverfahrens hatte die Regierung absehen zu sollen geglaubt. Auch der Bericht⸗ erstatter hielt es nicht für angezeigt, einen Vorschlag wegen Abänderung des indirekten Wahlsystems zu machen. Nach längerer Debatte wurde der Bericht an den Ausschuß zurück⸗ verwiesen. 8 “ 8
Lübeck.
Die Feier de Nr. 76 anläßlich des 25. Jahrestags des Sieges bei Loigny begann für das in Lübeck in Garnison liegende dritte Bataillon gestern Abend mit einem Fackelzug unter großer Betheiligung der Veteranen. Dem Bürgermeister Dr. Behn wurde eine Serenade dargebracht; nach derselben fand ein großer Kommers statt.
Oesterreich⸗Ungarn.
Im österreichischen Tnge gi estepheht führte gestern bei der Debatte über das Gesetz, betreffend die Berg⸗ bau⸗Inspektoren, der Ackerbau⸗Minister Graf Ledebur unter anderem aus: der Bergbau⸗Inspektor müsse ein Freund und Rathgeber der Arbeiter, sowie der Anwalt ihrer gerechten Forderungen sein, in ihnen die Menschenwürde ehren, sie aber auch lehren, die Unternehmer nicht grundlos als Feinde und Gegner anzusehen. Er müsse verstehen, ihr Vertrauen zu ge⸗ winnen, andererseits aber auch die oft von außen kommende Aufreizung und Entzündung gewisser Leidenschaften einzu⸗ dämmen. Die Debatte wurde sodann geschlossen und die Ver⸗ handlung abgebrochen. 4
Der ungarische Minister⸗Präsident Baron Banffy erklärte in der gestrigen Sitzung des Unterhauses dem Abg. Ugron gegenüber, daß Oesterreich⸗Ungarn gegen die Türkei nichts Böses im Schilde führe, da es im Interesse der Monarchie liege, daß im Orient mit der Ruhe auch der status quo erhalten bleibe.
Hanseatiscen Infanterie Negiments
Der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain hat
unter Hinweis auf die hohe Wichtigkeit des Bestrebens, daß ein möglichst großer Theil des Sree F. 2. Handels zwischen Großbritannien und den Kolonien der britischen und der kolonialen Urerzeugung und Industrie gesichert bleibe, von den Gouverneuren telegraphisch detaillierte Angaben über solche ausländischen Einfuhren eingefordert, welche britische Waaren verdrängt hätten oder gegenwärtig verdrängten; die Berichte sollen auch die Ursachen dieser Erscheinungen verzeichnen.
Frankreich. Der Senat nahm gestern den für die Errichtung von Konsulaten in China geforderten Kredit an. — Die Bureaux der Deputirtenkammer wählten eine Kom⸗ mission zur Prüfung der Vorlage, betreffend die im Jahre zu veranstaltende Ausstellung. Drei Mitglieder der Kommission sprachen sich für die Vorlage aus, drei andere waren gegen jede Ausstellung, fünf weitere wünschten die Vo
lage abgeändert zu sehen: namentlich dürfe man nicht die
Champs Elysées ins Auge fassen.
Rußland. “
8 Kaiser wohnte gestern mit dem Großherzog von Hessen, Militärs und den fremden Militär⸗Attachés in der Reitbahn des Ingenieurpalais zu St. Petersburg der Kirchenparade des Ssemenow'’schen Leib⸗Garde⸗Regiments, der ersten Batterie der berittenen Garde⸗Artillerie⸗Brigade und der kombinierten Grenz⸗ wache⸗Kompagnie bei, welche Truppentheile das Fest ihrer Schutzheiligen begingen. Nach der Parade fand im Winter⸗ palais ein Frühstück statt, zu welchem die Offiziere der Truppentheile, welche an der Parade theilgenommen hatten, geladen waren.
Italien.
Die Deputirtenkammer setzte gestern die Berathung über die innere und äußere Politik der Regierung fort. Der Minister⸗Präsident Crispi wohnte der Sitzung bei. Die Abgg. Salaris und Fortis sprachen für die Regierung, der Abg. Franchetti gegen dieselbe. Die Generaldebatte wurde sodann geschlossen. Nunmehr ergriffen die Redner das Wort, welche eine Tagesordnung eingebracht hatten. Der Abg. Muratori begründete seine Tagesordnung, welche sich für die Politik der Regierung ausspricht, die Abgg. Marescalchi, Imbriani, Tecchio, Guicciardini und Brin sprachen unter lebhaften Unterbrechungen seitens der Majorität für ihre gegen das Kabinet gerichteten Tages ordnungen. Auf die Ausfuͤhrungen der Redner der Opposition erwiderte der Minister⸗Präsident Crispi, indem er, dem „W. T. B.“ zufolge, darlegte: er habe sein Verhalten in den Beziehungen zur Kirche niemals geändert. Der Dreibund sei nie so fest als jetzt gewesen. Im Orient thue Italien seine Schuldigkeit, indem es mit den anderen Mächten gemeinsam vorgehe. Wenn der status quo in der Türkei aufhören sollte, würden sich die früher begangenen Fehler nicht wieder⸗ holen. „Mit den kürzlich in Nizza und Triest vorge kommenen Thatsachen“, fuhr der Minister⸗Präsident fort, „‚können wir uns nicht beschäftigen, da sie die innere Politik der betreffenden Länder “ Ueber den Vertrag mit Tunis äußerte der Minister⸗Präsident, derselbe sei seinem Ab⸗ laufe nahe gewesen, als er gekündigt worden sei, und die fran⸗ zösische Regierung habe erklärt, daß sie von den besten Absichten beseelt sei. Uebrigens blieben auch nach der Kündigung die früheren Verträge, welche niemals aufgehoben worden seien, unberührt. Bezüglich der afrikanischen Politik betonte der Minister⸗Präsident aufs neue, daß die Regierung keine Abenteuerpolitik verfolge, sondern sich auf die Vertheidigung der italienischen Besitzungen beschränke. Die afrikanische Politik bringe keine Vermehrung der Ausgaben mit sich, und die Kolonie Erythräa werde ihre Bedürfnisse theilweise selbst decken. Sodann betonte der Minister⸗ Präsident nochmals, daß man nicht wisse, wo der Sozia⸗ lismus aufhöre und die Anarchie anfange, und verlas zum Beweise dessen ein Manifest der revolutionären sozia⸗ listischen Vereinigung. (Unterbrechungen auf der äußersten Linken.) Er erinnerte alsdann daran, daß die Kom⸗ pagnien der Infanterie innerhalb der durch das Budget ge⸗ zogenen Grenzen verstärkt worden seien. Was die Kataster⸗ angehe, so werde die Regierung die übernommenen Verpflichtungen aufrecht halten. Der Minister⸗Präsident schloß mit der Erklärung, daß er die von Muratori beantragte Tagesordnung annehme, und mit dem Ersuchen an den Abg. Fortis, sich dieser Tagesordnung anzuschließen. In nament⸗ licher Abstimmung nahm sodann die Kammer die Tages⸗ ordnung Muratori mit 267 gegen 131 Stimmen an.
Schweiz.
Der Nationalrath genehmigte gestern mit 60 gegen 7 Stimmen einen Kredit von 120 000 Fr. für die Ergänzung der Befestigung des Furka⸗Passes gegen die neue Grimsel⸗Straße hin, trotzdem der Vorsteher des Militär⸗ departements die Erklärung abgegeben hatte, daß nach Ansicht des Bundesraths eine Grimsel⸗Befestigung in absehbarer Zeit nicht nöthig sei, solange die Grimsel⸗Straße keine Fortsetzung nach Süden erhalte.
Niederlande.
Die Regierung hat gestern den Kammern einen Gesetz⸗ entwurf vorgelegt, betreffend die Konversion der 31 ½ pro⸗ zentigen Nationalschuld im Betrage von 375 Millionen holl. Gulden in eine Z prozentige.
Türkei. “
Der ehemalige Gouverneur von Kreta Kostaki Anto⸗ pulo Pascha ist zum türkischen Botschafter in London ernannt worden. 1 vA“
Serbien.
Die Skupschtina nahm gestern das Gesetz, betreffend die Schlachthäuser, an. — Die ästierung brachte Aenderungs⸗ vorschläge zu dem Gesetz über die Geschworenengerichte ein und beabsichtigt, auch Vorschläge zu unterbreiten, durch welche in das Handels⸗ und Wechsel⸗Gesetz moderne Handelsgesetz⸗ Bestimmungen behufs Ermöglichung eines schnelleren und präziseren Verfahrens eingeführt werden sollen.
8 Amerika.
Die dem Kongreß der Vereinigten Staaten gestern zugegangene Botschaft des Präsidenten Cleveland behandelt, wie „W. T. B.“ berichtet, hauptsächlich die Finanzlage. Dieselbe sei gegenwärti so verwickelt und schwierig, daß sie eine schleunige und ve ehlbacste Behandlung erfordere. Die
den Großfürsten und Großfürstinnen, hohen
Botschaft berübet die außerordentlich große Goldentnahme
aus dem Schatz seit dem 14. Juli 1890 und die sich daraus ergebende Herabminderung der Goldreserve des Schatzes, welche somit praktisch ohne Bedeutung gewesen sei. Bezüglich der Frage der Einlösung von Noten der Vereinigten Staaten sei das einzige praktische Hilfsmittel die Einziehung und Vernichtung der „Greenbacks“ genannten Staatsnoten und der Schatznoten, die zur Zahlung von Silberkäufen aus⸗ gegeben seien. Dies könne herbeigeführt werden durch Um⸗ tausch dieser Noten gegen langsichtige, niedrig verzinsliche Bonds von theils hohem, theils niedrigem Betrage. Der Schatzsekretär müsse ermächtigt werden, im Bedarfsfalle diese Bonds im Auslande gegen Gold zu begeben. Diejenigen, welche im Namen des Bimetallismus für freie Münzprägung einträten, urtheilten von einem unklaren Standpunkt aus. In Bezug auf die Beziehungen zu Großbritannien weist die Botschaft auf die Note vom Juli d. J. hin, in der bestimmt erklärt worden sei, daß die Politik der Vereinigten Staaten entschieden gegen eine auf dem Wege der Gewalt er⸗ folgende Gebietserweiterung irgend einer europäischen Macht auf dem amerikanischen Kontinent gerichtet sei. Die Vereinigten Staaten hätten daher Anlaß genommen, gegen eine Gebiets⸗ vermehrung von Britisch⸗Guyana, die den Rechten und Wünschen Venezuelas widerspreche, zu protestieren. Die ganze Frage müsse ohne weiteres einem Schiedsspruch unterworfen werden. Großbritannien habe auf diese Note noch nicht geantwortet. Sodann beklagt der Präsident den Konflikt auf Cuba. Trotz der Sympathie einzelner Amerikaner für diejenigen, welche für größere Autonomie und Freiheit zu kämpfen schienen, seien doch die Vereinigten Staaten verpflichtet, Neutralität zu bewahren und dieselbe zu erzwingen. Bezüglich Armeniens führt die Botschaft aus: mehrere der bedeutendsten Mächte Europas hätten durch Vertrag nicht allein zum Besten ihrer eigenen Staatsangehörigen und zur Förderung ihrer eigenen Interessen sich Rechte gesichert und Pflichten übernommen, sondern als die Sachwalter der christ⸗ lichen Welt. Ihr Recht sei, ein solches Verhalten seitens der türkischen Regierung zu erzwingen, durch welches brutale Aeußerungen des Fanatismus verhindert würden. Wenn dies nicht gelinge, sei es die Pflicht jener Mächte, so einzutreten, daß Sicherheit gegen solche schrecklichen Vorkommnisse, wie sie vor kurzem die zivilisierte Welt erschüttert hätten, gegeben sei. Die Mächte hätten erklärt, daß dieses Recht und diese Pflicht ihnen allein zukomme, und es sei ernstlich zu hoffen, daß ein schleuniges wirksames Vorgehen von ihrer Seite nicht verzögert werde. Hinsichtlich der Samoafrage bemerkt der Präsident: er habe bereits in den Botschaften der letzten beiden Jahre die Aufmerksamkeit des Kongresses auf die Lage der Vereinigten Staaten dem Samozvertrage gegenüber gelenkt. Am 9. Mai 1894 habe er dem Senat eine besondere Botschaft übermittelt, worin er die Meinung vertreten habe, daß die Lage auf Samoa unvereinbar mit der Mission und den Traditionen der Regierung der Vereinigten Staaten sowie nachtheilig und drückend sei. Er lenke daher von neuem die Aufmerksamkeit des Kongresses auf diese An elegenheit und ersuche um eine gesetzgeberische Aktion, die die Herserun
von Verpflichtungen befreie, welche lästig und vnAlarl seien. Bezüglich der Handelsfragen verbreitet sich die Bot⸗ schaft mit besonderem Nachdruck über die Behandlung der amerikanischen Ausfuhr seitens Deutschlands, wodurch die Ausfuhr sowohl von Vieh, als auch anderen der Er⸗ nährung dienenden Erzeugnissen auf das schädlichste betroffen werde. Der Präsident erwähnt sodann mit Bedauern, daß die amerikanischen Versicherungsgesellschaften in Preußen mit Schwierigkeiten zu kämpfen hätten, und regt an, Retorsions⸗ maßregeln zu ergreifen.
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (2.) “ Reichstags, welcher der Staatssekretär des Innern Dr. von Boetticher bei⸗ wohnte, stand auf der Tagesordnung zunächst die Wahl des Präsidenten und der Schriftführer.
Nach vollzogener Wahl theilte der bisherige Erste Vize⸗ Präsident Schmidt deren Ergebniß mit: Es haben sich an der Wahl betheiligt 293 Abgeordnete. Ungültig war ein Zettel. Weiße Zettel wurden 58 abgegeben; von den ver⸗ bleibenden 234 Zetteln lauteten 229 auf den Namen des Abg. Freiherrn von Buol⸗Berenberg. Derselbe ist demnach gewählt.
Abg. Freiherr von Buol (Zentr.): Meine Herren, ich erachte es als eine ehrenvolle Pflüicht, Ihrem Rufe zu folgen. Das Ergebniß der Wahl wird mir ein Sporn sein, alle Kraft aufzubieten, um meiner Aufgabe nach allen Richtungen gerecht zu werden. Ich bitte um Ihre fernere Nachsicht und Unterstuͤtzung.
Bei der Wahl des Ersten Vize⸗Präsidenten wurde der Abg. Schmidt⸗Elberfeld mit 169 Stimmen gewählt, außer⸗ dem wurden 107 weiße Zettel abgegeben. Der Abg. Schmidt⸗ Elberfeld nahm die Wahl an.
(Schluß des Blattes.)
— Das offizielle Fraktionsverzeichniß des Reichstags ist soeben erschienen. Erledigt sind demnach fünf Mandate; die nationalliberale Fraktion zählt 49, die konservative 60, die Reichs⸗ partei 28, die deutsch⸗soziale Reformpartei 14, das Zentrum 98, die Polen 19, die freisinnige Vereinigung 15, die freisinnige Volkspartei 24, die deutsche Volkspartei 12, die Sozialdemokraten 47 Mitglieder; keiner Fraktion gehören 26 Mitglieder an.
—— Die Abgg. Rickert und Barth haben den Antrag auf Ab⸗ ünderung des Wahlgesetzes, der bereits in der vorigen Session
dem Reichstag vorgelegen hat, wieder eingebracht.
Das November⸗Heft des „Zentralblatts für die ge⸗ sammte Unterrichts⸗Verwaltung in Preußen“, heraus⸗ gegeben in dem Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗ Angelegenheiten (Verlag von Wilhelm Hertz in Berlin), hat folgenden Inhalt: Amtliches. Tragen von Eichenblättern auf dem Bande des Eisernen Kreuzes und von Spangen auf dem Bande der Kriegs⸗ Denkmünze von 1870/71. Erlaß vom 25. September d. J. — Landesherrlicher Kommissarius bei der Littauischen Friedensgesell⸗ schaft. — Betheiligung der Lehrer am Zählgeschäft der am 2. De⸗ zember dieses Jahres statt findenden allgemeinen Volkszählung. Erlaß vom 19. Oktober d. J. — Studium des Entwurfs eines deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs. Erlaß vom 25. Oktober d. J. — Johann Christian Jüngken⸗ Stiftung. Bekanntmachung des Kuratoriums der Johann Christian Jüngken⸗Stiftung vom 16. Ok⸗ tober d. J. — Berichte über die Verhältnisse der militärberechtigten Pripat⸗Lehranstalten. Erlaß vom 20. September d. J. — Bedürfniß⸗ weise Erhöhung der Wochenstunden für das Lateinische und Förderung
*
des Unterrichts in der alten Geschichte auf den obersten Klassen der Gymnasien und Realgymnasien. Erlaß vom 13. Oktober d. J. — Kursus zur Ausbildung von Turnlehrerinnen im Jahre 1896. Be⸗ kanntmachung vom 25. September d. J. — Befähigungszeugnisse für Lehrer als Vorsteher an Taubstummenanstalten. Bekanntmachung vom 27. September d. J. — Prüfungen für Vorsteher an Taubstummenanstalten. Erlaß vom 16. Oktober d. J. — Ver⸗ leihung der Amtsbezeichnung „Direktor“ an die Vorsteher der Taubstummenanstalten zu Bromberg und Schneidemühl. Erlaß vom 19. Oktober d. J. — Benennung der städtischen höheren Mädchenschule zu Halberstadt. — Der Erlaß von Strafandrohungen gegen Schulversäumnisse ist nicht Sache der Polizei⸗, sondern der Schulbehörden. Erlaß vom 11. Juli d. J. — Vermögen kombinierter Küster⸗ und Schulstellen. Erlaß vom 16. September d. J. — Form der Prüfungszeugnisse für Lehrerinnen. Erlaß vom 26. September d. J. — Verwendung von durch Abbruch von Kirchen⸗, Pfarr⸗, Küster⸗, Kantor⸗, Organisten⸗ und Schulgebäuden verfügbar gewordenen Bau⸗ materialien, bezw. die Verrechnung des durch Veräußerung derselben gewonnenen“ Erlöses. Erlaß vom 3. Oktober d. J. — Prü⸗ fung der Leistungsfähigkeit des Schulverbandes vor Ein⸗ leitung des Fefststellungsverfahrens auf Einrichtung neuer Schulstellen. — Widerruflicher Charakter der für letztere ge⸗ währten Staatsbeihilfen. Erlaß vom 9. Oktober d. J. — Uebersicht über die Zahl der bei dem Landheere und bei der Marine in dem Ersatzjahre 1894/95 eingestellten preußischen Mannschaften mit Bezug auf ihre Schulbildung. — Rechtsgrundsätze des Königlichen Ober⸗ Verwaltunasgerichts. Erkenntniß des I. Senats vom 24. Mai d. J. — — Nichtamtliches. Nationale Züge der Frauenbildung. Rede bei der Eröffnung des Studienjahres im Victoria⸗Lyceum zu Berlin, ge⸗ halten am 13. Oktober 1895 von Professor Dr. S. Waetoldt, Regierungs⸗ und Schulrath. — Die Disziplin über die Privatdozenten an den preußischen Universitäten. Vom Geheimen Justiz⸗Rath Pro⸗ fessor Dr. Hinschius in Berlin. — Personalien.
Nr. 48 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 30. No⸗ vember, hat folgenden Inhalt: Amtliches: Dienst⸗Nachrichten. — Nachruf. — Nichtamtliches: Das Hochwasser der Spree im Jahre 1895 und die Schiffahrtsanlagen am Mühlendamm in Berlin. — Das neue Reichsgerichtsgebäude in Leipzig (Fortsetzung). — Ein Höhenmesser einfachster Bauart. — Vermischtes: Preisbewerbung für ein Völkerschlacht⸗Kationaldenkmal bei Leipzig. — Wettbewerb um Ent⸗ würfe für ein nordböhmisches Gewerbe⸗Museum in Reichenberg. — Preisausschreiben zur Erlangung von Entwürfen für einfache und billige Wohnungseinrichtungen. — Ausschreibung der Stelle eines Stadt⸗Bauraths für den Hochbau in Berlin. — Andere Form des Weichendreiecks. — Geschwindigkeitsuhr für Lokomotiven. — Auer's Gasglühlicht. — Bücherschau. — Neue Patente.
Statistik und Volkswirthschaft.
Invaliditäts⸗ und Alters⸗Versicherung.
An Anträgen auf Gewährung von Renten sind bei der Hanseatischen Versicherungsanstalt eingegangen: a. an Altersrenten: im Laufe des Jahres 1891 1105, 1892 404, 1893 381, 1894 353 und in der Zeit vom 1. Januar bis Ende November 1895 325, zusammen 2568; b. an Invalidenrenten: im Laufe des Jahres 1892 181, 1893 301, 1894 550 und in der Zeit vom 1. Ja⸗ nuar bis Ende November 1895 813, zusammen 1845; mithin sind seit Beginn des Jahres 1891 bei der Hanseatischen Versicherungsanstalt an Rentenanträgen eingegangen 4413. Von den Anträgen auf Altersrente entfallen auf das Gebiet der freien und Hanse⸗ stadt Lübeck 432, Bremen 556, Hamburg 1580 und von den auf Invalidenrente auf das Gebiet von Lübeck 220, Bremen 597, Hamburg 1028. Von den Anträgen auf Altersrente sind bis Ende November 1895 erledigt 2542 und zwar 2222 durch Renten⸗ eeebeeng⸗ 282 durch Ablehnung und 38 auf sonstige Weise. Von den
ltersrentenempfängern sind inzwischen ausgeschieden 432, von diefen sind verstorben 412. Von den Anträgen auf Invalidenrente sind bis Ende November erledigt 1753, und zwar 1298 durch Renten⸗ gewährung, 393 durch Ablehnung und 62 auf sonstige Weise. Von den Invalidenrentenempfängern sind inzwischen ausgeschieden 313, von diesen sind verstorben 297. Auf die Gebiete der drei Hanse⸗ städte vertheilen sich die noch im Bezug der Rente befind⸗ lichen Personen folgendermaßen: Lübe 298 Altersrenten, 122 Invalidenrenten, Bremen 397 Altersrenten, 365 Invaliden⸗ renten, Hamburg 1095 Altersrenten, 498 Invalidenrenten. Die Jahressumme der bis jetzt gewährten Renten macht insgesammt 514 770,20 ℳ aus, von Betrage 104 017,40 ℳ für die inzwischen ausgeschiedenen Rentenempfänger abzusetzen sind. Nach den Berufs⸗ zweigen vertheilen sich die 3520 Rentenempfänger auf folgende Gruppen: Landwirthschaft und Gärtnerei 233, Industrie und Bauwesen 1475, Handel und Verkehr 658, sonstige Berufsarten 302 und Di nst⸗ boten ꝛc. 852 Rentenempfänger. “
Zur Arbeiterbewegung
Hier in Berlin haben, wie die Blätter berichten, die Arbeiter der Buchdruckerei von Trowitzsch und Sohn wegen Weigerung der Firma, den Tarif der Buchdruckergehilfen anzuerkennen, die Arbeit niedergelegt. Ein Theil der Ausständigen gehört dem Gutenbergbund, ein anderer dem Verbande der deutschen Buchdrucker an. — Das Berliner Gewerbegericht hat, als Einigungsamtangerufen, Streitig⸗ keiten zwischen den Inhabern und den Arbeitern der Hutfabrik von Silber u. Brandt in Berlin geschlichtet.
Aus London meldet „W. T. B.“: Die Vorbereitungen zu einer gemeinsamen Besprechung der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in dem Schiffbauarbeiter⸗Ausstande sind abgeschlossen. — Der Londoner ausführende Ausschuß der Organisation der Arbeiter hat alle Lehrlinge in den Werkstätten am Clyde, 2000 an Zahl, ange⸗ wiesen, sich dem Ausstand anzuschließen.
8 Bauten.
In der Preisbewerbung für den Neubau eines Pro⸗ vinzial⸗Museums zu Hannover, zu welcher 42 Entwürfe ein⸗ gegangen waren, ist nach dreitägiger Berathung am 2. d. M. das Urtheil gefällt worden. Von den Entwürfen wurden zunächst 21, dann noch 14 ausgeschieden. Von den verbleibenden sieben Arbeiten erhielt die des Professors Stier in Hannover den ersten, die der Architekten Schulz und Schlichting in Berlin den zweiten Preis, während Architekt Heine in Hannover und die Architekten Anger und Rust in Bremen je mit einem dritten Preise bedacht wurden. Zum Aasauf empfahl man die Entwürfe des Bauraths Unger in Hannover, des Architekten Börgemann ebendaselbst und des Architekten Hartbach in Berlin.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Im Kreise Grünberg hat die Weinlese, welche Anfang Oktober begann, qualitativ einen sehr guten Ertrag ergeben, quanti⸗ tativ blieb sie jedoch hinter den gehegten Erwartungen zurück.
Es sind Verhandlungen eingeleitet, um den Flachsbau in den Kreisen Lauban. Hirschberg, Löwenberg, Bunzlau und Görlitz zu heben und zu dem Zweck eine Flachsröste⸗Anstalt nach Bauer'schem Ver⸗ fahren im Kreise Lauban zu errichten.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ ¹ Maßregeln. 8
8 Portugal. 1 8 Durch Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums de Innern sind Herkünfte aus St. Petersburg seit dem 5. Oktober d. J. für choleraverseucht und solche aus den Häfen des Finnischen Meer⸗ busens für choleraverdächtig erk
Der Gesundheitsstand in Berlin war auch in der Woche vom 17. bis 23. November ein günstiger und die Sterblichkeit eine niedrige (von je 1000 Einwohnern aufs Jahr berechnet, 15,1). Unter den Todesursachen kamen akute Entzündungen der wohl noch zahlreich zum Vorschein, doch wurde der Verlauf ein milderer; Erkrankungen an Grippe sind weniger beobachtet, auch nur 1 Todesfall infolge von Grippe mitgetheilt worden. In mäßiger Zahl, wie in der Vorwoche, zeigten sich akute Darmkrankheiten als Todes⸗ ursachen; die daran Gestorbenen befanden sich ausschließlich im Alter unter 2 Jahren. Die Betheiligung des Säuglingsalters an der Sterblich⸗ keit war fast die gleich geringe wie in der Vorwoche: von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 43 Säuglinge. Von den Infektionskrankheiten blieben Erkrankungen an Unterleibstyphus selten; von Masern und Scharlach kamen weniger, von Diphtherie fast die gleiche Zahl von Erkrankungen wie in der Vorwoche zur Anzeige, und zwar wurden Erkrankungen an Scharlach im Stralauer und Königsviertel sowie in Moabit, Erkran⸗ kungen an Diphtherie in der Tempelhofer Vorstadt, in dem Stralauer⸗ und Königsviertel, der Rosenthaler⸗ und Oranien⸗ burger Vorstadt am zahlreichsten zur Meldung gebracht, während Er⸗ krankungen an Masern sich in keinem Stadttheil in nennenswerther Zahl zeigten. Weitere Erkrankungen an Pocken wurden 2 (je 1 aus dem Königs⸗ und dem Spandauer Viertel) gemeldet. Erkrankungen an Kindbettfieber wurden etwas mehr als in der Vorwoche (6) be⸗ kannt. Häufig waren rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut. Etwas seltener kamen Erkrankungen an Keuchhusten, die in 9 Fällen tödtlich endeten, zur Behandlung. Rheumatische Beschwerden aller Art zeigten gegen die Vorwoche keine wesentliche Veränderung in ihrem Vorkommen.
9 Handel und Gewerbe.
5 Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 3. d. M. gestellt 12 594, nicht rech zeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 2. d. M. gestellt 5414, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.
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Verdingungen im Auslande.
Niederlande.
18. Dezember, im „Timmerhuis“ zu Rotterdam: Lieferung von Bau⸗ und Schiffsmaterialien, Schwämmen, Manufakturwaaren, Lampen⸗Zylindern, Brennöl, Seife, Fett, Brennmaterialien, Korb⸗, Zink⸗, Eisen⸗, Blei⸗ und Farbwaaren und Fensterglas u. s. w. Die Bedingungen sind im Timmerhuis ausgelegt und gegen Einsendung von 25 Zents erhältlich in der Buchdruckerei von Wed. P. van Waes⸗ berge u. Zoon, Houttuin Nr. 73, woselbst auch Stempelpapier für die Offerten, 22 ⅞ Zents pro Stück, zu haben ist.
12. Dezember, 1 Uhr, im Rathbaus zu Dordrecht: Lieferung von Bau⸗ und Zimmerholz, Farb⸗ und Eisenwaaren, Kalk, Zement, Backsteinen, Brennstoffen, Hartsein, Oel, Tauwerk, grüner Seife, Stearinkerzen, Petroleum, Bürstenwerk, Schwämmen ꝛc. für den Gemeindebedarf 1896. Bedingungen käuflich für 50 Zents bei der Sekretarie der Gemeinde Dordrecht.
Rumänien.
30. Dezember. General⸗Direktion der Staatsdruckerei in Bukarest: 295 000 Stück verschiedene Briefumschläge, 51 000 Bogen Pappendeckel, 10 000 Bogen Packpapier.
Verkehrs⸗Anstalten.
Zur Erleichterung des Weihnachts⸗Verkehrs ist im Staats⸗ bahnverkehr und im direkten Verkehr mit anderen, die gleiche Bestim⸗ mung annehmenden Bahnen die Geltungsdauer der am 23. Dezember d. J. und den folgenden Tagen gelösten gewöhnlichen Rückfahr⸗ karten von sonst kürzerer Geltungsdauer bis zum 2. Januar k. J. ein⸗ schließlich zu verlängern. Die Rückfahrt muß zur Wahrung der Frist nach der allgemeinen Regel der Staatsbahnen am 2. Januar k. . angetreten sein. — Die Eisenbahn⸗Direktions⸗Präsidenten in ihrer Eigenschaft als Königliche Eisenbahn⸗Kommissare sind ermächtigt, den Verwaltungen der ihnen unterstellten Privatbahnen die Einführung der gleichen Verkehrserleichterung zu gewähren.
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Im Kreise Greifswald ist mit den Arbeiten an den Klein⸗ bahnen Anklam — Lassan und Greifswald — Jarmen — Züssow begonnen worden; die Fertigstellung wird zum Frühjahr bezw. Herbst nächsten Jahres erhofft. Im Kreise Grimmen sind die Vorbereitungen für den Bau einer Kleinbahn von Greifswald nach Tribsees beendet, sodaß demnächst mit der Ausführung be⸗ gonnen werden kann.
Der Postdampfer „Werkendam“⸗ der Niederländisch⸗Ameri⸗ kanischen Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft ist am 3. Dezember in New⸗
York angekommen. (W. T. B.) Die Dampfschiff⸗
Husum, 3. Dezember. 3 fahrten zwischen Hoyerschleuse und Sylt sind wieder plan⸗ (W. T. B.) Zu der heute hier
mäßig aufgenommen. Wiesbaden, 4. Dezember. eröffneten internationalen Eisenbahn⸗Konferenz trafen Delegirte Deutschlands, Oesterreich⸗Ungarns, der Schweiz, Frankreichs und Rumäniens ein. Wie der „Rheinische Kurier“ berichtet, werden die Verhandlungen über die Gütertarife bis zum 11. d. M. dauern. Bremen, 2. Dezember. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Ems“ ist am 30. November Nachmittags von New⸗York nach Genua abgegangen. Der Postdampfer „Weimar“ ist am 30. November Mittags von New⸗York nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Weser“ ist am 1. De⸗ zember Vormittags in Oporto angekommen. Der Postdampfer „Bonn“ ist am 1. Dezember Mittags in Antwerpen angekommen. Der Postdampfer „Hohenstaufen“ ist am 30. November von Santos nach Bahia abgegangen. Der Postdampfer „Willehad ist am 30. November Vormittags in Baltimore angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Gera“ ist am 1. Dezember Vormittags auf der Weser angekommen. — 4. Dezember. (W. T. B.) Der Reichs⸗Postdampfer „Prinz einrich, hat am 3. Dezember Morgens die Reise von Port
Said nach Neapel fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer „Olden-.
burg“ hat am 3. Dezember Morgens die Reise von Genua nach Neapel fortgesetzt. Der Postdampfer „Weser“ hat am 2. De⸗ zember Abends die Reise von Oporto nach Brasilien fortgesetzt. Der Postdampfer „Habsburg“ ist am 2. Dezember in Pernam⸗
buco angekommen.
London, 3. Dezember. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer „Methven Castle“ ist heute auf der Heimreise in London angekommen. Der Uniondampfer „Scott“ ist heute auf der Heimreise von Madeira abgegangen. 8
— 4. Dezember. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Spartan“ ü gestern auf der Heimreise von Kapstadt abgegangen. Der Union⸗Dampfer „Arab“ ist gestern auf der Heimreise in Southampton angekommen.
Brüssel, 3. Dezember. (W. T. B.) Zwischen der Belgi⸗ schen Staatsbahn und der Grand Central Belge ist ein Uebereinkommen getroffen 9 der Uebernahme der Linien Ant⸗ werpen —Rotterdam und der Est⸗Belge zwischen Sambre und Maas. Die Bedingungen der Uebernahme sind noch nicht bekannt. Auf dies Uebereinkommen soll ein solches mit Frankreich und Holland folgen für den Theil der Linien, der auf dem Gebiet dieser Länder liegt.
Theater und Musik.
Königliches Schauspielhaus. Friedrich Haase begann gestern die Reihe seiner Gast⸗ vorstellungen in dem Lustspiel „Der Störenfried“ von Roderich Benedix. Das Stück ist eine Komödie alten Stils, in der die Knoten sich mit spielender Leichtigkeit schürzen und lösen. Der