1895 / 300 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 17 Dec 1895 18:00:01 GMT) scan diff

damp „Hohenstaufen“ hat St. Vincent passiert. Der Reichs⸗Postdampfer „Prinz Hein⸗ rich“ ist am 16. Dezember Nachmittags in Antwerpen angekommen.

Triest, 16. Dezember. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Medea“ ist heute Nachmittag aus Konstantinopel hier eingetroffen.

London, 16. Dezember. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Goth“ ist Sonnabend auf der Ausreise von Southampton ab⸗

Theater und Musik.

Koönigliches Opernhaus.

Das g rige vierte Cymphonke⸗Konzert der Königlichen Kapelle, das am 125. Geburtstage des größten deutschen Tondichters stattfand, war nur aus Kompositionen Ludwig van Beethoven’'s zusammengesetzt. Der Abend begann mit der C-dur-Symphonie 0p. 21, dann folgten das Konzert für Pianoforte, Violine und Violoncello mit Begleitung des Orchesters, op. 56, und die dritte Leonoren⸗Ouvertüre, op. 72; den Beschluß machte die achte Symphonie in F-dur, op. 93. Die Kapelle schien an diesem Gedächtnißtage von einer besonders weihevollen Stimmung beherrscht zu sein, sodaß die klassi⸗ schen, Seele und Gemüth bewegenden Orchesterstücke, die unter der be⸗ währten Leitung des Herrn Kapellmeisters Weingartner präzis und verständnißvoll ausgeführt wurden, den Hörern einen reinen und tiefen Kunstgenuß n. Der Vor⸗ trag der Leonoren⸗Ouvertüre, die als ein Probestück für die Tüchtigkeit und vornehme Schulung eines Orchesters gelten kann, gab aufs Neue Zeugniß von Weingartner's Dirigentengeschick. In dem Trio mit Klavier und Orchester, das seit einer Reihe von Jahren nicht von der Königlichen Kapelle aufgeführt worden ist, hatte Herr Professor Barth die Klavierpartie übernommen, die er mit feinstem Verständniß und sicherster Technik zu Gehör brachte. Herr Professor Halir verhalf durch die Zartheit des Tons und edlen Vortrag der Violinstimme zu rechter Geltung, und Herr Kammermusiker Dechert bewies seine virtuose Fertigkeit auf dem Cello; die bedeutenden technischen Schwierigkeiten, besonders in dem Rondo alla polacca, überwand er trotz des gewählten schnellen Tempos leicht und sicher. Auch das Zusammenspiel war tadellos, sodaß das weni kannte Werk, das mehr durch die Feinheit der kompositorischen Arbeit als durch Melodienreichthum reut, die Hörer dauernd fesselte. Die F-dur-Symphonie verlieh dem Gedächtnißtag in der ausgezeich⸗ neten, auch im Tempo überall gelungenen Ausführung einen wür⸗

digen Abschluß. 1 Neues Theater.

Es ist erfreulich, daß auch einmal die französische Tragödie über die deutschen Bühnen wandelt: man vergißt in Deutschland zu leicht, daß neben den modernen Gesellschaftsdramen, den Operetten und Schwänken, die uns von Paris aus überfluthen, dort an der alten klassischen Stätte des Théatre Français auch die Verstragödie noch ihre Heimath hat und daß auch dert noch neue Tragödien höheren Stils gegeben werden. „Moderne“ Dramatiker. welche die dichterischen Ruhmesthaten der Nation von der Bühne verbannen wollen, giebt es in Frankreich nicht, oder sie sind wenigstens gänzlich einfluß⸗ und machtlos. Eines jener klassischen französischen Dramen,

Phêodre“ von Racine, hat uns gestern Abend Madame Segond Weber vom Théztre Français vorgeführt. Die Wahl war insofern eine glückliche, als dieses Trauerspiel durch die Schiller'sche Uebersetzung in Deutschland bekannt ist und die Titelrolle öfters auch von deutschen Schauspielerinnen gespielt wurde. Die Pheèdre der Frau Segond Weber war eine Leistung, der es nicht an tragischer Bedeutung und Größe fehlte. Die Gestalt der Künst⸗ lerin, schlank und hoch, in ihren wechselnden Stellungen an plastische Bildwerke erinnernd, nahm von vornherein für sie ein; ihr Organ, das an sich nicht besonders wohllautend und modulationsfähig ist, weiß sie so zu behandeln, daß es den verschiedensten Gemüths⸗

am 16. Dezember Morgen 8

8

erregungen entspricht und auf den Höhen des Affekts nicht versagt. Die Trauer der unglücklich Liebenden ersten Akt wurde stimmungs⸗ voll dargestellt. rgreifend war ferner ihre leidenschaftliche Liebes⸗ erklärung an Hippolyte im zweiten Akt: der Glanzpunkt der Rolle; die Darstellerin hob ihn durch wirksame Stei hervor; der Moment, wie sie mit dem Schwerte fortstürzt, um

nehmen, war von tragischer Gewalt. Die eifersüchtigen Neigungen, als sie von Thésée erfährt, daß Hippolyte Aricie liebt, ihr Zorn gegen die Verführerin Oenone das alles wurde mit innerster Gluth wiedergegeben. Sehr gut führte sie auch im letzten Akt ihre Aufgabe durch: die bekennende Königin, die sich selbst dem v hat, war ein ergreifendes Opfer der Liebesgörtin. Von den übrigen Dar⸗ stellern möchten wir dem in de Neers den Preis zuerkennen, der die große Erzählung des Théramène von dem Untergang des Hippo⸗ lyte sehr verständnißvoll und mit lebhafter Farbengebung vortrug. Der Théesée des Herrn Menrice hatte äußerlich das Heldenhafte und Gewaltige, das einem os zukommt, der nächst Herkules in Griechenländ die größten Thaten verrichtete; auch seine flammenden Zornesergüsse entsprachen dem Bilde des Heros. Der Hippolyte des Herrn Lerle kehrte den rauhen Sohn der Scythin entsprechend dem Charakterbilde des Dichters hervor; doch erschien sein Geberdenspiel zu gebunden, und es fehlte vor allem das Herz⸗

das die wahnsinnige Leidenschaft der Königin erklären

onnte. Die Aricie der Madame Caro war etwas blaß; von den Vertrauten trat die Oenone der Madame Messager am meisten hervor. Lebhafter Beifall und zahlreiche Hervorrufe wurden der Frau Segond Weber zu theil.

Im Theater Unter den Linden bleibt Zeller’'s „Obersteiger“ bis zur Erstaufführung der burlesken Operette „König Chilperich“, welche am Sonnabend stattfindet, auf dem Spielplan.

Zwei Phantasiestücke für Klavier von W. Pfeiffer, betitelt „Traumbild“ und „Das Erwachen“, sind soeben bei C. A. Challier hierselbst erschienen. Erstere Pisce ist melodiös gehalten, während in der zweiten das Streben nach rhythmise und modu⸗ latorischer Belebtheit unverkennbar ist. Beide Stücke bieten keinerlei wesentliche technische Schwierigkeiten.

Mannigfaltiges.

önigliche Polizei⸗Präsidium bat d gistrat

i die revidierten Pläne für die von der Firma Siemens u. Halske zwischen der Warschauerstraße und dem Nollendorfplatz zu erbauende elektrische Hochbahn, soweit dieselben das Berliner Weichbild betreffen, mit dem Ersuchen übersandt, nunmehr die durch das Gesetz über Kleinbahnen vorgeschriebene Offenlegung derselben zu bewirken und sich demnächst über etwaige, von Interessenten erhobene Ein⸗ wendungen gutachtlich zu äußern.

Das Standbild der „Berolina“' auf dem Alexanderplatz ist heute feierlich enthüllt worden. Hohe, mit Flaggen geschmückte Masten umstanden den durch goldglänzende Gehänge abgeschlossenen Festplatz. Die Hülle, welche das 15 m hohe Standbild umgab, zeigte das Wappen der Stadt Berlin. Zur Theilnahme an der Feier waren erschienen der Polizei⸗Präsident von Windheim mit dem Geheimen Ober⸗Regierungs⸗Rath Friedheim und dem Polizei⸗Obersten Krause, der Ober⸗Bürgermeister Zelle, die Stadt⸗Bauräthe Hobrecht und Blanken⸗ stein, Geheimer Regierungs⸗Rath Friedel, die Stadträthe Borchard, Wagener, Voigt, Heller, Mielentz, Mugdan, Schäfer und Stadt⸗ Schulrath Fürstenau, der Stadtverordneten⸗Vorsteher Dr. Langerhans mit zahlreichen Stadtverordneten, ferner Baurath Seek und andere Ehren⸗ äste. Kurz nach 10 Uhr fiel die Hülle von dem imposanten Stand⸗ ild. Der eigentliche Festakt vollzog sich nach der Enthüllung in dem mit Fahnen und Wimpeln reich geschmückten Bogen 6 des Restaurants „zum

Prälaten“, in dem sich die zur Feier Geladenen versammelten. Hier nahm Ober⸗Bürgermeister Zelle das Wort zu einer die Figur charak⸗ terisierenden launigen Ansprache, welche auch der Verdienste des leider abwesenden Künstlers Hundrieser ehrend gedachte und in einem Hoch auf diesen ausklang. t einem solennen stück endete die Feier. Die mächtige Figur ist von Peters in Kupfer getrieben. Der nach dem Entwue⸗ des erungs⸗Baumeisters Stahn von der irma Ed. Ackermann zu Weißenstadt im Fichtelgebirge hergestellte Sockel besteht aus geschliffenem schwedischen Granit.

linsberg i. Schl., 16. Dezember. Das hiesige Kurhotel i volfTlen niedergebrannt. b ft

8 Lüinsee. den Füerh⸗ des am 13. d. M. eingestürzten Hauses (vgl. Nr. 298 d. Bl.) wurde i weitere Leichen hervorgezogen. 8 8 *b 8

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

London, 16. Dezember. (W. T. B.) Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Sansibar: Eine Karawane von 1200 Personen passierte auf dem Rückweg nach der Küste die Schlucht von Eldoma, wo sie am 26. November Abends ein⸗ traf. Auf dem Wege dorthin kam die Karawane an einigen Kraals der Massais vorüber. Die Massais, welche selbst fürchteten, angegriffen zu werden, sielen über die Karawane her und tödteten etwa 1000 Personen. Die Ueberlebenden, bei denen sich auch zwei Franzosen befanden, trafen auf dem Zuge nach dem Rudolph⸗See den Händler Dick, der sich 8 Beim Marsch durch das Kedong⸗Thal sahen sie, wie die Massais sich mit ihrem Vieh zurückzogen, sie gingen zum Angriff vor und nahmen den Massais das Vieh weg. Die Massais suchten das Vieh wiederzubekommen; bei dem sich entspinnenden Kampf wurde der Händler Dick getödtet. Die Franzosen 1 Se na Kikuya zurück. Dem „Reuter’'schen Bureau“ zufolge müsse die Karawane eine Regierungs⸗Karawane gewesen sein, die nach der Küste zurückkehren wollte. Die beiden Franzosen seien wahrscheinlich Priester aus Uganda. Hierzu wird bemerkt: Der Vorfall habe sich in der englischen Interessensphäre zugetragen und betreffe wahrschein⸗ lich die Karawane zweier französischer Forschungsreisender, die im Mai d. J. über Mombassa nach dem Victoria⸗See auf⸗ gebrochen sei. Es könne aber auch sein, daß es sich um eine englische Regierungskarawane handele, welcher sich die Priester angeschlossen haben könnten.

Belgrad, 17. Dezember. (W. T. B.) Die Königin Nata lie ist heute Vormittag hier eingetroffen und am Bahnhofe von dem König, den Ministern, zahlreichen Würden⸗ trägern und den Abgeordneten empfangen worden.

Der Kriegs⸗Minister brachte eine Vorlage, betreffend die Landesbefestigungen, in der Skupschtina ein. Ferner wurde eine Vorlage eingebracht, betreffend die Gewährung von Staatspensionen für serbische Schriftsteller und

Künstler, die auf ea S der Akademie der Wissenschaften

durch den König erfolgen so (Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Dienstag, den 17. Dezember

1895.

Deutsch Nachw

es Reich.

T 18

der Einnahme an Wechselstempelsteuer im Deutschen Reich für die Zeit vom 1. April 1895 bis zum Schluß

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Hierzu Einnahme in den Vormonaten

Einnahme in dem⸗ selben Zeitraum des Vorjahres (Spalte 4)

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9) Posen

10) Bromberg. 11) Breslau 12) Liegnitz.

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16) Erfurt.

17) Kiel .

18) Hannover. 19) Münster 20) Minden

29 Aachen, 27) Düsseldorf.

28) Trier 29) Dresd

30) Leipzig..

31) Karlsruhe.. 8 Konstanz .. 34) Schwerin i. M. 35) Oldenburg. 36) Braunschweig 37) Bremen.

38) Hamb 39) Straßburg i. E.

40) Metz

Danzig. ee“] Potsdam . ... 6) Frankfurt a. O. 2xN 8) Köslin . . .

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¹) Nachts Schnee. Uebersicht der Witterung.

Das gestern erwähnte barometrische Minimum ist üdwärts fortgeschritten und liegt jetzt vorm Kanal einem een über Nordrußland. ementsprechend sind über Zentral⸗Europa schwache Winde aus östlicher Richtung vorherrschend, unter deren Einfluß die Temperatur herabgegangen ist. Ueber ast gans Europa ist das Barometer gen sehr stark m Nordwesten. In Deutschland ist das Wetter vielfach neblig, theilweise heiter, ohne nennenswerthe Nieder⸗ chläge; die Morgentemperaturen liegen etwas unter dem Gefrierpunkt. In Südrußland herrscht ziem. lich starke Kälte. Ruhiges, theils heiteres, theils nebliges Frostwetter für ganz Deutschland wahr⸗ scheinlich. Deutsche Seewarte.

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bedeckt wolkig bedeckt

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Theater.

Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opern⸗ hans. 190. Vorstellung. Wagner ⸗Cyelus. JI. Tristan und Isolde in 3 Akten von Richard Wagner. Dirigent: „. f— Dr. Muck. (Tristan: Herr Heinrich Vogl, Königlich bayerischer . e aus München, als Gast.) Anfang

Schauspielhaus. 283. Vorstellung. 1812. Schau⸗ spiel in 5 Aufzügen von Otto von der Pfordten. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 ½ Uhr. 8

Donnerstag: Opernhaus. 191. Vorstellung. Der Evangelimann. Musikalisches Schauspiel in 2 Aufzügen, nach einer von Dr. Leopold Florian Meißner erzählten wahren Begebenheit, von Wilhelm Kienzl. Phantasien im Bremer Rathskeller. Phantastisches Tanzbild, frei nach Wilhelm Hauff, rs Graeb. Musik von Steinmann. Anfang

½ Uhr.

Schauspielhaus. 284. Vorstellung. Das Leben ein Traum. Dramatisches Gedicht in 5 Akten. Nach dem Spanischen des Calderon de la Barca, für die deutsche Bühne bearbeitet von Karl August West. Anfang 7 ½ Uhr. 8

8

Deutsches Theater. Mittwoch: Hamlet. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Die Jüdin von Toledo.

Freitag: Der Misanthrop. Hierauf: Das Hohe Lied.

Berliner Theater. Mittwoch, Nachmittags 3 Uhr: Prinzessin Goldhaar. Abends 7 ½ Uhr: Der Pfarrer von Kirchfeld.

Donnerstag: Pau Cezar.

Freitag (16. Abonnements⸗Vorstellung)

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Lessing⸗Theater. Mittwoch: Gastspiel von Felir Seeneen -e —2 onnerstag: Le astspiel von Fe Schweighofer. 's Nullerl. reitag: Gräfin Fritzi.

Residenz⸗Theater. Direktion: Sigmund Lautenburg. Mittwoch: Hals über Kopf. (Coup de tete.) Schwank in 3 Akten von A. Bisson. Vorher: In doppelter Bekehrung. Plauderei von Paul Linsemann. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag und folgende Tage: Hals über Kopf. In doppelter Bekehrung.

Friedrich ⸗- Wilhelmstädtisches Theater. 8 Chausseestraße 25 26. Mittwoch: Bei bedeutend ermäßigten Preisen. Volksthümliche Vorstellung unter Leitung des Kaiser⸗ lich russischen Hofschauspielers Herrn Julius Fiala: Othello, der Mohr von Venedig. Schauspiel in 5 Akten von Shakespeare. Uebersetzt von Schlegel und Tieck. Regie: Gustav Thies. Anfang 7 ¼ Uhr. Donnerstag: Das bemooste Haupt.

Neues Theater. Schiffbauerdamm 4a./5. Mittwoch: Gastspiel der Madame Segond Weber vom Théaätre Français (Paris). Le Cid. Tragédie en 5 actes en vers de Corneille.

Anfang 7 ½ Uhr. 88

Donnerstag: Drittletztes Gastspiel der Madame Segond Weber. Phedre.

In 1n Bruder Martin. Volksstück mit Gesang in 4 Akten von Carl Costa.

Theater Anter den Linden. Diektion: Julius Fritzsche. Mittwoch: Der Obersteiger. Femef⸗ Großes Ballet⸗Divertissement. Anfang

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Donnerstag: Der Obersteiger. Hierauf: Großes

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Sonnabend, den 21. Dezember: Mit durchaus neuer Ausstattung an Dekorationen, Kostümen und Requisiten. Zum ersten Male: König Chilperich. Burleske Ausstattungs⸗Operette in 3 Akten (5 Bil⸗ dern) von Hervé und Paul Ferrier, deutsch von Ed. Jacobson und W. Mannstädt.

Adolph Ernst-⸗Theater. Mittwoch: Letzte Aufführung. Der kleine Lord. Lebensbild in 3 Akten, nach dem gleichnamigen Roman von Mrs. Hodgsen Burnett, übersetzt von Bolten⸗Bäckers. Hierauf: Die ewige Brant. Operette in 1 W. Mannstädt und Jean Kren. Anfang

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Donnerstag und Freitag: Wegen Vorbereitung zur Novität keine Vorstellung.

Sonnabend, den 21. Dezember, zum 1. Male: Frau Lohengrin. Gesangsposse in 3 Akten, nach dem Französischen bearbeitet von Ed. Jacobson und W. Mannstädt. Kuplets von Gust. Görß. Musik von Gust. Steffens. (Novität.)

Der Billet⸗Vorverkauf findet von heute ab statt.

Zentral⸗Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Direktion: Richard Schultz. Emil Thomas a. G.

Mittwoch: Eine tolle Nacht. Große Aus⸗ stattungsposse mit Gesang und Tanz in 5 Bildern von Wilh. Mannstädt und Julius Freund. Musik von Julius Einödshofer. Scene gesetzt vom Direktor Richard Uen Die Tanz⸗Arran⸗ ts vom Balletmeister Gundlach. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Eine tolle Nacht.

Konzerte.

Konzert-Haus. Mittwoch: Karl Meyder⸗ Konzert. Weber⸗Feier, unter freundlicher Mit⸗ wirkung der Sängerinnen Fräulein Burkhardt und Fenber Ohm. Arie aus „Oberon⸗, gesungen von

räulein Burkhardt. Arie aus „Der Freischütz“ gesungen von Fräulein Ohm.

Saal Bechstein. Linkstraße 42. Mittwoch, Anfang 7 ½ Uhr: Konzert des Violinpirtuosen Rudolf Kemény, unter gütiger Mitwirkung der Altistin Fräulein Agnes Nettekoven.

Musik von

Birkus Renz. Karlstraße. Mittwoch, Abends 7 ½ Uhr: Große Extra⸗Vorstellung. Aufführung des militärischen Ausstattungsstückes 1870/71 mit Tänzen, Gruppierungen, Gefechten ꝛc. von Direktor Fr. Renz. Außerdem: Auftreten des Schulreiters Mr. Gaberel mit seinem Schulpferde Chicago. Grande Quadrille royale, geritten von 8 Damen und 8 Herren. Edinburgh, ostpreuß.

gst (Original⸗Dressur). Hierauf: Die Spazier⸗ ahrt eines Jagdherrn, ausgeführt von 5 Rapp⸗ hengsten. Sämmtliche Pferde dressiert und vor⸗ geführt von Herrn Rob. Renz. Die weltberühmten Hochturnkünstler The Silbons. Auftreten der Schul⸗ reiterin Frl. Wally Renz mit dem Schulpferd Cromwell und dem Steiger Alep. Herr W. Immans mit seinen zehn lossal⸗Pracht⸗Hunden. Die renommierte Künstler⸗Familie James Jee. Auf⸗ treten sämmtlicher Clowns und des beliebten Original August Mr. Lavater Lee. Alles Nähere aus Plakaten und Austragezetteln ersichtlich.

Donnerstag, Abends 7 ½ Uhr: 1870/71.

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Freiin Ella von Toll mit Hrn. Sec.⸗ Lieut. Carl von Klencke (Oldenburg i. Gr.) Frl. Else Intze mit Hrn. Regierungs⸗Baumeister Nicolaus Holz (Aachen).

Verehelicht: Hr. Landrath Frhr. von Ledebur mit eiin Vincke (Freiburg i. B.). Hr. Major a. D. von Usedom mit Frl. Frieda von Richter

(Zirmoissel). Hr. Adolf Lohrer mit Frl. Auguste von Wilcke (Choroszez, Rußland).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Ernst von Bolten⸗ stern (Friedrichshain N.⸗L.]). Eine Tochter: Hrn. Oberlehrer Frick (Berlin).

Gestorben: Hr. Verlagsbuchhändler Carl Habel 882 in und Potsdam). Verw. Fr. Ritter

Therese Karbe, geb. Theremin ( ). Emilie Gräfin zu Dohna Tochter Marianne Königsberg). Fr. Rittergutsbesitzer Gertrud oetzschke, geb. von Hertzberg (Dresden). Hr. Major Alfred von Zastrow dorf). Hr. Marine⸗ Ober⸗Sta t a. D. Dr. Johannes Klefeker (Barby). . Oberförster ritz von Bülow aus dem use Kobrow Malchow). Hr. Kreisphysifus, Sanitäts⸗Rath Dr. Rosenthal (Memel). Hr. Geheimer Kom⸗ merzien⸗Rath Paul Friedrich Eger (Berlin). br P 8 emer. Friedrich Lympius (Bleiche⸗ rode a. H.).

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.

Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt Berlin SW., Nr. 32.

Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage),

sowie die Inhaltsangabe zu Nr. 6 des öffent⸗ lichen Anzeigers (Kommanditgesellschaften auf

Aktien und Aktiengesellschaften) für die Woche vom 9. bis 14. Dezember 1895,

und die Besondere Beilage Nr. 3.

639 932

62 660 V 22 495 60

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II. Bayern III. Württemberg.

4427 279 434 487 155 370

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4 805 252 484 059 178 182

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6 8 8 &

—₰½

Ueberhaupt

1. 725 088 80 Berlin, im Dezember 1895.

Haupt⸗Buchhalterei

5 017 138 30

5 467 494

—₰½

5 742 227

des Reichs⸗Schatzamts.

Biester.

9. Sitzung vom 16. Dezember 1895, 1 Uhr.

Tagesordnung: Erste Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend die Errichtung von Handwerkskammern.

Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet.

Die nur im Auszuge mitgetheilte einleitende Rede des Staatssekretärs des Innern, Staats⸗Ministers Dr. von Boetticher hatte folgenden Wortlaut:

Meine Herren! Wenn ich es unternehme, Ihre Berathungen über den vorliegenden Gesetzentwurf mit einigen Worten einzuleiten, so werde ich dazu wesentlich durch die Erwägung bestimmt, daß sich an diesen Entwurf eine Reihe von Mißverständnissen und Besorgnissen geknüpft hat, die zu berichtigen resp. zu zerstreuen ich für meine Pflicht halte. Ich habe in einer vorjährigen Sitzung des Reichs⸗ tags ich glaube am 15. Januar dem Hause bereits ange⸗ kündigt, daß unter den Wegen, auf denen man die Lösung der sehr wichtigen Frage der Organisation des Handwerks in Angriff nehmen wolle, auch der sich befinde, daß man zunächst mit der Bildung von Handwerkskammern vorgehen wolle. Ich habe damals darauf hingedeutet, daß es die ernste Absicht der ver⸗ bündeten Regierungen sei, dem Bedürfniß, welches unleugbar für das Handwerk bestehe, eine geordnete Vertretung zu haben und so organisiert zu werden, wie es seinen Zwecken und Aufgaben entspricht, näherzutreten, und daß diese Aufgabe mit allen Mitteln gefördert werden müsse. Schon dieser Absicht würde es nicht entsprechen, wenn mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, wie ihm das in der Presse mehrfach zum Vorwurf gemacht worden ist, die Absicht verfolgt würde, die Organisationsfrage hinauszuschieben oder ihr zu präjudizieren. Wir würden nicht die Wahrheit gesprochen haben, wenn auch nur entfernt der Gedanke, die Handwerkerfrage auf die lange Bank zu schieben, bei uns aufgekommen wäre. Und, meine Herren, ich insbesondere, der ich mich des Gedankens, diesen Weg zu betreten, durchaus nicht schäme, der ich auch heute noch diesen Weg für den förderlichsten halte, würde mit meiner ganzen Vergangenheit und Anschauungsweise in Widerspruch getreten sein, wenn mir auch nur entfernt der Gedanke gekommen wäre: dies ist ein Weg, auf dem sich die Regierungen zunächst von der Lösung der Handwerkerfrage befreien könnten. Nein, meine Herren, im Gegentheil, dieser Gesetz⸗ entwurf verfolgt die Absicht, zunächst eine wirksame und praktische Handhabe für die Lösung dieser Frage zu gewinnen.

Man hat an den Gesetzentwurf in der Presse eine angebliche Meinungsverschiedenheit zwischen meinem Königlich preußischen Kollegen, dem Herrn Minister Freiherrn von Berlepsch, und mir an⸗

geknüpft; man ist so weit gegangen, daß man von einem großen Siege auf meiner Seite gegenüber dem Herrn von Berlepsch ge⸗ sprochen hat; und man hat daran allerhand pikante Bemerkungen über Uneinigkeiten im preußischen Staats⸗Ministerium geknüpft. Nun meine Herren, über solche Dinge soll man nicht empfindlich sein. Wir wissen recht gut, daß es die Aufgabe einer gewissen Presse ist, „einem hohen Adel und hochverehrlichen Publikum’ um in der Sprech⸗ weise gewisser fragwürdiger Schaustellungen zu reden gewisse pikante und sensationsartige Notizen zu bringen; und was kann bequemer sein, als wenn man von Konflikten unter den Leitern des Staatswesens spricht, und wenn man daran die Erwartung oder mindestens die Mög⸗ lichkeit einer Veränderung in den regierenden Kreisen knüpft. Meine Herren, wir beide, die wir eng mit einander befreundet sind, haben, wie ich es schon in der Sitzang vom 15. Januar betont habe, in der Hand⸗ werkerfrage bisher einen und denselben Strang gezogen, und wenn eine gewisse Meinungsverschiedenheit zwischen uns in Bezug auf die Opportunität der Maßregel, die Sie jetzt beschäftigen wird, obge⸗ waltet hat, so sind doch hieraus absolut nicht die Schlüsse zu ziehen, welche die Presse gezogen hat; im Gegentheil, wir werden noch weiter einen Strang ziehen, und wir werden darüber bin ich keinen Augenblick im Zweifel —, wenn es sich darum handelt, dem Reichs⸗ tage den Plan einer definitiven Organisation für das Handwerk vor⸗ zulegen, vollständig einer Meinung über die Ausgestaltung dieses Plans sein.

Also, meine Herren, diese Nachricht war falsch; eine Differenz zwischen dem Herrn Handels⸗Minister und mir besteht nicht, und es ist der einmüthige Vorschlag der verbündeten Regierungen, den ich hier zu vertreten die Ehre habe. Daraus aber, daß es der ein⸗ müthige Vorschlag der verbündeten Regierungen ist, werden Sie schon entnehmen, daß bei der Einbringung der Vorlage keinerlei Bosheit oder schädliche Absicht vorgewaltet hat; denn es würde anderenfalls doch wenigstens eine Regierung im Deutschen Reich gewesen sein, die diesen Vorschlag verworfen hätte, wenn sie wirklich eine Gefahr für die definitive Organisation des Handwerks daraus abzuleiten vermocht hätte.

Nun bin ich Ihnen aber noch eine Darstellung schuldig über die Entwicklungsgeschichte dieses Entwurfs. Daß ich ihn im vergangenen Jahr in Aussicht genommen hatte, habe ich Ihnen bereits bei der letzten Besprechung des Gegenstandes dargelegt. Ich war auf die Idee gekommen, weil mir aus der Unterbaltung mit zahlreichen Handwerkern bekannt geworden war, daß man über die Ausgestal⸗ tung der Handwerkerorganisation in Handwerkerkreisen durchaus nicht einig ist, und es mir nützlich erschien, daß man zum Zwecke der Feststellung, was nun eigentlich das gesammte Handwerk wünscht,

nicht nur eine Partei höre, sondern dem ganzen Handwerk Gelegenheit schaffe, sich gutachtlich zu äußern. Ich dachte dabei, wie ich das gleichfalls schon früher betont habe, an eine ähnliche Organisation, wie die der Landwirthschaftskammeen in Preußen Da hat man auch zunächst nicht einen Unterbau geschaffen, sondern man hat die Kammern auf der Grundlage einer durch das Gesetz bestimmt vorgeschriebenen Zusammensetzung ein⸗ gerichtet und sich vorbehalten, in ihnen alle Fragen, die zum Nutzen und Frommen der darniederliegenden Landwirthschaft erörtert werden sollten, einer Berathung und Prüfung zu unterziehen Aehnlich habe ich mir die Organisation der Handwerkskammern gedacht. Daß dieser Vorschlag kein ganz thörichter ist, werden Sie daraus er⸗ messen, daß andere Länder in ähnlicher Weise vorgegangen sind. In

Oesterreich waren, als man die Durchführung der genossenschaftlichen Organisation begann, bereits Gewerbekammern eingeführt. Gerade diese Einrichtungen sind es gewesen, welche bei Durchführung der Organisation der Genossenschaftsbildung ganz außerordentliche Dienste geleistet haben. .

Also, meine Herren, im Januar konnte ich Ihnen sagen, daß der Weg im Kreise des preußischen Staats⸗Ministeriums er⸗ örtert würde. Der Gesetzentwurf wurde ausgearbeitet, die Sache konnte aber damals nicht so gefördert werden, daß es noch rathsam erschien, dem Reichstag in der letzten Session eine Vorlage m. machen. Ich selbst bin derjenige gewesen, der im preußischen Staats⸗ Ministerium den Antrag gestellt hat, diesen Gesetzentwurf nicht allein zunächst nicht zur Vorlage zu bringen, sondern ihn auch für den Fall ganz fallen zu lassen, daß es gelingen werde, dem Reichs⸗ tage bis zur nächsten Session einen vollständigen Organisationsplan für das Handwerk vorzulegen. Nun, meine Herren, das letztere ist nicht eingetreten. Die Herren wissen, daß der preußische Herr Handels⸗Minister im Verein mit mir eine Untersuchung über die Bewährung der Zwangsorganisation in Oesterreich angestellt hat. Sie wissen weiter, daß zum Zwecke der Vorbereitung und der Prüfung über die Durchführbarkeit einer Zwangsorganisation in Deutschland eine Stichprobenenquste über die Verhältnisse des Handwerks, ins⸗ besondere über seine örtliche Vertheilung in den verschiedenen Be⸗ zirken des Reichs, vorgenommen worden ist. Diese Enquste ver⸗ langte natürlich Zeit und so konnte sie nicht so frühzeitig beendigt werden, daß es möglich gewesen wäre, Ihnen ein definitives Orga⸗ nisationsgesetz bei Beginn der Berathungen vorzulegen. Die Enquste ist aber nunmehr abgeschlossen und dem Reichstag bereits mitge⸗ theilt worden, und diejenigen Herren, welche sich dafür interessieren und sie studieren wollen, werden sich überzeugen, daß es ein aus⸗ gezeichnetes Werk ist, welches unserem Statistischen Amt zur Ehre gereicht.

Aber wenn auch die Enquste zur Klärung der thatsächlichen Ver hältnisse wesentlich beigetragen hat, so hat doch noch keine endgültige Entscheidung erfolgen können; es wird vielmehr jetzt nothwendig, die Ergebnisse der Enquste sorgfältig zu Rathe zu ziehen, und dann eine definitive Entscheidung über das zu treffen, was als das Zweck⸗ mäßigste erscheint.

Nun komme ich zu dem vorliegenden Gesetzentwurf. Der⸗ selbe wünscht die Errichtung von Handwerkskammern, und nach der Aufnahme, welche dieser Gedanke im vorigen Jahre im Reichstag und hier und da auch in den Handwerkerkreisen gefunden hat, habe ich ge⸗ glaubt, daß der Reichstag wohl geneigt sein möchte, diesen Entwurf, vorbehaltlich etwaiger Aenderungen im einzelnen, zu acceptieren. Als ich im vergangenen Jahre von dem Gedanken sprach, zunächst mit der Errichtung von Handwerkskammern vorzugehen, habe ich mir er⸗ laubt, meine Freude darüber auszudrücken,

daß diese Idee sowohl von dem Perrn Redner aus dem Zentrum, wie von dem Herrn Redner der konservativen Partei sympathisch aufgenommen worden war. „Ich glaube allerdings, meine Herren,““

fügte ich hinzu

„daß wir auf diesem Wege am kürzesten zu einem heilsamen

Ziele gelangen werden. (Bravo! rechts und aus der Mitte.)“ (Hört! hört! und Heiterkeit links.) Das war für mich keine Auf⸗ forderung, den Gedanken fallen zu lassen; im Gegentheil: ich glaubte, wenn derselbe praktische Gestalt angenommen haben würde, auch auf die Zustimmung derselben Herren rechnen zu dürfen, welche ihn damals als einen sympathischen bezeichnet haben.

Weiter, meine Herren! Als in diesem Sommer hier eine Ver⸗ einigung von Handwerkern damit befaßt war, die Gedanken meines verehrten preußischen Herrn Kollegen, des Handels⸗Ministers Frei⸗ herrn von Berlepsch, einer Würdigung und Besprechung zu unter⸗- ziehen, und ich auf die Bitte der Leiter der Konferenz dieser auch den Entwurf über die Errichtung von Handwerkskammern mittheilte, da ist die Aufnahme meiner Vorschläge keineswegs eine völlig ab⸗ lehnende gewesen. Es lautet in dem von den Herren veröffentlichten Protokoll folgendermaßen:

„Bei der Frage der Einrichtung der Handwerkskammer wurde es als eine große Hauptsache erachtet, daß die gesetzliche Möglichkeit gegeben werde, den Bezirk einer Kammer erforderlichenfalls auch über mehrere Bundesstaaten ausdehnen zu können, und man zollte in dieser Beziehung den Bestimmungen Beifall, wie sie in dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Errichtung von Handwerks⸗ kammern, vorlagen.“

Der Entwurf, von dem da die Rede ist, meine Herren, ist der⸗ jenige, der Ihnen vorliegt. Weiter heißt es:

„Die Konferenzmitglieder konnten sich nicht der Ueberzeugung verschließen, daß, wenn man den Rahmen der Zwangsorganisation und zumal denjenigen der Handwerkskammern feststelle, man auch vorbereitende Maßregeln für das Inslebenrufen der neuen In- stitutionen treffen müsse. Hierfür wurden in dem Gesetzentwurf des Herrn Staatssekretärs Dr. von Boetticher, betreffend die Ein⸗ richtung von Handwerkskammern, die geeigneten Unterlagen ge⸗ funden, indem diese letzteren einen provisorischen Charakter tragen und zu dem Zweck hauptsächlich errichtet werden sollen, bei der