die Tribüne, um in längerer Rede Pestalozzi zu würdigen. Mit dem Hymnus von Dräger schloß darauf die schöne Feier.
Die Trauerfeier für den verstorbenen Geheimen Ober⸗ Regierungs⸗Rath Busse aus dem Reichsamt des Innern hat gestern Nachmittag unter sehr zahlreicher Betheiligung in der Wohnung des Entschlafenen, am Kurfürstendamm 20, statrgefunden. Für das
Reichsamt, dessen erster bautechnischer Rath er gewesen, erschien der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher
persönlich; demselben hatten sich Ministerial ⸗Direktor
Rothe und alle Räthe des Reichsamts des Innern angeschlossen, die zugleich einen kostbaren Kranz wid⸗
meten. Das Reichs⸗ZJustizamt wurde durch den Staats⸗
sekretär Nieberding vertreten; vom Kaiserlichen Patentamt, dessen
Monumentalbau ein Werk des Entschlafenen ist, wohnte der Präsident,
Wirklicher Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath von Huber der Feier bei;
auch das Reichs⸗Versicherungsamt, das dem Verstorbenen gleichfalls
seinen neuen rachtbau verdankt, hatte einen Vertreter abgeordnet, das Ministerium der öffentlichen Arbeiten und das Kriegs⸗Ministerium, dem Busse früher als Garnison⸗Bauinspektor hervorragende Dienste geleistet hat, und die Ministerial⸗Baukommission. Der Architektenverein ließ einen Kranz niederlegen, der Verein „Motiv' entsandte eine Kranzdeputation mit dem Banner. Auch die dem Verstorbenen speziell unterstellten Bau⸗ beamten hatten einen Kranz gewidmet. Die Rede hielt General⸗ superintendent Faber. Auf dem Friedrichs⸗Werderschen Kirchhof fand
die Beisetzung statt.
In dem Etat für das “ 1896/97 hatte der Ma⸗ gistrat für Neu⸗ bezw. Umpflasterungen einen Betrag von 4 500 000 ℳ vorgesehen. Das Mazistrats⸗Kollegium hat be⸗ sscchlossen, diesen Betrag auf drei Millionen Mark herabzusetzen. — Der Architektenverein, welcher eine neue Auflage seines vor zwanzig Jahren erschienenen Werkes „Berlin und seine Bauten“ zu veranstalten gedenkt, hat sich an den Magistrat wegen Subskription auf eine gewisse Anzahl von Exemplaren für den städtischen Dienst gewendet. Mit Rücksicht auf die Nützlichkeit des Werkes, welches die hauptsächlichsten Monumentalbauten der Reichs⸗ hauptstadt bis zur Gegenwart enthält, hat der Magistrat beschlossen, die erforderlichen Exemplare zu erwerben. Hierfür will der Magistrat von der Stadtverordnetenversammlung 9300 ℳ durch besondere Vor⸗ lage erbitten.
Nach den Neuwahlen zur Stadtverordneten⸗Versammlung und der Konstituierung der letzteren ist die “ der einzelnen Fraktionen folgende: Fraktion der Linken (Vorsitzender Justiz⸗Rath Meyer): 54 Mitglieder; neue Fraktion der Linken (Vorsitzender Dinse): 27 Mitglieder; Fraktion von 1884 (Vorsitzender Geheimer
Ober⸗Regierungs⸗Rath Spinola): 25 Mitglieder; sozialdemokratische Fraktion (Vorsitzender Singer): 16 Mitglieder; Bürger⸗Partei: ein Mittglied (Stadtverordneter Pretzel); keiner Fraktion gehören an die Stadtverordneten Horwitz, Neumann und Virchow. Im Ganzen zählt die Stadtverordneten⸗Versammlung 126 Mitglieder.
Im städtischen Obdach befanden sich am 1. Dezember 1895 15 Familien mit 42 Personen, darunter 7 Säuglinge, und 46 Einzeln⸗ personen. Am 1. Januar 1896 war der Bestand 27 Familien mit 79 Personen, darunter 13 Säuglinge, und 54 Einzelpersonen. Im Laufe des Monats Dezember wurde das nächtliche Obdach daselbst von 34 054 Personen, und zwar von 32 785 Männern und 1269 Frauen benutzt. Von diesen Personen wurden 14 dem Krankenhause Friedrichs⸗ hain, 52 dem Krankenhause Moabit, 16 der Charité, 19 der Kranken⸗ station des Obdachs, 3 der Anstalt Wuhlgarten, 1 der Irrenanstalt Herzberge überwiesen und 500 (488 Männer, 12 Frauen) der Polizei verzeführt.
— Nachdem der Firma Siemens u. Halske die Genehmigung zum Bau und Betrieb einer elektrischen Stadt⸗ (Hoch⸗) Bahn
zwischen der Warschauerstraße und dem Nollendorfplatz er⸗ theilt worden ist, werden auf Ersuchen des Polizei⸗Präsidenten an den Magistrat die Baupläne, soweit sie das Berliner Weichbild be⸗ treffen, auf die Dauer von vierzehn Tagen vom 13. d. M. ab in der städtischen Plankammer (im Rathhause, Zimmer 98) zu Jedermanns Einsicht offen liegen. Etwaige Einwendungen Aegen die Pläne sind innerhalb der obigen Frist bei der städtischen Bau⸗Deputation, Ab⸗ II, schriftlich einzureichen oder mündlich zu Protokoll zu geben.
Der Verein Berliner Kaufleute und IJndustrieller veranstaltet Sonnabend, den 1. Februar, in den Gesammträumen des Kroll'schen Etablissements ein Ballfest, für dessen glänzenden Ver⸗ lauf durch ein reichhaltiges, auch die kommende Berliner Gewerbe⸗ Ausstellung berücksichtigendes Programm Sorge getragen ist. Vor⸗ merkungen werden schon jetzt (Berlin, SW., Krausenstraße 55) an⸗ genommen.
Das Comité für die Betheiligung Deutschlands an den Olympischen Spielen, welche im Frühling dieses Jahres in Athen stattfinden sollen, erläßt einen Aufruf an alle deutschen Sportsleute und Turner zur Betheiligung. Eine Druckschrift, welche den Plan ausführlich behandelt, wird vorbereitet. Der Schriftführer, Dr. W. Gebhardt, Berlin W., 1ree 109, ertheilt jede nähere Auskunft. Am 16. d. M., Abends 8 ½ Uhr, findet im „Nord⸗ deutschen Hof“, 20, eine Versammlung statt, zu welcher Freunde der Sache geladen sind.
Der Zirkus Renz brachte am Sonnabend am Schluß seines equestrischen und artistischen Programms eine Wiederholung der früher mit großem Erfolge aufgeführten zweiaktigen Pantomime „Ein Künstlerfest“, die wohl seit der Uebersiedlung des beliebten ehemaligen Clowns und Mimikers Godlewski, der darin die Hauptrolle spielte, an das K. K. Hof⸗Opernballet zu Wien, geruht hat. In Herrn Lee, der neulich den zaghaft⸗komischen Komponisten in der genannten Pantomime darstellte, scheint die Direktion indessen einen tüchtigen Nachfolger gefunden zu haben, und so konnte das an überraschenden Wirkungen zu Lande und zu Wasser reiche Werk in neuem Glanz in Scene gehen. Außer einer erstaunlichen Prachtentfaltung an neuen Kostümen war der Schwerpunkt der sich dem Auge darbietenden Genüsse auf die elektrischen Lichteffekte verlegt worden, die in großer Fülle und Mannigfaltigkeit die Gruppen von allen Seiten beleuchteten. Das Füllen der Mandge mit Wasser geschah in ganz neuer Weise, nämlich nicht wie sonst durch von den Seiten einstrs⸗ mende Kaskaden, sondern durch einen in der Mitte der Arena aus einem Rohr von mindestens 50 cm im Durchmesser hervorsprudelnden Springquell, der sich prächtig ausnahm. Den Schluß bildete wieder eine bis zur Decke hinansteigende Fontaine, die im Lichte eines oben abgebrannten Plafond⸗Feuerwerks in allen Farben schillere. — Das der Pantomime vorauf⸗ gehende Programm bot ebenfalls des Sebenswerthen die Fülle. Her⸗ vorragendes leisteten Miß Amalie und Mr. James Jee als Doppel⸗ jockeys, welche die schwierigen Sprünge auf ein ungesatteltes Pferd mit unfehlbarer Sicherheit ausführten, und die dressierte Meute des Herrn W. Immaus. Auf die ausgezeichneten Leistungen des Schul⸗ reiters Mr. James Fillis braucht kaum von neuem hingewiesen zu werden.
Glogau, 11. Januar. Die Königliche Betriebs⸗Inspektion macht bekannt: Heute Mittag um 1 Uhr 20 Minuten entgleiste in der Einfahrtsweiche auf Haltestelle Fröbel der von Glogau kom⸗ mende Personenzug 108. Der Heizer Mohr aus Grünberg wurde getödtet, der Lokomotivführer leicht verletzt. Reisende wurden nicht “ Die Ursachen des Unfalls konnten noch nicht festgestellt werden.
Schleswig, 12. Januar. Das Husaren⸗Regiment Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn
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v1I11““ vom 13. Januar, r
Morgens.
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von Julian Sturgis, deutsch von H. Wittmann. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dekorative Einrichtung vom Ober⸗Inspektor Brandt.
Zum ersten Male:
und Louis Herrmann.
Der Hungerleider. 1 stattungskomödie in 12 Bildern von Julius Keller für Musik von Louis Roth. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche.
(Schleswig⸗Holsteinsches) Nr. 16 beging heute in festlicher Weise die Erinnerung an die Tage von Le Mans und die Kämpfe von 1870/71. Der österreichisch⸗ ungarische Militär⸗ bevollmächtigte Prinz von Schoenburg⸗Hartenstein nahm an dem F theil. Nachdem zur Eröffnung der Feierlichkeiten bereits sestern Abend ein Kommers abgehalten worden war, wurde heute im Hom ein feierlicher Gottesdienst veranstaltet, bei welchem der Divisions⸗ pfarrer Büttel die Festpredigt hielt. Hierauf fand eine Parade des Regiments vor dem Schlosse Gottorp statt, an welcher zahlreiche Veteranen theilnahmen. Der Regiments⸗Kommandeur Oberst von verlas bei derselben folgende Depesche Seiner Majestät es Kaisers:
„Bei Vionville, Orleans und Le Mans erfochten die Schleswig⸗ Husaren reichen Sieges⸗Lorbeer. Bei der 25. Wieder⸗ ehr der Gedenktage von Le Mans erinnere Ich Mich dessen gern und sende dem Regiment wie seinen alten Kriegern Meinen Gruß.
Wilhelm I. R.“
Alsdann hielt der Oberst eine Ansprache an das Regiment und brachte ein Hoch auf Seine Majestät den Kaiser aus. Auch eine längere huldvolle Depesche des Kaisers Franz Joseph kam zur Verlesung. Die Parade nahm einen glänzenden Verlauf. Der Inspekteur der 2. Kavallerie⸗Inspektion, General der Kavallerie Edler von der Planitz, der Divisions⸗Kommandeur, General⸗Lieutenant von Alten, General von Thümen und der Brigade⸗Kommandeur Freiherr von Neukirchen genannt von Nyvenheim nahmen an derselben theil. Nach der Parade vereinigten sich die Veteranen zu einem Festmahl, bei welchem General Edler von der Planitz das Hoch auf Seine Majestät den Kaiser Wilhelm und General von Thümen ein Hoch auf Kaiser Franz Joseph ausbrachte. Um 4 Uhr fand im Kasino des Regiments ein Festmahl statt, an welchem die Spitzen der Behörden Abends werden für die einzelnen Eskadrons Festlichkeiten veranstaltet.
Paris, 11. Januar. Der Forschungsreisende Fabert, welcher während der Madagaskar⸗Expedition für die „Agence Havas⸗ korrespondierte und kürzlich nach Marseille zurückgekehrt war, ist gestern dort an der Malaria gestorben.
Rom, 11. Januar. Berichte aus den Abruzzen und aus Sardinien melden, daß die Verkehrswege und Eisen⸗ bahnen infolge starker Schneefälle unterbrochen sind. In der Provinz Sassari sind mehrere Gemeinden vom Verkehr vollständi abgeschnitten. Der Schnee erreichte eine Höhe von 2 m. — Na telegraphischen Meldungen aus Porto Ferrajo sind zwei Schiffe daselbst verunglückt. Die Bemannungen warden gerettet.
Bern, 11. Januar. Zur Erinnerung an den Geburtstag (12. Januar 1746) fanden heute auf Veranlassung der Kegierungen und Schulbehörden in den Schulen aller Kantone, von der lleinsten Bergschule bis zu den Universitäten, Feiern mit Vor⸗ trägen über Pestalozzi statt. Sein Bild wurde an die gesammte Schul⸗ jugend vertheilt. Außerdem wurden Gesangvorträge, scenische Darstellungen und Sammlungen zu Gunsten geistig oder körperlich verwahrloster und bedürftiger Kinder heh. zur Bildung von Pestalozzi⸗Fonds veranstaltet. In allen größeren Ortschaften finden morgen Feierlichkeiten statt, die meistens in den Kirchen abgehalten werden und in Vorträgen über Pestalozzi und Konzerten bestehen. Dabei werden auch allgemein Geldsammlungen für den Pestalozzi⸗Fonds veranstaltet. Durch ihre gleichzeitige große Begehung gestaltet sich die Feier zu einem nationalen Gedenktag. Für den Pestalozzi⸗Fonds sind bisher 25 000 Frcs. eingelaufen, darunter 14 000 Frcs. von Schulkindern.
Kopenhagen, 12. Januar. Der Kommandeur a. D. Edwin Baron von Dirckinck⸗Holmfeld, welcher anfangs der vierziger Jahre in preußischen Marinediensten Chef der E und 1845 Erster Kommandant des preußischen Kriegsschiffs „Amazone“ war, ist heute hier im Alter von 93 Jahren gestorben. 1 (Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten
Aus⸗ humoristisches Potpourri (neu) von Linke. „Romanze“ Violine von Svendsen (Herr Carniet). „'s Sträußli“ für Piston von Hoch (Herr Werner).
Der Vor⸗
bleiben lassen.
ius 40 R.
Stationen.
Bar. auf 0 Gr.
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red. in Millim. Temperatur in 0 Celsi
5⁰ C
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Belmullet.. Aberdeen .. Christiansund Kopenhagen. Stockholm. Haparanda. Cork, Queens⸗ 1““ Cherbourg
1111“ Hamburg.. Swinemünde Neufahrwasser Memel...
G Vens “ Münster.. Karlsruhe. Wiesbaden. München. Berlin... 111““ Breslau...
Nizza..
763 754 736 750 746 735
halb bed. wolkenlos Regen ¹) bedeckt bedeckt
DO —dd — 0
halb bed. bedeckt wolkig bedeckt bedeckt ²) bedeckt ³) bedeckt bedeckt
bedeckt Regen Schnee bedeckt4) bedeckt Schnee bedeckt wolkenlos bedeckt
761 O wolkenlos 7716761 d0 heiter
1) Nebel. ²) Nebel. ³) Abends Schnee, Dunst. 4) Gestern Schnee.
Uebersicht der Witterung.
Ein ungewöhnlich tiefes barometrisches Minimum „unter 729 mm liegt über dem nördlichen Norwegen, gegenüber einem Hochdruckgebiete über 765 mm über rankreich. Dementsprechend wehen über Nord⸗ Europa lebhafte, meist südliche Winde, unter deren Einfluß die Temperatur fast überall gestiegen ist. In Deutschland ist bei frischen südlichen bis westlichen Winden das Wetter trübe und allenthalben wärmer. Fast allenthalben ist Regen gefallen. Die westliche rostgrenze verläuft von Neufahrwasser über Cassel und Paris nach dem Alpengebiet. Fortdauer der trüben Witterung und Ausbreitung des Thauwetters nach
Süden hin wahrscheinlich.
Deutsche Seewarte.
766 764 758 752 755 755 755
754 765 758 765 762 764 762 758 766 760
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Königliche Schauspiele. Dienstag: Opern⸗ haus. 13. Vorstellung. vauhoe. Romantische
Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck. Anfang 7 ½ Uhr. Schauspielhaus. 14. Vorstellung. Zum 50 jährigen Bühnen⸗Jubiläum des Herrn Friedrich Haase: Der Königslieutenant. Lustspiel in 4 Aufzügen von Karl Gutzksw. Regie: Herr A. Plaschke. (Graf Thorane: Herr Friedrich Haase, als Abschiedsrolle in Berlin.) Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Opernhaus. 14. Vorstellung. Lohen⸗ grin. Romantische Oper in 3 Akten von Richard Wagner. (Lohengrin: Hr. Emil Götze, Königlicher Kammersänger, als Gast.) Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. 15. Vorstellung. König Ottokars Glück und Ende. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Franz Grillparzer. Anfang 7 Uhr.
Opernhaus. Donnerstag: Bajazzi. Phantasien im Bremer Rathskeller. Freitag: Hänsel und Gretel. Phantasien im Bremer Rathskeller. Sonnabend: Der Evangelimann. Phantasien im Bremer Rathskeller. Anfang 7 Uhr. Sonn⸗ tag: Unbestimmt. (Kroll's Theater): Nachmittags 2 ½ Uhr: Die Tochter des Regiments.
Schauspielhaus. Donnerstag: Das Hungerloos. Freitag: Die Qnitzow’s. Sonnabend: Prolog. 1812. Sonntag: Die Hermannsschlacht. An⸗ fang 7 ½ Uhr. (Kroll's Theater): Abends 7 Uhr: Das Hungerloos.
Deutsches Theater. Dienstag: Romeo und Julia. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Florian Geyer.
Donnerstag: Die Jüdin von Toledo.
Berliner Theater. Dienstag: Fanst. Anfang 7 Uhr.
Mittwoch: Der Verschwender.
Donnerstag: Faust. —
Lessing⸗Theater. Dienstag: Comtesse Gnckerl. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Comtesse Guckerl.
Donnerstag: Comtesse Guckerl.
Residenz⸗-Theater. Direktion: Sigmund Lautenburg. Dienstag: Hals über Kopf. Schwank in 3 Akten von Alexandre Bisson, deutsch von
aul Block. — Vorher: In doppelter Be⸗ Feböpng. Plauderei von Paul Linsemann. Anfang
r. Mittwoch und folgende Tage: Hals über Kopf. — JIn doppelter Bekehrung.
Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25 — 26. Vom 13. bis inklusive 22. Januar geschlossen.
verkauf der Billets beginnt Donnerstag, den 15. Ja⸗ nuar.
Neues Theater. Schiffbauerdamm 4a./5. Dienstag: Gastspiel des Herrn Franz Tewele vom K. u. K. priv. Carl⸗Theater in Wien. Der Hehr Direktor (Monsieur le Directeur). ustspiel in 3 Akten von Alexandre Bisson und Fabrice Carré. Deutsch von Ferdinand Groß. in Scene gesetzt von Siegmund Lautenburg. Anfang 7 ½ Uhr. “ Mittwoch: Der Herr Direktor. Donnerstag: Der Herr Direktor Freitag: Der Herr Tirektor.
Theater Unter den Linden. Direektion: Julius Frißsche. Dienstag: In durchaus neuer glänzender Ausstattung an Dekorationen, Kostümen und Requisiten: König Chilperich. Burleske Ausstattungs⸗Operette in 3 Akten (5 Bildern) von Hervé und Paul Ferrier, deutsch bearbeitet von Eduard Jacobson und Wilhelm Mannstädt. Musik von Hervé. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Ansang
7 ½ Uhr. König
Mittwoch und die Chilperich.
Sonntag, den 19. Januar, Nachmittags 3 Uhr: Bei halben Preisen: Der Bettelstudent. — Abends 7 ½ Uhr: König Chilperich.
folgenden Tage:
Adolph Ernst⸗Theater. Dienstag: Frau Lohengrin. Gesangsposse in 3 Akten, nach dem Fns ischen bearbeitet von Ed. Jacobson und
. Mannstädt. Kuplets von Gust. Görs. Musik von Gust. Steffens. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.
5
Bentral⸗Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Dienstag: Eine tolle Nacht. Große Aus⸗ startungsposse mit Gesang und Tanz in 5 Bildern von Wilh. Mannstädt und Julius Freund. Musik von Julius Einödshofer. 1 Scene gesetzt vom Direktor Richard Schultz. Die Tanz⸗Arrangements vom Balletmeister Gundlach. Anfang 7 ½ Uhr. Mittwoch: Eine tolle Nacht.
8 Konzerte. 8 Konzert-Haus. Karl Meyder⸗Konzert. Dienstag: Ouv. „Libussa“, Smetana. „Simiramis“,
Sonnabend, den 18. Januar: Fest⸗Konzert.
Saal Bechstein. Linkstraße 42. Dienstag, Anfang 7 ½ Uhr: III. Kammermusiker⸗Abend von alir, Markees, Müller, Dechert. unter ge⸗ älliger Mitwirkung des Königlich preußischen Hof⸗ pianisten Herrn Professor Heinr. Barth.
Birkus Renz. Karlstraße. Dienstag: Abends 7 ½ Uhr: Große brillante Vorstellung. Ein Künstlerfest. Luxus⸗Ausstattungs⸗Pantomime in 2Ab⸗ theilungen vom Großh. Hof⸗Balletmeister A. Siems, auf das Glänzendste insceniert vom Direktor Fr. Renz. Unter Mitwirkung des gesammten Personals. Neue Musik⸗Einlagen. Im Rosenduft, schwe⸗ disches Volkslied, vorgetragen von 40 Damen, mit Begleitung des eigens hierzu engagierten . Virtuosen Herrn H. Voß. Ballet von 100 Damen. Kinder⸗Orchester. Großer Blumen⸗Korso. Nacht⸗ fest auf dem Gartensee im Künstlerheim. Erste Abtheilung: Das Festeomité in Thätigkeit. Zweite Abtheilung: Vollständig neu! Im Wasser. Voll⸗ ständig neu! Gran? Finale: Plafond⸗Pracht⸗ Feuerwerk. Außerdem: Auftreten von nur Künstler⸗ Spezialitäten allerersten Ranges. Vorführen und Reiten der bestdressierten Freiheits⸗, Spring⸗ und Schulpferde. Auftreten sämmtlicher Clowns. Mittwoch: Ein Künstlerfest.
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Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Ida Meßmann⸗Soest mit Hrn. Referendar Max von Briesen (Göttingen — Cassel). — Frl. Lotte Radecke mit Hrn. Dr. phil. Gustav Christ (Berlin).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Rittergutsbesitzer C. Krautwald (Volkmannsdorf). — Eine Tochter: Hrn. Kammerherrn Joseph Frhrn. von Maltzahn (Mirow).
Gestorben: Hrn. Pastor David Schwartzkopff Tochter Käthchen (Berlin). — Konventualin Elise von Oertzen Ribnitz. — Fr. Oberförster Agathe Stumpff. geb. von Braunschweig (Kolberg). — Hr. Amtsrichter a. D. Hillmann (Ober⸗ Glogau). — Hr. Rechnungs⸗Rath Robert Igel (Breslau).
Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt Berlin SW., Wilhelmstvaße Nr. 32.
Sechs Beilagen
Oper in 4 Akten von Arthur Sullivan. Nach Walter Scott'’s gleichnamigem Roman bearbeitet
Donnerstag, 23. Januar: Mit großartiger Aus⸗ stattung an Dekorationen, Kostümen und Requisiten.
Rossini. „Rübezahl“, Flotow. Lenzeszauber“, Walzer (neu) von Wolff. Musikalische Repue,
(einschließlich Börsen⸗Beilage). (57 ¼)
c
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preu
Berlin, Montag, den 13. Januar
n Staats⸗Anzeiger. “ 1896.
Deutscher Reichstag.
13. Sitzung vom 11. Januar 1896, 1 Uhr.
SDoagesordnung: Fortsetzung der ersten Berathung des Entwurfs eines Börsengesetzes und des Entwurfs eines b betreffend die Pflichten der Kauf⸗ leute bei Aufbewahrung fremder Werthpapiere, und erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend den Verkehr mit Butter, Käse, Schmalz und ihren Ersatzmitteln.
Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der Nummer vom Sonnabend berichtet.
Nach dem Abg. Bachem nimmt bei der Berathung der erstgenannten beiden Vorlagen das Wort Abg. Dr. Hahn (b. k. F.): Energischer noch und rücksichtsloser als Herr Meyer hat sich Herr Fischbeck gegen die Interessen der Mittel⸗ stände ausgelassen. Ueber seine Tonart muß ich mich sehr wundern, namentlich über die Art, wie er unser verehrtes Mitglied den Grafen Kanitz behandelte. Er wie verschiedene andere Gegner könnten vom Grafen Kanitz noch manches lernen. Seine Ausführungen zeichnen sich durch sachverständiges Eindringen in die Materie aus, das wird auch von seinen wirthschaftspolitischen Gegnern anerkannt. Nan sucht die Bauern gegen die Junker, gegen den Adel aufzuwiegeln. Aber die Bauern in Nordwestdeutschland, wo ich wohne, die Strandsachsen und die freien Friesen haben dieselben Interessen zu verfechten wie der Adel; sie haben alle denselben Kampf zu kämpfen gegen das internationale Riesenkapital; Bürger, Bauer und Edelmann gehören in diesem Kampfe immer zusammen. Herr Fischbeck meinte, die russischen und argentinischen Bauern zahlten höhere Zinsen als die deutschen. Das mag richtig sein, aber man vergißt dabei immer die Valutadifferenzen. Die argentinischen Bauern können bei dem hohen Goldagio immer noch ganz erhebliche Gewinne erzielen; es sollen beim Körnerbau noch 40 % dort verdient werden. Daß der Terminhandel Preisdifferenzen ausgleicht, ist richtig; aber indem er größere Differenzen ausgleicht, schafft er fortwährend künstlich neue kleine Differenzen. Die künst⸗ lichen Preistreibereien wollen wir aber durch das Gesetz eindämmen. Ueber den Börsenausschuß noch Worte zu verlieren, hieße Eulen nach Athen tragen. Der Börsenausschuß ist in seiner jetzigen Zusammen⸗ setzung getadelt worden — wohl nur, weil man den Vorschlag des Grafen Kanitz übersehen hat, daß eine Reichs⸗Emissionsbehörde ge⸗ schaffen werden soll, für welche zwingende Gründe sprechen. Die Entwicklung des großen Bankwesens, die Verschmelzung der Diskontobank mit der Norddeutschen Bank in Hamburg, die Ausdehnung der Deutschen Bank, der Dresdner Bank u. s. w. zeigt, daß die kleinen Banken verschwinden. Dem müssen wir entgegenwirken; wir müssen eine Reichs⸗Emissionsstelle schafften. Man wird sagen, man solle die Interessenten unter sich — Das könnte nur geschehen, wenn sie das allgemeine Interesse wahrnehmen, wenn sie die genügende Intelligenz besitzen, die man erwarten könnte. Wie anders als durch die mangelnde Fn. telligenz sind die vielen Mißgriffe zu erklären? Warum sind in den Motiven die ausländischen Anleihen und die Emissionsfirmen nicht mit Namen genannt? Ich kann den verbündeten Regierungen den Vorwurf nicht ersparen, daß sie bei manchen Emissionen es an dem nöthigen Rath haben fehlen lassen. Die verbündeten Regierungen kannten die Entwickelung Portugals und Argentiniens wohl zur Ge⸗ nüge, um ihre warnende Stimme zu erheben. Es ist ge⸗ fordert worden, daß die Regierung Schritte für nothleidende Papiere thun sollte. Der Reichskanzler Graf Caprivi er⸗ klärte nur, daß das geschehen würde, aber das ist nicht enug. Wir müssen den betreffenden Staaten etwas mehr zu b B. Portugal auf kolonialem Gebiete. Provinz Buenos Aires, welche einen großen Aufschwung genommen hat, aber trotzdem ihre Zinsen an die deutschen Gläubiger nicht be⸗ zahlt, sollte das Auswärtige Amt etwas näher treten. Hätten wir ein Börsengesetz schon gehabt zu Beginn des Exports deutschen Kapitals ins Ausland, so hätten wir nicht so große Verluste erlitten. Die Emissionsfirmen möchten gern unter sich bleiben; Herr betrachtete es als eine Beleidigung, daß man sich in die zeschäfte des Kaufmannsstandes einmischen wolle. Aber die Emissions⸗ häuser arbeiten ja nicht bloß mit ihrem eigenen Gelde, sondern mit dem Gelde des Publikums. Die Zentralstelle würde sich ein Urtheil bilden müssen über die Verhältnisse des Auslands, über die Dampf⸗ schiffs⸗ und Eisenbahnunternehmungen u. s. w. Von diesen Dingen verstehen die Bank⸗Direktoren nichts, die doch an der Börse ihren Anfang gemacht haben. Der Börsenkommissar, der sich bloß mit der Kursfeststellung beschäftigte, würde eine lächerliche Figur sein. Der Kommissar soll vorgehen können gegen die Ausschreitungen des Vorbörsen⸗ und des Nachbörsenverkehrs, gegen die Ausstreu⸗ ungen von falschen Nachrichten u. s. w. Vor zwei Jahren habe ich vorgeschlagen, eine Auskunftsstelle für Werthpapiere zu schaffen; ich wurde damals von Herrn Richter ausgelacht, weil ich Geheime Papier⸗Räthe schaffen wollte. Der Börsenkommissar wäre die ge⸗ eignete Persönlichkeit dafür. Wenn eine Reichs⸗Börsenstelle geschaffen würde, würden wir in die Lage kommen, an der Thätigkeit der großen Börsenfirmen Kritik zu üben, wozu jetzt gar keine Gelegenheit egeben ist. Der Kommission empfehle ich, ihre besondere Aufmerksam⸗ eit dem Pfuschmaklerthum zuzuwenden. Zu Bedenken giebt das unsolide Feitgesüt Anlaß, weil nur ein bestimmter Typ an der Börse gehandelt wird. Für Kammzug giebt es z. B. 30 Sorten, aber nur ein Typ wird an der Börse gehandelt. Man will den Kammzug⸗Terminhandel beibehalten, weil wir sonst von Belgien ab⸗ hängig werden würden. Es würde doch Mittel und Wege geben, um Belgien von einer solchen Ausbeutung des deutschen Marktes abzuhalten. Wir haben ja auf anderen Gebieten, z. B. bei der Arbeiterversicherung, den Anfang gemacht; warum soll es nicht auf diesem Gebiete geschehen? Beim Termingeschäft entscheidet die Börse nicht bloß über ihre eigenen Interessen, sondern über das Wohl und Wehe weiter Volkskreise, namentlich auch der deutschen Landwirthschaft. Es muß besonders darauf gesonnen werden, den Handel mit Getreide im Interesse der Land⸗ wirthschaft unabhängig zu machen vom Termingeschäft. Bei dem Termingeschäft in Effekten ist zu unterscheiden zwischen den Papieren mit festen Zinsen und denen mit Dividenden. Das Publikum sollte von dem Geschäft mit Dividendenpapieren vollständig fern gehalten werden. Das Börsenregister wird ganz geeignet sein, das Publikum von dem Termingeschäft nach Kräften abzuhalten, zu welchem jetzt die Schlepper das Publikam heranzuziehen suchen. Die großen Firmen werden ja das Publikum nicht heranschleppen, aber sie gestatten dem Publikum zu leicht die Betheiligung an der Ultimospekulation. Die kleinen Kommissionsgeschäfte werden verdrängt durch die großen Banken. Die Kinder der kleinen Banquiers haben für die Zutunft nur die Aussicht, Bankbeamte zu werden. Ich möchte das sozialpolitische Gewissen anrufen. Ich habe mich gefreut, daß die Banken Geld gesammelt haben für die Boeren, die bei der Zurückweisung des Dr. Jameson verwundet wurden. Aber ihren Angestellten gegenüber lassen es die dfohen Banken noch manchmal an dem Nöthigsten fehlen. Es ist bedauerlich, daß für diese Privatbeamten ein Beamtenrecht noch nicht besteht, daß sie in Bezug auf ihre Pensionierung auf die Gnade ihrer rodgeber angewiesen sind. Hoffentlich verschwindet diese Anregung, die ich heute gegeben habe, nicht wieder von der Tagesordnung. Die B ich oft in einer schlechteren Lage als di
eibe gehen, z.
Auch der
arbeiter, für welche die Sozialdemokraten allein sorgen wollen. Die Emissionsfirmen haben niemals die nationalen Interessen gewahrt. Die fremden Werthe von Freund und sind nach Deutschland gekommen. Trotzdem Dänemark im Falle eines Konflikts nicht auf deutscher Seite stehen wird, sind dänische Werthe eingeführt worden, und man bemüht sich auch leider wieder, russische Werthe einzuführen, obgleich es besser wäre, die russischen Werthe auf den französischen Markt zu verweisen. Die Agrarier wenden sich gegen die Auswüchse des Börsenterminhandels, weil sie am meisten darunter leiden; die Börse hat sich für die Handelsvertragspolitik ausgesprochen, weil sie an dem internationalen Verkehr das größte Interesse hat. Das solide, noth⸗ wendige Börsengeschäft wollen wir nicht stören, aber wir werden in der Kommission Mittel und Wege finden müssen, das Publikum zu schützen. Die Vorlage soll nicht bloß ein kalmierendes Tränklein sein, sondern wir müssen durch eine gründliche Operation den kranken Körper zur Gesundung führen. Der wirthschaftliche Körper leidet an einer gewissen kapitalistischen Fettleibigkeit, durch welche die Beine ö sind. Wir wollen die Beine, d. h. die produktiven Stände, ärken.
1 Abg. Fürst Radziwill erklärt namens der Polen, daß die Vorlage der verbündeten Regierungen die Billigung seiner Fraktion finde, und spricht seine Freude darüber aus, daß danach gestrebt werde, die nachtheiligen Wirkungen der großen Transaktionen an der Börse auf das wirthschaftliche Leben zu verhindern.
Damit schließt die Debatte. Die Vorlage wird einer Kom⸗ mission von 21 Mitgliedern überwiesen.
Abg. Graf Kanitz (dkons.) bittet den Präsidenten, der Kom⸗
mission im Interesse der Berichterstattung Stenographen beizugeben. Abg. Spahn (Zentr.) glaubt, daß man der Kommission über⸗
lassen könne, eine Anregung nach dieser Richtung hin zu geben.
b Abg. Graf Kanitz: Dadurch würde die Kommission eine Sitzung verlieren. Präsident Freiherr von Buol⸗Berenberg weist darauf hin, daß in der vorigen Session der Kommission für die Berathung des Antrags Kanitz ebenfalls Stenographen beigegeben worden seien, aber auf ihren Antrag.
Das Haus überläßt die Angelegenheit der Entscheidung der Kommission.
Es folgt die erste Berathung des Gesetzen twurfs, be⸗ treffend den Verkehr mit Butter, Käse, Schmalz und ihren Ersatzmitteln. Das Wort ergreift zu⸗ nächst der
„Abg. Bachem (Zentr.): Nach dem vorliegenden Entwurf sollen zunächst Geschäftsräume und sonstige Verkaufsstellen sowie die Fabriken scharf kontroliert werden. Das kann nur gebilligt werden. Daß der Bundesrath ermächtigt werden solle, das gewerbsmäßige Verkaufen und Feilhalten von Butter, deren Fettgehalt nicht eine bestimmte Grenze erreicht oder deren Wasser⸗ oder Salzgehalt eine bestimmte Grenze überschreitet, zu verbieten, halte ich für völlig berechtigt. Auch an der Börse kann ja das Angebot von minderwerthigem Getreide verhindert werden. Ich wünschte, daß der Bundesrath von dieser Befugniß, den Handel mit minderwerthiger Waare zu verbieten, recht ausgedehnten Gebrauch machte. Wenn das Gesetz das Erforderniß verlangt, daß in den Geschäftsräumen, wo Margarine oder Kunstspeisefett gewerbsmäßig verkauft wird, an einer in die Augen fallenden Stelle die deutliche und nicht verwischbare Inschrift „Verkauf von Margarine ꝛc.“ zu sehen soll, so wird man sich fragen, ob nicht auch für öffentliche Lokalitäten, wo zwar kein direkter Verkauf stattfindet, aber doch Margarine verwendet wird, sei es zum Braten des Fleisches oder zum Bestreichen des Brots, eine ähnliche Bestimmung eingeführt werden müßte. Ich erinnere an den Fall, wo ein Mann auf einer Reise auf jedem Bahnhof sich ein belegtes Butterbrot geben ließ, und schließlich sich herausstellte, daß fast sämmtliche Brote mit Margarine bestrichen waren. weiß nicht, ob diese Geschichte wahr ist. (Abg. Richter: Erfunden!) Nun, dann ist sie wenigstens hut erfunden. ie gegen muß man Fü chat werden. Der an sich sehr guten Bestimmung, daß in
äumen, woselbst Butter gewerbsmäßig hergestellt, aufbewahrt oder verpackt wird, die Herstellung, Aüfbewahrung oder Verpackung von Mar⸗ garine untersagt ist, wird die Spitze dadurch wieder abgebrochen, daß von ihr das Aufbewahren der für den Kleinhandel erforderlichen Bedarfsmengen in öffentlichen Verkaufsstätten wieder ausge⸗ nommen ist. Die Gefäße und äußeren Umhüllungen, in denen Margarine verkauft wird, sollen die nicht verwischbare Inschrift „Margarine“ tragen. Vielleicht empfiehlt es sich, gewisse Formen vorzuschreiben, in denen nur die Margarine verkauft werden darf. Der Gedanke der Färbung der Marzgarine, die von manchen Seiten verlangt ist, ist mir nicht sympathisch, weil weite Kreise daran Anstoß nehmen würden. Ich persönlich würde es nicht thun. Der erstrebte Zweck, illoyale Konkurrenz abzuschneiden, würde dadurch auch kaum erreicht. Das Gesetz wird aber — ich spreche allerdings nur in meinem eigenen Namen — vielleicht so auszugestalten sein, deß die Butterproduktion erleichtert wird. Die Margarinefabrikation ist seit 1887 von 15 auf 90 Millionen Kilogramm gestiegen und wird demnach nach weiteren sieben Jahren vielleicht, auf 200 bis 250 Millionen Kilogramm gestiegen sein. Hat da nicht der Staat die Pflicht einzuschreiten, um die Butter produzierenden Erwerbs⸗ zweige zu schützen? Die Möglichkeit, die produzierte Butter anzubringen, ist schon jetzt außerordentlich erschwert, und die Butter produzierende Bevölkerung wird immer mehr gefährdet. Da muß man der Frage einer Besteuerung der Margarine kühlen Herzens gegenübertreten. Der Staat kann die an sich gesunde Entwicklung der Margarinefabrikation ja nicht abschneiden, aber er kann sie zu verlangsamen suchen, damit sich in der Zwischenzeit die Butterproduzenten auf diese Konkurrenzverhältnisse einrichten können. Man spricht zwar von einer Vertheuerung der Lebensmittel; aber die Besteuerung würde die Mesrgrges nicht vertheuern, denn die Fabriken arbeiten mit einem sehr hohen Gewinn. Der Verdienst der Füs. kanten würde also vermindert und damit der Anreiz, neue Fabriken zu gründen. Dann schwindet auch die Neigung des Zwischen⸗ handels, mit aller Kraft auf die Verbreitung der Margarine hinzu⸗ wirken. Eine Erhöhung des Margarinepreises wäre schwer, weil sich sonst der Preis der besten Margarine dem Preis der ge⸗ ringsten Sorte Butter zu jehr nähern würde. Eine weitere Ge⸗ fährdung der Butter produzierenden Bevölkerung würde wieder zahl⸗ reiche kleine Bauern in die Großstädte treiben, dort die Arbeitslosigkeit vermehren, einen kolossalen Druck auf die Löhne ausüben, die Schul⸗ lasten, Armenlasten u. s. w. und damit die Kommunalsteuern steigern. Die Steuer könnte nach den Farbenstufen progressiv bemessen werden. Das klingt zunächst etwas scherzhaft, aber wem daran liegt, daß seine Margarine aussieht wie Butter, der kann ruhig eine höhere Steuer bezahlen. Was nützt es, wenn einige Margarinefabrikanten gute Ge⸗ schäfte machen und tausende und abertausende von kleinen Bauern⸗ existenzen geschädigt werden! Unsere steuerlich stark belasteten rheinischen Bauern insbesondere haben unter der Konkurrenz des holländischen und überseeischen Schlachtviehs und der mit der mangelhaften Kontrole verknüpften Verseuchungsgefahr viel zu leiden. Der Margarinekäse ist heute ein noch sehr wenig verbreitetes Pro⸗ dukt; in 10 Jahren aber dürfte diese Produktion denselben Auf⸗ schwung genommen haben, wie ö. 1“ Es wäre
einer
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näher
zu treten. Ich beantrage, die Vorlage einer Kommission von vier⸗ zehn Mitgliedern zu überweisen.
Abg. von Podbielski (dkons.): Ich begrüße die Vorlage als einen erheblichen Fortschritt und hoffe, daß es gelingen wird, in der Kom⸗ mission das Gesetz auszubauen und zu verschärfen. Wirksam werden kann das Gesetz, wenn die Ermächtigungen, welche dem Bundesrath ertheilt werden sollen, wirklich durchgeführt werden, wenn wirkli eine gerechte und strenge Kontrole eingeführt wird, damit nicht Waare verkauft wird, welche dem nicht entspricht, als was sie bezahlt wird. Es wird überhaupt auf Grund des Nahrungsmittelgesetzes zur Gründung von Untersuchungsanstalten in größerer Zahl geschritten werden müssen. Ich kann es nur dankend anerkennen, daß der Mörbeder ein städtischer Vertreter, so warm für den Bauernstand eingetreten ist, der sich in einer höchst schwierigen wirthschaftlichen Lage befindet. Daß der Butterpreis nicht gesunken sei, muß ich bestreiten; wir sind jetzt im Winter auf einen Butterpreis von 95 ℳ gekommen; im vorigen Sommer betrug der Preis 78 ℳ für Landbutter, d. h. die Butter des kleinen Landwirths war überhaupt unverkäuflich. Die Margarine ist für die Volksernährung von großer Bedeutung; wir wollen den Verkehr darin nicht unterbinden. Aber bekommt denn der Arbeiter für sein Geld die Waare, die er erwartet? Das müssen wir mit „nein“ beantworten; es findet eine Täuschung des Konsumenten statt. Die Margarinefabrikation ist entartet. Man benutzt nicht nur reine Oleo⸗Margarine, sondern auch das Stearin; und um das Fett streichbar zu machen, wird Cottonöl zugesetzt. Man hat früher über die Talglichter verzehrenden Kosaken gelacht; jetzt verzehren wir das Stearin, welches zur Lichtfabrikation verwendet werden sollte. Bei der Fabrikation von Margarine werden vielfach Rückstände von Vieh benutzt, vor deren Genuß viele Känufer von Margarine doch zurückschrecken würden. Die eingeführten Rohstoffe für die Fabrikation müßten einer strengen Kontrole unter⸗ worfen werden. Die Färbung der Margarine kann man unter⸗ lassen; denn einmal kann die Farbe doch leicht wieder entfernt, oder durch andere Färbung so geändert werden, daß die Farbe der Butter⸗ farbe ähnlich wird. Die Gesetzgebung ist in Belgien am weitesten gegangen. Man hat die Scheidung der Verkaufsräume absolut durchgeführt, ohne daß es zu Schwierigkeiten geführt hätte. Es be⸗ steht eine Streitfrage darüber, ob die “ von Milch zu ge⸗ statten ist; darüber ist man aber einig, daß für die Kunstspeisefette die Zumischung verbgten werden müsse. Der Berliner Butterkrieg hat zu dem Ergebniß geführt, daß die Butterhändler sich bei Ver⸗ mischung der Butter und der Margarine immer damit entschuldigt haben, daß dies seitens des Lieferanten oder seitens der Angestellten aus Versehen geschehen sei. Um solche Versehen zu verhindern, muß eine Trennung der Verkaufslokalitäten erfolgen. Die Fabrikation von Margarinekäse hat zugenommen, aber es giebt wohl niemand, der wissentlich Margarinekäse gegessen hätte. Es wird so gehen wie mit der Butter; Margarine wurde als Faktoreibutter nach England verkauft, bis die deutsche Butter das Vertrauen verlor und der ganze Export stockte; so wird es mit dem Margarinekäse schließlich auch gehen. Den hundert Margarinefabriken stehen Tausende von Bauern gegenüber, welche sich auf die Viehzucht gelegt haben, weil der Körnerbau nicht mehr lohnt. Diesen Bauern macht die Margarine eine bedenkliche Konkurrenz. Deshalb muß das Gesetz so ausgestaltet werden, daß es wirksam wird für unsere deutsche Landwirthschaft, für den deutschen Bauernstand. Wir beantragen die Verweisung der Vorlage an eine Kommission von 14 Mit⸗ gliedern.
Abg. Krüger (nl. ist im allgemeinen einverstanden mit der Vorlage, wenn ihm au die Kontrole der Fabrikationsräume und der Lagerräume eine zu weitgehende scheint; namentlich müßte den Beamten ebenso wie den Fabrikinspektoren Wahrung des Ge⸗ schäftsgeheimnisses zur Pflicht gemacht worden. Daß die Befugniß zum Erlaß weiterer Anordnungen dem Bundesrath übertragen sei, sei richtig: weil dadurch die Einheitlichkeit des Verfahrens gewahrt werde. Redner empfiehlt ebenfalls die Einsetzung einer Kommission.
Abg. Müller⸗Waldeck (deutsch⸗soziale Reformp.) spricht seinen
Dank dafür aus, daß die Regierung sich entschlossen habe, den pro⸗ duktiven Ständen auf diesem Gebiet zu Hilfe zu kommen; aber be⸗ dauerlich sei es, 8. Regierung den betretenen Weg nicht bis ans Ende gegangen sei; hoffentlich gelinge es in der Kommission, die Regierung von der Nothwendigkeit der Verschärfung der Vor⸗ lage zu überzeugen. Redner bedauert ferner, daß die Motive noch immer nicht genügend Rücksicht darauf nähmen, daß der Name Buttter allein für die Butter reserviert bleiben folle, und daß man eine gesundheitspolizeiliche Kontrole der Fabrikation für unausführbar halte, trotzdem doch eine solche Kontrole für die solide Fabrikation von großer Bedeutung wäre. Die Trennung der Verkaufslokalitäten lasse sich in den Städten sehr leicht durchführen; auf dem Lande gebe es keinen eigentlichen Butterhandel, die Konsumenten könnten sich leicht beim Produzenten mit Butter versorgen. Die Färbung der Margarine sei nicht möglich, weil sie ein sehr weit verbreitetes Volksnahrungs⸗ mittel treffen würde. Aber umgekehrt würde es vielleicht durch⸗ führbar sein, das Färben der Margarine, um sie der Butter ähnlich zu machen, zu verbieten. Man brauche bei der Behandlung der Materie nicht so sehr zartfühlend zu sein, denn die Oleo⸗Margarine, welche bür Herstellung der Kunstbutter verwendet werde, komme hauptsächlich aus dem Auslande; die einheimische Produktion sei dabei nicht betheiligt. 1 Krzyminski spricht sich namens der Polen ebenfalls für die Vorlage aus; es sei erfreulich, daß die Wissenschaft ein sehr gutes Ersatzmittel für Butter geschaffen habe, und es sei zu hoffen, daß die Vorlage den unlauteren Wettbewerb bei der Fabrikation behindern werde. Eine Preissteigerung, wie sie die Agrarier erhofften, werde wohl nicht eintreten,; wie denn überhaupt die ganze Frage nur vom gesundheitlichen Standpunkt aus beurtheilt werden dürfe.
Schluß 4 ½ Uhr. Nächste Sitzung Montag 1 Uhr.
Nr. 2 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 10. Januar, hat fol⸗ genden Inhalt: Kolonialwesen: Ermächtigung zur Ausübung der Ge⸗ richtsbarkeit erster Instanz sowie zur Vornahme von Zivilstandsakten für das vIe der Marschall⸗Inseln. — Bankwesen: Status der deutschen Notenbanken Ende Dezember 1895. — Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.
Nr. 2 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 11. Ja⸗ nuar, hat folgenden Inhalt: Amtliches: Dienst⸗Nachrichten. — Nichtamtliches: Der Neubau der Moabiter Brücke in Berlin. — Der Wettbewerb für das neue Provinzial⸗Museum in Hannover. (Schluß.) — Der heutige Stand der Wiener Wasserversorgung. — Berechnung von Mauerankern. — Vermischtes: Auszeichnungen an Baubeamte der Stadt Berlin. — Preisbewerbung für einen Monu⸗ mentalbrunnen in Aschaffenburg. — Preisbewerbung für Thür⸗ und Fensterbeschläge. — Verfahren zur Trockenlegung von Baugruben. — Wedmungetaser an der Schack⸗Galerie in M U den — Besuch der Technischen Hochschule i Berlin. 8