1896 / 12 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Jan 1896 18:00:01 GMT) scan diff

vielem Geschick behandelt. Als ein weit gedie eeneres und stilistisch hervorragenderes Werk erschien das Trio für Klavier, Violine und Waldhorn von J. Brahms, in welchem auch die verschiedenen Klang⸗ farben dieser drei Instrumente möglichst gut ausgeglichen sind. Den Schluß des Abends bildete Haydn's Streichquartett in G-moll, das wie die vorausgegangenen Werke mit Präzision in der Zusammen⸗ wirkung und fein schattierter Vortragsweise zu Gehör gebracht wurde. Das wenig zahlreich erschienene Publikum spendete den Künstlern wohlverdienten Beifall.

Im Königlichen Opernhause gelangen morgen Leoncavallo's „Bajazzi“ unter Kapellmeister Sucher's Leitung in folgender Be⸗ setzung zur Aufführung: Canio: r Sylva; Tonio: Herr Bulß; Silvio: Herr Fränkel; Fräulein Egli singt zum ersten Mal die Rolle der Nedda Hierauf folgt das Ballet „Phantasien im Bremer Rathskeller“. 1

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen das Lustspiel „Das Hungerloos“ gegeben. Die Herren Klein, Vollmer, Keßler, Hertzer, die Damen Hausner, von Mayburg, Abich sind darin

beschäftigt. 8 Berliner Theater geht morgen Abend um 7 Uhr

oethe's „Faust“ in Scene. In der Rolle des Valentin debütiert 155 sieaseefar der seit dem 1. Januar wieder dem Ver⸗ bande dieses Theaters angehört.

Im Schiller⸗Theater kommt morgen, Donnerstag. „Onkel Bräsig“ zur Aufführung. Am Sonntag findet im Bürgersaale des Rathhauses der erste „Emanuel Geibel⸗Abend“ statt.

Im Neuen Theater wird am 18. Januar der Aufführung des Bisson'schen Lustspiels „Der Herr Direktor“ ein einaktiges historisches Stück vorangehen, welches „Auf Befehl des Königs“ betitelt und von

dke verfaßt ist. 1 Kmehfe va Faber. e wird unter Leitung des Herrn Felix

Weingartner am 11. und 12. Februar zwei große Konzerte in Leipzig veranstalten. Dis große Festvorstellung des Zweigvereins „Berlin des „Vaterländischen Frauenvereins“, welche am 8. Januar wegen der Trauer für Seine Königliche Hoheit den Prinzen Alexander abgesagt wurde, findet nunmehr definitiv am 30. d. M. in Kroll's Theater statt. Das Programm wird demnächst bekannt gegeben

werden.

Der „Grillparzer⸗Preis“ in Höhe von 2400 Gulden ist, wie 2. T. 8. aus Wien meldet, dem Dichter Gerhart Hauptmann für sein Drama „Hannele“ zuerkannt worden

Mannigfaltiges.

Ueber die Vorarbeiten für die Berliner Gewerbe⸗Aus⸗ stellung 1896 theilt der Arbeitsausschuß folgendes Weitere mit: Die umfangreiche Gruppe II, welche die gesammte Bekleidun 8⸗ industrie umfassen wird, hat von Anfang an mit einer Schwierigkeit u kämpfen, die sich in keiner anderen wiederholt. Sie ist die einzige Gruppe, welche in einer Unterabtheilung (Damenkleider und Mäntel sowie Putz) mit Artikeln zu thun hat, die der Mode nterworfen sind, also schwerlich jetzt schon beschafft werden können. Der Gruppenvorstand hat infolge desten innerhalb dieser Unterabtheilung einen Ausstellern die Möglichkeit zu bieten gesucht, neben ihren leibenden Ausstellungsobjekten auch diejenigen in immer wechselnder Weise vorzuführen, welche während der Dauer der Ausstellung sich

vom 15. Januar,

Morgens. und Gretel.

Wind. V Sen⸗ 6 r.

8 83 HE —½ 8 rS,.8 88R 5₰ 2

red. in Millim.

halb bed. bedeckt

WNW 8 wolkig 3 2 1

Belmullet.. 748 Aberdeen 732 SW Christiansund 744 WSW Kopenhagen. 751 W Stockholm . 748 W aranda . 733 WSW t. Petersburg 745 SSO Moskau 764 S .

Cork, Queens⸗ 754 WNW 757 W 752 S urg.. 4 S Swinemünde 753 WNW Neufahrwasser 752 WSW Memel 749 NW

888 759 SSW ünster..

757 SW Karlsruhe. 758 SW Wiesbaden 758 bedeckt²) München 756 W bedeckt ³) Chemnitz. 757 SW Nebel Gerlin... 754 WNW A bedeckt4) Wien... 757 still Schnee Breslau 2754 WSW 2Schnee Ile d'Aix.. 763 S 4 Regen Nizza ETTEEI1I“] 1 wolkenlos Teiest.... . 754 still bedeckt

¹) Nachts Schnee. ²) Gestern Schnee. ³) Gestern Schnee. ⁴) Gestern Regen.

Uebersicht der Witterung.

Ein barometrisches Minimum ist nördlich von Schottland erschienen, wobei das Barometer in 14 Stunden auf den Hebriden um 21, zu Shields statt xum 15 mm gefallen ist. Ein barometrisches Maximum hat sich über Westfrankreich ausgebildet. Bei schwacher westlicher und südwestlicher Luft⸗ strömung und ohne erhebliche Aenderung der Wärme⸗ verhältnisse ist das Wetter in Deutschland trübe und zu Niederschlägen geneigt. Nur in dem Küstenstriche von Kiel bis Rieufebecbaffer herrscht heitere Witte⸗ rung, allenthalben, außer im Südwesten, herrscht

‚leichter Frost. Deutsche Seewarte.

Theater.

Königliche Schauspiele. Donnerstag: Opern⸗ haus. 15. Vorstellung. Bajazzi. Oper in 2 Akten und einem Prolog. Musik und Dichtung von R. Leoncavallo, deutsch von Ludwig Hartmann. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Diri⸗ gent: Kapellmeister Sucher. Phantasien im Bremer Rathskeller. Fhartastgsche Tanz⸗ bild, frei nach Wilhelm Hauff, von Emil Graeb. Musik von Adolf Steinmann. Dirigent: Musik⸗ direktor Steinmann. Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 16. Vorstellung. Das Hunger⸗ loos. Lustspiel in 4 Aufzügen von Heinrich Vollrat Schumacher und Georg Malkowsky. In Scene ghfet vom Ober⸗Regisstur Max Grube. Anfang 7½⅔

7 ½ Uhr.

Nebel wolkenlos 1 halb bed. 4 Schnee 4 der wolkenlos 21 und Mittel⸗

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wolkig halb bed. Regen bedeckt bedeckt ¹) heiter wolkenlos bedeckt

bedeckt Dunst Dunst

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75 ₰.

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finden.

fang 7 ½ Uhr.

Guckerl.

Paul Block.

25 zu 15 m.

folge von

richtung von Trinkhallen, sammt 6063 erzielt. Die wirthschaftlichen Benutzung, belegen sind und einen

lichen Grundbesitz der

den Rummelsburger See 8220

außerhalb Berlins betrugen im 99 446,15

hauer Herter, Aufstellung finden.

Freitag: Opernhaus.

Sonntag, Nachmittags 2 ½ Uhr: In Kro Theater: Die Tochter des Regiments. Komische Oper in 4 Akten von Gastano Donizetti. nach dem Französischen von Saint Georges. Plätze: 5

alkon 3 Seiten⸗Balkon 2 Stehplatz 1ℳ Abends7 Uhr: Das Hungerloos. Lustspiel in 4 Aufzügen von Heinrich Vollrat Schumacher und Georg Malkowsky.

reise der Plätze: arquet und Mittel⸗ Parquet 2 Seiten⸗Balkon 1 50 ₰. Steh⸗

16. Vorstellung. Hänsel Märchensviel in 3 Bildern von

Engelbert Humperdinck. Text von Adelheid Wette. Phantasien im Bremer Rathskeller. Phan⸗ tastisches Tanzbild, frei nach Wilhelm Hauff, von Emil Graeb. Musik von Adolf Steinmann. An⸗

8 chauspielhaus. 17. Vorstellung. Die Quitzows. Vaterländisches Drama in 4 von Wildenbruch. Regie: Herr Plaschke.

Aufzügen von Ernst Anfang

Kroll'’s

Text Preise Mittel⸗Parquet Seiten⸗Parquet und

remdenloge 4 Mitittel⸗ alkon 2 50 ₰. Seiten⸗

pla .

vus Allerhöchsten Befehl findet am Mittwoch, den 12. Februar cr. in den Opernhauses ein Subscriptions⸗Ball statt. Gesuche um Ballkaärten werden bis zum 29. Januar entgegen⸗ genommen. Dieselben müssen schriftlich gesten⸗ die genaue (Name, Stand, Woh

ersonen karten gewünscht werden. Doppelmeldungen (Zeich⸗ nung in den Subscriptions⸗Listen und besondere Gesuche) sind unter allen Umständen zu vermeiden. Diejenigen Bewerber, welche bis Sonnabend, den 8. Februar, nicht im Besitz der gewünschten Ball⸗ karten sind, können annehmen, daß ihre Gesuche nicht Berücksichtigung finden konnten. fcriptions⸗Ball betreffenden Schreiben wolle man unter der Adresse: General⸗Intendantur der König⸗ lichen Schauspiele, Französischestraße 36, einreichen und mit der Aufschrift: „Ballangelegenheit“ versehen. Eine besondere Beantwortung 1 bei der umfangreichen Arbeit unter keinen Umständen

Räumen des Königlichen

nung) der⸗

enthalten, für welche Ball⸗

Alle den Sub⸗

olcher Gesuche kann

General⸗Intendantur der Königlichen Schauspiele.

Deutsches Theater. Donnerstag: Die Jüdin von Toledo. Anfang 7 ½ Uhr. 8 8 Fentag⸗ Die Weber. onnabend: Die Mütter. 1“

Berliner Theater. Donnerstag: Faust. An⸗

Freitag (19. Abonnements⸗Vorstellung): Fedora.

Sonnabend, Nachmittags 3 Uhr: Festvorstellung. Beruhard von Weimar. Hohenzollern Abends 7 ½ Uhr: .

Lessing⸗-Theater. Anfang 7 ½ Uhr.

Freitag: Comtesse Guckerl.

Sonnabend: Festgedicht von Ernst von Wilden⸗ bruch: Dem Deutschen Reiche zum 18. Ja⸗ nuar 1896. Hierauf: Comtesse Guckerl.

Residenz⸗Theater. Lautenburg. Donnerstag: Hals über Kopf. Schwank in 3 Akten von Werenbre Bisson, Vorher:

Götz von Berlichingen.

Donnerstag: Comte

Direktion: Sigmund

deutsch von In doppelter Be⸗

den Anforderungen der Mode anzupassen haben. In der Mittelballe des ö befindet sich in der Gruppe II der Pavillon der Trachtenaussteilung“ in einer Größe von ieser Pavillon ist zweistöckig gebaut und das obere Stockwerk mit Galerien versehen, welche den Besuchern einen Ausblick auf das Leben und Treiben der gesammten Industriehalle gewähren. Ein kleinerer Theil dieses zweiten Stockwerks ist als „Damenheim der Ausstellung reserviert, in welchem den Damen Erfrischungen ge⸗ boten werden und ihnen die Lektüre sämmtlicher Modezeitschriften der Welt ermöglicht wird. Der größere Theil aber ist für die Sonder⸗ ausstellungen der Gruppe II reserviert, in welchen in bunter Reihen⸗ oche zu Woche wechselnd und von immer verschiedenen Firmen Damenkleider, Mäntel und Umhänge, Hüte, Putz, Modewaaren und Kinderanzüge für Knaben und Mädchen ausgestellt werden sollen. Der zur Verfügung gestellte Raum gestattet nur eine Betheiligung von 20 Firmen aus einer jeden der vier angeführten Branchen, die untereinander ebenfalls abwechseln sollen, sodaß die Woche immer von Sonnabend bis einschließlich Freitag reicht. Letztere Einrichtung ist getroffen, damit die von auswärts kommenden Besucherinnen gleich den Sonn⸗ tag mit zu ihrer Verfügung haben. t legenheit gegeben, außer denjenigen Ausstellungsgegenständen, welche sie in der Hauptausstellung auf ihren festen Plätzen unverändert nur einmal vorführen können, das Publikum auch noch mit ihren sonstigen Erzeugnissen wiederholt bekannt zu machen.

Der Grundbesitz der Stadt Berlin brachte im Ver⸗ waltungsjahr 1894/95 von den bebauten Grundstücken insgesammt eine Miethseinnahme von 300 602 ℳ; davon emfallen auf die wäh⸗ rend der Berichtsperiode erworbenen Grundstücke 34017 Vermiethungen von Platz⸗ beziehungsweise Straßenterrain zur Er⸗ Verkaufsständen ꝛc.

ländlichen Grundstücke welche Bestand von hatten, erbrachten einen Pachtertrag von 11 614,21 ℳ, die außerhalb des Weichbildes belegenen, mit einem Bestande von 405 ha 55 a 78 qm einen solchen von 34 486,40 Ferner sind aus dem länd⸗ Stadtgemeinde 55 096,11 erzielt worden, und zwar aus der Verpachtung für

5000 ℳ, aus der Miethe vom Gasthause in Treptow 13 500 ℳ, vom Eierhause in Treptow 12 000 ꝛc. welche einen Flächeninhalt von 38 ha 44 a 82 qm hatten, wovon jedoch 144 a 61 qm unvermiethet blieben, erzielten einen Miethsertrag von 132 747 Der Reingewinn aus dem Kalksteinbruch zu Rüders⸗ dorf, dessen Ausbeutung an Kalkstein und Gips auf gemeinschaftliche Rechnung des Fiskus und der Stadtgemeinde erfolgt, betrug als Antheil der Stadtgemeide /% desselben entfallen auf den Fiskus 56 839,58 Der städtische Grundbesitz veränderte sich während des Ber chtsjahres durch Erwerbung von sieben Grundstücken 1 346 719 und durch Veräußerung von neunzehn Grundstücken für den Preis von 2 484 492 Die Gesammtausgaben an Staats⸗ und Kommunalsteuer für den Grundbesitz der Stadtgemeinde in⸗ und

Vor dem Bassin im Viktoria⸗Park soll, einem Beschluß des Magistrats gemäß, die Gruppe „Fischer mit Nixe“, von dem Bild⸗

1

proben sind

Kalender

Den Ausstellern ist dadurch Ge⸗ wird, liegt in vor. Die

unverändert.

Aus

insge⸗ zur land⸗ Weichbildes 63 a 76 qkm

wurden

innerhalb des 170 h

eine große

noch an Einnahmen

ℳ, vom Reinickendorfer See

Die Holz⸗ ꝛc. Plätze,

wird Herr

für den Betrag von] vorangehen.

zusammen

Etatsjahre 1894/95

wurde isoliert. entstanden ist.

Anordnung stattung des Nachschlagebuchs erscheinen Der erste über das Königliche Haus und das Fürstliche Haus Hohenzollern; dann folgen die Personalien ꝛc. des Oberst⸗Kämmerer⸗Amts und des Ministeriums des Königlichen Hauses, der obersten Staatsbehörden und der von ihnen Mitglieder der Kommunal⸗Verwaltungen, Stiftungen sind, Personalien, Aemter und Nebenämter, Orden u. dgl. in hergebrachter Weise angeführt.

Zum Besten des unter dem Protektorat Seiner Majestät des Kaisers stehenden „Nationaldanks für Veteranen“ veranstaltet Herr Kommissions⸗Rath Franz Renz in seinem Zirkus am 21. d. M. Gala⸗Vorstellung, erlesensten Nummern des equestrischen Repertoires sowie ferner im zweiten Theil die allabendlich mit so glänzendem Erfolge gegebene Pantomime „Ein Künstlerfest“ enthalten wird.

Morgen hält in der Urania Herr Dr. Miller seinen bereits angekündigten Vortrag Entwicklungsgeschichte der höhberen Thiere“. Spies seine X⸗Strahlen zum ersten Mal öffentlich vorführen und vor den Augen des Auditoriums unsichtbare Körper photographieren. 1 wird um 7 Uhr eine Mittheilung des Herrn Professors Möller aus Braunschweig über

Mährisch⸗ Hermenegildeschacht brach heute Vormittag 11 ½ Uhr aus nicht bekannter Ursache ein Grubenbrand aus. Bis jetzt sind 15 Todte geborgen; 17 Mann wurden

gerettet. Es ist ausgeschlossen, daß der

Im Dezem

Nahrungs⸗ und Genußmitteln amtlich untersucht, von denen 31 beanstandet wurden. 15 nur eine beanstandet, die sich als reine Margarine erwies. Misch⸗ butter ist in keinem zwei

von denen die eine sich als ungenügend sterilisiert erwies, weshalb sie sich bereits innerhalb der plombierten Flasche zersetzten. Im Monat November wurden 10 sogenannte Malzextrakt⸗Gesundheitsbiere amtlich untersucht Darunter erwies sich eines als ein produkt, 6 Proben einer andern Sorte als Mischungen von Malz. extrakt mit einem normalen leichteren Bier, die übrigen als kräftige normale Biere, welche übrigens im Nährwerth besseren Durchschnittz. bieren des Handels nicht überlegen sind.

Der in Carl Heymann’s Verlag hierselbst erscheinende „Ad reß⸗ für die Königlichen städte Berlin und Potsdam sowie für Charlottenburg“, der im Bureau des Königlichen Ministeriums des Innern redigiert

ber v. J. wurden in Berlin 326 Proben von Unter den Butterproben wurde von

alle beobachtet worden. Unter den Mil roben sterilisierter Milch bemerkenswert stark gewässert, die andere alg

mit Glycerin versetztes Misch⸗

Haupt⸗ und Residenz⸗

seinem 182. Jahrgange für das Jahr 1896 des Stoffes und die äußere Aus⸗ in allem Wesentlichen

Abschnitt beginnt mit den Angaben

ressortierenden Verwaltungen u. s. w.; auch die öffentlichen Anstalten und

wie bisher, vollzählig mitgetheilt. Ueberall sind die

deren Programm die aus⸗

„Das Hühnchen im Ei, Einblicke in die Am nächsten Montag

Experimente mit den Röntgen'schen

Diesem Vortrag

das sogenannte „Internationale Wolkenjahr“

Ostrau 14. Januar. „W. T. B.“ meldet: Im Der brennende Schacht

rand durch eine Explosion

Föedns. Plauderei von Paul Linsemann. Anfang r.

Freitag und folgende Tage: Hals über Kopf. In doppelter Bekehrung.

Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25 —26.

Vom 16. bis 22. wegen Neueinrichtung der Maschinerien geschlossen.

Donnerstag, 23. Januar: Mit großartiger Aus⸗ stattung an Dekorationen, Kostümen und Requisiten. ersten Male: Der Hungerleider. Aus⸗ tattungskomödie in 12 Bildern von Julius Keller und Louis Herrmann. Musik von Louis Roth. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche.

Nenes Theater. Scheffbauerdamm 4a./5. Donnerstag: Gastspiel des Herrn Fraunz Tewele vom K. u. K. priv. Carl⸗Theater in Wien. Der Herr Direktor (Monsieur le Directeur). Lustspiel in 3 Akten von Alexandre Bisson und Fabrig⸗ Carré6. Deutsch von Ferdinand Groß. n Scene gesetzt von Siegmund Lautenburg. Anfang 7 ½ Uhr. reitag: Der Herr Direktor. onnabend: Der Herr Direktor. Vorher: Auf Befehl des Königs. Historisches Lustspiel in 1 Akt von Wilhelm Gaedke. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Francillon. Abends 7 ½ Uhr: Der Herr Direktorr.

7 8 1u“ Theater Unter den Linden. Direktion:

Julius Friöch⸗ Donnerstag: In durchaus neuer glänzender Ausstattung an Dekorationen, Kostümen und Requisiten: König Chilperich. Burleske Ausstattungs⸗Operette in 3 Akten (5 Bildern) von Hervé und Paul Ferrier, deutsch bearbeitet von Eduard Jacobson und Wilhelm Mannstädt. von Hervé. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Prisent. Herr Kapellmeister Federmann. Anfang Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Bei halben Preisen: Der Bettelstudent. Operette in 3 Akten von „Zell und Genée. Musik von Carl Millocker. Abends 7 ½ Uhr: König Chilperich. 1 Sonnabend, den 25. Januar: Zweiter und letzter großer Maskenball.

Adolph Ernst⸗Theater. Donnerstag: Frau Lohengrin. Gesangsposse in 3 Akten, nach dem Fanss ischen bearbeitet von Ed. Jacobson und

. Mannstädt. Kuplets von Gust. Gör von Gust. Steffens. Anfang 7 ½ Uhr.

Freitag: Dieselbe Vorstellung.

Zentral⸗Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Donnerstag: Eine tolle Nacht. Große Aus⸗

stattungsposse mit Gesang und Tanz in 5 Bildern von Wilh. Mannstädt und Julius Freund. Musik

von Julius Einödshofer. In Scene gesetzt vom

Direktor Richard Schultz. Die Tanz⸗Arrangements vom Balletmeister Gundlach. Anfang 7 ½ Uhr. Freitag: Eine tolle Nacht.

Konzerte.

Saal Bechstein. Linkstraße 42. Donnerstag, Anfang 8 Uhr: Quartett⸗Soirée von Marie

Soldat⸗Roeger und Genossinnen

Musik

Zirkus Renz. Karlstraße. Donnerstag: Abends 7 ½ Uhr: Extra⸗Vorstellung. Ein Künstlerfest. Luxus⸗Ausstattungs⸗Pantomime in 2 Abtheilungen vom Großherzoglichen Hof⸗Balletmeister A. Siems, auf das Glänzendste insceniert vom Direktor Fr. Renz. Unter Mitwirkung des gesammten Personals. Neue Musik⸗Einlagen. Ballet von 100 Damen. Kinder⸗Orchester. Erste Abtheilung: Das Fest⸗ comité in Thätigkeit. Zweite Abtheilung: Voll⸗ ständig neu! Im Wasser. Vollständig neu! Gran? Finale: Plafond⸗Pracht⸗Feuerwerk. Außerdem: Auftreten von nur Künstler⸗Spezialitäten allerersten Ranges, u. a. Debüt des Herrn M. G. Loyal mit seiner Original⸗Erfindung: Zeitvertreib eines Sportmannes. Vorführen und Reiten der bestdressierten Freiheits⸗, Spring⸗ und Schulpferde. Auftreten fämmtlicher Clowns.

Freitag: Ein Künstlerfest.

Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr: Jubiläums⸗Fest⸗ Vorstellung. Aus Anlaß der Feier des fünfundzwanzigsten Gedenktages der Kaiser⸗ Proklamation. b

Sonntag: 2 Vorstellungen: Nachmittags 4 Uhr (ermäßigte Preise und 1 Kind frei): 1870/71. Abends 7 ½ Uhr: Ein Künstlerfest.

Familien⸗Nachrichten.

ö“

Verlobt: Frl. Emma von Platen mit Hrn. Prem.⸗ Lieut. d. R. Georg Frhrn. Schenk zu Tautenburg (Sophienwalde —Partsch). Frl. Adelheid von Zastrow mit Hrn. Prem.⸗Lieut. Richard See bohm (Berlin). Frl. Annlies Rabe von Pappenheim mit Hrn. Sec.⸗Lieut. Martin von Goßler (Potsdam). Frl. Augusta von Voß mit Hrn. Prem.⸗Lieut. d. R. Hermann von Wißmann (Berkenbrügge, Kr. Arnswalde). Frl. Mar⸗

arethe Bertelsmann mit Hrn. Pfarramts⸗ Kandidaten Paul Hasse (Bielefeld Soest).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Prem.⸗Lieut. Hotop (Kolmar). Hrn. Regierungs⸗Assessor und Prem.⸗Lieut. d. R. Eduard von Keudell (Breslau). 5. Tochter: Hrn. Lieut. Hugo (Riesen⸗

urg).

Gestorben: Hr. Oberst Robert von Blumenthal (Posen). Fr. Amalie von der Osten, geb. von Ferber (Stralfund). Fr. Bertha von Oertzen, geb. von Oertzen (Marin). Hr. Adjutant Georg von Nassau (Surabaja, Java). Hr. Geheimer Kanzlei⸗Rath a. D. Theodor Dolfuß (Berlin). Verw. Fr. Polizei⸗Hauptmann uguste Hesße⸗ geb. Mueller (Berlin). Hr. Auditeur, Justiz⸗ Rath Anton Kahlert (Breslau). Hr. Gestüts⸗ Inspektor und Ober⸗Roßarzt Otto Gaber (Celle). Verw. Fr. Superintendent Ernestine Meyer, geb. Huntemann (Breslau). Hr. Oberst⸗Lieut. z. D. Albert Metzke (Glogau).

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin 1 Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Fünf Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage)

Erste Beilage

Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

1896.

Berlin, Mittwoch, den 15. Januar

5. Sitzung vom 14. Januar 1896, 1 Uhr. Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen

Nummer des Blattes berichtet.

Letzter Gegenstand der Tagesordnung ist die Fortsetzung der ersten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend Aenderung und Ergänzung des Gerichtsverfassungs⸗ gesetzes und der Strafprozeßordnung.

Abg. Lenzmann (Volksp.) (fortfahrend): Ich gebe allerdings zu, daß für die Regierung die schwankenden und kleinen Mehrheiten maß⸗ gebend sein mußten. Aber wenn die Regierung in 17 Punkten den Kommissionsbeschlüssen folgt und in 24 anderen Punkten sich von ihnen entfernt, so gewinnt es den Anschein, als ob sie sich im Gegen⸗ saz zu diesen Beschlüssen befindet. Es hat mich gefreut, daß der Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts erklärt hat, man solle daraus nicht schließen, daß die Regierung dieselben als unannehmbar betrachte. Von einigen dieser Punkte ist es geradezu wunderbar, daß die Regierung von den Anschauungen der Kommission abweicht, so z. B. bezüglich des forum delicti commissi; die Vorlage will nach wie vor die Strafbarkeit eines Preßerzeugnisses überall da zulassen, wo es verbreitet wird, nicht bloß am Erscheinungsort. Ich hoffe, daß die Regierung sich zur Annahme des Kommissions⸗ beschlusses verstehen wird. Ebenso hoffe ich das bezüglich des Füerintznwangs gegen die Presse. Noch in einem anderen Punkte muß die

egierung dem Reichstage nachgeben, wenn die Vorlage nicht scheitern soll, nämlich bezüglich der Beschränkung der Beweisaufnahme. Die Kom⸗ mission hatte eine Fassung gefunden, welche die Vertheidigung zwar einschränkt darin, daß nicht Dinge zum Beweis gestellt werden, die nicht zur Sache gehören, die aber trotzdem dem Angeklagten eine große 8 läßt. Auch für die Aburtheilung der délits flagrants atten wir die Einschränkung verlangt, daß dem Angeklagten ein Vertheidiger gestellt werde. Die Vorlage will nichts davon wissen, wahrscheinlich aus fiskalischem Interesse, trotzdem bei der Findung des Rechts nichts zu theuer sein kann, auch nicht für den Militär⸗ und Polizeistaat. Bezüglich des Kontumazialverfahrens vermisse ich in der Vorlage die von der Kommission geschaffene Möglichkeit, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu ver⸗ langen. Besonders bedauerlich ist es, daß die Monopolstellung der Staatsanwaltschaft nicht beschränkt wird. Die Kommission hat in dieser Beziehung manche Anträge gestellt, aber die meisten dieser Anträge (die der Redner einzeln aufzählt) sind abgelehnt worden. Die Berufung muß beim Ober⸗Landes⸗ gericht sein. Bei der großen Anzahl von Verkehrsstraßen ist es ebenso leicht, zum Ober⸗Landesgericht zu kommen wie zu einem Landgericht. In diesem Punkte bin ich im Gegensatz zu manchem meiner Freunde mit der Regierung einverstanden, wie überhaupt mit der Ausgestaltung der Berufung. Bezüglich der Entschädigung der unschuldig Verurtheilten bin ich auch der Meinung, daß für erlittene Untersuchungshaft eine Entschädigung gegeben werden muß. Die Gnade, die jetzt sehr spärlich träufelt, soll in ein Recht verwandelt werden. Die unglücklichen Opfer der Justiz müssen entschädigt werden. Wenn gesagt wird, daß das nicht möglich sei, daß schließlich weniger leicht verurtheilt werden wird, so meine ich, daß auch das schon ein Vortheil ist, daß nicht immer die Untersuchungshaft verhängt und nicht so leichthin ver⸗ urtheilt wird. Daß jemand ein Geschäft daraus machen sollte, sich unschuldig einsperren zu lassen, das glaube ich doch nicht. Wenn die Regierung für Untersuchungshaft keine Entschädigung geben will, so warte ich noch eine Zeit lang; ich hoffe, deß, wenn erst für unschuldig erlittene Strafhaft eine Entschäͤdigung gewährt wird, die Ausdehnung auf die Untersuchungshaft nicht ausbleiben wird. Nicht einver⸗ standen bin ich damit, daß die Justizverwaltung über die Entschädigung befinden soll. Zweifelhaft din ich doch darüber, ob es richtig ist, die Entschädigung unschuldig Verurtheilter einzutauschen gegen eine Verschlechterung des Wiederaufnahmeverfahrens. In diesem Punkt behalte ich mir meine Stellungnahme vor, und ich würde dankbar sein, wenn die Regierung ein gewisses Entgegenkommen bewiese. Es entsteht ferner die Frage, ob nicht in diesem Gesetz auch der Strafvollzug geregelt werden muß. Die Strafvollstreckung wird jetzt recht schablonenmäßig durchgeführt, ohne Ansehen der Person und der Strafthat. Die Kommission wird noch Arbeit genug haben und wird ihre Arbeiten beschleunigen müssen, wenn sie in dieser Session zu Ende kommen will. Ich habe mir hauptsächlich zwei Aufgaben gestellt: die Regelung der Gesetzgebung für die armen Irrsinnigen und die Frage des Straf⸗ vollzugs. Ich habe deshalb meinen Beruf für die gegenwärtige Session aufgegeben, um mitarbeiten zu können. Bezüglich des Bürger⸗ lichen Gesetzbuchs bin ich nicht so bereitwillig, mich zu unterwerfen wie Herr von Buchka. In der jetzigen Zeit, wo die Interessen be⸗ strebt sind, das Recht in ihren Dienst zu stellen, muß gerade darauf hingewirkt werden, daß das allgemeine Interesse in den Vorder⸗ grund tritt. Im übrigen bin ich aber auch bereit, möglichst zur Beschleunigung der Berathung des Bürgerlichen Gesetzbuchs beizu⸗ tragen. Wenn ich am Schluß der Session sehe, daß etwas gefördert worden ist auf diesem Gebiete, so werde ich stolz darauf sein. Wir wollen mit der Regierung zugleich das Reich fördern, damit es immer mehr ein Rechtsstaat wird, während es jetzt nur ein Militär⸗ und Polizeistaat ist. Daß der preußische Justiz⸗Minister und der Staats⸗ sekretär des Reichs. Justizamts sich mit uns zu diesem Ziele vereinigen mögen, das ist mein dringender Wunsch.

Abg. Graf Bernstorff⸗Lauenburg (Rp.): Die Arbeiten der Kommissionzsind doch nicht ganz vergeblich gewesen; die Einbringung der Vorlage ist der Beweis dafür, und ich hoffe nunmehr, daß in dieser Session noch die Berathung abgeschlossen wird. In wesentlichen Punkten bringt die Vorlage eine sehr erhebliche Besserung der Justizverhält⸗ nisse, namentlich bezüglich der Berufung und bezüglich der Entschädigung unschuldig Verurtheilter. Es zeigt sich eine große Bewegung im Volk nach dieser Richtung hin. Die Gerechtigkeit bestehr nicht bloß darin, daß der Schuldige bestraft wird, sondern noch viel mehr darin, daß der Unschuldige freigesprochen wird. Ob drei oder fünf Richter, das macht wenig Unterschied; die Entscheidung wird nur um so sorgfältiger sein, wenn die Verantwortlichkeit sich nicht auf zu viele Köpfe vertheilt.

ie Tendenz der Vorlage geht nicht dahin, die Schwurgerichte ab⸗ zubröckeln; dadurch, daß man ihnen Dinge entzieht, die nicht für sie geeignet sind, stärkt man die Autorität. Die Einführung des Nacheides statt des Voreides ist durchaus zu billigen. Redner empfiehlt die Ueberweisung der Vorlage an eine Kommission. 8 Abg. Stadthagen (Sez.): Es klingt ja sehr schön, daß die Vorlage die Entschädigung für unschuldig Verurtheilte bringt; in Wirklichkeit ist aber die Vorlage nichts weiter als ein neuer Schritt zur Beseitigung des Rechtsstaats; die Gerichte sollen immer noch mehr eine Ausführungsbehörde für die staatliche Verwaltung und olizei werden, die Wehrlosigkeit des Angeklagten soll noch vermehrt werden. Zum Schutz des Angeklagten geschieht nichts, die un⸗ gerechteste Strafverfolgung wird durch die Vorlage herbeigeführt. Nicht das Mißtrauen des Volks gegen die Gerichte ist eine Krank⸗ heit, sondern die Gerichtsorgane sind krank, sodaß man nach der Berufung verlangt, weil man denkt, daß es dadurch besser wird. Aber a nützt es dem Angetlagten, wenn es zwei schlechte Verfahren giebt? er sächsische General⸗Staatsanw S at schon 1864

auf dem Juristentage gesagt: wenn man der Staatsanwalt⸗ schaft das Recht der Berufung gebe, dann würden die Gerichte immer mehr zu subalternen abhängigen Instanzen herabsinken. Es wird der kleine Bissen der Entschädigung unschuldig Verurtheilter hingeworfen. Die Sozialdemokratie hat diese Forderung immer auf⸗ gestellt; die Entschädigung muß gewährt werden, so lange es Gesetze giebt, welche den 1“ des Staats gestatten, Unschuldige zu ver⸗ haften und zu verurtheilen. Aber die Vorlage’bringt lange nicht das, was sie verspricht. Man wird mit der Laterne die Personen suchen können, welche im Sinne dieses Gesetzes unschuldig sind. Ich brauche nur an den Fall Ziethen zu erinnern. Und diese Entschädigung soll durch eine Verschlechterung des Wiederaufnahmeverfahrens erkauft werden. Redner führt darauf einen Fall an, wo eine Frau unschuldig in Untersuchungs⸗ haft gehalten worden sei wegen Meineids, obgleich sich nachher heraus⸗ habe, daß sie einen Eid gar nicht geleistet, und fährt dann ort: Der Herr Staatssekretär sprach davon, daß den Unschuldigen Entschädigung u“ würde; ich möchte wissen, ob die Frau jemals einen Pfennig Entschädigung bekommen hat. Warum soll sich der Freigesprochene mit seinem Rechtsanspruch an die Ver⸗ waltung wenden? Und warum soll für unschuldig erlittene Unter⸗ suchungshaft keine Entschädigung gewährt werden? Redner führt eine ganze Reihe von Fällen an, in denen in einem Monat Per⸗ sonen unschuldig verhaftet und verurtheilt und nachher glänzend freigesprochen seien, ohne daß sie einen Heller Entschädigung er⸗ halten hätten. Er habe sich mit diesem einen Monat beschaͤftigt, weil er dabei in gewisser Zurückgezogenheit gelebt habe. &s gebe doch keinen Grund, weshalb der Staat 1 Entschädigung mit der Freiheit seiner Mitglieder spielen könnte. Der dringende Verdacht, fuhr der Redner fort, welcher zur Verhaftung führt, beruht schließlich nur in der Meinung des Staatsanwalts, daß der Ver⸗ haftete vielleicht schuldig sein könnte. Den Fluchtverdacht sollte man nicht immer annehmen, wenn jemand Sozialdemokrat ist. Ein Maurer wurde angeklagt, er wurde verhaftet, weil der Staatsanwalt es für verdächtig hielt, daß derselbe ein Notizbuch besaß, aus welchem alle Blätter herausgerissen, und ein anderes, in welchem noch einige Blätter enthalten waren; nach sechsmonatiger Untersuchungshaft ergab sich, daß der Staatsanwalt die Bezeichnung cm. als Sozialdemokrat enträthselte, während es Kubikmeter hieß. Eine angeklagte und nachher freigesprochene Frau war verdächtig, weil sie die Schwieger⸗ mutter eines Ausgewiesenen war. Die Maßregeln, welche die Untersuchungshaft beschränken, will die Vorlage zum theil beseitigen; der Verhaftete soll nicht einmal das Beschwerderecht behalten, ehe der Staatsanwalt die Anklage erhoben hat; erst dann soll der Richter eingreifen. Die Länge des Verfahrens der Voruntersuchung wird nicht abgekürzt, trotzdem öffentlich ständig darüber geklagt wird. Man will durch die sofortige Aburtheilung eine Abkürzung herbeiführen; aber gerade bei den die Leidenschaften anregenden Straffällen sollte man mit Ruhe vorgehen. Schnelligkeit des Verfahrens will man, und nun ver⸗ gleiche man damit das Verfahren in der Sache Hammerstein. Seit November 1894 pfeifen die Spatzen die Dinge vom Dache, und dfobne geschieht nichts. Eine solche Lammesgeduld ist einem Arbeiter gegenüber niemals geübt worden. Es ist merkwürdig, daß die Staatsanwaltschaft die Strafanzeigen nicht so schnell begreifen konnte. Am besten wäre es, wenn die Staatsanwaltschaft ver⸗ schwände; sie ist ein französisches Gewächs. Der Platz unseres Kollegen Schippel ist frei; er sollte recht schleunig abgeurtheilt werden, damit er außerhalb der Sessionszeit seine Strafe absitzen kann. Aber das ist ja natürlich ein unberechtigtes Verlangen für einen Volksvertreter. Vom Juni bis November hat man ge⸗ wartet, und jetzt während der Sessiöon muß er sitzen. Warum diese Verzögerung? Die Vorlage erreicht nicht eine 2 eschleunigung des Verfahrens, sondern nur eine schleunige Verurtheilung der poli⸗ tischen Gegner. Die Berufung soll eingetauscht werden gegen eine Verschlechterung des Verfahrens; die Gesammtheit der Waͤhler wird lieber eine gute Instanz haben als zwei schlechte, vor denen der An⸗ geklagte absolut schutzlos ist. Daß der Angeklagte der Zeugenverneh⸗ mung nicht beiwohnen darf, ist eine Quelle von neuen Meineiden; ein solches Verfahren steht nicht im Einklang mit dem S stem des Kampfes für Sitte, Religion und Ordnung. Durch die 2 ersagung der Voruntersuchung werden die Angeklagten verhindert, sich von dem Verdacht zu reinigen; sie werden vor Gericht gezerrt und nachher frei⸗ gesprochen. Der Redakteur einer Zeitung behauptete in seinem Blatte, daß während der Kanalfeierlichkeit in Kiel Bordelle neu eingerichtet seien. Er wurde wegen' Verleumdung angeklagt; eine Voruntersuchung fand nicht statt; die Beweisaufnahme ergab die Richtigkeit seiner Behauptung, er wurde freigesprochen. Aber ein anderer Redakteur, der die Sache abgeschrieben hatte, wurde mit drei Wochen bestraft, weil er hinge⸗ wiesen hatte auf die unerhörte Art und Weise, wie man in Kiel mit dem Strafgesetzbuch gespielt habe. Die Vorlage will die Zu⸗ ziehung von Zeugen einschränken; das Gericht soll nach eigenem Fr⸗ messen die Zeugen zulassen. Geschieht dies, dann wird der Gegensatz zwischen dem Volke und den Gerichten immer stärker werden, dann werden schließlich alle Kautelen beseitigt, welche bei jedem Volke in der Rechtspflege bestehen. Aus meiner Praxis als Vertheidiger kann ich Ihnen sagen: es besteht ein Mißtrauen gegen die Richter, wie ich selbst es nicht für berechtigt halte. Der gemeine Mann sagt sich: wie kann die Rechtsprechung sich so weit entfernen von dem Rechte, ohne daß die Richter bestochen sind. Wie kann man Vertrauen haben zu einer Rechtspflege, wo der Staatsanwalt der eigentliche Leiter des Verfahrens ist? Dadurch wird die Verantwortlichkeit herab⸗ gedrückt, und wenn ein solcher Beamter sich dann hinstellt und sagt: Ich fühle mich verantwortlich, so glaubt man es ihm nicht, und er kann sich auch täuschen. In Bezug auf den Redakteur Rauch in Hannover erkennen zunächst drei gelehrte Richter, daß eine Beleidigung in dem Artikel nicht vorhanden ist. Die Staatsanwaltschaft legt Berufung ein gegen die ungezogenen Kinder; das Ober⸗Landesgericht giebt der Staatsanwaltschaft Recht; der Staatsanwalt Drescher erscheint in dieser Reparaturwerkstatt für verletzte Ehre als zweiter Ankläger, und die Ehre wird erst dann für repariert erklärt, wenn der Redakteur 3 Monate gesessen hat. Um die Verurtheilung Unschuldiger zu verhindern, muß die Staatsanwalt⸗ schaft reformiert werden; sie darf nicht mehr den Gerichten als vor⸗ gesetztes Organ gegenübertreten, die Richter müssen unabhängiger ge⸗ macht werden von der Verwaltung in Bezug auf Versetzung und Ernennung; endlich muß das Hauptverfahren besser gestaltet werden. In die Kommission bitte ich nur solche Mitglieder zu wählen, welche nicht auf dem Standpunkt stehen: es muß etwas geschaffen werden, sondern auf dem: es muß etwas Gutes geschaffen werden. Den vor⸗ geschlagenen Verschlechterungen dürfen wir nicht zustimmen. Die Oeffent⸗ lichkeit des Verfahrens hergestellt werden und der Presse muß das Recht gegeben werden, wahrheitsgetreue Berichte über die Gerichtsverhand⸗ lungen zu veröffentlichen. Jetzt werden wahrheitsgetreue Berichte verfolgt, wenn sie etwas der Regierung Unangenehmes enthalten. Es sollen statt fünf nur drei Richter urtheilen; dadurch wird die Verurtheilung erleichtert und namentlich der Einfluß des Vorsitzenden vermehrt. Ich erinnere an die berüchtigte Zeit der preußischen Dreimänner⸗ gerichte und daran, daß die Zanesdung von Hilfsrichtern nicht ver⸗ boten ist. Nothwendig ist auch, daß der Angeklagte nicht ab⸗ gemattet und ermüdet ist, ehe er zur Verhandlung kommt; hier in Berlin müssen die Angeklagten Stunden lang auf dem dumpfigen Korridor umherstehen, ehe sie ausgerufen werden. Die Behandlung seitens der Richter und Staatsanwalte könnte auch eine etwas zuvorkommendere sein. Ein Fehler ist auch, daß die Beamten

das Zeugniß verweigern können; als wenn das Vaterland daran zu Grunde gehen würde, wenn festgestellt wird, in welcher Be⸗ ziehung die Spitzel zu der Polizei stehen. Auf dem Lande besteht die Meinung, daß die Gendarmen nur deshalb Anzeige erstatten, um die Gebühren zu erhalten. Aber alles wird nichts nützen, wenn wir nicht den ganzen gelehrten Apparat entfernen und allein durch Laien urtheilen lassen. Deshalb bin ich gegen jede Abbröckelung der Schwurgerichte. Die jetzigen Richter sind ja Klassenrichter; für die sogenannten gelehrten Richter steht die Gelehrsamkeit gewöhnlich im Mittelpunkte und die Richter laufen in der Peripherie immer in gleicher Entfernung darum herum. Wir haben noch keine Volksgerichte, die aus allen Schichten des Volks zusammengesetzt sind; es müssen wirkliche Laien⸗ gerichte eingeführt werden, und die gemeingefährlich wirkenden ge⸗ lehrten Richter müssen entfernt werden. Machen Sie die gelehrten Richter wenigstens unabhängig. Herr von Holleben hat es ja im Herrenhause ausgesprochen, daß er sich über die Führung der Amtsrichter bei den Landräthen erkundige. Im vorigen Jahre wollte ich die Be⸗ rufung retten und die Entschädigung unschuldig Verurtheilter, aber man sagte: die Regierungen wollen nicht. Wenn man auf diesem Standpunkt steht, dann sollte man überhaupt nicht parlamentarisch thätig sein, sondern nur den Willen der Regierung thun. Herr Lenzmann hat an Verbesserungen aufgezählt, was die Fee nicht an Verschlechterungen mehr in die Vorlage aufgenommen hat. Diese Bescheidenheit. theile ich nicht. Ich werde 89 keinen Fall auch nur eines Fingers Breite die Rechte des Volks aufgeben, und ich werde das olk nicht betrügen, indem ich unter der schönen Aufschrift „Entschädigung unschuldig Verurtheilter“ eine Vorlag

welche die Wehrlosmachung des Angeklagten st.

Justiz⸗Minister Schönstedt:

Meine Herren! Wenn ich es für möglich erachten könnte, daß die zu wählende Kommission ihrer Aufgabe gerecht zu werden suchen würde in der Weise, wie es der Herr Abg. Stadthagen hier vor⸗ geschlagen hat, dann würden allerdings die optimistischen Anschauungen, die von den anderen Herren Rednern zum Ausdruck gebracht sind, sich sehr bald als hinfällig erweisen und sich zeigen, daß irgend ein Ergebniß von den Kommissionsberathungen nicht zu erwarten ist. Aber ich möchte trotz der entschieden ablehnenden Haltung, die der Herr Abg. Stadthagen der Vorlage gegenüber eingenommen hat, es für nicht ganz ausgeschlossen halten, daß er doch schließlich, und zwar nicht aus der Bosheit, der er am Schluß Ausdruck gegeben hat, dem Gesetz, da wo es, wie ich glaube, auch nach der Auffassung seiner Partei Verbesserungen enthält, zustimmen wird. Der Herr Abg. Stadt⸗ hagen hat sich von dem Rahmen der Vorlage so weit entfernt, daß es den Wünschen des Hauses wohl nicht entsprechen würde, wenn ich näher darauf eingehen wollte. Ich glaube auch annehmen zu dürfen, daß Sie dem Justiz⸗Minister des preußischen Staats nicht zum Vor⸗ wurf machen werden, wenn er nicht über alle die einzelnen Fälle, die der Herr Abg. Stadthagen vorgebracht hat, unterrichtet ist. Der Herr Abg. Stadthagen hat eine ganze Reihe von Fällen vorgetragen zur Illustration der bisherigen Praxis in Bezug auf die Entschädigung unschuldig Verurtheilter. Die meisten derselben sollen sich in Hamburg abgespielt haben und können mi daher nicht bekannt sein; aber auch die anderen sind es nicht. Be züglich eines einzigen Falls scheint es mir aber beinahe, als ob dabe die Frage betreffs der Entschädigung eines unschuldig Verurtheilten im Sinne der Vorlage garnicht praktisch geworden sei. Es ist das der Fall von der wegen Meineids zur Untersuchung gezogenen Frau auf Grund eines Protokolls, welches die Beeidigung behauptete, während sich später ergeben habe, daß sie garnicht vereidigt war. Nach dem Vortrage des Herrn Abg. Stadthagen ist hier ein Entschädigungsanspruch von der Frau geltend gemacht und durch die Instanzen getrieben, und auch das Reichsgericht soll ent⸗ schieden haben. Dann hat es sich aber in keinem Falle um die Ent⸗ schädigung eines unschuldig Verurtheilten durch den Staat gehandelt, sondern dann hat die Frau gegen einen Richter einen Entschädigungs⸗ antrag gestellt, durch dessen Versehen sie in ihre unangenehme Lage hineingekommen sein will. Der Fall paßt also nicht zu dem, worüber wir heute diskutieren.

Ich glaube, es ist auch dem Herrn Abg. Stadthagen ein Irr⸗ thum untergelaufen, wenn er sich über den § 126 des Entwurfs ausgelassen hat, der eine Verlängerung der Haft im Vorverfahren in Zukunft gestattet sehen will. Der Herr Abg. Stadthagen hat ge⸗ sagt, es solle damit erreicht werden, daß der von der Staatsanwalt⸗ schaft zur Untersuchung Gezogene sechs Wochen lang rechtlos sitzen solle lediglich auf den Wink der Staatsanwaltschaft. Ich glaube, es liegt hier eine Verwechselung zu Grunde; der § 126 enthält nur Be⸗ stimmungen darüber, nach Ablauf welcher Frist eine Verhaftung von Amtswegen, wenn nicht das Verfahren zu einem gewissen Abschluß ge⸗ kommen ist, aufgehoben werden soll. Keineswegs stellt er den zur Haft Gezogenen rechtlos hin, sondern in jedem Falle steht demselben das Beschwerderecht zu; er kann auch durch die gerichtlichen Instanzen hindurch seine Entlassung beantragen, wenn durch mangelhaftes Verfahren sich diese Haft zu lange hinauszieht. Also rechtlos ist er in keinem Falle. Mit Unrecht sieht auch der Herr Abg. Stadthagen in diesem Paragraphen das Gegen⸗ theil der von dem Entwurfe beabsichtigten Beschleunigung des Verfahrens. Die Herren werden sich aus der vor⸗ jährigen Diskussion erinnern, daß da auch auf Grund seiner praktischen Erfahrungen der Herr Abg. Lenzmann bestätigt hat, daß gerade die jetzige kurze Frist des § 126, die eine Wohlthat für den Angeschuldigten sein soll, sich vielfach in das Gegentheil verkehrt und zu Klagen Veranlassung giebt, weil sie nicht ausreichend ist und durch die dann unvermeidliche Korrespondenz zwischen Staatsanwaltschaft und Amtsrichter Verzögerungen entstehen, die lediglich vom An⸗ geschuldigten getragen werden müssen. Also diese Auffassung war auch nicht zutreffend. Ebenso wenig ist es mir klar geworden, meine Herren, wie der Herr Abg. Stadthagen den mir gänzlich un⸗ bekannten Fall, der sich an das Kieler Kanalfest anknüpfen soll, verwerthen will gegen den Vorschlag, daß in Zukunft bereits im Vor⸗ verfahren die Zeugen eidlich vernommen werden sollen, während hier ihre Vernehmung jetzt in der Regel uneidlich geschieht. Ich verstehe den Zusammenhang nicht, wie daraus gegen den Vorschlag der Regierung irgendwie Material gewonnen werden kann; der Vorschlag will weiter