1896 / 14 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 17 Jan 1896 18:00:01 GMT) scan diff

tober wird erfolgen können. Zur Eröffnungsvorstellung ist Shake⸗ speare’s „Sommernachtstraum“ gewählt worden. Die Ober⸗Regie ist Herrn Fritz Witte⸗Wild übertragen, der seit 1889 die Direktion des Breslauer Lobe⸗Theaters führt. Das Theater wird 1800 Sitzplätze enthalten. Für die elektrische Beleuchtung wird eine eigene Station errichtet. Der mit Koniferen und Laubhölzern bestandene Garten soll mit Statuen, Wasserkünsten und dergleichen geschmückt und mit neu⸗ artigen Beleuchtungseffekten ausgestattet werden.

In dem morgen im Konzerthause stattfindenden Fest⸗Konzert gelangen eine Fest⸗Ouvertüre von Volkmann, die Jubel⸗Ouvertüre von Weber, das Gebet des Königs aus „Lohengrin“ von Wagner, „Dem Kaiser“, Festmarsch von Kretschmar, „Huldigungsmarsch“ von Wagner, „Sang an Aegir“ von Seiner Majestät dem Kaiser Wil⸗ helm II., „Kaisermarsch’ von Wagner und „Hoch Deutschland“ von Zellhofer zur Aufführung. Außerdem wird der Großberzogliche Hof⸗ e Herr Tschirch einen für den Gedenktag verfaßten Prolog prechen. 8 9

Mannigfaltiges.

Die zu der morgigen 25jährigen Gedenkfeier der Neu⸗ errichtung des Deutschen Reichs hierber befohlenen Fahnen und Standarten der auswärtigen Leib⸗Regimenter sind zum theil bereits gestern, zum theil heute Morgen hier eingetroffen. Sämmt⸗ liche Fahnen und Standarten wurden im Fürstenzimmer des Potsdamer Bahnhofs hierselbst gesammelt und die auf den anderen hiesigen Bahnhöfen eingetroffenen durch je eine Sektion des 2. Garde⸗Regiments z. F. dorthin gebracht. Heute Mittag 12 Uhr erfolgte die Ueberführung nach dem Palais Seiner Hochseligen Majestät des Kaisers Wilhelm's I., und zwar der Fahnen der Infanterie⸗Leib⸗Regimenter durch die Leib⸗Kompagnie des 1. Garde⸗Regiments z. F., welches heute Vormittag mit der Regimentsmusik und den Spielleuten hier eingerückt ist und Quartier enommen hat, der Standarten der Kavallerie⸗Leib⸗Regimenter durch eine

skadron des Garde⸗Kürassier⸗Regiments zu Pferde. Die Standarten⸗ träger wurden auf dem Potsdamer Bahnhof seitens hiesiger Kavallerie⸗ Regimenter beritten gemacht, die Parade. Schabracken ihres eigenen Truppentheils hatten dieselben mitgebracht. Vor dem Abbringen waren die Feldzeichen mit Eichenlaub geschmückt worden.

Der große Kommers, den die Königliche Technische Hoch⸗ schule zur Vorfeier der 25. Wiederkehr des Tages der Kaiser⸗ vroklamation gestern in der Philharmonie veranstaltet hatte, gestaltete sich zu einem patriotischen Fest von imposantem Verlauf. Der Saal war reich geschmückt: auf der Bühne standen die Büsten der drei Kaiser sowie derjenigen des Fürsten Bismarck und des Grafen Moltke, überragt von dem Banner der Hochschule. Zu Seiten hingen die

Banner und Fahnen der studentischen Korporationen. Zwei lange Tafeln waren den Ehrengästen reserviert. Unter Anderen hatten hier Platz genommen: der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Wehren⸗ pfennig als Vertreter des Kultus⸗Ministeriums, der Geheime Ober⸗ Baurath Küll als Vertreter des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten und der Akademie des Bauwesens, der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Kunisch vom Ministerium für Landwirthschaft, der Marine⸗Ober⸗ Baurath Gebhardt vom Reichs⸗Marineamt, der Regierungs⸗ und Baurath von Münstermann, der als Vertreter des Architektenvereins erschienen war, der Regierungs⸗ und Baurath Schulze, Er⸗ bauer des neuen Abgeordnetenhauses, und der Marine⸗Bauinspektor

Majestät den Kaiser und König brachte stud. techn. Schindowsky aus. Hierauf gelangte folgendes Telegramm zur Absendung: „Die zur Geburtstagsfeier des Deutschen Reichs zu festlichem Kommers versammelten Professoren und Studierenden der Königlichen Technischen e. gedenken Eurer Majestät, des erhabenen Schirmherrn der inheit und Macht Deutschlands, dankbaren Herzens und senden Eurer Majestät ehrfurchtsvollsten Huldigungsgruß.. Die Festrede hielt mit jugendlicher Begeisterung der Erste Vorsitzende des Ausschusses der Studierenden, stud. techn. Fritz Dopp. Hierauf wurde ein von stud. arch. Siemering gedichtetes Festlied gesungen. Nunmehr nahm der Rektor Profeftar Müller⸗Breslau, der selbst vor 25 Jahren um die Einheit eutschlands mitgefochten, das Wort, um, anknüpfend an den Aus⸗ spruch des heimkehrenden Heldenkaisers „Ich nehme den Dank an nicht für Mich, sondern für die Armee“, die glänzenden Waffenthaten des deutschen Heeres zu feiern. Den Fürsten Bismarck feierte Professor Dobbert. Nach dem Gesange eines vom cand arch. Schmieden gedichteten Liedes wurde dem Fürsten ein Begrüßungs⸗Telegramm übermittelt. In formvollendeter Rede sprach ferner der Prorektor, Geheimer Regierungs⸗Rath Slaby, über das Vaterland, und der Erste Schriftführer des Ausschusses Bußmann gedachte in stiller Wehmuth der 36 Gebliebenen der Hochschule und weihte den noch lebenden Kämpfern einen Salamander. Auch die Subalternbeamten der Gerichte Berlins und der Umgegend begingen den Gedenktag bereits gestern durch einen Kommerz in „Keller’s Festsälen“, verbunden mit Deklamation patrio⸗ tischer Dichtungen, Gesang, Festrede und Festspiel ꝛc. Vertreten waren bei der Feier noch vier andere Vereine, die der Justizanwärter der beiden Landgerichte, der Verein ehemaliger schlesischer Gerichts⸗ aktuare und der Verein „Namenlos.“

Das Comitsé für die Betheiligung Deutschlands an den Olym⸗ pischen Spielen zu Athen hatte gestern im „Norddeutschen Hofe“ eine Versammlung veranstaltet, die wesentlich den Zweck haben sollte, die den Bestrebungen des Comités ablehnend gegenüberstehenden Kreise für die Sache zu gewinnen. Es sind dies der „Zentralausschuß zur Förderung der Jugend⸗ und Volksspiele“, die „Deutsche Turnerschaft“ und der „Deutsche Bund für Sport, Spiel und Turnen?. Die ersteren beiden waren durch den Abg. von Schenckendorff vertreten, während der letztgenannte Bund schriftlich erklärt hatte, daß er sich zur Sache geneigter stelle und eine nochmalige Erwägung der An⸗ gelegenheit zusagte. Der Schriftführer des Comités Dr. W. Geb⸗ hardt gab zunächst in längerer Rede ein Bild der Entwicklung der ganzen Sache und empfahl zum Schluß, das Comité zu beauf⸗ tragen, sich an die genannten drei Gruppen mit der Bitte zu wenden, die Frage der Betheiligung Deutschlands an den olympischen Spielen in Athen nochmals in Erwägung zu ziehen. Die Versammlung erklärte sich hiermit einverstanden.

Eine große Ausstellung lebender Vögel wird der bekannte Verein „Aegintha“ vom 20. bis 25. Februar im Grand⸗Hötel Alexanderplatz veranstalten. Die „Aegintha“⸗Ausstellungen schließen sogenanntes Nutzgeflügel, wie Gänse, Enten, Hühner, Tauben, aus und zeigen lediglich Zier⸗ und Singvögel sowie alles das, was zu deren Pflege erforderlich ist. Besonders nehmen sie stets Rücksicht auf die gefiederten Sänger der Heimath, deren Erforschung, Schutz und Pflege die „Aegintha“ ihre Thätigkeit vornehmlich gewidmet hat. Unter anderem ist der Verein bekanntlich seit vielen Jahren für die Besiedelung der städtischen Parkanlagen mit gefiederten Sängern stetig

Nebst farbiger Tafel der Erläuterungen und zugehörigem

haltend ein Verzeichniß der Fhrse und Plae Berlins, 8“ en 8 Tafel der besonderen Sehenswürdigkeiten Berlins. (Größe 80/100 8 Preis 1,50 Verlag der Liebel'schen Buchhandlung, Berlin SW. Dessauerstraße 19. Dieser Plan hat seine eigenthümlich praktische Einrichtung und alle anderen Vorzüge beibehalten, ist aber gegen di bisherigen Auflagen noch ganz wesentlich verbessert worden. Früher beschränkte sich der Umfang auf die eigentliche Stadt Berlin jetzt sind auch sämmtliche Vororte in den Plan aufgenommen worden; auf einer kleinen Nebenkarte sind sogar Steglitz, Lankwitz und Gr. Lichter felde dargestellt. Zum ersten Mal sehen wir auf diesem Plan auch das Terrain der kommenden Gewerbe⸗Ausstellung und dieienigen pro⸗ jektierten elektrischen Bahnen, die zur Eröffnung derselben bestimmt lert Fane . Fäeegaerd 88 Maraun'sche Verkehrsplan empfie ich als vortreffliches Orientierungsmittel für die Reichs⸗ hauptstadt und ihre nächste Umgebung. 8

Der Verein Berliner Kaufleute und d theilt mit, daß am Mittwoch, den 22. Januar. ,9. Kanstr eller Se. EEWI1“ 8 Feece 8 Uhr einen Vor⸗ rag über „die seitherige und die voraussicht Entwick deutschen Kolonialbesitzes“ halten wird.

In Französisch⸗Buchholz wird morgen das v vnt⸗ b; Denkmal für Kaiser Wilhelm 7. sne Profefhe üllt werden.

München, 17. Januar. Der gestern im Löwenbräu⸗Keller hier⸗ selbst abgehaltene Festkommers der Münchener Eenen bie⸗ schaft zur Erinnerung an die Einigung des Deutlschen Reichs nahm einen glänzenden Verlauf. Der Rektor Dr. Baur und viele Professoren und Alte⸗ Herren wohnten der Festlichkeit bei. Hofrath Dr. Martin hielt die Festrede, in welcher er, dem „W. T. B. zufolge, die errungene Einigung des Deutschen Reichs nach langer Zwietracht feierte und das jetzige Ansehen Deutschlands im Auslande betonte. Er schloß mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und Seine Königliche Hoheit den Prinz⸗Regenten von Bayern, sowie auf das ewige Blühen des Deutschen Reichs. Der Rektor Dr. Baur ermahnte die Studentenschaft, durch inniges Zu⸗ sammenhalten die 1870/71 zu wahren. In einem Tele⸗ gramm an Seine Majestät den Kaiser drückten die Studenten ihre Glückwünsche zur Erinnerung an die Kaiserproklamation aus.

Jechtingen am Kaiserstuhl, 17. Januar. Gestern Vormit ertranken beim Uebersetzen über den Rhein nach 9 relsasser Itag infolge Umschlagens eines Kahns fünf Personen.

Leipzig, 16. Januar. Seine Majestät der Kai dem Reichsgericht Allerhöchstseine Büste in v hr hnsg 5 hier 8* wird am 18. d. im Haupt⸗ itzungssaale in Gegenwart der Mitglieder des Rei Wi Reichsanwaltschaft enthüllt werden. 1 ““

Bordeaux, 16. Januar. Ein unbekannter, dem 1 etwa 40 Jahre alter Mann drang, wie „W. T. B.“ 8 alsena 65 Börse, in die Abtheilung der Makler ein und schlug dort mit einem dicken Stock um sich. Ein Makler wurde ziemlich schwer ver⸗ letzt; ein anderer Makler warf sich auf den Mann, welcher gefesselt

Veit.

Kühn, Hörmann, Göring, Lampe, Liebermann, Hauck, Bubendey u. A. angeschlossen. wirthschaftliche und die

rdnungen ihrer Studentenschaft vertreten.

Der Lehrkörper der Hochschule war durch den Rektor, Pro⸗ essor Müller⸗Breslau und den Geheimen Regierungs⸗Rath Slaby als Prorektor ofsiziell vertreten; ihnen hatten sich die Pcofefloren Dobbert,

ehl, Die Berg⸗Akademie, die Land⸗ hierärztliche Hochschule waren durch Ab⸗ Das Hoch auf Seine

bemüht gewesen.

Jakobsthal, Pferdebahnlinien,

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Morgens.

vvbö vom 17. Januar, 8

8 U

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Wind. Wetter.

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u. d. Meeressp Temperatur

5 ° C. = 40 R.

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bedeckt wolkig See halb bed. Schnee bedeckt Schnee bedeckt

WSW SW W NW NNW NO SO SO

Aberdeen.. Christiansund Kopenhagen. Stockholm . 746 Haparanda . 753 St.Petersburg 749 Moskau . . 760

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bedeckt halb bed. wolkig bedeckt heiter ¹) balh 199 nee bedeckt bedeckt Regen Regen

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762 W 759 NNW amburg 759 NW winemünde 754 NW. Neufahrwasser 747 WSW Memel .. 743 SW SW

5 V6161666 ünster.. 761 SW Karlsruhe. 766 SW 4 Wiesbaden 763 W 2 bedeckt ⁴) München 762 W 8 Regen ⁵) Chemnitz. 760 NW 4 Schnee 6) Gerkint. . .. 4

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1) Abends Schnee. ²) Abends Schnee. ³) Abends Schnee. ⁴) Gestern Regen. ⁵) Nachts 7 8 8) Nachts Schnee. 1“

Uebersicht der Witterung.

Das gestern erwähnte Minimum ist von den schwedischen Seen ostwärts nach dem Rigaischen Busen fortgeschritten und scheint sich rasch auszufüllen, ein neues Minimum ist nördlich von Schottland er⸗ schienen. Am höchsten ist der Luftdruck über der Biscayasee. Bei ziemlich lebhafter westlicher bis nördlicher Luftströmung ist das Wetter in Deutsch⸗ land vorwiegend trübe, im Westen mild; im Osten ist wieder leichter Frost eingetreten; auf dem Streifen Hamburg Breslau herrscht heitere Witterung; seit gestern ist in Deutschland überall Niederschlag gefallen, 22 mm zu Cassel.

Deutsche Seewarte.

Theater.

2 Hentelich⸗ Schauspirle. Sonnabend: Opern⸗ aus. Vorstellung. Der Evangeli . Musikalisches Schauspiel in 2 Aufzügen, 828 von Dr. Leopold Florian I erzählten wahren Begebenheit, von Wilhelm Kienzl. In Scene ge⸗

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Lautenburg. Sonnabend:

setzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dekorative Ein⸗ richtung vom Ober⸗Inspektor Brandt. Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck. Phantasien im Bremer Nathskeller. Phantastisches Tanzbild, frei nach Wilhelm Hauff, von Emil Graeb. Musik von Adolf Steinmann. Dirigent: Musik⸗ direktor Steinmann. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 18. Vorstellung. Festspiel, zur 1 des 25. Jahrestages der Gründung des

eutschen Reiches, von Paul Warncke. Hierauf: 1812. Schauspiel in 5 Aufzügen von Otto von der Pfordten. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: O 2e 18. Vorstellung. Auf Allerhöchsten Befehl: Théatre paré. Kaiser⸗ marsch von R. Wagner. Festspiel „Barbarossa“ mit lebenden Bildern. Vorspiel zu: „Die Meister⸗ singer von ö „Lohengrin“”“ (3 Akt, Schlußscene). Anfang 8 Uhr. Erhöhte Preise.

Schauspielhaus. 19. Vorstellung. Die Hermanns⸗ schlacht. Ein Drama in 5 Aufzügen von Heinrich von Kleist. (Mit Benutzung der Bearbeitung von Rudolf Genée.) Anfang 7 ½ Uhr.

Deutsches Theater. Sonnabend: Die Mütter. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag, Nachmittags 2 ½ Uhr: Florian Geyer. Abends 7 ½ Uhr: Der Meister von Palmyra.

Montag: Hamlet.

Berliner Theater. Sonnabend, Nachmittags 3 Uhr: Festvorstellung. Beruhard von Weimar. Hohenzollern. Abends 7 ½ Uhr: Götz von Berlichingen.

Sonntag, Nachmittags 2 ½ Uhr: Der Pfarrer von Kirchfeld. Abends 7 Uhr: Faust.

Montag: Der Verschwender.

Lessing⸗Theater. Sonnabend: Festgedicht von Ernst von Wildenbruch: Dem Deutschen Reiche zum 18. Januar 1896. Hierauf: Comtesse Guckerl. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu volksthümlichen Preisen: Festgedicht von Ernst von Wildenbruch: Dem Dentschen Reiche zum 18. Januar 1896. Hierauf: Minna von Barnhelm. Abends 7 ½ Uhr: Comtesse Guckerl.

Montag: Comtesse Guckerl.

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund als über Kopf. Schwank in 3 Akten von Alexandre Bisson, bsn von Paul Block. Vorher: In doppelter Be⸗

Fbqhng. Plauderei von Paul Linsemann. Anfang

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Bei halben Kassenpreisen: Der RNabenvater. Abends 7 ½ Uhr: Hals über Kopf. Ju doppelter

ekehrung. .“

griedrich wilheimgeantisces Cheate 1““ 2ng. on heute w

Maschinerien geschlossen. egen Neueinrichtung der

Die bevorstehende Ausstellung wird schon seit Wochen vorbereitet und verspricht wieder glänzend zu werden.

„Maraun's großer Verkehrsplan (Pferdebahnplan) von Berlin und seinen Vororten“, bahl en, Dampfstraßenbahnen, Dampfschiff⸗Linien einzeln in verschiedenfarbigen Zeichen dargestellt.

vom Bäalletmeister Gundlach.

Ausgabe für 1896. elektrische Bahnen und

Donnerstag, 23. Januar: Mit großartiger Aus⸗ stattung an Dekorationen, Kostümen und Requisiten. hen ersten Male: Der Hungerleider. Aus⸗ tattungskomödie in 12 Bildern von Julius Keller und Louis Herrmann. Musik von Louis Roth. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche.

Neues Theater. Schiffbauerdamm 4a./5. Sonnabend: Gastspiel des Herrn Franz Tewele vom K. u. K. priv. Carl⸗Theater in Wien. Auf Befehl des Königs. Historisches Lustspiel in 1 Akt von Wilhelm Gaedke. Hierauf: Der SeEe Monsieur le Directeur). justspiel in 3 Akten von Alexandre Bisson und abriece Carré. Deutsch von Ferdinand Groß. n Scene gesetzt von Siegmund Lautenburg. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag, Nachmittags: Zu halben Preisen: Francillon. Abends: Der Herr Direktor. Montag: Der Herr Direktor.

Theater Unter den Linden. Direktion: Julius Fritzsche. Sonnabend: Fest⸗Vorstellung. Jubel⸗Ouvertüre von Carl Maria von Weber. Hierauf: In durchaus neuer glänzender Ausstattung an Dekorationen, Kostümen und Requisiten: König Chilperich. Burleske Ausstattungs⸗Operette in 3 Akten (5 Bildern) von Hervé und Paul Ferrier, deutsch bearbeitet von Eduard Jacobson und Wilhelm Mannstädt. Musik von Hervé. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Hnizont: Herr Kapellmeister Federmann. Ansang 89 r.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Bei halben Preisen: Der Obersteiger. Abends 7 ½ Uhr: König Ta die fol

ontag un e folgenden Tage: Köni Chilperich. 8 8

Sonnabend, den 25. Januar: Zweiter und

letzter großer Maskenball.

Adolph Ernst⸗Theater. Sonnabend: Fest⸗ Ouvertüre. Frau Lohengrin. Gesangsposse in 3 Akten, nach dem Französischen bearbeitet von Ed. Jacobson und W. Mannstädt. Kuplets von Gust. Görs. Musik von Gust. Steffens. Anfang 7 ½ Uhr. 8

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Zentral⸗-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30.

Sonnabend: Eine tolle Nacht. Große Aus⸗ stattungsposse mit Gesang und Tanz in 5 Bildern von Wilh. Mannstädt und Julius n. S Musik von Julius Einödshofer. In Scene gesetzt vom Direktor Richard Schultz. Die Tanz⸗Arrangements . Zum Schluß des ersten Aktes findet eine große patriotische Huldigungsfeier statt. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Eine tolle Nacht.

Konzerte.

Konzert-Haus. Karl Meyder⸗Konzert. Sonnabend: Fest⸗Konzert zum 25 jährigen

Gebenktage der Wiedererstehung des Pent

S

und der Polizei übergeben wurde. Schriften gefunden.

Bei ihm wurden anarchistische

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Erst⸗

Beilage.)

Reiches, unter gefälliger Mitwirkung des Groß⸗ herzoglichen Hofschauspielers Herrn E. Pschirch Sämmtliche Abonnements haben Gültigkeit.

Birkus Renz. Karlstraße. Sonnabend, Abends

7 ½ Uhr: Aus Anlaß der Feier des fünfund⸗ zwanzigsten Gedenktages der Kaiser⸗Prokla⸗ mation in Versailles: Jubiläums⸗Fest⸗ Vorstellung. Ein Künstlerfest. Luxus⸗Aus⸗ stattungs⸗Pantomime in 2 Abtheilungen vom Großherzoglichen I“ A. Siems, auf das Glänzendste insceniert vom Direktor Fr. Renz. Neue Musik⸗Einlagen. Ballet von 100 Damen. Kinder⸗Orchester. Erste Abtheilung: Das Fest⸗ comité in Thätigkeit. Zweite Abtheilung: Voll⸗ ständig neul Im Wasser. Vollständig neu! Zum ersten Male in Berlin: Der breunende See, neue pyrotechnische Erfindung, ausgeführt von der Accumulatoren⸗Fabrik S. Hammacher. Zum Schluß: Plafond⸗Pracht⸗Feuerwerk. Außerdem: Auftreten von nur Künstler⸗Spezialitäten allerersten Ranges, u. a. Debüt des Herrn M. G. Loyal mit seiner Original⸗Erfindung: Zeitvertreib eines Sportmannes.

Sonntag: 2 Vorstellungen: Nachmittags 4 Uhr (ermäßigte Preise und 1 Kind frei): 1870/71. Abends 7 ½ Uhr: Wiederholung der am Sonnabend, den 18. Januar, stattgehabten Jubiläums⸗Fest⸗Vor⸗ stellung. Ein Künstlerfest. Der brennende See.

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Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Käthe Schulz mit Hrn. Predigt⸗ amts⸗Kandidaten Otto Siegesmund (Wongrowitz). Frl. Ottilie Hilbert mit Hrn. Assessor und Prem.⸗Lieut. d. R. Ernst Mirus (Ober⸗Langen⸗ bielau Plauen i. V.).

Verehelicht: Hr. Georg Frhr. von Werthern mit Frl. Sophie von Bessel (Weimar). Hr. Lieut. Arthur Kasch mit Frl. Elisabeth Langer (Wies⸗ baden). Hr. Stabsarzt Dr. Heinrich Lent mit Frl. Elisabeth Lent (Köln).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Prem.⸗Lieut. E. von Loeper (Berlin). Hrn. Landrichter Fiedler (Breslau). Eine Tochter: Hrn. 1g Dr. Langerhans (Berlin). Hrn. Professor D. Loofs (Halle a. S.).

Gestorben: Fr. General von Dankbahr, geb. Feeüin von Zedlitz⸗Neukirch (Grabow a. O.).

reifr. Therese von Wimpffen, geb. Erck (Berlin). Evch Gerichts⸗Rath Andreae Tochter Lenchen

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags.

Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Acht Beilagen

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preu

14.

Berlin, Freitag, den 17. Januar

J. 1896.

Deutscher Reichstag. 17. Sitzung vom 16. Januar, 1 Uhr.

Tagesordnung: Berathung der von den Abgg. Graf von Kanitz und Genossen eingebrachten Resolution wegen Erzielung einer Befestigung der Getreide⸗ preise auf mittlerer Höhe für die Dauer der be⸗ stehenden Handelsverträge.

Abg. Graf von Kanitz: Ich erinnere daran, daß ich nun schon gös. Male diesen Antrag begründe. Zwar hat auch der Abg. Paasche in der vorigen Session die Nothlage der Landwirthschaft zugegeben, und auch die preußische Regierung hat anerkannt, daß die Getreidepreise damals einen sehr niedrigen Stand grreicht haben; man hat indessen mich und meine Freunde darauf vertröstet, daß die Preise sich wieder heben würden. Diese heffnungen haben sich nicht erfüllt. Wir haben mit einem un⸗ üsehbaren Tiefstand des Getreidepreises zu rechnen. Der Import zusländischen Getreides nahm immer größere Dimensionen an; er ist von 1893 auf 1894 von 26 auf 43 Millionen Doppelzentner ge⸗ wachsen. Für 1895 liegt zwar noch keine Statistik vor, aber auch hier ist eine Zunahme höchst wahrscheinlich. Wie die Dinge jetzt liegen, arbeitet der Landmann mit Verlust, und wir stehen vor der Alternative, ob die Landwirthschaft, die Grund⸗ lage unserer Wehrkraft, erhalten werden oder zu Grunde 12*8 soll. Die überwiegende Mehrheit des deutschen Polkes will dem Vaterland die Landwirthschaft erhalten, und auch eine Reihe von Handelskammern, namentlich die Hamburger, eben zu, daß nur von der Hebung der gesunkenen Kaufkraft der Landwitthschaft eine Hebung des gewerblichen Lebens zu erwarten sei. Neuerdings sind die Handelskammern aufgefordert worden, anderweitig zu berichten, und das werden sie wahrscheinlich auch thun. Die Hamburger Handelskammer hat in ihrem diesjährigen Bericht bereits insofern abgewiegelt, als sie von einer Besserung der Landwirthschaft spricht. Mein Antrag hat gegen den vorjährigen einige Aenderungen erfahren auf Veranlassung der Wirthschaftlichen Vereinigung, mit denen ich mich schließlich einverstanden erklärt habe. Dahin gehört der Zusatz des Grafen Schwerin, wonach für die Dauer der bestehenden. Handelsverträge zum Zweck einer Befestigung der Getreidepreise auf mittlerer Höhe der Ein⸗ und Verkauf des zum Verbrauch im Zollgebiet bestimmten ausländischen Ge⸗ treides ausschließlich für Rechnung des Reichs erfolgt. Es fragt sich, ob es möglich ist, den Getreidepreis zu finden und festzusetzen, der dem Landwirth eine Eristenz ermöglicht. Kann man das nicht, so muß man den Getreidebau einstellen. Diese Frage ist von der größten sozialpolitischen Bedeutung. Auch von süd⸗ deutscher Seite wird zugegeben, daß die Brotpreise nicht in dem Maße gefallen sind wie die Getreidepreise. Das Gespenst der Brot⸗ vertheuerung brauchen Sie gegenüber solchem Antrage nicht zu befürchten. Die praktische Durchführbarkeit unseres Antrags ist schon im vorigen Jahre in der Kommission, nachgewiesen. Zweifelhaft war man nur, ob der Antrag mit den Handelsverträgen sich vereinbaren lasse. Diesen Bedenken haben wir durch den Zusatz Rechnung getragen, daß der Antrag in einer den von 1891 1894 ab⸗ geschlossenen Handelsverträgen nicht widersprechenden und mit den betheiligten Staaten näher zu vereinbarenden Weise durch⸗ eführt werden solle. Ich persönlich habe immer geglaubt, daß der Antra mit dem Wortlaut der Verträge nicht unvereinbar sei, und auch 88 Caprivi hat in dieser Beziehung seiner Zeit keine Be⸗ denken gehabt. Ich meinerseits glaube auch nicht, daß der Antrag mit dem Geist der Verträge im Widerspruch steht und einen Ver⸗ tragsbruch involviert. Der Import österreichischen Getreides ist seit den letzten Jahren ganz erheblich zurückgegangen, während aus den Meistbegünstigungsländern eine ganz enorme Getreideeinfuhr nach Deutschland zu verzeichnen ist. Sollte es nicht möglich sein, mit den Vertragsstaaten zu einem Ausgleich zu kommen? Auch Rußland wird mit sich reden lassen. Der rheinische Bauernbund hat auf seiner letzten Generalversammlung die Einführung des Getreidemonopols vorgeschlogen, welches mit den Verträgen auf keinen Fall im Widerspruch steht. Die Regierung hat die Wahl zwischen diesem Vorschlag und dem unserigen. Ich hoffe, sie wird sich für den unserigen entscheiden. Eine sozialistische Tendenz hat unser Antrag nicht. Derselbe Einwand ließe sich auch gegen den Eisen⸗ zoll erheben, welcher den Preis des Eisens auf einer gewissen Höhe erhalten will. Ob mein Antrag sich dem sozialdemokratischen es.es nähert oder nicht, ist in dieser Frage gleichgültig. Warum aben die Sozialdemokraten denn gegen unseren Antrag gestimmt, wenn er ein sozialistischer ist? Nein, die Herren wissen ganz gut, daß der Antrag ein antisozialistischer ist, und auf ihren letzten Partei⸗ tagen haben sie es offen ausgesprochen: Zuerst muß der Bauer ruiniert werden. Ein wirksameres Mittel als unseren Antrag kenne ich nicht; kennen Sie ein besseres, so schlagen Sie es vor. Ich hoffe, daß auch das Zentrum nach der sachverständigen Rede des Herrn Bachem zum Margarinegesetz sich auf unsere Seite stellen wird. Der Bauer weiß am besten, was den Kernpunkt seiner Existenz bildet; er hat seine Stimme warnend erhoben; lassen wir sie nicht unbeachtet! Ich bitte diejenigen, welche die Macht haben, dringend, sich im Lande umzusehen, welche Verheerungen eingetreten sind. Nicht Worte brauchen wir, sondern Thaten. Der Bauernstand fällt, wenn nicht der Staat seine besten Bürger schützt. Eine Regierung, die das nicht thut, nimmt eine Verantwortung auf sich, die sie nicht tragen kann.

Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Freiherr Marschall

von Bieberstein:

Meine Herren! Obwohl es der bestehenden Uebung dieses Hauses nicht entspricht, daß unmittelbar nach der Begründung eines Initiativ⸗ antrags vom Regierungstisch aus das Wort ergriffen wird, so will ich doch sofort auf die Ausführungen des Herrn Vorredners ant⸗ worten. Ich entnehme meine Legitimation hierzu dem Umstande, daß der Antrag des Herrn Vorredners weit hinübergreift über den Rahmen einer internen Maßregel staatlicher Fürsorge, daß, wenn er je zur Durchführung käme, er aufs tiefste eingreifen würde in unsere internationalen wirthschaftlichen Beziehungen (sehr wahr! links); ja, ich kann sagen: die Existenz dieses Antrags, die lebhafte Bewegung, welche sich im Lande daran knüpft, wenn sie einerseits Hoffnungen und Erwartungen groß zieht, giebt auf der anderen Seite Anlaß zu Unruhen, selbst zu Mißtrauen. (Lachen und Zurufe rechts.) Meine Herren, ich sage, es giebt der Antrag auf der anderen Seite Anlaß zur Beunruhigung und zum Mißtrauen (sehr richtig! links), und ich entnehme daraus für die Regierungen die ernste Pflicht, eine be⸗ stimmte und klare Stellung zu diesem Antrag einzunehmen.

Meine Herren, soweit spezielle landwirthschaftliche Fragen zur Erörterung kommen, werde ich selbstverständlich die Ausführungen einer berufeneren Stelle überlassen; ich werde mich darauf beschränken, vornehmlich die handelspolitische Seite des Antrags Kanitz zu be⸗ leuchten und im übrigen auf seine Wirkung nur insoweit einzugehen, als der Zusammenhan f

Der Antrag des Herrn Vorredners ist der heutigen Lage der Land⸗ wirthschaft entsprungen. Daß diese eine sehr ungünstige ist, daß in manchen Kreisen von einer Nothlage gesprochen werden kann, ist eine Thatsache. (Lebhafte Zurufe rechts.) Man wirft mir ein: überall! Soweit meine spezielle Kenntniß der Verhältnisse reicht, kann man nicht überall von einer Nothlage sprechen. (Lebhafte Zustimmung links.) Aber, meine Herren, darauf kommt es nicht an: die Lage der Landwirthschaft ist in vielen Kreisen eine sehr ungünstige, niemand kann diese Thatsache beabreden, niemand ihre Bedeutung ableugnen. Die Königlich preußische Regierung, in deren Namen allein ich hier sprechen kann, ist vollkommen durchdrungen von der Nothwendigkeit, in wirthschaftlicher und politischer Beziehung, daß ein gesunder und kaufkräftiger landwirthschaftlicher Stand erhalten werde, und sie ist allezeit bereit, neben den Vorschlägen, die sie selbst bereits gemacht hat, und die sie weiter vorzubereiten gedenkt, alle Anträge in Erwägung zu ziehen, die ihr zur Verbesserung der Lage der Landwirthschaft gemacht werden. Ich glaube, der Vorwurf, den der Herr Vor⸗ redner gemacht hat nicht direkt, aber indirekt —, daß die Regierung der Landwirthschaft nur mit Worten, aber nicht mit Thaten bei⸗ springe (sehr wahr! rechts), ist kein gerechter. Ich möchte glauben, daß die Vorlagen, die Ihnen bereits unterbreitet sind und noch unter⸗ breitet werden, zeigen, daß dieser Vorwurf kein gerechter ist.

Der Herr Vorredner hat in eingehender Weise die Wirkung dargelegt, welche die heutige Niedrigkeit der Getreidepreise auf die Lage der Landwirthschaft ausübt. Ich will hier nicht auf die Prüfung der Frage eingehen, aus welchen Ursachen die heutige Lage entstanden ist; ich bin der Ansicht, daß hier eine ganze Reihe von Ursachen zusammenwirke, daß unter diesen in allererster Reihe steht die Verschuldung des Grundbesitzes (sehr wahr! links), wie sie sich durch Jahrzehnte hindurch allmählich zu der jetzigen Höhe gesteigert hat. Ich erkenne aber in vollem Maße an, daß die gegenwärtige Niedrigkeit der Getreidepreise ein schweres Uebel für die Landwirthschaft ist, und niemand, der ein offenes Auge hat, kann bestreiten, daß dieses Uebel infolge der Verminderung der Kaufkraft der Landwirthschaft auch andere Kreise in Mitleidenschaft zieht.

Der Antrag des Herrn Vorredners gründet sich ferner auf die

Gegnerschaft gegen unsere Handelsverträge und auf die Behauptung, daß durch unsere Handelsverträge die üble Lage der Landwirthschaft wesentlich verschärft worden sei. (Sehr richtig! rechts.) Sie rufen: Sehr richtig! Ich halte die Behauptung nicht für zutreffend; ich bin der Ansicht, daß, wenn die Landwirthschaft glaubt, daß durch eine staatliche Maßregel ihre heutige Lage ver⸗ schuldet worden wäre (sehr richtig!), daraus nothwendiger Weise der Gedanke entspringen muß, daß es in der Hand der Gesetzgebung steht, durch eine Maßregel mit einem Schlage diese Noth zu be⸗ seitigen. Ich halte diese Auffassung nicht für zutreffend; auch in⸗ sofern nicht für nützlich für die Landwirthschaft (sehr wahr! links), als sie Hoffnungen und Erwartungen erwecken muß, von denen ich überzeugt bin, daß ihnen eine Enttäuschung nachfolgt. Der Herr Vorredner hat davon gesprochen, daß in den letzten Jahren eine konstante enorme Steigerung der Getreideeinfuhr statt⸗ gefunden habe. Er hat das bezüglich des Hafers und der Gerste selbst beschränkt. Ich möchte aber glauben, daß er sich bezüglich einer anderen, für Deutschland überaus wichtigen Getreideart ebenfalls in einem Irrthum befindet, nämlich bezüglich des Roggens. Es sind an Roggen eingeführt worden in Deutschland im Jahre 1889 10 Millionen Doppelzentner, 1890 9 Millionen Doppelzentner, 1891 8 Millionen, 1892 5 (hört, hört! links), 1893 2 Millionen Doppelzentner. (Heiter⸗ keit links. Zurufe rechts.) Dann ist allerdings wieder eine Steigerung eingetreten: im Jahre 1894 sind ca. 6 Millionen Doppelzentner ein⸗ geführt. Das ist annähernd halb so viel wie 1889 (hört, hört! links); von einer enormen Steigerung der Roggeneinfuhr wird man füglich nicht reden können.

Der Herr Vorredner hat stets unsere Handelsverträge von dem Gesichtspunkte aus entschieden bekämpft, daß sie der Industrie keinen Vortheil, aber der Landwirthschaft einen schweren Nachtheil gebracht hätten. Wer das behauptet, der muß sich zu der Ansicht bekennen, daß, wenn die Handelsverträge nicht abgeschlossen worden wären, wir heute auskömmliche oder doch jedenfalls erheblich höhere Getreidepreise haben würden. (Sehr richtig! links. Unruhe rechts.) Das führt auf die sehr bestrittene Frage: Wie wirkt ein Getreidezoll auf den Inlandspreis des Getreides? Hier stehen sich zwei An⸗ schauungen diametral gegenüber: diejenige, die in früherer Zeit als unerschütterliches Axiom von der rechten Seite dieses Hauses vertreten wurde, daß nämlich das Ausland den Getreidezoll trage (Sehr gut! und Heiterkeit links), das heißt, daß das Ausland seinen Preis um den Betrag des Zolls ermäßige, somit der Zoll im Inlandspreis keinen Ausdruck finde. Die andere Anschauung ist die, die nunmehr der Herr Vor⸗ redner vertritt, daß der Getreidezoll alle Zeit gleich dem Markt⸗ preis plus dem inländischen Zoll sei. Ich bin der Ansicht, daß weder die eine noch die andere Anschauung zutrifft, daß die Frage mit einer einheitlichen Formel überhaupt nicht entschieden werden kann, daß alles auf die Konjunktur ankommt (sehr richtig! links), und daß der Ge⸗ treidezoll bei starkem inländischen Angebot und gleichzeitig starkem ausländischen Angebot die Neigung hat, sich zu verflüchtigen, während umgekehrt, wenn die Nachfrage stark ist, der Getreidezoll voll und ganz im Inlandspreis zum Ausdruck kommt; mit anderen Worten, daß der Getreidezoll dann, wenn er am allernothwendigsten ist, am ersten die Neigung hat, zu versagen. b

Als vor zwei Jahren die französische Regierung ihren Weizenzoll auf 7 Fr., d. h. auf 5 60 setzte, da wies man bei uns in landwirthschaftlichen Kreisen darauf hin, in welch fürsorglicher Weise die französische Regierung die dortige Weizenproduktion schütze; man wies andererseits auf die Handelsverträge hin, die den Schutz unseree Getreideproduktion verringern. Und was ist nun das Resultat des vergrößerten Schutzzolls in Frankreich gewesen? Ich nehme aufs

Gerathewohl die gestrigen Notirungen: es hat gestern an der hiesigen

Börse Lieferungsqualität von Weizen gegolten 148 ℳ, in Köln

1““

150 und in Paris 184 Fr., das sind 147,20. (Hört! hört!) Also das würde wohl keine zu kühne Behauptung sein, wenn ich sagte: hätten wir den 5 ℳ⸗Zoll behalten, so würden wir keine höheren Getreidepreise bei der heutigen Konjunktur haben, als wir sie jetzt besitzen. Man wendet mir ein, wir hätten inzwischen unsere Getreidezoͤlle erhöht. Daran zweifle ich nicht; ob aber die Pläne zur Ausführung gelangt wären, von denen ich hier und da gelesen habe, daß man den Getreidezoll auf 10, 12, 15 erhöhen soll, das ist mir außerordentlich zweifelhaft. Wir können über die Frage, welche Wirkung solche Zölle auf den Getreidepreis im Inland gehabt hätten, um so weniger diskutieren, als es mir höchst unwahrscheinlich ist, daß der Deutsche Reichstag solche Getreidezölle jemals votieren würde. Hätten wir keine Handelsverträge abgeschlossen, so würden wir voraussichtlich höhere Getreidezölle haben, wahrscheinlich aber keine höheren Getreidepreise; die Lage der Landwirthschaft, die Klagen, die aus ihr ertönen, würden annähernd dieselben sein und nur das Eine würde sich geändert haben, daß man unter den Ursachen, auf welchen die Nothlage der Landwirthschaft beruht, noch eine weitere ver⸗ zeichnen würde, nämlich die, daß infolge des Rückgangs unserer Ausfuhr die Kaufkraft weiter Interessenkreise, namentlich des deutschen Arbeiterstandes, wesentlich geschmälert sei. (Sehr richtig! links. Zuruf rechts) Es wird mir zugerufen, wir sollten die Getreidezölle ganz aufheben. Einen ähnlichen Vorschlag hat, wenn ich nicht irre, der Herr Abg. von Ploetz in Dresden gemacht (Heiterkeit), als er gegen die Industrie die Drohung aussprach, daß, wenn die Industrie nicht auf den Antrag Kanitz eingehe, er dann die Aufhebung aller Schutzzölle, der landwirthschaft⸗ lichen und der industriellen, beantragen werde. (Heiterkeit.) Ich weiß nicht, ob der geehrte Herr die Absicht hat, die Drohung auszu⸗ führen; sollte das der Fall sein, und ich stünde noch an dieser Stelle, so kann ich vorher sagen, daß ebenso, wie ich vor 18 Jahren mit aller Entschiedenheit für die Einführung der Getreidezölle eingetreten bin, ich ebenso entschieden selbst gegen den Bund der Landwirthe dafür eintreten würde, daß der deutschen Landwirthschaft ein ausgiebiger Getreidezoll erhalten wird. (Zuruf rechts. Heiterkeit.) Der Herr Vorredner ist dann auch auf die Berichte der Handelskammern über⸗ gegangen.¹Ich will mit ihm darüber nicht streiten, denn ich nehme an, daß die große Mehrheit dieses hohen Hauses nicht alle diese Handelskammerberichte gelesen hat. Wir würden also den Eindruck erwecken, daß der Herr Vorredner nur das verlesen hat, was ungünstig ist, ich nur das, was günstig ist, und damit wären wir im wesentlichen auf demselben Fleck. Ich halte es auch für eine ziemlich müßige Diskussion, im Jahre 1896 sich darüber zu unterhalten, was die Handelskammern 1894 berichtet haben, angesichts der offenkundigen Thatsache, daß im vorigen Jahre die Verhältnisse unserer Industrie, der großen und der kleinen Industrie, ganz wesentlich sich gebessert haben. (Sehr wahr! links.) Nur eine Be⸗ merkung des Herrn Vorredners muß ich mit aller Entschiedenheit zurückweisen: er hat die Behauptung aufgestellt, es sei von der Königlich preußischen Regierung der Wunsch an die Handelskammern ergangen, sie möchten in dem und dem Sinne berichten. Das ist vollkommen unrichtig; es würde die Königlich preußische Regierung niemals eine derartige Aufforderung an die Handelskammern richten, und ich bin überzeugt, daß die Handelskammern niemals einer Auf⸗ forderung, etwas Falsches zu berichten, Folge leisten würden. (Sehr richtig! links. Widerspruch rechts.)

Ein Vorwurf wäre außerordentlich ungerecht, nämlich der, daß der Herr Vorredner sich auf eine negative Kritik der Handelsverträge beschränkt. Das ist in keiner Weise der Fall. Er hat allmählich ein vollkommenes Wirthschafts⸗ und Zollprogramm entwickelt. Wir könnten ja jetzt an der Hand dieses Programms die Frage prüfen: was würde wohl unsere Handelskammer über unsere wirthschaft⸗ liche Lage und speziell über den Absatz deutscher Produkte im Auslande berichten, wenn nicht die Handelsverträge ins Leben getreten wären, wohl aber das Zoll⸗ und Wirthschaftssystem dessen beredter und überzeugter Vertreter der Herr Vorredner gewesen ist? Ich fasse das Programm dahin zusammen: Autonomie unserer Wirthschaftsgesetzgebung, Ausnutzung desselben zum Schutz des inneren Marktes, Kündigung der Meistbegünstigungsverträge und Schaffung von Normalgetreidepreisen nach dem Antrag Kanitz. (Sehr gut! rechts. Lachen links.)

Sie sehen, daß ich mir eine außerordentliche Mühe gegeben habe, jenes Programm, das der Bund der Landwirthe im November vorigen Jahres in ca. 12 Punkten verkündigt hat, die sich nicht alle dem Verständniß einfacher Menschen gleich zugänglich machen, in einige wenige Worte zusammenzufassen. Der Herr Vorredner hat in der ihm eigenen sachlichen Weise dieses Programm begründet; es wird ihm aber nicht entgangen sein, daß draußen im Lande neben dieser offiziellen Begründung noch eine andere einhergeht, die sich einer geringeren Sachlichkeit und minder urbaner Formen bedient (sehr gut! links), als das, was wir aus dem Munde des Herrn Grafen Kanitz soeben gehört haben.

Ich habe neulich gelesen, daß heute der große Tag sei, wo die Prüfung bezüglich der politischen Weisheit und der „nationalen Gesinnung“ stattfinden werde. Ich fürchte, ich werde diese Prüfung nicht bestehen (Heiterkeit links), und ich habe nur zu wünschen, daß die große Mehrheit des Hauses mein Schicksal theilen möge. Wer heute nicht für den Antrag Kanitz stimmt, gilt als Manchestermann, als ob zwischen Cobden und Kanitz eine mittlere Meinung über⸗ haupt nicht mehr möglich wäre. Wer für den 3,50 ℳ⸗Zoll ge⸗ stimmt hat, gilt als Freihändler, sodaß man sich unwillkürlich fragen muß: was für eine Zoll⸗ und Wirthschaftspolitik haben wir denn im Jahre 1879 getrieben, als wir den Zoll auf 1 für den Doppel⸗ zentner festgesetzt haben und der Herr Abg. Graf von Mirbach einer der tüchtigsten Befürworter dieser Zollpolitik gewesen ist? (Unruhe rechts.) Am schlimmsten ergeht es aber denjenigen, die von Ausfuhr reden, von der Nothwendigkeit, auch diesem Theil unserer Erwerbs⸗

thätigkeit eine gewisse Fürsorge zu gewähren. Wer das thut, der hat

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