e. Hauses von Wedel⸗Pies dorf und Ober⸗Bürger⸗ meister Becker⸗Köln dem ersten Vorschlag zustimmten.
Justiz⸗Minister Schönstedt machte die „daß
soeben eine Petition der Gemeinde Brotterode an beide Häuser des Landtags eingegangen sei.
Das Haus beschlch darauf dem Antrage des Vize⸗Prä⸗ sidenten gemäß. 8
Die Berichte über die Verhandlungen des Landes⸗Eisen⸗ bahnraths von 1895 und über die Betriebsergebnisse der Staats⸗Eisenbahnen im Rechnungsjahre 1894/95 wurden der Eisenbahnkommission überwiesen.
Den Gesetzentwurf, betreffend die Dauer der Wahl⸗ perioden für die weltlichen Mitglieder der Propstei⸗Synoden der EEEE’u Kirche der Provinz Schleswig⸗Holstein, beschloß das Haus durch einmalige Schlußberathung zu erledigen.
Der Gesetzentwurf, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen im Herzogthum Lauenburg, wurde der Justizkommission überwiesen.
Feeranf folgte die erste “ des Gesetzentwurfs, betreffend das Anerbenrecht bei Renten⸗ und An⸗ siedelungsgütern. 8
Das Wort ergriff zunächst der Minister ür Landwirth⸗ schaft ꝛc. Freiherr von Hammerstein.
(Schluß des Blattes.)
—— Dem Reichstag ist eine Zusammenstellung aus⸗ ländischer Gesetze, betreffend die bedingte Verurtheilung, und amtlicher Mittheilungen über die Anwendung dieser Gesetze zugegangen. 114XAX“*“ 1 “ — 1““
Kunst und Wissenschaft.
* †* Im Kunstsalon von E. Schulte fesselten in der ver⸗ gangenen Woche ganz besonders einige Porträtleistungen die Auf⸗ merksamkeit der, wie immer, zahlreichen Besucher. Der Münchener Maler Fritz Burger hatte ein flottes Pariser Damenbildniß in Pastell, sowie zwei eindringlich charakterisierte Herrenporträts in Oel und eine Kindergruppe ausgestellt, die von großer Leichtigkeit seiner Maltechnik und glücklicher Beobachtungsgabe Zeugniß ablegten. Weniger erfreulich wirken die zahlreichen Herrenporträts von Volkhart mit ihrer süßlichen Eleganz und ängstlichen Sauberkeit, die in Härte und Leblosigkeit ausartet. Ein Reiterbildniß Ihrer Majestät der Kaiserin von C. Freyberg ist in lebhaften Farben gehalten, elegant in der Behandlung und von großer Porträtähnlichkeit. Auch die Porträts des jüngeren Bennewitz von Löfen, Fenner⸗Behmer’s und W. Döring'es fanden vielfach Beifall. Die überaus zahl⸗ reichen Landschaften von Karl Heffner, die fast den
anzen Oberlichtsaal füllten, zeigen Motive aus aller Herren änder, ohne daß die charakteristische Physiognomie der verschiedenen Landstriche besonders zum Ausdruck gebracht wäre. Subtile Behand⸗ lung mit spitzem Pinsel und Vorliebe für gebrochene Töne rauben den Darstellungen die Kraft des Eindrucks. Sehr viel wirkungsvoller sind die beiden Landschasten von H. von Berlepsch:; ein wogendes Kornfeld im Mittagssonnenlicht, und Hölzel: eine sonnige Schnee⸗ landschaft. Auch die in dem elektrisch erleuchteten Vordersaal ausge⸗ stellten Landschaften von Bössenroth, sowie ein feingestimmtes Interieur von C. Marr verdienen Beachtung. 8
Land⸗ und Forstwirthschaft. Saatenstand in Rußland.
ment Jekaterinoslaw, im Dongebiet und im ganzen Gouvernement Taurien soll der Stand der Saaten zu wünschen übrig lassen.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßzregeln.
Portugal. Durch Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern ist der Hafen von Ceuta seit dem 1. d. M. für cholera⸗ verseucht erklärt worden.
(Vergl. auch „R.⸗Anz.“ Nr. 231 vom 26. September v. J.)
Handel und Gewerbe.
Köln, 18. Januar. (W. T. B.) Einer Mittheilung der „Köln. Volksztg.“ zufo’ge wurde in der gestrigen Gesammtsitzung der Vorstände des rheinisch⸗westfälischen und Siegerländer Roheisenverbandes beschlossen, eine gemeinsame Preiserhöhung um 2 ℳ für die Tonne für Thomaseisen sowie für Puddel⸗ und Stahleisen eintreten zu lassen. 1 1
London, 19. Januar. (W. T. B.) Hier ist ein Gerücht ver⸗ breitet, nach welchem die Hongkong and Shanghai Banking Cor⸗ poration und die Deutsch⸗Asiatische Bank eine chinesische Staats⸗ nnleibn im Betrage von 16 Millionen Pfd. Sterl. abgeschlossen aben sollen.
Paris, 18. Januar. (W. T. B.) Der Ober⸗Handelsrath sprach sich für den status quo in Betreff des Lagerns des Ge⸗ treides in Zollnieder lagen und gegen das Prinzip des Zoll⸗ verschlusses aus. v11“
Verkehrs⸗Anstalten.
Laut Telegramm aus Köln (Rhein) hat die erste eng⸗ lische Post über Ostende vom 19. Januar in Köln den Anschluß an den Zug 91 nach Berlin und Hamburg nicht er⸗ reicht. Grund: Eine Stunde Zugverspätung in Belgien wegen Beschädigung der Maschine. Bremen, 18. Januar.
Der Postdampfer „Weser“ ist am 15. Januar von Bahia abgegangen. Der Postdampfer „H. H. Meier“ ist am 17. Januar Morgens auf der Weser angekommen. Der Reichs⸗ ““ „Darmstadt“ ist am 16. Januar Nachmittags in
ntwerpen angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Karlsruhe”“
(W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Santos nach
ist am 17. Januar Nachmittags in Hongkong angekommen.
— 19. Januar. (W. T. B.) Der Postdampfer „Mark“ hat
am 16. Januar Nachts die Reise von Vigo nach Southampton
fortgesetzt. Der Postdampfer „Braunschweig“ hat am 17. Januar Nachmittags Lizard passiert. Der Reichs⸗Postdampfer „Sachsen“ ist am 18. Januar Vormittags in Colombo angekommen.
Theater nud Musik. 1
8 Königliches Opernhaus. Die Reihe der glänzenden Festlichkeiten, zu welchen die 25 jährige Gedenkfeier der Neuaufrichtung des Deutschen Reichs den Anlaß bot, wurde gestern Abend mit der Festvorstellung im Königlichen Opern⸗ haufe abgeschlossen. Das Haus war vollständig besetzt, als um 8 Uhr der General⸗Intendant der Königlichen Schauspiele Graf von Hoch⸗ berg, dreimal mit dem Stabe aufklopfend, den Eintritt der Aller⸗ höchsten und Höchsten Herrschaften in die große selloge ankündigte. In der ersten Reihe derselben nahmen Platz Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzessinnen Albrecht und Friedrich Leopold von Preußen, Prinzessin Margarethe von Hessen sowie Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin von Ho enzollern. Seine Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Leopold und die übrigen anwesen⸗ den “ Herrschaften saßen weiter im Hintergrunde der Loge. Ein⸗ geleitet wurde die Vorstellung mit dem unter Dr. Muck's Leitung
S 4888 “
Kyffhäuser schlummernde Kaiser (Herr Stammer) träumt von der Zukunft Deutschlands, die in einer Reihe von patriotischen Bilder vor seinem Geist vorüberzieht. Den Schluß der Festvorstellung bildern nach dem vom Kapellmeister Sucher glänzend geleiketen Vorspiel zu den „Meistersingern“ die letzte Scene des dritten Akts von „Loben grin“, in welcher der zukünftige Heldentenor der Königlichen Oper Herr Kraus die Partie des Gralsritters sang. Königliches Schauspielhaus.
Zur Feier des 25. Jahrestages der Gründung des Deutschen Reichs ging der vorgestrigen Vorstellung ein fletseie! von Paul Warncke vorauf, das zwei Personen: Barbarossa (Herr Nesper) und Arminiusg (Herr Arndt), redend einführt und mit einem lebenden Bilde ab. schließt. In einer düsteren Felsengrotte sitzt schlafend der von röthlichem Licht stimmungevoll bestrahlte Kaiser Rothbart am Marmortische; da tritt unter dumpfem Donnerrollen Arminius der Cheruskerheld, zu ihm und verkündet dem allmählich Erwachenden in schlichten, schönen Worten die Erlösung aus seinem Schlummer durch die Wiederaufrichtung des Deutschen Reichs. Der felsige Harter grund spaltet sich und inmitten einer ihm zujauchzenden enge erhebt sich eine von Genien bekränzte mächtige Büste Kaiser Wilhelm’'s I. Auf der Bühne wird der Hymnus „Heil Dir 8. Siegerkranz“ intoniert, und die Zuschauer stimmen begeistert ein. Die weihevolle, patriotische Stimmung hielt während des ganzen übrigen Abends an. Mit besonderer Theilnahme, die sich in lauten beifälligen Zurufen auch bei offener Scene Bahn brach, folgte man den Vorgängen des patriotischen Schauspiels .1812“ von Otto von der Pfordten. Darsteller und Zuschauer blieben in lebendigem Kontakt und übten wechselseitig eine anregende Wirkung auf einander aus, die in dem ergreifenden Ton, der das Spiel der Darsteller beseelte, sehr wirksam in die Erscheinung trat.
Im Königlichen Opernhause gelangt mergen Mevyerbeer's Oper „Der Prophet“ mit Herrn Sylva in der Titelrolle zur Aufführung. Die Bertha singt Fräulein Hiedler, die Fräu⸗ lein Reinl; Kapellmeister Sucher dirigiert. — Seine Majestät der Kaiser ließ nach der gestrigen Phéätre paré-Vorstellung durch den General⸗Intendanten Grafen von Hochberg sämmtlichen Mitwirkenden Allerhöchstseine Anerkennung und Zufriedenheit aussprechen.
Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Shakespeare's „Othello“, mit Herrn Matkowsky in der Titelrolle, gegeben. Die übrige Besetzung lautet: Desdemona: Frau von Hochen⸗ burger; Jago: Herr Grube; Cassio: Herr Purschian; ilia: Fräulein Poppe.
Im Schiller⸗Theater kommt morzen Bulthaupt' aktiges Schauspiel „Victoria“ zur erstmaligen Aufführung. Die beiden Hauptrollen spielen die Herren Bach und Pauly. Den Abend beschließt „Onkel Bräsig“.
8
Mannigfaltiges.
Die Tranuerfeier für den Geheimen Regierungs⸗Rath Robert Dohme, den verstorbenen Direktor des Hohenzollern⸗Museums, hat heute Vormittag in der Wohnung desselben, Oranienburgerstraße Nr. 79, in feierlicher Weise stattgefunden. Seine Majestät der Kaiser hatte einen Galawagen zu dem Leichenbegängniß entsandt und mit seiner Vertretung den Hausmarschall Freiherrn von Lyncker betraut. Für Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich legte der Hof⸗ marschall Freiherr von Reischach einen kostbaren Kranz am Sarge nieder. Das Hofmarschallamt widmete einen schönen Kranz mit breiter Schleife. Die Schloßbaukommission war durch ihren Direktor und mehrere Beamte vertreten. Die Generalverwaltung der Königlichen Museen vertrat der General⸗Direktor Wirkliche Geheime Ober⸗ Regierungs⸗Rath Dr. Schöne persönlich. Die einzelnen Museen hatten Abordnungen entsandt. Auch mehrere Künstler wohnten der bei. Die Rede hielt Prdiger Professor D. von Soden. Die Beisetzung erfolgte auf dem Jerusalemer Kirchhof in der Belle⸗Alliancestraße.
Atbhen, 18. Januar. In ganz Griechenland herrscht strenger
Die aus einzelnen Gouvernements eingetroffenen Nachrichten über ch wie vor im allgemeinen ünstig. Nur in einzelnen Kreisen des Gouvernements Tschernikow, femnse 8 dem Süden Bessarabiens und Cherson, ferner im Gouverne⸗
den Stand der Wintersaaten lauten na
welchem das vor 25 Jahren zugs der Truppen
wirkungsvoll ausgeführten„Kaisermarsch’ von Richard Wagner, zur Feier des siegreichen Ein⸗ gegebene — von Julius Hein, Musik von Bernh. Hopffer, folgte. Der im
Festspiel „Barbarossa“
Winter. Hier fällt heute den ganzen Tag über Schnee in Massen.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
vom 20. Januar, M.
sp.
Wind.
Stationen. Wetter.
Temperatur in ° Celsius
Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeres 5 ° C. = 40 R.
Belmullet.. 3 wolkenlos V Aberdeen.. 3 wolkig Christiansund 5 Schnee — Kopenhagen. Nebel Stockholm. bedeckt
randa. 755 wolkenlos
762 W bedeckt
773 halb bed. 772 O bedeckt 77 wolkenlos 773 halb bed. ¹) Hamburg 774 il Nebel²) Swinemünde 773 Nebel Neufahrwasser 769 bedeckt Memel 1767 bedeckt 72575 bedeckt Münster.. 773 heiter Karlsruhe. 772 bedeckt Wiesbaden 772 bedeckt München 772 Nebel Chemnitz. 774 Nebel Geriin. 773 2 bedeckt 171774 bedeckt Breslau... 773 still Nebel
1177155 4 wolkenlos 1) Reif. ²) Reif. Uebersicht der Witterung.
Die Witterung von ganz Europa steht unter dem Einfluß eines umfangreichen Hochdruckgebiets, dessen Kern über Ungarn liegt. Der gleichmäßigen Luftdruck⸗ vertheilung entsprechend, ist die Luftbewegung überall schwach und aus variabler Richtung. In Deutschland ist das Wetter mild, stark neblig, in den nordwest⸗ lichen Gebietstheilen vorwiegend heiter; nennenswerthe Niederschläge werden nicht gemeldet. Ueber Nord⸗ Europa ist das Barometer im starken Steigen be⸗ griffen. Ruhiges, theils heiteres, theils nebliges Wetter mit sintender Temperatur wahrscheinlich.
Deutsche Seewarte.
Theater.
Ksönigliche Schauspiele. Dienstag: Opern⸗
haus. 20. Vorstellung. Der Prophet. Große Oper in 3 Akten von Giacomo Meyerbeer. Text nach dem Französischen des Eugène Scribe, deutsch bearbeitet Ludwig Rellstab. Ballet von Emil
—HßSoUPSPprbodensödee—bdoe—
Graeb. In Scene gescßt vom Ober⸗Regisseur Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang r
Schauspielhaus. 21. Vorstellung. Othello, der Mohr von Venedig. Trauerspiel in 5 Aufzügen von William Shakespeare. Uebersetzt von Wolf Graf Baudissin (Schlegel⸗Tieck). Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Opernhaus. 21. Vorstellung. Der
reischütz. Romantische Oper in 3 Akten von Carl Maria von Weber. Dichtung von Friedrich Kind (nach der gleichnamigen Erzählung August Apel’'s). Anfang 7 ⅜ Uhr.
Schauspielhaus. 22. Vorstellung. Nathau der Weise. Dramatisches Gedicht in 5 Aufzügen von Gotthold Ephraim Lessing. Anfang 7 ½ Uhr
Deutsches Theater. Dienstag: Zum ersten Male: Lebenswende. Tragikomödie von Max Harst Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Die Jüdin von Toledo.
Donnerstag: Zum ersten Male Lebenswende.
wiederholt:
Berliner Theater. Dienstag: Fedora. An⸗ fang 7 ½ Uhr. 1
Mittwoch: Zum ersten Male: König Heinrich.
Donnerstag: Fedora.
Lessing-Theater. Dienstag: Comtesse Guckerl. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Comtesse Guckerl.
Donnerstag: Comtesse Guckerl.
Residenz⸗Theater. Direktion: Sigmund Lautenburg. Dienstag: Hals über Kopf. Schwank in 3 Akten von Alexandre Bisson, deutsch von Paul Block. — Vorher: In doppelter Be⸗ fehkeng. Plauderei von Paul Linsemann. Anfang
r. Mittwoch und folgende Tage: Hals über Kopf — In doppelter Bekehrung.
Friedrich⸗-Wilthelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25— 26.
Von heute bis 22. wegen Neueinrichtung der Maschinerien geschlossen.
Donnerstag, 23. Januar: Mit großartiger Aus⸗ stattung an Dekorationen, Kostümen und Requisiten. um ersten Male: Der Hungerleider. Aus⸗ tattungskomödie in 12 Bildern von Julius Keller und Louis Herrmann. Musik von Louis Roth. In Seene gesetzt von Julius Frit'sche. Dirigent: Herr Kapellmeister Winne. Beginn der Vorstellung ausnahmesweise 7 Uhr. 1
Neues Theater. Schiffbauerdamm 4 a./5. Dienstag: Gastspiel des Herrn Frauz Tewele vom K. u. K. priv. Carl⸗Theater in Wien. Der Herr Direktor (Nonsieur le Directeur). Lustspiel in 3 Akten von Alexandre Bisson und eg Carr6. Deutsch von Ferdinand Groß. n Scene gesetzt von Siegmund Lautenburg. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch, Donnerstag und Freitag: Der Herr Direktor.
Voranzeige: Sonntag, den 26. Januar, Nach⸗ mittags 3 Uhr, findet zu halben Preisen eine Auf⸗ führung des Schwankes „Der Rabenvater“ statt.
Theater Unter den Linden. Direktion:
Julius Fritzsche. Dienstag: In durchaus neuer glänzender Ausstattung an Dekorationen, Kostümen und Requisiten: König Chilperich. Burleske Ausstattungs⸗Operette in 3 Akten (5 Bildern) von
rvé und Paul Ferrier, deutsch bearbeitet von duard Jacobson und Wilhelm Mannstädt. Musik von Hervé. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Zeisgät; Herr Kapellmeister Federmann. Ansang 2 r.
Mittwoch und die folgenden Tage: König Chilperich.
Sonnabend, den 25. Januar: Zweiter und letzter großer Maskenball.
Sonntag, den 26. Januar, Nachmittags 3 Uhr: Bei halben Preisen: Der Zigennerbaron. — Abends 7 ½ Uhr: König Chilperich.
Adolph Ernst⸗Theater. Dienstag: Frau Lohengrin. Gesangsposse in 3 Akten, nach dem Französischen bearbeitet von Ed. Jacobson und W. Mannstädt. Kuplets von Gust. Görs. Musik von Gust. Steffens. Anfang 7 ½ ÜUhr.
Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.
Bentral-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30.
Dienstag: Eine tolle Nacht. Große Aus⸗ lattangposg. mit Gesang und Tanz in 5 Bildern von Wilh. Mannstädt und Julius Freund. Musik von Julius Einödshofer. In Scene gesetzt vom Direktor Richard Schultz. Die Tanz⸗Arrangements vom Balletmeister Gundlach. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Eine tolle Nacht.
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Konzerte. “
Ao zert · Haus. Karl Meyder⸗Konzert.
Dienstag: Ouv. „Giralda“, Adam. „Die lustigen Weiber von Windsor“, Nicolai. „Banditenstreiche“, Suppé. Walzer „Rosen aus dem Süden“ von Strauß. Potpourri „Kriegsraketen“ von Conradi. Troubadour⸗Phantasie für Violine von Alard (Herr Carnier). „Klänge aus Steyermark“ für Piston
von Hoch (Herr Werner).
Saal Bechstein.
Linkstraße 42. Dienstag, Anfang 7 ½ Uhr: Klavier⸗Abend von Sandra Drouker aus St. Petersburg.
Zirkus Renz. Karlstraße. Dienstag, Abende 7 ½ Uhr: Wohlthätigkeits⸗Vorstelluug zum Besten des unter dem Protektorate Seiner Majestät des Kaisero stehenden „National⸗ danks für Veteranen“. Ein Künstlerfest. Luxus⸗Ausstattungs⸗Pantomime in 2 Abtheilungen vom Großherzoglichen Hof⸗Balletmeister A. Siems, auf das Glaͤnzendste insceniert vom Direktor Fr. Renz. Nene Musik⸗Einlagen. Ballet von 100 Damen. Kinder⸗Orchester. Erste Abtheilung: Das Festeomité in Thätigkeit. Zweite Abtheilung: Vollständig neu! Im Wasser. Vollständig neu! Zum ersten Male in Berlin: Der brennende See mit der gigantischen Neu! Feuersäule, Nen! neue pyrotechnische Erfindung, ausgeführt von der Accumulatoren⸗Fabrik S. Hammacher. Zum Schluß: Plafond⸗Pracht⸗Feuerwerk. Außerdem: Auftreten von nur Künstler⸗Spezialitäten allerersten Ranges. Vorführen der berühmten Original⸗ Dressuren des Direktors Fr. Renz.
Mittwoch: Ein Künstlerfest. Der brennende See mit der gigantischen Feuersänle.
˙˙-˙3-˙1n1] Familien⸗Nachrichten.
Verehelicht: Hr. Ingenieur Joseph Nell mit Frl, Helene Volkmer (Breslau).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Prem.⸗Lieut. von Held (Magdeburg). — Hrn. Regierungs⸗Assessor Rieß von Scheurnschloß (Cassel). — Eine Tochter: Hrn. Geheimen Legations⸗Rath Albrecht Rienaecker (Berlin). 8
Gestorben: Frl. Elly von Manstein (Berlin). — Verw. Fr. Ober⸗Stabsarzt Dr. Grosse, geb. Steltzner (Berlin). — Verw. Fr. Pastor Agnes Steudner, geb. Weissig (Greiffenberg i. Schl.). — Hr. Kreis⸗Wege⸗Inspektor Wilhelm Thun (Gr. Strehlitz). — Hr. Rittergutsbesitzer Theodor Graber (Ober⸗Schmardt). — Verw. Fr. Rechnungt⸗ Rath Louise Grützner, geb. Frey (Breslau).
Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Sechs Beilagen
(cinschließlich Börsen⸗Beilage). (1028)
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Erst e B I -
Anzeiger und Königlich Preußi
Verlin, Montag, den 20. Januar
heute die in der Sitzung des Reichsta gs vom 17. d. M. von dem Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherrn von Hammerstein bei der Berathung des An⸗ trags des Abg. Grafen Kanitz wegen Erzielung einer Befestigung der Getreidepreise auf mittlerer Höhe für die Dauer der bestehenden Handelsverträge gehaltenen Reden im Wortlaut nach.
Nach der Rede des Abg. Dr. von Bennigsen erklärte der Staats⸗Minister Freiherr von Hammerstein:
Meine Herren! Ich darf es wohl als auffallend bezeichnen, daß eine einzelne Bundesregierung, und zwar die Königlich preußische Regierung, zu einem Initiativantrag — und um einen solchen han⸗ delt es sich in dem Kanitz'schen Antrage — schon im vorigen Jahre und auch in diesem Jahre eine so entschiedene Stellung einge⸗ nommen hat, bevor der Antrag zum Beschluß erhoben ist. Das Richtigere wäre ja, daß die Bundesregierungen ruhig abgewartet hätten, welchen Beschluß Sie fassen; dann würden dieselben im Bundesrath zu diesem Beschluß Stellung nehmen müssen. Meine Herren, das wäre ja auch vielleicht der richtigere Weg gewesen, wenn ohne Erregung der öffentlichen Meinung, ohne Erregung bis in die untersten Schichten der Bevölkerung hinein eine durch⸗ aus ruhige, objektive Prüfung und Erwägung über die Kanitz'schen Anträge stattgefunden hätte. Leider ist das nicht der Fall; und deshalb war es nothwendig, um die öffentliche Meinung möglichst aufzuklären und zu beruhigen, schon in dem Stadium der Vorberathung zu dieser Frage Stellung zu nehmen.
Meine Herren, es könnte ferner auffallend erscheinen, daß, nachdem bereits ein Mitglied der preußischen Regierung, mein verehrter Nachbar zur Rechten, hier so entschieden Stellung zu der Frage genommen hat, auch ich das thue. Aber, meine Herren, ich glaube, man würde in Preußen es nicht verstehen, wenn der preußische Landwirthschafts⸗ Minister, dem als Mitglied des Bundesraths die Möglichkeit dazu geboten ist, bei einer die Landwirthschaft so tief berührenden Frage hier geschwiegen hätte. Ursprünglich war es meine Absicht, schon gleich im Anfang der Verhandlung das Wort zu nehmen; ich habe es aber bereitwillig Herrn von Marschall abgetreten, weil die handelspolitische Bedeutung der Sache doch den wesentlichen Theil der Frage bildet; und da war der berufene Vertreter mein Kollege Herr von Marschall.
Ich habe mir dann die Frage vorgelegt: bin ich in der Lage, noch viel Neues zu der Frage vorzubringen? Meine Herren, das wird sehr wenig sein. Ich erkenne in vollem Umfang an, daß die Dis⸗ kussion erschöpft ist, und daß viel wesentlich Neues auch von mir nicht gebracht werden kann.
Meine Herren, ich will nun zur Sache übergehen und knüpfe an ein englisches Wort, was in der Diskussion der Kommission des Reichstags im vorigen Jahre gefallen ist und was nach meiner Meinung charakteristisch ist für die Art der Agitation, die vom Bund der Landwirthe ausgegangen ist, an. Die Worte lauten: where is a will, there is a way, wenn die Regierung will, so kann sie den Antrag auch ausführen. Meine Herren, dieser Standpunkt ist im wesentlichen — das ist charakteristisch — bei allen Verhandlungen, die in breiten Schichten der Bevölkerung geführt sind, der maß⸗ gebende gewesen. Die Sache ist so dargestellt: Der Antrag Kanitz ist sehr wohl ausführbar; wir haben nur durchzusetzen, daß die Re⸗ gierung ihn will, dann kann sie es auch. (Sehr richtig! rechts.) Meine Herren, die Regierung kann und darf nur das wollen, was sie für durchführbar hält und wofür sie die volle Verant⸗ wortung zu übernehmen gewillt und im stande ist, und — das ist im vorliegenden Fall der springende Punkt — je tiefer und je ruhiger und je sachlicher die Königlich preußische Regierung die Sache geprüft hat, desto entschiedener ist sie zu der Ueberzeugung gelangt, daß sie die Verantwortung für diesen Schritt zu übernehmen nicht in der Lage ist.
Nun, meine Herren, was ist zunächst der springende Punkt, um den sich die Ausführbarkeit des Antrags vornehmlich dreht? Darüber kann gar kein Zweifel sein.
Es ist von verschiedenen Rednern auch bereits betont — ich will es nochmals genau präzisieren —: zunächst kann die Regierung nur dann diesen Antrag durchführen, wenn er mit den Handelsverträgen vereinbar ist, oder wenn durch Verhandlungen mit den Vertrags⸗ staaten, wie das in dem Antrag Kanitz anheimgegeben ist, die Bahnen für die Ausführung geebnet werden. Ich gehe nicht weiter auf diese beiden Punkte ein, denn ich glaube: erschöpfend und klar ist von Herrn von Marschall nachgewiesen, daß mit den Handelsverträgen der Antrag zweifellos nicht vereinbar ist. Wenn ich mir klar mache, welche Veränderungen der Antrag in diesem, im vorigen Jahre und im Jahre vorher erfahren hat, so geht gerade aus der Aenderung der Fassungen dieses Antrags hervor, daß Sie selbst doch mehr und mehr zu der Anschauung gekommen sind, daß mit den Handelsverträgen dieser Antrag nicht vereinbar ist. Das geht auch schon daraus hervor, meine Herren, daß der Herr Graf Kanitz in seinem Antrag ja aus⸗ drücklich darauf hinweist: falls das nicht der Fall sei, dann sollen die Schwierigkeiten durch Verhandlungen mit den auswärtigen Vertrags⸗ staaten beseitigt werden. Darin liegt ja das Anerkenntniß, daß man mindestens darüber zweifelhaft ist, ob der Antrag mit den Handelsverträgen vereinbar ist oder nicht.
Interessant ist mir eine diesbezügliche Aeußerung gewesen, welche Herr Graf Bismarck gestern gethan hat — ein Herr, der ja in seiner früheren dienstlichen Stellung den auswärtigen Verhältnissen besonders nahe gestanden hat. Graf Bismarck sagte, wenn ich ihn richtig verstanden habe: die Frage, ob durch Verhandlungen mit den Vertragsstaaten die Schwierigkeiten aus dem Vertrage aus dem
ege zu räumen sind — das wolle er einräumen — könne ver⸗ antwortlich und in ihrem vollen Umfange nur die Reichsregierung prüfen und entscheiden, weil dabei Umstände in Betracht zu ziehen seien, welche sich dem außerhalb der Regierung Stehenden ent⸗
jiehen. Die Königlich preußische Regierung hat n “ 1A“
der Erfolg aller auf dem Boden dieser Vo
diese Frage — Herr von Marschall hat das eingehend begründet — sorgfältig geprüft, und sie ist zur Entscheidung gekommen, daß es unmöglich ist, und daß es geradezu gefahrdrohend sei, wenn wir überall und besonders in dem gegenwärtigen Stadium auf derartige Verhandlungen eingehen würden.
Meine Herren, ich glaube, damit den springenden Punkt der ganzen Sache erledigt zu haben, und ich könnte möglicherweise nun sagen: ich habe jetzt keine Veranlassung, mich überall zur Sache weiter zu äußern. Aber, meine Herren, ich beabsichtige das deshalb nicht, weil ich glaube, noch diesen oder jenen Gedanken hier vortragen zu können, der bisher bei den Verhandlungen weder im Plenum, noch in der Kommission vorgebracht ist.
Meine Herren, es ist ja zweifellos und allbekannt, daß der Versuch, die Preisbildung in die Hand zu nehmen, in verschiedenen Jahrhunderten in verschiedenen Ländern gemacht ist. Es ist zu römischer Zeit geschehen; wenn Sie darüber die Mommsen'sche römische Geschichte nachlesen, so werden Sie finden, zu welchen be⸗ denklichen Konsequenzen das geführt hat. Unter Friedrich dem Großen ist es versucht, und ich will dazu nur bemerken: was zur Zeit Friedrich's des Großen paßte, paßt zweifellos nicht in unsere gegenwärtige wirthschaftliche Lage. (Zurufe rechts.) Ich will daran erinnern, daß man zur Zeit der französischen Revolution versucht hat, in die Preisbildungen von Staatswegen mit drakonischen Mitteln ein⸗ zugreifen. Ich beschränke mich auf die allgemeine Bemerkung, daß man bekanntlich aus der Geschichte überall nicht zu lernen pflegt; aber ich will mich mal auf die neueste Geschichte der Gedanken, welche dem Antrage Kanitz zu Grunde liegen, beschränken. Alle Anträge und Vorschläge, welche von Interessenvertretungen, von der Presse, aus den Kreisen des Reichstags und des Abgeordnetenhauses heraus in Deutschland und anderen Ländern in den letzten Dezennien hier gemacht sind, bezwecken sämmtlich die Beschränkung der Preisbildung; sie sollen sie anders gestalten, als es nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage geschieht.
Besonders interessant sind Maßnahmen, welche die portugiesische Regierung seit dem Jahre 1889 ergriffen hat; sie hat durch eine sehr weitgehende Beschränkung der Weizen⸗, Mais⸗ und Mehleinfuhr, und dadurch daß sie diese Einfuhr den Müllern allein übertrug, versucht, im weitesten Umfang auf die Preisbildung dieses vornehmsten Volksnahrungsmittels in Portugal einzuwirken. Die verschiedenen Aenderungen der gesetzlichen und der Ausführungs⸗Bestimmungen, welche in Portugal seit 1889 erlassen sind, beweisen, wie schwierig die Sache ist. Aus diesen Bestimmungen ist aber ein stetiger Streit zwischen der Bevölkerung, den Produzenten, den Vorarbeitern der Produkte, und zwischen der Staatsregierung entstanden: ein Streit, welcher häufig einen sehr akuten Charakter angenommen hat. Gestern Morgen ist mir noch ein Bericht des deutschen Konsuls aus Portugal zu Händen gekommen, dessen Darlegung vollständig mit dem über⸗ einstimmt, was ich aus verschiedenen Broschüren über diese Frage ge⸗ lesen habe.
Ich will nicht tiefer auf die Sache eingehen, sondern will kurz das Resumé der Erfahrungen, zu denen diese Maßnahmen geführt haben, mittheilen. Zunächst hat sich die ganze Müllerei aus den Händen bisher einer großen Zahl kleiner Mühlen in den Händen von 37 großen Mühlen in Portugal konzentriert (hört! hört!), und das ganze kleine Müllereigewerbe ist ruiniert. Es haben sich die landwirth⸗ schaftlichen Preise für Weizen und Mais allerdings sehr erheblich ge⸗ hoben; sie haben aber auch wiederholt zu einer bedenklichen Brot⸗ vertheuerung geführt (hört, hört! links), sodaß die Regierung hat einschreiten müssen. Dann haben sich die Vortheile konzentriert auf die Latifundienbesitzer, und behauptet wird, daß dem mittleren und kleineren Grundbesitz aus diesen Maßnahmen ein Vortheil nicht er⸗ wachsen ist. (Hört, hört! links.)
Und endlich, meine Herren, während unter der Herrschaft der Privatwirthschaft — und das konstatiere ich namentlich hier für Preußen, auch für den größeren Theil Deutschlands, — sich von Jahr zu Jahr ein großer Fortschritt auf landwirthschaftlichem Gebiet voll⸗ zogen hat, ist unter der Herrschaft dieser Einwirkung auf die Preisbildung in Portugal der landwirthschaftliche Betrieb zweifellos zurückgegangen. (Hört! hört! links.) Diese Erfahrungen scheinen mir zur Nachahmung in Deutschland nicht gerade verlockend zu sein. Dann hat man in Spanien, dem Grenzland von Portugal erwogen, ob man diese Maß⸗ nahmen nachahmen solle. Man hat sich dahin entschieden, daß das nicht geschehen dürfe und könne. Dann haben auch zu zwei verschie⸗ denen Zeiten in Frankreich diese Fragen den Gegenstand sehr eingehender Berathung in der Presse und im Parlament gebildet, und interessant ist es, daß von sechs Herren der sozialdemokra⸗ tischen Partei unter Führung eines Herrn Jaurès der Antrag im französischen Parlament gestellt wurde, als man dort die Frage erwog, ob die bisherigen Getreide⸗Eingangszölle nicht zu niedrig und durch entsprechend höhere Zölle zu ersetzen seien, weil durch die zu niedrigen Zölle der Niedergang der französischen Landwirthschaft nicht erreicht sei. Der Antrag ist sehr eingehend geprüft, und fast wörtlich sind diejenigen Gesichtspunkte, welche hier, namentlich von meinem Nach⸗ barn Herrn von Marschall als ausschlaggebend für die Ablehnung geltend gemacht sind, dort durch Herrn Léon Say als Gründe für die Ablehnung geltend gemacht, und das französische Parlament hat mit 480 Stimmen gegen 52 Stimmen die Annahme der Vor⸗ schläge abgelehnt.
Auch in Oesterreich — und das ist ja gestern hier schon gestreift — hat man sich ernstlich, nicht im Parlament, wohl aber in der Presse, mit der vorliegenden Frage beschäftigt. Auch über diese Vorschläge war ich unterrichtet; neu ist mir allerdings gewesen, daß Antragsteller, ein Herr Till, sich an den Führer des Bundes der Land⸗ wirthe gewendet hat, diesem seine Vorschläge mitgetheilt hat; und interessant ist mir gewesen, daß dieser Herr damals diese Vorschläge, welche auf derselben Basis beruhen wie der Antrag Kanitz, seinerseits als undurchführbar und sozialistisch bezeichnet haben soll.
Dann will ich kurz daran erinnern, welches in Deutschland rschlã e stehenden A trã
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gewesen ist. Es sind hier in Deutschland Kontingentierungs⸗ und Monopolisierungs⸗Vorschläge nach den verschiedensten Richtungen hin gemacht; es sind auch andere Vorschläge gemacht, z. B. die Bildung einer Zwangsgenossenschaft, der Vorschlag einer Konsumtionsabgabe und Gewährung einer Produktionsprämie; ferner der Vorschlag einer staffelmäßigen Besteuerung des von auswärts eingehenden Getreides; endlich der Vorschlag, alles von auswärts eingehende Getreide reichsregierungsseitig aufzukaufen und in Staatsmühlen zu verarbeiten und so wieder in den Verkehr zu bringen. Meine Herren, interessant ist, daß bisher nicht allein der Reichstag, sondern auch die Inter⸗ essenvertretungen, Landwirthschaftsrath u. s. w., nach eingehender, ernster Prüfung nicht gewagt haben, für die Vorschläge sich zu entscheiden. Es giebt doch zu denken, daß bei ruhiger, objektiver Prüfung sogar Interessenvertretungen, welche doch vornehmlich den Zweck haben, einseitig ihre Interessen zu vertreten, zu einer Ablehnung des Antrags sich entschlossen haben.
Meine Herren, aus dieser Geschichte der Anträge in den letzten Dezennien ziehe ich folgende Schlüsse: Zweifellos sind die Anträge⸗ wenigstens in Frankreich, sozialistischen Ursprungs, und gerade in Frankreich hat man wegen der sozialistischen Bedenken und wegen des Ursprungs der Anträge Anstand genommen, auf die Sache einzugehen. Zweitens folgere ich daraus, daß, wenn selbst die Interessenvertretungen nicht wagen, die Vorschläge zu empfehlen, die Regierung um so sorgfältiger prüfen muß, ob die Anträge annehmbar, da sie berufen ist, nicht einseitige Interessen, sondern die Gesammtinteressen zu ver⸗ treten. (Sehr richtig! links.)
Endlich entnehme ich aus dieser Geschichte, daß der einzige Staat, welcher es gewagt hat, in diese Dinge einzugreifen, nach den vor⸗ liegenden Erfahrungen günstige, zur Nachahmung verlockende Ergebnisse nicht erzielt hat.
Meine Herren, ich berühre nun kurz den sozialistischen Charakter des Antrages: Meine Herren, die preußische Regierung erkennt bereit⸗ willig an, daß an sich der Wunsch nach Hebung der Getreidepreise berechtigt ist, weil die Getreidepreise unverhältnißmäßig niedrige sind und weil zweifellss bessere Preise geeignet sind, die unbedingt an⸗ zuerkennenee Nothlage der Landwirthschaft zu lindern. Meine Herren, es wäre erwünscht gewesen — wir Minister waren an der Berathung im Staatsrath nicht betheiligt —, daß das Gutachten des Staatsraths, welches sich im wesentlichen auf den Antrag Kanitz beschränkt hat, auf alle in der Presse und Interessenvertretungen u. s. w. gemachten Vorschläge ausgedehnt worden wäre, und das war aus dem Programm auch in Aussicht genommen. Meine Herren, daß das Programm beschränkt wurde, war gewiß berechtigt, um einer zu zeitraubenden, mehr wissenschaftlichen Diskussion vorzubeugen.
Meine Herren, damals hat man im Staatsrath als Zweck der Anträge zweifellos die Hebung der Getreidepreise hingestellt und hat diesen Zweck als unbedenklich hingestellt.
Meine Herren, was ist nun nach meiner Auffassung der Zweck des Antrages? Ich will denselben bestimmt präzisieren. Der gegenwärtige Antrag — ich erinnere daran, daß in den früheren Anträgen auch gesagt wurde, man bezwecke die Hebung der Getreide⸗ preise — ist meines Erachtens nicht prinzipaliter Ausgleichung der Getreidepreise, was als Zweck vorangestellt ist. Meine Herren, nehmen Sie es mir nicht übel, sowohl aus den Verhandlungen der Reichstagskommission, wie auch aus den Darlegungen im Hause bin ich zu der Ansicht gelangt, daß die Veränderung der Zweckangabe ein taktisches Ziel verfolgte. (Sehr richtig! links, Widerspruch rechts.) Zweck, meine Herren, ist zweifellos: Hebung der Getreidepreise. Zweifellos wenigstens hat der Bund der Landwirthe bei seinen Vorschlägen und bei der Hereintragung dieser Vorschläge in die weitesten Kreise als Zweck Erhöhung der Getreidepreise fest⸗ gestellt. Meine Herren, können Sie die Getreidepreise mit zulässigen Mitteln heben, dann bin ich der Meinung, daß das für die Landwirthschaft eine große Wohlthat wäre Ich will hier wiederholen, was ich in dieser schon im Abgeordnetenhause ausgesprochen habe. Ich sagte, ich könne nicht anerkennen, daß die Konsumenten einen An⸗ spruch darauf hätten, daß der gegenwärtige niedrige Getreidepreisstand erhalten bleibe. Ich glaube, alle Parteien im Hause sehen es für
erwünscht an, wenn eine mäßige Hebung der Preise einträte. Aber, 1 meine Herren, daraus folgt nicht, daß ich anerkenne: der Staat
müsse, in Konsequenz des vorbezeichneten Ausspruchs, den Landwirthen einen ihre Produktionskosten und einen geringen Ueberschuß ge⸗ währenden Preis für ihr Getreide sichern. Meine Herren, das ist etwas ganz Anderes. Der Zweck aller der Vorschläge, die ich erst genannt habe, auch der Antrag, der uns heute hier beschäftigt, ist nach meiner Auffassung die Hebung der Getreidepreise unter Fest⸗ stellung eines Minimalpreises von Staatswegen. Es sollen die Produktionskosten erstattet werden und ein Unternehmergewinn von Staatswegen gewährt werden. Es soll das Gesetz von Angebot und Nachfrage, nach welchem in der bestehenden Privatwirthschaft die Preise sich regulieren, beseitigt werden und die staatliche Regulierung der Getreidepreise an die Stelle treten, und, meine Herren, es soll das geschehen bezüglich des wichtigsten Volksnahrungsmittels: des Getreides. Das, meine Herren, ist der Zweck des Antrags.
Meine Herren! Ganz unwiderlegbar erscheint mir, daß, wenn die Ursache der landwirthschaftlichen Krisis nicht allein die niedrige Preis⸗ bildung ist, Sie die landwirthschaftliche Krisis auch nicht allein durch Hebung der Preise heilen können. (Zuruf bei den Antisemiten.) Meine Herren, ich bin der Ansicht, daß die niedrige Preisbildung nicht allein der Grund der landwirthschaftlichen Nothlage ist, daß daher durch Annahme des Antrags Kanitz allein die Nothlage also auch nicht gehoben wird.
Nun, meine Herren, man beliebt, Herr Graf Mirbach etwas Aehnliches ich genöthigt bin, über agrarische Fragen mich zu äußern, was in der Regel gerade nicht angenehm ist (Heiterkeit), man beliebt mir vorzuhalten, Du weißt nur kleine Mittel zur Hilfe
die Landwirthschaft 1nicht. Meine
und anscheinend will sagen, mir, so oft
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