Deutsches Reich.
Preußzen. Berlin, 22. Januar. Seine Majestät der Kaiser und König empfingen
heute Vormittag um 10 Uhr den Chef des Zivilkabinets,
Wirklichen Geheimen Rath Dr. von Lucanus zum Vortrag. Darauf nahmen Seine Majestät im Neuen Museum diejenigen Arbeiten in Augenschein, welche bei dem Wettbewerb zur För⸗ derung des Studiums der klassischen Kunst eingegangen sind und wobei es sich um die Ergänzung des den Museen ge⸗ hörigen Torsos einer tanzenden Mänade handelt. 8 .
Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr hielten heute
8
Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Staatssekretär in Elsaß⸗Lothringen von Puttkamer, Bürgermeister der freien nsestadt Bremen Dr. Pauli, Senator der freien Hanse⸗ tadt Bremen Dr. Marcus und Bürgermeister der freien und Hansestadt Hamburg Dr. Versmann sind von Berlin
abgereist.
Nach einer bei dem Ober⸗Kommando der Marine ein⸗ gegangenen telegraphischen Meldung sind S. M. Schiffe gESrcln9, Kommandant Kapitän zur See Rötger, und „Stosch“, Kommandant Kapitän zur See Thiele (August), gestern in Havanna eingetroffen.
Tilsit, 21. Januar. Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzogthums Braunschweig, ist heute hier eingetroffen. Die Stadt war festlich geschmückt. Das Infanterie⸗Regiment von Boyen 5. Ostpreußisches) Nr. 41, Vereine und Schüler bildeten
palier. Auf dem Kasernenhof fand eine Besichtigung des Dragoner⸗Regiments Prinz Albrecht von Preußen (Ctauisches) Nr. 1 statt. Nachmittags um 3 Uhr folgte dann die Be⸗ sichtigung der Remonten in der Reitbahn. Um 6 Uhr nahm Seine Königliche Hoheit mit den Offizieren des 1. Dragoner⸗ Regiments im Kasino das Diner ein. Abends 1 Illumination der Stadt und eine militärische Reitervorstellung in der Reitbahn statt.
Friedrichsruh, 21. Januar. Fürst Bismarck läßt in den „Hamb. Nachr.“ folgende gung veröffentlichen:
Zur Jubelfeier des 18. Januar habe ich von meinen Mitbürgern in der Heimath und in der Fremde so zahlreiche Zuschriften und telegraphische Begrüßungen erhalten, daß ich leider mit meinen Arbeits⸗ kräften nicht in der Lage bin, den Einzelnen meinen Dank aus⸗ zusprechen, und bitte ich deshalb Alle, die meiner bei dieser Gelegenheit so freundlich gedacht haben, meinen herzlichsten Dank hierdurch ent⸗ gegenzunehmen. von Bismarck.
Baden.
Der „Karlsruher Zeitung“ zufolge beabsichtigen Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Groß⸗ gin am 25. d. M. nach Berlin zu reisen, um an der
eburtstagsfeier Seiner Majestät des Kaisers theil⸗ zunehmen, und bis zum 29. d. M. dort zu verweilen.
Oldenburg.
((I Das gestern ausgegebene Bulletin über das Be⸗
finden Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin lautete: Die letzten 24 Stunden wurden fast ohne Unterbrechung in
wohlthuendem Schlafe verbracht.
Schaumburg⸗Lippe.
Ihre Durchlaucht die Fürstin ist gestern im Fürstlichen Schlosse zu Bückeburg von einer Prinzessin glücklich ent⸗ bunden worden.
*
b
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Erzherzog und die Erzherzogin Karl Ludwig sowie der Erzherzog Ferdinand Karl und die Erz⸗ herzoginnen Maria Annunciata und ö traten
estern Abend eine auf drei Monate berechnete Orientreise an. öchstdieselben begeben sich zunächst zum Besuch des Erzherzogs .“ Ferdinand nach Assuan und sodann nach Palästina.
m böhmischen “ brachten gestern die Abgg. Pacak und Genossen einen Gesetzesvorschlag ein, betreffen 1e. . dn der Sprachenfrage bei saatlichen, Ge⸗ meinde⸗ und Bezirksbehörden sowie bei dem Landesausschuß und den Schulen. Der Entwurf verlangt, daß jede Eingabe in allen Instanzen in der Sprache erledigt werden solle, in welcher sie eingebracht worden sei; sonach müsse jeder Staats⸗ und Landesbeamte in Böhmen der beiden “ mächtig ein; bis dahin solle ein fünfjähriges Provisorium eingeführt werden. Bei der ersten Lesung des Antrags des Abg. Gra en Adalbert Schoenborn, betreffend die Einführung des obligatorischen Unterrichts in beiden Landes⸗ prachen für die Mittelschulen erklärte sich der Abg. Schlesinger im Namen der Deutschen gegen den Antrag; die Deutschen würden aber für Ueberweisung des Antrags an eine Kommission stimmen, weil sie der Berathung über die Mittel für
e größere Verbreitung der Kenntniß der anderen Landes⸗ prache nicht ausweichen, jedoch jeden Zwang vermeiden wollten. Im Namen der Jungczechen erklärle der Abg. Engel sich egen die Ueberweisung an eine Kommission, weil der Gegen⸗ tand Veranlassung zur Auffrischung des nationalen Zwistes geben würde. Nachdem noch die Abgg. Bareuther, Lippert und Iro über den Antrag des Graßcen Schoenborn gesprochen, wurde derselbe einer Kommission überwiesen.
Großbritannien und Irland.
Bei einem Bankett, welches gestern Abend in London im „Hotel Metropole“ zu Ehren des neuen Gouverneurs von Queensland, Lamington, unter dem Vorsitz des Staatssekretärs 8. die Kolonien Chamberlain stattfand, hielt dieser eine
ede, worin er, wie „W. T. B.“ berichtet, ausführte, die Ereignisse in Süd⸗Afrika würden den Gegenstand einer erichtlichen Untersuchung in England und in Afrika bilden.
Redner versicherte, die Engländer würden beide Theile hören, ehe sie ein Urtheil abzugeben versuchen würden: „Vor wenigen Wochen erschien England alleinstehend, umgeben von eifer⸗ süchtigen Nebenbuhlern und einer ganz und gar unerwarteten Feindseligkeit. Unsere Differenzen mit anderen Nationen, welche seit langer Zeit bestehen, nahmen plötzlich drohende Ver⸗ hältnisse an, und von Seiten, von denen wir in Anbetracht unserer Ueberlieferungen und einer gewissen Interessengemeinschaft Freundschaft und Achtung erwarten durften, wurde uns plötzlich mit Argwohn begegnet und selbst mit Haß; wir “ sehen, wie unsere Friedensliebe als ein Zeichen von Schwäche und unsere Gleichgültigkeit gegen auswärtige Kritik als eine Aufforderung zu Beleidigungen ange⸗ sehen wurde. Wir mußten darauf gefaßt sein, daß unsere Niederlage mit schwer verhüllter Genugthuung von unseren Nebenbuhlern betrachtet werden würde. Kein besserer Dienst wurde uns jemals geleistet, als daß wir in den Stand gesetzt wurden, aller Welt gegenüber zu zeigen, daß, während wir entschlossen sind, unsere Verpflichtungen zu erfüllen, wir ebenso entschlossen sind, unsere Rechte aufrecht zu erhalten. Vor drei Wochen stand das Mutterreich gänzlich isoliert, jetzt steht es sicher in der Kraft seiner eigenen Hilfsmittel und der Loyalität seiner Kinder im ganzen Reiche. In zukünftiger Zeit wird der Bund des „Greater Britain“ nicht nur für die eigene Sicherheit sorgen, sondern ein mächtiger Faktor für die Aufrechterhaltung des Weltfriedens sein. Chamberlain schlug dann einen Trinkspruch auf den an dem Bankett theil⸗ nehmenden italienischen Botschafter vor und sagte, das italie⸗ nische Volk sei ein treuer Freund und beständiger Verbündeter des vereinigten Königreichs gewesen. „Das italienische Volk hat sich mit uns in das schwierige Werk der Ausbreitung der Zivilisation in Afrika getheilt; wir bewundern die Tapfer⸗ keit seiner Soldaten, sowie seine Standhaftigkeit und seine Entschlossenheit. Mit Freude und Vertrauen blicken wir auf seinen letzten Erfolg.“ Der italienische Botschafter Ferrero antwortete in herzlicher Weise. . .
In East⸗Grimstead hielt gestern bei einem unionistischen Bankett der Erste Lord der Admiralität Goschen eine Rede, worin er besonderen Nachdruck auf die schnelle Ausrüstung des fliegenden Geschwaders legte und erklärte, das Geschwader
abe keine versiegelten Ordres gehabt; dasselbe solle nur für edes Vorkommniß bereit stehen; auch sei mit der Indienst⸗ stellung des Geschwaders keine Drohung gegen irgend ein Land beabsichtigt worden. “
Fra
n dem gestern im Elysée abgehaltenen Ministerrath theilte der Kriegs⸗Minister Cavaignac eine Depesche des “ Duchesne mit, wonach auf Madagaskar alles ruhig ist.
Die Deputirtenkammer begann gestern die Berathung der Vorlage über die Aufnahme einer Anleihe von 80 Millionen Francs für Tongking. Der Deputirte de Montfort verlangte die Anstellung einer Untersuchung über die vorher für Tongking eingegangenen Verpflichtungen und beantragte die Vertagung der Vorlage. Der Minister für die Kolonien Guieysse widersprach diesem Antrage, da er die Re⸗ organisation Tongkings verzögern würde. Der Deputirte Etienne, der fruhere Sekretär der Kolonien, dessen Haltung durch den Berichterstatter über die Vorlage getadelt wurde, unterstützte den Antrag auf Anstellung einer Erhebung. Die Berathung wurde darauf auf Donnerstag festgesetzt.
Ein gestern zur Vertheilung gf1ng. Gelbbuch enthält das Abkommen zwischen Frankreich und Großbritannien in der Mekongfrage. Darin wird, wie bereits in Nr. 14 d. Bl. mitgetheilt wurde, der Mekong als Grenze zwischen den britischen und französischen Besitzungen fäütgeseht Ueber die in der Presse behaupteten Zugeständnisse, welche Frankreich angeblich England in Betreff der Halbinsel Malakka gemacht habe, ist in dem Gelbbuch nichts enthalten. Außerdem bringt dasselbe ein Uebereinkommen, wonach Großbritannien und Frankreich eine Kommission zur Festsetzung der Grenze für das Gebiet westlich vom unteren Niger ernennen und die Zollfrage be⸗ treffs Tunesiens regeln werden.
Schweiz. 8 8
Der Bundesrath hat, dem „W. T. B.“ zufolge, be⸗ schlossen, alle Regierungen Europas zu einer Konferenz zum „Zweck der Regelung der besonderen Verhältnisse für Fort⸗ setzung der Statistik der europäischen Eisenbahnen
urch das Zentralamt für internationalen Bahntransport ein⸗ zuladen. Die Konferenz soll im Frühjahr 1896 in Bern zu⸗ sammentreten.
—
Belgien.
Die Repräsentantenkammer hat, wie „W. T. B.“ berichtet, beschlossen, eine Gesetzvorlage in Erwägung zu ziehen, durch welche der Gewerbesteu ersatz für auswärtige Aktiengesellschaften festgesetzt werden soll. Der Finanz⸗ Minister de Smet de Nayer gab zwar zu, daß in dem zur Zeit geltenden Gesetze Anomalien beständen, mach ber betreffs der in Frage stehenden Vorlage Vorbehalte. 8
Türkei. Der bisherige türkische Botschafter am Wiener Hofe Ghalib Bei ist behufs Ueberreichung seines Abberufungs⸗ schreibens nach Wien abgereist. Der britische, EE“; in Aleppo sind, nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“, unter Begleitung von 80 Soldaten am 19. d. M. nach einer mühsamen Reise auf schlechten, schneebedeckten Wegen in Aintab eingetroffen. Die Konsuln hoffen Marasch am 25. d. M. zu rreichen.
Serbien.
Der Synod des orthodoxen Patriarchats in Konstantinopel
bht wie „W. T. B.“ aus Belgrad erfährt, den serbischen rchimandriten Dionissie zum Metropoliten von Prizren gewählt.
Bulgarien.
Die Rückkehr des Prinzen Ferdinand nach Sofia wird, der „Agence Balcanique“ zufolge, spätestens am 15./27. Januar erwartet. In parlamentarischen Kreisen wird gehofft, daß die Ceremonie des Uebertritts des Prinzen Boris am 18./30. Januar möglich sein werde.
Die Sobranje h gestern wieder zusammengetreten und hat die zweite Sheng es Strafgesetzes begonnen.
Der Prozeß wegen der E d St dürfte Mitte Februar beginnen.
mbulow 8 1“ “ —
Amerika.
Amtliche Depeschen, welche in der Nacht zu Dienstag aus Havanna in Madrid eingetroffen sind, melden, daß die Lage günstig sei; das Gros der 1““ werde von den FMani schen Kolonnen lebhaft verfolgt; es sei zum Verlassen der Provinzen Pinar del Rio und “ gezwungen worden und ziehe sich in östlicher ichtung zurück. Ein Versuch Maceo 8, sich der Stadt Pinar del Rio zu nähern, ist gescheitert infolge eines Gefechts, in
welchem die Insurgenten einen Verlust von etwa 30 Todten und
300 Verwundeten und die Spanier nur einen Verlust von 4 Todten und 21 Verwundeten gehabt hätten. Unter den Ge⸗ fallenen befinde sich der Insurgenten⸗Chef Bernudez. Maceo habe an der Spitze der Kavallerie die spanische Infanterie an⸗ gegriffen, diese habe jedoch Carrés formiert und den Stoß standhaft ausgehalten, bis Verstärkungen angekommen seien, welche die Aufständischen auseinander gesprengt hätten.
Der chilenischen Gesandtschaft in Berlin sind, wie „W. T. B.“ berichtet, Nachrichten zugegangen, wonach die in der letzten Zeit verbreiteten Gerüchte über Schwierigkeiten in den Beziehungen Chiles zu der Argentinischen Republik vollständig unbegründet feien. Zwischen beiden Ländern herrsche vielmehr vollste Uebereinstimmung.
Asien.
Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Yokoham „ daß der frühere japanische Gesandte in Soeul Vicomte Miura und die anderen der Betheiligung an dem Staatsstreich in
Korea im Oktober 1894 Beschuldigten mangels Beweises
freigesprochen worden seien.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten be⸗ finden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
— In der heutigen (21.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher und der Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Nieberding beiwohnten, wurde zunächst die Berathung über den Antrag der Abgg. Bassermann (nl.) und Genossen begonnen. Derselbe fordert die Vorlegung eines Gesetzentwurfs, durch welchen die Bauhandwerker und Bauarbeiter für ihre aus ihren Arbeiten und Lieferungen an Neu⸗ und Umbauten erwachsenden Forderungen gesichert werden, wobei insbesondere die Einräumung eines gesetzlichen Pfandrechts an der Liegenschaft in Erwägung gezogen werden soll, welches den durch ihre Leistungen geschaffenen, durch gericht⸗ liche Schätzung festzustellenden Mehrwerth erfaßt und allen 9 othekarischen Ansprüchen vorgeht, soweit solche den gericht⸗ ich festzustellenden Werth der Liegenschaft zur Zeit des Bau⸗ beginns überschreiten.
Mit diesem Antrage zusammen wird über den Antrag der deutsch⸗sozialen Reformpartei verhandelt, welcher für die betreffenden rechtmäßigen Forderungen die Eintragung einer Vorrechtshypothek verlangt.
Abg. Freiherr von Stumm beantragte, in dem Antrag Bassermann den letzten Theil zu streichen, sodaß auf die Art und Weise der Sicherung in dem Antrage kein Hinweis ent⸗ halten sein soll.
Bei Schluß des Blattes hatte der Abg. Bassermann (nl.) das Wort zur Begründung.
— In der heutigen (4.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Dr. Miquel, der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen, der Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammerstein und der Justiz⸗Minister Schönstedt beiwohnten, erbat und erhielt Fnächst der Präsident von Köller die Ermächtigung, Seiner Majestät dem Kaiser und König zum Geburtstage die Glück⸗ wünsche des Hauses darzubringen.
Sodann ehrte das Haus das Andenken des verstorbenen Abg. Lassen (Däne) in der üblichen Weise.
Auf der Tagesordnung stand die Fortsetzung der ersten Berathung des “ für 1896/97.
Abg. Bachem (Zentr.): Sowohl der Finanz⸗Minister, wie Graf Limburg⸗Stirum haben auf die Nothwendigkeit der — reform hingewiesen, damit weitere Ueberweisungen an die Einzelstaaten emacht werden können, weil dem Reich die große Einnahmequelle der ndirekten Steuern überwiesen sei. Aber dem Reich sind auch die großen Ausgaben überwiesen. Die Frage gehört in den Reichstag, und wir thun besser, uns mit der Frage zu be⸗ schäftigen, wie die Schwierigkeiten auf dem Gebiet der Einzel⸗ staaten beseitigt werden können, da sie aus überwiegenden Gründen auf dem Gebiet der Reichspolitik nicht zu be⸗ seitigen sind. Die Ausdehnung des Extraordinariums ist ein Mittel; ein weiteres war die Ueberweisung der Einkommensteuerüberschüsse an die Ftacsfasf als Betriebsfonds. Die Schwankungen der Eisen⸗ bahnüberschüsse sind ein Hauptgrund der finanziellen Mißstände gewesen; wir sind bercit, das Eisenbahngarantiegesetz um⸗ zugestalten. Es bleibt dann nur noch die Ungewißheit bei den Ueberweisungen und Matrikularbeiträgen. Bei der sparsamen Wirthschaft, die seit drei Jahren im Reichstag geübt wird, schließen die Reichs⸗Etats günstiger ab, der jetzt zur Berathung stehende wahrscheinlich mit einem Ueberschuß. Hier sollte eingesetzt werden, um eine weitere Ausgleichung der großen Schwankungen zu erreichen. Wäre die Finanzreform genehmigt, so würde Preußen jetzt keine Ueberschüsse bekommen. Man könnte diese Ueberschüsse jetzt in einen Reservefonds legen, um später erforderliche Beiträge an das Reich daraus zu zahlen. Graf Limburg wird zugestehen müssen, daß man im Reich sehr viel sparsamer geworden ist als früher, namentlich als in der Periode 1887 — 90. Auch bei der Post und Marine ist die Sparsamkeit geübt worden; namentlich die Post ist mit ihren Anforderungen für Bauten sehr viel genügsamer geworden, und der Marine⸗Etat wird sich erhebliche Abstriche gefallen lassen müssen. Die Aufwendungen für Justizgebäude entfallen hauptsächlich auf Berlin, sodaß die Aeußerung des Berliner Ober⸗Bürgermeisters, daß Berlin das Aschenbrödel sei, nicht zutrifft. Wir haben gar keine Ursache, das ohnehin schon begünstigte Berlin noch mehr zu berücksichtigen. Bei der Steuerreform haben wir die Absicht gehabt, die Grund⸗ und Gebäudesteuer möglichst zu entlasten. Das ist nicht ganz erreicht worden; überall sorgt die Staatsregierung dafür, daß die Real⸗ steuern bis zur äußersten Grenze herangezogen werden; sie werden durchweg um die Hälfte höher belastet als die Einkommensteuer. Wir haben Gemeinden, welche heute 400 % Realsteuern zahlen. ist also berechtigt, daß wir der Regierung den Wunf unterbreiten, daß in dieser Weise nicht fortgefahren wird, sondern daß eine Erleichterung des Realbesitzes angestrebt wird, zumal der Grundbesitz in einer mißlichen Lage ist. Für den kleinen Grundbesitz soll das Anerbenrecht für Rentengüter geschaffen werden; nach dieser Richtung hin bringt auch das neue Bürgerliche Gesetzbuch eine Besserung für das Erbrecht bei
Bäueelichen Besitzungen. Durch die Vorlage des Schuldotationsgese 8
wird zum ersten Mal der Standpunkt aufgegeben, welchen die Re⸗ jerung jahrelang festgehalten hat, daß ein umfassendes Schulgesetz eeschaffen werden soll. Ich muß unserm Bedauern 1 on beute Ausdruck geben, daß man diesen Weg der Einzel⸗ esetzgebung beschritten hat. Das Zentrum, und ich glaube, Lache die Konservativen stehen der Staatsregierung zur Verfügung, um ein vollständiges Schulgesetz im christlichen Sinne zu machen; denn die christliche Schule allein wird die Jugend vor sozialdemokrati⸗ schen Irrungen sichern; der Moment ist heute noch so günstig wie früher. Sehr lebhaft bedauern wir, daß die Regelung der Kirchhofs⸗ frage, die wir selbst in die Hand genommen hatten, seitens der Regie⸗ rung nicht erfolgt. Wir hatten unseren Antrag nur deshalb auf⸗ egeben, weil die Regierung ein S89g versprach. Für die evangelischen irchen werden alle Beschwerden schleunig durch Gesetze beseitigt, aber für uns thut man nichts. Es fehlt auch eine neue Regelung des Wahlrechts; denn mit dem kleinen Gesetze, welches man er⸗ lassen hat, ist das Versprechen der damaligen Thronrede nicht erfü=lt. Das Wahlrecht hat jetzt eine plutokratische Zuspitzung echalten, die nicht mehr erträglich ist. Im vorigen Jahre habe ich eine Statistik darüber gegeben; ich könnte dieselbe vervollgändigen, halte es aber nicht für nöthig, weil niemand Widerspruch erhebt. Die „Kreuz⸗Zeitung“ hat vorgeschlagen, die unleidliche Thatsache, daß die gebildeten Stände von den höheren Abtheilungen Eö’ ind, dadurch zu beseitigen, daß eine gewisse Steuerzahlung die Be⸗ rechtigung zur Wahl in einer gewissen Abtheilung sichern soll. Dieser Gedanke ist diskutabel. Die Regierung hat anscheinend auf eine Ver⸗ schärfung des Vereinsgesetzes verzichtet; ich sehe darin einen Abschluß der Bestrebungen, durch Sonderbestimmungen die Sozialdemokratie zu be⸗ kämpfen. Wohin man mit solchen scharfen Maßnahmen kommt, sieht man in Sachsen und Bayern, wo trotz der straffen Handhabung der Polizei die Sozialdemokratie ständig wächst. In Köln ist es den Parteien ohne Polizeimaßregeln gelungen, die Sozialdemokraten zurückzudrängen. Das ist ein Erfolg der katholischen sozialen Arbeiterbewegung, daß die arbeitenden Stände selbst sich wieder auf das Christenthum besonnen haben. Wenn man auf diesem Wege weitergeht, dann wird die sozial⸗ demokratische Bewegung bald rückgängig werden. Bei dem Begräbniß des Kardinals Melchers wurden die Staatsbeamten angewiesen, sich daran nicht zu betheiligen. Es würde sich niemand darüber be⸗ klagt haben, wenn die Regierung sich rein passiv verhalten hätte. Aber daß man aktiv eingegriffen hat, hat schmerzlich berührt. Be⸗ sonders schmerzlich aber ist es, daß der Präsident des Ober⸗Landes⸗ erichts in Köln den betreffenden Erlaß seinen Richtern zur strengen achachtung empfohlen hat. In onn hat dagegen der Ober⸗ Präsident der Beerdigung des altkatholischen Bischofs Reinkens bei⸗ gewohnt. Die Schulschwestern werden immer noch chikaniert durch Polizeimaßregeln. Begreifen Sie denn nicht, daß sich der ganze katholische Mensch darüber aufbäumen muß? Ich könnte noch Hunderte solcher Beschwerden vorbringen; ich kann Sie nur auffordern, sich endlich zu ermannen und diese kleinlichen Gesetze, auch das Fesottengeses⸗ zu beseitigen und ein Zusammenarbeiten der evangelischen und katholischen Elemente, das dringend nothwendig ist, zu ermöglichen. Gegenüber diesen Wünschen treten unsere Be⸗ schwerden auf finanziellem Gebiet zurück; aber auch auf diesem Gebiet wird die Gleichberechtigung der Katholischen außer Acht elassen. Ich habe dem Hause im vorigen Jahre eine abelle darüber vorgelegt. Herr von Eynern wollte etwas Anderes gefunden haben. Ich habe die Tabelle drucken lassen, und ich bitte Herrn von Eynern, die Unrichtigkeit nachzuweisen. Wenn man solche Beschwerden vorbringt, dann sagt man immer: die katholischen Bischöfe werden besser behandelt, als die evangelischen Superintendenten. Man vergißt dabei, daß diese Leistungen an die Bischöfe auf recht⸗ lichen Verpflichtungen beruhen. Redner sührt an, welche Mehr⸗ bewilligungen in den letzten Jahren für evangelische Kirchen erfolgt sind; für die katholischen Kirchen seien sehr erheblich geringere Summen eingestellt oder gar Abstriche erfolgt. Wenn man sieht, daß Jahr aus Jahr ein der protestantische Thefl der Bevölkerung so be⸗ handelt wird, dann versteht man es, daß die Kreuz⸗Zeitung“ ungehalten darüber ist, daß ein Katholik Ober⸗Präsident von Schlesien wurde. Die Rheinlande haben noch niemals einen katholischen Ober⸗Präsidenten gehabt. (Zuruf des Abg. von Eynern: Wir haben ja einen katholi⸗ schen Reichskanzler.) Ja, nachdem wir 25 Jahre lang evangelische Reichskanzler hatten. Der „Reichsbote“ hat ganz glattweg geschrieben, die Regierung könne die Wünsche nicht erfüllen, weil die Katholiken Ultramontane seien. Wir sind ultramontan gewesen, ehe der preußische Staat bestand, und werden es bleiben, wenn der preußische Staat, was Gott verhüten möge, verschwinden sollre. Das ist ja gerade, als wenn man den Katholiken die Wünsche nicht erfüllen will, weil sie katholisch sind. Darauf kommt es schließlich hinaus. Sie müssen uns dasselbe Recht geben, wie Sie es verlangen, und die Regierung muß endlich nachgeben. Die katholischen jungen Leute stellen sich jetzt mehr dem Staate zur Verfügung als früher, man sollte ihnen auch noch bei Besetzung der Beamtenstellen entgegen⸗ kommen. Wir sind weit davon entfernt, an Dinge, wie den Fall Hammerstein, zu rühren und uns dadurch von den Konservpativen trennen zu lassen. Aber dann sorgen Sie auch dafür, daß nicht been⸗ Dinge uns trennen, daß endlich unsere Forderungen erfüllt
(Schluß des Blattes.)
— Dem Herrenhause ist der Entwurf eines Gesetzes über das Grundbuchwesen und die Zwangsvollstreckung in das un⸗ bewegliche Vermögen im Kreise Herzogthum Lauenburg, dem Hause der Abgeordneten die Uebersicht der von der Staats⸗ regierung gefaßten Entschließungen auf Anträge und Resolutionen des Hauses der Abgeordneten aus der Session 1895 zugegangen.
— Der Ober⸗Bürgermeister von Danzig Dr. Baum⸗ bach, Mitglied des Herrenhauses, ist gestorben 8
Nr. 3 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 17. Januar, hat fol⸗ genden Inhalt: Marine und Schiffahrt: Betriebsordnung für den Kaiser Wilhelm⸗Kanal. — Konsulatwesen: Neueintheilung der Kon⸗ sulatsbezirke in den vereinigten Staaten von Venezuela; Ermächti⸗ gung zur Vornahme von Zivilstandsakten. — Militärwesen: Berichti⸗ — des Verzeichnisses der Zivilvorsitzenden der Ersatzkommissionen. — Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.
Kunst und Wissenschast.
Versuche, welche Professor von Mosetig in Wien am Dienstag an zwei zu operierenden Kranken mit Röntgen’schen
X⸗Strahlen angestellt hat, waren, wie „W. T. B.“ meldet, von
vollständigem Erfolg begleitet. Die photographischen Bilder zeigen mit größter Schärfe und Präzision die Defekte an der durch einen Revolverschuß verletzten linken Hand eines Mannes und deutlich den Sitz des kleinen Projektils, fowie auch bei einem Mädchen, bei dem eine Operation vorgenommen werden sollte, ganz e den Sitz 7 das Wesen einer Mißbildung am linken Fuß. Die Aufnahmen liefern sonach eine Handhabe für die genaue Bestimmung der Operationspunkte. 8 — Zur Erlangung von Entwürfen für Bogenlichtträger, welche auf den Gchetin sein des Platzes vor dem Brandenburger Thor hierselbst aufgestellt werden sollen, hat die städtische Deputation unstzwecke unter den Berliner Künstlern einen Wett⸗ ewerb ausgeschrieben. Die Bedingungen können gegen kostenfreie Einsendung von 1 ℳ von dem „Vereinigten Bureau’ des Magistrats zu Berlin, Rathhaus, Zimmer Nr. 21, bezogen werden.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und ] “
„Zufolge Verfügung der Lokalregierung in Malta vom 10. d. M. ist die für Herkünfte aus Tanger angeordnete Quarantäne wieder aufgehoben worden. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 226 vom 20. Sep⸗ tember v. J.)
Türkei.
Für die Provenienzen aus Egypten ist, wie „W. T. B.“ aus Konstantinopel meldet, eine 5 tägige Quarantäne in den Laza⸗ rethen von Beirut, Tripolis, Klazomenai, Abu⸗s⸗Saba und Kamaran angeordnet worden. “
Handel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 21. d. M. gestellt 12 872, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 20. d. M. gestellt 5422, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.
Königsberg, 21. Januar. (W. T. B.) Getreidemarkt. Weizen fest. Roggen fest, pr. 2000 Pfd. Zollgewicht 109. Gerste unverändert. Hafer unvperändert, do. loko pr. 2000 Pfd. Zoll⸗ gewicht 107. Weiße Erbsen pr. 2000 Pfd. Zollgewicht 105,00, Spiritus pr. 100 Liter 100 % loko 30 †, do. pr. Januar 30 ¼, do. pr. Frühjahr 31 ¼.
Danzig, 21. Januar. (W. T. B.) Getreidemarkt. Weizen loko höher, Umsatz 200 t, do. inländ. hochbunt und weiß 149, do. inländ. hellbunt 145,00, do. Transit hochbunt und weiß 113, do. hellbunt 110, do. Termin zu freiem Verkehr pr. April⸗Mai 149,50, do. Transit pr. April⸗Mai 115,50, Regulierungspreis zu freiem Verkehr 146. Roggen loko fest, do. inländischer 114, do. russischer und polnischer zum Transit 78,00, do. Termin pr. April⸗Mai 118,50, do. Termin Transit pr. April⸗Mai 83,00, do. Regulierungspreis zum freien Verkehr 114. Gerste, große (660 — 700 Gramm) 116. Gerste, kleine (625 — 660 Gramm) 98. Hafer, inländischer 102 — 106. Erbsen, inländische 112,00. Spiritus loko kontingentiert 50,50, nicht kontingentiert 31,00.
Breslau, 21. Januar. (W. T. B.) Getreide⸗ und Pro⸗ duktenmarkt. Spiritus pr. 100 1 100 % exkl. 50 ℳ Verbrauchs⸗ abgaben pr. Januar 49,50, do. do. 70 ℳ Verbrauchsabgaben pr. Ja⸗ nuar 30,00.
Magdeburg, 21. Januar. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker exkl., von 92 % 11,80 — 11,95, neue —,—, Kornzucker exkl. 88 % Rendement 11,20 — 11,50, neue —,—. Nachprodukte exkl. 75 % Rendement 8,10 — 9,10. Ruhiger. Brotraffinade I 23,50. Brotraffinade II 23,25 — 23,37 ½. Gem. Raffinade mit Faß 23,50 — 23,75. Gem. Melis 1 it Faß 23,00. Fest. — Rohzucker I. Produkt Trans. f. a. B. Hamburg pr. Januar 11,25 bez., 11,27 ½ Br., pr. Februar 11,25 bez., 11,27 ½⅛ Br., pr. März 11,32 ⅞ bez., 11,35 Br., pr. April 11,40 Gd., 11,42 ½ Br., pr. Oktober⸗ Dezember 10,92 ½ Gd., 10,97 ½ Br. Ruhig. Stetig.
Essen a. d. Ruhr, 21. Januar. (W. T. B.) Die „Rhein. Westf. Ztg.“ meldet, in der gestern abgehaltenen Hauptversammlung der Siegerländer Verkaufsvereine wurde festgestellt, daß die Aufträge fast die ganze Produktion des zweiten Quartals decken. Die BE“ Produktionseinschränkung wurde vertagt. Augenblicklich sind alle Werke voll beschäftigt.
Leipzig, 21. Januar. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin Feagt La Plata. Grundmuster B. pr. Januar 3,22 ½ ℳ, pr.
ebruar 3,22 ½ ℳ, pr. März 3,25 ℳ, pr. April 3,27 ½ ℳ, pr. Mai 3,30 ℳ, pr. Juni 3,30 ℳ, pr. Juli 3,32 ½ ℳ, pr. August 3,32 ½ ℳ, pr. September 3,35 ℳ, pr. Oktober 3,35 ℳ, pr. November 3,37 ½ ℳ, pr. Dezember 3,37 ½ ℳ Umsatz 125 000 kg. Ruhig.
Bremen, 21. Januar. (W. T. B. Börsen⸗Schlußbericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer
etroleum⸗Börse.) Schwächer. Loko 6,35 Br. Russisches Petroleum. Loko 6,05 Br. — Schmalz. Steigend. Wilcox 31¾¼ ₰, Armour shield 31 ₰, Cudahy 32 ₰, Choice Grocery 32 ½ ₰, White label 32 ½ ₰, Fairbanks 26 ½ 4. — Speck. Höher. Short clear middling loko 28 J. — Reis ruhig. — Kaffee ruhig. — Baum⸗ wolle. Stetig. Upland middl. loko 42 ½ 3. — Wolle. Umsatz: 120 Ballen. — Taback. Umsatz: 186 Seronen Carmen, 4 Fässer Ohio, 15 Fässer Scrubs, 18 Fässer Maryland, 65 Fässer
entucky.
Hamburg, 21. Januar. (W. T. B.) Getreidemarkt. Weizen loko fest, holsteinischer loko neuer 146 — 150. Roggen loko fest, hiesiger —,—, mecklenburger loko neuer 138—144, russischer loko fest, 84—86. Hafer fest. Gerste fest. Rüböl (unver⸗ zollt) fest, loko 48. Spiritus fester, pr. Januar⸗Februar 16 ¾ Br., pr. Februar⸗März 16 ¾ Br., pr. April⸗Mai 16 ⅜˖ Br., pr. Mai⸗Juni 17 Br. Kaffee ruhig. Umsatz 2000 Sack. Petroleum matt, Standard white loko 6,35. 8
Hamburg, 21. Januar. (W. T. B.) Kaffee. (Nachmittags⸗ bericht.) Good average Santos pr. Januar 70 ¼, pr. März 69 ¾, pr. Mai 68 ¼. pr. September 64 ¾, pr. Oktober 62 ½, pr. Dezember 61 ½. Schleppend. — Zuckermarkt. (Schlußbericht.) Rüben⸗Rohzucker 1. Produkt Basis 88 % Rendement neue Usance, frei an Bord Hamburg pr. Januar 11,27 ½, pr. März 11,35, per Mai 11,50, pr. August 11,72 ½, per Oktober 10,92 ½, per Dezember 10,95. Stetig. 1
Wien, 21. Januar. (W. T. B.) Der Werth der Einfuhr nach Oesterreich⸗Ungarn im Monat Dezember betrug 63,3 Millionen Gulden, d. i. 900 000 Fl. weniger als im Dezember des Vorjahres; der Werth der Ausfuhr betrug 60 Millionen Gulden, was ein Minus von 6,3 Millionen Gulden gegenüber dem Dezember 1894 ausmacht. — Der Werth der Einfuhr nach der österreichisch⸗ungarischen Monarchie während des ganzen Jahres 1895 betrug 727,4 Millionen Gulden, d. i. gegen das Vorjahr mehr um 27,3 Millionen Gulden; der Werth der Ausfuhr betrug 742,5 Millionen, d. i. 52,4 Millionen Gulden weniger als im Jahre 1894. Das Aktivum der Handels⸗ bilanz beläuft sich auf 15,1 Millionen Gulden gegen 94,8 Millionen Gulden im vorhergegangenen Jahre. 1
Wien, 22. Januar. (W. T. B.) Die Brutto⸗Einnahmen der Orientbahnen betrugen in der 1. Woche (vom 1. Januar bis 7. Januar 1896) 160 001 Fr., Zunahme gegen das Vorjahr 6400 Fr.
“ 21. Januar. (W. T. B.) Wollauktion. Preise fest, anziehend, gegenwärtig beste greasfy ½, mittlere Wolle ½ — , seoured 1 Penny über Dezemberpreise. 8
96 % Javazucker. 13 stetig, Rüben⸗Rohzucker loko 113⁄1 stetig. — Chile⸗Kupfer 41 ⁄6, pr. 3 Monat 4111/16.
Liverpool, 21. Januar. (W. T. B.) Baumwolle. Umsatz 10 000 Ballen, davon für Spekulation und Export 500. Ballen. Steigend. Amerikaner 12 höher. Middl. amerikanische Lie⸗ ferungen: Fest. Januar⸗Februar 427⁄864 Verkäuferpreis, Februar⸗März 413/82 — 421⁄664 do., März⸗April 413⁄12 do., April⸗Mai 42564 — 41 ⁄32 do., Mai⸗Juni 425 ⁄64 Käuferpreis Juni⸗Juli 42 ⁄24 do., Juli⸗August 4²5⁄64 do., August⸗September 4 ⅞ Verkäuferpreis, September⸗Oktober 417⁄64 do., Oktober⸗November 4¹8⁄%64 d. do.
Manchester, 21. Januar. (W. T. B.) 12 1r Water Taylor 9 30r Water Taylor 7 ½, 20 r Water Leigh 6 ⅛, 30r Water Clavton 7 z32r Mock Brooke 7, 40r Mavoll 7 ¼, 40r Medio Wilkinson 8 ¼, 32r Warpcops Lees 6 ¾, 36r Warpcops Rowland 7 ¼, 36r Warpcops Wellington 7 ¾, 40r Double Weston 8 ¼, 60r Double courante Qua⸗ lität 11 ¾, 32* 116 vards 16 % 16 grey Printers aus 32r/46 1 161. Fest.
Paris, 21. Januar. (W. T. B.) (Schluß.) Rohzucker fest, 88 % loks 28,75 à 29,25. Weißer Zucker stramm, Nr. 3, pr. 100 kg, pr. Januar 31,87 ½¼, pr. Febr. 32,12 ½, pr. März⸗Juni 32,75, pr. Mai⸗August 33,12 ½.
St. Petersburg, 21. Januar. (W. T. B.) Produkten⸗ markt. Weizen loko 8,00. Roggen loko 4,90. Hafer loko 3,40.
Leinsaat loko 10,50. Hanf loko —,—. Talg loko 48,00, per
August —. „Amsterdam, 21. Januar. (W. T. B.) Java⸗Kaffee ao ordinary 52. — Bancazinn 36 . . 8
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Verdingungen im Auslande.
8 8 Oesterreich⸗Ungarn:
10. Februar. Kommission für die Donauregulierung in Wien: Donauregulierungsarbeiten zwischen der Mündung der Isper und dem Thalgraben bei Dürenstein. Voranschlag 1 800 000 Fl.
„Großbritannien.
29. Januar, Mittags. Robert Miller, secretary of the Bengal Nagpur Railway Company, 132 Gresham House, Old Broad- streeét, London E. C.: Lieferung von stählernen vV mit Bolzen und Schraubenmuttern. Näheres in den Räumen Gesellschaft.
5. Februar, 1 Uhr. A. P. Dunstan, secretary of the East Indian Railway Company, Nicholaslane, London E. C.: Lieferung von 1) Kreuzungen und Weichen, 2) Stahlschienen für Brücken. Verdingungsheft in den Räumen der Gesellschaft für 21 fh. zu 1 und 10 fh. 6 d. zu 2.
Spanien.
30. Januar, Mittags. Stadtverwaltung in Soria: Einrichtung der elektrischen Stadtbeleuchtung in Soria. Konzessionsdauer: 20 Jahre. Kaution 1000 Peseten. Näheres bei obengenannter Behörde. 18. Februar, 2 Uhr. Stadtverwaltung in Badajoz: Errichtung einer Markthalle. Voranschlag 193 904 Peseten. Kaution 9695 Peseten. Näheres bei der Stadtverwaltung.
19. Februar, 2 Uhr. “ von Barcelona: Errichtung eines Justizpalastes in Barcelona. Muthmaßlicher Vor⸗ 347 543 Peseten. Kaution 17 377 Peseten. Räheres bei obiger Verwaltung.
29. Februar, 2 Uhr. Ministerium des Innern in Madrid: Konzession der elektrischen Beleuchtung in Sainte⸗Croix (Teneriffa). Konzessionsdauer 35 Jahre. Kaution 12 000 Peseten.
Niederlande.
28. Januar. Verwaltung der „Landbouwersvereeniging Landbouwbelang“ in Bruinisse (Zeeland): Lieferung von 59 000 kg Chilesalpeter. Bedingungen bei dem Sekretär genannter Gesellschaft J. Gondzwaard.
1. Februar. Die „Landbouwvereeniging Kropswolde en in Kropswolde: Lieferung von 24 600 kg Chile⸗ alpeter.
10. Februar, 10 ½ Uhr. Ministerium für Wasserbau, Handel und Industrie, in den Räumen der Provinzialregierung in Maastricht: Verbreiterung des Kanals von Lüttich nach Maastricht, zwischen den Schleusen 5 und 6 (Gemeindegebiet von Maastricht). Voranschlag 12 400 Fl. Verdingungsheft bei den Gebrüdern Van Cleef, Buch⸗ händlern im Haag, Spui 28a.
Rumänien.
27. Januar n. St. Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Bukarest: Errichtung einer Holzbrücke über den Domnei⸗Fluß bei Purcaren. Voranschlag: 82 802 Fr.
Norwegen.
.5. Februar, 7 Uhr Abends. Eisenbahnverwaltung in Chri⸗ stiania: Lieferung von 210 Lampen für Personenwagen. Angebo im geschlossenen Briefumschlag mit der Bezeichnung „Wagenlampen (Vognlamper) werden im Expeditionskomtor der Verwaltung i Christiania, Jernbanetorret 8/9, entgegengenommen. Zeichnunge Bedingungen und Normalproben sind im Ueee des Direktors der Maschinenabtheilung einzusehen.
Verkehrs⸗Anstalten.
Der nächste deutsche Dampfer der Woermann⸗Linie („Melit Bohlen“), der nach Deutsch⸗Südwestafrika bestimmt ist, wird Hamburg am 31. d. M. verlassen und nicht nur Swakopmund, sondern auch den Hafen für den südlichen Theil des Schutzgebiets, Lüderitz bucht, anlaufen. Außer Passagieren und Frachten befördert de Dampfer auch Postpackete und Briefe, die auf der Adresse den Ver merk tragen: „Ueber Hamburg mit deutschem Dampfer. — Dem Dampfer „Melita Bohlen“ werden in Zwischenräumen von zwei Monaten weitere deutsche Dampfer folgen, sodaß jetzt eine regel mäßige zweimonatliche Verbindung zwischen Deutschland (Hamburg und Deutsch⸗Südwestafrika (Swakopmund und Lüderitzbucht) besteh
Bremen, 22. Januar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer „Halle“ hat am 21. Januar Mittag Gravesend passiert. Der Postdampfer „Mark’ ist am 21. Ja nuar Vormittags in Antwerpen angekommen.
amburg, 21. Januar. (W. T. B.) Hamburg⸗Ameri kanische Packetfahrt⸗Aktien⸗Gesellschaft. Der Post dampfer „Phönicia“ hat heute Nachmittag Scilly vnshet
London, 21. Januar. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfe „Roslin⸗Castle“ ist gestern auf der Ausreise in an ekommen. Der Castle⸗Dampfer „Tantallon⸗Castle“ ha
eute auf der Heimreise Madeira passiert. Der Union⸗Dampfer „Guelph“ ist auf der Heimreise gestern von Kapstadt abge⸗ gegangen.
Theater nud Musik. 6
Deutsches Theater.
Die Tragikomödie „Lebenswende“ von Max Halbe, dem Verfasser des Schauspiels „Jugend“, erschien gestern Abend zum ersten Male auf der Bühne des Deutschen Theaters; leider ist wieder vo einem Mißerfolge zu berichten, den auch der laute Beifall der An hänger der modernen naturalistischen Schule nicht verwischen konnte Die naturalistischen Dramatiker scheinen ihr Heil in wachsendem Maße in Aeußerlichkeiten und unklaren Andeutungen ihrer künstlerischen Ziele zu suchen; wenigstens konnte man einen tieferen
Sinn auch in „Lebenswende“ nicht entdecken. Die Schilderung
eines Milieus erscheint als die dichterische Hauptleistung. Halbe's Tragikomödie führt in ein Milieu ein, in dem die Leute eine an ständige Wohnung haben, gut gekleidet, gegen die bittersten Lebens nöthe geschützt sind und durchschnittlich eine sogenannte gute Erziehung genossen haben; ihr sittlicher und geistiger Standpunkt erhebt sie aber
kaum über jene Armseligen, die im Kampf ums Dasein unterlagen
und durch des Lebens Sorgen und Qualen zerrieben und ver wildert sind. Weder der reichgewordene Deutsche Heyne aus Amerika, noch der nüchterne Techniker Weyland oder sein Freund, de infolge vielen Trinkens stets unzurechnungsfähige Student Ebert, noch endlich die Zimmerwirthin Olga Hensel mit ihrer „Ver
Pngfabett und ihrer bis in den Kern verdorbenen Nichte ertha scheinen eine Ahnung von anständiger Gesinnung
und guter Sitte zu haben. Sie bewegen sich erschreckend un gezwungen, sprechen und handeln mit erstaunlicher Unziemlichkeit und scheinen das alles für selbstverständlich und natürlich zu halten Einzelne hochtönende Schlagwörter, die in die platten Alltagsreden des Dialogs eingestreut sind, wirken nur peinlich und un⸗ wahr, und die meisten Zuschauer und Hörer haben sicherlich einen tieferen Sinn hinter ihnen ebenso wenig entdeckt, wie in den Schlußworten von dem „kämpfenden Mann“, der im Borghesischen Fechter symbolisch erscheine. Gegen die Bekanntschaft und den Umgang mit solchen Personen, wie sie in der Lebenswende gezeichne werden, sträubt sich jeder Mensch; noch weniger gelüstet es ihn, sie zu studieren; der Verfasser bietet aber nichts als eine unklare Charakteristi dieser Menschen und ihrer zweifelhaften Umgebung. Das Bedürfniß nach Handlung in einem Theaterstück wird auch in dieser Tragikomödie völlig
mißachtet. — Zur Darstellung waren die Sse Kräfte der Bühne
herangezogen; die Herren Reicher, Rittner und Nissen und die Damen Else Lehmann und Paula Eberty bemühten sich redlich, dem Stück zu einem Erfolge zu verhelfen; trotzdem war aber ei behaglich Langeweile nicht ganz zu verbdannen. 8
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