1896 / 21 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 23 Jan 1896 18:00:01 GMT) scan diff

in seinem stolzen Haß weniger bedeutend, als der sich selbst überwindende und EE begeisterte König Heinrich. Der Gefühlswechsel

önig Heinrich's von der Demuth zum aufbäumenden Trotz vor dem 1, hen Stuhl war nur schwach begründet und wirkte etwas ge⸗ waltsam, wie auch der Tod der frommen Königsmutter und später der Siegeseinzug des Königs in Rom. Die Scenen der letzten beiden Akte, welche die Gestalt des Papstes stärker hervortreten lassen, leiden durch einige Längen des Dialogs. Im Ganzen zeigt der Dichter wieder seine mächtige dramatische Begabung in dem zumeist stürmischen Fluß der Handlung, in der plastischen Charakterisierung der beiden großen Gegner König Heinrich und Papst Gregor und in der Schaffung herzergreifender und von Leidenschaft durchbebter Scenen; er faßt den großen geschichtlichen Stoff straff zusammen und weiß die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf die hervorragenden Personen zu konzentrieren und zu fesseln. Um die Darstellung machten sich die Herren Sommerstorff als König Heinrich und Kraußneck als Papst Gregor besonders verdient. Die Inscenierung und die Regie boten in den stimmungsvollen Dekorationen und in der geschickten Bewegung der Volksmassen treffliche Leistungen.

Konzerte.

Der erblindete Pianist und Komponist Franz Walter ließ sich Fbem im Saal des „Römischen Hofes“ hören und zeigte im Vortrag klassischer und moderner Kompositionen eine in Anbetracht des ihm mangelnden Augenlichts bewundernswerthe technische Sicher⸗ heit, die in Beethoven’s Sonate op. 31 (Es-dur), in Chopin's F-moll-Phantasie, in zwei Novelletten von Schumann und in drei kleineren Klavierstücken eigener Komposition trefflich zur Geltung kam. Die Sopranistin Else Deutloff, welche den Konzertgeber unterstützte, sang eine Arie aus Donizetti's „Linda di Chamounix“, in welcher sie eine erstaunliche Koloraturgewandt⸗ heit erkennen ließ. Ihre Stimme zeigte sich jedoch im Vortrag von Liedern, die ein längeres Aushalten der Töne erfordern, nicht kräftig genug. Unter den Kompositionen des Konzertgebers gefielen am meisten die Lieder „Herbstlied“ und „Heimliche Liebe“. Der König⸗ liche Kammermusikus Bruno Wendel (Violoncello) trug eine Romanze von Walter und Stahlknecht’s „Espagnole“ mit gautem Ge⸗ lüngenvor. Das Publikum spendete allen Leistungen anerkennenden

eifall.

Im Saal Bechstein gaben zu derselben Zeit zwei junge Damen, Kätbe Selchow (Gesang) und Hermine Schwarz (Klavier) ein Konzert, das sich eines zahlreichen Besuchs zu erfreuen hatte und mit Mendelssohn’s Variations sérieuses eröffnet wurde. Dieses Werk ebenso wie Schumann’s „Papillons“ und einige beliebte Stücke von Sgambati, Rubinstein und Liszt sührte die Pianistin vor⸗ trefflich aus, während in Beethoven's Sonate „Les Adieux“ mehr Reife der Auffassung zu wünschen blieb.

d - Die Sängerin, welche eine um⸗ See. wenn auch nicht sehr klangvolle Altstimme besitzt, trug

„Bruch’s Arie „Aus der Tiefe des Grams“ aus „Achilleus“, sowie einige Gesänge von C. Löwe, Franz und Brahms temperamentvoll vor und erntete, gleich der Pianistin, reichen und wohlverdienten Beifall.

Im Königlichen Ovpernhause werden morgen Meverbeer's „Hugenotten“ unter Kapellmeister Dr. Muck's Leitung gegeben. Fräulein Emmy Teleky vom Königlichen Hoftheater in Dresden gaftiert als Margarethe von Valois, Herr Otto Holldack singt den Raoul de Nangis. Im übrigen lautet die Besetzung: Valentine: e Reinl; Marcel: Herr Mödlinger; St. Bris: Herr Betz; Nevers: Herr Bulß; Page: Fräulein Dietrich; Bois Rosé: Herr Philipp. Im Zigeunertanz tritt Fräulein Dell'Era auf.

Im Königlichen Schauspielhause gelangt morgen Nicolay Gogol’'s Lustspiel „Der Revisor“ zum 15. Mal in der Be⸗ arbeitung von Elsa von Schabelsky zur Aufführung. Die Be⸗ setzung ist: Stadtkommandant: Herr Klein; seine Frau: Fräulein Abich; seine Tochter: Frau Plan; Kreisrichter: Herr Keßler; Schul⸗ rektor: Herr Heine; Inspektor: Herr Oberländer; Postdirektor: Herr Hartmann; Klestakow: Herr Vollmer; Ossip: Herr Krüger; Stadt⸗ bewohner: Herren Link, Eichholz; eine Klempnersfrau: Frau Schramm. Das Stück spielt in einer kleinen Bezirksstart im Innern Rußlands um

„König Richard II.“ von Shakespeare ist für Donnerstag, den 30. Januar, festgesetzt. Dieselbe bildet den Anfang der in historischer vn⸗ in völlig neuer Ausstattung in Scene gehenden Königedramen in der Uebersetzung von Schlegel⸗Tieck. Im Laufe des Februar geht Friedrich Hebbel's Drama „Judith“ mit Fräulein Poppe in der Titel⸗ rolle und Herrn Matkowsky als Holofernes neu einstudiert in Scene.

Im Adolph Ernst⸗Theater geht der Repertoireposse „Frau Lohengrin“ jetzt die anziehende Offenbach'sche Operette „Die Hanni weint der Hansi lacht“ voraus. Dieselbe wird von Frau Dora und den Herren Worlitzsch, Jürgas und Löber dargestellt.

In der im nächsten (VII.) Philharmonischen Konzert (3. Februar) unter Arthur Nikisch's und solistischer Mit⸗ wirkung von Frau Teresa Carreno zur Aufführun gelangenden „Harold“Symphonie von Berlioz übernimmt Herr Professor Her⸗ mann Ritter aus Würzburg das Bratschen⸗Solo.

„Morgen Abez.) findet im Saal Bechstein die I. Abonnements⸗ Soirge des Böhmischen Streich⸗Quartetts statt, in welcher die Streich⸗Quartette in D-dur, op. 64, von Haydn, in A-dur von und in F-dur, op. 18, von Beethoven zur Ausführung gelangen.

Das für gestern im Konzertsaal, Potsdamerstraße 9, angesetzt gewesene Konzert der Konzertsängerin Fräulein Helene Schröder und des Violinisten Herrn Ludwig Lauboech aus Leipzig mußte wegen plötzlicher Erkrankung des Letzteren auf einen späteren, dem⸗ nächst noch bekannt zu gebenden Termin verlegt werden.

8“ Mannigsaltiges.

Im Interesse des Dampfschiffsverkehrs überhaupt und ins⸗ besondere nach der Gewerbe⸗Ausstellung in Treptow hatte der Ma⸗ gistrat die Errichtung einer Dampfer⸗Anlegestelle am Gröben⸗ Ufer in der Nähe der Oberbaumbrücke, und zwar im Zuge der Pfuel⸗ straße,, ins Auge gefaßt. Die erforderlichen Mittel hierfür in Höhe von 40 000 sind bereits im diesjährigen Etat vorgesehen. Nach Fertigstellung dieser Dampfer⸗Anlegestelle sollte dieselbe der Spree⸗Havel⸗Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft „Stern“ gegen Er⸗ stattung der aufgewendeten Kosten zur Benutzung überlassen werden. Jetzt beabsichtigt nun der Magistrat, eine öffentliche Dampfer⸗ Anlegestelle am linken Uferz der Spree, oberhalb der Waisen⸗Brücke zu errichten und die am Gröben⸗Ufer im Zuge der Bevernstraße be⸗ legene städtische Boots⸗Anlegestelle für die Dauer der Ausstellung 1896 zum Anlegen der Dampfer⸗ und Motorboote freizugeben. Der Magistrat hat der Stadtverordneten⸗Versammlung eine hierauf be⸗ zügliche Vorlage zur Beschlußfassung zugehen lassen. ““

Eine Ausstellung für häusliche Krankenpfl den Räumen des Medizinischen Waarenhauses im Monat Februar eröffnet werden. Diese Ausstellung wird alle Geräthschaften und Utensilien, welche in der häuslichen Krankenpflege Verwendung finden, umfassen. Das Material wird so geordnet sein, daß sich ein wissenschaftlicher Ueberblick ergiebt; die einzelnen Geräthe der Kranken⸗ pflege werden, entsprechend den Zwecken, welchen sie dienen, zu Gruppen zusammengefaßt zur Anschauung gebracht werden, während alle für eine ähnliche oder gleiche Einwirkung bestimmten Utensilien immer ein zusammenhängendes Ganzes bilden. Der Eintritt in diese Sonder⸗ ausstellung wird unentgeltlich sein.

Im Zirkus Renz fand am Dienstag eine Wohlthätigkeits⸗ Vorstellung zum Besten der unter dem Protektorat Seiner Majestät des Kaisers stehenden Stiftung „Nationaldank für Veteranen“ statt, welche einen Reinertrag von 2000 einbrachte. Die von Herrn Kommissions⸗Rath Renz persönlich geleitete Vor⸗ stellung nabm einen glänzenden Verlauf. Sämmtliche Leistungen ver⸗ dienen höchstes Lob, so z. B. der von der Amerikanerin Miß Rita del Erido mit Verve ausgeführte Schulritt im Herrensattel, dann das effektvolle „Joujou hippique“ mit den 9 Vollbluthengsten, und die ebenfalls vom Direktor Renz dirigierte große Armee⸗Steeple⸗

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Dassie, est und Preuße über vier, fünf und sogar sechs Paar Pferde: Bravourstück, welches viel Bewunderung erregte. Ver⸗ diente Anerkennung erntete ferner die anmuthige Schulreiterin Frau Robert Renz mit ihrem zum Schluß keck und elegant exekutierten Baguettesprung. Die den zweiten Theil des abwechslungsreichen Programms bildende Pantomime „Ein Künstlerfest“ fand, wie immer, lebhaften Beifall.

Posen, 22. Januar. Die Königliche Eifenbahn⸗Betriebs⸗ inspektion macht bekannt: Am 21. d. M., Nachmittags gegen 7 Uhr 41 Minuten, entgleisten von dem gemischten Zuge 8 bei der Einfahrt in die Haltestelle Schwarzenau der Strecke Oels⸗Gnefen sechs mit Kohlen beladene Güterwagen. Drei derselben wurden fast ganz zertrümmert, die drei andern nur tbeilweise, und die vom Zuge durchfahrene Weiche beschädigt. Reisende, Eisenbahnpersonal oder sonstige Personen sind weder getödtet noch verletzt. Der Personenverkehr wurde bis heute 10 Uhr Vormittags durch Umsteigen am Orte der Störung aufrecht erhalten. Seit diesem Zeitpunkt verkehren die E“ dienenden Züge wieder fahrplanmäßig. Der Unfall ist darauf zurückzuführen, daß während der Fahrt des genannten Zuges ein Güterwagen unterwegs, wahr⸗ scheinlich wegen einer abgebrochenen, auf das Geleise gefallenen Achs⸗ gabel, aus dem Geleise sprang und infolge dessen auch die anderen fünf Wagen, wie bereits angeführt, während der Einfahrt in Schwarzenau beim Durchfahren der Weichen zur Entgleisung brachte.

Wiesbaden. Die private Wohlthätigkeit hat sich im Regierungsbezirk Wiesbaden in den letzten Monaten durch verschiedene Schenkungen und letztwillige Zuwendungen an mildthätige und gemein⸗ nützige Anstalten hervorgethan. So wurde von der in Kairo verstorbenen Rentnerin Wittwe Peutzel der Stadt Frankfurt a. M. für die Kleinkinder⸗ schule in Bockenheim ein Legat von 5000 vermacht. Der Rechtsanwalt Dr. Matti rermachee letztwillig der katholischen Gemeinde zu Frank⸗ furt a. M. 60 000 behufs Verwendung zur Erbauung einer Kirche in Westend. Durch Testament der am 5. November verstor⸗ benen Rentnerin Fräulein Ludwig wurde der Frankfurter Diakonissen⸗ verein zum Erben des auf 498 053 inventarisierten Nachlasses, nach Abzug von Legaten, eingesetzt. Zu wohlthätigen Zwecken wurden ferner legiert: dem rheinisch⸗westfälischen Diakonissen⸗Verein zu Kaiserswerth 20 000 ℳ, dem Hauptverein der Gustav⸗Adolf⸗Stiftung zu Frankfurt a. M. 20 000 ℳ, dem Frauenverein ebendort 2000 ℳ, dem Magdalenen⸗Verein 4000 ℳ, dem Pestalozzi⸗ Verein 1000 ℳ, der Kolonie für epileptische Kranke in Bethel bei Bielefeld 5000 ℳ, dem ECvangelischen Verein für innere Mission in Frankfurt a. M. 50 000 ℳ, dem Lutherischen Prediger⸗ Ministerium ebendort 2000 ℳ, dem Presbyterium der französisch⸗ reformierten Gemeinde 10 000 ℳ, dem Evangelischen Vereinshaufe 8 zu Frankfurt 15 000 und dem dortigen Gefängnißverein

Paris, 22. Januar. In der Gießerei von Hetch. Kanonen in Saint⸗Denis brach heute Vormittag eine heft ge Feuersbrunst aus. Das gesammte Werkzeug, 70 Maschinen und 150 Kanonen, darunter 40 an Frankreich zu liefernde, wurden ver⸗ nißztet. Der entstandene Schaden wird auf eine Million Francs geschätzt.

Nach Schluß der Redaktion eingegangen Depeschen.

London, 23. Januar. Das „Reuter'sche Burceau“ meldet aus Cowes: infolge der Gemüthsbewegungen während des gestrigen Tages habe die Königin eine unruhige Nacht ver⸗ bracht und befinde sich heute nicht wohl. 1

das Jahr 1830. Die Aufführung des neu einstudierten Dramas

Wetterbericht vom 23. Januar,

Stationen.

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Wetter.

Temperatur 50 C. =

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Hamburg.. Swinemünde Neufahrwasser Memel

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Karlsruhe. Wiesbaden München

Chemnitz. Berlin...

771 760 771 770 770 770 765 771 766

bedeckt beiter Nebel NW wolkenlos W Nebel

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¹) Abends Schnee.

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Uebersicht der Witterung.

Das barometrische Minimum, welches gestern an der mittleren norwegischen Küste lag, ist ostsüdost⸗ wärts nach Finland fortgeschritten, in den deutschen

östengebieten vielfach starke westliche Winde hervor⸗

rufend.

Eine breite Zone 765 mm übersteigenden Luftdrucks erstreckt sich von den Britischen

nseln

ostsüdostwärts nach dem Schwarzen Meere. In Deutschland ist bei vorwiegend westlicher Luftströmung

das Wetter mild und trübe; vielfach ist Niederschlag.

gefallen, jedoch allenthalben nur in geringer Menge; in Norddeutschland herrscht Thauwetter; im übrigen

Deutschland leichter Frost.

In Westirland ist das

Barometer wieder stark gefallen.

Deutsche Seewarte.

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Theater.

Königliche Schanspiele. bhaus. 23. Vorstellung. Die Hugenotten. Oper in 5 Akten von ee

Opern⸗

Große Text

Freitag:

chase mit den „Riesensprüngen“

der Herren Franz Ackermann, Léon

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

—,

nach dem Französischen des Eugone Scribe, übersetzt von Ignaz Castelli. Tanz von Emil Graeb. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Diri⸗ gent: Kapellmeister Dr. Muck. (Margarethe von Valois: Frl. Emmy Teleky, vom Königlichen Hof⸗ Theater in Dresden, als Gast.) Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 24. Vorstellung. Sonderabonne⸗ ment B. 4. Vorstellung. Der Revisor. Lustspiel in 5 Aufzügen von Nicolai Gogol, deutsch von Elsa von Schabelskv. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonnabend: Opernbaus. 24. Vorstellung. Häusel und Gretel. Märchenspiel in 3 Bildern von Engelbert Humperdinck. Text von Adelheid Wette. Phantasien im Bremer Nathskeller. Phan⸗ tastisches Tanzbild, frei nach Wilhelm Hauff, von Emil Graeb. Musik von Adolf Steinmann. An⸗ fang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 25. Vorstellung. Zum ersten Male: Die kranke Zeit. Lustspiel in 4 Aufzügen von Richard Skowronnek. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 ½ Uhr.

Deutsches Theater. Freitag: Der Meister von Palmyra. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonnabend: Florian Geyer.

Sonntag, Nachmirttags 2 ½ Uhr: Die Weber. Abends 7 ½ Uhr: Lebenswende.

Berliner Theater. Freitag: Bei aufgehobenem Abonnement: Faust. Anfang 7 Uhr.

Sonnabend: König Heinrich.

Sonntag, Nachmittags 2 ½ Uhr:

Fedora. Abends 7 ½ Uhr: König Heinrich.

Lessing-Theater. Freitag: Zum ersten Male: Untreu. Komödie in drei Aufzügen von Roberto Bracco, deutsch von Otto Eisenschitz. Hierauf: Zum ersten Male: Fränlein Wittwe. Lustspiel in einem Aufzug von Ludwig Fulda. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonnabend: Comtesse Guckerl.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu volksthüm⸗

chen Preisen: Der Compagnon. Abends 7 ½ Uhr: Untreue. Fräulein Wittwe.

Residenz⸗Theater. Direktion: Sigmund Lautenburg. Freitag: Hals über Kopf. Schwank in 3 Akten von Alexandre Bisson, deutsch von Paul Block. YVorher: In doppelter Be⸗ öbrang. Plauderei von Paul Linsemann. Anfang

r

Sonnabend und folgende Tage: Hals über Kopf In doppelter Bekehrung.

Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater. 8 Chaufseestraße 25 26.

Freitag: Mit großartiger Ausstattung an

Kostümen, Dekorationen und Requisiten: Der

Hnngerleider. Ausstattungs⸗Komödie mit Gesang

und Ballet in 10 Bildern von Julius Keller und

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Louis Herrmann, mit theilweiser Benutzung einer Idee des Mark Twain. Musik von Louis Roth. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Herr Kapellmeister Winné. Anfang 7 ½ Uhr Sonnabend: Der Hungerleider.

Nenes Theater. Schiffbauerdamm 4a./5.

Freitag: Gastspiel des Herrn Franz Tewele vom K. u. K. priv. Carl⸗Theater in Wien. Der Herr Direktor (Monsieur le Directeur). Lustspiel in 3 Akten von Alexandre Bisson und Fabrice Carré6. Deutsch von Ferdinand Groß. In Scene gesetzt von Siegmund Lautenburg. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonnabend: Der Herr Direktor.

Sonntag: Der Herr Direktor.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu halben Preisen: Der Rabenvater.

Theater Unter den Linden. Direktion: Inlius Fritzsche. Freitag: In durchaus neuer glänzender Ausstattung an Dekorationen, Kostümen und Requisiten: König Chilperich. Burleske Ausstattungs⸗Operette in 3 Akten (5 Bildern) von Hervé und Paul Ferrier, deutsch bearbeitet von Eduard Jacobson und Wilhelm Mannstädt. Musik von Hervé. In Seene gesetzt von Julius Fritzsche. Pirisent: Herr Kapellmeister Federmann. Anfang 2 r.

Sonnabend: Maskenball.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Bei halben Preisen: Der Zigennerbaron. Abends 7 ½ Uhr: Chilperich. 8

8 Adolph Ernst⸗Theater. Freitag Lohengrin. Gesangsposse in 3 Akten, nach dem ranzösischen bearbeitet von Ed. Jacobson und Mannstädt. Kupletz von Gust. Görs. Musik von Gust. Steffens. Anfang 7 ½ Uhr. 3 Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.

Zweiter und letzter großer

Bentral⸗Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Freitag: Eine tolle Nacht. Große Aus⸗ stattungsposse mit Gesang und Tanz in 5 Bildern von Wilh. Mannstädt und Julius Freund. Musik von Julius Einödshofer. In Scene gesetzt vom Direktor Richard Schultz. Die Tanz⸗Arrangements vom Balletmeister Gundlach. Anfang 7 ½ Uhr. Sonnabend: Eine tolle Nacht.

Konzerte.

Konzert-Haus. Karl Freitag: Ouv. „Die Falschmünzer“, Auber. Großfürstin“, Flotow.

8

Meyder⸗Konzert. „Die „Rübezahl“, Flotow. Peer Gynt-Suite Nr. 1 von Grieg. „Kol Nidrei“ für Cello von Bruch (Herr Smit). „O sag nicht nein“ für Piston von Eichberg (Herr Werner). Walzer „Kaufmann’s Kasino⸗Tänze“ von Gugl.

11“

Saal Bechstein. Anfang 7 ½ Uhr: Böhmisches Streich⸗Quartett. I. Abend: Haydn D-dur op. 64, Borodin A-dur, Beethoven F-dur op. 18.

Linkstraße 42. Freitag,

Zirkus Renz. Karlstraße. Freitag, Abends 7 ½ Uhr: Große humoristische Extra⸗Vorstellung. Ein Künstlerfest. Luxus⸗Ausstattungs⸗Pantomime in 2 Abtheilungen vom Großherzoglichen Hof⸗Ballet⸗ meister A. Siems, auf das Glänzendste insceniert vom Direktor Fr. Renz. Erste Abtheilung: Das Festeomité in Thätigkeit. Zweite Abtheilung: Vollständig neu! Im Wasser. Vollständig neu! Zum ersten Male in Berlin: Die gigantische Feuersäule. Zum Schluß: Plafond⸗Pracht⸗ Feuerwerk. Außerdem: Auftreten von nur Künstler⸗Spezialitäten allerersten Ranges, Vorführen der C Original⸗Dressuren des Direktors Fr. Renz.

Sonnabend: Ein Künstlerfest. Die gigantische Feuersäule. 8

Sonntag: 2 Vorstellungen: Nachmittags 4 Uhr (ermäßigte Preise und 1 Kind unter 10 Jahren 8 1870/71. Abends 7 ½ Uhr: Ein Künstler⸗ est.

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Thekla von Schmidt⸗Pauli mit Hrn. Seec.⸗Lieut. Otto Frhrn. von Dungern (Pots⸗ dam). Frl. Hildegard von Wedel Parlow mit

rn. Dr. med. Friedrich Schaumburg (Dessau Alt⸗Scherbitz). Frl. Margarete Klingemann mit Hrn. Lieut. der Res., Privatdozenten Dr. Karl Spannagel (Berlin). Frl. Margarethe Goßler mit Hrn. Sec.⸗Lieut. Willy Reichardt (Naum⸗ burg a. S. Magdeburg).

Geboren: Ein Sohn: HFrn. Hauptmann der Landwehr, Postmeister Herrmann (Dt.⸗Lissa).

Gestorben: Fr. Mathilde Strahl, geb. von Hertz⸗ berg (Breslau). Hr. Fedor von Falkenhayn (Tarnowitz). Hr. Stadt⸗Baurath a. D. Adolf Gerstenberg (Berlin). Verw. Fr. Rosalie Zahn, geb. von der Osten (Sondershausen). Hr. General⸗Arzt a. D., Großherzoglich oldenburgische Leibarzt Dr. Dodo Emken Müller (Oldenburg).

in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sechs Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage),

sowie das Sachregister des Deutschen Reichs⸗ Anzeigers und Königlich Preußischen Staats Anzeigers für 1895.

sschwindel das Handwerk zu legen. ner 5 1 den Antrag einer Kommission von 14 Mitgliedern zu überweisen.

it.

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeigr.

No. 21.

Berlin, Donnerstag, den 23. Januar

1896.

Deutscher Reichstag. 21. Sitzung vom 22. Januar, 1 Uhr.

Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen Nummer des Blattes berichtet.

Tagesordnung: Antrag der Abgg. Bassermann (nl.) und Gen. ꝛc. (s. d. gestr. Nr. d. Bl.).

Abg. Bassermann: Der gegen unseren Antrag erhobene Vor⸗ wurf, daß er nicht seitgemsf sei, da die Beschlußfassung über ein einheitliches Bürgerliches Gesetzbuch unmittelbar bevorstehe, ist nicht begründet. Bis zur Feststellung dieses Gesetzgebungswerkes wird viel Zeit vergehen. Auch die verbündeten Regierungen haben neben dem Bürgerlichen Gesetzbuch uns die Vorlage wegen der Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes gemacht. Es ist die höchste Zeit, daß etwas geschieht, um die schweren Schädigungen, welche durch den schamlosen Bauschwindel den Bauhandwerkern zugefügt werden, unmöglich zu machen. Schon liegen 25 verschiedene Vorschläge in dieser Hinsicht vor, die in den letzten Tagen um einen weiteren des preußischen Abg. Wallbrecht vermehrt worden sind. Die Frage des Schutzes der Bauhandwerker hat immer weitere Kreise der Be⸗ völkerung ernstlich beschäftigt. Der Bund für Bodenhbesitz⸗ reform hat Jahre lang in diesem Sinne gearbeitet; ebenso der Verband der deutschen Gewerbevereine, weiter auch die preußische Justizverwaltung, die durch den Mund des Justiz⸗ Ministers wohlwollende Erklärungen abgegeben hat. Auch die beiden Häuser des preußischen Landtags haben durch ihre Beschlüsse zu den bezüglichen Petitionen die Nothwendigkeit einer baldigen gesetz⸗ lichen Regelung anerkannt. Die Frage nach der Höhe der Verluste der Bauhandwerker bei Subhastationen ist mit zuverlässigen statistischen Angaben nicht zu beantworten. Der Selbstmord des Berliner Malers Seeger gab den Anstoß zu Erhebungen in dieser Richtung, doch ist das Material lückenhaft. Welchen Umfang die Verluste ange⸗ nommen haben müssen, kann man aber daraus erkennen, daß in Berlin die Zahl der „Bauherren“, welche die Krankenkassengelder unterschlagen haben, 29, ja 32 % in einem Jahre betrug. Jedenfalls beziffern sich diese Verluste auf viele Dutzende von Millionen. Der Reichstag selbst hat schon bei Gelegenheit der Anträge des Zentrums zur Abänderung der Konkurzordnung sich mit der Frage beschäftigt; man hat schon damals die Einräumung einer dinglichen Berechtigung am Hause für die Bauhandwerker als eine sehr erwägenswerthe Lösung derselben bezeichnet. Einen Grund dafür, die Sache der Landesgesetzgebung zu überlassen, können wir nicht einsehen. Die Schäden sind in allen großen Städten des Reichs heivorgetreten, und es handelt sich um eine zivilrechtliche Materie. Im Wege der Selbsthilfe können die Bauhandwerker der Schäden nicht Herr werden. Man giebt ihnen den Rath, nur mit kreditfähigen Bauherren ab⸗ zuschließen. Das ist ein sehr billiger Trost, mit dem der Hand⸗ werker gar nichts anfangen kann, da er sich weder über die Vermögensverhältnisse der Bauherren unterrichten, noch ihnen Bedingungen stellen kann. Die typischen Fälle des Bauschwindels sind ja bekannt. Ein mittelloser Bauherr kauft den Bauplatz, nimmt sofort eine Kautionshypothek auf, bezahlt von den Baugeldern zum theil das Material, zum größeren Theil vielfach alte Schulden und eigene Bedürfnisse; dann kommt der Krach; die Arbeiter haben mittlerweile ihre Arbeit und ihre Materialien in den Bau gesteckt und dadurch werthvoller gemacht, diese fallen aber bei der Sub⸗ hastation aus. Der durch die Bauhandwerker geschaffene Mehrwerth wird von den Spekulanten und Baubanken verschluckt, während der He das Nachsehen hat. Diesen Uebelständen hilft der Vorschlag des Bürgerlichen Gesetzbuches, den Handwerkern eine Sicherungshypothek einzuüräumen, nicht ab. Der Reichsgerichts⸗ Rath Baehr hat in diesem Uebelstande mit Recht eine abscheuliche Ungerechtigkeit gesehen. Mein Vorschlag geht dahin: beim Baubeginn die Liegenschaft gerichtlich abzuschätzen, wogegen ein Beschwerderecht eingeräumt werden kann, nach Fertigstellung des Baues eine zweite Abschätzung stattfinden zu lassen, welche den Mehrwerth ergiebt, den die Bauhandwerker geschaffen haben, und auf diesen zuerst die Bau⸗ handwerker anzuweisen. Das hätte den praktischen Erfolg, daß die Bauhandwerker zum vollen Betrage ihr Geld erhalten. Diese Bau⸗ handwerkerhypothek müßte aber schon einen Monat nach Fertigstellung des Baues oder auch etwas später eingetragen werden. Dernburg, Baehr und Gierke haben sich für den von mir vorgelegten Vorschlag ausgesprochen. Der Vorschlag der deutsch⸗sozialen Reformpartei will ein unbedingtes hypothekarisches Vorrecht. Das geht nach meiner Meinung zu weit, weil der Bauhandwerker auf den Bodenwerth gar keinen Anspruch hat. Den l gitimen Verkehr in Grundstücken und Bauten wird der Vorschlag nicht beschränken oder beeinträchtigen. Für den reinen Spekulanten hat die Gesetzgebung nicht zu sorgen. Es ist unmoralisch, wenn der Kapitalist für seine Gelder Erlöse einzieht, welche nicht den Verpflichteten, sondern den Arbeitern und Handwerkern gebühren; wird er durch diese Vorschrift zu noch größerer Vorsicht bei Begebung seiner Gelder veranlaßt, um so besser. Heute wird vielfach dem un⸗ soliden, vermögenslosen Manifestanten das Baugeld gegeben, weil der Mann skrupellos genug ist, aus den paraten Mitteln die Zinsen zu zahlen und der Spekulant nachher beim Krach gesichert bleibt. Die Schwierigkeit der Schätzung, die uns auch ent⸗ eegengehalten wird, ist nach der Ausführung des Verbandes der Lüöusegen deutscher Baugewerksmeister garnicht so groß. Der Vor⸗ schlag einer Bausperre bis zur Hinterlegung einer Kaution für die an an werler und derjenige der Einräumung der ersten Hypothek an die Handwerker durch Einverständniß der Hypothekengläubiger sind beide praktisch kaum durchführbar; die Hypothekengläubiger werden sich kaum zu dieser Einigung bereit finden lassen, und die polizeiliche Bausperre hat die mannigfachsten Bedenken gegen sich. Die Einzel⸗ heiten der Ausführung meines Vorschlages können getrost der weiteren Entwickelung überlassen bleiben. Es handelt sich hier zunächst um die Forderung, der Sache endlich näher zu treten und dem Bau⸗ Redner befürwortet zum Schluß,

Abg. Lotze (d.⸗soz. Refp.) freut sich der Thatsache, daß seine hürr in dieser Frage Schulter an Schulter mit der national⸗ liberalen kämpfe, die doch an den herrschenden Zuständen, an den Auswüchsen der zügellosen Gewerbefreiheit wesentlich mit schuld Es sei aber nicht zuzugeben, daß der Antrag der deutsch⸗sozialen Reformpartei zu weit gehe; er gehe noch nicht weit genug, denn eigent⸗

lich sollte der Schutz der Bauhandwerker dahin ausgedehnt werden,

daß der gesammte, an dem Eigenthum der Bauhandwerker und Arbeiter verübte Raub wieder herausgegeben werden müßte. Man stelle die Vor⸗ rechtshypothek der Bauhandwerker als unausführbar hin; aber wo ein Wille sei, müsse auch ein Weg sich finden. Geradezu himmelschreiend sei die Zulässigkeit der unendlichen Belastung der Bauten mit Hypotbeken. Mit den Spekulanten Hand in Hand arbeiteten die meisten Baubanken, die sich noch dazu viel⸗ fach besonderer „Strohmänner“ bedienten, die auch ihrerseits an dem Raub theilnähmen. Der Bauunternehmer, der auf einem Bau verkracht sei, fange vielfach sofort einen anderen Bau an, zu dem er neue zu betrügende und 8 das Ihrige zu bringende Handwerker suche und finde. Diesen Individuen muͤsse vor allem das Handwerk gelegt werden. Stehe der Bauunternehmer unter dem Handels⸗ beses, so werde er wenigstens vom Gericht bestraft werden können.

Berlin seien in einem der letzten Jahre den Bauhandwerkern

46 Millionen geraubt worden. Dem Antrag auf Kommissions⸗ berathung stimmt Redner zu, bittet aber um eine solche von 21 Mit⸗ gliedern. Der Bauunternehmer müsse als Kaufmann aufgefaßt und unter das Handelsgesetzbuch gestellt werden; das Grundbuch müsse außerdem bis zur Fertigstellung des Baues für alle weiteren un⸗ redlichen Manipulationen gesperrt werden.

Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts, Wirklicher Geheimer Rath Nieberding:

Meine Herren! Die Reichsverwaltung kann für die Erörterung der hier gestellten Anträge nur dankbar sein; denn diese Erörterung giebt auch ihr die Gelegenheit, ihre Stellung zu der wichtigen, in sozialpolitischer und wirthschaftlicher Hinsicht ernsten Frage des Schutzes der Bauhandwerker klarzulegen und dem Hause mitzutheilen, wohin ihre Bemühungen in dieser Frage bis dahin gegangen sind. Denn wenn man die beiden Herren Redner, die ihre Anträge soeben begründet haben, allein gehört hat, dann kann man allerdings zu der Meinung gelangen, als sei von der Reichsverwaltung und von den Bundesregierungen in dieser Sache überhaupt noch garnichts geschehen, und als ständen die Regierungen den schweren Mißständen, die hier unleugbar vorliegen, theilnahmlos gegenüber. Das, meine Herren, ist ein Irrthum!

Wenn der erste Herr Vorredner als einen theilweisen Zweck seines Antrags auch das hervorgehoben hat, daß damit ein Anstoß gegeben werden solle den verbündeten Regierungen, einer gesetzlichen Regelung der Frage näher zu treten so drückte er sich aus —, so muß ich demgegenüber erklären, daß es eines solchen Anstoßes nicht bedarf, daß die Regierungen seit längerer Zeit mit Erwägungen einer gesetzlichen Regelung dieser Sache befaßt sind; wir wollen nicht von diesem Tische aus der Oeffentlichkeit gegenüber die Meinung auf⸗ kommen lassen, als wenn die Initiative für eine gesetzliche Regelung auf den Anträgen, die heute und in der letzten Session gestellt worden seien, beruhe. Nein, die Initiative beruht bei den verbündeten Re⸗ gierungen, die viel länger schon sich mit dieser Frage beschäftigen.

Die Anregung, der Sache näher zu treten, ergab sich, als der erste Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs von jeder Sicherung der Bauhandwerker gegenüber Neu⸗ und Umbauten abgesehen hatte, auch von denjenigen Sicherungsmitteln, die einzelne Landesgesetze bieten. Gegen diese Bestimmung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die ein Be⸗ dürfniß zu einem besonderen Schutze der Bauhandwerker verneinte, erhob sich eine sehr lebhafte und, wie ich hinzufüge, auch nach Ansicht der verbündeten Regierungen berechtigte Kritik, und die Wirkung dieser Kritik und der Auffassung der Regierungen war, daß bei der zweiten Berathung des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs der Standpunkt der Kommission, wie er früher gewesen war, auf⸗ gegeben und eine Bestimmung aufgenommen wurde, die so weit den Bauhandwerkern Sicherheit geben sollte, als diese in die Lage gesetzt werden, für ihre Ansprüche aus Arbeiten und Lieferungen eine Sicherungshypothek auf das betreffende Grundstück eintragen zu lassen. Für die Regierung war aber damit die Sache keineswegs erledigt; denn wenn sie auch anerkannte, daß auf dem Gebiet des Hypothekenrechts mit jener Bestimmung der einzig mögliche

Schutz gewährt sei, so konnte sie doch nicht anerkennen, daß an⸗

gesichts der schweren Schädigungen, denen die Bauhandwerker zweifellos ausgesetzt sind, mit diesem Schutze es auch gethan sein müsse; im Gegentheil, ihre Meinung war die, man müsse nach weiteren Mitteln zum Schutze der Bauhandwerker suchen.

Nun, meine Herren, können diese Mittel auf zivilrechtlichem Gebiet liegen. Sie können auf dem Gebiet der Baupolizei liegen; sie können auch strafrechtlicher Natur sein, und die Fragen, die nach allen diesen Richtungen hin in Betracht kommen, haben die Reichs⸗ verwaltung, das Reichsamt des Innern sowohl als auch das Reichs⸗Justizamt und mit ihnen die preußischen Ressort⸗Ministerien, vor allem das Justiz⸗Ministerium, während der letzten Jahre be⸗ schäftigt. Sie werden daraus ersehen, daß der Herr Antragsteller des ersten Antrags sich in einem Irrthum befand, wenn er meinte, er müßte einen Anstoß den Regierungen geben, der gesetzlichen Regelung dieser Frage näher zu treten.

Meine Herren, der Standpunkt, den die Regierung bei der Be⸗ urtheilung des Bedürfnisses in dieser Frage einnimmt, stimmt darin mit den beiden Herren Antragstellern überein, daß es hier nicht entscheidend sein kann, ob man irgend ein juristisches Prinzip verletzt oder nicht, sondern daß das Schwergewicht der materiellen Interessen, die hier in Betracht kommen, entscheidend sein muß.

Auch darin stimme ich mit dem Herrn Vorredner überein, daß das Bedürfniß, gesetzlich einzuschreiten, wenn es auch seinem vollen Umfange nach bezüglich der Schäden, die bis jetzt die Bauhandwerker erfahren haben, nicht statistisch nachgewiesen ist, doch so weit evident vorliegt, daß es weiterer vorläufiger statistischer Ermittelungen auf diesem Gebiet nicht bedarf. Aber darin, meine Herren, stimmen wir nicht überein, daß die Herren Antragsteller ohne weiteres die Frage, ob für ganz Deutschland ein Bedürfniß der gesetzlichen Regelung, also im Wege der Reichsgesetzgebung, gegeben sei, bejahen, während für uns diese Frage eine offene ist. Und das ist doch eine wichtige Frage, die Reichsgesetzgebung in Bewegung zu setzen für Interessen, die möglicherweise nur von örtlicher Bedeutung sind, in dem verhältnißmäßig kleinen Bereiche großer, schnell wachsender Städte zur Erscheinung kommen. Es würde ein unzweckmäßiger Weg sein, den wir nicht empfehlen könnten.

Nun, meine Herren, um darüber Klarheit zu gewinnen, ist die Reichsverwaltung vor längerer Zeit mit den Bundesregierungen in Verbindung getreten. Die Aeußerungen der Regierungen liegen noch nicht vollständig vor; ich bin also auch noch nicht in der Lage, ein abschließendes Urtheil dem Haufe gegenüber zu vertreten; so viel aber kann ich sagen, daß die einzelnen Landesregierungen über die Frage des Bedürfnisses, das von den Herren Vorrednern vorhin so unbedenklich und allgemein bejaht wurde, keineswegs einer Meinung sind, daß wir eine ganze Reihe von Staaten haben, deren Regierungen erklären, in ihrem Gebiete seien Erscheinungen nicht hervorgetreten, die zu einem Einschreiten der Reichsgesetzgebung nöthigen.

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Das ist ein Moment, das bei der legislatorischen Würdigung de Frage mit in Betracht gezogen werden muß.

Wir haben aber mit unseren Erwägungen über die mögliche Wege, die eingeschlagen werden können, um hier Hilfe zu bringen, nicht etwa gewartet, bis die Aeußerungen der verbündeten Regierungen eingehen würden. Daß das nicht der Fall ist, meine Herren, wissen Sie ja aus den Ihnen auch bekannten Verhandlungen des preußische Abgeordnetenhauses, in denen der Herr Justiz⸗Minister fünf Gesetz entwürfe nebeneinander vorlegte, die auf seine Veranlassung i Justiz⸗Ministerium ausgearbeitet waren, mit dem Zwecke, den ob waltenden Mißständen entgegenzutreten. Die Justizkommission des preußischen Abgeordnetenhauses hat diese Gesetzentwürfe geprüft, un sie ist zu dem Resultat gekommen, daß keiner davon geeignet sei, d vorliegenden Schäden wirksam abzuhelfen, daß wahrscheinlich wenn man einen dieser Gesetzentwürfe zum Gesetz erhebe wollte, nach anderen Richtungen hin Schädigungen wichtiger, tiefliegender Interessen hervortreten würden, die noch empfindliche werden würden als die Schäden, über die wir uns jetzt beklagen Die Justizkommission des Abgeordnetenhauses kam also zu de Resultat, daß von diesen Entwürfen abzusehen sei, daß sie eine Rege lung im Gebiete des Hypothekenwesens nicht empfehlen könne, da sie dagegen empfehle: einmal die in dem Bürgerlichen Gesetzbuch vor gesehene Sicherung der Handwerker durch den Titel auf eine Sicherungs⸗ hypothek, zweitens eine gesetzliche Vorschrift, welche die Bauunternehm verpflichtet, ihre Firma ins Handelsregister eintragen zu lassen, u sie dann unter die eventuell daran sich knüpfenden strafrechtliche Folgen zu stellen, und drittens, in der Grundbuchordnung eine B stimmung vorzusehen, welche den bei einem Bau interessierten Hand werkern die Befugniß giebt, das Grundbuch einzusehen, um sich dar über zu unterrichten, ob die Verschuldungsverhältnisse des Grundstück so sind, daß sie dem Bauunternehmer ohne Gefahr mit ihren Arbeitern Kredit gewähren können.

Diese von der Justizkommission des Abgeordnetenhauses empfohlen Vorschrift ist auch bei uns schon in Erwägung gekommen und wir voraussichtlich ihren Platz finden in der Grundbuchordnung, die i Reichs⸗Justizamt in der Ausarbeitung begriffen ist, und die auf de Boden des neuen Bürgerlichen Gesetzbuchs demnächst ins Lebe treten soll.

Die andere Frage bezüglich der schärferen strafrechtlichen Ver antwortung der Bauunternehmer durch ihre Eintragung ins Firmen register hat ebenfalls im Reichs⸗Justizamt ihre zustimmende Würdigun gefunden, und eine entsprechende Vorschrift wird Aufnahme finde in dem neuen Entwurf des Handelsgesetzbuchs.

Nach den Richtungen hin ist also vorläufig alles geschehen. Si werden, wie ich meine, daraus ersehen, daß die Reichsverwaltun der großen Frage gegenüber nicht theilnahmlos und müßig da gestanden hat.

Was nun die Anträge ihrem sachlichen Inhalt nach angeht, s glaube ich, brauche ich zu dem zweiten Antrag, dem des Herrn Abg Liebermann von Sonnenberg, mich nicht näher auszusprechen. Ich glaube, die Verhandlungen in Ihrer Kommission werden Gelegenhei geben, überzeugend nachzuweisen, daß dieser Antrag den Grundkredi vollständig zerstören würde. (Sehr richtig! links.) Damit, mein Herren, ist ihm das Urtheil gesprochen.

Was den Antrag der Herren Bassermann und Genossen betrifft so besteht dieser, wie der Herr Vertreter dieses Antrags selbst gesag hat, aus zwei Theilen. Der zweite Theil dieses Antrags empfiehl. Ihnen, nicht bloß den Weg der Gesetzgebung zu erwägen, sonder alsbald einen bestimmten Weg ins Auge zu fassen. Der Herr Antrag steller will den Bauhandwerkern ein Vorrecht geben auf den Mehr werth des Grundstücks, der dadurch entstanden ist, daß das Grund stück neu bebaut ist mit Hilfe der Arbeit und der Lieferungen de Bauhandwerker. Meine Herren, ich kann Ihnen nicht empfehlen, si von vornherein zu Gunsten dieses Antrags zu engagieren. Ich bin der Meinung, daß, wenn das Haus die Absicht hat, gründlich un vorurtheilsfrei nach allen Seiten die möglichen Wege der Abhilfe z erwägen, es dann nicht richtig ist, von vornherein einen Vorschla der Abhilfe in den Vordergrund zu schieben.

Ich muß aber auch sagen, daß ich diesen Vorschlag nach den Erwägungen, die im Schoße der Regierungen stattgefunden haben nicht für einen glücklichen halten kann. Dieser Vorschlag ist nich, neu, er ist bereits praktisches Recht im französischen Rechtsgebiet, un ich frage alle die Herren, die dem Gebiet des französischen Rechts angehören, ob sie mir darin nicht zustimmen müssen, daß die Vor schrift vollständig wirkungslos geblieben ist, daß sie gegen die Schäden die auch in einzelnen stark wachsenden Orten des französischen Rechtsgebiets in Bauunternehmungen hervorgetreten sind, keine Abhilfe geschaffen hat, daß wir, wenn wir auf diesem Wege den Bauhand werkern helfen wollen, ihnen statt Brot einen Stein bieten würden

Ich glaube, ich habe es auch nicht nöthig, diesem Antrag gegen über hier in die Einzelheiten einzutreten, die, wie ich hoffe, die Kommission überzeugen werden, daß der darin vorgeschlagene Weg 8 nicht gangbar ist. Ich will nur eins erwähnen.

Nach diesem Antrag bedarf es bei jedem Neu⸗ und Umbau zweier gerichtlicher Taxen. Bevor der Bau begonnen werden kann muß eine gerichtliche Taxe aufgenommen werden über den Werth, den das Grundstück mit den alten Baulichkeiten, die etwa darauf stehen, besitzt; nachdem der Bau beendigt ist, muß abermals eine Taxe vor genommen werden, um festzustellen, wie hoch der Werth des Grund⸗ stücks nun ist, und bei jeder dieser Taxen müssen natürlich die Bauhandwerker, der Eigenthümer und die Hypothekengläubiger gehört werden, es muß ihnen der Weg Rechtens darüber gewährt werden denn das, meine Herren, was der Herr Antragsteller vorschlägt, hier den Weg der einfachen Beschwerde zu gewähren, halte ich für unmöglich. Wenn es sich darum handelt, die Existenz eingetragener Hypothekenrechte durch eine Taxe zu beseitigen, was möglich sein würde, dann kann nicht im Wege der Beschwerde die Entschädigung gegeben werden, da muß das Interesse der betheiligten Hypotheken⸗