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Artikel 174. “
8 Von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an gelten
für die vorher ausgestellten Schuldverschreibungen auf den Inhaber
die Vorschriften der §§ 782 bis 784, 786, 788 und des 5 790
Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Bei den auf Sicht zahlbaren
unverzinslichen Schuldverschreibungen sowie bei Zins⸗, Renten⸗ und
Gewinnantheilscheinen bleiben jedoch für die Kraftloserklärung und die Zahlungssperre die bisherigen Gesetze maßgebend.
Die Verjährung der Ansprüche aus den vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgestellten Schuldverschreibungen auf den Inhaber bestimmt sich, unbeschadet der Vorsch iften des § 786 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, nach den bisherigen Gesetzen.
8 Artikel 175.
Für Zins⸗, Renten⸗ und Gewinnantheilscheine, die nach dem In⸗ krafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs für ein vor dieser Zeit aus⸗ gestelltes Inhaberpapier ausgegeben werden, sind die Gesetze maßgebend, welche für die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgegebenen Scheine gleicher Art gelten.
Die Außerkurssetzung von Schuldverschreibungen auf den Inhaber findet nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht mehr statt. Eine vorher erfolgte Außerkurssetzung verliert mit dem Inkraft⸗ treten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ihre Wirkung.
Artikel 177.
Von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an gelten für vorher ausgegebene Urkunden der im § 792 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art, sofern der Schuldner nur gegen Aus⸗ händigung der Urkunde zur Leistung verpflichtet ist, die Vorschriften des § 792 Abf. 2 Satz 2, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des
Artikel 101 Abs. 2 dieses Gesetzes. Artikel 178.
Ein zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs an⸗ hängiges Verfahren, das die Kraftloserklärung einer Schuld⸗ verschreibung auf den Inhaber oder einer Urkunde der im § 792 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art oder die Zahlungssperre für ein solches Papier zum Gegenstande hat, ist nach den bisherigen Ge⸗ setzen zu erledigen. Nach diesen Gesetzen bestimmen sich auch die Wir⸗ kungen des Verfahrens und der Entscheidung.
Artikel 179.
Hat ein Anspruch aus einem Schuldverhältnisse nach den bis⸗ herigen Gesetzen durch Eintragung in ein öffentliches Buch Wirk⸗ samkeit gegen Dritte erlangt, so behält er diese Wirksamkeit auch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
Artikel 180.
Auf ein zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetz⸗ buchs bestehendes Besitzverhältniß finden von dieser Hät an, unbe⸗ schadet des Artikel 190, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung.
Artikel 181.
Auf das zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende Eigenthum finden von dieser Zeit an die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. 8
Steht zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Eigenthum an einer Sache Mehreren nicht nach Bruchtheilen zu oder ist zu dieser Zeit ein Sondereigenthum an stehenden Erzeugnissen eines Grundstücks, insbesondere an Bäumen, begründet, so bleiben diese Rechte bestehen. 1“ 1
“ Artikel 182. 1
Das zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende Stockwerkseigenthum bleibt bestehen. Das Rechtsverhältniß der Betheiligten unter einander bestimmt sich nach den bisherigen
Gesetzen. Artikel 183.
Rechte, mit denen eine Sache oder ein Recht zur Zeit des In⸗ krafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs belastet ist, bleiben mit dem sich aus den bisherigen Gesetzen ergebenden Inhalt und Range be⸗ stehen, soweit sich nicht aus den Artikeln 191 bis 194 ein Anderes ergiebt. Von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an gelten jedoch für ein Erbbaurecht die Vorschriften des § 1001, für eine Grunddienstbarkeit die Vorschriften der §§ 1004 bis 1011 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
Artikel 184.
Ist zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Ersitzung des Eigenthums oder Nießbrauchs an einer beweglichen Sache noch nicht vollendet, so finden auf die Ersitzung die Vorschriften des Artikel 169 entsprechende Anwendung.
Artikel 185.
Das Verfahren, in welchem die Anlegung der Grundbücher er⸗ folgt, sowie der Zeitpunkt, in welchem das Grundbuch für einen Be⸗ zirk als angelegt anzusehen ist, werden für jeden Bundesstaat durch landesherrliche Verordnung bestimmt.
Ist das Grundbuch für einen Bezirk als angelegt anzusehen, so ist die Anlegung auch für solche zu dem Bezirke gehörende Grund⸗ stücke, die noch kein Blatt im Grundbuche haben, als erfolgt anzu⸗ sehen, soweit nicht bestimmte Grundstücke durch besondere Anordnung
ausgenommen sind. Artikel 186.
Eine Grunddienstbarkeit, die zu der Zeit besteht, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, bedarf zur Erhaltung der Wirk⸗ samkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht der Eintragung. Die Eintragung hat jedoch zu erfolgen, wenn sie von dem Berechtigten oder von dem Eigenthümer des belasteten Grund⸗ stücks verlangt wird; die Kosten sind von demjenigen zu tragen und vorzuschießen, welcher die Eintragung verlangt.
Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß die bestehenden Grunddienstbarkeiten oder einzelne Arten zur Erhaltung der Wirk⸗ 1 gegenüber dem öffentlichen Glauben dee Grundbuchs bei der
nlegung des Grundbuchs oder später in das Grundbuch eingetragen werden müssen. Die Bestimmung kann auf einzelne Grundbuchbezirke beschränkt werden. Artikel 187.
Durch landesherrliche Verordnung kann bestimmt werden, daß pescbliche Pfandrechte, die zu der Zeit bestehen, zu welcher das Grund⸗ buch als au gelegt anzusehen ist, zur Erhaltung der Wirksamkeit gegen⸗ über dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs während einer zehn Jahre nicht übersteigenden, von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen an zu berechnenden Frist nicht der Eintragung bedürfen.
Durch landesberrliche Verordnung kann bestimmt werden, daß Miethrechte und Pachtrechte, welche zu der in Abs. 1 bezeichneten Zeit als Rechte an einem Grundstücke bestehen, zur Erhaltung der Wirk⸗ samkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht der Eintragung bedürfen.
Artikel 188.
Der Erwerb und Verlust des Eigenthums sowie die Begründung, Uebertragung, Belastung und Aufhebung eines anderen Rechtes an einem Grundstück oder eines Rechtes an einem solchen Rechte erfolgen auch nach dem Inklafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach den bisherigen Gesetzen, bis das Grundbuch als angelegt anzusehen ist. Das Gleiche gilt von der Aenderung des Inhalts und des Ranges der Rechte. Ein nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs unzulässiges Recht kann nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Ge⸗ setzbuchs nicht mehr begründet werden.
Ist zu der Zeit, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, der Besitzer als der Berechtigte im Grundbuch eingetragen, so finden auf eine zu dieser Zeit noch nicht vollendete, nach § 884 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässige Ersitzung die Vorschriften des Ar⸗ tikel 169 ent prechende Anwenduang.
Die Aufhebung eines Rechtes, mit dem ein Grundstück oder ein Recht an einem Grundstücke zu der Zeit belastet ist, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, erfolgt auch nach dieser Zeit nach den bisherigen Gesetzen, bis das Recht in das Grundbuch einge⸗
tragen wird. Artikel 189. Das nach § 912 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Fiskus zustehende Aneignungsrecht erstreckt sich auf alle Grundstücke, die zu
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der Zeit herrenlos sind, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzu⸗ sehen ist. Die Vorschrift des 1,551 En entsprechende ö rtike
Die bisherigen Gesetze über den Suß im Besitz einer Grund⸗ dienstbarkeit oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit finden auch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung, 1. bwcg für das belastete Grundstück als angelegt anzu⸗
ehen ist.
Von der Zeit an, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzu⸗ sehen ist, finden zum Schutze der Ausübung einer Grunddienstbarkeit, mit welcher das Halten einer dauernden Anlage verbunden ist, die für den Besitzschutz geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung, solange Dienstbarkeiten dieser Art nach Art. 127 oder Art. 186 zur Erhaltung der Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht der Eintragung be⸗ dürfen. Das Gleiche gilt für Grunddienstbarkeiten anderer Art mit der Maßgabe, daß der Besitzschutz nur gewährt wird, wenn die Dienst⸗ barkeit in jedem der drei letzten Jahre vor der Störung mindestens einmal ausgeübt worden ist.
b Artikel 191. „Ein zu der Zeit, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, an einem Grundstücke bestehendes Pfandrecht gilt von dieser Zeit an als eine Hypothek, für welche die Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen ist. Ist der Betrag der Forderung, für die das Pfand⸗ recht besteht, nicht bestimmt, so gilt das Pfandrecht als Sicherungs⸗
hypothek.
IFsst das Pfandrecht dahin beschränkt, daß der Gläubiger Befrie⸗ digung aus dem Grundstücke nur im Wege der Zwangsverwaltung suchen kann, so bleibt diese Beschränkung bestehen.
Artikel 192.
Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß ein Pfandrecht, welches nach Artikel 191 nicht als Sicherungshypothek gilt, als Sicherungshypothek oder als eine 288 gelten soll, für welche die Ertheilung des Hypothekenbriefs nicht ausgeschlossen ist, und daß eine über das Pfandrecht ertheilte Urkunde als Hypothekenbrief gelten soll.
Artikel 193.
Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß ein Gläubiger, dessen Pfandrecht zu der im Art. 191 bezeichneten Zeit besteht, die Löschung eines im Range vorgehenden oder gleichstehenden Pfandrechts, falls dieses sich mit dem Eigenthum in einer Person vereinigt, in gleicher Weise zu verlangen berechtigt ist, wie wenn zur Siche⸗ rung des Rechtes auf Löschung eine Vormerkung im Grundbuch ein⸗
getragen wäre. Artikel 194.
Eine zu der Zeit, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzu⸗ sehen ist, bestehende Grundschuld gilt von dieser Zeit an als Grund⸗ schuld im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs und eine für die Grund⸗ schuld ertheilte Urkunde als Grundschuldbrief. Die Vorschrift des Art. 191 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.
Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß eine zu der im Abs. 1 bezeichneten Zeit bestehende Grundschuld als eine Hypothek, für welche die Ertheilung des Hypothekenbriefs nicht ausgeschlossen ist, oder als Sicherungshypothek gelten soll, und daß eine über die Grundschuld ertheilte Urkunde als Hypothekenbrief gelten soll.
Artikel 195.
Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß auf ein an einem Grundstücke bestehendes vererbliches und übertragbares Nutzungsrecht die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften und auf den Erwerb eines solchen Rechtes die für den Erwerb des Eigenthums an einem Grundstücke geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs An⸗ wendung finden.
Artikel 196.
In Kraft bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen in Ansehung solcher Grundstücke, bezüglich deren zur Zeit des In⸗ krafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein nicht unter den Artikel 61 fallendes bäuerliches Nutzungsrecht besteht, nach der Beendigung des Nutzungsrechts ein Recht gleicher Art neu begründet werden kann und der Gutsherr zu der Begründung verpflichtet ist.
Artikel 197.
Die Gültigkeit einer vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen geschlossenen Ehe bestimmt sich nach den bisherigen
esetzen.
Eine nach den bisherigen Gesetzen nichtige oder ungültige Ehe ist als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die Ehegatten zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch als Ehegatten mit einander leben und der Frund. auf dem die Nichtigkeit oder die Ungültigkeit beruht, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetz⸗ buchs die Nichtigkeit oder die Anfechtbarkeit der Ehe nicht zur Folge haben oder diese Wirkung verloren haben würde. Die für die An⸗ fechtung im Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmte Frist beginnt nicht vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
Die nach den bisherigen Gesetzen erfolgte Ungültigkeitserklärung einer Ehe steht der Nichtigkeitserklärung nach dem Vürgerlichen Gesetz⸗
buche gleich. Artikel 198.
„Ddie persönlichen Rechtsbeziebungen der Ehegatten zu einander, insbesondere die gegenseitige Unterhaltspflicht, bestimmen sich auch für die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden Ehen nach dessen Vorschriften.
Artikel 199.
Für den Güterstand einer zur Zeit des Inkrafttretens des Bürger⸗ lichen Gesetzbuchs bestehenden Ehe bleiben die bisherigen Gesetze maß⸗ gebend. Dies gilt insbesondere auch von den Vorschriften über die erbrechtlichen Wirkungen des Güterstandes und von den Vorschriften der französischen und der badischen Gesetze über das Verfahren bei Vermögensabsonderungen unter Ehegatten.
Eine nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässige Regelung des Güterstandes kann durch Ehevertrag auch dann getroffen werden, wenn nach den bisherigen Gesetzen ein Ehevertrag unzulässig sein würde.
Soweit die Ehefrau nach den für den bisherigen Güterstand maßgebenden Gesetzen infolge des Güterstandes oder der Ehe in der Geschäftefähigkeit beschränkt ist, bleibt diese Beschränkung in Kraft, solange der bisherige Güterstand besteht.
Artikel 200.
Die Scheidung erfolgt von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an nach dessen Vorschriften.
Hat sich ein Ehegatte vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs einer Verfehlung der in den §§ 1548 bis 1551 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art schuldig gemacht, so kann auf Scheidung nur erkannt werden, wenn die Verfehlung auch nach den bisherigen Gesetzen ein Scheidungsgrund oder ein Trennungs⸗
grund war.
8 die Wirkungen einer beständigen oder zeitweiligen Trennung von Tisch und Bett, auf welche vor dem Inkrafttreten des Bürger⸗ lichen Gesetzbuchs erkannt worden ist, bleiben die bisherigen Gesetze maßgebend. Dies gilt insbesondere auch von den Vorschriften, nach denen eine bis zu dem Tode eines der Ehegatten fortvestehende Trennung in allen oder einzelnen Beziehungen der Auflösung der Ehe
gleichsteht. Artikel 202.
Das Rechtsverhältniß zwischen den Eltern und einem vor dem Inkiafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs geborenen ehelichen Kinde bestimmt sich von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an nach dessen Vorschriften. Dies gilt insbesondere auch in Ansehung des Vermögens, welches das Kind vorher erworben hat.
. Artikel 203.
„Ist der Vater oder die Mutter zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuche in der Sorge für die Person oder für das Vermögen des Kindes durch eine Anordnung der zuständigen Behörde beschränkt, so bleibt die Beschränkung in Kraft. Das Vormundschafts⸗ 2 tann die Anordnung nach § 1648 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aufheben. 8
Ist dem Vater oder der Mutter die Nutznießung an dem Ver⸗
eg. des Kindes durch Anordnung der zuständigen Behörde entzogen, so hat das Vormundschaftsgericht die Anordnung auf Antrag auf⸗ zuheben, es sei denn, daß die Entziehung der Nutznießung nach § 1643 Abs. 3 des Bürgerlichen gerechtfertigt ist.
rtikel 204.
Hat der Vater vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetz⸗ buchs auf Grund der bisherigen Gesetze die Mutter von der Vor⸗ mundschaft über das Kind ausgeschlossen oder der Mutter einen Bei⸗ stand zugeordnet, so gilt die Anordnung des Vaters von dem Inkraft⸗ treten C1II1““ an als Anordnung der Bestellung eines Beistandes für die Mutter im Sinne des Hürgerlichen Ge⸗
setzbuchs. Artikel 205.
Ist auf Grund der bisherigen Gesetze eine Ehe geschieden oder in⸗ folge der Todeserklärung eines der Ehegatten aufgelöst oder ist auf Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett erkannt worden, so bestimmen sich das Recht und die Pflicht der Eltern, für die Person der b Kinder zu sorgen, nach den bisherigen Gesetzen; die Vorschriften des § 1613 Abs. 1 Satz 2 und des § 1614 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden jedoch Anwendung.
Artikel 206.
„In wie weit die Kinder aus einer vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs nichtigen oder ungültigen Ehe als eheliche Kinder anzusehen sind und in wie weit der Vater und die Mutter die Pflichten und Rechte ehelicher Eltern haben, bestimmt sich nach den bisherigen Gesetzen. 6 Artikel 207.
lichen Gesetzbuchs geborenen unehelichen Kindes bestimmt sich von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an nach dessen Vorschriften; für die Erforschung der Vaterschaft, für das Recht des Kindes, den Familiennamen des Vaters zu führen, sowie für die Unterhaltepflicht des Vaters bleiben jedoch die bisherigen Gesetze maßgebend.
In wie weit einem vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetz⸗ buchs außerehelich erzeugten Kinde aus einem besonderen Grunde, ins⸗ besondere wegen Erzeugung im Brautstande, die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes zukommt und in wie weit der Vater und die Mutter eines solchen Kindes die Pflichten und Rechte ehelicher Eltern haben, bestimmt sich nach den bisherigen Gesetzen.
Die Vorschriften des Abs. 1 gelten auch für ein nach den fran⸗ zösischen oder den badischen Gesetzen anerkanntes Kind. Artikel 208.
„In wie weit ein vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs legitimiertes oder an Kindesstatt angenommenes Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes hat und in wie weit der Vater nnd die Mutter die Pflichten und Rechte ehelicher Eltern haben, bestimmt sich nach den bisherigen Gesetzen.
1 Artikel 209. 8
Auf eine zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetz⸗ buchs bestehende Vormundschaft oder Pflegschaft finden von dieser Zeit an die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Ist die Vormundschaft wegen eines körperlichen Gebrechens angeordnet, so gilt sie als eine nach § 1886 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnete Pflegschaft. Ist die Vormundschaft wegen Geistesschwäche angeordnet, ohne daß eine Entmündigung erfolgt ist, so gilt sie als eine nach § 1886 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für die Vermögensangelegenheiten des Geistesschwachen angeordnete Pflegschaft.
Die bisherigen Vormünder und Pfleger bleiben im Amt. Das Gleiche gilt im Geltungsbereich der preußischen Vormundschaftsordnung vom 5. Juli 1875 für den Familienrath und dessen Mitglieder. Ein Gegenvormund ist zu entlassen, wenn nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein Gegenvormund nicht zu bestellen sein
würde. 1 Artikel 210.
„Die nach den französischen oder den badischen Gesetzen für einen Geistesschwachen angeordnete Bestellung eines Beistandes verliert mit dem Ablaufe von sechs Monaten nach dem Inkrafttreten des Bürger⸗ lichen Gesetzbuchs ihre Wirkung.
„Artikel 211.
In Kraft bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen gewisse Werthpapiere zur Anlegung von Mündelgeld für geeignet erklärt sind. b Artikel 212. .
Für die erbrechtlichen Verhältnisse bleiben, wenn der Erblasser vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs gestorben ist, die bisherigen Gesetze maßgebend. Dies gilt insbesondere auch von den Vorschriften über das erbschaftliche Liquidationsverfahren.
8 Artikel 213.
Die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgte Errichtung oder Aufhebung einer Verfügung von Todeswegen wird nach den bisherigen Gesetzen beurtheilt, auch wenn der Erblasser nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs stirbt.
Das Gleiche gilt für die Bindung des Erblassers bei einem Erb⸗ vertrag oder einem gemeinschaftlichen Testamente, sofern der Erbvertrag oder das Testament vor dem Inkrafttreten des Bürgerrichen Gesetzbuchs errichtet worden ist.
Artikel 214.
Wer vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Fähigskeit zur Errichtung einer Verfügung von Todeswegen erlangt und eine solche Verfügung errichtet hat, behält die Fähigkeit, auch wenn er das nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch erforderliche Alter noch nicht erreicht hat.
Die Vorschriften des § 2204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden auf ein Testament Anwendung, das ein nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs gestorbener Erblasser vor diesem Zeitpunkt
errichtet hat. Artikel 215.
„Die landesgesetzlichen Vorschriften nach welchen Mitglieder ge⸗ wisser ritterschaftlicher Familien bei der Ordnung der Erbfolge in ihren Nachlaß durch das Pflichttheilsrecht nicht beschränkt sind. bleiben in Ansehung derjenigen Familien in Kraft, welchen dieses Recht zur Zeit des Inkrafitretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs zusteht.
Artikel 216.
Die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgte Errichtung eines Erbverzichtsvertrags, sowie die Wirkungen eines solchen Vertrags bestimmen sich nach den bisherigen Gesetzen.
Das Gleiche gilt von einem vor dem Inkrafttreten des Bürger⸗ lichen Gesetzbuchs geschlossenen Vertrage, durch den ein Erbverzichts⸗ vertrag aufgehoben worden ist.
Artikel 217.
Soweit nach den Vorschriften dieses Abschnitts die bisherigen Landesgesetze maßgebend bleiben, können sie nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Geseßbuchs durch Landesgesetz auch geändert werden.
88
3 G Verkehrs⸗Anstalten.
27. Januar. Hamburg⸗Ameri⸗
Hamburg, (W. T. 8'
kanische Packetfahrt⸗Aktien⸗Gesellschaft. Der Postdampfer
„Teutonia“ ist gestern in St. Thomas eingetroffen.
London, 27. Januar. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Pretoria“ ist am Montag auf der Heimreise in Southampton angekommen. Der Uniondampfer „Spartan“ ist am Sonnabend auf der Ausreise von Southampton abgegangen.
Rotterdam, 27 Januar. (W. T. 89 Niederländisch⸗ Amerikanische Dampfschiffahrts ⸗Gesellschaft. Der Dampfer „Spaardam“ ist am Sonntag Nachmittag in New⸗ York angekommen. Der Dampfer „Schiedam“ ist am Sonntag Vormittag in Amsterdam angekommen. ““ G
Sudan,
Die rechtliche Stellung eines vor dem Inkrafttreten des Bürger⸗
Dritte Beilage
ünzeiger und Königlich Preuß
Berlin, Dienstag, den 28. Januar
Literatur. Zur selben Zeit, da Deutsche, Engländer, Franzosen und Italiener
sich wetteifernd mit Erfolg bemühten, den Schleier von den letzten
hischen Geheimnissen des schwarzen Erdtheils zu ziehen, ver⸗ ank ein Gebiet, das seit den Zeiten Herodot'’s und der Pharaonen bekannt war: das obere Nilthal und die angrenzenden Länder des wieder in das geheimnißvollste Dunkel. Wie unter Mohamed und den Khalifen erwies sich der Fanatismus der Be⸗ kenner des Islam als eine furchtbare Macht. Er befähigte die nur mit Lanzen und Schwertern bewaffneten Schaaren der Derwische, die von europäischen Offizieren geführten egypti⸗ schen Heere bis auf den lesten Mann zu vernichten. Wohl drangen die Schreckensbotschaften von den Schlägen, die Egypten und mit ihm England durch den falschen Propheten, den Mahdi, erlitt, nach Europa; aber über die näheren Vorgänge und den merkwürdigen neuen Priesterstaat fehlte bisher der Bericht eines berufenen Augenzeugen. Ein solcher Bericht und damit eine wichtige Geschichtequelle liegt jetzt unter dem Titel „Feuer und Schwert im Sudan. Meine Kämpfe mit den Derwischen, meine Gefangen⸗ schaft und Flucht, 1879 — 1895“ von Rudolph Slatin Pascha, einem ehemaligen österreichischen Offizier, vor, der lange Jahre als egyptischer Gouverneur die Provinz Darfur regierte und später elf Jahre hindurch in der Gefangenschaft des Mahdi schmachten mußte, bis ihm endlich nach wiederholten fruchtlosen Ver⸗ suchen die Flucht unter den größten Gefahren gelang. Seine Erlebnisse sind es, die der Verfasser in frischer Ursprünglichkeit in diesem Werk schildert. Man erfährt zunächst, wie er als Gouver⸗ neur eines von aufrührerischen Stämmen bewohnten Landes Jahre lang alle Schwierigkeiten und Gefahren überwand, bis er schließlich unterlag. In siebenundzwanzig Schlachten und Gefechten kämpfte Slatin wie ein Held; aber auch er wurde, nachdem alle Europaer todt oder gefangen waren, ein Gefangener des Mahdi. Die Schilde⸗ rung jenes folgenschwersten Ereignisses in dem Kriege Egyptens und der Engländer im Sudan: der Eroberung Chartums durch den Mahdi und des Untergangs Gordon Pascha's, des Kommandanten von Chartum, und seiner Armee, liest sich wie ein spannender Roman; wir entnehmen derselben die nachstehenden Mittheilungen über Gordon's Ende. „Es war Anfang Januar (1885), bis zu dessen Ende sich Chartum, wie Gordon geschrieben hatte, zu halten im stande war. Der Tag der Entscheidung rückte immer näher heran. Die Angriffe auf das Fort Omderman nahmen an Keftigkeit zu. Farrag Allah that sein Bestes und wagte sogar trotz der geringen Zahl seiner Leute einen Ausfall, wurde jedoch zurückgeschlagen. Inzwischen waren die Nahrungsmittel in dem Fort ausgegangen, und nun begannen die Unterhandlungen zur Uebergabe. Farrag Allah ascha verständigte Gordon durch den Zeichentelegraphen von seiner Absicht, und dieser, der dem Fort keine Unterstützung gewähren konnte, ertheilte die Erlauhniß zur Kapitulation. Der ganzen Besatzung wurde vom Mahdi volle Verzeihung zugesichert, die Leute hatten außer den Kleidern, die sie am Leibe trugen, keinerlei Vermögen im Fort, da sich fast alle ihre Weiber sammt dem Hauswesen in Chartum befanden. So übergab denn Farrag Allah das Fort Omderman am 15. Januar 1885 den Mahdisten, die dasselbe nach dem Abzug der Besatzung be⸗ setzten; doch die Freude war nur kurz, denn nur wenige Minuten später wurden sie durch die wohlgezielten Schüsse der Krupp'schen Kanonen von Mukran, der gegenüber von Omderman angelegten Batterie, wieder vertrieben. Omderman selbst hatte nur zwei alte Vorderladekanonen, die nicht bis Chartum trugen. Der Mahdi unterließ es, obwohl er den Fall von Chartum hätte beschleunigen können, den Belagerern weitere Verstärkung zu senden; denn er wußte, daß seine um die Stadt versammelten Anhänger zur Bezwingung derselben dann genügten, wenn keine Hilfe von außen kam; darum richteten sich auch 8— Blicke wie diejenigen der Belagerten nach Norden, wo die Ent⸗ scheidung fallen sollte. Gordon Pascha hatte drei Dam pfer unter Chaschem el⸗Mus und Abdel⸗Hamid woled Mohamed nach Metemmeh geschickt, um bei Ankunft der englischen Truppen daselbst einen Theil derselben mit dem schon dringend nöthigen Proviant so rasch als möglich nach Chartum bringen zu können. Mit welcher Sehnsucht mußte er die Rückkehr der Schiffe erwarten, die für ihn die Rettung bedeuteten! Schon seit An⸗ fang des Monats hatte Gordon den Familien der Nichtkombattanten die Erlaubniß gegeben, Chartum zu verlassen; nun wünschte er deren Auszug. Früher widerstrebte es seinem edlen Herzen, die Leute mit Gewalt auszuweisen, und er unterstützte sie noch; täglich vertheilte er Hunderte von Okas Boksomat *) und Getreide unter die dürftigen Armen. Er erwarb sich dafür auf einer Seite Gottes Lohn, schädigte und ver⸗ kürzte aber auf der andern seine streitbare Mannschaft und schnitt sich selbst die Möglichkeit ab auszuhalten. Jetzt schrie alles nach Brot, die Vorräthe waren aber beinahe zu Ende. Hätte Gordon vor zwei Monaten die unnützen Esser aus der Stadt zu weisen artherzigkeit oder hbeh genug besessen, so wären die agazine gefüllt gewesen und die Vorräthe hätten ausgereicht, die Mannschaft bei Kraft zu erhalten. Nun klopfte der Hunger an die Thore. Hatte Gordon so fest geglaubt, daß die Hilfe rasch genug kommen werde, um die bedrängte Stadt zu entsetzen? Hatte er die Möglichkeit einer Verzögerung nicht in Rechnung gezogen oder eine solche bei einer englischen Armee für ausgeschlossen gehalten? — Am sechsten Tag nach der Uebergabe Omdermans erfüllte lautes Wehklagen unser Lager. Seit ich von Darfur gekommen, hatte ich solches Jammern nicht gehört; denn es war gegen die Lehre des Mahdi, über die gefallenen Streiter, die ja zu den himmlischen Freuden eingingen, Trauer zu zeigen. Es mußte also etwas Außerordentliches vorgefallen sein, daß man das Verbot des Mahdi öffentlich zu über⸗ treten wagte. Meine Wächter, selbst neugierig die Ursache des Weh⸗ geschreies zu erfahren, begaben sich auf Kundschaft. Wenige Minuten s hatten wir die Erklärung. Die Vorhut der englischen Armee war mit den vereinigten Mahdisten, Djaltin, Barabara und den zu deren Unterstützung unter Musa woled Helu gesandten Dedjem und Kenana bei Abu Deleh (als Abu Klea bekannt) zusammengestoßen und hatte sie vollkommen geschlagen. Tausende waren gefallen, die Dedjem und Kenana waren vernichtet. Musa woled Helu selbst und fast alle Emire waren gefallen, die wenigen Ueberlebenden verwundet oder auf der Flucht zu uns. Mir hüpfte das Herz vor Freude; nach langen Jahren der erste entschiedene Sieg! Der Mahdi und die Chalisas ließen den Leuten sofort auf das strengste Schweigen gebieten, doch stundenlang hörte man noch das Wehklagen der Weiber und Kinder. Der Chalifa befahl Nur Angerer, sofort mit seinen Truppen abzu⸗ marschieren. Aber was sollte dieser, auch wenn er vom besten Willen beseelt war, der ihm jedoch fehlte, mit seinen wenigen Leuten gegen einen Feind ausrichten, dem so viele Tausende todesmuthiger Fanatiker gänzlich unterlegen waren? Die nächsten Tage brachten die Nachricht von den weitern Siegen der Engläuder bei Abu Kru und Kubbat und von der Errichtung der Verschanzung am Nilflusse nächst Metemmeh. Der Mahdi hielt mit seinen Chalifas und den vornehmsten Emiren Rath; alle seine bis⸗ igen Erfolge standen auf dem Spiel; wurde Chartum entsetzt, wurden die Belagerer zurückgetrieben, so war er über kurz oder lan verloren; es mußte also alles gewagt werden. Der Mahdi erließ den Befehl an die Kommandanten der Belagerungs⸗ truppen, ihre Leute zu sammeln und in steter Bereitschaft zu halten. Warum kamen die Dampfer mit den englischen Entsatztruppen noch
8 Uncejapene, im Backofen vollkommen ausgetrocknetes Brot. — g.
immer nicht? Wußten deren Kommandanten nicht, daß Chartum und das Leben sämmtlicher Bewohner nur noch an einem Haar hing? Vergeblich erwartete ich und Tausende mit mir den schrillen Pfiff der Dampfer und den Donner der Kanonen, die uns die Ankunft der Eng⸗ länder und ihre Vorüberfahrt an den von den Mahdisten aufgeworfenen Schanzen anzeigen mußten. Vergeblich! Die Verzögerung war un⸗ begreiflich. Hatten sich neue Schwierigkeiten in den Weg gestellt? Am 25. Januar 1885 — es war ein Sonntag, der Tag wird mir unvergeßlich bleiben —, als Dunkelheit eingetreten war, setzte der Mahdi mit seinen Chalifas über den Fluß und begab sich zu den versammelten Streitern, um sie durch seine leidenschaftlichen Reden und begeisterten Verheißungen für die Zukunft zum Kampf aufzu⸗ reizen. Schon am Tage war es bekannt geworden, daß man Chartum am folgenden Tag stürmen wolle; ich hoffte, daß Gordon, davon rechtzeitig unterrichtet, seine Vorkehrungen getroffen haben werde. Diesmal war es den Anhängern des Mahdi strengstens untersagt, durch Rufen und Schreien ihrer durch die Reden des Mabdi auf⸗ gestachelten Leidenschaft Ausdruck zu geben, damit die Aufmerksamkeit der Belagerten nicht erregt werde. Nachdem der Mahdi seine Leute immer wieder von neuem ermahnt und gesegnet und ihnen neuer⸗ dings das Versprechen der Treue bis in den Tod abgenommen hatte, setzte er wieder über den Fluß und kehrte vor Tagesanbruch mit seinen Begleitern in das Lager zurück. Nur den Chalifa Scherif ließ er auf dessen dringende Bitte, den heiligen Krieg persönlich mitmachen zu dürfen, jenseits des Flsses zurück. Ich verbrachte die Nacht in fieber⸗ hafter Aufregung. urde der Angriff zurückgeschlagen, so war Chartum auch für die Zukunft gerettet; gelang er, so war alles ver⸗ loren. Vor Abspannung ein wenig eingeschlummert, wurde ich bald durch das Geknatter der Gewebre und die ersten Schüsse der Kanonen aufgeschreckt. Es war das erste Morgengrauen, und nur mit Anstrengung konnte das Auge die Dunkelheit durchdringen. Nach einigen Salven fielen nur noch einzelne Schüsse, dann wurde alles wieder ruhig. Das konnte doch nicht der Angriff auf Chartum sein! Die Sonne stieg empor; was wird sie uns heute bringen? Gespannt und aufgeregt erwartete ich die Nachrichten, die mir meine Wacht⸗ posten bringen sollten. Ich vernahm Jubelrufe und Geschrei; bald kamen meine Wächter zurück und erzählten, Chartum sei erstürmt worden und befinde sich in den Händen der Mahdisten. Ich konnte diese Hiobspost nicht glauben und trat aus meinem Zelte. Eine große Menschenmenge hatte sich vor den Quartieren des Mahdi und seiner Chalifas angesammelt; sie schien sich in Bewegung zu setzen und sich mir zu nähern, und nun sah ich deutlich, daß sie die Rich⸗ tung gegen mein Zelt nahm. Ich konnte jetzt einzelne Personen unterscheiden. Voran schritten drei Negersoldaten, von denen einer — er hieß Schetta und war früher Leibsklave von Achmed Bey Dafallah — ein blutiges Bündel in den Händen trug; hinter ihnen drängte sich die heulende Menge. Die Sklaven traten in meine Seriba, blieben mit grinsender Miene vor mir stehen, Schetta schlug das Tuch auseinander und zeigte mir — das Haupt General Gordon’s! Das Blut scheß mir zu Kopf, mein Athem stockte; mit großer An⸗ strengung behielt ich aber so viel Selbstbeherrschung, rubig in das fahle Antlitz zu sehen. Die blauen Augen waren halb geöffnet, der Mund hatte seine natürliche Form behalten, das Gesicht war ruhig, die Züge nicht verzerrt; das Kopfhaar und der kleine Backen⸗ bart waren beinahe weiß. „Ist das nicht der Ungläubige, dein Onkel?“ fragte Schetta, den Kopf emporhaltend. „Und was weiter?“ antwortete ich ruhig, „jedenfalls ein tapferer Soldat, der auf seinem Posten gefallen ist und ausgelitten hat. Wohl ihm!“ „Du lobst den Ungläubigen noch! Du wirst die Folgen schon erfahren“, murrte Schetta und entfernte sich langsam mit dem schrecklichen Wahrzeichen des Triumphes des Mahdi. Die Menge wälzte sich heulend hinter ihm nach. Ich ging in mein Zelt zurück und warf mich, zum Sterben matt, auf den Boden. Chartum gefallen! Gordon todt! Das also war das Ende des Mannes, der seinen Posten mit solchem Heldenmuth vertheidigt hatte: eines Mannes, der von vielen vielleicht zu hoch emporgehoben und vergöttert, von vielen verkannt und verlästert, durch seine außerordentlichen Eigenschaften die Welt mit seinem Ruhm erfüllt hatte! Was nützte jetzt die siegreiche Avantgarde, was die ganze englische Armee? Den größten Fehier, den man begehen konnte, hatte man begangen; in Metemmeh hatte man die koftbarste Zeit verloren. Am 20. Januar in Kubbat angekommen, am 21. mit den Dampfern vereint, hätte man doch wenigfens eines der Schiffe sogleich mit englischen Soldaten, wenn auch mit noch so wenigen, nach Chartum schicken müssen. Bei dem Anblick des Schiffs wäre der Muth und das Vertrauen der Belagerten zurückgekehrt. Wie die Löwen hätten sie sich gegen ihren Fhn vertheidigt. Gordon hatte seit Monaten der Besatzung und den Einwohnern von Chartum das Eintreffen eines englischen Entsatzheeres versprochen und ließ nichts unversucht, die Stadt zu halten; er stiftete Orden, verlieh Titel und
Würden, schuf neue Stellen, gab Papiergeld aus, that mit einem
Worte alles, um die Leute durch Ehr⸗ und Habsucht zu bewegen, bei ihm auszuhalten. Als aber Chartums Lage täglich gefährlicher wurde, begannen diese Mittel an Kraft zu verlieren. Man bemühte sich nicht mehr um Orden und Stellen, die vielleicht den nächsten Tag nicht überleben würden, man verlangte nicht nach Papierstücken, die morgen werthlos waren! Zunächst spielten einige Spekulanten noch va banque und kauften Paptergeld, das egyptische Pfund für 2 Piaster (40 ₰), die Regierung würde ja doch vielleicht den Sieg davontragen, und dann war ihren Bons die Einlösung gesichert. Bald aber schwand die letzte Hoffnung Man glaubte Gordon's Worten nicht mehr! Wäre nur in letzter Stunde noch ein Dampfer mit der Kunde von der glücklichen Ankunft der Engländer und den errun⸗ 89 Siegen in Chartum angelangt, wären nur einige englische
ffiziere angekommen, Soldaten und Volk hätten den Beweis ge⸗ habt, daß Gordon’s Versprechungen wahr und in Erfüllung gegangen waren, und neuer Muth hätte sie beseelt. Ein paar Offiziere wären vielleicht ausreichend gewesen, die Stadt zu retten, sie hätten die Mängel der Befestigung am Weißen Fluß gesehen und beseitigt. Gordon, ganz allein und ohne die Unterstützung eines einzigen euro⸗ päischen Offiziers, konnte nicht alles sehen, und vieles, was er sah, nicht nach seinem Willen gestalten. Kann ein Mann, der nicht mehr in der Lage ist, seinen Leuten Brot zu geben, denselben noch mit voller Energie Befehle ertheilen, und werden seine Befehle von den Hungernden willig und präzis ausgeführt werden?? — Slatin wurde als die kostbarste Beute der Derwische angesehen und ängstlich gehütet; er mußte als Leibwächter in der nächsten Umgebung des Mahdi und seines Nachfolgers Sklavendienste verrichten. So konnte er die innersten Vorgänge beobachten, die er dann weiter in anziehender Weise schildert. Das im Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig er⸗ schienene, 608 Seiten umfassende Werk (Preis: geh. 9 ℳ, geb. 10 ℳ, auch in 18 wöchentlichen Lieferungen zu 50 ₰ be⸗ ziehbar) ist mit 19 prächtigen Abbildungen und mit einem Porträt in Heliogravüre ausgestattet, das den Verfasser in der ihm von den Mahdisten aufgezwungenen Kleidung zeigt. Ferner enthält es eine ausführliche Karte des Sudan mit den angrenzenden Gebieten von Abessinien und des Congostaats und einen sehr genauen Plan der Hauptstadt des Mahdi. Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich hat die Widmung des Werkes angenommen.
— Geschichte der Kölner Malerschule. 100 Lichtdruck⸗ tafeln mit erklärendem Text, herausgegeben von Ludwig Scheibler und Karl Aldenhoven. (Erste Lieferung.) Lübeck, Verlag von Joh. Nöhring. — Das vorgenannte, in den Publikationen der Gesell⸗
sschen Staats⸗Anzeiger.
1896.
schaft für Rheinische Geschichtskunde erscheinende Werk wird von den Freunden vaterländischer Kunst gewiß mit großem Beifall begrüßt werden: es ist ein schätzbares Denkmal deutscher Kunstforschung. Vor der Arbeit Ludwig Scheibler's über die anonymen Meister der altkölnischen Malerschule (1880) lag die kunstkritische Behandlung dieser Schule noch ziemlich im Argen. F-⸗ theil 2 ⸗ damit zusammen, daß aus der großen Reihe Kölner Maler seit den Tagen der Gothik bis in die Zeit der Renaissance nur drei Künstler: Meister Wilhelm, Stephan Lochner und Barthel Bruyn namentlich überliefert sind. Dem Fleiß und Scharfblick Scheibler's gelang es aber, die zahlreichen Werke der anonymen Kölner Maler nach ihren verschiedenen Stil⸗ eigenthümlichkeiten näher zu klassifizieren, sodaß wir jetzt mit einer rößeren Zahl bestimmter, wenn auch namenloser Kunstpersönlich⸗ eiten rechnen können. Karl Aldenhoven, seit einigen Jahren Leiter des Wallraf⸗Richartz⸗Museums zu Köln, hat das Ver⸗ dienst, die reichen Schätze dieses Museums aus der Kölner Malerschule durch feinsinnige Neueinrichtung der Ausstellungssäle und geschmackvolle Gruppierung der Werke in denselben dem roßen Kreis der Besucher des Museums erst augenfällig gemacht zu E Die vorliegende erste Lieferung enthält 32 vortrefflich aus⸗ geführte Lichtdrucke meist nach Bildern aus dem Kölner Museum, be⸗ ginnend mit einem Flügelaltar aus dem 14. Jahrhundert bis herab zu dem kunstkritisch noch nicht völlig klargestellten jüngeren Barthel Bruyn. Die späteren Lieferungen werden vorwiegend die außerhalb Kölns befindlichen Bilder der Kölner Schule berücksichtigen. Dem Werk werden auch noch ein erklärender Text und eine geschichtliche Dar⸗ stellung der Schule beigegeben werden. Es sind drei Lieferungen, jede zum Pras von 40 ℳ, in Aussicht genommen. Möge diese verdienst⸗ liche Publikation weitgehende Verbreitung finden. 2 — Der Literaturverlag „Minerva“ (Berlin W. 9, Link⸗ straße 23) hat seinen illustrierten Klassiker⸗Ausgaben (Preis pro Heft 30 ) nunmehr auch den ersten Theil von Goethe’s „Faust“ eingereiht. Die Abbildungen sind gefällig und dezent, meistens sogar recht wohl gelungen. Dem ganzen Charakter des Unternehmens gemäß kann und will diese neue illustrierte Ausgabe selbstverständlich mit den älteren und erheblich theureren in keinen Wettkampf treten. Sie ist bei äußerst niedrigem Preise (geschmackvoll gebunden 2 ℳ 50 ₰) für die breiten Schichten des Volks bestimmt, und von diesem Gesichtspunkt aus kann man auch diese neue Publikation des Verlags empfehlen. b — Die beliebte Wochenschrift „Dies Blatt gehört der Hausfrau!⸗(Verlag von Friedrich Schirmer in Berlin; Abonnements⸗ preis vierteljährlich I ℳ 25 9 wird außer dem Spielhagen’'schen Roman „Zum Zeitvertreib“ und dem sozialen Roman von Ortmann „Im Ausstand“ im neuen Quartal noch eine interessante begn, von B. von der Lancken, betitelt „Das neue Geschlecht“, bringen. Im übrigen bleibt das Prinzip des Blatts unverändert; es soll darin „durch Vereinigung des Praktischen mit dem Idealen der thätigen in ihrem Wirken fördernder Beistand geboten, aber auch der inn zu Höherem erhoben werden!“ Auch fernerhin wird die Ab⸗ theilung „Mode und Handarbeiten“ geschmackvolle, jedoch dem spar⸗ samen Haushalt angernft⸗ Vorlagen bringen und namentlich praktische Schnittmuster zur Selbstanfertigung darbieten, 3 8
Handel und Gewerb
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien.
An der Ruhr sind am 27. d. M. gestellt 11 932, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.
— Das „Gewerbeblatt aus Württemberg', welches von der Königlichen Zentralstelle für Gewerbe und Handel in Stuttgart herausgegeben wird, hat in der Nr. 4 des 48. Jahrgangs vom 25. Ja⸗ nuar folgenden Inhalt: Zolltarif. Entscheidungen in Italien. — Ueber altes Glas. — Verschiedene Mittheilungen. — Gewerbliche ꝛc. Rezepte. — Mittheilungen aus dem Vereinsleben. — Literarische Erscheinungen. — Thätigkeit des chemischen Laboratoriums. — Reichs⸗Patente von Erfindern aus Württemberg. — Gebrauchsmuster. — Neue Erwer⸗ 88 “ Bibliothek der Königlichen Zentralstelle für Gewerbe und Handel.
Breslau, 27. Januar. (W. T. B.) Getreide⸗ und Pro⸗ duktenmarkt. Spiritus pr. 100 1 100 % exkl. 50 ℳ Verbrauchs⸗ eh vr. Januar 50,30, do. do. 70 ℳ Verbrauchsabgaben pr. Ja⸗ nuar 30,80.
Magdeburg, 27. Januar. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker exkl., von 92 % 11,95 — 12,10, neue —,—, Kornzucker exkl. 88 % Rendement 11.45 — 11,65, neue 8 Nachprodukte exkl. 75 % Rendement 8,45 — 9,45. Ruhig. Brotraffinade I 24,00. Brotraffinade II 23,75. Gem. Raffinade mit Faß 23,75 — 24,5. Gem. Melis 1 mit Faß 23,25. Stetig. — Rohzucker I. Produkt Trans. f. a. B. Hamburg pr. Januar 11,42 ½ Gd., 11,45 Br., pr. Februar 11,42 ½ Gd., 11,45 Br., pr. März 11,55 Gd., 11,60 Br., pr. April 11,62 ½ Gd. 11,67 ½ Br., pr. Oktober⸗Dezember 10,97 ½ bez., 11,05 Br. Stetig.
Leipnig, 27. Januar. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. Januaxr — ℳ, *
ebruar 3,27 ½ pr. März 3,30 ℳ, pr. April 3,32 ½ ℳ, pr. Mai ,35 ℳ, pr. Juni 3,37 ½ ℳ, pr. Juli 3,37 ½¼ ℳ, pr. August 3,40 ℳ, pr. September 3,40 ℳ, pr. Oktober 3,42 ½ ℳ, pr. November 3,42 ½ ℳ, pr. Dezember 3,42 ½ ℳ Umsatz 65 000 kg. Behauptet.
Bremen, 27. Januar. (W. T. B.) Börsen⸗Schlußbericht. Raffiniertes Potr Aum⸗ (Offizielle Notierung der Bremer E e.) Schwach. Loko 6,00 Br. Russisches Petroleum.
oko 6,05 Br. — Schmalz. Steigend. Wilcox 31 ¾ ₰, Armour shield 31 ¾ ₰, Cudahy 32 ₰, Choice Grocery 32 ½ ₰, White label 33 ₰, Fairbanks 26 ½ 4. — Speck. Höher. Short clear middling loko 28 ₰4. — Reis fest. — Kaffee — Baum⸗ wolle. Williger. Upland middl. loko 43 . — Wolle. Umsatz: 172 Ballen.
„Hamburg, 27. Januar. (W. T. B.) Getreidemarkt. Weizen loko fest, holsteinischer loko neuer 148 — 156. Roggen loko fest, hiesiger —,—, mecklenburger loko neuer 140 —146, russischer loko fest, 87 — 89. Hafer fest. Gerste fest. Rüböl (unverzollt) fest, loko 48. Spiritus still, pr. Januar⸗Februar 17 ⅛, Br., pr. Februar⸗März 17 ½ Br., pr. April⸗Mai 17 ⅞ Br., pr. Mai⸗Juni 17 ½ Br. Kaffee ruhig. Umsatz 1500 Sack. Petroleum matt, Standard white loko 6,10.
Hamburg, 27. Januar. (W. T. B.) Kaffee. (Nachmittags⸗ bericht.) Good average Santos pr. Januar 69, pr. März 67 ¾, pr. Mai 66 ½. pr. September 62 ½, pr. Oktober 60 ½, pr. 84 59 ¾. Behauptet. — Zuckermarkt. “ ben⸗Rohzucker 1. Produkt Basis 88 % Rendement neue Usance, frei an Bord Hambur pr. Januar 11,55, pr. März 11,57 ½, per ai 11,72 ½, pr. Augu 11,92 ½, per Oktober 11,00, per Dezember 11,02 ½. Stetig.
rag, 27. Januar. (W. T. B.) Die Papierfabrik von Kubek in Bubentsch ist niedergebrannt. Sämmtliche etnen und Vorräthe, sowie der größte Theil des Gebäudes sind zerstört.
London, 27. Januar. (W. T. B.) Wollauktion. Tendenz fest, 8, behauptet.
i der Küste 1 Weizenladung angeboten. 8“
96 % Javazucker 13 ⅞ ruhig, stetig, Rüben⸗Rohzucker
loko 11 ⁄6 ruhig. — Chile⸗Kupfer 42 ⁄16, pr. 3 Monat 4111⁄G/16.
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