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Mecklenburg⸗Schwerin. 8
Das Befinden Seiner Königlichen Hoheit des Groß⸗ Lerzogs zeigt, nach einem den „Mecklb. Nachr.“ ugegangenen legramm aus Cannes von gestern, in letzter Zeit eine leichte Wendung zum Besseren. Nachdem die Anwandlungen von Schwächegefühl seit etwa acht Tagen nachgelassen haben, treten auch die Anfälle von nervösem Asthma seit drei Tagen in leichterer Form auf; die Kräfte steigen langsam, jedoch hat Seine Königliche Hoheit das Bett noch nicht verlassen.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. 8
Seine Majestät der Kaiser hat dem Staats⸗Minister Dr. Freiherrn von Groß, der gestern die Feier seines 50 jährigen Dienstjubiläums beging, Allerhöchstsein Porträt mit eigenhändiger Unterschrift übersandt. Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin widmeten dem Jubilar eine Marmorbüste des Großherzogs, Ihre König⸗ liche Hoheit die Erbgroßherzogin das Bildniß des ver⸗ storbenen Erbgroßherzogs. Der Großherzog sprach dem Minister persönlich seine Glückwünsche aus. Zahlreiche Ab⸗ ordnungen überreichten kostbare Gaben, Adressen ꝛc. Abends fand dem Jubilar zu Ehren ein Festmahl statt
Die Beisetzung weiland Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin wird, der „Oldenb. Ztg.“ zufolge, voraus⸗ sichtlich am Freitag stattfinden. Durch einen Erlaß des Staats⸗ Ministeriums sind alle öffentlichen Lustbarkeiten bis zum Tage nach den Beisetzungsfeierlichkeiten untersagt worden.
Braunschweig.
Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des H. ums Braunschweig, hat sich in der vergangenen Nacht nach England begeben, um Seine Majestät den Kaiser hei der feierlichen Beisetzung der Leiche des Prinzen Heinrich von Battenberg zu vertreten.
Oesterreich⸗Ungarn.
Die österreichischen Minister Graf Badeni, Dr. von Bilinski und Freiherr Glanz von Eicha sowie die ungari⸗ schen Ressort⸗Minister haben gestern in Budapest bei dem ungarischen Minister⸗Präsidenten Baron Banffy die Aus⸗
leichsverhandlungen wieder aufgenommen. Dem „W. 8. B.“ zufolge wurde von beiden Regierungen eine identische Note an die üeser e. b ng Bank gerichtet, worin der⸗ selben der Standpunkt der beiden Regierungen in Betreff der Bankfragen bekannt gegeben wird; diese Note trägt den un⸗ garischen Wünschen und Ansprüchen auf Parität volle Rech⸗ nung. Die Bankfrage ist vollständig gesichert; die noch im Umlauf ungedeckten Staatsnoten über 112 Millionen Gulden sollen binnen zwei Jahren eingezogen werden. Die Berathungen werden heute fortgesetzt werden; es treffen dazu noch die österreichischen Minister Graf Ledebur und Freiherr von Guttenberg ein.
Im niederösterreichischen Landtage kündigte gestern der Statthalter Graf Kielmansegg namens der
egierung an, daß beim Wiederzusammentritt des Reichs⸗ raths ein Gesetzentwurf werde vorgelegt werden, be⸗ treffend die berufsgenossenschaftliche Organisation der Land⸗ wirthe unter Berücksichtigung der Besonderheiten der ein⸗ zelnen Kronländer; in dem Gesetzentwurf werde der autono⸗ mistische Standpunkt eine stärkere Betonung erfahren. Der Landtag nahm die Regierungsvorlage, betreffend Ab⸗ änderung des Programms für die finanzielle Sicherstellung der Ausfüͤhrung der Wiener Verkehrsanlagen, einstimmig an, nachdem der Berichterstatter Dr. Lueger der Regierung und der Verkehrskommission für die Vorlage, welche die Bevölke⸗ rung entlaste, gedankt und der Abg. Czedik die Verdienste des Statthalters Grafen Kielmansegg um die Stadt Wien hervorgehoben hatte.
Der galizische Landtag hat gestern einen Antrag des Sonder⸗Ausschusses für die Auswanderungsfrage an⸗ genommen, wonach eine Resolution gefaßt werden soll, in welcher der Landesausschuß aufgefordert wird, auch fernerhin die Auswanderungs⸗Bewegung im Lande zu beaufsichtigen und im Einvernehmen mit der Regierung für möglichst energische Abwehr des Einflusses schädlicher Faktoren zu sorgen. Ferner wird in der Resolution die Re⸗ gierung aufgefordert, die Auswanderungs⸗Agenten streng zu beaufsichtigen, die vorkommenden Mißbräuche strengstens zu ahnden und eine Novelle zum Strafgesetz einzubringen, durch welche die unberechtigte Vermittelung und die Ermunterung zur Auswanderung verhindert wird. Der Vertreter der Reägie⸗ rung betonte, daß die Behörden bei der Ausfertigung von Reisepässen für Auswanderer ganz vorschriftsmäßig verführen, und daß die Regierung bestrebt sei, den schädlichen Einflüssen
der Auswanderungs⸗Agenten entgegenzuwirken.
Großbritannien und Irland.
Der Kreuzer „Blenheim“ ist mit der Leiche des Prinzen Heinrich von Battenberg in Plymouth eingetroffen.
Frankreich.
In der gestrigen Sifung der Deputirtenkammer richtete der Abg. Dussaussoy eine Anfrage an den Ackerbau⸗ Minister Viger über die Einfuhr fremden Viehs und klagte darüber, daß deutsche, ungarische und amerikanische Hammel den französischen Markt überschwemmten. Der Minister Viger ührte in seiner Antwort aus: er werde darüber wachen, daß die hierauf bezüglichen ministeriellen Verfügungen in strenger Weise zur Anwendung kämen, be⸗ sonders diejenigen, nach welchen die Importeure ge⸗ 78 seien, die Hammel geviertheilt mit daran hängendem Zeschlinge über die Grenze zu bringen. Die Kammer nahm hierauf, nachdem die Dringlichkeit dafür erklärt worden war, ohne Debatte das Grenz⸗ und Handelsabkommen mit China an, welches im Juni vorigen Jahres in Peking unterzeichnet worden ist. Alsdann wurde der Bericht über den Antrag der sozialistischen Deputirten erörtert, wonach der e Arbeits⸗Minister Raynal, welcher die Eisenbahn⸗Konventionen abgeschlossen hat, unter Anklage gestellt werden sollte. Dieser Bericht stellt fest, daß mit den Abkommen ein nützliches Werk geschaffen sei und weist die Erhebung der Anklage zurück. Der Deputirte Berry 8,2 fand den Bericht unvollständig. Der sozialistische
eputirte Rouanet behauptete, die Kommission 1
vornherein die Absicht gehabt, Raynal zu rechtfertigen, und griff in seinen weiteren Ausführungen die Abkommen leb⸗ haft an. Die Debatte wird heute fortgesetzt werden
Spanien. Nach einer Meldung des „W. T. B.“ erklärte der Marschall Martinez Campos in La Corusia: Es sei dringend nothwendig, den Feldzug in Cuba durch alle möglichen Mittel n beendigen, selbst, wenn dieses nothwendig sein sollte; urch das Zugeständniß der Autonomie; die Ferfeeelen der Kolonie, fügte der Marschall hinzu, seien erschöpft. — Die in E 8 vestee venn cns eFthehch elche einen für den Marschall Martinez Campos beleidigenden Inhalt hatten. 8 . Serbien. 88
Die Skupschtina hat den Antrag der Regierung an⸗ genommen: sie zu ermächtigen, bei temporären Ausfuhr⸗ verboten für die Ausfuhr von Schweinen außerordentliche Erleichterungen im Verordnungswege zu gewähren, und so⸗ dann in der Generaldebatte das Budget genehmigt. Dasselbe schließt in den Einnahmen mit 63 659 720 Dinar und in den Ausgaben mit 63 356 906 Dinar ab. Mit diesem Budget werden gegenüber demjenigen vom Jahre 1894 9 ½ Millionen
Spezialdebatte angenommen.
Bulgarien
In der Sobranje verlas, wie „W. T. B.“ aus Sofia erfährt, der Minister⸗Präͤsibent Stoilow heute eine Prokla⸗ mation, worin die Schwierigkeiten hervorgehoben werden, welche sich dem Uebertritt des Prinzen Boris entgegenstellten. Trotzdem werde der Uebertritt des Prinzen zur orthodoxen Kirche am 14. Februar erfolgen. Die Proklamation wurde mit Jubel begrüßt.
Schweden und Norwegen. Deas norwegische Storthing wurde gestern in Chri⸗ stiania eröffnet. In der dabei verlesenen Thronrede wird die Hoffnung ausgesprochen, daß, wie die beiden Reiche sich bisher volle Freihet des Handelns gewahrt hätten, ohne irgendwie fremde Mächte zu ersuchen, während eventueller Streitigkeiten und Verwickelungen Hilfe zu leisten, es den Vertretern des Landes auchkünftig vergönnt sein werde, eine solche völlig unabhängige Haltung einzunehmen. Es sei ferner zu hoffen, daß das Unions⸗Comité, welches zusammengetreten sei, eine Uebereinkunft zum dauernden Glück der beiden Völker anbahnen werde. Afrika.
Die „Agenzia Stefani“ berichtet aus Massowah, Ras Makonen habe aus dem Lager von Farasmai die als Geiseln zurückbehaltenen italienischen Offiziere frei⸗ 8 en; dieselben seien in ausgezeichnetem Zustande gestern
bend im italienischen Lager angekommen.
Parlamentarische Nachrichten.
11“ “
Der Bericht über die gestrige Sitzung des Reichs⸗ tags und der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
— In der heutigen (31.) Sitzung des Hesteh e. welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher, der Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Nieberding und zahlreiche Kommissare beiwohnten, wurde die erste Berathung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs fortgesetzte Das Wort erhielt zuerst der
Abg. Dr. von Dziembowski⸗Pomian (Pole): Wenn man an die Kritik der Vorlage herantritt, so muß man fragen, ob die Kom⸗ mission etwas Neues geschaffen hat; die Kommission hätte sich von allen partikularrechtlichen Strömungen frei machen müssen. Es entsteht die weitere Frage, ob die Umwandlung des bürgerlichen Rechts nicht die wirthschaftlichen Verhältnisse stört. Für den Anfang würde das sicher der Fall sein; es wird eine gewics Rechtsunsicherheit Platz greifen bei dem Volke und bei den Juristen. Ich muß das Gesetzbuch einer kurzen Prüfung unter⸗ ziehen nach der Richtung, ob es in politischer, juristisch⸗technischer oder religiöser Beziehung den Ansprüchen genügt, welche man an ein solches großes Werk stellen muß. Ich glaube, daß die Vorlage sich nicht unbeeinflußt gehalten hat von politischen Tendenzen, indem sie z. B. die Ansiedlungs⸗ gesetzgebung ausschließt und damit für die polnischen Bauern eine Ausnahme schafft bezüglich der Erwerbung des Eigenthums. Für eine solche Ausnahme müssen ganz andere Gründe sprechen, es müßte das Reich wirklich in Gefahr schweben. Mängel in politischer Beziehung zeigen sich auch bei dem Abschnitt von den juristischen Personen. Die Vereine, welche Politik und Sozialpolitik treiben, sollen keine juristische Persönlichkeit erhalten. Die Regelung des Vereinsrechts, wie sie der Entwurf bringt, paßt nicht für einen Rechtsstaat, sondern für einen Polizeistaat. Dem freien Ermessen des Richters ist zu viel Spielraum gelassen, die Richter selbst werden dadurch in eine sehr mißliche Lage kommen, so lange die “ und die Judikatur nicht vorgearbeitet haben. Auch dem Partikularrecht ist zu viel Raum gelassen. In religiöser Beziehung schließe ich mich den Ausführungen des Abg. Rintelen an. Wenn die Zivilehe aufrecht erhalten wird, dann entstehen Schwierigkeiten mit den Nachbarstaaten; denn Rußland erkennt z. B. eine vor dem Standesamt geschlossene Ehe nicht als eine vollgültige an. Redner schließt mit der Hoffnung, daß es gelingen werde, das Werk zu einem förderlichen Abschluß zu bringen.
Bei Schluß des Blattes spricht der Abg. Kauffmann.
— In der heutigen (12. Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammerstein beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Staatshaushalts⸗Etats für 1896,97, und zwar des Etats der landwirthschaftlichen Ver⸗ waltung, beim Kapitel: „Landwirthschaftliche Lehr⸗ anstalten“ fortgesetzt.
Abg. Dünkelberg (nl.): Die preußischen Ackerbauschulen litten früher an einer zu geringen Schülerzahl, weil die Arbeit auf dem Felde diesen zu wenig Zeit ließ. Erst als durch das Dotationsgesetz das kandwirthschaftliche Unterrichtswesen auf die Provinzen überging, trat eine Besserung ein durch die Gründung der landwirthschaftlichen Winterschulen. Namentlich der Erfol dieser Schulen im Rheinland zeigt, daß dieselben in bäuerlichen Kreisen immer mehr Anklang finden. Die erste solcher Schulen in Wiesbaden wurde leider, nachdem
e an Preußen übergegangen war, 1876 aufgelöst, was sich als ein chwerer Mißgriff erwies. In Hannover sind die landwirthschaftlichen Mittelschulen hauptsächlich nur Realschulen und haben nur einen ewissen landwirthschaftlichen Anhang; nur 58 % der Schüler sc Landwirthe, die anderen 42 % gehören anderen Berufs⸗ tänden an. Die Kommunen, in welchen solche Schulen
abe von
liegen, haben mehr nteresse an Realanstalten, als an
erspart. Das Einnahmebudget wurde darauf auch in der
reinen landwirthschaftlichen Anstalten. Beide Gebiete müßten von einander getrennt werden; die landwirthschaftlichen Schulen allein könnten sehr gut bestehen und würden ie. der Landwirthschaft mehr nützen als die jetzige Einrschtung. An der Landwirthschaftlichen Akademie in Poppelsdorf besteht ein Mißstand, auf welchen ich den Minister aufmerksam machen möchte. Die Lehrer dieser Anstalt sind in Bezug auf den Wohnungegeldzuschuß ungerecht beschränkt; sie müßten in eine höhere Servisklasse eingestellt werden, um ihre berech⸗ tigt en Klagen ein für alle Mal zu beseitigen, 1
Abg. von S (kons.) Die Nothwendigkeit, den Landwirthen mehr theoretische Kenntnisse zu verschaffen, zeigt sich immer mehr. Dazu ist das geeignetste Mittel, zwischen den Winter⸗ schulen und der Akademie die landwirthschaftlichen Mittelschulen ein⸗ zuschieben. Die Vorwürfe des Vorredners gegen diese Schulen sind ja in gewissem Sinne berechtigt, aber sie liegen in der Natur der Sache. Vielleicht wäre eine gemeinsame Vorschule und eine Trennung der verschiedenen Fächer in den oberen Klassen angebracht. Schon in der Tertia wird sich übersehen lassen, zu welchem Berufsstande der Schüler eine besondere Neigung hat. Es darf bei diesen Schulen eben nicht darauf gesehen werden, daß der Schüler nur das einjährige Zeugniß ersitzt, es muß die technische Vorbildung für den Beruf berücksichtigt werden. Ich kann nur empfehlen, die bisherige Dreitheilung in den landwirthschaftlichen Unterrichtsanstalten beizubehalten und die Mittel⸗ schulen in der angegebenen Weise zu formieren. Die Winterschulen sollten reine Kreisanstalten sein, die Mittelschulen Anstalten der be⸗ treffenden Kommunen und der interessierten Kreise und die Akademien reine Staatsanstalten.
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Thiel legte dar, daß die Aufgabe der Schule in Wiesbaden nicht aus einer Abneigung gegen Winterschulen überhaupt erfolgt sei. Die Vorwürfe gegen die Mittel⸗ schulen sind nicht gerechtfertigt, sie haben nicht den Zweck, lediglich die Erwerbung des einjährigen Zeugnisses zu erleichtern. Die landwirthschaftlichen Mittelschulen haben sich nicht auf Veran⸗ lassung des Staats, sondern der Interessenten entwickelt, und es wurde aus den Interessentenkreisen das Streben so mächtig, die Er⸗ werbung des einjährigen Zeugnisses auf diesen Schulen erreichen zu können. Deshalb mußte auch auf die allgemeinen Kenntnisse Röcfsicht genommen werden. Der landwirthschaftliche Unterricht wird dadurch nicht benachtheiligt. Eine Trennung der Examina so, daß das Examen in Sprachen und allgemeiner Bildung in der Sekunda, das Examen in der Landwirthschaft in Prima stattfindet, hat sich nicht als thunlich erwiesen. Wir wollen vermeiden, daß ein großer Theil unserer Landwirthe wohl eine allgemeine Ausbildung, aber keine genügende Fachbildung erhält. Der Wohnungsgeldzuschuß in Poppelsdorf ist allerdings nicht genügend, und wir sind seit Jahren auf eine Abhilfe bedacht, aber der Finanz⸗Minister kann nicht diese einzelne Gemeinde in eine höhere Servisklasse bringen. Solche Miß⸗ stände bestehen auch an anderen Orten.
Abg. von Mendel⸗Steinfels (kons.): Zu wenig Werth hat man bisher auf den Unterricht in der Handelswissenschaft und Handels⸗ kunde gelegt. Je mehr die Landwirthschaft in die Geldwirthschaft hineingetrieben wird, um so mehr muß der Landwirth auch Kaufmann sein. Ich bin selbst Lehrer der Handelswissenschaft an der Universität Halle und sehe, wie interessant diese Vorlesungen unseren jungen Landwirthen sind. An den landwirthschaftlichen höheren Lehranstalten müssen auch für diesen Zweig der Wissenschaft Lehrkräfte angestellt werden; geeignet wären dazu aber nur Männer, welche selbst praktische Landwirthe sind und auch den Handelsverkehr kennen.
„Miinister für Landwirthschaft ꝛc. von Hammerstein er⸗ klärte sich bereit, diesen Wunsch in Erwägung zu ziehen.
Abg. Barthold (fr. kons.) bedauerte, daß die Verhältnisse der Lehrer an den landwirthschaftlichen Mittelschulen noch nicht geregelt sind. Zur Versorgung der Relikten dieser bn werfe der Etat nur 1200 ℳ aus, es müßten auch die Kommunen zu Bei⸗ trägen hierfür herangezogen werden. Ohne Regelung der Lehrerverhältnisse müßten diese Schulen zurückgehen. Ferner meinte Redner, daß die Fortbildungsschulen auf dem Lande nicht nur keinen Vortheil, sondern Nachtheil gebracht haben; die dafür verwendeten Staatsmittel sollte man lieber den landwirthschaftlichen Winterschulen zuwenden. Die Wanderlehrer unterrichten den ganzen Winter hindurch an den Winterschulen und behalten nur im Sommer Zeit, auf das Land zu gehen. Man sollte deshalb die Zahl der Wanderlehrer vermehren.
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Thiel: Es ist noch nicht ge⸗ lungen, den Normal⸗Etat überall einzuführen; es wird aber fort⸗ Flesh daran gearbeitet, die Verhältnisse dieser Lehrer zu regeln. Das
ortbildungsschalwesen auf dem Lande hat sich im Westen sehr gut ent⸗ wickelt, im Osten nicht; vielleicht liegt dies daran, daß man sich auf eine einseitige Wiederholung des Elementarunterrichts beschränkt hat. Der Unterricht so jetzt praktischer gemacht werden und Kuratorien für die einzelne Schule eingesetzt werden. Es ist außerordentlich wichtig, daß die jungen Leute noch nach dem Verlassen der Schule in der Fortbildungsschule festgehalten werden, wo sie einer gewissen Disziplin unterliegen.
85 Langerhans (fr. Vp.): Es giebt eine große Menge von jungen Leuten, für welche die landwirthschaftlichen Winterschulen nicht geeignet sind, aber die Fhersbtpeicescsehen ein großer Segen sind. Die Verbindung des Fachunterrichts mit der Fortbildungsschule ist ja schwierig, aber ohne diesen hat die Schule viel weniger Werth. „Abg. Glattfelter (Zentr.) war der Ansicht, daß die Fort⸗ bildungsschulen auf dem Lande nur Nutzen schaffen.
Das Kapitel wurde beyillligt.
Bei den Ausgaben für das Veterinärwesen besprach
Abg. Graf von Hoensbroech (Zentr.) die obligatorische Trichinenschau auf dem Lande, die durch Polizeiverfügungen dgatorlce sei und mit der jetzt auch der Westen beglückt sei. In seinem Kreise Geldern erfordere die Trichinenschau jährlich 23 000 ℳ an Gebühren, in den Regierungsbezirken Düsseldorf und Köln 400 000 ℳ; praktische . von Trichinose hätten diese Maßregel dort nicht veranlaßt, sch Summen werden also ausgegeben, um keine Trichine zu finden, und im ganzen Staat werde sich diese Steuer wohl auf Millionen be⸗ laufen. Trichinenverdächtig sei nur das eingeführte amerikanische Schweinefleisch; in 50 Fällen, wo Trichinose festgestellt werde, betreffen 49 das amerikanische Fleisch. Man sollte das eingeführte Fleisch aufs schärfste kontrolieren, unserer Landwirthschaft aber die Steuer der Trichinenschau abnehmen. Die Gefahr sei für die Menschen außer⸗ ordentlich gering. Die Regierung begründe ihre Verfügung besonders mit dem Vorkommen von Finnen. Es entspreche zwar nicht dem An⸗ sehen dieses Hauses, den Bandwurm in die Debatte zu ziehen; aber dieses kleine Uebel des Bandwurms entspreche nicht der Aufwendung von Hunderttausenden für die Untersuchung der Schweine; vorkommenden Falls kaufe man sich lieber in der Apotheke extractum filicis und warte mit Geduld den natürlichen Verlauf der Dinge ab. Um den Konsumenten vor einer ganz eringen Gefahr zu schützen, ziehe man den Bauern das Geld aus der Lasche “
(Schluß des Blattes.)
Entscheidungen des Reichsgerichts. “
Nach § 43 der Zivilprozeßordnung kann eine Partei BSr Richter wegen Bee po se he der Befangenheit nicht mehr ab⸗ e
lehnen, wenn sie bei demselben, ohne den ihr bekannten Ablehnungs⸗ Fen geltend zu machen, in eine Verhandlung 8 eingelassen oder Anträge gestellt hat. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, V. Zivilsenat, durch Beschluß vom 9. November 1895 ausgesprochen, daß nur die Stellung solcher Anträge, welche den Ausdruck eines Vertrauens in die Unbefangenheit des Richters und demgemäß einen stillschweigenden Verzicht auf das Ablehnung
recht enthalten, das Ablehnungsrecht aufhebt. „Prüft man darauf hin den in Betracht kommenden Vorgang vom 25. Juni 1895, so hat damals allerdings der prozeßbevollmächtigte Anwalt der Beschwerdeführer
einen „Antrag“ gestellt, indem er im Verein mit dem Anwalt der 1
Klägerin und den beiden Anwalten der anderen Beklagten die An⸗ heraumung eines neuen Termins ‚beantragt“ hat, wie es im Termins⸗ protokoll eißt. Aber in der Beschwerde wird mit Recht hervor⸗ ehoben, daß dieser Antrag nichts weiter darstelle, als die Verlaut⸗ barung der nach § 205 Abs. 1 Z.⸗Pr.⸗O. zulässigen Vereinbarung der arteien über die Aufhebung des Termins vom 25. Juni, die keiner weiteren richterlichen Kognition unterliege, und daß die An⸗ heraumung eines neuen Termins lediglich eine rein formale Thätigkeit des Vorsitzenden darstelle. Ein Antrag bei dem Gericht, der eine Unterwerfung unter die Entscheidung des Gerichts und damit den Ausdruck eines Vertrauens in die dasselbe bildenden Richter enthielte, ist gar nicht gestellt worden. Das Gericht hatte weder über die der freien 1“ der Parteien unterliegende Aufhebung des Termins vom 25. Juni (§ 205 Abs. 1 Zivilprozeß⸗ ordnung) noch über die dem Vorsitzenden obliegende Anberaumung eines neuen Termins (§ 193 Abs. 2) zu befinden. Dadurch unter⸗ scheidet sich der vorliegende Fall von dem Fall eines von einer Partei ausgehenden, beim Gericht zu stellenden und von diesem zu entscheidenden Vertagungsantrags, den die Mehrheit der zivilprozessua⸗ lischen Schriftsteller als Verzicht auf den Ablehnungsantrag im Sinne des § 43 der Zivilprozeßordnung auffaßt“. (125/95.)
— Die vom Käufer zu tragende Transportgefahr einer von einem andern Ort übersendeten Waare erstreckt sich, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Zivilsenats, vom 16. November 1895, nur auf die Beschädigung, welche die bei der Absendung vertragsmäßig beschaffene Waare beim Transport und infolge desselbein erleidet, nicht aber auf diejenige Verschlechterung, welche zwar infolge des Transports zur äußeren Erscheinung kommt, aber ihren Grund in der vertragswidrigen Beschaffenheit zur Zeit der Absendung hat. „Steht fest, daß die Gerste bei der Ankunft mit Geruch behaftet war, wird von berufenen Sachverständigen begutachtet, daß dieser Mangel auf die innere Beschaffenheit der Gerste bei der Absendung zurückzuführen ist, wenn während des Transports keine äußeren schädlichen Einflüsse auf dieselbe eingewirkt haben; wird endlich dargethan, daß es an jedem Anhalt für derartige schädliche Einflüsse während des Transports fehlt: so wird dadurch ein so hoher, der Gewißheit nahe kommender Grad von Wahrscheinlich⸗ keit für die mangelhafte Beschaffenheit der Gerste bei der Absendung hergestellt, daß die gegentheilige Ueberzeugung auf das bloße äußere Ansehen derselben nicht gegründet werden kann.“ (229/95.)
Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Nach § 22 des Gewerbesteuergesetzes vom 24. Juni 1891 sind
bei Ausmittelung des Ertrages nicht abzugsfähig Zinsen für Schulden, welche behufs Anlage oder Erweiterung des Geschäfts, Verstärkung des Betriebskapitals oder zu sonstigen Verbesserungen aufgenommen sind. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Ober⸗ Verwaltungsgericht, VI. Senat, 1. Kammer, durch Entscheidung vom 18. April 1895 ausgesprochen, daß unter diesen aufgenommenen Schulden regelmäßig auch die bei Begründung des Gewerbes in Anrechnung auf den Kaufpreis übernommenen Hypotheken, welche auf den über⸗ nommenen gewerblichen Immobilien des Zensiten haften, zu verstehen sind. „Es kann zugegeben werden, daß unter besonderen Umständen Hypotheken laufende und deshalb abzugsfähige Geschäftsschulden (Art. 16 IV. 1 der Ausführungsanweisung zum Gewerbesteuergesetz) darstellen. Aber die Regel ist dies nicht; vielmehr spricht die Vermuthung gegen
den Charakter der Hypotheken als laufende Geschäftsschulden, und es.
wäre deshalb Sache der Beschwerdeführerin (Zensitin) gewesen, die besonderen Umstände darzulegen, welche, in Abweichung von der Regel, ibre Hypotheken als laufende Geschäftsschulden erscheinen lassen.“ (Reg. VI. G. 66/95.)
— Nach § 66 des Zuständigkeitsgesetzes vom 1. August 1883 findet gegen die Anordnungen der für die Wahrnehmung der Wasser⸗ polizei zuständigen Behörde wegen Räumung von Gräben, Bächen und Wasserläufen als Rechtsmittel der Einspruch an die Wasserpolizeibehörde statt, und gegen den Beschluß der Be⸗ hörde aeg. die Klage im Verwaltungsstreitverfahren statt. Der letzte Absatz des § 66 lautet: „Auf Gräben, Bäche und Wasser⸗ läufe im Bezirke eines Deichverbandes finden die vor⸗ stehenden Bestimmungen keine Anwendung.“ In Bezug auf diesen letzten Absatz hat das Ober⸗Verwaltungsgericht, III. Senat, durch Urtheil vom 28. Oktober 1895 ausgesprochen, daß Räumungsanordnungen der ordentlichen Wasserpolizei⸗ behörde dem Verfahren nach Maßgabe des § 66 auch dann unter⸗ liegen, wenn sie solche Gräben, Bäche und Wasserläufe betreffen, die im örtlichen Bezirk eines Deichverbandes gelegen sind; nur Räumungs⸗ anordnungen, welche nicht von der ordentlichen Wasserpolizeibehörde erlassen sind, sind auch nicht einem Angriff auf Grund des § 66 des Zuständigkeits 1e. unterworfen. „Räumungsanordnungen der ordentlichen Wasserpolizeibehörde können immer nur auf dem im § 66 vorgezeichneten Wege angefochten werden, auch wenn sie sich auf Gräben u. s. w. beziehen, welche im Bezirk eines Deichverbandes ge⸗ legen sind; insbesondere gilt dies auch für den Fall, daß die Zu⸗ ständigkeit derselben zum Erlaß der Räumungsanordnung desbalb be⸗ stritten wird, weil hierzu angeblich eine andere Behörde (Deichbehörde u. s. w.) ausschließlich berufen sein soll.“ (III. 1335.)
— Eine Ortsgemeinde, von welcher ein Weg durch eine Nachbargemeinde nach einem dritten Ort führt, ist, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, IV. Senats, vom 11. Dezember 1895, nicht legitimiert, gegen die Nachbargemeinde im Verwaltungs⸗ streitverfahren zu klagen, daß diese den Weg als einen öffent⸗ lichen anerkenne und 5 zu den ö dieses Weges für den durch ihr Gebiet führenden Theil entsprechend bei⸗ steuere; vielmehr ist dies Sache der zuständigen Pel e
Wie der Schutz des Bestandes der öffentlichen Wege lediglich der
Polizeibehörde anvertraut ist, so kann auch nur im Streitverfahren
mit dieser und gegen ihr diesen Schutz bezweckendes Einschreiten die rage, ob ein Weg ein öffentlicher und als solcher zu unterhalten ist, m Gegenstand der Entscheidung gemacht werden.“ (IV. 1755.)
Zur Arbeiterbewegung. In Stettin fand gestern eine Versammlung von Schneidern
und Schneiderinnen statt, in welcher, wie die „Ostsee⸗Zeitung“
berichtet, beschlossen wurde, in den allgemeinen Ausstand einzutreten. ei der Abstimmung wurden von den etwa 2500 anwesenden Personen 620 gültige Stimmzettel abgegeben, davon lauteten 609 für und 11 — den Ausstand. Die anwesenden Schneiderinnen hatten sich, wie estgestellt wurde, überhaupt der Stimmabgabe enthalten. In Lemberg ist, wie „W. T. B.“ meldet, ein Setzerausstand ausgebrochen. Die Zeitungen erscheinen in verkleinertem Format.
8 Kunst und Wissenschaft.
1 Seiner Majestät dem Kaiser wurdebei der Geburtstags⸗ parole die neueste Erwerbung des Königlichen Zeug⸗ hauses vorgeführt, die seitdem im Lichthof ausgestellt g. ist eine sogenannte „goldene Kanone“, ein Stüͤck, wie es keines der großen europäischen Waffenmuseen besitzt. Nur in Hamburg, wo die Kanone erworben, ist ein ganz gleiches zweites Stuͤck verblieben. 3 Die äußere Erscheinung des Geschützes ist so schön und fein, wie es bei einem Waffenstück dieser Art sonst nicht an⸗ getroffen wird. Das schlanke, fast 3 m lange Rohr glänzt in
starker Feuervergoldung. Es zeigt neben profilierten Leisten und Ringen drei ausgehobene und ziselierte Blätterfriese, zwei aus nackten ee. an gebildete Henkel und als Boden⸗ stück einen Elephantenkopf. Die Henkel sind durch die Größe und Freiheit der Auffassung wie der Ausführung selbständige Kunstwerke von höchstem Werthe.
Von gleicher, wieder ganz eigener Schönheit ist die Lafette, deren eichener Holzkern mit röthlich schimmerndem Birnbaum⸗ holz fourniert ist. Darauf sitzen Beschläge, Pfanndeckel Bolzen und Rosetten von lichtem Eisen, durchaus mit herrlich
eätzten Blumenornamenten überzogen. Durch Ausfüllung es Aetzgrundes mit einer schwarzen Masse treten die weißen Blumen leuchtend hervor. Zweimal findet sich im Ornament die noch unerklärte Marke des Aetzers: H. R. M. 1643. Merkwürdiger noch, weil einzig in ihrer Art, ist die Rohrkonstruktion. In keinem Handbuch ist sie beschrieben, nirgends ist etwas Aehnliches zu sehen: ein Kupferrohr von 65 mm Seelendurchmesser und aus je einem inneren und äußeren Mantel bestehend; als Füllung ein Zylinder aus Kiefernholz, der seinerseits der Dichtung wegen mit Leder umgeben ist. Im Rohrboden sindet sich eine Zentralzündung, die durch den Elephantenkopf ver⸗
schlossen wird.
Die Arbeit ist auch vom kunstgewerblichen Standpunkt ein Vorbild ohne Gleichen, und gerade darauf möge besonders hingewiesen werden. Denn die Verzierung von Waffen wird von den heutigen Kunsthandwerkern bezw. von den kunst⸗ bbe Lehranstalten nicht genügend beachtet. Vor⸗
ilder zum Nachmachen geben diese veralteten
Konstruktionen freilich nicht, und wo affen kopiert werden, kommt es zu Geschmacklosigkeiten; so, wenn eine Kanone oder Streitaxt zum Thermometer, eine Helmbarte als Leuchter oder Kleiderständer verarbeitet wird. Was nicht zu kopieren, aber zu lernen ist, das ist die harmo⸗ nische Vereinigung der Verzierung mit der zweckmäßigen Form. Der ernste Zweck der Waffe hat die alten Meister stets ge⸗ zwungen, sich in der künstlerischen Ausstattung zu beschränken. Unpraktische Formen und Uebertreibungen in der Verzierung, die heute an den meisten Gebrauchsgegenständen u. s. w. vorkommen, waren hier durchaus ausgeschlossen, weil sie den Anforderungen höchster Gebrauchsfähigkeit nicht entsprochen hätten. Was im besten Sinne stilvoll genannt wird, besitzt ein anderer Gegen⸗ stand selten in solchem Grade wie eine Waffe.
Ueber den Ursprung der zwei Geschütze herrscht noch Dunkel, obwohl im 17. und 18. Jahrhundert vielfach davon gesprochen worden ist. Zuerst sprechen Oldenburger in seinem Reisebuch „Thesaurus rerum publicarum“ (Genf 1675), dann Berken⸗ meyer im „Neu vermehrten curieusen Antiquarium“ (Ham⸗ burg 1731) und Andere mit höchster Bewunderung von den „güldenen Kanonen“. Nach diesen Quellen sind die beiden Geschütze lange vor 1675 einem Hamburger Kauf⸗ mann wegen einer Schuld von 12 000 Reichsthalern abge⸗ pfändet worden. Stilistische Gründe lassen darauf scheßen, daß diese Rohre in Holland hergestellt wurden, und es besteht kein Zweifel, daß Werthstücke so außergewöhnlicher Art nur auf Bestellung gefertigt worden sind. Wer hat sie bestellt? Unwillkürlich denkt man an den Großen Kurfürsten, der kurz vor 1643 in Holland gewesen war und der vor allen Fürsten seiner Zeit das regste Interesse für das Geschützwesen zeigte, der es vielfach veränderte und verbesserte. Die Stücke könnten somit in Holland in Auftrag gegeben und bei der Ueberführung nach Deutschland dem Rheder gegen die oben genannte Summe, die er dem Senat schuldete, abgenommen worden sein. Bis auf die Thatsache der Pfändung bleibt dies indeß vorläufig Hypothese. Hoffentlich werden sich in den Hamburger Akten sichere Nach⸗ richten finden.
Die neue .. des Zeughauses erregte in hohem Grade das Interesse Seiner Majestät des Kaisers. Sie ist aus der Sammlung hamburgischer Alterthümer von dem Zeughaus⸗ Direktor durch Tausch erworben. Die Gegengabe bildete neben werthvollen alt⸗ hamburgischen Fahnen, Waffen, Ausrüstungsstücken ꝛc. ein prächtiges Kanonenrohr von Bronze, eziert mit Wappen der freien Stadt und mehrerer Patrizierfamilien, mit Inschriften, Jahreszahl und dem Namen des Hamburger Künstlers, der es Begeen Durch den Tausch ist die kleine, aber trefflich verwaltete EEEbbee Alterthümer reich und schön vermehrt worden. Auch ihr älterer Bestand ist in einem wesentlichen Theil von Preußen dahin gelangt und zwar durch ein großes Geschenk des Königs, nachmaligen Kaisers Wilhelm I. Im Jahre 1863 ließ der König die bis dahin im Zeughause auf⸗ bewahrten Bürgerfahnen, die einst von den Franzosen aus Hamburg mitgenommen und dann auf dem Transport von preußischen Truppen wieder zurückerobert worden waren, in Hamburg überreichen.
In dem photographischen Verlage von Rudolf Schuster (Berlin SW., . 13) ist die von Herrn P. Spieß in der „Urania“ mittels der Röntgen'schen Strahlen aufge⸗ nommene und vorzüglich gelungene Photographie einer Damen⸗ hand erschienen. Dieselbe zeigt das ganze Hendigelent nebst Ring, einschließlich des Handwurzelknochens, mit großer Schärfe und Deut⸗ lichkeit, während die Fleischtheile nur schleierartig durchscheinend und in zarten Umrissen zu sehen sind. Die Photographie ist, fein auf⸗ gezogen, zum Preise von 1 ℳ käuflich.
Bauten.
8 Erlangung von Entwürfen zu zwei evangelischen Kirchen für den Vorort Groß⸗Lichterfelde bei Berlin ist unter den deutschen Architekten ein öffentlicher Wettbewerb aus⸗ geschrieben. Die erste dieser Kirchen soll auf der Dorfaue errichtet werden. Als Preise für die drei besten Entwürfe zu derselben shn 2000 ℳ, 1500 ℳ und 1000 ℳ ausgesetzt. Die Preise ür die zweite, auf dem Wilhelmsplatz zu erbauende Kirche betragen 1200 ℳ, 800 ℳ und 500 ℳ Das Preisrichteramt haben übernommen die Herren Geheimer Regierungs⸗Rath von Tiedemann in Potsdam, Professor Hehl in Charlottenburg, Pro⸗ fessor Vollmer in Berlin, Geheimer Baurath Huntemüller und Regie⸗ rungs⸗Baumeister Articus in Groß⸗Lichterfelde, sowie vier Nichtfach⸗ männer, darunter der Pfarrer und der vFeen Die Unter⸗ lagen sind vom Gemeindebureau in Lichterfelde zu beziehen, an welches auch die Entwürfe bis zum 15. Mai d. J. einzureichen sind. Es
bleibt den Bewerbern überlassen, sich an dem Wettbewerb für beide
oder nur für eine der Kirchen zu betheiligen.
In der gestrigen ersten Sitzung der XXIV. Plenar⸗ versammlung des Deutschen Landwirthschaftsraths bildete, wie schon gemeldet, den ersten Gegenstand der Tagesordnung:
die Nahrungsmittelkontrole in Deutschland mit besonderer Rücksicht auf den Schutz der landwirthschaft⸗ licher Produkte vor dem unlauteren Wettbewerb ihrer Ersatzmittel. Professor May (München) befürwortete folgende Resolu⸗ tion: „Der Deutsche Landwirthschaftsrath wolle 1) sich an die einzelnen Landesregierungen mit einer Vorstellung wenden, in dargelegt wird: a. daß eine allgemeinere Durchführung und eine energischere ün⸗ habung der Nahrungsmittelkontrole im Interesse der Landwirthschaft und der landwirthschaftlichen Nebengewerbe dringend geboten ist, b. daß zur Erreichung dieses Zweckes die Errichtung einer größeren Anzahl öffentlicher Untersuchungsanstalten unerläßlich ist, und daß in erster Linie die Errichtung staatlicher Untersuchungsanstalten angestrebt werden soll; 2) sich an die einzelnen Landesregierungen mit der Bitte wenden, zur Beaufsichtigung der Fabriken und Verkaufsstellen für Mar⸗ garine und Kunstspeisefette, sowie zur Beaufsichtigung des Handels mit Butter und Speisefetten sachverständige Inspektoren anzustellen, welchen insbesondere auch die Aufgabe zu⸗ fallen soll, in allen Theilen ihres Bezirks die Kontrole des Butter⸗ und Fettmarktes zu organisieren, für die energische und nicht erlah⸗ mende Handhabung der Kontrole Sorge zu tragen und durch fort⸗ laufende Berichterstattung die Behörden von allen Vorkommnissen auf diesem Gebiet unterrichtet zu halten; 3) sich mit dem Verbande der landwirthschaftlichen Versuchsstationen im Deutschen Reich in Verbindung setzen und erwirken, daß in jenen Gebietstheilen des Reichs, wo eine wirk⸗ same Kontrole des Buttermarktes infolge des Fehlens öffentlicher Unter⸗ suchungsanstalten bisher nicht eingerichtet werden konnte, die land⸗ wirthschaftlichen Versuchsstationen die erforderlich werdenden Butter⸗ untersuchungen gegen eine möglichst niedrige Untersuchungsgebühr übernehmen; 4) an das Kaiserliche Gesundheitsamt die Bitte richten, es möge dafür wirken, daß die von der Nahrungsmittel⸗Chemiker⸗ versammlung in Eisenach am 4. August 1894 beantragte Kommission von Nahrungsmittel⸗Chemikern, welche der Reichsverwaltung als technischer Beirath dienen soll, bald ins Leben trete, und daß in diese Kommission auch ein Vertreter der landwirthschaftlichen Chemie be⸗ rufen werde.“
Der Korreferent, Geheimer Regierungs⸗Rath, Professor Dr. Maercker (Halle) stimmte den Anträgen des Professors May zu; nur in Punkt 3 seines Antrags beantragte er einzufügen: „Die einzelnen Landesregierungen zu ersuchen, den mit der Butter⸗, bezw. Nahrungs⸗
mittel⸗Kontrole zu betrauenden Vorstehern und älteren Mitarbeitern
der landwirthschaftlichen Versuchsstationen den Befähigungsnachweis als Nahrungsmittel⸗Chemiker zu ertheilen und denselben hiermit eine autoritative Stellung zu schaffen“. Ferner schlug derselbe vor: staat⸗ licherseits eine Zentral⸗Untersuchungsstation für jede Provinz zu errichten an die sich die kommunalen Untersuchungsstationen anzulehnen hätten. Erst eine entsprechende Organisation der Untersuchungsstationen werde dazu führen, daß die Hi eg. für Lebens⸗ und Genuß⸗ mittel dem Publikum zum Vortheil gereichen. — In der hierauf folgenden Pause einigten sich die Referenten, den Passus 3 des Antrags Mavy folgendermaßen zu fassen: „Die den landwirthschaftlichen Ver⸗ suchsstationen vorgesetzten Behörden zu ersuchen, dahin zu wirken, daß“ u. s. w. — In der Debatte nahm nur Bezirks⸗Präsident Freiherr von Hammerstein (Metz) das Wort. Nach einem kurzen Schlußwort des Professors May gelangte dessen Antrag in der mitgetheilten abgeänderten Fassung, sowie der Zusatzantrag des Professors Dr. Maercker einstimmig zur Annahme. — Der Vorsitzende theilte hierauf mit, daß der Vorstand beschlossen habe, mit Rücksicht auf die Stellung des Bundesraths zur Währungsfrage letztere von der Tagesordnung ab⸗ zusetzen. — General⸗Sekretär Dr. Mueller (Berlin) referierte hierauf über: Handel und Notierungswesen an den deutschen Schlachtviehmärkten und Einführung des Handels nach Lebendgewicht. Dieser befürwortete, in Gemei chaft mit dem Korreferenten Freiherrn von Welser (Ramhof in
ayern), folgenden Antrag: „Der Deutsche Landwirthschaftsrath wolle erklären: I. Die auf der Konferenz vom 6. und 7. November 1895 in Berlin unter Betheiligung von Vertretern des Deutschen Landwirthschaftsraths ge⸗ faßten Beschlüsse, betreffend: a. die einheitliche Normierung des Ve. griffs Schlachtgewicht, b. die Eintheilung der Qualitätsgruppen unter Fortfall der gegenwärtig gebräuchlichen Klassifikation sind als zweck⸗ mäßig anzuerkennen. II. Es ist anzustreben, daß, solange nach Schlachtgewicht gehandelt und notiert wird, die Notierung einheitlich an allen deutschen Viehmärkten nach der unter I bezeichneten Grund⸗ lage vorgenommen wird. III. Der Deutsche Landwirthschaftsrath erklärt indessen, daß grundsätzlich der Handel und die Notierung nach Lebendgewicht als der dem Interesse der Landwirthschaft meist entsprechende anzusehen und dessen Einführung thunlichst zu fördern ist. Er erklärt sich deshalb für die in der genannten Konferenz in Bezug auf Fanver und Notierung nach Lebendgewicht gefaßte Resolution und beschließt: den deutschen Staatsregierungen, unter Darlegung der für den Handel nach Lebendgewicht sprechenden Gründe, die Bitte vorzutragen: überall nach Analogie der in dem preußischen Gesetz über die Errichtung der Landwirthschaftskammern enthaltenen Vorschrift des § 2 Abs. 4 zu veranlassen, daß den land⸗ wirthschaftlichen Interessen⸗Vertretungen geeignete Mitwirkung bei der Verwaltung der Märkte und den Preisnotierungen gesichert werde.“ — An der Debatte betheiligten sich Amtsrath Seer (Nischwitz in Posen) Freiherr von Erffa (Wernburg in Sachsen), Oekonomie⸗Rath
fannenstiel (Neudorf in Sachsen), Freiherr von Soden (Fraunhofen in Bayern), Oekonomie⸗Rath Sodan (Bayern), Domänenpächter Thon (Hof Clarenthal in Nassau) und Justiz⸗Rath Reich (Meyken in Ost⸗ rerhen). Die Referenten schlugen vor, den Passus II ihres Antrages zu fassen: „Es ist anzustreben, daß, wo und so lange nach Schlachtgewicht gehandelt und notiert wird, die Notierungen der betreffenden Viehmärkte auf der unter I bezeichneten Grundlage vorgenommen werden;“ ferner dem Antrage hinzu⸗ zufügen: „Den landwirthschaftlichen Zentralvereinen nochmals dringend zu empfehlen: a. in ihren Bezirken für die Einführung des Lebendgewicht⸗Handels, b. für die Beschaffung von Gemeindewaagen in allen ländlichen Gemeinden zu wirken.“ — Justiz⸗Rath Reich (Meyken) schlug vor, im Passus 7 des ersten Absatzes anstatt der Worte: „und dessen Einführung thunlichst zu fördern ist“, zu sagen: „mit allen Mitteln zu erstreben.“ — Der Antrag des Referenten “ in dieser Fassung zur Annahme. Danach wurde die Ver⸗ “ gegen 3 ¼ Uhr Nachmittags auf heute Vormittag 9 Uhr vertagt.
Die heutige zweite Sitzung eröffnete der Vorsitzende, Landes⸗ Hauptmann von Röder (Ober⸗Ellguth) mit der Mittheilung, daß der Vorstand des Deutschen Landwirthschaftsraths dem Wunsche des Ausschusses gemäß beschlossen habe, das Zuckersteuergesetz für heute Nachmittag auf die Tagesordnung zu setzen, damit auch das Plenum des Deutschen Landwirthschaftsraths Gelegenheit finde, zu dem Gesetz noch rechtzeitig Stellung zu nehmen.
Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bildete: die Organi⸗ sation des ländlichen Arbeitsnachweises. Der Referent Landrath von Werder (Halle a. S.) befürwortete in Uebereinstimmun mit dem Korreferenten Justiz⸗Rath Reich (Meyken in Ostpreußen folgenden Antrag: „1) Die gegenwärtige Organisation des länd⸗ lichen Arbeitsnachweises genügt nicht überall, um eine sach⸗ 1.ns. Erhaltung und Vertheilung der Arbeitskräfte auf dem
ande herbeizuführen. Es empfiehlt sich daher, da, wo das Bedürfniß vorhanden ist, die Organisation des ländlichen Arbeitsnachweises in Angriff zu nehmen. 2) Die Errichtung von Arbeitsnachweisen durch Kommunen und andere, nicht aus Landwirthen gebildete Körperschaften in den größeren Städten erscheint nicht geeignet, einen richtigen Aus⸗ tausch der Arbeitskräfte zwischen Stadt und Land herbei⸗ zuführen, begünstigt vielmehr einseitig das schädliche Ab⸗ —2 der Arbeitskräfte vom Lande nach der Stadt. Eine Organi⸗ ation des ländlichen Arbeitsnachweises wird nur dann dem Interesse der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer entsprechen, wenn ihr Träger ein Verband von ländlichen Arbeitgebern mit einer Zentralstelle ist, die in allen geeigneten Orten des Verbandsbezirks Arbeitsnachweise⸗ 352 errichtet und leitet. 3) Die Ausdehnung der Organi⸗ ation des ländlichen Arbeitsnachweises über das ganze Deutsche Reich mit einer einzigen Zentralstelle erscheint nicht durchführbar. 4) Der Deutsche Landwirthschaftsrath wolle beschließen: