1896 / 31 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 04 Feb 1896 18:00:01 GMT) scan diff

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eine dringende neue Eingabe an den Herrn Reichskanzler und den Bundesrath mit der ehrerbietigen Bitte zu richten, den in der 22. Plenarversammlung des Deutschen Landwirthschaftsraths gefaßten, dem ersteren mittels Eingabe vom 14. Mai 1894, dem letzteren mittels Eingabe vom 31. Mai 1894 unterbreiteten Beschlüssen bezüg⸗ lich der reichsgesetzlichen Regelung des Gesindewesens baldigst Rechnung zu tragen.“ ö“ v1“ (Schluß des Blattes.)

JZIEZ1111““ 1“ Portugal. EE11“ 88 8” Durch Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern sind die Hen der Provinz Kanton und der Hafen von Hongkong für von Beulenpest verseucht erklärt worden. Dänische Antillen. b Zufolge Verfügung der Regierung der dänischen Antillen unter⸗ liegen Herkünfte aus Cuba bei ihre Ankunft in St. Thomas einer fünfzehntägigen Quarantäne. 8

Verdingungen im Auslande.

Rumänien.

20. Februar n. St. Kriegs Ministerium in Bukarest: Für die Militärgerberei: 42 000 kg Eicheln von der asiatischen Eiche; 1500 kg dégras moellon; 12 000 kg Tanninextrakt; 13 000 kg Rindstalg; 10 000 kg Walfischthran.

22. Februar n. St. Kriegs⸗Ministerium in Bukarest: 10000 kg verschiedener Thrane und Fette, größere Quantitäten Talg und 214 kg gelbes Wachs.

2. März n. St. Epitropia Generala a Casec Spitalelor in Jassy (Spitalverwaltung): Lieferung des Materials für das Hotel Gehan Racovita in Slanic (Kostenanschlag 64 983 Fres.), sowie für

das Königliche Kasino ebendaselbst (Kostenanschlag 57 000. Fres.).

Bulgarien. 17. Februar n. St., 2 Uhr. Ministerium für öffentliche Bauten und Kommunikationen in Sofia: Lieferung von Brückenkonstruktionen für 6 Straßenbrücken. Voranschlag 300 000 Fr., Kaution 15 000 Fr.

Verkehrs⸗Anstalten.

Bremen, 4. Februar. (W. T. B.) Norddeutscher Llopd. Der Postdampfer „Hohenstaufen“ ist am 1. Februar in Per⸗ nambuco angekommen. Der Postdampfer „Graf Bismarck' ist am 28. Januar in Rio de Janeiro angekommen. Der Post⸗ dampfer „Willehad“ ist am 1. Februar Nachmittags in New⸗ YVork angekommen. Der Reichs Postdampfer „Darmstadt“ hat am 3. Februar Vormittags die Reise von Suez nach Aden fort⸗ gesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer „Prinz⸗Regent Luitpold“ hat am 3. Februar Mittags die Reise von Port Said nach Neapel fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer „Preußen“ hat am 3. Februar Nachmittags die Reise von Southampton nach Genua fortgesetzt.

London, 3. Februar. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Tartar“ ist auf der Ausreise Sonnabend von Southampton abgegangen.

St. Petersburg, 4. Februar. (W. T. B.) In der Kom⸗ mission für die Organisation der Fahrten zur allrussischen Aus⸗ stellung in Nishny⸗Nowgorod wurde die Frage aufgeworfen, welcher Tarif für Separat⸗Eisenbahnzüge festzusetzen sei, die ausländische Gesellschaften und Vereine für die Reise zur Ausstellung bestellen würden. Die Kommission beschloß, daß man sich wegen der⸗ artiger Bestellungen direkt an den General⸗Kommissar der Nishnyer Ausstellung wenden müsse, von dem es abhängen wird, je nach den

Dampfer „Spaarndam ist am Sonnabend Nachmittag von New⸗York abgegangen Der Dampfer „Zaandam“ hat heute Becentttag, der Dampfer „Schiedam“ heute Nachmittag Lizard passiert. b

New⸗York, 3. Februar. (W. T. B.) Die „New⸗York World“ meldet aus Caracas, daß der Minister der öffentlichen Arbeiten Maurique dem englischen Ober⸗Aufsichtsbeamten der Juanta⸗Barcelona⸗Eisenbahn eine Geldstrafe von 100 Doll. für den Tag auferlegte, weil dieser sich weigerte, den von ihm wegen Geschäftsstille eingestellten Passagierdienst wieder aufzunehmen. Die Eisenbahnverwaltung wird von der Presse heftig angegriffen.

Theater nud Musik

““ 1? Das siebente Philharmonische Konzert, we gestern unter der Leitung des Kapellmeisterz Arthur Nikisch stattfand, wurde mit Wagner'’s Ouvertüre zur Oper „Der fliegende Holländer“ eröffnet. Die Solistin des Abends, Frau Teresa Carreno, die bei ihrem Erscheinen durch Applaus bewillkommnet wurde, tru das Beethoven’sche Klavierkonzert Nr. 5, Es-dur, so künstleris vollendet vor, wie man es selten hört. Die Kraft des Anschlags, der dennoch nie eine Härte spüren ließ, die Zartheit ihres Pianosund die edle Vortragsweise bei äußerer Ruhe und mäßigem Pedalgebrauch ließen in der Vortragenden die Künstlerin ersten Ranges erkennen. Lauter Beifall und mehrmaliger G folgten ihrem Spiel. Eine gleichfalls günstige Aufnahme fand die am Schluß des Abends ausgeführte „Ungarische Phantasie“ für Klavier und Orchester von Liszt. Dieser Phantasie gingen Smetana's beliebte QOuvertüre zur Oper „Die verkaufte Braut“ und die Symphonie „Harald in Italien“ von Berlioz voraus, die hier bereits vor zwei Jahren in einem Konzert der Königlichen Kapelle unter Weingartner's Leitung zur Aufführung gelangte. Bei aller Anerkennung der glänzenden Behandlung des Orchesters und der tonmalerischen Schönheiten der Instrumentation werden doch in diesem mehr als eine Stunde in Anspruch nehmenden Werke erhebliche Längen fühlbar, die mitunter eine seegene Fortführung der musikalischen Ge⸗ danken vermissen lassen. Außerdem bleibt es schwer erklärlich, weshalb der edle Held Harald durch seine Theilnahme an den wüsten Gelagen einer Räuberbande in den Höhlen der Abruzzen in einem so krassen Gegen⸗ satz zu seiner ursprünglichen Natur geschildert wird. Dennoch ist grade dieser letzte Satz, der mit dem Hinsterben des Helden schließt, voll von phantastischen, kühnen und originellen musikalischen Gedanken. Dem schwungvoll vorgetragenen Werke folgte sehr leb⸗ hafter Beifall und Hervorruf seines umsichtigen Dirigenten. Das in diese Symphonie auf persönliche Veranlassung Paganini's eingefügte Solo lfür die Viola alta wurde von Herrn Professor Herrmann Ritter sehr lobenswerth ausgeführt.

Am Sonnabend gab der Pianist Joseph Lhévinne aus Moskau im Saal Bechstein einen Klavier⸗Abend, den er mit Beecthoven's gedankenreicher, selten gehörter Sonate in B-dur, op. 166, er⸗ öffnete. Abgesehen von einigen willkürlichen Abweichungen in den Tempobewegungen, war die Wiedergabe dieses schwierigen Werks meist eine gelungene. Das Spiel des Konzertgebers, der sich bereits durch seine Mitwirkung in dem „Russischen Konzert“ hierselbst gut eingeführt hat, ist klar und ausdrucksvoll; ein mäßiger Pedalgebrauch kommt der Deutlichkeit seiner Passagen sehr zu statten. Auch in dem Vortrag der Toccata von Schumann, dem Schubert'schen G-dur- Impromptu, sowie in einigen Stücken von Mendelssohn, Chopin und Anderen kamen diese Vorzüge zur Geltung. Der Konzertgeber erntete für seine Leistungen verdiente Anerkennung.

Im Königlichen Opernhause wird gen Richard Wagner's „Walküre“ unter Kapellmeister Weingartner's Leitung in folgender Besetzung gegeben: Siegmund: Herr Sylva; Hunding: Herr Krasa; Wotan: Herr Stammer; Sieglinde: Frau Pierson;

Vormittags an d

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Im Königlichen Schauspielhause gelangt morgen sechsten Mal Rüchard Skowronnek's vieraktiges Lustspiel Dee haach Sen. mit den Damen Poppe, Schramm, von Mayburg, Hausner, onrad und den Herren Vollmer, Molenar, Hartmann und Heine zur Aufführung. 3 Im Lessing⸗Theater wird „Comtesse Guckerl“ am nächsten Sonntag zum ersten Mal als Nachmittags⸗Vorstellung zu den üblichen ermäßigten 8b zur Aufführung gelangen. Der Vorperkauf für diese Vorstellung findet ohne Berechnung von Vormerkgebühren täglich Kasse des Theaters statt.

Mannigfaltiges.

Die Deutsche Gesellschaft für volksthüm liche Natur⸗

kunde hielt am vergangenen Donnerstag in der Aula des Dorotheen⸗ städtischen Realgymnasiums ihre erste Jahresversammlung ab. Der erstattete Jahresbericht lieferte einen erfreulichen Beweis für das stete Wachsthum der Gesellschaft und das thätige Interesse, welches der⸗ selben und ihrer gemeinnützigen Arbeit aus allen Berufskreisen ent⸗ egengebracht wird. Auch Damen befinden sich bereits in stattlicher

nzahl unter den Mitgliedern. Der seitherige geschäftsführende Ausschuß wurde wiedergewählt. Meldungen zum Beitritt nimmt der chriftführer, Herr Oberlehrer Dr. Greif, Engel⸗ Ufer 1, entgegen. Der Mindestbeitrag beträgt jährlich 2 Da die Gesellschaft außer der Veranstaltung allgemein verständlicher Vorträge auch regelmäßige Besuche naturwiffenschaft⸗ licher Sammlungen und Institute, sowie Exkursionen in die Um⸗ egend in ihren Arbeitsplan aufgenommen hat, so hat die Zentral⸗ Ferhe für Arbeiter⸗Wohlfahrtseinrichtungen. ihr die Führung von Arbeiterabtheilungen durch die naturwissenschaftlichen Museen übertragen. In nächster Zeit hofft die Gesellschaft mit der Veranstaltung von Vorträgen in Arbeitervierteln weiter vorgehen zu können. Erwähnt sei noch, daß im Anschluß an die Generalver⸗ sammlung eine Ausstellung verschiedener Anschauungsmittel stattfand, die besonders aus dem Gebiet der Biologie, der immelsphotographie und der Volkshygiene des Interessanten eine reiche Fülle bot.

Während der Dauer der Berliner Gewerbe⸗Ausstellung gedenkt die Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege im Vortragssaale des Chemiegebäudes daselbst öffentliche Vorträge zu veranstalten. In Aussicht genommen sind sechs derartige Vorträge und für vier derselben auch die Redner bereits gewonnen. In einer außerordentlichen Sitzung des Vereins, die am 14. d. M. stattfinden soll, wird der Geheime Medizinal⸗Rath, Professor Leyden über die Aufgaben der Brandenburgischen Heilstätten für Lungenkranke sprechen.

Das neu eingerichtete Berliner Fahrrad⸗Dienstmanns⸗ Institut versendet ein Plakat, auf dem seine Hauptstandplätze nebst Telephonfirmen bezeichnet sind. Durch das Entgegenkommen der darauf angeführten Firmen ist jedermann in der Lage, sich in Kürze von jeder Fernsprechstelle aus einen Fahrrad⸗Dienstmann herbeizurufen. Für den bis zum Auftraggeber zurückzulegenden Weg sind dem Dienst⸗ mann innerhalb der Stadt 10 auf die gleichfalls auf dem Plakat angegebenen vom Königlichen Polizei⸗Präsidium genehmigten tarifmäßigen Sätze zu vergüten.

Venedig, 4. Februar. In der vergangenen Nacht wurde der größere Theil der Maschinen der Flanellfabrik von Herion durch eine Feuersbrunst zerstört. Bei dem Brande wurden etwa 10 Personen verletzt, darunter zwei Feuerwehrleute schwer.

Philadelphia, 3. Februar. In der Chestnutstreet wurde ein siebenstöckiges Haus nebst anstoßenden Gebäuden durch ein großes Feuer zerstört; der Schaden beträgt zwei Millionen Dollars.

9) Reif. 1) Reif.

kälter; im Binnenlande liegt die Morgentemperatur

Umständen den Besuch der Ausstellung durch Gruppen zu gestatten. Rotterdam, 3 Februar. (W. T. B.) Niederländisch⸗

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om 4. Februar, orgens.

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Stationen. Wetter.

Bar. auf 0 Gr u. d. Meeressp. red. in Millim

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Belmullet.. bedeckt

Aberdeen.. wolkig Christiansund Regen Kopenhagen. Dunst Stockholm. bedeckt 1 heiter

t. Petersburg wolkenlos

Moskau . . 753 Schnee

Cork, Queens⸗ vb1785 bedeckt Cherbourg . 777 bedeckt ö5655 Nebel 2738 Nebel mburg . 780 Nebel ) winemünde 777 3bedeckt ²) Neufahrwasser 773. elkigz) Memel 770 halb bed. ) v1“*A“ Dunst saister:.. 778 wolkenlos Karlsruhe.. 779 NO wolkenl. 5) Wiesbaden. 780 NO heiter) München 780 O vedeckt Chemnitz. 782 SW heiter Berlin 778 WNW Z bheite ⁷) Wien 778 WNW 4 wolkig Breslau. . . 776 NW wolkig

Ile d'Aix.. 777 ORS Nebel EEESEEEEEEIöö wolkenlos 778 wolkenlos

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Uebersicht der Witterung.

Der Kern des Hochdruckgebiets, welches die ganze Hälfte Südwest⸗Europas überdeckt, liegt heute über Süddeutschland, wo die Barometerstände stellenweise 781 mm überschritten haben. Das barometrische Minimum, welches gestern über Lappland lag, ist ostwärts über das Weiße Meer hinaus fort⸗ geschritten. In Deutschland ist das Wetter still, theils heiter, theils neblig, sonst trocken und allenthalben

fast übe all unter dem Gefrierpunkt. In Nordwest⸗ Europa ist das Barometerwieder stark gefallen. indessen ist eine erhebliche Aenderung der bestehenden Witterungs⸗

verhältnisse demnächst noch nicht wahrscheinlich. B Deutsche Seewarte.

Theater.

Konigliche Schauspiele. Minwoch: Opern⸗ haus. 33 Vorstellung. Die Walküre in 3 Akten

Zeit. Lustspiel in 4 Aufzügen von Richard

Schauspielhaus. 36. Vorstellung. Die kranke

Skowronnek. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Opernhaus. 34. Vorstellung. Ivanhove. Romantische Oper in 4 Akten von Arthur Sullivan. Nach Walter Scott’'s gleich⸗ namigem Roman bearbeitet von Julian Sturgis, deutich von H. Wittmann. Anfang 7 ½ Uhr. Schauspielhaus. 37. Vorstellung. Ein Sommer⸗ nachtstraum von William Shakespeare, übersetzt von August Wilhelm von Schlegel. Musik von Felir Mendelssohn⸗Bartholdy. Tanz von Emil raeb. Anfang 7 ½ Uhr.

Dentsches Theater. Mittwoch: Der Talis⸗

man. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Der zerbrochene Krug. Hierauf: Zum ersten Male wiederholt: Liebelei. Freitag: Die Weber.

Berliner Theater. Mittwoch: Faust. Anfang 7 Uhr.

Donnerstag: König Heinrich.

Freitag (21. Abonnements⸗Vorstellung): Kabale und Liebe.

Lessing-Theater. Mittwoch: Guckerl. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Comtesse Guckerl.

Freitag: Untreu. Hierauf: Fränlein Wittwe.

Comtesse

Residenz⸗Theater. Direktion: Sigmund Lautenburg. Mittwoch: Zum ersten Male: Hotel zum Freihafen. (L'Hötel du Libre Echange.) Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau, übersetzt und bearbeitet von Benno Jacobson. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag und folgende Tage: Hotel zum Frei⸗

Friedrich- Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25 26.

Mittwoch: Mit großartiger Ausstattung an Kostümen, Dekorationen und Requisiten: Der Hungerleider. Ausstattungs⸗Komödie mit und Ballet in 10 Bildern von Julius Keller un Louis Herrmann, mit theilweiser Benutzung einer Idee des Mark Twain. Musik von Louis Roth. In Scene gesetzt von Julius Felssche Dirigent: Herr Kapellmeister Winné. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Der Hungerleider.

Neues Theater. Schiffbauerdamm 4a./5b. Mittwoch: Gastspiel des Herrn Franz Tewele vom K. u. K. priv. Carl Theater in Wien. Der Herr Direktor (Monsieur le Directeur). Lustspiel in 3 Akten von Alexandre Bisson und

Brünnhilde: Frau Sucher; Fricka: Frau Goetze; Walküren: die Amerikanische Dampfschiffahrts ⸗Gesellschaft. Der Damen Pohl, Hiedler, Deppe, Weitz, Krainz, Varena, Reinl, Kopka.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten

Beilage.)

In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Anfang 7 ½ Uhr. 1 Donnerstag: Der Herr Direktor. Fettag⸗ Der Herr Direktor. 11“

oranzeige: Sonntag, den 9. Februar, Nachmittags 3 Uhr: Zu halben Preisen: Bruder Martin.

Theater Unter den Linden. Direktion: Julius Fritzsche. Mittwoch: Neu einstudiert: Der Bettelstudent. Operette in 3 Akten von F. Zell und R. Genée. Musik von Karl Milllöcker. Zirtient: Herr Kapellmeister Federmann. Anfang Donnerstag: Der Bettelstudent. 8 Freitag: Erstes Gastspiel der Frau pe Norrie. Die schöne Helena. Sonnabend: Dritter großer Maskenball. Sonntag, Abends 7 ½ Uhr: Zweites Gastspiel - Frau Petterson Norrie. Die schöne Helena.

Adolph Ernst-Theater. Mittwoch: Ma⸗

dame Suzette. Vaudeville⸗Posse in 3 Akten von

Sylvane und Ordonneau, bearbeitet von Ed. Jacob⸗

son und Jean Kren. Musik von Edmond Audran.

In Scene gesetzt von Adolph Ernst. Anfang 7 ½ Uhr. Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

Zentral⸗Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30

Mittwoch: Emil Thomas a. G. Eine tolle Nacht. Große Ausstattungsposse mit Gesang und Tanz in 5 Bildern von Wilh. Mannstädt und Julius Freund. Musik von Julius Einödshofer In Scene gesetzt vom Direktor Richard Schultz. Die Tanz⸗Arrangements vom Balletmeister Gund⸗ lach. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag Eine tolle Nacht.

erson

Konzerte.

Konzert⸗-Haus. Dienstag, den 18. Februar: Fastnachts⸗Subskriptions⸗Ball. Billets im Bureau des Hauses.

Sing-Akademie. Mittwoch, Anfang 8 Uhr: Lieder⸗Abend von Edith Bagg.

Saal Bechstein. Linkstraße 42. Mittwoch,

Anfang 7 ½ Uhr: Konzert von Helene Opitz (Ges.) und Didrie Ostermann (Viol.).

Zirkus Renz. Karlstraße. Mittwoch, Abends 7 ½ Uhr: Extra ⸗Vorstellung. Großartiger Erfolg! Ein Künstlerfest. Auf das Glän⸗ zendste insceniert vom Direktor F Renz. Neue Einlage: Die Katastrophe des iesendampfers „Circentia“. Außerdem: Auftreten von nur Künstler⸗Spezialitäten allerersten Ranges. Vor⸗ führen der berühmten Original⸗ Dressuren des Direktors Fr. Renz. Auftreten sämmtlicher Clowns

von Richard Wagner. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. Anfang 7 Uhr.

Fabrice Carré. Deutsch von Ferdinand Groß.

und des beliebten August Mr. Lavater L

Donnerstag: Ein Künstlerfest. Neue Einlage:

(Die Katastrophe des Riesendampfers „Cir⸗

centia“. 1 Sonntag: 2 Vorstellungen: Nachmittags 4 Uhr

(ermäßigte Preise und 1 Kind unter 10 Jahren

frei): 1870/71. Abends 7 ½ Uhr: Ein Künstler⸗ fest. Seit 5 Monaten befindet sich in Ein⸗ studierung und scenischer Vorbereitung: Lustige Blätter! Familien⸗Nachrichten. Verlobt: Frl. Jeannette Schön mit Hrn. Ritter⸗ gutsbesitzer Joachim von Jagow (Schloß Brestau-— Schniebienchen b. Niewerle N.⸗L.). Verehelicht: Hr. Amterichter Wilhelm Richter mit Frl. Else Lomnitz (Kreuzburg O.⸗S.). Geboren: Ein Sohn: Hrn. Rittmeister a. D. und Gestüts⸗Direktor Kieckebusch (Landgestüt Gnesen) Hrn. Hauptmann von Grote Potsdam). Eine Tochter: Hrn. Amtmann A. Nehring (Domäne Watenstedt). ßemn Fabrik⸗Direktor Schulze (Berlin). Hrn. Prem.Lieut. Constant Frhrn. Quadt⸗Wykradt⸗Hüchtenbruck (Berlin). Gestorben: Fr. Major Marie Wermelskirch, geb. Jeserich (Halle a. S.). Hrn. Grafen Baudissin⸗ Zinzendorf Sohn Wolf (Rantzau b. Plön). Hr. Hauptmann a. D. und Rittergutsbesitzer Berger (Zembowo). Hr. Superintendent Paul Neu⸗ mann (Bütow) Fr. Frhr. Eugen Laur von Münchhofen (Drerden) Hrn. Kurt von Rohr Sohn Oswald (Gütersloh). Pr. Hauptmann a. D. Wilbelm Kuhlwein (Berlin). Verw. Fr. General⸗Lieut. Karoline Freifr von geb. Schröder (Potsdam). Hrn. Otto Frhn. von Stosch⸗Lankau Tochter Helene (Breslau). Hr. Major a. D. Otto von Studn tz (Breslau). Hr. Landgerichts⸗Rath a. D. Carl Schaeffer (Berlin). Hr. Professor Robert Trossin Berlin.) Hr. Gymnasial⸗Direktor a. D. Dr. riedrich Strehlke (Charlottenburg). Hr. Amts⸗ gerichts⸗Rath Ansinn (Greifswald) Hr. Land⸗ gerichts⸗Präsident Wilhelm Schmidthals (Schweid⸗ nitz). Verw. Fr. Kasernen⸗Inspektor Rosa Henke, geb. Galke (Schweidnitz). Hr. Rechnunge⸗ Rath Wilhelm Scheuermann (Liegnitz). Hr. Kommissions⸗Rath Rudolph Moll (Breslau).

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Neun Beilagen leinschließlich Börsen⸗Beilage),

lichen An „2 (Kommanditgesellschaften

Aktien und Aktiengesellschaften) für die Woche vom 07. Janeesn b16 18960

sowie die Inhaltsangabe zu Nr. 6 des vflear⸗

en Reichs⸗Anzeiger und Königlich

Erste Beilage

Berlin, Dienstag, den 4. Februar

Deutscher Reichstag. 0. Sitzung vom 3. Februar, 1 Uhr. Tagesordnung: Erste Berathung des Entwurfs eines

Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Zur Einleitung der Berathung nimmt das Wort der Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Nieberding:

Meine Herren! Das Gesetzbuch, welches Ihnen im Entwurf

1 heute vorliegt, und das bestimmt ist, auf dem Gebiete des Vermögens⸗

und des Familienrechts für unser Vaterland die so oft ersehnte und och nie errungene Rechtseinheit herbeizuführen, ist die Frucht einer rbeit von mehr als zwanzig Jahren. Drei Kommissionen haben hm ihre Thätigkeit gewidmet: eine Vorkommission, berufen, die Grundlagen und den Umfang des Gesetzentwurfs so festzustellen, wie dies im wesentlichen auch für den gegenwärtigen Entwurf maßgebend gewesen ist; eine erste Hauptkommission, bestehend aus hervorragenden Kennern des Rechts in den verschiedenen Rechtsgebieten Deutschlands, it dem Auftrage, aus dem gewaltigen Rechtsstoffe, der sich im aufe der Jahrhunderte in Deutschland aufgethürmt hatte, den Ent⸗ urf eines Gesetzbuchs herauszubauen, und als dieser Auftrag nicht m Sinne der öffentlichen Meinung und auch nicht zur vollen Be⸗ friedigung der verbündeten Regierungen ausgefallen war, eine zweite Hauptkommission, welche berufen war, die Arbeit der ersten Kom⸗ mission zu revidieren, und der wir im vesentlichen das Gesetz⸗ gebungswerk verdanken, das heute vor Ihnen liegt.

Während die erste Kommission nur aus rechtsgelehrten Mitglie⸗ dern bestand, gehörten der zweiten auch Vertrauensmänner an aus großen Parteien des Reichstags und sachkundige Vertreter der sogenannten produktiven Stände: der Land⸗ und Forstwirth⸗ schaft, des Bergbaues, des Gewerbefleißes und des Handels. Wäh⸗ rend die erste Kommission in der Stille der Studierstube und unter dem Geheimnisse der amtlichen Bureaux, fern von dem Pulsschlag des Lebens, lange Jahre hindurch ihrer Aufgabe sich ge⸗ widmet hat, hat die zweite Kommission gearbeitet, wenn ich so sagen darf, auf dem Markt des öffentlichen Lebens, in Fühlung mit den Parteien des Hauses, in Beziehung zu den großen Interessen⸗ gruppen, die unser wirthschaftliches Leben beherrschen. Ihre Aufgabe war es, den gewaltigen Stoff an Kritik, an Wünschen und Be⸗ denken, welche die Veröffentlichung des ersten Entwurfs hervorgerufen hatte, zu sichten und darauf zu prüfen, inwieweit die darin zum Aus⸗ druck gebrachten Erinnerungen mit den Interessen des Landes im Ein⸗ klang waren. Sie veröffentlichte gleich, nachdem ihre Entschlüsse gefaßt waren, den Inhalt derselben, um der öffentlichen Meinung unverweilt Gelegenheit zur Beurtheilung zu geben. Diese Kritik wieder wurde von der Kommission dankbar aufgenommen und in weiteren Lesungen des Entwurfs verwerthet. Ueber alle ihre Sitzungen wurde durch die öffent⸗ lichen Blätter der Bevölkerung Rechenschaft abgelegt. Diese Mit⸗ theilungen regten in weiten Kreisen, nicht bloß unter den Juristen, nicht bloß in den gelehrten Ständen, nein, auch darüber hinaus, neue Wünsche und Anträge an, die gleichfalls von der Kommission mit Auf⸗ merksamkeit hingenommen und verwerthet worden sind. Weit über die Grenze unseres Vaterlandes hinaus, von drüben, jenseits des Ozeans, her sind in dieser Weise Erinnerungen und Verbesserungs⸗ vorschläge an die Kommission gekommen: Zeugnisse des warmen Interesses, welches unsere Volksgenossen auch außerhalb unserer Grenzen an dem nationalen Werke nahmen. Und so, meine Herren, glaube ich, darf man sagen, daß der vorliegende Entwurf, wenn er naturgemäß auch nicht alle Kreise des Volkes befriedigt, nicht mehr der Ausdruck der Meinungen einer auf eine kleine Mitgliederzahl be⸗ schränkten Kommission ist, sondern der Ausdruck der Auffassung in weiten, ja in den weit überwiegenden Kreisen des deutschen Volkes. Aber, meine Herren, damit habe ich den geistigen Inhalt des Entwurfs noch nicht erschöpft. Der Entwurf reicht in seinen Anfängen und Quellen über unsere Generation in die Vergangenheit hinein. Indem er jetzt an der Neige dieses Jahrhunderts an die Oeffentlichkeit tritt, an der Neige eines Jahrhunderts, welches den modernen Staat geboren hat, darf man sagen, daß er gewissermaßen den Niederschlag bildet derjenigen rechtlichen, sittlichen und politischen Anschauungen, die unter den Strömungen und Gegenströmungen der vergangenen Jahrzehnte, seit den Freiheitskriegen allmählich in den festen Besitz des Gewissens des deutschen Volks übergegangen sind. Denn, wie gesagt, an diesem Entwurf hat nicht bloß unsere Generation ge⸗ arbeitet; an ihn hat das deutsche Volk vor uns gedacht und die geistige Kraft der Nation lange vor unserer Zeit hat an ihm gearbeitet.

Seitdem bald nach den Freiheitskriegen zuerst das Machtwort von Goerres die politische Welt für die Schaffung eines einheit⸗ lichen Rechts im Vaterland zu gewinnen suchte, seitdem dann der Heidelberger Rechtslehrer Thibaut auftrat, um in jenem denk⸗ würdigen Streite mit dem Berliner Savigny die Juristenwelt für ein einheitliches deutsches bürgerliches Recht zu begeistern, als weiterhin die preußische Regierung in der Erkennt⸗ niß, daß das Allgemeine Landrecht des vorigen Jahrhunderts für die anderen Zeiten und für die erweiterten Ver⸗ hältnisse des preußischen Staats nicht mehr genüge, die Initiative ergriff, um eine neue Modifikation des bürgerlichen Rechts in Preußen herbeizuführen, als diesem Vorgehen die baverische und die hessische Regierung folgten, vorläufig hoffnungslos, was die Aussichten auf ein gemeinsames deutsches Recht betraf, zunächst darauf bedacht, für ihr eigenes Land die Rechtseinheit zu schaffen, als dem gleichen Vor⸗ gehen die sächsische Regierung folgte und glücklicher als die anderen Regierungen dahin gelangte, in den 60 er Jahren ein einheitliches bürgerliches Recht für Sachsen festzustellen, als selbst der deutsche Bundestag seine partikularistischen Neigungen soweit überwinden mußte,

eine Kommission eingesetzt wurde zur Berathung eines gemeinsamen deutschen Obligationenrechts: in allen diesen Phasen war der Gedanke maßgebend und durchschlagend, daß der gegenwärtige Rechtszustand Deutschlands ungenügend, unhaltbar sei, daß es nothwendig sei, zu einer Kodifikation des deutschen Rechts sei es un

Preußischen Staats⸗Anzeiger.

mittelbar durch ein deutsches Gesetzbuch, sei es mittelbar auf dem Wege zunächst einer partikulareinheitlichen Gestaltung des Rechts.

Dieser Gedanke hat die deutsche Welt auch weiter bewegt. Er schrieb in die Reichsverfassung von 1849 die Forderung eines einheitlichen bürgerlichen Rechts hinein; er ließ den deutschen Juristentag, nicht nur die Vertretung der deutschen gelehrten Juristen, sondern vor allem derjenigen, die mitten im Leben des Volks stehen, nach seiner Bildung als erste Forderung in sein Programm ein einheitliches bürgerliches Recht aufnehmen. Er brachte uns das deutsche Handelsgesetzbuch. Nachdem der Reichstag des Norddeutschen Bundes zusammengetreten war, war er kaum konstituiert, als er schon die Forderung stellte nach einem einheitlichen deutschen Recht, und der Reichstag des Deutschen Reichs folgte ihm, indem er, eben zusammengetreten, diese Forderung wiederholte. Diesem Drängen, meine Herren, verdanken wir das Gesetz vom 20. Dezember 1873, das heute unsere Legitimation bildet, wenn wir die Frage eines ge⸗ meinsamen Gesetzbuchs praktisch diskutieren.

Damals freilich, meine Herren, unter dem Drang der nationalen Begeisterung, war man sich der großen Schwierigkeiten, die gerade in Deutschland der Schaffung eines einheitlichen Rechts entgegenstehen, doch nicht ganz bewußt, und schwerlich hat man gedacht, daß fast ein Menschenalter vorübergehen würde, bevor die verbündeten Regierungen in die Lage kommen würden, dem Reichstag eine Vorlage zu machen, die dem Gedanken des Gesetzes von 1873 entspreche. Aber, meine Herren, ich glaube, ein Blick auf den Rechtszustand, wie er war und leider gegenwärtig noch ist, wird diese lange Zögerung nicht als eine Säumniß der verbündeten Regierungen erscheinen lassen. Vergegenwärtigen wir uns den derzeitigen Rechtszustand, wie ihn wohl niemals in der Welt ein großes Kulturland so lange in solcher Zerrissenheit, Verworrenheit und Unklarheit ertragen hat. Die, wenn ich so sagen darf, geographische Rechtslage in Deutschland ist etwa folgende: Mitten durch unser Vaterland hindurch, von den Alpen bis an die Nord⸗Ostsee, im Süden zwischen dem Schwarzwald und dem Böhmerwald, im Norden zwischen der Weser und dem

Elbstrom, zieht sich ein breites Landgebiet, das den Westen

Wund den Osten Deutschlands auseinanderreist und vom gemeinen Recht beherrscht ist, d. h. von dem gemeinen römischen Recht, das vor fast 1 ½ Tausend Jahren in Byzanz geschaffen wurde und in lateinischer Sprache geschrieben ist. Also dieses Recht herrscht in dem Herzen Deutschlands, aber nicht allein. In buntem Durcheinander sind neben ihm Trümmer alter Volksrechte, alter Landrechte, alterthümliche Kodifikationen veralteter Stadtrechte, Privilegien und Statuten oft von wunderlicher Gestalt in Geltung, sodaß das mitteldeutsche Gebiet in weit über 100 Gebiete mit ver⸗ schiedenen Rechtsnormen zerfällt. Im Osten unseres Vaterlandes herrscht sodann neben einem Stück gemeinen Rechts an der Ostsee⸗ küste und neben dem kleinen Gebiete, welches vom fächsischen Gesetz⸗ buch beherrscht wird, das preußische Allgemeine Landrecht, aber bei Leibe nicht einheitlich, gleichmäßig und allein; theilweise ist es prinzipales Recht und hat alles andere Recht verdrängt, theilweise gelten vor ihm neu kodifizierte Provinzialrechte, theilweise gelten mit ihm Rechte alterthümlicher Art aus vergangenen Jahrhunderten. Im Westen unseres Vaterlandes endlich herrscht nördlich ebenfalls noch in gewissen Gebietsinseln, wenn ich so sagen darf, das gemeine Recht oder das preußische Recht, Allgemeines Landrecht. Den übrigen ganzen Westen beherrscht das französische Recht. Von dem Punkt an, wo der Rhein in unser Land eintritt, bis dahin, wo er wieder über unsere Grenzen geht, herrscht in unseren westlichen Ge⸗ bieten das Recht Frankreichs, unseres Nachbars jenseits der westlichen Grenzen.

In Zahlen ausgedrückt, meine Herren, kann man sagen, stehen von den 50 Millionen Einwohnern, die, rund gerechnet, das Deutsche Reich enthält, etwa 7 % unter dem Recht des Königreichs Sachsent etwa 17 % unter französischem Recht; das gemeine römische Recht mit alten deutschen Partikularrechtsresten gilt für etwa 33 % der Be⸗ völkerung; das Landrecht herrscht in den übrigen Theilen des Landes, rund 43 % der Bevölkerung. Nach diesen Zahlen würde man an⸗ nehmen dürfen, daß das Landrecht und nächst ihm das gemeine Recht die überwältigende Geltung in Deutschland behaupte; aber hier tritt die Thatsache hinzu, daß neben und vor diesen Rechten noch andere partikulare Rechte in Geltung sind. Wenn wir diesen Umstand mit in Rechnung ziehen, dann müssen wir, ich muß wohl sagen, leider gestehen, daß dasjenige Gebiet, in welchem ein einheitliches Recht am mächtigsten, am geschlossensten für einen verhältnißmäßig großen Theil des deutschen Volks herrscht, das Gebiet des französischen Rechts ist. Nach der inneren Kraft gerechnet, hat im Deutschen Reich das französische Recht die Oberhand. Das, meine Herren, giebt zu denken. Auch nach einer anderen Richtung hin läßt sich der gegen⸗ wärtige Rechtszustand Deutschlands in einer für uns nicht gerade schmeichelhaften Weise charakterisieren; ich darf das nicht unterdrücken, wenn der Wahrheit die Ehre gegeben und die Unhaltbarkeit unserer jetzigen Rechtszustände vollständig dargelegt werden soll. Wenn ich frage, in welcher Sprache die Rechtsquellen geschrieben sind, nach denen das deutsche Volk sein Recht nimmt, so ist die Antwort die: Im Osten unseres Vaterlandes gilt deutschsprachiges Recht, das sächsische Gesetzbuch, das preußische Landrecht. In den mittleren Theilen unseres Vaterlandes gilt das Recht Justinian's, in lateinischer Sprache, zum theil sogar griechisch geschrieben. 33 % unserer Be⸗ völkerung sind in der Lage, ihr Recht zu nehmen aus diesen Rechts⸗ quellen abgestorbener Sprachen. Im Westen unseres Vaterlandes, im Großherzogthum Baden, gilt französisches Recht in deutscher Uebersetzung, aptiert für die besonderen Verhältnisse des Staats; in allen übrigen westlichen Theilen des Reichs gilt dagegen der Code in seiner ursprünglichen Gestalt, in französischer Sprache. Das sind etwa 14 % des deutschen Volks! 14 % des deutschen Volks sind in der Lage, ihr Recht zu nehmen aus einem Gesetzbuche französischer Sprache, das nur die Gebildeten verstehen. 46 % des deutschen Volks, d. h. fast die Hälfte Deutschlands hat sein Recht zu suchen in Quellen, denen

Da ist es begreiflich, meine Herren, daß, als die Freiheitskriege vorüber waren, das deutsche Volk in seinem aufflammenden National⸗ gefühl diesen Zustand schwer empfand, und es ist auch verständlich, wenn unsere Zeit die Verantwortlichkeit empfindet, diesem Zustande endlich ein Ende zu machen. (Bravo!)

Nun, meine Herren, auf jenem Trümmerfelde deutscher Rechts⸗ einrichtungen, wie ich es eben geschildert habe, mußten die Männer, die berufen waren, das Gesetzbuch herzustellen, die Bausteine suchen, aus

denen der neue Rechtsbau hergestellt werden sollte. Das war eine schwierige, eine verantwortungsvolle Aufgabe: schwierig, weil ihnen

sofort die Frage entgegentrat: aus welchem dieser ve gebiete soll vorwiegend das Material

. si it sein chauungen und Einrichtunge bei diesem Neubau vernachlässigt glaubte, Rechenschaft von jenen

Männern verlangte, die den Bau zu schaffen hatten. Indessen konnte es für die Kommission schließlich kein Zweifel sein, daß weder die

bestehende Rechtskodifikation, noch auch das alte gemeine römisch

deutsche Recht zur maßgebenden Grundlage für unser neues bürger⸗

liches Recht genommen werden durften. Die Kommission hat sich auf den

Standpunkt gestellt, daß sie das Recht aufbauen wolle nach Gründen der

Zweckmäßigkeit, im Anschluß an die Traditionen, die im deutschen Volk vorwiegend walteten, ohne Bruch mit der Vergangenheit, aber auch 8 ohne Liebhaberei für abgestorbene Dinge. So gelangte sie zu

der Ueberzeugung, daß trotz allen Rufens, das in neuerer Zeit ein überspanntes nationales Gefühl dahin laut werden ließ: das deutsche Recht müsse wahrhaft deutsch und nur aus deutschen Quellen geschöpft

sein, bei der Errichtung des neuen Rechtsbaues das römische Recht, wie es einmal in Deutschland besteht, nicht übergangen werden durfte Denn das römische Recht, wie es bei uns besteht, ist nicht römisches

Recht mehr in dem strengen nationalen Sinne; es ist gemodelt und

theilweise deutsch geworden in der geistigen Arbeit Deutsch⸗

lands von vier Jahrhunderten. Es muß als deutsches Recht gelten, weil auf vielen Gebieten, die der entwickelte Verkehr in

der Neuzeit geschaffen hat, die alten Rechtssätze und Rechts⸗ anschauungen des deutschen Lebens nicht mehr genügten, ja vielfach geradezu fehlten. Es muß als modernes Recht gelten, gerade so, wie römisches Recht in fast allen Kulturländern Europas seine wich⸗ tigsten Grundsätze zu dem bestehenden geltenden Recht hergeliehen hat.

Diese von der deutschen Kultur aufgenommenen, von der euro⸗

päischen Kultur mitgetragenen Rechtssätze aus dem neuen Rechtsbuche auszuscheiden, wäre unmöglich, wäre eine Thorheit gewesen; denn wenn es sich auch nur um Deutschland allein gehandelt hätte, so hätte

darin ein Bruch mit der Vergangenheit gelegen, den das deutsche Volk

und seine Interessen nicht ertragen könnten, es wäre auch unbegreiflich

gewesen in einer Zeit, wie die unfrige, wenn wir, da der Verkehr die Nationen täglich nähert, uns mit unserem Recht wieder zurückversetzen

wollten auf vergangene Zeiten, um unser Rechtsleben von den anderen Nationen zu trennen.

Aber, meine Herren, mit der Erkenntni daß wir gezwungen und berechtigt waren, den römischrechtlichen Anschauungen einen Platz in dem Bürgerlichen Gesetzbuch zu geben, war es verträglich, ja es war die Pflicht der Kommission, dafür zu sorgen, daß das, was an deutschrechtlichen Anschauungen in den Gemüthern unseres Volks noch lebt, in dem Recht unseres Volks noch nicht vollständig abgestorben ist, erhalten, neu befruchtet und weiter entwickelt werde. Soweit, wie das deutsche alte Recht im stande gewesen ist, der Macht des modernen Lebens Widerstand zu leisten und sich den Verhältnissen dieses Lebens anzuschließen, so weit hat es auch Anspruch darauf, in unserem Gesetzbuch weiter zu leben. Insoweit wird es vielleicht sogar der fruchtbarste Keim für die künftige Entwickelung unseres Rechts werden. Nach diesen Gesichtspunkten hat die Kommission die Aus⸗ wahl der auf deutschem Boden ursprünglich gewachsenen Rechts⸗ sätze getroffen, die in das neue Gesetzbuch zu übernehmen waren; es hat erhalten, was noch am Leben war, aufgefrischt, was im Verwelken begriffen, neu herangezogen, was das römische Recht zurückgedrängt, doch nicht erstickt hat, aber die Todten hat es nicht in das Leben zurückrufen wollen. Germanische Liebhabereien hat die Kommission nicht treiben dürfen. Die praktischen Interessen der deutschen Nation standen dafür zu hoch.

Meine Herxen, wo die Grenze hier zu ziehen war, das ist ja eine schwierige Frage, und so wird man auch verschiedener Meinung darüber sein können, ob so, wie die Auswahl von der Kommission getroffen worden ist, die richtige Linie eingehalten wurde. Für die Kommission waren aber zwei sichere Leitpunkte bei dieser Aus⸗ wahl vorhanden: einmal die großen Kodifikationen der neuen Zeit; soweit das Allgemeine Landrecht, der französische Code, das sächsische Gesetzbuch Rechtssätze und Rechtsanschauungen gemeinsam vertreten, soweit durfte die Kommission mit einiger Sicherheit annehmen, daß diese Dinge auch dem Rechtssinn und den Anschauungen des deutschen Volks entsprachen. Wenn man zweifelhaft war, wie die Wahl getroffen werden sollte, so konnte die Uebereinstimmung dieser drei großen Kodifikationen eine verhältnißmäßig sichere Leitung bieten. Soweit aber in diesen Kodifikationen verschiedene Sätze herrschen, soweit mußte im Interesse der Ein⸗ heit des Ganzen das Kleinere und Schwächere zurück⸗ treten. Die Kommission hat demgemäß in solchen Fällen sich denjenigen Anschauungen und Rechtssätzen zugewendet, die verhält⸗ nißmäßig die größte Herrschaft behaupteten. So hat sie gehandelt beispielsweise auf dem Gebiet des Hypothekenrechts, des ehelichen Güterrechts, auf dem Gebiet des Vormundschaftsrechts, wie auch in anderen Fragen. Und ich glaube, eine nähere Prüfung wird auch dem hohen Hause die Ueberzengung verschaffen, daß, wenn natürlich hierbei unvermeidlich die Anschauungen einzelner Bevölkerungskreise Deutsch⸗ lands empfindlich berührt worden sind, anders doch nicht vorgegangen werden konnte, wollten wir überhaupt zu einer Rechtseinheit gelangen Meine Herren, es giebt ja Männer, die das Recht der Zukunft schon fertig zu haben glauben und die auch hier verlangt haben, unsere Kodifikation solle mehr sein als nur eine Vereinheitlichung des gel