1896 / 44 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 19 Feb 1896 18:00:01 GMT) scan diff

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Elsaß⸗Lothringen, sowie die ver⸗ einigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel

ind Verkehr hielten heute Sitzungen. ö“

In der Ersten und Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „R.⸗ u. St.⸗Anz.“ wird eine vom 13. d. M. datierte Bekanntmachung des Finanz⸗Ministers, betreffend die Aus⸗ führung des Stempelsteuergesetzes vom 31. Juli 1895, veröffentlicht. Diese Bekanntmachung, welche die vorzugsweise für das Publikum in Betracht kommenden Bestimmungen enthält, wird auch in den Regierungs⸗Amtsblättern publiziert werden. Die für die Behörden in Betracht kommenden chriften, betreffend die Ausführung des Stempelsteuergesetzes ind in einem besonderen Theil enthalten, welcher demnächst mit der im „Zentralblatt der Abgaben⸗ Gesetzgebung und Verwaltung in den Königlich preußischen Staaten“ zur Veröffentlichung gelangen soll.

Außerdem werden noch besondere Abdrücke angefertigt werden, enthaltend das Stempelsteuergesetz vom 31. Juli 1895, die Bekanntmachung und die Dienstvorschriften zur Ausführung desselben sowie die allgemeine Verfügung des Finanz⸗Ministers und des Justiz⸗Ministers, betreffend das gerichtliche Stempelwesen. Diese Abdrücke können von allen Haupt⸗Steuer⸗ und Haupt⸗ gegen Zahlung des Herstellungspreises bezogen werden.

Baden.

Der „Karlsruher Zeitung“ zufolge leidet Seine Königliche Senn der Großherzog an einer einseitigen neuralgischen ffektion des Kopfes, befindet sich jedoch bereits auf dem Wege der Besserung. Der Großherzog nimmt täglich die regelmäßigen Vorträge entgegen. 1“

Braunschweig.

Bei Ihren Königlichen Hoheiten dem Prinzen und der Prinzessin Albrecht von Preußen fand am Dienstag im Residenz⸗Schlosse zu Braunschweig ein Hofball statt, zu dem ca. 580 Einladungen ergangen waren. Ihre Durch⸗ lauchten der G und die Prinzessin Friedrich von Sachsen⸗Meiningen waren Gäste Ihrer 1sS. Hoheiten und mahmen an dem Hofba gcs auch waren der Königlich Freuße che außerordentliche Gesandte und bevoll⸗ mächtigte Minister von Bülow und Gemahlin geladen.

Elsaß⸗Lothringen.

Der nunmehr dem Landesausschuß zugegangene Ent⸗ wurf eines Gesetzes, betreffend die Wahlen der Mitglieder der Bezirksvertretungen und der Kreisvertretungen, enthält 2 ende Bestimmungen:

1. ie Wahl der Mitglieder der Bezirksvertretungen und der Kreisvertretungen findet gemeindeweise statt. Wahlberechtigt ist, wer das Wahlrecht für den Gemeinderath v. Wählbar ist jeder Reichsangehörige, welcher das 25. Lebensjahr zurückgelegt hat und im Bezirk oder Kreis zu einer direkten Staatssteuer veranlagt ist, sofern nicht Umstände gegen ihn vorliegen, welche nach § 30 Abs. 3 der Geumeindeordnung vom 6. Juni 1895 das Wahlrecht für den Gemeinde⸗ rath ausschließen. § 2. Mitglieder der Bezirks⸗ und Kreisvertretungen können nicht sein: 1) die öö“ und die Kreis⸗Direktoren, sowie die bei diesen Behörden angestellten Beamten; 2) die Beamten der Landesbauverwaltungen; 3) die Beamten der Zoll⸗ und Steuerver⸗ waltung; 4) die Beamten der Forstverwaltung; 5) die Amtsrichter; 6) die im Amt befindlichen Religionsdiener und die Lehrer an öffent⸗ lichen Elementarschulen; 7) die Polizeibeamten und die Gendarmen; 8) die Archivbeamten bei den Bezirksarchiven und die Waisen⸗ Inspektoren; 9) die aus Bezirksmitteln bezahlten Beamten und An⸗ gestellten mit Ausnahme der Kantonal⸗Aerzte und Kantonal⸗Thierärzte; 10) die Militärpersonen des Friedensstandes 38 des Reichs⸗ Militärgesetzes vom 2. Mai 1874) mit Ausnahme der Militärbeamten.

3. Niemand kann gleichzeitig 8Se. mehrerer Bezirks⸗ oder reisvertretungen oder in derselben Bezirks⸗ bezw. Kreisvertretung Mitglied für mehrere Kantone sein. Der mehrfach Gewählte ist von dem Bezirks⸗Präsidenten zu einer Erklärung darüber aufzufordern, welche Wahl er annehmen will. Eine Erklärung unter Vorbehalt oder eine nach den vorstehenden Bestimmungen unzulässige Annahmeerklä⸗ rung, sowie das Ausbleiben der Erklärung binnen einer Woche, von der Zustellung der Aufforderung des Bezirks⸗Präsidenten ab, gilt als Ab⸗ lehnung. § 4. Mitglieder der Bezirks, und Kreisvertretungen scheiden, wenn nach der Wahl infolge des Verlustes der Reichsangehörigkeit oder des Eintritts eines der im § 30 Abs. 3 der Gemeindeordnung bezeichneten Ausschließungsgründe ihre Wählbarkeit erlischt, aus den Vertretungen aus. 5. Die auf die Wahl der Mitglieder des Ge⸗ meinderaths bezüglichen Bestimmungen der §§ 32 39, 42 und 70 der Gemeindeordnung finden auf die Wahlen zu den Bezirks⸗ und Kreisvertretungen mit folgenden Maßgaben entsprechende Anwendung: 1) der Tag der Wahl wird von dem Bezirks⸗Präsidenten festgesetzt; 9 eine Eintheilung der Gemeinde in Wahlbezirke findet nicht statt; 3) die Feststellung des Wahlergebnisses für den ganzen Kanton erfolgt es Kantons; 4ü) zur Erhebung von Ein⸗ die Gültigkeit einer Wahl, sowie von Ein⸗ en gegen das Recht zur Bekleidung der Stelle eines tgliedes der Bezirks⸗ und Kreisvertretungen auf Grund ver §§ 2 und 4 dieses 1e ist jeder Wahlberechtigte des Kantons, in welchem die Wahl stattgefunden hat, sowie der Bezirks⸗ Präsident befugt. Der Einspruch eines Wahlberechtigten ist bei dem Bezirks⸗Präsidenten einzureichen. § 6. Im Falle der Erledigung von Stellen in den Bezirks⸗ und Kreisvertretungen sind die erforderlichen Ersatzwahlen, soweit angängig, vor Beginn der nächsten ordentlichen Sitzungsperiode der Bezirks⸗ oder Kreistage vorzunehmen. § 7 hebt ie diesem Gesetz entgegenstehenden Vorschriften auf und führt die inzelnen 8* Kraft tretenden Gesetzesbestimmungen an. Insbesondere kommt die Unvereinbarkeit der gleichzeitigen Mitgliedschaft zum Bezirks⸗ g und zum Kreistag in Wegfall.

Oesterreich⸗Ungarn. 3 8

Gestern Nachmittag fand in Wien die feierliche Bei⸗ etzung des ver torbenen Oberst⸗Hofmeisters Prinzen zu ohenlohe⸗Schillingsfürst statt. Eine Abtheilung ruppen unter dem 8 l des Prinzen Joseph zu Windisch⸗ rätz gab dem Verstorbenen das Ehrengeleit. In der Kar⸗ eliter⸗Kirche, in welcher die feierliche insegnung stattfand,

waren anwesend: der Kaiser Fran S. eph, die Erz⸗ herzoge Otto, Ludwig Victor, 8. eph Ferdinand und Friedrich, der Herzog von Cumberland, der Herzog Ernst Günther zu Schleswig⸗ olstein, der deutsche Reichskanzler Fürst zu go enlohe⸗ Schillingsfürst, der deutsche Botschafter in Wien, Graf zu Eulenburg, Letzterer als Vertreter des Deutschen Kaisers, der bayerische Gesandte Freiherr von

Podewils als Vertreter des Prinz⸗Regenten von Bayern, der sächsische Gesandte Graf von Wallwitz, Graf G.n ovgt⸗ Graf Badeni, Baron Kallay und andere Minister, der Kardinal⸗Fürst⸗Erzbischof Gruscha und der Nuntius Agliardi. Von der Karmeliter⸗Kirche bewegte sich der imposante Leichenzug nach der Votiv⸗Kirche, wo Ehren⸗ vegsc⸗ mabge eben wurden, und hierauf nach dem Währinger

rtsfriedhof.

9 der gestrigen des Eisenbahnausschusses versicherte der Eisenbahn⸗Minister Freiherr von Guttenberg, daß er den Wünschen der Bevölkerung ohne Unterschied der Nationalität stets Wohlwollen entgegenbringen werde; er hoffe demnächst wichtige Vorlagen in Betreff des Ausbaues des Eisenbahnnetzes behufs Ergänzung der und Import⸗ Verkehrslinien vorzulegen, falls das Parlament die geplante Aufnahme des Investitions⸗Fonds genehmige.

Mitglieder des vor einiger Zeit von dem ungarischen Ministerium des Innern aufgelösten rumänischen Exekutiv⸗Comités haben in der zu Hermannstadt er⸗ scheinenden „Tribuna“ einen Aufruf veröffentlicht, worin sie erklären, daß sie nach wie vor auf dem Passivitätsprogramm vom Jahre 1881 verharren. Dieser Aufruf wird in Budapest als Beweis für die vollzogene Spaltung zwischen einem Theil der unversöhnlichen Rumänen in Siebenbürgen und den süd⸗ ungarischen Rumänen ing. welch letztere zur Bildung sün gemäßigten rumänischen Partei Boden zu gewinnen

Großbritannien und Irland.

In der gestrigen Sitzung des Unterhauses erklärte der Staatssekretär der Kolonien Chamberlain: nach den neuesten Nachrichten seien 21 Mann der Streitkräfte Jameson's in dem Gefecht bei Krügersdorf getödtet worden oder später gestorben; 46 Mann seien theils krank, theils verwundet in das Haßpitar gebracht worden. Ueber den Verlust der

ürgertruppen liege keine offizielle Mittheilung vor. Der Parlaments⸗Sekretär des Auswärtigen Curzon er⸗ widerte auf eine Anfrage, es sei nicht beabsichtigt, die Schriftstücke und den Schriftwechsel über das jüngste zwischen Siam und Frankreich getroffene Abkommen vorzulegen. Ferner theilte Curzon mit: 100 russische Matrosen seien am 10. d. in Chemulpo gelandet und nach Söul abgegangen. Der König von Korea habe sich am 11. d. M. in die russische Gesandtschaft geflüchtet. Eine britische Truppen⸗ abtheilung, deren Zahl er nicht kenne, sei auf Wunsch des britischen Konsuls zum Schutze der britischen Gesandtschaft später ge⸗ landet worden. Als Grund für das Vorgehen des Königs werde die politische Lage in Söul sowie das Bestehen einer Gefahr 8 den König und dessen Familie angegeben. Er (Curzon) abe keinen Grund zu glauben, daß es sich um eine Occupation seitens Rußlands handele. Der russischen S würden keine Vorstellungen in dieser Hinsicht gemacht werden. Im

weiteren Verlauf der Sitzung nahm das Haus die Adresse an. Die irische Partei des Unterhauses wählte gestern Dillon mit 38 gegen 21 Stimmen zum Präsidenten.

Frankreich.

Der Minister⸗Präsident Bourgeois erklärte vorgestern bei dem Empfange einer Abordnung von Deputierten der äußersten Linken, er wünsche jetzt nicht interpelliert zu werden; er ziehe es vor, die gaic ie ans des Senats abzuwarten. In einem gestern im Elysée abgehaltenen Ministerrath wurde, dem „W. T. B.“ zufolge, die politische Lage besprochen und die laufenden Geschafte erledigt.

Spanien.

Der Madrider „Herald“ berichtet, der Gesandte der Ver⸗ einigten Staaten in Madrid Taylor habe an die Regierung eine formell gehaltene Note e worin er Aufklärungen in Betreff eines Vortrags erbitte, welchen der Kommandant der Karavelle „Santa Maria“ Concas in der Geographischen Gesellschaft über die Eindrücke während seines Aufenthalts in den Vereinigten Staaten gehalten haqbbe.

Türkei.

Wie die „Politische Korrespondenz“ aus Konstantinopel erfährt, wird sich der Sultan bei der Krönung des Kaisers von Rußland durch eine Mission von drei Abgesandten, an deren Spitze ein Marschall stehen wird, vertreten lassen. ““

Die Skupschtina nahm gestern einen Regierungsantrag an, betreffend die Regelung der Notenausgabe der Nationalbank im Anschluß an den § 11 des Statuts der Nationalbank, welcher im Jahre 1893dahin interpretiert wurde, daß die sogenannten Silbernoten nicht auf Gold und Silber zugleich, sondern auf die ausschließliche Silbergrundlage hin ausgegeben seien. Nach der nunmehr berichtigten Interpretation wird die Nationalbank Silbernoten und Goldnoten mit getrennter Silber⸗ bezw. Golddeckung ausgeben. Die Nationalbank kann fortan den heeeieercachn Betrag an Noten ausgeben, welche einerseits

urch eine Golddeckung, andererseits durch eine Gold⸗ und Silbergrundlage gesichert sind. Für die Goldnoten ist eine Dreiviertel⸗Golddeckung erforderlich. Die Silbernotenausgabe darf 25 Millionen Franks nicht überschreiten. Sowohl der Minister⸗Präsident Novakowic wie der Finanzausschuß erklärten die angenommene Maßregel eine provisorische, bis einmal eine alleinige Goldnotenausgabe möglich sein werde

Schweden und Norwegen.

Das ordentliche norwegische Heeresbudget für das Jahr 1895/96 beträgt, wie die „Norsk Militaert Tidskrift“ mittheilt, in Ausgabe 8 540 400 Kron. (1 Krone = 1,12 ½ ℳ), in Einnahme 70 000 Kron. Das ordent⸗ liche Marinebudget für denselben Zeitraum weist an Aus⸗ aben 2 993 656 Kron., an Einnahmen 120 000 Kron. auf. azu kommen an außerordentlich bewilligten Aus⸗ gaben für das Heer 3369 300 und für das Küsten⸗ vertheidigungswesen und die Flotte 11 925 400 Kron.

Der Präsident Cleveland hat, wie „W. T. B.“ aus Washington erfährt, dem Kongreß den Notenwechsel mit der deutschen Rsgterang über die Ausschließung der amerikanischen esellschaften vorgelegt.

Aus Havanna wird berichtet, die use enten hätten eine 10 km von Havanna belegene Eisenbahnstation in Brand gesteckt. Eine in Madrid eingetroffene Depesche des Generals

Weyler bestätigt die Nachricht, daß es Maceo elungen se⸗ die spanische Linie in der Richtung nach Osten zu urchben uh.

Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“ aus Rio g Janeiro hat der italienische Gesandte Magliano auf Gr de der ihm von der italienischen Regierung 88„. Instrukticund bereits 32 Reklamationen geregelt, welche die brasilianisch Regierung durch Zahlung von 335 Contos Reis befriedishe Auch bezüglich der aus persönlichen Beleidigungen herrüͤhate den und die italienischen Ansiedler betreffenden Reklamation ist eine billige Lösung gefunden worden. en

Afrika.

Aus Massowah erfährt die ase Stefani“, daß d telegraphische Verbindung mit dem Operationskorps, welhe nach längerer Unterbrechung vorgestern Nachmitta für has vht bCöö“ Seeesen aufs neue unterbrochen 198

ine Depesche des Generals Baratieri aus Sanriat vom 17. d. M. melde, daß Ras Sebat und Ras Agos in der Nacht des 14. Februar mit einem kleinen Theil ihrer Truppen

von den Italienern abgefallen seien und am 16. d. die kleine Station der Italiener bei Kol Seeta südlich von

Adigrat angegriffen hätten, worauf sie egen den Paß von Alequa zu weitermarschiert seien. Der Baoinan Nüs an gatta sei am 16. d. M. Vormittags 10 Uhr von Atabei (einer italienischen Station, 1 ½ Stunden westlich von Alequa) mi

300 Mann italienischer Truppen egen Alequa vehn und auf den Feind gestoßen; er habe sich mit demselben in ein Gefecht eingelassen, welches er in Erwartung von Verstärkungen in f

Länge gezogen habe. Der Major Valli sei dann auch mit

dem 7. Bataillon eingetroffen und habe sogleich Kol Seeta

angegriffen, welcher Punkt nach sehr lebhaftem Kampf zurück⸗ genommen worden sei. Die Haltung der italienischen Truppen sei ausgezeichnet. Auf der Seite von Kassala sei alles ruhig.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sitzung des Reichst befindet sich in der Dritten Peilage cstats

In der heutigen (44.) Sitzung des Reichstagz welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister 2 von Boetticher und der Kriegs⸗Minister Bronsart von Schellendorff beiwohnten, wurde die ehh Berathung des Reichshaushalts⸗Etats und zwar des Militär⸗Etatz fortgesetzt.

Zu dem Kapitel „Militär⸗Gefängnißwesen“ spra bei Schluß des Blattes der Abg. Bebel (Soz.). fng

In der heutigen (22.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister des Innern Freihen von der Recke beiwohnte, wurden zunächst die dem Hause ugegangene Denkschrift der Arsi-vedengakomm she Westpreußen und Posen für 1895 und die Dent⸗ chrift über den Waggonmangel auf Vorschlag des

Präsidenten der Budgetkommission überwiesen. „Scodann erklärte das Haus den Bericht über die Aus⸗ führung verschiedener Gesetze, betreffend den Erwerb von Privateisenbahnen für den Staat, in einmaliger Berathung für erledigt und nahm in erster und zweiter erathung den Gesetzentwurf, betreffend die Veränderung der Grenze zwischen dem Landkreise Cassel und dem Kreise Wolfhagen in Regierungsbezirk Cassel, ohne Debatte an.

Hierauf folgte die Berathung des Antrags Knehel en.:

Die Regierungen zu ersuchen, Eisenbahnausnahne⸗ tarife für Obstlieferungen aus den wichtigsten Erzeugungs⸗ gebieten nach den Hauptabsatzgebieten Berlin und Hamburg sowie nach den Industriegebieten einzuführen.

Abg. Knebel (nl.) begründete den Antrag unter Hinweis auj die heutige Entwickelung des Obstbaues; die Verwerthung der Er⸗ zeugnisse desselben sei aber auf einem todten Punkt angelangt. Die Obstanlagen seien heute nicht mehr Nebensache in kleinen Ortschaften sondern seien zum Gelderwerb, zum ausschließlichen Lebensunterhal⸗ gemacht. Redner schilderte eingehend die Konkurrenz des Auslandes, m welches wir in den letzten drei Jahren über 69 Millionen Mark fir frisches und getrocknetes Obst bezahlt haben. Unsere Obstausfuhr de⸗ gegen, die sich auf Großbritannien und die Schweiz beschränke, sei sehr gering. Berlin werde fast ausschließlich vom Auslande mit Obft versorgt. Aus den Verhandlungen des Landes⸗Eisenbahnraths von 1891 gehe hervor, daß im November und Dezember 1890 von 235 in Berlin eingegangenen Waggons Aepfel nur 9 aus dem Inlande, die übrigen aus Steiermark, der Schweiz, Italien und Sachsen stammten. Um der Konkurrenz des Auslandes zu begegnen, empfehle sich zunächst die Verfeinerung unserer Obsterzeugnisse und die Bildung von Ge⸗ nossenschaften zur besseren Verwerthung derselben. Diese Mittel 2 aber noch nicht genug, wenn nicht eine Nenderung unserer Eisenbahntarife hinzukäme. Das Ausland habe billigere Tarife für Obst. In Württemberg war im letzten Jahr die Obsternte sehr schlecht, im Osten unseres Staats aber sehr gut, doch hier verkam das Obst aus Mangel an nösaß. Die generelle ehse hem der Obsttarife habe der Landes⸗Eisenbahnrath mit Recht abgelehnt, weil davon auch das Ausland Nutzen hätte, wir bedürfen vielmehr billiger Ausnahmetarife für die Obstsendungen nach den Haupt⸗ absatzgebieten Berlin und Hamburg und den Industriegebieten. Nicht diene der Gesundheit mehr als das Obst. .“

Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Möllhausen: Der inländische Bedarf konnte durch das Inland nicht gedeckt werden, wir sind bisher auf das Ausland mit angewiesen gewesen. Unser Obstbau kann aber noch vermehrt werden, er hat bisher die Waare nicht liefern könna, welche der Markt begehrte. Die früheren Anträge wegen der Obs⸗ tarife haben eine genaue Prüfung im Jahre 1891 veranlaßt, die Un⸗ träge wurden aber abgelehnt, und so ist es bisher beim Alten geblieben. AZE hat billigere Staffeltarife für Obst. Statt einer

enerellen Klassifikation des Obstes verlangt der Vorredner ües usnahmetarife nach den Fenbeabsctgenretn. und dieser Weg wir auch von der Eisenbahnverwaltung nicht als un angbar angesehen. Ganz zuverlässig ist die Statistik der Obsteinfu t Fil Hamburg und Berlin nicht, aber sie giebt uns doch ein B 4 der Verhältnisse, und danach sind die Anführungen des Vorredners begründet, wenigstens bezüglich Berlins und Hamburgs. Bedentlich ist mir der Antrag in Bezug auf die Industriebezirke, wie namentli das Saargebiet und Oberschlesien, wo Ausnahmetarife auch der G. ländischen Konkurrenz nützen würden. Die Regierung wird die Sa weiter in Erwägung ziehen. 8 tigte

„Abg. Freiherr von Willisen kkons.) erkannte die beabsich ver Fürsorge des Antragstellers für den Obstbau gern an, befürchtete adeg von Ausnahmetarifen eher eine Schädigung als eine Ferderugs Obstbaues. Der Obstbau müsse sich vor allem den lokalen 8 erhalten. Der Millionen repräsentierende Obstbau von Werden 1ns der Mark überhaupt könne seine Obstbäume einfach abhacken un g Feuer werfen, wenn die Zufuhr aus anderen Obstgegenden durch nahmetarife erleichtert werde. it Rück⸗

Abg. von Tiedemann⸗Bomst (fr. kons.) beantragte, mi Uislarz sicht nae die entgegenkommende Erklärung des Regierungskommi

u.

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efolgt, wieder aufgehoben, so hat,

l der Regierung als Material zu überweisen. Es 87 vatr aggnehenche Anteäge in das Haus zu werfen; denn die ent⸗ se enstehenden Interessen könnten in richtiger Weise nur im Landes⸗ Esgenbahnratb geprüft werden. 1 1

Abg. 1 (Zentr.) hielt den Antrag der Erwägung für werth und bat, ihn anzunehmen.

Abg. Herold (Zentr.) empfahl dem Antrag gegenüber die größte Vorsicht und eingehendste Prüfung; denn bei Tarifänderungen könnten immer Verschiebungen eintreten, welche den erwarteten Vortheil in Frage stellen.é Redner stimmte deshalb dem Antrag von Tiedemann zu.

Nach dem Schlußwort des Abg. Knebel, in welchem er die Ueberweisung seines Antrags an die Budgetkommission be⸗ antragte, wurde sowohl der Antrag auf Ueberweisung an die Regierung als Material, als auch der Antrag auf Ueberweisung an die Budgetkommission abgelehnt. Eine Ab⸗

stimmung über den Antrag Knebel selbst fand nicht statt.

Es folgte die Berathung von Petitionen.

Einige Petitionen von lediglich persönlichem oder lokalem Inter⸗

wurden ohne wesentliche Debatten erledigt. efje Ueber die Petition des Gerichtsschreibers a. D. Stentzel in Patschkau um Bewilligung einer höheren Pension ging das Haus zur Tagesordnung über. 1“ 1““

Die 158 der Mitglieder der Einschätzungskommissionen in Wandsbeck, Mohr und Genossen, um Erstattung von Versäumniß⸗ kosten, sowie die Petitionen des Magistrats in Linden und des Ma⸗ gistrats in Zirke um Errichtung eines Amtsgerichts in Linden bezw. in Zirke wurden ohne erhebliche Debatten der Regierung als Material überwiesen. 8

Die Petitionen des Westpreußischen sowie des Magistrats und der Stadtverordneten in Elbing, betreffend die Heranziehung der Staatsbeamten zu den Gemeinde⸗ abgaben, beantragte die Gemeindekommission der Regierung als Material zu überweisen.

Abg. Lan gerhans: Er befürworte, die Petition der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Material über diese Frage sei massen⸗ haft vorhanden, es sei oft genug darüber gesprochen worden. Die Staatsbeamten genießen alle kommunalen Vortheile und Einrichtungen und müßten deshalb auch voll zur Kommunalsteuer herangezogen

werden. 1 Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Noell bat, es bei dem Kom⸗

missionsantrage zu belassen, und bestritt die Richtigkeit der Aus⸗ führungen des Vorredners. Das Haus beschloß nach dem Antrage

der Kommission.

8 8 g. 8

Wird ein eröffnetes Konkursverfahren, als zu Unrecht nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. SöPhlgenate, vom 15. November 1895, der Kon⸗ kursverwalter zunächst vor wirksamer Bekanntmachung des Auf⸗ hebungsbeschlusses für die Befriedigung, bzw. Sicherstellun der Massegläubiger aus der Konkursmasse zu sorgen und er sodann das, was von der Masse übrig bleibt, dem Gemeinschuldner zurückzugeben, widrigenfalls der Konkursverwalter persönlich sür den den Massegläubigern erwachsenden Schaden haftbar gemacht werden kann, soweit die zur Zeit der Wieder⸗ aufhebung des Eröffnungsbeschlusses vorhandene Masse zur Befriedigung oder doch zur Sicherstellung der Mäsiegeeäger zu⸗ gereicht hätte (was die Massegläubiger darzulegen haben); in so⸗ weit kann der nachlässige Konkursverwalter persönlich von den Masse⸗ gläubigern in Anspruch genommen werden. Ueber das Vermögen der Waldbrauerei zu B. (Holstein) eröffnete auf den Beschluß des Landgerichts das Amtsgericht Sch. durch Verfügung vom 17. Januar 1893 das Konkursverfahren, und es bestellte den Rechtsanwalt Br. zum Konkursverwalter. Dieser Eröffnungsbeschluß wurde aber vom Ober⸗Landesgericht aufgehoben, und die dagegen verfolgte weitere Be⸗ schwerde wurde durch Beschluß des Reichsgerichts vom 16. Mai 1893 verworfen. Das Amtsgericht hob hierauf durch Beschluß vom 31. Mai 1893 das Verfahren wieder auf und machte die Wieder⸗ aufhebung in der B. schen Zeitung, seinem Amtsblatte, am 10. Juni öffentlich bekannt. Der Konkursverwalter hatte inzwischen den Betrieb der Brauerei fortgesetzt und den bisherigen Leiter, den Direktor H., beibehalten. Dieser bezog, vom Konkursverwalter dazu ermächtigt, von der Firma S. u. Co. drei Posten Hopfen für die Konkursmasse. Die Firma S. u. Co. erhielt aber für ihre Forderung keine Befriedi⸗ zung aus der Konkursmasse, und sie machte für diese Nichtbefriedigun klagend den früheren Konkursverwalter, Rechtsanwalt Br., persönli verantwortlich, nachdem später abermals und nun rechtskräftig der Konkurs über das Vermögen der Waldbrauerei eröffnet worden war und die Firma S. u. Co. in diesem Verfahren nach ihrer Behauptung Be⸗ friedigung nicht zu erwarten hatte. Das Berufungsgericht verurtheilte den Beklagten, der Klägerin gegen Abtretung der aus dem Konkurse der Wald⸗ Brauerei zu erwartenden Dividende den eingeklagten Betrag zu be⸗ zahlen. Auf die Revision des Beklagten hob das Reichsgericht das Berufungsurtheil auf, unter Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, insbesondere behufs Feststellung, in wie weit die damals vorhandene Konkursmasse zur Befriedigung oder doch zur Sicherstellung der vom Konkursverwalter kontrahierten Schulden zu⸗ reichte. „Es handelt sich um die Frage, ob der Konkursverwalter im aalle der Wiederaufhebung des Eröffnungsbeschlusses verpflichtet ist, ür die Befriedigung bezw. Sicherstellung der (Masse⸗) Gläubiger zu scgen obwohl das Gesetz im Anschluß an § 105 der Konk.⸗⸗Ordn. nicht die Vorschrift gegeben hat, welche im Anschluß an den Zwangs⸗ vergleich in § 176 der Konk.⸗Ordn. getroffen worden ist. Diese Frage mußte bejaht werden. Der die Eröffnung aufhebende Beschluß vernichtet nicht das voraufgegangene Verfahren ex tunc, sondern beendigt es. Es behalten daher auch alle Versügungen, die der Konkurs⸗ verwalter auf Grund der ihm mit seiner Bestellung vom Gesetze zu⸗ Fepteschen ufgabe über die Konkursmasse und für dieselbe getroffen at, vollen Rechtsbestand, sind daher auch insbesondere für den Gemeinschuldner in derselben Weise bindend, wie bei Beendigung des Konkurses durch ordnungsmäßigen Verlauf oder durch Zwangsvergleich. Es wird aber auch seine Stellung zu den Massegläubigern dadurch nicht verändert, daß der Eröffnungsbeschluß als zu Unrecht erfolgt wieder aufgehoben wird. Das Recht der Massegläubiger, wegen ihrer Ansprüche vorweg aus der Masse befriedigt zu werden, ist vom Gesetze nicht von der Rechtskraft des Eroͤffnungsbeschlusses abhängig gemacht. Ihrem Anspruch auf dee gu aus der Masse entspricht

die Pflicht des Konkursverwalters, für solche Befriedigung zu sorgen, enn nur der Konkursverwalter in dieser seiner Eigenschaft und den ihm vom Gesetz Befugnissen ist ihr Mitkontrahent; nur hm und der zu seiner Verfügung stehenden Masse wollen sie trauen, nicht dem durch die Konkurseröffnung kreditlos gewordenen Gemein⸗ uldner. Ihr Vertrauen kann sich als ungerechtfertigt erweisen, wenn die Masse entweder von Anfang an unzulänglich ist oder in der olge durch Absonderung unzulänglich wird; bee aber Masse vor⸗ anden ist, muß der Konkursverwalter für ihre Befriedigung bezw. Sicherstellung mit dieser Masse sorgen. Die Legitimation des Konkurs⸗ verwalters endigt ec nicht vor der wirksamen Bekanntmachung der ufhebung des Konkursverfahrens.. .. Gleichwohl erscheint die Verurtheilung des Beklagten nach Lage der Sache zur Zeit nicht ge⸗ fachtfertigt Die Massegläubiger können den Konkursverwalter per⸗ nlich nur soweit in Argprach nehmen, als ihnen infolge der Nicht⸗ erfüllung der dem Konkursverwalter obliegenden Pflichten ein Schaden Fwachsen ist. Zur Begründung der Klage war daher darzulegen, daß e damals vorhandene Konkursmasse zur Befriedigung oder doch zur erung der vom Konkursverwalter kontrahierten Schulden zureichte. 8 1

konsens ist

Nach dem Thatbestande des Berufungsurtheils sind 1 nach dieser Richtung substantiierte Behauptungen nicht aufgestellt und eine diese Frage erledigende Feststellung ist nicht getroffen worden.“ (229/95.)

Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts.

Nach § 65 I 8 des Allg. Landrechts, sowie nach allen Baupolizei⸗ verordnungen muß zwar derjenige, welcher gewisse Bauten ausführen will, den polizeilichen Baukonsens vor der Ausführung derselben fordern, und es macht sich der strafbar, der vor Ertheilung des Konsenses baut; hat er aber ohne den erforderlichen polizeilichen Baukonsens gebaut, so kann er, nach einem Urtheil des Ober⸗Ver⸗ waltungsgerichts, IV. Senats, vom 27. November 1895, auch für den ohne Konsens ausgeführten Bau nachträglich den polizei⸗ lichen Baukonsens fordern. „Der polizeiliche Bau⸗ nichts weiter, als die Erklärung der Bau⸗ polizeibehörde, 2 ein Bau dem bestehenden materiellen Baupolizeirecht entspreche. Diese Erklärung ist, wie für einen erst beabsichtigten, so auch für einen in der Ausführung befindlichen und schon vollendeten Bau möglich. Will man gleichwohl die Ertheilung des Konsenses auf nur projektierte, noch nicht ausgeführte Bauten beschränken, so knüpft man an die des Konsenses rechtliche Folgen, die das materielle Baupolizeirecht nicht vorsieht. Es ist nicht zu übersehen, daß nach der gleichmäßigen, von der Ver⸗ waltung nicht angezweifelten, sondern stets beachteten Rechtsprechung des Gerichtshofes die Polizeibehörde die rechtliche Zulässigkeit einer bestehenden baulichen Anlage, wenn sie vor deren Beurtheilung

estellt wird, nur nach Maßgabe des zur Zeit ihrer Prüfun estehenden materiellen Baurechts, nicht nach dem, das zur Zei der Bauausführung in Kraft stand, zu prüfen hat. Verneint man gleichwohl die Zulässigkeit, eine polizeiliche Prüfung und Konsens⸗ ertheilung nach begonnenem oder ausgeführtem Bau zu Therbern, so statuiert man damit die rechtliche Möglichkeit, den thatsächlichen Be⸗ stand zahlreicher Bauten je nach den wechselnden Anforderungen er⸗ gehender Baupolizei⸗Ordnungen polizeilich in Frage zu stellen. Und diese Folge würde sich keineswegs etwa nur an die dolose Umgehung bestehender Baupolizei⸗Ordnungen knüpfen. Zu welchen baulichen An⸗ lagen ein vorgängiger polizeilicher Konsens erforderlich ist, wird in den verschiedenen Baupolizei⸗Ordnungen sehr verschieden und oft so bestimmt, daß die Beantwortung dieser Frage schwierig und b haft ist. Sie kommt Kibfehge dessen häufig zur Entscheidung der Ver⸗ waltungsgerichte, indem die Polizeibehörden, insoweit ihres Amtes sachgemäß waltend, die Eigenthümer anhalten, den Baukonsens einzu⸗ holen, auch wenn der Bau bereits begonnen oder vollendet ist.“ (IV. 1662.)

Kunst und Wissenschaft.

†. Man ist gewöhnt, die Ausstellung der Vereinigung der XI als das Sevrere ga der künstlerischen Wintersaison zu be⸗ trachten; die Namen der Mitglieder dieser Vereinigung bürgen dafür, daß der Kunstfreund durch ihre Leistungen mit dem bekannt gemacht wird, was die Fäbigften der jüngeren Berliner Künstlergeneration zur Zeit geschaffen, daß man den Entwickelungsgang unserer modernen in seinen neuesten Phasen in dieser Aus⸗ stellung kennen lernt. Auch diesmal finden wir die rühmlich bekannten Namen rühmlich vertreten bis auf Hugo Vogel, der in Rom weilt und nichts ausgestellt hat, und Max Klinger, der nur einige ältere, wenig bedeutende Zeichnungen beigesteuert hat. Max Liebermann der auch die Einladungs⸗ karte mit einer programmatischen Kreidezeichnung geschmückt hat: die theatralisch gekleidete Historienmalerei steigt von ihrem Thron herab, vor dessen Stufen die Requisiten der akademischen Kunst am Boden liegen, während im Hintergrunde die Sonne über einer naturalistisch aufgefaßten Flachlandschaft aufgeht steht unbestritten als Führer der Genossenschaft da. Das vom Leipziger Stadtmuseum angekaufte Bild „In den Dünen“ zeigt den Künstler auf der

öhe seines Könnens. Die meisterhafte Luftstimmung des olländischen Flachlandes, die ergreifend wahre Haltung des ermüdet am Wege sitzenden alten Fischers, die trotz des breiten Vortrags diskrete und vornehme Feegeeam bringen die persönliche Art des großen Naturalisten klassisch zum Ausdruck. Auch die „Allee bei Haarlem“ und die „Straße in Katwyk“ zeigen die be⸗ kannten Vorzüge seiner Malweise in immer wieder überraschendem Licht. Weniger nachhaltig ist die Wirkung eines bäuerlichen Interieurs, während zwei Kinderbildnisse glücklichste Beobachtungsgabe und ge⸗ müthvolle Intimität verrathen. Die Kohlezeichnungen und Radie⸗ rungen Liebermann's ergänzen das Bild seines Rllssen Schaffens in willkommener Weise. Seine kraftvolle, 8 immer gleichbleibende Künstlerpersönlichkeit unterscheidet sich vortheilhaft von der nervösen Hast und Unruhe des gleichfalls hochbegabten W. Leistikow der gegenwärtig in Nachahmung der jungdänischen Landschaftsmaler si gefällt. Deren Art, aus der Beobachtung der Natur heraus si einen dekorativen Farbenstil zu bilden, hat sich Leistikow mit be⸗ merkenswerthem Geschick und feinem Geschmack zu eigen gemacht. Seine Farbenarrangements in Gelb und Grünblau, wie der „Hafen“ und „Schlachtensee“ geben eine Naturstimmung in willkürlich ge⸗ steigerter Intensität mit Glück wieder, ohne jedoch den Beschauer so zu packen, daß er die Willkür dabei übersieht. Hellstes Sonnenlicht strahlt über dem „Teich in Friedrichsruh“, der am wenigsten von dieser Farbenstilisierung angekränkelt ist. Dagegen fehlt der großen dekorativen Malerei „Nachtraben“ die Wucht und zwingende Kraft des Eindrucks, die L's. Wikingerbooten auf der vorjährigen Ausstellung nicht abzusprechen war. Weniger sensationell, dafür aber desto intimer in der Wirkung sind einige Waldinterieurs und das Seestück, das wilde Schwäne bei sinkender Sonne auf dem Wander⸗ zuge schildert. Ludwig von Hofmann hat in diesem Jahre nur ein kleines, aber vornehm gestimmtes Bild ausgestellt, das er Träumerei“ nennt. In einer arkadischen Felsenlandschaft tummeln sich jugendliche Gestalten; den Vordergrund nimmt die Halb⸗ figur eines träumerisch vor sich hinblickenden Mädchens ein. Die heitere Vonnk keit des Hintergrundes kontrastiert wirkungsvoll mit dem stillen Ernst in den Zügen des edel geformten Mädchenkopfes. Von der überschäumenden Phantastik, die Hofmann'’s frühere Bilder be⸗ kundeten, ist in diesem abgeklärten Kunstwerk kaum noch etwas zu spüren, wenngleich dasselbe neben den gleichgültigen und eindrucks⸗ losen Marinen von Schnars⸗Alquist immer noch wie eine Wunder⸗ blume neben Wegerich anmuthet. Hans Herrmann'’s „Alt⸗Amster⸗ dam“ lehrt uns keinen besonderen Fortschritt in der Entwicklung des Malers kennen; seine Studien aus Walcheren und „Ein stürmischer Tag in Vlissingen“ dagegen sind flotter im Vortrag, und seine Hochplateau⸗ landschaft bekundet sogar eine gewisse Grozaügigtet der Naturauffassung. F. Skarbina, der bereits im vorigen Jahre Neigung verrieth, in das Lager der Keuidealisten überzugehen, zeigt diesmal ein Doppel⸗ gesicht. Sein „Waldesflüstern“ ist durch eine unbekleidete weibliche Gestalt im Waldesdickicht versinnlicht, deren klassische und zart durchgeführte Karnation das Ergeßunt feinfühligen Studiums und ernstester Arbeit ist, während das Pastell „Ein Windstoß in Ostende“ flott und kokett einen Augenblickseindruck festhält. Hinter der pikanten Wirkung dieser Schöpfung bleibt F. Stahl mit seinen füßlich⸗ langweiligen dekorativen Bildern und auch Mosson mit seinem Streben nach neuen Farbeneffekten weit zurück. Die nüchterne Steifheit, die hie und da Alberts' Halligeninterieurs anhaftet, ist in der Wahl seiner Vorwürfe begründet, denen der Künstler eine unwandelbare Liebe und ernstestes Studium widmet. Seine Landschaften, die uns die holsteinischen Inseln im vollen Blüthenschmuck des Frühlings schildern, zeugen ebenfalls von dem innigen Verhältniß, in dem Alberts zu der Natur seiner in ihrer Reizlosigkeit doch stimmungsvollen Heimath steht. 8 Heens

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Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregell.

Portugal. Durch Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern ist der 82 een der portugiesischen Kolonie Macao für der

eulenpest verdächtig erklärt worden.

58 Türkei.

Zufolge Beschlusses des internationalen Gesundheitsraths in Konstantinopel unterliegen Herkünfte von der Mittelmeerküste Egyptens vom 11. d. M. ab nur noch einer 48 stündigen Beobachtung in den Lazarethen von Beyrut, Tripolis oder Clazomenae, nebst Desinfektion der getragenen Kleidungsstücke und Effekten; die Schiffsinsassen werden ärztlich untersucht. 3

Für Herkünfte von der egyptischen Küste des Rothen Meeres bleibt es bei der 5 tägigen Quarantäne. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 26

vom 29. v. M.) Griechenland. Die Königlich griechische Regierung hat die gegen europäische Häfen noch bestehenden Quarantäne⸗Maßnahmen aufgehoben. Nur die aus türkischen Häfen kommenden Schiffe haben sich allgemein einer strengen ärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Aufrecht erhalten bleibt die fünftägige Beobachtungs⸗Quarantäne für Herkünfte aus egyptischen Häfen sowie die gegen Damiette angeordnete zehntägige Effektiv⸗Quarantäne. (Vergl. „Reichs⸗Anz.“ Nr. 255 vom 24. und Nr. 260 vom 30. Oktober v. J.) 89

Der Gesundheitsstand in Berlin blieb auch in der Woche vom

2. bis 8. Februar ein guter und die Sterblichkeit die gleich niedrige wie in der Vorwoche (von je 1000 Einwohnern starben, auf das Jahr berechnet, 17,4). Unter den Todesursachen herrschten zwar noch immer akute v der Athmungsorgane vor, doch wurde der Verlauf ein milderer und die Baßl der durch sie bedingten Sterbefälle eine bedeutend kleinere. Auch Erkrankungen an Grippe haben abgenommen; es wurden auch nur 3 Todesfälle infolge von Grippe gemeldet. Akute Darmkrankheiten zeigten sich gleich⸗ alls nicht häufiger als in der Vorwoche als Todesveranlassung. Die etheiligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war eine geringe, von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 42 ve Von den Infektionskrankheiten blieben Erkrankungen an Unterleibs⸗ typhus selten; Erkrankungen an Masern und Scharlach blieben in beschränkter Zahl und kamen in keinem Stadttheile in nennenswerther Höhe zur Anzeige; an Diphtherie, die seltener als in der Vorwoche zur Meldung gelangten, waren in der Rosenthaler und Oranienburger Vorstadt sowie auf dem Wedding am zahlreichsten. Ansehnlich gesteigert war die Zahl der an Kindbettfieber erkrankt ge⸗ meldeten Frauen (11). Rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut blieben selten. Recht zahlreich kamen jedoch wieder Er⸗ krankungen an Keuchhusten, die in 14 Fällen tödtlich endeten, zur ärztlichen Behandlung. Auch rheumatische Beschwerden aller Art suchten häufig ärztliche Behandlung auf.

Handel und Gewerbe. 1

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 18. d. M. gestellt 11 457, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. 8 In Oberschlesien sind am 17. d. M. gestellt 4449, nicht rech zeitig gestellt keine Wagen.

Verdingungen im Auslande.

8 Portugal.

4. März, Mittags. Königlich portugiesische Eisenbahngesellschaft in Lissabon: Lieferung von 1240 m einfachen und doppelten Leder⸗ riemen in verschiedenen Abmessungen und von 300 galvanisierten Wellblechen von 1,82 m %✕ 1 mm Dicke nach der Galvanisation. Näheres in den Räumen der Gesellschaft, Rue de Chateaudun 28 in

Paris. Griechenland. 26. Februar n. St. Ehehs-H. Piraeus —-Athen Pelopones, Themistoklesstraße 8 in Athen: Erd⸗ und M. arbeiten der Abtheilungen 2 und 3 der Linie Myli Kalamata.

Rumänien.

„27. Februar. Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Bukarest Errichtung einer Holzbrücke über den Doduma⸗Fluß bei Purcoreni National⸗Chaussee Pitesti —-Campuluny, und Bau von zwei Dämme zum Schutz der Brücke. Voranschlag 82 802 Fr.

29. Februar. Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Bukarest: Befestigung des linken Trotus⸗Ufers gegenüber der Stadt Targu⸗Oena Voranschlag 52 329 Fr.

4. März. Rumänische Eisenbahnverwaltung in Bukarest Lieferung und Aufstellung eines Dampfkessels mit Wasserversorgungs⸗ bassin und zugehöriger Dampf⸗Compoundpumpe, System Worthington, zur Speisung des Depots von Buzen. Kaution 2600 Fr. 1

6. März. Kriegs⸗Ministerium in Bukarest: Lieferung von 30 000 m Matratzenleinwand und 60 m Leinwand für Kopfkissen überzüge. Voranschlag 10 %.

13. März. Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Bukarest Wiederherstellung der Corozol⸗Bruüͤcke auf der National⸗Chaussee Tecuci —Galatz. Voranschlag 34 731 Fr. .

3 Egypten. 8

24. Februar. Kriegs⸗Ministerium in Kairo: Lieferung vo 90 000 Okkas Butter.

18. April. Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Kairo Bau des neuen Museums für egyptische Alterthümer in Kairo Kaution 1000 egyptische Pfunde. Näheres in den Räumen des Verwaltungsdienstes in Kairo, an den Nichtfesttagen von 8 —1 Uhr. 2. Mai, Mittags. Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Kairo: Bau des arabischen Museums und der Bibliothek des Khedive in Kairo. Kaution 300 egyptische Pfunde. Näheres in den Räumen des Verwaltungsdienstes in Kairo, an den Nichtfesttagen von 8—1 Uhr

Verkehrs⸗Anstalten.

In der gestrigen, zweiten Sitzung des 27. Vereinstages des Deutschen Nautischen Vereins (vergl. Nr. 43 d. 8 er⸗ stattete der Direktor der Deutschen Seewarte, Wirkliche Geheime Admiralitäts⸗Rath, Professor Dr. Neumayer⸗Hamburg Bericht über die letztjährigen Arbeiten der Deutschen Seewarte. Zu den bedeut⸗ samsten Arbeiten der letzten Zeit, bemerkte der Redner der „Nordd. Allg. Ztg.“ zufolge, gehöre die Ausarbeitung der Segelhandbücher für den großen Ozean. In dem vor kurzem erschienenen dazu gehörigen Atlas mit etwa 34 Karten seien die neuesten wissenschaftlichen Feeschangsergebnisse besonders die für den Seemann wichtigen physikalischen Verhältnisse verarbeitet Das Werk beruhe im wesentlichen auf deutschen Forschungen. Frcelhandbngh sei bereits im Druck begriffen und werde in den nächsten Monaten erscheinen. Das Segelhandbuch für den Atlantic, das 82 seit einem Jahre vergriffen sei, befinde sich in neuer Bearbeitung. Die mit Holland gemeinsam ausgeführte Verarbeitung des meteorologisch⸗ hydrographischen Materials der Schiffsjournale sei soweit vorgeschritten daß von den 17 in Angriff genommenen Quadratabschnitten 13 fertig gestellt seien. Die 1891 begonnene Arbeit der Küsten⸗ beschreibungen sei in stetem Fortgang begriffen. Gegenwärtig sei das Mittelländische Meer an der Reihe. Für das Sturmwarnungswesen 8 viel geschehen; augenblicklich bestehen an den deutschen Küsten 90 is 100 Warnungsstationen. Die von Reykjavik aus angeregte Frage der Legung eines Kabels von Island über die Färoer nach dem europäischen Festlande würde für die Wetterkunde insofern von hoher Bedeutung sein, als dadurch eine Vorausbestimmung des Wetters

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eventuell auf mehrere Tage ermöglicht werden könnte Von dem hierau