eb
Gemeinden) als Vororte der heim von der infolge des wirthschaftlichen Aufschwungs bei den letzteren eingetretenen Bevölkerungszunahme zum theil einen
rung über die Landesgrenzen kein Verlust entstanden, sondern ein Gewinn; insbesondere dürften die nach Nachbarländern und anderen europäischen Staaten Weggezogenen und die von dort nach Baden Zugezogenen der Zahl nach 8. ausgleichen.
Die Veränderung des 2 v ist keineswegs gleich⸗ mäßig im Lande; vielmehr treten erhebliche Verschiedenheiten hervor. Von den 11 Kreisen haben 9 an Bevölkerung zu und 2 abgenommen, von den 52 Amtsbezirken 37 zu⸗ und 15 abgenommen: und zwar bewegen sich die Zunahmen der Amtsbezirke zwischen 0,28 % (Wolfach) und 13,51 % (Mannheim) und die Abnahmen zwischen 0,14 % (Pfullendorf) blund 3,46 % (Engen). Nach, ihrer geographischen Lage bilden die Amtsbezirke mit Abnahme zwei größere zusammenhängende Gebiete: Theile der Donau⸗ legend und des lühlichen Schwarzwaldes einerseits, das Bau⸗ and und die östlichen Abhänge des Odenwaldes andererseits; außerdem weist noch ein Theil der Rheinebene südlich und nördlich vom Kaiser⸗ stuhl (die Amtsbezirke Müllheim und Staufen sowie der Bezirk Ettenheim) eine Bevölkerungsabnahme auf. Dagegen bilden die See⸗ gegend einerseits, der mittlere und nördliche Schwarzwald, die ganze Rheinebene (mit Ausnahme der oben erwähnten drei Amtsbezirke) von Säckingen und Lörrach bis Weinheim mit dem be⸗ “ Hügellande (einschließlich Pforzheim) und der west⸗ iche Odenwald andererseits zwei zusammenhängende Gebiete der Zunahme. Im 885 haben hiernach — mit Ausnahme von Waldshut und Ettenheim — Bezirke ohne erheblichere industrielle Thätigkeit ab⸗, diejenigen mit solcher zugenommen. Letztere (z. B. Weinheim, Schwetzingen, Säckingen, Durlach, Lörrach) übten zum theil verhältnißmäßig eine stärkere Anziehungskraft aus als die Be⸗ zirke mit größeren Städten, unter denen Mannheim und Karlsruhe den größten, Baden und Freiburg den geringsten, aber immer noch er⸗ heblich über die durchschnittliche Landeszunahme hinausgehenden Zu⸗ wachs hatten.
Von den Gemeinden sind 805 an Einwohnerzahl gewachsen, 775 gefallen, 26 unverändert geblieben. Unter den Gemeinden ver⸗ halten sich wie gewöhnlich Stadt und Land hinsichtlich der Verände⸗ rung des Bevölkerungsstandes recht verschieden von einander. Die Einwohnerzahl der zur Zeit vorhandenen 116 Städte ist 1890/95 von 590 786 auf 642 788 oder um 52 002 bezw. 8,80 % gestiegen (dar⸗ unter die der 9 Städte der Städteordnung — sämmtlich mit mehr
als 10 000 Einwohnern — um 37 265 Personen oder 11,78 %),
diejenige der 1490 Landgemeinden und abgesonderten Gemarkungen mit eigener polizeilicher Verwaltung dagegen nur von 1 067 081 auf 1 082 682 oder um 15 601 bezw. 1,46 %. Nimmt man nicht die öffentlich rechtliche Stellung der Gemeinden, sondern ihre Volkszahl zum Eintheilungsmaßstab, 2 ergiebt sich Folgendes: Es betrug
die ortsanwesende die Zu⸗ (+) oder
ür die Größen⸗ Bevölkerung Abnahme (—)
klasse von am 2. Dz. 1895 am 1. Dz. 1890 absolut %
20 000 u. mehr Einw. 296 232 263 378 +† 32 854 + 12,5 10 000 — 20 000 „ 70 520 64 390 + 6 130 + 9,5 5 000 — 10 000 „ 92 018 68 484 + 23 534 + 34,4 2 000 — 5 000 „ 318 743 309 870 + 8 873 + 2,9 unter 2000 „ 947 957 951 745 — 3 788 — 0,4
ũderhaupi 725 270 057 857 + 67 602 + 2,08 iernach weisen die Gemeinden von 5000 bis 10 000 Einwohnern im Verhältniß zu ihrer Volkszahl am Beginn der letzten Zählungs⸗
periode die stärkste Zunahme auf, was hauptsächlich darauf zurück⸗
zuführen sein dürfte, daß der größte Theil derselben (die Städte Weinheim, Durlach, Ettlingen, Schwetzingen und Hockenheim, die Landgemeinden Neckarau, Rägeibak und Brötzingen, F acht
tädte Mannheim, Karlsruhe und Pforz⸗
größeren Nutzen gehabt haben als jene. Aber auch die selbständigen kleineren öö Mittelpunkte unter ihnen (Offenburg, Lörrach und Emmendingen) haben sehr erhebliche Volkszunahmen erfahren. Von sämmtlichen 23 Gemeinden mit über b5000 Einwohnern im Großherzogthum blieben nur Lahr und Eberbach hinter der durchschnittlichen Bevölkerungszunahme des Landes zurück, während die Landgemeinde Neckarau und die Stadt Emmen⸗ dingen am weitesten darüber hinausgehen; eine Abnahme der Volks⸗ zahl hat keine dieser 23 Gemeinden aufzuweisen. Auch die Gemeinden mit 2000 bis 5000 Einwohnern haben im Ganzen noch eine, wenn auch hinter dem Landesdurchschnitt zurückbleibende Bevölkerungs⸗ zunahme erfahren, sodaß nur die kleineren und kleinsten Gemeinden von unter 2000 Bewohnern innerhalb des letzten Jahrfünfts im Ganzen an Bevölkerung verloren haben. Aber diese Abnahme ist ganz unbedeutend; sie beläuft sich insgesammt nur auf 3788 Personen oder 0,40 %, eine so niedrige Verhältnißzahl, wie sie seit lange nicht beobachtet wurde. — assen wir die vorstehend erörterten Ergebnisse kurz zusammen, so darf behauptet werden, daß in Baden in der letzten Zählperiode der Abzug vom Lande in die größeren Städte (die „Landflucht“) erheblich geringer sewesen ist, als in den vorhergegangenen Zeiträumen, daß ber nichtsdestoweniger doch fast die Hälfte der gesammten Bevölke⸗ rungszunahme des Landes (32 854 oder 48,6 % von 67 603) auf die fünf größeren Städte mit über 20 000 Einwohnern entfällt. An jenem Ergebniß mag neben der schon erwähnten geringen über⸗ seeischen Auswanderung auch das Darniederliegen von Induftrie und Gewerbe in den ersten Jahren der Zählperiode 1890/95, das dem bekannten Zuge der Landbevölkerung in die Städte nicht günstig war, einen nicht unerheblichen Antheil haben.
Nach dem Geschlecht setzt sich die ortsanwesende Bevölkerung des Landes aus 847 334 männlichen und aus 878 136 weiblichen Per⸗ sonen zusammen; erstere machen demnach 49,1 %, letztere 50,9 % der Gesammtbevölkerung aus, und auf 100 männliche kommen 103,6 eibliche Personen. Gegenüber den betreffenden Zahlen vom 1. De⸗ zember 1890 hat die männliche Bevölkerung um 36 752 oder 4,53 %, die weibliche um 30 851 oder 3,64 %, erstere also nicht unerheblich stärker zugenommen als letztere, eine Er⸗ scheinung, welche nunmehr schon seit 1880 regelmäßig in Baden beobachtet wird. Damit stimmt es vollkommen überein, wenn der Antheil des männlichen Geschlechts an der Gesammtbevölkerung des Großherzogthums bei jeder der vier letzten Zählungen gestiegen, der es weiblichen ebenso regelmäßig gefallen ist und “ der Ueberschuß der weiblichen Personen über die männlichen immer geringer und das in Zahlen ausgedrückte Verhältniß der bei⸗ den Geschlechter zu einander für die weiblichen Personen immer ungünstiger geworden ist. Diese Entwickelung, welche bis zum Jahre 1880 in Baden stets den umgekehrten Verlauf genommen, d. h. zu einem immer stärkeren Ueberwiegen des weiblichen Geschlechts geführt hatte, ist um so auffälliger, als die industrielle Entwickelung des Landes, wie die neuerdings regelmäßig jährlich ver⸗ anstalteten Oktobererhebungen über die Arbeiterverhältnisse in den der Aufsicht der Fabrikinspektion unterstehenden Gewerbebetrieben im Vergleich zu den Ergebnissen der Gewerbestatistik von 1882 dargethan haben, eine immer stärkere Verwerthung weiblicher Arbeitskräfte zur Fehast hat und auch sonst innerhalb der letzten Jahrzehnte das weibliche Geschlecht dem männlichen auf immer weiteren Erwerbs⸗ gebieten bekanntlich erfolgreiche Konkurrenz macht. 1 Die vorläufig festgestellte Zahl der Haushaltungen beläuft sich auf 359 833 gegen 345 149 im Jahre 1890, also auf 14 684 oder 4,25 % mehr, sie ist mithin in etwas stärkerem Maße als die Be⸗ völkerung (4,08 %) gewachsen, weswegen auch die durchschnittliche roße 98 ewas “ ist: auf eine Haus⸗ haltung kamen 4, ersonen gegen 4,80 im Jahre 1890, 4,84 i Jaßer 1830 nd 487 im Zohe 1880. g 8g e am letzten Zählungstage ermittelten Haushaltungen waren in 227 978 bewohnten Vohn häuförn und 1922 sonstigen be⸗ wohnten Baulichkeiten (Baracken, Buden, nicht eigentlich zu Wohn⸗ zwecken bestimmten, aber bewohnten Gebäuden, Wohnwagen, Schiffen ꝛc.) untergebracht, während am 1. Dezember 1890 nur 218 138 bewohnte Wohnhäuser und 1281 sonstige bewohnte Baulich⸗
keiten gezählt wurden. Es hat mithin zeine Zunahme von . 8
9840 bewohnten Webnkhärser und 641 sonstigen bewohnten Baulich⸗
keiten, zusammen also eine ermehrung der sämmt⸗ lichen Aufenthaltsstätten um 10 441 oder 4,76 % stattgefunden. ergiebt sich eine allerdings nicht bedeutende Veränderung der ohnungsverhältnisse für das ganze Land, indem 1895 durchschnittlich auf ein bewohntes Gebäude ꝛc. 1,56 Haushaltungen mit 7,51 Be⸗ wohnern gegen 1,57 Haushaltungen mit 7,56 Bewohnern im Jahre 1890 kommen. Da die früheren Volkszählungen indessen in dieser Beziehung günstigere Verhältnißzahlen aufweisen, so ist die kleine Verbesserung in der letzten Zählperiode von geringem Belang.
Zur Arbeiterbewegung.
In Dresden fand am Montag eine Versammlung der Schneider und Schneiderinnen statt, in welcher, wie wir dem „Dr. J.“ entnehmen, berichtet wurde, daß der Ausstand in der “ und Knabenkonfektion so gut wie beendet sei. Die meisten
irmen hätten die Lohnforderungen bewilligt. Wo dies noch nicht geschehen, sei die Bewilligung noch zu erwarten. Dagegen sei der für die Damenkonfektion von den Arbeitnehmern ausgearbeitete Lohn⸗ tarif fast nirgends angenommen worden. Die Geschäftsinhaber hätten G theil Gegentarife ausgearbeitet, jedoch mit so geringen Auf⸗ esserungen, daß die Arbeiter nicht darauf hätten eingehen können. Es wurde beschlossen, daß die Arbeitnehmer der Damenkonfektion von 8. ab in den allgemeinen Ausstand eintreten und nicht nur die nnahme des Lohntarifs, sondern auch die Einführung der Betriebswerkstätten fordern sollten. e .
In Lübeck haben, wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, die in den Konfektionszweigen beschäftigten Personen beschlossen, nicht in die Lohnbewegung einzutreten; die auswärts Ausständigen sollen aber unterstützt werden.
us Berlin berichtet die „Post“: In der Berliner Kon⸗ fektion ist der Ausstand gestern auf der ganzen Linie ausgebrochen. Es wird weder in den Werkstätten der Damen⸗ noch der Herren⸗ Konfektionsschneider gearbeitet. Die der Zwischenmeister 88. so gering, daß sie überhaupt kaum in Betracht kommen. Es fanden erhandlungen sowohl der Damen⸗als der Herren⸗Konfektionäre während des ganzen Tages mit den Zwischenmeistern und der Fünferkommission der Arbeiter statt, um eine Einigung zu erzielen. Der „Voss. Ztg.“ zufolge haben die Schneidermeister der Herren⸗ und Knabenkonfektion sich ihren Kollegen in der Damen⸗ und Mäntelbranche, die in den Aus⸗ stand eingetreten sind, nicht angeschlossen. Sie befürchten, daß die Berliner Herrenkonfektion, deren Bedeutung weit hinter der Ber⸗ liner Damenkonfektion zurücksteht, einen dauernden Schaden durch die Bewegung erleidet und sich nach der Provinz, wo die Herrenkonfektion eine größere Bedeutung hat, wendet. — Der Ausstand der Arbeiter an EEö“ umfaßt gegenwärtig, wie die „Post“ mittheilt, 900 Personen mit 1112 Kindern; 28 Firmen haben die Forderungen bewilligt. — Im Ausstand der Holzarbeiter haben 482 Betriebe mit 4722 Beschäftigten die Forderungen der Arbeiter bewilligt. — Die Forderungen der Möbel⸗ polierer sind in 96 Werkstellen mit 238 Beschäftigten anerkannt worden. — Der Ausstand der Vergolder bei der Firma Oskar Scholz (vgl. Nr. 32 d. Bl.) ist, einer Mittheilung des „Vorwärts“ ufolge, auf Grund einer Vereinbarung für beendet erklärt worden. — 9 dem Streit eines Theils der Brauereiarbeiter der Aktien⸗ gesellschaft Münchener Brauhaus mit dem Direktor (vgl. Nr. 41 d. Bl.) 55 die Forderungen der Ausständigen, wie die Berliner „Volksztg.“ erichtet, vom Gewerbegericht als Einigungsamt abgewiesen worden.
Handel und Gewerbe
8 Zwangs⸗Versteigerungen.
Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am 17. Fe⸗ bruar die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: York⸗ straße 36, dem Rentier W. Lindemann zu Schöneberg gehörig; Fläche 3,99 ha; Nutzungswerth 9350 ℳ; mit dem Gebot von 137 000 ℳ blieb der Schlossermeister K. L. Köppen zu Berlin Meistbietender. — Freienwalderstraße 11, dem Kaufmann Gustav Schultz gehörig; Fläche 6,64 a; Nutzungswerth 6970 ℳ; für das “ von 103 500 ℳ wurde der Eigenthümer Julius Krupke, Kastanien⸗Allee 95/96, Ersteher.
— In der Aufsichtsrathssitzung der Berliner Bank vom 17. d. M. wurde die Bilanz für 1895 vorgelegt. Dieselbe ergiebt einen Bruttogewinn von 966 564 ℳ (1894: 646 793 ℳ), d. i. etwa 15,46 % des durchschnittlich werbenden Aktienkapitals von 6 ¼ Millionen Mark und nach Abzug für Unkosten, Steuern, Utensilien ꝛc. im Betrage von 201 615 ℳ (1894: 184 177 ℳ) einen Reingewinn von 764 9a9 ℳ (1894B;V. 462 615 ℳ). Die Direktion schlägt vor, auf das am 1. Juli 1895 um 2 ½ Millionen Mark erhöhte Aktienkapital von 7 ½ Millio⸗ nen Mark eine Dividende von 7 % (1894: 6 %) zu ver⸗ theilen und den nach Dotierung des ordentlichen Reservefonds mit 38 247 ℳ (1894: 23 130 ℳ) und nach Zahlung der Tantièmen ver⸗ bleibenden Gewinnrest von 156 049 ℳ (1894: 81860 ℳ) dem Spezial⸗ reservefonds zuzuführen, welchem statutengemäß die Abschreibungen mit 57 326 ℳ (1894: 55 087 ℳ) entnommen sind. An dem Gewinn partizipieren: Zinsen⸗Konto mit 263 490 (1894: 240 775) ℳ, Pro⸗ visions⸗Konto 341 588 (1894: 241 245) ℳ, Devisen⸗ und Kupons⸗ Konto 30 042 (1894: 28 546) ℳ, Effekten⸗Konto, Betheiligungen und Wechselstuben 331 442 (1894: 136 226) ℳ
— In der gestrigen Sitzung des Aufsichtsraths der Deutschen Genossenschaftsbank von Soergel, Parrisius u. Co. in Berlin wurde von den persönlich haftenden Gesellschaftern der Ab⸗ schluß für das Rechnungsjahr 1895 vorgelegt. Das Gewinn⸗ und Verlust⸗Konto zeigt folgende Ziffern: in der Einnahme: Zinsen⸗Konto 365 941 (1894 299 333) ℳ, Diskonto⸗Konto 225 924 (1894 266 545) ℳ, Effekten⸗Konto 257 365 (1894 212 572) ℳ, Provisions⸗ Konto und Gewinne aus Betheiligungen 549 960 (1894 366 248) ℳ, Devisen⸗Konto 13 974 (1894 17 554) ℳ, Kupons⸗ und Sorten⸗Konto 3326 (1894 3758) ℳ, Hausertrags. Konto 7865 (1894 7106) ℳ, Reinertrag der Kommandite Frankfurt a. M. 447 265 (1894 372 744) ℳ, zusammen 1 871 623 (1894 1 545 864) ℳ; in der Aus⸗
abe Unkosten⸗Konto 316 921 (1894 299 574) ℳ, Abschreibungen auf tensilien 1000 (1894 18- ℳ, Rückstellung auf Außenstände 150 000 (1894 80 000) ℳ, zusammen 467 921 (1894 380 574) ℳ Es verbleibt demnach ein Gewinn von 1 403 702 ℳ gegen 1 165 290 ℳ im Jahre 1894. Der Aufsichtsrath beschloß, der zum 7. März d. J. einzuberufenden Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 6 % gegen 5 % im Vorjahre vorzuschlagen.
— Die Generalversammlung der Berliner Hagel⸗Assecuranz⸗ Gesellschaft von 1832 genehmigte die 64. Jahresrechnung nebst Bilanz und ertheilte dem Aufsichtsrath und Vorstand Entlastung für das vorige Jahr.
— In Trier werden im März die von Jahr zu Jahr größere
Bedeutung gewinnenden großen Versteigerungen der besten Gewächse aus den Mosel⸗ und Saarweinbergen vor sich gehen. Die Ergebnisse der letzten Versteigerungen haben großes Aufseben erregt, weil bei ihnen ein Durchschnittspreis bei rund 900 zum Verkauf gekommenen Fudfen in der Pesg von 3100 ℳ erreicht wurde. Es handelte sich reilich um den hervorragenden 1893er Jahrgang, welchen Kenner für den besten dieses Jahrhunderts erklären. Von der 93er Crescenz kommen jetzt noch 570 Fuder in den Tagen vom 16. bis 21. März zur Versteigerung. —— Der Rechnungsabschluß der Deutschen Hypothekenbank in Meiningen für das Jahr 1895 neben der Verthei⸗ lung einer Dividende von 6 % (wie in den Vorjahren), die gesammten, durch die Konvertierung vierprozentiger Pfandbriefe entstandenen Kosten im Betrage von rund 400 000 ℳ aus dem Jahreserträgniß zu decken und dem Spezial⸗Reservefonds abermals 100 000 ℳ zuzuweisen.
— Der Aufsichtsrath der Bremer Wollkämmerei (Blumen⸗ thal) hat beschlossen, der Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 20 % nach reichlichen Abschreibungen und Raͤcksteltungen für 1895 in Vorschlag zu bringen.
Königsberg, 18. Februar. (W. T. B.) Getreidemarkt. Weizen weichend. R tt 2000 Pfd 109.
1 “ 88
— 8 8
Gerste ruhig. Hefes träge, do. loko . 2000 Pf. Zol ewicht 105. Weiße Erbsen pr. 2000 Pfd. Zollgewicht 10Se,. piritus pr. 100 Liter 100 % loko 33,00, do. pr. Februa⸗
33,00, do. pr. Frühjahr 33,00. ar
Danzig, 18. Februar. (W. T. 8. Getreidemarkt. Weij loko niedriger, Umsatz 200 t, do. inländ. hochbunt und wei 1hn do. inländ. hellbunt 147—148, do. Transit hochbunt und weiß 115/ do. hellbunt 112, do. Termin zu freiem Verkehr pr. April⸗Mai 151,50, do. Transit pr. April⸗Mai 116,50, Re⸗ ulierungspreig zu freiem Verkehr 149. Roggen loko matter, do. lnländischer 112 — 114 do. russischer und polnischer zum Transit 79, do. Termin pr. April⸗Maj 115,50, do. Termin Transit pr. April⸗Mai 81,00, do. Regu lierungspreis zum freien Verkehr 113. Gerste, große (660 — 700 Gramm) 110. Gerste, kleine (625 —660 Gramm) 103. Hafer, inländischer 107 Erbsen, inländische 107,00. Spiritus loko kontingentiert 52,50, niche kontingentiert 32,50.
Breslau, 18. Februar. (W. T. B.) Getreide⸗ und Pro⸗ duktenmarkt. Spiritus pr. 100 1 100 % exkl. 50 ℳ Verbrauchz⸗ abgaben pr. Februar 50,70, do. do. 70 ℳ Verbrauchsabgaben pr. Fe⸗ bruar 31,20.
Magdeburg, 18. Februar. (W. T. B.) Zuckerbericht Kornzucker exkl., von 92 % 13,20 — 13,45, Kornzucker exkl. 88 % Rendement 12,60 — 13,00, Nachprodukte exkl., 75 % Rendement 9,502 10,50. Fest. Brotraffin. I 25,00. rotraffin. II 24,75. Gem Raffinade mit Faß 24,50. Melis I mit Faß 24,25. Sehr fest. — Rohzucker I. Produkt Trans. f. a. B. Hamburg pr. Februan 12,42 ½ Gd., 12,45 ½ Br., pr. März 12,50 Gd., 12,52 ½ Br., pr. Aprij 12,60 Gd., 12,62 ½ Br., pr. Mai 12,70 bez. 12,72 ½ Br., pr. Oktober⸗ Dezember 11,77 ½ Gd., 11,80 Br. Stetig.
Lefprig, 18. Februar. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. Februar 3,37 ½ ℳ, pr. März 3,37 ½ ℳ, pr. April 3,40 ℳ, pr. Mai 3,40 ℳ, pr. Juni 3,42 ½ ℳ, pr. Juli 3,45 ℳ, pr. August 3,47 ½ ℳ, pr. September 3,47 ½ ℳ, pr. Oktober 3,50 ℳ, pr. November 3,52 ½ ℳ, pr. Dezember 3,52 ½ ℳ, pr. Januar 3,52 ½ ℳ Umsatz 35 000 kg. Ruhig.
Bremen, 18. Februar. (W. T. B.) Börsen⸗Schlußbericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung Bremer Petroleum⸗Börse.) Ruhig. Loko 6,05 bez. Russisches Petroleum. Loko 6,05 Br. — Schmalz. Retg. Wilcox 30 ¼ J, Armour shield 29 ¾ ₰, Cudahy 30 ½ͥ ₰, Choice Grocery 31 ₰, White labej 31, ₰, Fairbanks 26 . — Speck. Ruhig. Short clear middling loko 27 ½ 4. — Reis fest. Kaffee ruhig. — Baun⸗ wolle. Stetig. Upland middl. loto 41 ½ 4. Wolle. Umsat 231 Ballen. — Taback. Umsatz: 300 Seronen Carmen.
„Hamburg, 18. Fehruer (W. T. B.) Getreidemarkt. Weizen loko sehr ruhig, holsteinischer loko neuer 154 — 158. Roggen loko sehr ruhig, hiesiger —,—, mecklenburger loko neuer 142 — 145, russis loko matt, 88 — 90. Hafer sehr ruhig. Gerste sehr ruhig. Rüböl (unverzollt) ruhig, loko 48. Spiritus ruhig, pr. Februar⸗März 16 Br, März⸗April 16 ⅞ Br., pr. April⸗Mai 16 ½ Br., pr. Mai⸗Juni 17 Br. Kaffee ruhig. Umsatz 1500 Sack. Petroleum ruhig. Standard wbieages 299. Aaffee, Nachmüttagsberich
.T. B. affee. (Nachmittagsbericht.) Good average Santoz
pr. März 65 ¾, pr. Mai 65 ¼, pr. September 61 ¾, pr. Dezember 58. Schleppend. — Zuckermarkt. (Schlußbericht.) Rüben⸗Rohzucker
I. Produkt Basis 88 % Rendement neue Üsance, frei an Bord Han⸗ burg pr. Februar 12,45, pr. März 12,50, per Mai 1. pr. August
13,00, per Oktober 11,82 ½, per Dezember 11,80. Stetig.
London, 18. Februar. (W. T. B.) An der Küste 2 Weizen⸗ ladungen angeboten.
96 % Javazucker 13 ¾ fest, Rüben⸗Rohzucker loko 12 ⁄ fest. — Chile⸗Kupfer 45 8/16, pr. 3 Monat 45 918.
London, 19. Februar. Nach einer Meldung der „Times“ aut Konstantinopel hätte der Sultan gestern Nachmittag seine Ge⸗ nehmigung für die Anleihe ertheilt.
Liverpool, 18. Februar. (W. T. B.) Baumwolle. Umsatz 8000 Ballen, davon für Spekulation und Export 500 B. Stetig.é Middl. amerikanische Lieferungen: Stetig. Februar⸗Män 4¹ 32 Verkäuferpreis, März⸗April 45/16 — 4²164, Käuferpreis, April⸗ Mai 419 64 Verkäuferpreis, Mai⸗Juni 4932 — 419⁄64 do., Juni⸗Jul 4127⁄824 — 4 ⁄2 Käuferpreis, Juli⸗August 417⁄84̊ do., August⸗September 4 ⁄12— 415764 Verkäuferpreis, September⸗Oktober 4 64— 4 ½ do., O⸗. tober⸗November 4 64 — 4 ¼16 do., November⸗Dezember 4 14 d. do.
Manchester, 18. Februar. (W. T. B.) 121 Water Taylor 5 %, 30r Water Taylor 7 ½, 20r Water Leigh 6 ⅞, 30r Water Clayton 7) 32r Mock Brooke 7, 40r Mayoll 7 ½, 40r Medio Wilkinson , 32r Warpcops Lees 6 ⅛, 36r Warpcops Rowland 7 ⅛, 36r Warpeop Wellington 7 ¾, 40r Double Weston 8½⅜, 60r Double courante Qua⸗ lität 11 ⅞, 32*9 116 vards 16 % 16 grey Printers aus 32 1/46 r 161.
Ruhig.
Et. Petersburg, 18. Februar. (W. T. B.) Produkten⸗ markt. Weizen loko 8,70. Roggen loko 5,00. Hafer loko 3,40. Flaft loko 10,70. Hanf loko —,—. Talg loko 48,00, per
ugust —.
Bern, 18. Februar. (W. T. B.) Die Einnahmen der Jura⸗ Simplon⸗Bahn betrugen im Januar 1896 1 820 000 Fr. gegen 1 546 000 Fr. im Januar 1895. Die Ausgaben betrugen 1 140 000 Fr. gegen 1 123 900 Fr. im Vorjahre. Einnahme⸗Ueberschuß vom Januar 1896 betrug 680 000 Fr. gegen 422 600 Fr. im Januar 1895.
Amsterdam, 18. Februar. (W. T. B.) Java⸗Kaffee acood ordinary 50 ½.. — Bancazinn 37.
— 19. Februar. (W. T. B.) Die Gesammteinnahmen der Niederländisch⸗Südafrikanischen Eisenbahngesellschaft betrugen im Januar 1896 nach vorläufiger Feststellung 2 065 200 (+ 1039 200) Fl.
New⸗York, 18. Februar. (W. T. B.) Die Börse eröffnete mit höheren Kursen. Später trat gedrückte Stimmung ein. Der Schluß war unregelmäßig. Der Umsatz in Aktien betrug 157 000 Stück.
Weizen eröffnete fest und behielt auch noch eine Zeit lang die Festigkeit bei, da sowohl die auf der Ozeanfahrt begriffenen Zufuhren, als auch die sonstigen Eingänge eine Abnahme aufwiesen. Wesentlich trugen zur Befestigung der Haltung die zur Erfüllung von Verträgen stattgehabten Käufe bei. ie zur Kenntniß gelangten Bradstreets⸗ Berichte führten jedoch schließlich einen Umnscheoung der Stimmung herbei und ließen den Markt 8 schließen. — Ma is, infolge der Festieret des Weizens anfangs steigend, fiel später auf Zunahme der
nrünfte.
Waarenbericht. Baumwolle⸗Preis in New⸗York 783, do. do. in New⸗Orleans 7 ⁄16, Petroleum Stand. white in New⸗Pork 7,35, do. do. in Philadelphia 7,30, do. rohes (in Cases) 8,25, do. Pirxe line Certific. pr. März 137, Schmalz Western steam 5,75, do, Rohe u. Brothers 6,00. Mais per Februar 36, do. per Mat 36,00, do. per Juli 37, Rother Winterweizen 81 ⅛, Weizen per Fe⸗ bruar 72 ¼, pr. März 73, per Mai 71 ⅞, per Juli 71. Getreide⸗ fracht nach Liverpool 2. Kaffee fair Rio Nr. 7 13 ½, do. Rio Nr.7 per März 12,80, do. do. per Mai 12,20. Mehl, Spring⸗Wheat clears 2,75, Zucker 3 ⅛, Zinn 13,35, Kupfer 10,60.
Der Werth der in der vergangenen Woche ausgeführten “ betrug 4 433 817 Doll. gegen 8 127 242 Doll. in der
orwoche.
Weizen⸗Verschiffungen der letzten Woche von den atlanti⸗ schen Häfen der Vereinigten Staaten nach Großbritannien 54000, do. nach Frankreich —, do. nach anderen Häfen des Kontinents 22 000, do. von Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 18 000, do. nach anderen Häfen des Kontinents — Qrts.
„Chicago, 18. Februar. (W. T. B.) Infolge schwächerer aus⸗ ländischer Märkte gab Weizen gleich bei Fröffnung des Marktes etwas nach und konnte sich auch spaͤter nicht erholen, da auch hier die Bradstreets⸗Berichte verstimmend wirkten. — Mais infolge lebhafter Verkäufe durchweg fallend.
Weizen pr. Februar 62 ⅛, pr. Mai 64 ½, Mais ve Fec 27 ⅛, Schmalz per Februar 5,42, do. per Mai 5,57. S shoct clear 5,30. Pork per Februar 9,85.
8 Se
Deutsches Reich.
Rüben⸗Verarbeitung sowie Einfuhr und Ausfuhr von Zucker im deutschen Zollgebiet im Monat Januar 1896.
Zahl der Zucker⸗ l ⸗ briken, die Rüben verarbeitet
Verarbeitete von ausländischem
Einfuhr Ausfuhr on inländischem Zucker
Zucker in den freien der Klasse:
Rüben⸗ Verkehr.
mengen. Raffi⸗ V b V 8 nierter Rohzucker. Zucker. des Gesetzes vom 31. Mai 1891.
Ostx Westpreußen Brandenburg
hhen, osen.. lesien
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Ueberhaupt....
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4 471 809 326 6722 278 221 5 932
Hierzu in den Monaten August bis Dezember 1895.
112 249 425
1 530 820 1 615 381. 46 634
Zusammen August 1895 bis Januar 1896
116 72231
In demselben Zeitraum des Vorjahres . . . u — Berlin, den 19. Februar 189b65.
141 503 460
1857 202 893 602 52 566 3 454 725 1 667 516 66 689
Kaiserliches Statistishes Amt. von Scheel b
Deutscher Reichstag. 43. Sitzung vom 18. Februar 1896, 1 Uhr.
Auf der Tagesordnung steht zunächst die Fortsetzung der ersten Berathung der Anträge der Sozialdemokraten und Frei⸗ finnigen, betreffend das Vereins⸗ und Versammlungs⸗
recht und das Koalitionsrecht.
Abg. Rickert (frs. Vgg.): Nachdem Herr Bachem namens des Zentrums sich dafür entschieden hat, daß nur eine Resolution angenommen werden soll, fürchte ich, daß nichts zu stande kommen wid, trotzdem bei der Lässigkeit der Regierung auf diesem Gebiet der Rechstag etwas thun müßte, denn es herrscht eine grenzenlose Ver⸗ wirrung auf dem Gebiet des Vereinsrechts. Die Resolution würde nur besagen, was der Reichstag wiederholt gesagt hat, z. B. am 8. Mai 1872. Ich werde beantragen, eine Kommission einzusetzen, welche nicht die Anträge begraben, sondern so ausgestalten soll, daß sie Gesetz werden könnten. Im Mai 1878 war es der Abg. von Bennigsen, welcher ein Vereinsgesetz forderte. Unser öffentliches Leben wird geschädigt 8* die Willkür des Vereinsrechts; die verbündeten egierungen haben aber gar kein Verständniß für diese Frage. Man mahnt zum Kampf gegen die Sozialdemokratie, fördert sie aber dadurch, daß gegen dieselbe in Bezug auf das Ver⸗ einsrecht ungerecht verfahren wird. 1892 wurde eine Petition aus Mecklenburg wegen des Vereinsrechts von der Kommission der Regierung zur Erwägung empfohlen! Zur Erwägung, eine kategorische Forde⸗ rung der Verfassung! Die Regierungen haben erklärt, daß kein Anlaß zu “ Maßregeln vorhanden sei. Da müssen wir nlaß nehmen, das Vereinsrecht zu regeln. Unser Antrag wegen Sicherung des geheimen Wahlrechts wurde auch zuerst verspottet, aber schließlich ss er mit großer Mehrheit angenommen worden.
enn die verbündeten Regierungen auch im nächsten Jahre nicht auf den Antrag eingehen, ist es doch erfreulich, daß man in Baden und Württemberg jetzt in ähnlichem Sinne vorgeht. Die Kommission hat Aussicht auf Er olg, denn Herr Auer hat namens seiner Freunde erklärt, daß sie auf ihren Antrag verzichten könnten, wenn das württembergische Vereinsgesetz Reichsgesetz würde. Das ist kein radikaler Vorschlag. Herr Bachem hat auch die Möglichkeit hin⸗ gestellt, daß ein Vereinsrecht nach dem Muster des württembergischen angenommen werden könnte. Ich bin empfindlich perletzt worden als Norddeutscher, als Herr Bachem meinte, das verhältnißmäßig ruhige Ländchen Württemberg könnte ein freiheitliches Vereinsgesetz vertragen. Uns in Preußen — also einschließlich des Herrn Bachem — hält er noch nicht für reif genug. Wer hat denn in Württemberg die Oberhand? Erst kommen die Herren von der süddeutschen Volkspartei, dann die Nationalliberalen und das Zentrum. Württem⸗ berg hat das freieste Vereinsrecht und die wenigsten Sozial⸗ demokraten. Sachsen und Hamburg, die Musterstaaten in Bezug auf
8 Vereinsgesetz sind, haben die meisten Sozialdemokraten. Wenn das Zentrum sich auf eine Resolution beschränken will, dann müßte doch wenigstens hineingeschrieben werden, was man will, ob man das württembergische Muster nachahmen will oder nicht; auch bezüglich der
tellung der Frauen im Vereinswesen müßte etwas gesagt werden, denn diese Frage ist nicht mehr zu umgehen. Es ist doch merkwürdig,
Frauen an politischen Versammlungen theilnehmen können, sogar als Rednerinnen; aber wenn ein Verein vorhanden ist, dürfen die Frauen nicht einmal an dem Vergnügen desselben theilnehmen. err Schall vertröstet die Frauen damit, daß sie in das Haus gehören.
ir Schall, der sich auf den Apostel Paulus beruft, welcher sagt: „Der ann ist des Weibes Haupt“, hätte weiter lesen sollen die Stelle, wo aulus sagt: „Wer heirathet, thut wohl; wer nicht heirathet, thut besser. Danach würden also alle Hausfrauen aus der Welt erschwinden. Die Frauen wollen ihre materielle Stellung ver⸗ essern und wollen eine Stellung im öffentlichen Leben einnehmen,
die man ihnen jetzt unter Schülern und Lehrlingen einräumt. Zu verachten sind die Frauen nicht, die ihre Petitionen hier eingereicht haben. Herr Schall meinte, die verständigen Frauen verlangen so etwas garnicht. Sehr höflich war das nicht. Unter der Eingabe stehen aber auch die Namen sehr verständiger Frauen. Fürst Bismarck meinte in einer Ansprache an die Frauen, die ihn begrüßten: Halten die . fest an der Politik, so ist diese gesichert für die Zeit der Kinder, welche die Frauen erziehen. Was sagt Herr Schall dazu? In Baden, Württemberg, Oldenburg u. s. w. haben die Frauen das Vereins⸗ und Ver⸗ sammlungsrecht, ohne daß dort große Schäden entstanden sind. Es wird unterschieden zwischen öffentlichen und politischen Angelegenheiten. Die gewandtesten Juristen sind doch nicht im stande, aus den Ent⸗ scheidungen der letzten Jahre darüber Klarheit zu verbreiten. Das Reichsgericht hat auch alle wirthschaftlichen Angelegenheiten als poli⸗ tische bezeichnet, ebenso die sozialen Fragen. Das Kammergericht hat sogar entschieden, 5 unter die Politik alles das gehört, was unter die Staatswissenschaften fällt oder fallen kann. ir sind also voll⸗ kommen rechtlos und am schlimmsten ist die ungleiche Behandlung, welche die verschiedenen Bevölkerungsklassen erfahren. Selbst Vereine für Volksbildung sind als politische betrachtet worden. In Hannover hat die Polizei eine philosophische Gesellschaft als politischen Verein betrachtet. Ich bedauere, daß Herr von Bennigsen nicht anwesend ist. Der Polizei⸗Präsident hat die Gesellschaft trotz des Wider⸗ spruchs des “ unter Polizeiaufsicht gestellt. Wenn einige Leute sich, ohne einen Verein zu bilden, um einen Tisch setzen und von den Wahlen sprechen, so löst der Polizeibeamte die Ver⸗ sammlung auf. Aber beim Bund der Landwirthe hören die Gesetze auf; da sind die Amtsvorsteher bei der Agitation stark betheiligt. Eine Zeitung hatte einem Amtsvorsteher vorgeworfen, daß er mit einem Agitator Bauernfang treibe. Der Redakteur wurde von der Klage der Beleidigung freigesprochen. Diese Agitatoren des Bundes der Landwirthe sind diejenigen, welche das Gesetz handhaben nicht ohne, sondern mit Ansehung der Person. Der Bund der Landwirthe steht in lebhaftem Widerspruch zur Regierung, aber die Regierung, die sich so etwas gefallen läßt, verdient, von diesen Herren bevor⸗ mundet zu werden. Versammlungen werden ohne weiteres aufgelöst, ohne jeden Grund. Soll das so bleiben? Versammlungen kosten Geld! Wenn in Pommern Versammlungen von Liberalen angemeldet werden sollen, so ist der Amtsvorsteher nicht zu Hause. Aber wenn der Bund der Landwirthe eine Versammlung hält, dann schreitet der Amtsvorsteher voran. Die verbündeten Regierungen sollten im Inter⸗ esse der Erhaltung der Gesellschaftsordnung den bürgerlichen Parteien entgegenkommen. Den Sozialdemokraten wächst durch solche kleinen Hindernisse der Muth und die Kraft. Jeder Fabrikraum ist die natur⸗ gemäße Versammlung der Arbeiter, dagegen kann man mit keinem Gesetze ankommen. Der ru ige Bürger hat Furcht, mit der Polizei, dem Staatsanwalt und dem Richter in Berührung zu kommen. Die freiheitliche Entwickelung und namentlich die Diskussion ist der beste Schutz der heutigen Staatsordnung. Nicht durch reaktionäre Maß⸗ regeln, sondern durch die freie Entwickelung der öffentlichen Dis⸗ nassion und durch eine volksthümliche Politik werden Sie den besten Schutz der Sö finden. Ich würde die Regierung bitten, sich nicht ablehnend zu verhalten, sondern endlich das Ver⸗ einsrecht dem deutschen Volke zu geben.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher:
Meine Herren! Es ist nicht meine Absicht, materiell über die Anträge zu diskutieren, welche Sie gegenwärtig beschäftigen. Ich habe nur das Wort erbeten, um einen Angriff abzuwehren, den der Herr Abg. Rickert gegen die verbündeten Regierungen unternommen
lhat. Wenn der Herr Abg. Rickert am Eingang seiner Rede, wie
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mir berichtet worden ist, es beklagt hat, daß kein Vertreter der ver⸗ bündeten Regierungen am Bundesrathstisch anwesend gewesen ist, so kann ich das Bedauern darüber theilen, und ich beklage das um so mehr, als ich nach den weiteren Ausführungen des Herrn Abg. Rickert der Ueberzeugung lebe, daß auch der erste Theil seiner Aus⸗ führungen für mich manches Interessante geliefert haben würde. Aber der Herr Abg. Rickert wolle das entschuldigen. Es geht den Herren am Bundesrathstische nicht anders, wie es augenscheinlich der sehr großen Mehrheit des Hauses geht. (Heiterkeit.) Wir haben mit⸗ unter auch noch etwas Anderes zu thun, als den Berathungen des Reichstags beizuwohnen.
Nun, meine Herren, hat der Herr Abg. Rickert unter Berufung auf den Art. 4 der Verfassung den Vorwurf gegen die verbündeten Regierungen erhoben, daß sie lässig gewesen wären in der Ausführung dieses Artikels, soweit er sich auf die Gestaltung des Versammlungs⸗ und Vereinsrechts bezieht. Ich möchte demgegenüber darauf hinweisen, daß der Art. 4 der Verfassung nicht so aufzufassen ist, als ob er eine Verpflichtung für die Regierung vorschriebe, die dort angezogenen Rechtsmaterien unverzüglich der Ordnung durch die Reichsgesetz⸗ gebung zu unterziehen. Der Art. 4 wird vielmehr richtig nur dahin zu verstehen sein, daß er den Kreis derjenigen Gegenstände bezeichnet, auf welche sich die Kompetenz des Reichs bezieht, und die also von Reichswegen in Angriff genommen werden können ohne Aenderung der Verfassung. Auf einer Anzahl von Gebieten, die in Art. 4 aufgeführt sind, ist auch nach der Reichsverfassung die Landesgesetzgebung noch thätig gewesen und wird es auch ferner sein, so lange eben das Reich sich nicht dazu herbeiläßt, die Materien mit in Angriff zu nehmen.
Nun, meine Herren, ist aber auch materiell der Vorwurf doch um deswillen unbegründet, weil gerade auf dem Gebiete des Vereins⸗ und Versammlungsrechts man in verschiedenen Bundes⸗ staaten mit dem dort geltenden Recht durchaus zufrieden ist. Wenn ich sage „man“, so meine ich natürlich damit nicht, daß jeder Staatsbürger mit dem geltenden Vereins⸗ und Versammlungsrecht zufrieden ist; aber es giebt eine ganze Reihe von deutschen Re⸗ gierungen, welche eine Verbesserung der in ihren Ländern geltenden Vorschriften über das Vereins⸗ und Versammlungsrecht nicht herbeisehnen.
Leider ist auch anzuerkennen, daß die Besorgniß besteht — und diese Besorgniß ist auch hier bei Ihren Berathungen zum Ausdruck gekommen —, daß, wenn die Reichsregierung die Materie in Angriff nehmen sollte, eine Vereinbarung über das Maß und die Gestaltung der Festsetzungen, die zu treffen sind, außerordentlich schwer zu erzielen sein werde. Ebenso berechtigt wie diese Besorgniß ist auch der Zweifel, ob durch ein gemeinsames Reichsrecht auf dem Gebiete des Vereins⸗ und Versammlungswesens wirklich überall besseres Recht geschaffen werden wird. Der Gesichtspunkt, daß auf dem Gebiete des Vereins⸗ und Versammlungsrechts die Rücksicht auf die Erhaltung der Staats⸗ ordnung in den Vordergrund zu stellen ist, wird nicht unbeachtet zu lassen sein; und es ist ganz klar — auch Ihre Verhandlungen lassen dies erkennen —, daß man auf der einen Seite in dem Bestreben⸗ möglichst viel Freiheit zu erhalten, und auf der anderen Seite in dem Bestreben, einen möglichst wirksamen Schutz für die Staatsordnung zu gewinnen, sich nicht leicht verständigen wird über die Ausgestaltung des Reichs⸗Vereins⸗ und Versammlungsrechts.
Also, meine Herren, so einfach liegen die Dinge denn doch nicht, wie der Herr Vorredner anzunehmen scheint. Wenn aber der Herr Abg. Rickert den Vorschlag gemacht hat, in einer Kommission den Versuch zu unternehmen, ob man nach dem Muster des Vereins⸗ rechts in einem Bundesstaat auch ein Reichsgesetz über Vereins⸗ und Versammlungsrecht fertig bringt, so haben wir selbstverständlich dagegen garnichts zu erinnern, und wenn der Herr Abg. Rickert oder die anderen Herren, die sich an dieser Aufgabe betheiligen werden, mit guten Gründen kommen und uns klar machen, daß das, worüber sie sich verständigen, auch wirklich ein brauchbares und nach allen Seiten hin genügendes Recht ist, so werden die verbündeten Regierungen gewiß gern die Hand dazu bieten, daß ein solches als Gesetz ver⸗ kündet wird. Aber, wie gesagt, diese Ueberzeugung muß den ver⸗ bündeten Regierungen erst beigebracht werden (Zuruf von den Sozial⸗ demokraten), und deshalb bitte ich: Lassen Sie ab mit Ihren Klagen; schaffen Sie etwas — ist es gut und finden wir es auch gut, dann wird es Gesetz!
Abg. Freiherr von Stumm (Rp.): Eine Vereinbarung über das Vereinsrecht zwischen Bundesrath und diesem Reichstag steht außer⸗ halb der Möglichkeit. Das haben die Verhandlungen über die Um⸗ sturzvorlage gezeigt. Denn ein Vereins⸗ und Versammlungsrecht kann nicht radikal geschaffen werden, wie die Herren von der Linken es wünschen, sondern es müssen auch die Kautelen gegen den Mißbrauch gefunden werden. Wenn beim Bürgerlichen Gesetzbuch das Vereins⸗ recht im Sinne der Antragsteller geregelt werden sollte, dann würde für den Bundesrath und für viele Parteien die Annahme des Gesetz⸗ buches unmöglich werden. Machen Sie, was Sie wollen! Wenn Sie einen Gesetzentwurf zu stande bringen, so ist das eine Demon⸗ stration, keine praktische Arbeit. Ich bin einverstanden damit, daß im preußischen Landtage die Vereinsgesetzgebung einer Revision unterzogen wird; aber so weit darf dieselbe nicht gehen, daß die Frauen und jungen Leute die Freiheit der Theilnahme bekommen. Die jungen Leute gehören in die Schule und in die Kirche, aber nicht in die Oeffentlichkeit. Die Rechte der “ will ich erweitert sehen, aber vollkommene Gleich⸗ eit der 8 Rechte für die Frauen will ich nicht. Die vernünftigste Petition der Frauen ist die aus München ein⸗ gegangene. Sie verlangt die größere Rechtsfähigkeit der Frauen. Dafür können die Frauen in Versammlungen eintreten, nicht in Vereinen. Bedenklich ist allerdings die Bestimmung, daß politische Vereine nicht miteinander in Verbindung treten können, dadurch werden die revolutionären und loyalen Bestrebungen gleichmäßi ge⸗ troffen. Wenn wir diese Bestimmung beseitigen und gegen Ness. brauch der Polizei Machtbefugnisse geben, so können wir wohl aus⸗ kommen. Bei der Auflösung der sozialistischen Vereitfe spricht man immer davon, daß die Arbeiter anders behandelt werden als die Arbeitgeber. Man verwechselt dabei die Arbeiter und die Sozial⸗ demokraten. Katholische Gesellenvereine sind nicht aufgelöst. Sind denn alle Sozialdemokraten Arbeiter? Die Reichstagsfraktion enthält keinen Arbeiter, sondern lauter Unternehmer, Journalisten u. s. w. Die
Kvalitionsfreiheit besteht; was die Herren immer verwechseln, ist, daß 8 ““ 8—
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