1896 / 46 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 Feb 1896 18:00:01 GMT) scan diff

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Khedive abgehaltenen Ministerrath die Abrech⸗ nungen des letzten Jahres. Dieselben weisen einen Ueberschuß von 1 088 000 Pfund auf; davon verbleiben 756 000 in der Kasse der „Dette publique“, um in egyptischen Bonds angelegt zu werden; der Rest von 332 000 verbleibt der Regierung zur Verfügung für besondere Ausgaben, wie Drainage, Bewässerung und Eisenbahnen. Der Khedive drückte dem Ministerrath seine große Genugthuung über die Ergebnisse des letzten Jahres aus.

Die „Agenzia Stefani“ berichtet aus Massowah, daß, nach cinem Telegramm des Generals Baratieri aus Addibichi vom 19. d. M., der Major Valli den Paß von Alequa besetzt habe, um die italienischen Karawanen zu schützen. In den Kämpfen bei den Pässen von Seeta und Alequa hätten die italienischen Verluste etwa 50 Todte, darunter ungefähr 30 Eingeborene, und einige 50 Ver⸗ wundete betragen. Unter den Gefallenen befänden sich Lieutenant Oemino und Lieutenant Negret, unter den Ver⸗ wundeten Lieutenant Deconcilus, welcher von Ras Sebat worden sei. Die Verluste des Feindes eliefen sich, soweit bisher festgestellt sei, auf 2 Unterführer und einige 30 Mann, sowie mehrere bewaffnete Landleute. Ras Sebat und Ras Agos sollten sich mit ungefähr 400 Mann in Debramatie im Osten von Maimarat be⸗ finden. Die Bewegung dehne sich infolge der sofort zur Unter⸗ drückung derselben ergriffenen Maßregeln nicht weiter aus. In Okale und Cuzai herrsche Ruhe; über Bewegungen im Lager der Schoaner liege keine Meldung vor.

Eine Depesche des in Afrika befindlichen Korrespondenten der „Tribuna“ meldet, die Geistlichkeit von Acsum habe Men elik geantwortet, sie sei bereit, ihm entgegenzuziehen; die Förn lichkeit einer Krönung erscheine ihr jedoch macgt geboten, da Menelik noch nicht durch Vertreibung der Italiener sein Reich habe wiedergewinnen können.

Die vorgestern begonnene Wahl des Präsidenten des Oranje⸗Freistaates ist nach einer Meldung aus Bloom⸗ fontein noch nicht abgeschlossen. Bis jetzt erhielten Steyne 1597 und Fraser 684 Stimmekmn.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (47.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher und der Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Graf von Posadowsky beiwohnten, wurde die gestern abgebrochene Berathung der Petitionen wegen der Dienstaltersstufen und der dazu gestellten Anträge der Budgetkommission und des Abänderungsantrags des Abg.

Singer fortgesetzt. ö1A6A““ (Schluß des Blattes.) In der heutigen (24.) Sitzung des Hauses der

Ibgeordneten, welcher der Minister für Handel und Ge⸗ werbe Freiherr von Berlepsch beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Staatshaushalts⸗Etats für 1896/97, und

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und Ballet in 10 Bildern von Julius Keller und

Louis Herrmann, mit theilweiser Benutzung einer

Idee des Mark Twain. Musik von Louis Roth.

In Scene geseßt von Julius Fritzsche. Dirigent: ler Winné. Anfang 7 ½ Uhr.

Sing⸗Akademir. Sonnabend, Anfang 8 Uhr:

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1) Reif.

Uebersicht der Witterung.

Unter der Wechselwirkung des Hochdruckgebiets im Osten und einer Depression im Westen Europas wehen in einem Streifen, welcher sich von Skan⸗ dinavien südwärts bis zur Adria erstreckt, starke, Uj stellenweise stürmische östliche und südöstliche Winde, unter deren Einfluß die Temperatur erheblich herab⸗ gegangen ist. In Deutschland ist das Wetter kalt, trocken und nahezu wolkenlos, Memel und München melden 6 ⅛, Breslau 7 ½ Grad unter Null. Die Postfana⸗ umschließt ganz Schweden, Dänemark,

Heutschland, Ungarn und den größten Theil Oester⸗ reichs. Fortdauer wahrscheinlich.

Deutsche Seewarte.

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Theater.

Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗ haus. 47. Vorstellung. Der Evangelimann. Musikalisches Schauspiel in 2 Aufzügen, nach einer von Dr. Leopold Florian Meißner erzählten wahren Begebenbeit, von Wilhelm Ktenzl. In Scene Piseht vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dekorative

inrichtung vom Ober⸗Inspektor Brandt. Dirigent:

7 ½ Uhr. Sonntag, gesindel.

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Male:

2 Aufzügen von 7 ½ Uhr.

7 ½ Uhr: mann als dorf.

ast.)

Lautenburg.

hafen.

Kostümen, Hungerleivber.

zwar des Etats der Verwaltung für Handel und Ge⸗ werbe fortgesetzt.

Bei den Gehältern für die Aichungsbeamten bemerkte Abg. Dr. Sattler (nl.), daß es mit den jetzigen Gehalts⸗ verhältnissen der Aichungsbeamten nicht so bleiben könne, diese vielmehr dringend einer Aufbesserung bedürften.

Bei dem Titel „Remunerierung der und stell⸗ vertretenden Vorsitzenden der Schiedsgerichte für die Unfall⸗, Invaliditäts⸗ und Altersversicherung“ wünschte

Abg. Bachmann (nl.), daß Amtsrichter zu den Stellen dieser Vorsitzenden herangezogen werden; statt dessen nehme man Regierungs⸗ Assessoren, die bald wieder versetzt werden. Der Vorsitzende des Schiedsgerichts müsse ein älterer, erfahrener Beamter sein, der mit den Verhältnissen vertraut sei.

Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch stellte sich auf denselben Standpunkt, erklärte jedoch, daß Verwaltungs⸗ beamte nicht gänzlich von diesen Stellen ausgeschlossen sein dürften, namentlich an kleineren Landrathssitzen. Die Vorschläge für die Be⸗ setzung der Stellen gingen von den Regierungs⸗Präsidenten aus, und nicht alle Vorschläge könnten nachgeprüft werden, eventuell trete aber Remedur ein.

Beim Kapitel „Gewerbliches Unterrichtswesen“

erkannte

Abg. von Schenckendorff (nl.) die Fürsorge des Handels⸗ Ministers für das gewerbliche Unterrichtswesen an, bedauerte aber, daß wegen der Finanzlage noch nicht mehr dafür geschehen könne. Preußen stehe auf diesem Gebiet hinter anderen Staaten außerordent⸗ ich zurück. In Baden werden pro Kopf der Bevölkerung 47 ₰, in Preußen nur 8 ₰% für diesen Unterrichtszweig ausgegeben. Was die Baugewerkschulen betreffe, so stimme er den gestrigen Aus⸗ führungen des Abg. Felisch vollkommen zu, auch darin, daß für Bau⸗ handwerker der Befähigungsnachweis eingeführt werden müsse. Nicht allein die Baugewerkschulen bedürften einer Vermehrung, sondern auch die anderen gewerblichen Schulen, die Zeichen⸗ schulen, Handwerkerschulen, die Schulen für Maschinentechniker ꝛc. Damit sei bisher eigentlich erst ein Anfang gemacht worden. Die Lehrer dieser Schulen müßten besser gestellt werden, damit sie diesen Beruf nicht wieder bald verlassen. Dem Mittelstand müsse geholfen werden, man könne den Minister nur immer wieder bitten, mit Energie in seiner Fürsorge für das gewerbliche Unterrichtswesen fort⸗ zufahren. Redner besprach die Verhältnisse einzelner Baugewerkschulen und gab seiner Freude über die Entwicklung der Webeschulen Ausdruck, indem er die beabsichtigte Trennung in „Webeschulen! zur Ausbildung von Werkmeistern und in „höhere Webeschulen⸗ für Fa⸗ brikanten, Musterzeichner und Dessinateure billigte. Zur Pflege der Fortbildungsschulen werde seine Partei noch einen besonderen Antrag einbringen. Die Fortbildungsschulen seien für die leicht Ver⸗ führungen unterliegende Jugend so wichtig, daß alle Par⸗ teien zusammenstehen müßten zur Entwickelung des Fortbildungs⸗ schulwesens. Ein besonderer Religionsunterricht werde zwar an den Fortbildungsschulen nicht eingeführt werden können, zumal dam schon die Zeit fehle; eine verlotterte Jugend habe für die religiöse Wahr⸗ heit doch kein Ohr, dagegen müsse durch praktische Erziehung zum sittlichen Lebenswandel au die Jugend eingewirkt werden. Soweit es möglich sei, werde seine Partei allerdings den Bedürfnissen nach religiöser Erziehung nachkommen. 8

Abg. Bachmann (nl.) trat für eine Aufbesserung der Gehälter der Navigationslehrer ein, welche erst mit dem 46. bis 48. Lebens⸗ jahre eine pensionsfähige Stellung bekämen. Nicht nur eine Unbillig⸗ keit gegen die Lehrer selbst sei dies, sondern die öffentliche Wohlfahrt gebiete eine Verbesserung, weil sonst die Navigationsschulen ihren An⸗ forderungen nicht genügen könnten.

Minister für ndel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch: Ich erkenne die Beschwerden der Navigationslehrer als berechtigt an,

Kapellmeister Dr. Bremer Rathskeller. Wilhelm Hauff, von Emil Musik von Adolf Steinmann. Dirigent: Musik⸗ direktor Steinmann. Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus. 53. Vorstellung. Wallenstein’s Tod. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Friedrich von 88 Eer- In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Dekorative Inspektor Brandt. Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag: Opernhaus. 48. Vorstellung. Jvanhoe. des Romantische Oper in 4 Akten von Arthur Sullivan. Nach Walter Scott’s gleichnamigem Roman be⸗ arbeitet von Julian Sturgis, deutsch von H. Witt⸗ Anfang 7 ½ Uhr. Schauspielhaus. Lustspiel Anfang 7 ½ Uhr.

Deutsches Theater. Sonnabend: Liebelei. Vorher: Der zerbrochene Krug.

achmittags 2 ½ Uhr: Das Lumpen⸗ bends 7 Der zerbrochene Krug.

Montag: König Heinrich der Vierte.

Berliner Theater. Sonnabend: König Hein⸗

Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag, Nachmittags 2 Uhr: Faust. Abends

7 ½ Uhr: König Heinrich. u“ 1“ Montag: König Heinrich.

Lessing-Theater. Sonnabend: Zum ersten Jungfer Immergrün. 1. Aufzug von Ernst von Wildenbruch. Niemann als Gast.) Hierauf: Zum ersten Der Junge von Hennersdorf. Volksstück in

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu volksthüm⸗ chen Preisen: Die Großstadtluft. Abends ungfer Immergrün.

Montag: Comtesse Guckerl.

Refidenz-Theater. Direktion: Sonnabend: Hotel zum Freihafen. (L'HBöôtel du Libre Echange.) Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau, übersetzt und bearbeitet von Benno Jacobson.

Sonntag und folgende Tage: Hotel zum Frei⸗

Friedrich⸗-Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25— 26. 8

Sonnabend: Mit großartiger Ausstattung an i

Dekorationen und

der Finanz⸗Minister hält aber an dem Standpunkt fest, daß nicht

Muck. Phantasieun im hantastisches Tanzbild, Graeb.

Herr Kapellmeist Sonntag: Der Hungerleider.

inrichtung vom Ober⸗ Sonnabend:

Herrn Direktor

Vorletzte Woche Frau Tewele. (Monsieur le

Die kranke

54. Vorstellung. von Richard

in 4 Aufzügen I

Feuern.

7 ½ Uhr. Sonntag,

Direktor.

Anfang zwischen zwei Feuern.

Der Millitärstaat. Uhr: Liebelei. Vorher:

Sonnabend:

Julius Fritzsche. Frau Petterson⸗Norrie.

Halévy, deutsch von J. Hopp.

; Hierauf: Großes Ballabile, J. Reisinger. Anfang 7 ½ Uhr.

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Schauspiel in

(Hedwig Male:

Musikalische

Ernst von Wildenbruch. Anfang vom Balletmeister J. Reisinger.

(Hedwig Nie⸗ Der Junge von Heuners⸗

ley’s Taute. Brandon.

Sigmund Uhr. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Anfang 7 ½ Uhr.

Sonnabend: Nacht. Tanz Julius Freund.

Requisiten: Der

lach. Anfang 7 ½ Uhr. Ausstattungs⸗Komödie mit Gesang dügehehe

Sonntag: Eine tolle Nacht.

Neues Theater. Schiffbauerdamm 4 a./5. des Gastspiels

ktor Directeur). Lustspiel in 3 Akten von Alexandre Bisson und ee Carré. Deutsch von Ferdinand Groß. n Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg.

Ein Zündhölzchen zwischen zwei 7† Schwank in 1 Aufzug nach dem 2 zösischen des H. Honoré von Georg Hiltl. Anfang täis

N. und Dienstag: Der Herr orher: Ein Zündhölzchen

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu halben Preisen: Das Baumeister⸗Gastspiel beginnt am 2. März.

Theater Unter den Linden. Gastspiel Die schöne

Komische Operette in 3 Akten von Meilhac und Musik von Jacques 2 Offenbach. Dirigent: Herr Kapellmeister Feder⸗ Musikalische arrangiert vom Balletmeister

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Bei halben Preisen: Der Bettelstudent. Abends 7 ½ Uhr: Boccaccio. Komische Operette in 3 Akten von R. Genée. Musik von Franz von Suppé. Hierauf: cherze. Großes Ballabile, arrangiert 8 18 gard).

1“ Adolph Ernst⸗Theater. Sonnabend: Char⸗ Schwank in 3 Akten von Thomas Repertoirestück des Globe⸗Theaters in London. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. 1 Vorher: Die Bajazzi. Parodistische Posse mit 8 Gesang und Tanz in 1 Akt von Ed. Jacobson und Benno Jacobson. Musik von F. Roth. Anfang

Bentral⸗-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Emil Thomas a. G. Eine tolle

Große Ausstattungsposse mit Gesang und in 5 Bildern von Wilh. Mannstädt und Musik von Julius Einödshofer. Scene gesetzt vom Direktor Richard Schultz. e Tanz⸗Arrangements vom Balletmeister Gund⸗

eine einzelne Beamtenklasse vorweg aufgebessert werden dürfe, weil sonst sofort Berufungen anderer Sen aeiahste darauf kämen. In Hamburg sind die Gehälter der Navigationsle als b uns. inkel (ul. darauf hi ß

g. Krawinkel (nl.) wies darauf hin, daß in unserem . schulwesen insofern eine Lücke bestehe, als 8g die Lushifan ach. Maschinisten und Heizern nicht nur für Dampfmaschinen, sondern auch für Lokomobilen S. dem Lande nicht gesorgt sei. Auch auf dem Lande müßten Fortbildungsschulen zur Ausbildung von Handwerkern besonders im Zeichnen, errichtet werden. Die technische Unterrichts. kommission trete viel zu selten zusammen, um ihrer Aufgabe voll kommen gerecht zu werden.

Abg. Pleß (Zentr.) trat für die Versorgung der Hinterbliebene der Fachlehrer ein. .

Ein E11“ theilte mit, daß über diest Frage⸗ 8 Verhandlungen schweben. Wichtigkeit des Fortbildungsschulwesens an, ich schließe mich abe dem gestrigen Wunsch meines Freundes Dittrich bezüglich des Religions unterrichts an. Besonders an den größeren Anstalten muß ein Stunde für den Religionsunterricht reserviert werden. Da Lernen wirkt zwar in gewissem Sinne an sich auch erziehetisch aber zur sittlichen Erziehung des Hsanren Menschen ist der Reli iong unterricht unerläßlich. Der Minister hält den Religionsunterricht a den gewerblichen Schulen nicht für moͤglich, wir können uns dem nicht anschließen; natürlich gehört die Mitwirkung der kirchlichen Organ dazu. Die Behörde jedes einzelnen Orts muß sich mit den kirchliche Organen zu diesem Zweck in Verbindung setzen. Nicht gerade auf de Katechismus kommt es an, sondern auf eine allgemeine religiös Unterweisung; damit ließe sich Segensreiches erzielen. Es ist dankbar anzuerkennen, daß der Fortbildungsschulunterricht am Sonntag nich mehr während des Gottesdienstes stattfindet. Für die höhere Dinge muß Zeit genug sein, besonders für die junge Leute, die sich den gewerblichen Zweigen ohne religiöse Erziehung den Verführungen in den Städte unterliegen. Redner dankte dem Minister sür die Förderung de Kunstgewerbeschulen. In Oesterreich war man auf diesem Gebie

schon in den achtziger Jahren weiter als wir jetzt. Zur Genugthuung

gereiche es uns, daß sich unser Kunstgewerbe mehr und mehr von de

französischen emanzipiert habe, und es sei zu hoffen, daß mit den

Fs tenee. ehn immer mehr Fortschritte gemacht werden. bg. Glattfelter (Zentr.) legte Werth des Religionsunterrichts in der Fortbildungsschule, weil die zunehmend

Verwilderung und Verrohung der Jugend, welche die Schule verlassen

S b Gefahr für die Zukunft des Staats sei. og.

chulen sei, Grosßziehen des Pfuschmeisterthums befürchte, die Schulen würde bald allgemein Pfuscherschulen genannt werden.

Abg. von Eichel (kons.) schloß sich den Ausführungen des Ab von S enckendorff in Bezug auf die Webeschulen an und meinte, dch in seinem Heimathkreise Lauban die Lage der armen Weber durch Webeschulen wesentlich verbessert und das Handwerk vervollkommnet werden könnte.

Abg. Schall lkons.) sprach sich für die Einführung des Religions⸗

hrer allerdings höher

Freiherr von Heereman (Zentr.): Auch wir erkennen die

auf die Einführung

Felisch (kons.) führte aus, daß der Verein deutscher Bau⸗ 8 Fherrcf nesger gegen die Zweitheilung der vierklassigen Baugewerk⸗ weil er von den Baugewerkschulen zweiter Klasse das

unterrichts an den Fortbildungsschulen aus, wollte aber nicht für jede

Anstalt einen Geistlichen verlangen. Es müsse auf die christliche

Gesinnung der Lehrer gesehen werden, die christlichen Vereine

junger Leute müßten gefördert werden. Insbesondere müssen die ki

lichen Organe alle Sorgfalt auf die jungen Seelen legen, auf daß sie

nicht verloren gehen und vor den Umsturzgedanken bewahrt werden. (Schluß des Blattes.) 8

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Erst Beilage.)

Konzerte.

Konzert-Hans. Sonnabend: Operetten⸗ und Walzer⸗Abend

II. Klavier⸗Abend von Sandra Drouker.

Saal Bechstein. Linkstraße 42. Sonnabend,

Anfang 7 ½ Uhr: II. Klavier⸗Abend von Frederie Lamond.

Birkus Renz. Karlstraße. Sonnabend, Abends

Uhr: Egnestrische Gala⸗ Hare. Kehert a⸗ Erfolg! Aufführung des großen mili⸗

een Ausstattungsstücks 1870/71 mit Tänzen, Gruppierungen, Gefechten ꝛc. vom Direktor Fr. Renz. Außerdem: Vorführung der berühmten Original⸗Dressuren des Direktors Fr. Renz. Der anerkannt beste Schulreiter der Welt Mr. James Fillis mit seinem Schulpferde Povero. Die französische Schulreiterin Mlle. Dudley mit ihrem Schulpferde Monarch. sämmtlicher Clowns und des beliebten Original⸗August Mr. Lavater Lee. Alles Nähere aus Plakaten ersichtlich.

Sonntag: Zwei Vorstellungen: Nachmittags 4 Uhr: Großze Komiker⸗Vorstellung. (Ermäßigte Preise und 1 Kind unter 10 Jahren frei.) Abends 7 ¼ Uhr: 1870/71.

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Louise von Both mit Hrn. Jagd⸗ junker Hans August von Bassewitz (Doberan

Rostock).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Hauptmann Hans Thümmel (Pfalzburg). Hrn. Professor Dr. 852 (Breslau). Hrn. Oberlehrer Boenisch (Sagan). Hrn. Amtsrichter Kroner (Pr.⸗Star⸗

Eine Tochter: Hrn. Kapitän⸗Lieut.

Jochen von Bredow (Stendal). Hrn. Amts⸗

richter Jacob (Neumittelwalde).

Gestorben: K. K. Lieut. d. R. Graf Heinrich Schlippenbach (Arendsee). Hr. Major Hans Abel (Danzig). Fr. Amtsrath Adelheid Lewe⸗ renz, geb. Melms (Bresin). Hr. Oberst.Lieut. a. D. Paul Hesse (Münster). Fr. Hauptmann Gertrud Jung, geb. Schleißner (Berlin). Verw.

r. Ober⸗Postsekretär Hedwig Müller, geb. Brett⸗ chneider (Neufalz a. H.). Hr. Bibliothekar Julius Foß (Berlin). Verw. Fr. Geheime Justiz⸗Rath Louise Held, geb. Rodbertus (Berlin).

Der Herr

ran⸗

Direktion:

der eleua.

Scherze.

F. Zell und

1

Verantwortlicher Redakteur: Siemenr oth in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

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Karl Meyder⸗Konzert.

Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

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widmen und

Herren,

Anzeiger und Königlich Preuß

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Erste Beilage

Berlin, Freitag, den 21. Februar

Deutscher Reichstag. 45. Sitzung vom 20. Februar 1896, 1 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der zweiten Berathung des Reichshaushalts⸗Etats und zwar des Militär⸗Etats beim Kapitel „einmalige Ausgaben.“ Die Kommission hat in 13 Fällen die geforderten Summen vollständig gestrichen, in 4 Fällen Ermäßigungen derselben vor⸗ geschlagen; auf diese Weise sind im Ganzen 3 870 050 ab⸗

esetzt worden; es sollen nur 36 681 795 statt der geforderten 40891 845 bewilligt werden.

Der Berichterstatter Abg. Gröber (Zentr.) macht eingehende Mittheilungen über die Berathung in der Budgetkommission, namentlich auch über die Kosten F. der noch nicht in Kasernen untergebrachten Truppentheile.

Abg. M Sig (dkons.): In der Kommission habe ich schon festgestellt, daß der Militär⸗Etat sich in bescheidenen Grenzen bewegt. Wir werden die einmaligen Ausgaben fast sämmtlich bewilligen. Wenn wir bei einzelnen Positionen eine Bewilligung ablehnen, so ge⸗ schieht das nicht, weil wir die Forderung für unbegründet halten, sondern weil wir meinen, daß die betreffenden Bauten aufgeschoben werden können und müssen wegen der schlechten Finanzlage und der schlechten Lage der Landwirthschaft. Wir sind gern bereit, für die Soldaten gute Kasernen zu schaffen; aber wir sehen, daß die Hütten der Landbewohner zerfallen, weil die Leute vor dem Ruin stehen. Wir haben dem Bundesrath Vorschläge gemacht, wie der Noth der Landwirthschaft abgeholfen werden kann. Diese Vorschläge sind nicht acceptiert; wir erwarten, daß seitens des Bundesraths nicht nur mit den sogenannten kleinen Mitteln vorgegangen wird, sondern daß uns Vorschläge eingreifender Natur gemacht werden. Die Beschränkung, welche wir uns auferlegen, ist eine sehr geringe; aber sie wird in künftigen Jahren größer werden müssen, wenn unsere gerechten Forderungen bezüglich der Landwirthschaft nicht erfüllt werden. Ich bitte die verbündeten Regierungen, bei Aufstellung des nächstjährigen Etats diese unsere Stellung zu berücksichtigen. 8

Die Forderung von 88 000 für eine Garnisonbäckerei in Paderborn soll nach dem Fseg der Kommission ge⸗ strichen werden. Das Haus tritt dem Antrage bei.

Zur Vermehrung der Reserven an Verpflegungsmitteln ist eine erste Rate von 1 650 000 ℳ. gefordert. Die Kom⸗ mission beantragt die Streichung, während die Abgg. Dr. Lieber (Zentr.) und von Leipziger (dkons.) die Bewilligung beantragen.

199 Dr. Lieber (Gentr.) erklärt, daß er in der Budget⸗ kommission gegen die Bewilligung gestimmt habe; es müßten also schwerwiegende Gründe sein, wenn er jetzt für die Bewilligung eintrete. Die Bestände an Verpflegungsmitteln seien nicht so aus⸗ reichend bemessen, daß dadurch der laufende Bedarf gedeckt werden

nd auch eine Reserve für den Mobilmachungsfall gehalten werden önne. Deshalb müsse die Militärverwaltung vorschußweise auf ünftige Bewilligung hin aus den Betriebsmitteln des Reichs Vor⸗ äthe ankaufen. Das sei ein budgetmäßig nicht seltener Zustand und durch Bewilligung einmaliger Ausgaben solle nach und nach dafür esorgt werden, daß dieser Zustand beseitigt werde. Durch die Streichung würde eine Ersparniß nicht herbeigeführt werden, denn je Ausgabe müsse doch gemacht werden. So schlimm sei die Finanzlage doch nicht, daß man diese Ausgabe jetzt nicht machen könne. 1 Abg. Richter (frs. Vp.): Es handelt sich nicht um Ankäufe on Getreide u. s. w., sondern lediglich um eine Finanzfrage, an je Militärverwaltung garnicht interessiert ist. Die Mittel käufen werden jetzt aus dem Betriebsfonds entnommen, eine Bewilligung würde also nur zur Verstärkung des Betriebsfonds 1 Darüber kann keine Entscheidung getroffen werden, wenn age des Betriebsfonds im allgemeinen erörtert und der nur eine vorübergehende Ver⸗ Es handelt sich hier nicht bloß

um die 1 650 000 ℳ, sondern im Ganzen um 10 Millionen Mark.

Preußischer General⸗Major Freiherr von Gemmingen: Meine

den thatsächlichen Ausführungen des Herrn Referenten und des Herrn Abg. Dr. Lieber habe ich nichts hinzuzufügen und kann sie durchweg als zutreffend anerkennen. Wenn hingegen der Herr Richter gemeint hat, daß die Militärverwaltung bei

ganzen Sachlage nicht betheiligt sei, so muß ich

dem gegenüber doch betonen, daß auch sie ein sehr leb⸗ haftes Interesse an der Genehmigung dieses Postens hat. Es ist allerdings richtig, 88. durch die Genehmigung der be⸗ treffenden Forderung ein uwachs an Naturalien nicht entsteht.

Es ist aber auf der anderen Seite ein höchst unerquicklicher Zustand,

der hier beseitigt werden soll. Meine Herren, der Herr Abg. Dr. Lieber hat mit vollkommener Klarheit nachgewiesen, daß die Militär⸗ verwaltung gezwungen ist, z. B. im jetzigen Augenblick, bereits über Fonds zu verfügen, die ihr vielleicht erst nach dem 1. April 1897 zur Verfügung stehen. Die betreffenden Beträge werden auf Vor⸗ schußkonto so lange gebucht und werden nachher definitiv veraus⸗ gabt. Jetzt, meine Herren, ist aber der Preis weder des Roggens noch des Hafers ein konstanter; derselbe wechselt und wir haben an dem⸗ selben Tage vielleicht im Deutschen Reich 1000 Tons Hafer zu 118 und an einem anderen Ort zu 120 angekauft. Welchen Betrag soll ich nun nach dem 1. April 1897 auf das neue Konto definitiv in Ausgabe übertragen? Es entstehen die allergrößten Schwierigkeiten, diese Verhältnisse zu regeln; sie können auch niemals mit voller Klarheit geregelt werden, und es ist außerdem zu befürchten, daß diejenigen Mittel, die für das Jahr 1897/98 auf ganz anderen Grundlagen bewilligt werden (hauptsächlich nach den Oktober⸗ preisen im Jahre 1896), in gar keinem Verhältniß stehen zu denjenigen Beträgen, die wir angeblich zahlen. Also aus diesem Grunde hat die Militärverwaltung ein sehr lebhaftes Interesse daran, ihr die

8 Regelung der Konten zu erleichtern, sodaß Klarheit in ihrer Berechnung

Sie würde, wenn ihr der ganze Betrag zur Verfügung steht, hierin nicht weiter gehen, als daß sie am Ende des einen Etats⸗ jahres die ihr für das folgende Etatsjahr bewilligten Mittel in Angriff nimmt, wie es in den Erläuterungen zum Etat u ge vr⸗ ist, und infolge dessen habe ich im Namen der verbündeten Re⸗ jerungen das hohe Haus zu ersuchen, den dankenswerthen Anregungen n den Antrage der Herren Dr. Lieber und von Leipziger zustimmen zu wollen. . 8

Abg. v. Kardorff (Rp.) schließt sich ebenfalls den Ausführungen des Abg. Lieber an. Die Ablehnung in der Budgetkommission sei mit 13 gegen 10 Stimmen, also bei einer 2 bwesenheit von 5 Mitgliedern erfolgt. Eine Verpflichtung, im nächsten Jahre auf diesem Wege fortzufahren, liege nicht vor, wenn die Finanzlage das nicht gestatte. b

Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts, Wirklicher Geheimer Rath Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:

Meine Herren! Wie Sie sich gütigst aus der Vergangenheit entsinnen wollen, haben die verbündeten Regierungen Ihnen in zwei aufeinander folgenden Jahren eine Vorlage, betreffend die Ver⸗ stärkung des Betriebsfonds, unterbreitet. Die Summen, welche nöthig

wären zur angemessenen Erhöhung des Betriebsfonds, wurden auf

gechaften wird.

67 Millionen berechnet, und es ist damals von keiner Seite des hohen Hauses, soweit ich mich zu entsinnen vermag, die Nothwendig⸗ keit der Verstärkung des Betriebsfonds bestritten worden; bestritten wurde nur der Weg, auf dem wir diese Verstärkung suchten.

Der Herr Abg. Richter hat nun eingewendet, das wäre eine Angelegenheit, die von so prinzipieller Bedeutung wäre, daß man sie nicht gelegentlich erledigen könne, und eine praktische Schwierigkeit könne auch bei der gegenwärtigen Sachlage nicht entstehen, weil die Reichs⸗Finanzverwaltung jeder Zeit in der Lage sei, sich die nöthigen Mittel durch kurzfristige Schatzanweisungen zu besorgen.

Mit dem ersten Einwand deutete der Herr Abg. Richter auf die Regelung der Materie in einem Komptabilitätsgesetze hin; ich glaube, meine Herren, in einem Komptabilitätsgesetze wird man die Frage nie grundsätzlich regeln können, inwieweit bei einzelnen Etatstiteln, sei es, daß es sich um Ausgaben ohne Vertrags⸗ grundlage oder auf Grund von Verträgen handelt, Vorgriffe in den nächsten Etat zulässig sind; vielmehr wird diese Frage von Fall zu Fall bei den einzelnen Etatstiteln entschieden werden müssen, und ich halte es aus prinzipiellen Gründen für sehr wichtig, gerade bei diesem großen Etatstitel „Beschaffung des Naturalienbedarfs für das Heer“ eine Klarstellung der Frage herbeizuführen.

Wenn der Herr Abg. Richter hingewiesen hat auf die Be⸗ schaffung der nothwendigen Betriebsmittel durch Schatzanweisungen, so muß ich doch bemerken, daß die Benutzung des Schatzanweisungs⸗ kredits kein ganz unbedenkliches Mittel ist. Dieser Kredit wurde als ein kurzfristiger bezeichnet; es liegt aber eine nicht unerhebliche Gefahr darin, derartige erhebliche schwebende Schulden zu kontrahieren, die vielleicht gerade fällig werden in einem Augenblick, wo man dringend neuer Mittel bedarf.

Zum Schluß bemerke ich noch: wenn die Verwaltung bisher ge⸗ wirthschaftet hat mit verhältnißmäßig so geringen Betriebsfonds, so war das nur dadurch möglich, daß wir fortgesetzt einen sehr erheblichen Schuldentitel hatten und daß wir diesen Schuldentitel theilweise realisiert haben, ehe die einzelnen etatsmäßigen Ausgaben fällig waren, mit anderen Worten, wir haben unsere Anleihetitel fortgesetzt früher realisiert, als die Ausgaben aus den Anleihetiteln jene Realisierung bedingten. Nur durch dieses System, was in der That ein wünschens⸗ werthes nicht sein kann, war es bisher möglich, mit verhältnißmäßig so kleinen Betriebsfonds trotz steigender Etats die Verwaltung des Reichs weiterzuführen.

Wenn schließlich der Herr Abg. Richter in Aussicht gestellt hat, durch Herübernahme von Mitteln aus dem Ordinarium den Schuld⸗ titel entlasten zu wollen, so kann die Reichs⸗Finanzverwaltung diese Offerte nur dankbar annehmen. 18 8 „&ꝗꝑAbg. Dr. Hammacher (nl. ließt den Ausführungen der Eöe bag n chüce sih. ese hienbe Bebürfniß werde auch vom Abg. Richter anerkannt.

Nachdem der Abg. Richter nochmals gegen den Antra sich ausgesprochen, weist Abg. von Leipziger (dkons.) hin, daß im vorigen Jahre der Abg. Richter selbst denselben Standpunkt eingenommen habe, wie ihn der jetzige Antrag Lieber enthalte. .

Die Abstimmung durch Zählung des Hauses ergiebt, daß nur 147 Mitglieder anwesend sind, von denen 92 mit Ja und 55 mit Nein stimmen. Das Haus ist also beschlußunfähig, da zur Beschlußfähigkeit die Anwesenheit von 199 Mitgliedern

ehört. get Um 2 ¾ Uhr wird daher die Sitzung abgebrochen und

die nächste Sitzung von dem Präsidenten Freiherrn von Buol chste Sitzung von der nien Freiherrn von Huol

46. Sitzung des Reichstags.

Um 3 Uhr wird die Sitzung wieder aufgenommen.

Zum Neubau der Kaserne am Kupfergraben nebst düheh in Berlin, welche zur theilweisen Aufnahme eines

arde⸗Infanterie⸗Regiments bestimmt ist, sind 20 000 für den Entwurf verlangt.

Abg. Richter (fr. Volksp.): Es besteht keine Meinungsver⸗ schiedenheit darüber, daß die jetzige Kaserne nicht mehr taugt, und daß ein Ersatzbau zur Unterbringung der Truppen nothwendig ist; aber der Platz, auf welchem die jetzige Kaserne steht, ist viel zu werthvoll für diesen Zweck. Würde man diesen Platz veräußern, so würde man mindestens die Mittel gewinnen, um an einem anderen Platz eine solche Kaserne aufzubauen. Dieses Terrain befindet sich im Müttnlpunkte von Berlin und könnte für andere und höhere Zwecke als für Kasernenbauten verwendet werden, z. B. für Zwecke der Wissenschaft und Kunst. Es wäre wünschenswerth, die Gebäude für Wissenschaft und Kunst mehr zu konzentrieren. Vielleicht treten die anderen Ressorts mit der Militärverwaltung zu diesem Zwecke in Verbindung. b

Abg. Singer (Soz.) sric sich gegen die Forderung aus, die durchaus unwirthschaftlich sei, denn dieser Platz habe einen sehr großen Werth; bei 2500 für die Quadratruthe habe der Platz einen Werth von mehr als 5 Millionen Mark. Das Terrain des Montierungsdepots, welches mit hineingezogen werden sollte, habe einen Werth von mehr als 1 Million Mark. 6 ½ Millionen für einen Kasernenbauplatz sei doch etwas viel, namentlich da wissenschaftliche Institute in jener Gegend vergebens einen Platz suchten. Von dem preußischen Finanz⸗Minister sollte die Reichsverwaltung etwas lernen und diese Grundstücke höher verwerthen als zum Bauplatz für eine Kaserne. Zum Schutz des Schlosses sei die Kaserne nicht nöthig. Gesgen wen sollte denn das Schloß geschützt werden? Solche vorgescho enen Gründe seien nicht durchschlagend. Wenn die Dinge einmal so lägen, deen das Schloß geschützt werden müßte, dann wären ganz andere Dinge ge⸗ fährdet, für die der Schutz der Truppen erforderlich werden würde. Man könne die Kasernen anderwärts erbauen. Die Herren, welche immer zur Sparsamkeit gemahnt hätten, müßten gegen diesen Posten stimmen; denn der Entwurf werde doch nach dem Platz eingerichtet und könnte nicht auf einem Fereeha ausgeführt werden.

Preußischer General⸗Major Freiherr von Gemmingen: Meine

erren! Die Verhältnisse der Kupfergraben⸗Kaserne sind in der Budget⸗ Herrenon eingehend erörtert worden; ich kann mich daher für die Herren Mitglieder derselben auf meine I“ Ausführungen be⸗ ziehen. Dem hohen Hause gegenüber aber mu ich hervorheben, daß die Militärverwaltung keineswegs einfeitig auf dem Standpunkt steht, daß sie immer an derjenigen Stelle, wo sich eine alte Kaserne befindet, auch eine neue wieder bauen will. Wir

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auf 3 Uhr anberaumt. 3

auf der Garde⸗Kürassier⸗Kaserne

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angeregt und bauen aus dem Erlös derselben für zwei Truppentheile neue Kasernen; desgleichen bauen wir für die Arrestanstalt, die ver⸗ aͤußert wird, an entfernter gelegenen Punkten zwei neue Arrest⸗ anstalten. Es hat aber doch Alles seine Grenzen, man kann nicht sämmtliche Komplexe, die für militärische Zwecke in der Stadt liegen, veräußern und mit der gesammten Garnison von Berlin bis in die weiten Vororte und noch weiter hinausgehen; denn in einer näheren Gegend würden sich die erforderlichen Plätze für einen solchen großen Bau überhaupt gar nicht finden lassen. Was die Größe der beiden erwähnten Grundstücke anbelangt, die zusammen ein Kasernement für zwei Bataillone aufnehmen sollen, so haben sie 3 ¼ Hektar, wovon nach der Spreeseite hin ungefähr ½ Hektar wegen erlegung des Ufers abgetreten werden muß, sodaß im Ganzen für den Kasernen⸗ bau 2 ¾ Hektar übrig bleiben, was das allergeringste Maß ist, welches wir an anderen Stellen für eine solche Truppenabtheilung gewähren. Ich glaube daher, daß das Terrain am Kup ergraben nicht zu groß, sondern nur ein absolutes Minimum ist. Das Nächstliegende für die Militärverwaltung ist, diejenigen Grundstücke, die sie besitzt, und auf denen Kasernen stehen, wenn diese völlig unbrauchbar geworden sind, wieder zu benutzen und die unbrauchbar gewordenen Kasernen durch neue zu ersetzen. Die hier geltend gemachten Interessen in Bezug auf anderweitige Verwendung des Terrains liegen im wesentlichen auf dem Gebiete des preußischen Staats, und würde es doch vor allen Dingen Sache des preußischen Staats sein, wenn er derartige Absichten hegt und unterstützt, mit denselben hervorzutreten; an die Militärverwaltung ist aber niemals ein Wunsch, die Kaserne für andere Zwecke herzugeben, herangetreten.

Abg. Singer (Soz.): Den hohen Werth des Grundes und Bodens hat der Vorredner gar nicht berührt. Der Standpunkt, daß die Kaserne an demselben Platze errichtet werden muß, ist sehr bequem. Aber der Reichstag hat die Gründe dafür zu prüfen, und wenn sie nicht durchschlagend sind, muß er die Verwaltung auf einen anderen Hlan verweisen. Das bundesfreundliche Verhältniß des Reichs zu

reußen war recht bezeichnend. Die preußischen Kulturbedürfnisse werden immer zurückgestellt, weil kein Geld vorhanden ist, und hier will man einen so werthvollen Platz, den Preußen gebrauchen könnte, sehr unwirthschaftlich verwenden. enn Preußen noch nicht an das Reich herangetreten ist, so kann es noch geschehen, und selbst wenn es nicht geschieht, ist damit die Verwendun dieses kostbaren Platzes immer noch nicht gerechtfertigt. Die teuerzahler werden ein größeres Verständniß dafür haben, wenn diese Ausgabe abgelehnt wird.

Abg. Prinz von Arenberg (Sentr.): Von dem Schutze des Schlosses ist in der Kommission mit keinem Worte die Rede gewesen; es handelt sich darum, daf. auf dem Platz eine Kaserne steht und eine neue gebaut werden soll; sie soll nur nicht mit Artillerie, sondern mit Infanterie belegt werden. 1

Abg. Richter: Vom Schutz des Schlosses speziell ist allerdings nicht die Rede gewesen, wohl aber von dem Schutz der Interessen in jener Gegend. Das ist schließlich dasselbe. In Berlin giebt es innerhalb der Stadt kaum einen Platz, der für Museumsbauten und ähnliche Dinge so geeignet wäre, wie gerade dieser Platz. Es sind doch andere Kasernen in der Gegend noch vorhanden.

Der Titel wird bewilligt.

500 000 ℳ, als erste Baurate für eine Kaserne der reitenden in Brandenburg an der Havel werden ge⸗ trichen.

Bei der Forderung für eine Kavallerie⸗Kaserne in Torgau ußen⸗ 19 eine Anregung des Abg. Ritter⸗Merseburg r. Volksp.

Ge e. General⸗Major Freiherr von Gemmingen: Meine Herren! Den Ausführungen, die im vorigen Jahre dem ohen Hause vorgetragen sind und in dringlichster Weise für die Verlegung des Regiments nach Torgau wiecer habe ich nichts hinzuzufügen. Auf

den Schlußsatz des Herrn Vorredners aber kann ich namens der breußischen Militärverwaltung die Erklärung abgeben, daß ein Ersatz der Garnison, und zwar nicht durch Kavallerie, sondern dur Infanterie, für welche die örtlichen Verhältnisse viel geeigneter sind, in wohl⸗ wollendste Erwägung gezogen werden wird. Im übrigen bitte ich aber das hohe Haus, der Verlegung des Regiments na Torgau zu⸗

stimmen zu wollen. Gestrichen werden: 15 000 für den Entwurf zum Oels, 143 000 für

Neubau einer Kavallerie⸗Kaserne in . Ergänzungsbauten in Minden zur Unterbringung eines Ba⸗ taillons Infanterie, 7000 für den Entwurf zum Dienst⸗ ebäude des Bezirkskommandos in Hamburg, 350 000 für eine Train⸗Kaserne in Darmstadt und 10 000 für den Entwurf einer Dragoner⸗Kaserne in Karlsruhe. Die Forde⸗ rung für den Anschluß der Militärgrundstücke in Hannover an die städtische Kanalisation wird um 32 050 v Die zweite Rate von 800 000 für den Lockstedter 886 wird mit der bewilligt, daß der Platz 4500 ha nicht übersteigen soll. 4 Gestrichen werden ferner: 15 000 ℳ, für den Entwurf einer Pionier⸗Kaserne zu gnss i. E., 500 000 für eine Infanterie⸗Kaserne in Zabern und 10 000 für den Entwurf eines General⸗Kommando⸗Dienstgebäudes in Metz. Bei den Einnahmen bringt 1 Abg. Wellstein (Zentr.) zur Sprache, daß den Städten Magde⸗ burg und Wesel Ratenzahlungen für angekauftes Festungsterrain ge⸗ währt seien, der Stadt Koblenz aber nicht; das habe in der Bevöl⸗ kerung große Beunruhigung erregt. 1 Hrkußsscher General⸗Major Freiherr von Gemmingen: Meine Herren! Es ist nicht ganz leicht, in dieser Angelegenheit hier eine definitive Auskunft zu geben, weil es sich um keinen positiven Vertrag handelt, der bereits abgeschlossen ist.é Wir befinden uns mit der Stadt Koblenz in Verhandlungen, und allerdings ist der einzige Punkt, um den sich die eesngs noch e die Zahlung des Kaufpreises. Es ist richtig, daß den Städten Mag Parß und Wesel eine langjährige, 18⸗ und 15 jährige Ratenzahlung ihres Kaufpreises bewilligt worden ist. In dem Festunseceende welches in den genannten beiden Städten öeee worden ist, befinden sich indessen keine Kasernen, und das ganze Gelände ist diesen Städten sofort zur Verfügung ge⸗ stellt worden. Der Betrag, der dafür einkommt, wird verwandt, um in anderen Festungen fortifikatorische Verstärkungen anzubringen. Das Geld wird also in dem Maße, wie es einkommt, in den anderen Orten verwandt. Ein dringendes Bedürfniß, es gleich zu ver⸗ ausgaben, und zwar zum Ersatz von solchen Räumlichkeiten, die in den aufgegebenen Enceinten vorhanden waren, liegt in diesen beiden Orten nicht vor. In Koblenz ist das aber anders: in Kohlenz liegen auf Ge Terrain zwei große Kasernen, die sog. Löhrthor⸗ Kaserne und die Meimserarsce h serce welche an sich genügend sind, einen Ersatzbau nicht erfordern würden und an die Stadt nur dann abgegeben werden können, wenn für sie ein Ersatz Hfeschaften ist. Der ganze Betrag, der von der Stadt bezahlt werden soll, beläuft sc nur auf 822 000 ℳ, für den in allerbescheidenster Weise ein Ersatz geschaffen werden soll für die Kasernen, die zur Abgabe gelangen. Der Betrag wird außerdem nicht nur für die Kasernen geig lt, sondern für das ganze Terrain, welches von der Mosel bis zum Rhein um die Stadt reichend abgegeben werden soll. Die Militär⸗ verwaltung ist also, wie sie glaubt, der Stadt so weit entgegen⸗