1896 / 52 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 28 Feb 1896 18:00:01 GMT) scan diff

Ahber es ist nicht nur 5 Verwaltungssystem der Tempel, as sich uns in diesen Thontafeln wiederspiegelt; wir lernen auch ahlreiche Einzelheiten in ihnen kennen, die für die Beurt ei⸗

lung des alten Babyloniens von Interesse sind. So läßt sich „B. aus den Tafeln, die die 9v. und Ernte verzeichnen,

berechnen, daß die babylonischen Felder im Durchschnitt das 2öste bis 50ste Korn gewährt haben: ein reicher Ertrag, der aber freilich weit unter Herodot's fabelhafter Angabe des 200sten Korns zurückbleibt.

8 Die Viehherden bestehen überwiegend aus Schafen und

Rindern, daneben kommen Ziegen und Esel vor, und zwei

unserer Tafeln betreffen auch die Fütterung der Tempelhunde.

Die Verwaltung der einzelnen Städte und ihrer Tempel wird

von sogenannten Patesi geführt, die dem König untergeben

sind; es ist bemerkenswerth, daß auch eine Prinzessin einmal als ein solcher Patesi genannt wird. Die Priester und die

Beamten, Soldaten und Arbeiter der Tempel beziehen ihren

gesammten Lebensunterhalt aus dem Vermögen der Heiligthümer,

in deren Diensten sie stehen; wie sie in ihrer Thätigkeit von

Verwaltungswegen kontroliert werden, lehrt uns eine merk⸗

würdige Tafel des Fundes die über die Verwendung zweier

Mannschaften von je 60 Mann (unter dem Hauptmann Luscha⸗

masch und dem Hauptmann Schizibarra) berichtet. Es sind davon unter Anderen an einem bestimmten Tage ausgesandt: 1 Mann zu dem Bewässerungskanal des Königs Dungi, 15 Mann beim König Dienst zu leisten, 8 Mann mit dem Schiff nach Nina. 8 Im Ganzen sind 95 verwendet und nur 25 blieben zurück, die nicht aus der Stadt gegangen sind“. 8

Im Verein für deutsches Kunstgewerbe hielt am Mitt⸗

woch Abend Herr Professor Dr. Lichtwark, Direktor der Kunsthalle n Hamburg, einen Vortrag über „die Medaille einst und jetzt; hre Geschichte, ihre Technik, ihre Zukunft“. Was die Kunst unseres Jahrhunderts erarbeitet habe, so etwa führte der Vor⸗ tragende aus, dringe jetzt in manche Gebiete, die bisher nur hand⸗ werklich gepflegt worden seien: Das Plakat, den Tapetendruck, die Maler⸗ radierung und Anderes. Auch die Medaille sei erst seit 1870 von Pariser

Künstlern in harter Arbeit der Kunst neu erobert worden, unabhängig von der Medaillenkunst der italienischen Renaissance, die auf demselben Wege

zu höchster Blüthe gelangt war. Zunächst hätten einige bedeutende

französische Bildhauer durch ihre modernen Porträtmedaillons die

einen reizvollen Stil von dem sich der Kopf hart und

neue Richtung vorbereitet. Diese Meister selbst und neben ihnen einige künstlerische Medailleure, wie Chaplain, Roty und Andere hätten

die Medaille mit poetischer Erfindung und Stimmung erfüllt und

Graveurmedaillen blanken Rundes, unerfreulich ab⸗ das Komposition und Hintergrund

schrift

ihr im Gegensatz zu den künstlerischen gegeben: statt des setze, ein weiches Relief, zu einem schönen Ganzen verarbeite; statt der pedantischen ruck

frei behandelte Buchstaben; statt des erhabenen Randes, der nur bei Münzen berechtigt sei, eine frei auslaufende Fläche.

Dieser Stil

habe sich in Frankreich für die Medaille und neuerdings auch für die Münze durchgerungen. Wenn auch wir unsere Medaillen mit künstle⸗ rischem Inhalt erfüllen wollten, so sei es erforderlich, eine eigene deutsche

Richtung herauszubilden. Der Vortrag wurde durch Arbeiten fran⸗

zösischer Künstler und einige deutsche Medaillen von Reinh. Begas,

Lehrers der Bildhauerkunst an

8

geboren am 28. Dezember 1832

Paris..

F. Schaper, A. Scharff, G. Schiller, A. Vogel und Anderen

erläutert. Aus Leipzig vom gestrigen Tage wird das Ableben des 872 dortigen Königlichen Kunst⸗

Akademie und Direktors des städtischen Kunstgewerbe⸗Museums, Pro⸗ fessors Zur Straßen gemeldet. Melchior Anton Zur Straßen, zu Münster in Westfalen, 1850 bei dem Bildhauer Imhof in Köln und

lernte seit

kam 1854 in Rauch's Atelier nach Berlin, wo zum Tode desselb Von dort kehr 1870 vollendete er die Gruppe des Kaisers Kronprinzen Friedrich Wilhelm auf dem Schlachtfeld von Königgrätz, Feenee 28 große Porträtmedaillons in

Rathhaus und Anderes. als Lehrer an der Königlichen Kunst⸗ d folgte dann einem Ruf an die Leipziger

zu begeben.

Atelier Rauch's. Bis und

Wilhelm I.

Bronze für das bis 1875 wirkte schule zu Nürnberg un

des

Berliner

en (1857) blieb, 1 tee er 1863 zurück und bezog das ehemalige

Akademie, wo er auch die Leitung

nahm. Dort fertigte er eine in Gera, ferner für Leipzig da Statuen von Rembrandt und bilder Friedrich' 1 t Lessing's für die Universitäts⸗B. Linz (Ober⸗Oesterreich) schuf er im

Fries nd zehn Freistatuen.

Zwei jugendliche Künstle Schülerin des H

linda“ Stimme

Vortrag noch

Schubert, Weber und sitzt eine weit

und Fuge in

abgesehen von e

zu Gehör.

Gestern ga

mit sechs beliebten Liedern von von Hugo Wolf und Jensen fol umfangreiche

entwickelte technis

klangvolle und

gestern,

„Meine Liebe ist grün“

günstige Aufnahme fanden. Technik und musikalisches Verständniß erkennen.

setzung zur Aufführun Bulß; Rebecca: Frl. Rein

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Goethe’s t Herrn Matkowsky in der Titelrolle gegeben. Im Oranien: Herr Ludwig; Herzog von lärchen: Fräulein Lindner; deren Mutter: rau Schramm; Brackenburg: Herr Purschian: Margarethe von Macchiavell: Herr Arndt; F L. van Beethoven wird von der Königlichen des Kapellmeisters Weingartner zu Gehör

arma: Frau Stollberg; ertzer. Die Musik von apelle unter Leitun

„Egmont“ mi übrigen lautet die Besetzung: Alba: Herr Molenar;

vielleicht etwas scharf klang;

errn O. heim (Klavier), bei Herrn Prof am Mittwoch im Konzertsaal, vor die Oeffentlichkeit. „Mio caro bene“

erkennen, mehr

Theater und Musik.

Konzerte.

rinnen: Johanna Carsten (Sopran), Eichberg, und Margarethe Fersen⸗ Jer Gernsheim ausgebildet, traten

muß sich

b die hier nicht mehr unbekannte Konzertsängerin Katharina Lange im Saal Bechstein ein Konzert, welches sie Brahms eröffnete, denen noch mehrere

infolge einer jedoch erweckte der feinfühlige Vortrag der hübschen Lieder „Verborgenheit“ und „Er ist's“ von Wolf, und von Brahms lebhaften Applaus. Violinist Max Himmer unterstützte das Konzert durch einige Piècen von Gade, Svendsen und Schumann, welche gleichfalls eine Sein Spiel ließ sorgfältig geschulte

Im Koniglichen Opernhause gelangt morgen Sullivan's „Jvanhoe“ unter Kapellmeister Dr. Muck's Leitung in folgender Be⸗ Ivanhoe: Herr Sylva; Templer: Herr nl; Rowena: Frl. Weitz. schule Dr. Wedding ein über den heutigen Stand der Elektrotechnik veranstaltet und zur Be⸗ norars für diese Vorlesungen und der sonstigen Summe von 2500 aus den Ueberschüssen des Rechnungsjahres 1894/95 bereit gestellt werde.“ In der Begründung hob der Magistrat den Werth hervor, welchen derartige Vorlesungen bei der großen Bedeutung und fortschreitenden Entwickelung der elektro⸗ technischen Wissenschaft für die technischen Beamten selbst, wie auch für die städtischen Bauausführungen haben müßte. wurde nach lebhafter Debatte schließlich einem

gebracht (Anfang 7 Uhr).

Das Lessing⸗Theater dem Berliner Künstlerleben ge Tizian“ von Benno den 8. März, zur ersten Auff wird Fräulein Paul

Das Schiller⸗T

Jacobson vor. ührung gelangen. In der Titelrolle a Wirth ihr Gastspiel fortsetzen. 8

heater veranstaltet am Sonntag, den 1. März, im Bürgersaale des Rathhauses einen „Paul Heyse,

Giebelgruppe für das Bahnhofsgebäude 8 Frontispiz des Hauptpostgebäudes, die Rubens im Museum sowie die Stand⸗ s des Streitbaren, Moritz' von Sachsen, Goethe's und Bibliothek. Für das neue Museum in

es

Erstere ließ in Händel's Arie aus „Rode⸗ eine klangvolle, sorgfältig geschulte

Lebendigkeit und eignen; diese Eigenschaften blieben besonders bei den Liedern von Anderen zu wünschen. Die Pianistin be⸗ che Fertigkeit und brachte Präludium A-moll von Bach⸗Liszt und Schumann'’s „Kreisleriana“, inigen Härten des Anschlags, in recht gelungener Weise

1 Die Sängerin besitzt eine

bereitet als nächste Novität das aus schöpfte fünfaktige Schauspiel „Fräulein

um sich dann nach

Von 1870

des Kunstgewerbe⸗Museums über⸗

Jahre 1886 einen 110 m langen

Abend“. Den einleitenden Vortrag hält Dr. komponierten Lieder des Dichters singt Frau Klossek⸗Müller mit Klavierbegleitung (Herr Martin ve

Schiller⸗Theaters Grete Meyer, Ewald Eduard von Winterstein werden lyrische und epische Dichtungen Heyse's und den Dialog „Falter und Kerze“ zum

Die Mitglieder des ach, Paul Pauly und

Vortrag bringen. Mannigfaltiges.

„In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten berichtete zunächst namens des Auss usses Stadtv. Dr. Schwalbe über die Vor⸗ lage des Magistrats, betreffend die anderweitige Organisation der städrischen Webeschule, welche dieselbe zu einem besseren Gedeihen bringen soll. Der Ausschuß rieth zur Annahme der vorgeschlagenen Aenderungen unter dem Ersuchen, daß der Magistrat mit dem Ministe⸗ rium und den anderen Webeschulen eine Aenderung des § 15 vom Etats⸗

sjahr 1897/98 ab herbeiführe, dahin 88 daß der bei dem Schulgeld

festgesetzt werde.

otsdamerstraße 9, zum ersten Mal

Bezug auf den

jedo in Innigkeit an⸗

4 834 052 ℳ) 81 010 216.

ezzosopranstimme, die zwar

Indisposition, in der Höhe

Der junge

lung gerichtet:

Unkosten die

erdinand: Herr

Das Werk wird am Sonntag,

—ͤͤ —můů:-/———/—————ᷓõé—

vom 28. Februar,

Wetterbe 8 Morgens.

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peratur 8

Wind. Wetter.

Stationen.

87 in 0 Cel

50 C.

Bar. auf 0 Gr zu. d. Meeressp red. in Millim.

Musik von

do0 ddhnES

zedeckt wolkig Schnee Dunst bedeckt Schnee bedeckt heiter

Belmullet.. W Aberdeen.. W Christiansund Kopenhagen. Stockholm. Beauplan. Laurin.

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Cork, Queens⸗ 665 Cherbourg. 1“

heiter bedeckt wolkig halb bed. bedeckt ¹) Schnee Dunst bedeckt bedeckt Regen bedeckt bedeckt bedeckt wolkig Schnee bedeckt Dunst

Regen wolkenlos wolkenlos

Neufahrwasser Memel 8

ünster.. Karlsruhe.. Wiesbaden. München. Chemnitz.. Berlin... Wien.. Breslau...

88 d'Aix.. .. TTbI“; 1) Nachts Schnee. ““ Uebersicht der Witterung.

Die barometrische Depression, welche gestern nörd⸗ lich von Schottland lag, ist ostwärts nach dem

Sbogseechhbecrherbeochkeheececeeceeee RSOSboSScoteotbtotoscc-hohSSbdnSe —2O

jerauf: Der

Feanafarer ½ Uhr.

Heseigebie über Südwest⸗Europa sich ausgebildet vers fer Im at. Dementsprechend sind über Zentral⸗Europa atgses westliche Winde eingetreten, unter deren Einfluß die Temperatur erheblich gestiegen ist. In Deutschland 8 Wetter vorwiegend trübe bei normalen ärmeverhältnissen; vielfach ist Regen oder Schnee geellen jedoch nur in geringer Menge. Die West⸗

noch leichter Fioft Feuchte, milde Witterung dem⸗ bearbeitet von Benno Jacobson.

nächst wahrscheinlich.

hafen. Theater.

Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗ S¶Sonnabend; I. Vor

88

Schauspielhaus. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Ludwig van Beethoven. 1 gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. Anfang

Sonntag: Opernhaus. 55 1b Nürnberger Puppe. Komische Oper in 1 Akt von A. Adam.

Deutsch von Ernst Phantastisches Ballet in (6 Bildern), nach einer Dichtun von Emil Graeb. Musik von Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus.

eit. Lustspiel

kowronnek. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag, Nachmitta

mittleren Norwegen fortgeschritten, während ein Preisen: Comtesse G mergrün. Hierauf: Der

(L'Hôötel du

llu Ivanhoe Romantische Kostümen, Dekorationen u

Oper in 4 Akten von Arthur Sullivan. Nach Walter Scott's gleichnamigem Roman bearbeitet von Julian Sturgis, deutsch von In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisse Dekorative Einrichtung vom Ober⸗Inspektor Brandt. Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck. Anfa 60. Vorstellung.

Wolfgang von Goethe.

. Wittmann. ur Tetzlaff.

ng 7 ½ Uhr. Egmont.

In Scene

Uhr. 55. Vorstellung. Die

Text von Leuven und A. von

61. Vorstellung. in 4 Aufzügen

Sonnabend:

(Hedwig Niemann als Gast) JIunge von Hennersdorf. Anfang

gs 3 Uhr: Zu volksthümlichen uckerl. Abends 7 ½ Uhr: (Hedwig Niemann als Junge von Hennersdorf. Montag: Zum 50. Male: Comtesse Guckerl.

Residenz⸗Theater. Lautenburg. Son

Direktion: nabend: Hotel zum Freihafen.

Pasqué.

3 Aufzügen mil Taubert's, oritz Moszkowski.

Die kranke von Richard

Deutsches Theater. Sonnabend: Die Jüdin von Toledo. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag, Nachmittags 2 ½¾ Uhr: Die Weber. Abends 7 ½ Uhr: König Heinrich der Vierte.

Montag: Romeo und Julia.

Berliner Theater. Sonnabend: Der Pfarrer von Kirchfeld. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag, Nachmittags 2 Uhr: Faust. 7 ½ Uhr: König Heinrich.

Montag: König Heinrich.

Lessing · Theater.

Abends

Jungfer

Sigmund

lfte Deutschlands ist frostfrei, im Osten herrscht (. aüteel ven L-n ““

Anfang 7 ½ Uhr.

2

Sonntag und folgende Tage: Hotel zum Frei⸗

Friedrich ⸗-Wilhelmstädtisches Theater. Cen serncs⸗ 25 26. Mit großartiger Ausstattung an

Hungerleider. Ausstattungs⸗Komödie mit Gesan und Ballet in 10 Bildern von Julius Keller un Louis Herrmann, mit theilweiser Benutzung einer Idee des Mark Twain. Musik von Louis Roth. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Herr Kapellmeister Winné. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Der Hungerleider.

Neues Theater. Schiffbauerdamm 4a./5. Sonnabend: Letzte Woche des Gastspiels des Herrn Franz Tewele. Der Herr Direktor (HMonsieur le Directeur). Lustspiel in 3 Akten von Alexandre Bisson und Carré. Deutsch von Ferdinand Groß. n Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Vorher: Ein Zündhölzchen zwischen zwei Feuern. Schwank in 1 Aufzug nach dem Fran⸗ zösischen des H. Honoré von Georg Hiltl. Anfang

7 ½ Uhr.

Sonntag: Abschieds⸗Vorstellung von Franz Tewele. Der Herr Direktor.

Montag: Erster Baumeister⸗Abend. Der Richter von Zalamea. 88

Theater Unter den Linden. Direktion:

Julius Fritzsche. Sonnabend: Angot, die Tochter der Halle. Komische Oper in 3 Akten von Clair⸗ ville, Siraudin und Koning, deutsch von Anton Langer. Musik von Ch. Lecocq. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Hierauf: Großes Ballet⸗Divertissement, arrangiert vom Ballet⸗ meister J. Reisinger. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Bei halben Preisen: Der Bettelstudent. Operette in 3 Akten von Zell und R. Genée. Musik von Carl Millöcker. Abends g Uhr: Angot, die Tochter der Halle. Komische Oper in 3 Akten von h. Lecocq. Hierauf: Großes Ballet⸗Divertissement, arrangiert vom Balletmeister J. Reisinger.

Adolph Ernst⸗Theater. Sonnabend: Char⸗ ley’s Tante. Schwank in 3 Akten von Thomas

Brandon. Repertoirestück des Globe⸗Theaters in London. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. Vorher: Die Bajazzi. Parodistische Posse mit Gesang und Tanz in 1 Akt von Ed. Jacobson und Henno Jacobson. Musik von F. Roth. Anfang 88 Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Bentral-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Sonnabend: Benefiz für Bruno Bollmann. Nur einmalige Aufführung: Radfahrer auf Reifen. Große Posse mit Gesang und Tanz in 3 Akten

nd Requisiten: Der

K von Henri Chivot und Henri Blondeau. usik von Marius Carman. Anfang 7 ½ Uhr.

1

zwischen Preußen und den nichtpreuß wegfalle und dafür ein jährliches Schulgeld von 200 für „Deutsche“

häufigere Bekanntmachungen als bisher hierzu erforderlichen Mittel durch Verstärkung der betreffenden Etats⸗ positionen bereit zu stellen. Die Anträge des Ausschusses wurden ohne Debatte angenommen. Es folgte hierauf die erste Lesung des Stadthaushalts.Etats pro 1896/97.

sästrats in Einnahme und Ausgabe mit 89 117 812 1 3 rjährigen Etat mehr: 1 268 543 Die Einnahme ist im Ordinarium mit 86 300 238 (gegen den vorjährigen Etat mehr 3 565 499 ℳ), im Extraordinarium mit 2 817 574 (weniger eingestellt; die Ausgabe

Entwurf des Ma ab, gegen den vo

8 107 596 (weniger 5 919 558 ℳ). bekanntlich ihre rechnen bei dem Stadthaushalts⸗Etat nur mit den etwaigen Zu⸗ oder Ueberschüssen. schuß von 3 740 700 (gegen das Vorjahr weniger 660 344 ℳ) Die Etats der Einnahme und Ausgabe mit 64 798 549 und würden mit dem Stadthaushalts⸗Etat zusammen einen Gesammt⸗Etat der Stapt Berlin von 153 916 361 ergeben. der Etat einem aus 15 Mitgliedern bestehenden Ausschuß zur Vor⸗ berathung überwiesen. Die Reiseberichte der Beamten und Lehrer, welche die Ausstellung in Chicago mit städtischer Unterstützung besucht haben, wurden einem Ausschuß überwiesen, ebenso die treffend den Erwerb von Ländereien zur Erweiterung der nördlichen Rieselfelder. Bezüglich der Veranstaltung eines Cyclus von zwölf Doppelvorlesungen über Elektrotechnik für die technischen Beamten des Magistrats, die Mitglieder der Verkehrs⸗ und der Deputationen der städtischen Werke sowie auch für die Mit⸗ glieder des Magistrats und der Stadtverordneten⸗Versammlung hatte der Magistrat folgenden Antrag an die Stadtverordneten⸗Versamm⸗ „Die Versammlung erklärt sich damit einverstanden, daß durch den Professor an der Königlichen Technischen Hoch⸗

streitung des Ho

schen Deutschen gemachte Unterschied

Zugleich möge der Magistrat ersucht werden, für orge zu tragen und die

Der Etat schließt nach dem

im Ordinarium mit im Extraordinarium mit Die städtischen Werke haben festzusetzenden Etats und

(mehr 651 005 ℳ), eigenen, besonders Dieselben ergeben insgesammt einen Ueber⸗

städtischen Werke balancieren insgesammt in

Nach längerer Debatte wur

orlage, be⸗

Cyclus von 12 Doppelvorlesungen

Der Antrag usschusse von fünf

Mitgliedern zur Vorberathung überwiesen.

1

Sonntag und folgende Tage ununterbrochen: Eine tolle Nacht.

Konzerte.

Konzert-HjHaus. Karl Meyder⸗Konzert. Sonnabend: Strauß⸗Abend.

Sing-Akademie. Sonnabend, Anfang 8 Uhr: Konzert des Klaviervirtuosen José Vianna da Motta mit dem Philharmonischen Orchester (Dir.: Prof. F. Mannstaedt).

Birkus Renz. Karlstraße. Sonnabend, Abends

präzise 7 ½ Uhr: Novität! Lustige Blätter! Novität! Eigens vom Direktor Franh Renz un dem Großherzoglich hessischen Hof⸗Balletmeister August Siems für Berlin komponierte, mit gänzlich neuen technischen Apparaten und Beleuchtungs⸗ Einrichtungen inscenierte Original⸗Vorstellung in 2 Abtheilungen mit den Ausstattungs⸗Diver⸗ tissements Weltstadtbilder! Anfang präzise Abends 7 ½ Uhr. Sonntag: Zwei Vorstellungen: Nachmittags 4 Uhr: Grosze humoristische Vorstellung (er⸗ mäßigte Preise und 1 Kind unter 10 Jahren frei). Abends 7 ½ Uhr: Lustige Blätter! Montag, den 2. März: Zwei Vorstellungen. Nachmittags 3 Uhr: Auf Allerhöchsten Befehl: Große Extra Vorstellung. Aufführung roßen militärischen Ausstattungsstücks 1870/71. bends 7 ½ Uhr: Lustige Blätter!

Familien⸗Nachrichten.

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Prem.⸗Lieut. Alphons Brauer (Hanau). Eine Tochter: Hrn. Major von Hopffgarten⸗Heidler (Görlitz).

Gestorben: Hr. Hauptmann a. D. Georg von Kameke (Ratzeburg i. L.). Hr. Preneiha⸗ Kurt von Kronenfeldt (Hannover). Hr. rofessot Ernst Krey (Greifswald). Hr. Rektor em. Georg Vielitz (Wittstock).

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagk⸗ Anftalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sieben Beilagen

(einschließlich Börsen⸗Beilage).

8G

chen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußi

Preußischer Landtag. Herrenhaus. 4. Sitzung vom 27. Februar 18965. 88 Ueber den Beginn der Sitzung ist gestern berichtet worden

ur Berathung gelangt der Gesetzentwurf, betreffend das nerbenrecht bei Renten⸗ und Ansiedelungs⸗

gütern. 8 1

Berichterstatter Graf von Pfeil⸗Hausd orf referiert namens der Kommission über die allgemeinen Gesichtspunkte, welche der Vorlage zu Grunde liegen, und empfiehlt die Annahme der von der Kommission beschlossenen Abänderungen.

Nach § 1 werden durch Eintragung der Anerbenguts⸗ eigenschaft im Grundbuch Anerbengüter alle Rentengüter, welche auf Grund der Rentengütergesetze vom 27. Juni 1890 und vom 7. Juli 1891 begründet sind oder künftig begründet werden, sowie alle Ansiedlerstellen, welche nach dem An⸗ siedelungsgesetz für Westpreußen und Posen ausgegeben sind oder künftig ausgegeben werden.

Bei diesem Paragraphen läßt der Präsident zunächst eine Generaldiskussion zu.

Freiherr von Durant dankt der Regierung für die Ein⸗ bringung der Vorlage, welche ein erster Schritt zur Entlastung des Grundbesitzes sei, und bittet, die beschränkte Geltungsdauer der⸗ selben bald auf die ganze Monarchie auszudehnen. Hätte man seiner Zeit bei der Landgüterordnung bereits das Anerbenrecht ein⸗ geführt, so wären viele Güter in der Familie erhalten geblieben und nicht in andere Hände gefallen. So aber habe die Landgüter⸗ ordnung nur einem Theil der Landwirthschaft zum Segen gereicht. Mit der liberalen, manchesterlichen Theorie müsse die Gesetzgebung brechen, der Schwache müsse gesetzlich geschützt werden. Ein be⸗ sonderer Vortheil der Vorlage sei die Möglichkeit der Abfindung der Miterben durch Renten und die Möglichkeit, daß die Renten der Abfindungen durch die Rentenbank in Kapital verwandelt werden können. Mit den Aenderungen der Kommission, wie z. B. mit der Beschränkung der Befugnisse der Generalkommissionen, seien seine Freunde einverstanden. Redner empfiehlt schließlich die von der Kom⸗ mission beantragte Resolution, wodurch die Regierung ersucht werden soll, Gesetzentwürfe vorzulegen, welche für den gesammten land⸗ wirthschaftlichen Grundbesitz a. das Anerbenrecht einführen und auf die Umwandlung der Hypotheken⸗ und Grundschulden in Renten⸗ schulden mit Amortisationszwang hinwirken, b. der realen Verschul⸗ dung Grenzen ziehen, c. die Bildung besonders mittlerer Fidei⸗ kommisse erleichtern.

Ober⸗Bürgermeister Westerburg⸗ Cassel stimmt der Tendenz der Vorlage, die Lage der Landwirthschaft zu verbessern, zu, kann aber doch nicht dafür stimmen, weil die erwarteten günstigen Folgen nicht eintreten würden, sondern die Einführung des Anerben⸗ rechts für die Landwirthschaft schädlich wirken werde. In Landestheilen, wo das Anerbenrecht noch gar nicht bekannt sei, werde man nur Un⸗ zufriedenheit erreichen. Er sei prinzipiell gegen die gesetzliche Fest⸗ legung des Anerbenrechts überhaupt und berufe sich dabei auf die Autorität des Reichsgerichts⸗Raths Bähr. Das Anerbenrecht sei keineswegs, wie man behaupte, deutschrechtlichen, sondern römisch⸗recht⸗ lichen Ursprungs. Es handle sich nicht um die Theilbarkeit eines Gutes, sondern um die Gleichheit des Erbrechts, und diese dürfe nicht verändert werden. Nach den Erfahrungen in Süddeutschland und könne auch ohne Anerbenrecht die Zersplitterung des Grund⸗ esitzes vermieden werden. Der Werth des Grund und Bodens werde durch das Anerbenrecht künstlich gesteigert werden. Ein weiterer wirthschaftlicher Nachtheil werde es sein, daß den Erben das Gut gleichsam in die Wiege gelegt werde, ohne daß es eigener Anstrengung bedürfe, um sich etwas zu erwerben. Was solle mit all den Abfind⸗ lingen geschehen? Sie würden das Proletariat vermehren, sie seien die geborenen Objekte für die Sozialdemokratie. Statt dessen müsse man möglichst viele selbständige wirthschaftliche Existenzen schaffen. Lehne er die Vorlage mit ihrem beschränkteren Geltungskreis ab, so müsse er natürlich um so mehr gegen die Resolution sein.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Ich kann auf die Beweisgründe des Vorredners nicht eingehend erwidern, da ich zu meinem Bedauern viele seiner Ausführungen von diesem Platz hier nicht habe verstehen können. Aber ich glaube doch genügend von seinen Ausführungen verstanden zu haben, um einige Gegenbemerkungen machen zu können.

Herr Ober⸗Bürgermeister Westerburg sagte: wenn es sich bloß um das vorliegende Gesetz handelte, so könnte man ja vielleicht zu⸗ stimmen, weil es sich hier wesentlich um das fiskalische Interesse handelt, und ebenso hat Herr Freiherr von Durant bezüglich dieses Gesetzes das fiskalische Interesse in den Vordergrund gestellt. Meine Herren, wenn hier allerdings auch ein fiskalisches Interesse bei den Rentengütern konkurriert, so ist dasselbe doch durchaus nicht das entscheidende; denn hätten wir bei Gelegenheit der Bildung der Rentengüter fiskalische Interessen verfolgen wollen, dann wäre es vorsichtiger gewesen, von dieser Bildung überhaupt abzusehen. Daß ein gewisses fiskalisches Risiko in der Bildung der Rentengüter, in der Umwandlung der Renten in Rentenbankrenten und Rentenbriefe mit Garantie des Staats liegt, darüber sind wir uns von vornherein klar gewesen. Wir haben aber geglaubt, eine Kulturaufgabe zu erfüllen, wenn wir auf dem Wege der Rentenbildung die Herstellung und Erhaltung des kleineren und mittleren bäuerlichen Grundbesitzes befördern. Nun stehen wir hier vor der Frage, wie sollen die Güter erhalten werden, die wir auf diese Weise gebildet haben, und da allerdings sagen wir uns: wenn das Landrecht oder das römische Recht für diese Güter in Rechtskraft bleibt, so ist neben dem fiskalischen Interesse wegen der eintretenden Gefahr der Leistungsunfähigkeit infolge dieses Erbrechts auch der Bestand des Gutes selbst gefährdet. (Sehr richtig!) Daher ist das fiskalische Interesse zwar nicht ohne Bedeutung, es steht aber nicht im Widerspruch, sondern deckt sich mit dem Kulturinteresse, das wir hier verfolgen. Meine Herren, der Herr Vorredner sagt selbst und ich verstehe das ganz gut, weil ich auch in diesen Ländern gelebt habe —, er sei ein Mann des fränkischen Rechts, und daher könne er sich in diese Gesetzgebung nicht so recht hineinfinden. Da muß ich einen Vorbehalt machen: es handelt sich hier nicht um den Gegensatz im deutschen Recht, der sächsischen Rechtsauffassung und des fränkischen Rechts nein, in der engeren jetzigen Heimath des Herrn Ober⸗Bürger⸗ meisters von Cassel ist im Ganzen dieselbe Rechtsanschauung herrschend, welche wir hier nicht zu gemeinem Recht machen wollen. Ich bin Mitglied des Provinzial⸗Landtags von Hessen gewesen, als das Höfe⸗

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Erste Beilage

Berlin, Freitag, den 28. Februar

recht, die Einführung der Höferolle, berathen wurde, und wenn damals die Königliche Staatsregierung durch den Mund des damaligen Herrn Ober⸗Präsidenten sich nicht so entschieden dagegen erklärt hätte, so war wohl sicher in dem kurhessischen Provinzial⸗Landtag selbst ein⸗ schließlich der Mitglieder aus Frankfurt und Nassau eine Mehrheit dafür vorhanden gewesen, dieses Höferecht gewissermaßen um⸗ zukehren und zu sagen: wer sich nicht ausdrücklich aus⸗ tragen läßt, ist von selbst dem Höfegesetz unterworfen. Das war die Rechtsauffassung in Kurhessen. Ich habe das schon oft ausgeführt, daß das fränkische Recht in dieser Beziehung mit dem sächsischen garnicht in Widerspruch steht, sondern daß ganz andere Gründe, die ich gelegentlich neulich berührt habe, in denjenigen Ländern, die südlich vom römischen . graben liegen, die Naturaltheilung von Grund und Boden und die Auftheilung unter den Erben herbei⸗ geführt haben.

Ich hörte den Ausdruck glebae adscripti. Ich greife gleich diesen Ausdruck heraus, weil wir ihn ja schon so vielfach in den gegnerischen Blättern lesen und die Sache so dargestellt wird, als wenn wir gewissermaßen durch die Einführung des Anerbenrechts eine Art neuer Erbunterthänigkeit einführen wollten. Was thun wir denn hier? Wir thun ja nichts weiter als ein neues Intestaterbrecht ein⸗ führen, welches in keiner Weise die Testierfreiheit und die Disposition unter Lebenden beschränkt. Wie kann man da solchen Ausdruck gebrauchen und solche Gesichtspunkte in den Vordergrund schieben! Die einzige Frage, die wir zu entscheiden haben, ist die: Ist dies Intestaterbrecht den wirthschaftlichen und sozialen Auffassungen der Betheiligten in dubio entsprechend und entspricht es großen, ander⸗ weitigen Staatsinteressen? Nun, meine Herren, wissen wir doch aus der Statistik, die jetzt im Landwirt hschafts⸗Ministerium bearbeitet wird, daß in dem größeren Theil von ganz Norddeutsch⸗ land, dort, wo das Landrecht und das römische Recht solange geherrscht haben, doch die wirthschaftliche Nothwendigkeit dahin geführt hat, durch Ehestiftungen, Gutsübergabevertheilungen und sonstige Formen dasjenige zu sichern, was wir hier als den vermuthlichen Willen der Betheiligten hinstellen und zum Intestaterbrecht erheben. Wir üben also keinen Zwang aus, wir legen den betheiligten Gutsbesitzern auch keinen unnatürlichen Druck auf. Umgekehrt; wir befreien sie von dem unnatürlichen Zwang der heutigen Gesetzgebung, die sie zwingt, Verträge zu machen oder testa⸗ mentarische Bestimmungen eintreten zu lassen, um denselben Zweck zu erreichen, der hier durch das Gesetz erreicht wird. Das ist die einzige Frage, die man zu beurtheilen hat.

Nun sagt man: Dies System ist doch ein ungerechtes den abgefundenen Erben gegenüber; es ist eine neue Ungleichheit unter den Kindern. Meine Herren, ich habe darauf schon früher geantwortet und kann heute nur wiederholen, daß nach meinen Erfahrungen dies römische Erbrecht bei den Grundstücken, die ihrer Natur nach garnicht getheilt werden können, nicht paßt, in der Rheinebene kann ich den Morgen noch zehnmal wieder theilen, und jeder Theil hat noch eine gewisse Bedeutung; aber in Norddeutschland in unseren Verhältnissen ist ein Gut, welches bestimmte Gebäude hat, bestimmte Stallungen, bestimmte Scheunen, und zu dem eine größere Zahl von Land gehört, naturgemäß untheilbar. (Sehr richtig.) Wenn man aber das Gut nicht theilen kann, wenn die Erben gezwungen sind, es einem zu überlassen, dann, sage ich, ist das römische und landrechtliche Erbrecht in seiner krassen Durchführung die Privilegierung der ersten Generation. (Sehr richtig!) Denn, meine Herren, in der zweiten Generation ist oft mehr zu theilen. (Sehr richtig!) Sehen Sie sich einmal die Rentengüter an! Welche Rentenlast übernehmen die kleinen Ansiedler! Meistens genügt die Rente noch nicht einmal; sie haben nicht die Baarmittel, zu bauen, sie haben oft nicht die genügenden Mittel, um gleich ein vollständiges Vieh⸗Inventar anzuschaffen; sie müssen oft noch Hypotheken hinter den Renten aufnehmen. Wenn da schon die erste Generation bei der Theilung nicht mehr viel bekommt, bekommt die zweite Generation doch nichts mehr. (Sehr richtig! Hört! hört!) Wie aber in dem Gebiete des Anerbenrechts! Z. B. meiner Heimath, in Osnabrück, schon? Gewiß wird der Anerbe da stark bevorzugt; aber wie betrachtet er sich? Er betrachtet sich, selbst wenn die Eltern todt sind und das Gut angenommen ist, mehr noch als Verwalter eines Familienguts; er hilft den heraus⸗ gegangenen Brüdern und Schwestern, der Hof bleibt ihnen immer gewissermaßen eine Reservestellung und da die Verschuldung bei diesen Gütern infolge der geringeren Abfindung weit geringer ist, ist auch viel eher die Möglichkeit vorhanden, baare Kapitalien zu ersparen und sie zur Abfindung der übrigen Kinder mit zu verwenden, ohne das Grundstück selbst für alle Zukunft mit Hypotheken zu belasten. Also, meine Herren, wir thun hier nichts Gewaltsames, sondern es ist endlich die Zeit gekommen, wo wir nicht mehr unter dem Druck des formalistischen römischen Rechts stehen, welches auf vielen Gebieten höchst heilsam, auf diesem Gebiete nach meiner Meinung den natürlichen Verhältnissen in Deutschland nicht entsprach; wir sind endlich dahin gekommen, um unser Recht aus unseren eigenen Verhältnissen heraus zu konstruieren und das wir sind selbstbewußt und stark genug geworden dürfen wir uns heute in Deutschland erlauben.

Meine Herren, nun sagt der Herr Vorredner, das Anerbenrecht hätte den schweren Nachtheil, daß gewissermaßen wenn ich ihn recht verstanden habe der Anerbe von vornherein als der prädestinierte Nachfolger das Gut in seine Wiege gelegt bekäme, und er sich infolgedessen ge⸗ wissermaßen als der Herr des Hofs ansehe. Das ist vollkommen richtig; das kann ich nicht ganz bestreiten, aber es ist kein zutreffender Einwand gegen dies hier vorliegende Gesetz; denn dem Vater steht es immer zu, wenn der älteste Sohn die körperlichen und geistigen Qualitäten nicht hat, oder wenn er sich in seinem Be⸗ tragen nicht danach anläßt, einen jüngeren Sohn zu nehmen. Es ist also in dieser Beziehung für den Anerben kein wohlerworbenes Recht gegeben, das Gut zu erhalten. Ich halte es auch nach meinen Erfahrungen für sehr nöthig, daß der Vater die

5⸗Anzeiger. 8 1896.

Befugniß hat, unter den Söhnen den Geeignesten auszuwählen, und, wenn es nothwendig ist, auch den ältesten Sohn zu übergehen. Ja, ich gehe noch weiter! Wenn man das einführen könnte, was man wohl gegenüber den im allgemeinen vorhandenen Sitten nicht einführen kann, daß das Minorat die Regel wäre, so würde ich das Minorat dem Majorat für kleine bäuerliche Besitzungen weit vorziehen.

Meine Herren, der Herr Vorredner hat nun erhebliche Bedenken getragen, sich auf dies Gesetz einzulassen, weil er sagt: Die Regierung sowohl wie die Kommission und das Herrenhaus haben sich auf den Standpunkt gestellt, daß dies der erste Schritt sei; man will weiter gehen, man will das ganze Land diesem Anerbenrecht unterwerfen. Ja gewiß, ich glaube auch, daß die Inten tionen der Königlichen Staatsregierung dahin gehen, hier nur den ersten Schritt zu thun und nach und nach dieses Anerbenrecht auch auf andere Landestheile auszudehnen. Aber, meine Herren, das sage ich ausdrücklich gegenüber dem Wortlaut der wohl wahr scheinlich nicht so gemeinten Resolution. Ich daß es die Meinung der Staatsregierung ist, erbenrecht unbedingt auf das ganze Land auszudehnen, man wird untersuchen müssen, wo die wirthschaftlichen Ver hältnisse dem entsprechend liegen, wo die Sitte und Gewohnheit noch erhalten ist, daß einer das Gut unter Abfindung der übrigen Erbe übernimmt. Ich halte ein Intestaterbrecht auf der Grundlage des Anerbenrechts für diejenigen Landestheile in Nassau und am Rhein

wo schon seit Jahrhunderten die Naturaltheilung vollständig Sitte

und Gewohnheit ist und dem Rechtsgefühl des Volkes auch vollständig entspricht, für durchaus unzweckmäßig und unrichtig. Ich glaube, daß man da höchstens ein fakultatives Anerbenrecht einführen kann, aber es regelrecht als Intestaterbrecht in diesen Ländern einzuführen, das halte ich nicht für ausführbar. Aber ich kenne noch andere Landes⸗ theile, wo das sehr schwer sein wird, beispielsweise wird in einem Theil unserer Elb⸗ und Wesermarschen und der holsteinischen Marschen die Sache immer schon sehr zweifelhaft.

Aber darüber, glaube ich, kann kein Zweifel sein, daß in dem größten Theil der preußischen Monarchie das Anerbenrecht das natürliche Intestatrecht sein würde (Bravo!), und wir werden daher allerdings der Frage nachgehen müssen, ob es nicht zweckmäßiger ist, auch für solche Landestheile das Anerbenrecht später ebenso zu be⸗ handeln.

Meine Herren, vor kurzem hat der Provinzial⸗Landtag von Westfalen, wie ich höre, Beschlüsse gefaßt wegen Aenderung der Höferollegesetzgebung, die ganz auf der Grundlage dieses Gesetzentwurfs stehen, nur mit einer Ausnahme allerdings, die ich als Finanz⸗Minister nicht annehmen kann, worauf ich aber zur Zeit nicht eingehen will. (Heiterkeit.)

Dort haben wir also die Bezeugung des Provinzal⸗Lundtages einer bedeutenden Provinz, die sagt: wir wünschen dieselben Rechtsgrundlagen, die hier in dem Gesetz enthalten sind, und ich bin überzeugt, derartige Aussprüche sachkundiger Personen aus verschiedenen Landestheilen kann man noch sehr viele beibringen. Wenn demgegenüber sich nun der Herr Vorredner auf Autoritäten berufen hat, so muß ich sagen: die Autorität des Professors Brentano für unsere hiesigen bäuerlichen Verhältnisse liegt bei mir nicht schwer, so sehr ich ihn auch sonst schätze; ich verlasse mich da mehr auf die praktischen Erfahrungen der Männer, die in solchen Gebieten gelebt haben oder leben, als auf die Anschauungen eines Professors, der meines Wissens sich diese Dinge nie mit eigenen Augen angesehen hat. (Heiterkeit.)

Ich glaube, daß der Herr Vorredner auch den Geheimen Rath und früheren Minister von Schaeffle erwähnt hat, wenn ich recht verstanden habe. Ja, meine Herren, von Schaeffle erklärt sich aller⸗ dings gegen das Anerbenrecht, aber nur deswegen, weil er sagt: dasselbe geht nicht weit genug. Das Wesentliche ist die Einführung einer Ver⸗ schuldungsgrenze auf die Hälfte des Gutswerths. Das wäre eine ganz andere Beschränkung, meine Herren, und ich weiß nicht, ob in dieser Beziehung nicht Schaeffle schließlich Recht behalten wird. Zur Zeit steht die Frage nicht auf der Tagesordnung; aber solche Motive können doch nicht als Autorität gegen das Anerbenrecht geltend gemacht werden. Außerdem ist Schaeffle ein Süddeutscher, der die Verhältnisse, die wir im Norden . wohl aus eigenem Studium und eigener Anschauung wenig kennt.

Meine Herren, ich habe schon früher gesagt: wir sind auf diesem Gebiete in der Zeit der Revision. Gewiß, die Geister scheiden sich; die einen bleiben stehen auf den her⸗ gebrachten römischen und landrechtlichen Rechtsanschauungen, halten die absolute Freiheit und das jus utendi vel abutendi dominii, die Parzellensouveränetät, für das allein Richtige. Die anderen fassen die Bedeutung des Grundbesitzes anders auf; sie glauben nicht, daß es rathsam ist, den Grundbesitz allen rechtlichen Bestim⸗ mungen zu unterwerfen, wie den Mobiliarbesitz; sie wollen nicht, daß der Grundbesitz rein den Charakter einer Waare annimmt, sie wollen mit allen Kräften die wachsende gefahrdrohende, uns Alle erschreckende Verschuldung des Grund und Bodens zu verhüten suchen. Sie erblicken in dem verkehrten Erbrecht einen der Hauptgründe der Verschuldung, und sie fragen sich daher: können

wir bei den hergebrachten landläufigen Anschauungen stehen bleiben,

oder müssen wir aus der Erfahrung lernen und diejenigen Maß⸗ nahmen ergreifen, die uns geboten scheinen? Diese Anschauung geht weiter davon aus, daß der Grund und Boden doch auch eine ganz andere Beziehung zur gesammten Gesellschaft und Gesellschaftsordnung und zum Staat hat, wie irgend ein Glas Bier oder ein Zehnmarkstück, und sie sagen, es ist durchaus nicht zutreffend, daß dieselben Rechtsprinzipien ohne Wahl und ohne Qual auf jede Form des Eigenthums angewendet werden müssen. Wer die Geschichte des Rechts kennt, namentlich des Grund und Bodens, der weiß ja, wie das Recht sich mit den wirthschaftlichen Verhältnissen und den sozialen Aufgaben des Grund und Bodens stetig verändert hat. Warum sollen wir denn nun immer auf derselben Stelle bleiben und

schließlich einem Abgrund zusteuern! (Lebhaftes Bravo.)

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