Die Staatsschulden⸗Tilgungskasse kann sich in einen Schriftwechsel mit den Inhabern der Obligationen über die Zahlungsleistung nicht einlassen. B
Formulare zu den Qutttungen werden von sämmtlichen e. Einlösungsstellen unentgeltlich verabfolgt. erlin, den 2. Januar 1896.
b Hauptverwaltung der Staatsschulden. von a
8
öi1141“1“ Seine Excellenz der Staatssekretär des Reichs⸗Mar amts, Vize⸗Admiral Hollmann. “
Personal⸗Veränderungen.
3 Königlich Preußische Armee. .“ Offiziere, Portepee⸗Fähnriche ꝛc. Abschiedsbewilli⸗ Sungen. Im aktiven Heere. Berlin, 25. Februar. rosig, Pr. Lt. vom 2. Bad. Feld⸗Art. Regt. Nr. 30, scheidet, behufs Uebertritts zur Schutztruppe für Deutsch⸗Ostafrika, mit dem 3. März d. J. aus dem Heere aus. linowski, Hauptm. a. D., zuletzt à la suite des Inf. Regts. Prinz Louis Ferdinand von Preußen (2. Magdeburg.) Nr. 27 und Lehrer bei der Kriegsschule in Hannover, unter Ertheilung der Erlaubniß zum ferneren Tragen der Uniform des Gren. Regts. König Friedrich II. (3. Ostpreuß.) Nr. 4, mit seiner Pension zur Disp. gestellt. 1
XII. (Königlich Sächsisches) Armee⸗Korps.⸗
Offiziere, Portepee⸗Fähnriche ꝛc. Ernennungen, beförderungen und Versetzungen. 23. Februar. Hartung, Hauptm. vom Bekleidungsamt, als Komp. Chef in das 4. Inf. Regt. Nr. 103, v. Tettau, Hauptm.
und Komp. Chef vom 4. Inf. Regt. Nr. 103, Sr Euöu“ 1 eorg
Bramsch, Sec. Lt. vom 8. Inf. Regt. Prinz Johann Nr. 107, in das 2. Ulan. Regt. Nr. 18, — versetzt. Scholl, Sec. Lt. vom 11. Inf. Regt. Nr. 139, v. Oppell, Sec. Lt. vom Garde⸗Reiter⸗Regt., — unter Stellung à la suite der betreff. Regtr., vom 1. März d. J. ab auf ein Jahr beurlaubt. Engel, charakteris. Pert. Fähnr. vom 1. Königs⸗Hus. Regt. Nr. 18, die Unteroffiziere: Schulz vom 2. Königin⸗Hus. Regt. Nr. 19, Solf vom Fuß⸗Art. Regt. Nr. 12, Klingner vom Train⸗Bat. Nr. 12, — zu Port. Fähnrichen ernannt.
Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 23. Fe⸗ bruar. v. Hartmann, charakteris. Oberst⸗Lt. z. D., zuletzt Bats. Kommandeur im 3. Inf. Regt. Nr. 102 Prinz⸗Regent Luitpold von Beayern, die Erlaubniß zum Tragen der Uniform des 2. Gren. Regts.
Nr. 101 Kaiser Wilhelm, König von Preußen mit den vorgeschrie⸗ benen Abzeichen ertheilt. Suffert, Pr. Lt. a. D., zuletzt im 1. Ulan. Regt. Nr. 17 Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn, mit der Erlaubniß zum ferneren Tragen der Armee⸗ Uniform, zur Disp. gestellt. Wohlthat, Sec. Lt. vom 9. Inf. Regt. Nr. 133, zu den Offizieren der Res. dieses Regts. übergeführt. Bock v. Wülfingen, charakteris. Major z. D., zuletzt Komp. Chef im Schützen⸗ (Füs.) Regt. Prinz Georg Nr. 108, unter Fort⸗ gewährung der gesetzlichen Pension und mit der Erlaubniß zum ferneren Tragen der Uniform dieses Regts. mit den vorgeschriebenen Abzeichen, der Abschied bewilligt.
Im Beurlaubtenstande. 23. Februar. Bartsch, Hauptm. von der Res. des 2. Gren. Regts. Nr. 101 Kaiser Wilhelm,
önig von Preußen, mit der Erlaubniß zum Forttragen der bisherigen ÜUniform mit den vorgeschriebenen Abzeichen, Sußdorf, Hauptm. von der Res. des Schützen⸗ (Füs.) Regts. Prinz Georg Nr. 108, diesem behufs Auswanderung, Förster, Pr. Lt. von der Inf. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Zittau, behufs Ueberführung zum Landsturm 2. Aufgebots, — der Abschied bewilligt.
Im Sanitäts⸗Korps. 31. Januar. Dr. Bludau, Assist. Arzt 2. Kl. vom Fuß⸗Art. Regt. Nr. 12, behufs Uebertritts zur Kaiserlichen Schutztruppe für Deutsch⸗Ostafrika, mit dem 4. Februar 1896 aus dem Heere ausgeschieden.
23. Februar. Dr. Schippan, Assist. Arzt 2. Kl. vom 11. Inf. Regt. Nr. 139, in das Fuß⸗Art. Regt. Nr. 12 versetzt. Dr. Herbach, Unterarzt vom 1. Feld⸗Art. Regt. Nr. 12, die Unter⸗ ärzte der Res.: Dr. Dietel des Landw. Bezirks Dresden⸗Altst., Dr. Nagel des Landw. Bezirks Dresden⸗Neust., Dr. Hilgemeier, Otto des Landw. Bezirks Leipzig, — zu Assist. Aerzten 2. Kl. befördert. Dr. v. Esmarch, Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots des Landw. Bezirks Leipzig, behufs Ueberführung zum Landsturm 2. Aufgebots der Abschied bewilligt.
Beamte der Militär⸗Verwaltung.
Durch Verfügung des Kriegs⸗Ministeriums. 6. Fe⸗ bruar. Pönisch, Rechnungs⸗Rath im Kriegs⸗Ministerium, auf seinen Antrag unter dem 1. Juni 1896 mit Pension in den Ruhe⸗ sttand versetzt.
XIII. (Königlich Württembergisches) Armee⸗Korps.
Offiziere, Portepee⸗Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. 24. Februar. Prinz Ernstvon Sachsen⸗Weimar, Herzog zu Sachsen Hoheit, Rittm. und Eskadr. Chef im 2. Garde⸗Drag. Regt, zum überzähl. Major befördert. Herzog Wilhelm von Urach, Graf von Württemberg Durchlaucht, Hauptm. vom Generalstabe des Armee⸗Korps, unter Belassung in diesem Ver⸗ ältniß, à la suite des Ulan. Regts. König Karl Nr. 19 gestellt.
erzog Robert von Württemberg Königliche Hoheit, Sec. Lt. im Drag. Regt. König Nr. 26, zum überzähl. Pr. Lt. befördert. v. Cotta, Major z. D. und Inspizient des Feld⸗Art. Materials, ein Patent seiner Charge verliehen.
Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 24. Fe⸗ bruar. v. Riedel, Oberst a. D., zuletzt im Kriegs⸗Ministerium, v. Riedel, Oberst a. D., zuletzt Kommandeur des Inf. Regts. König Wilhelm I. Nr. 124, v. Karaß, Oberst a. D., zuletzt Kom⸗ mandeur des Drag. Regts. Königin Olga Nr. 25, v. Schott, Oberst z. D., zuletzt Kommandeur des damal. 2. Drag. Regts. Nr. 26, — der Charakter als Gen. Major, Schott, Major a. D., zuletzt Bats. Kommandeur im Inf. Regt. König Wilhelm I. Nr. 124, Renner, Major z. D., zuletzt Kommandeur des Landw. Bezirks Rottweil, — der Charakter als Oberst⸗Lt., Völmle, Hauptm. a. D., zuletzt Battr. Chef im damal. 2. Feld⸗Art. Regt. Nr. 29, v. Mauch, u“ z. D., zuletzt Komp. Chef im Gren. Regt. Königin Olga Nr. 119, — der Charakter als Major, — verliehen.
Im Sanitäts⸗Korps. 24. Februar. Sprinkhardt, Ober⸗Stabsarzt 2. Kl. a. D., zuletzt Regts. Arzt des Feld⸗Art. Regts. König Karl Nr. 13, der Charakter als Ober⸗Stabsarzt 1. Kl., Dr. Reubel, Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots vom Landw. Bezirk Bieberach, Dr. Berlin, Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots vom Landw. Bezirk Stuttgart, — der Charakter als Ober⸗Stabsarzt 2. Kl., — verliehen.
Militär⸗Justizbeamte.
24. Februar. Schwab, Kriegsrath und Mitglied des Ober⸗ Kriegsgerichts, der Titel und Rang als Ober⸗Kriegsrath, Werner, Schall, Auditeure der Garn. Ulm, der Titel Justiz⸗Rath, — verliehen.
Beamte der Militär⸗Verwaltung.
24. Februar. Hehn, Intend. Sekretär bei der Intend. der 26. Div. (1. Königl. Württemberg.), Rost, Garn. Verwalt. Direktor in Ludwigsburg, — der Titel Rechnungs⸗Rath, Hentschke, Proviant⸗ amts⸗Assist. bei dem Proviantamt Ulm, der Charakter als Proviant⸗ amts⸗Kontroleur, Holoch, Kanzlist kim Mini der Titel Kanzlei⸗Sekretär, — verliehen.)
ine⸗
Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 29. Februar.
Seine v der Kaiser und König begaben Sich, dem „W. T. B.“ zufolge, heute Vormittag nach dem Palais des Reichskanzlers und konferierten längere Zeit mit demselben. Nach dem Königlichen Schlosse zurück⸗ gekehrt, hörten Seine Majestät die Vorträge des Chefs des Generalstabs, Generals von Schlieffen und des Chefs des Militärkabinets, Generals von Hahnke, empfingen 12“ den neuernannten peruanischen Gesandten Anibal Villegas in Antritts⸗Audienz und nahmen später eine Reihe militärischer Meldungen entgegen.
Ihre Majestät die Kaiserin und Königin ertheilten im Laufe dicher Woche einige Audienzen und empfingen unter Anderen den mit der Führung des III. Armee⸗Korps beauftragten General⸗Lieutenant von Lignitz.
Am Mittwoch besuchten Ihre Majestät das Augusta⸗ ospital und ertheilten dem dirigierenden Arzt, Professor wald eine Audienz. b 1“
Heute früh statteten Ihre Majestät die Kaiserin dem Reichskanzler Fürsten zu Hohenlohe einen Kondolenzbesuch an⸗ läßlich des Todes seines Bruders ab. Sodann ließen Sich Ihre Majestät diejenigen Mitglieder der Berliner Feuerwehr vorstellen, welche sich in Ausüͤbung ihres Dienstes besonders ausgezeichnet haben. Nachmittags empfingen Ihre Majestät die Kaiserin Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich
Karl von Hessen.)
Im aktiven Heere.
In der am 27. d. M. unter dem Vorsitz des Vize⸗ Präsidenten des Staats⸗Ministeriums, Staatssekretärs des ““ Dr. von Boetticher abgehaltenen Plenarsitzung des
undesraths wurde dem Entwurf eines Gesetzes für Elsaß⸗ rseig Renten
Lothringen wegen Begebung von üninger Kanal
zur Deckung von Ausgaben für den und wegen Erhebung von Abgaben auf demnselben, ferner einem Ausschußantrage, betreffend den Handel mit denaturiertem Branntwein, sowie dem Antrage Preußens wegen Regelung der Arbeitsverhältnisse in Bäckereien und Konditoreien — die Zustimmung ertheilt. Von dem Ge⸗ schäftsbericht des Reichs⸗Versicherungsamts für 1895 wurde Kenntniß genommen. Den zuständigen Ausschüssen wurden überwiesen: der Entwurf von Bestimmungen öber die weitere Bearbeitung der Ergebnisse der vorjährigen Berufs⸗ und Gewerbe⸗ zählung, — der Gesetzentwurf wegen Aenderungen des Gerichts⸗ verfassungsgesetzes, der Zivilprozeßordnung, der Konkursordnung und der Einführungsgesetze zur und zur Kon⸗ kursordnung, — die Vorlage uͤber die Ausprägung von Fünf⸗ pfennigstücken — und der Entwurf eines Gesetzes für Elsaß⸗ Lothringen über die “ der Gerichtsvollzieher und ihrer Hinterbliebenen. Außerdem wurde über mehrere Eingaben Beschluß gefaßt.
Heute hielten die vereinigten Ausschüsse des Bundes⸗ raths für Zoll⸗ und Steuerwesen und für de Peee sowie die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen
und für Handel und Verkehr Sitzungen.
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Ihre Durchlauchten der 1 und die Fürstin von Waldeck und Pyrmont sind vorgestern zum Besuch Ihrer Majestäten des Königs und der Königin in Stuttgart eingetroffen.
Oesterreich⸗Ungarn.
In der gestrigen Sitzung des österreichischen Abge⸗ ordnetenhauses gab der Präsident Freiherr von Chlu⸗
mecky in warmen Worten der Trauer um den hingeschiedenen Erzherzog Albrecht Salvator Ausdruck und betonte, alle Völker des Landes fühlten den großen Schmerz mit, welcher die Dynastie und vor allem den Kaiser betroffen, der selbst die wenigen Tage der Ruhe und Erholung, die er sich gegönnt habe, nicht ohne neuen Seelen⸗ schmerz verbringen könne. Im weiteren Verlauf der Sitzung nahm das Haus den Titel „Mittelschulen“ an und lehnte in namentlicher Abstimmung mit 141 gegen 108 Stimmen den Antrag des Abg. Hofmann auf Streichung des Postens für die Errichtung eines slovenischen Gymnasiums in Cilli ab.
Der Wahlreform⸗Ausschuß hat mit allen gegen drei Stimmen beschlossen, in die Spezialdebatte der Vorlage einzutreten.
Im ungarischen Oberhause widmete gestern der Präsident Szlavy dem verstorbenen Erzherzog Albrecht Salvator einen warmen 8.3.S Das Haus gab seinem Beileid protokollarisch Ausdruck. Hierauf wurden die fünf Mitglieder der Quotendeputation gewählt.
Im Unterhause sprach sich, dem „W. T. B.“ zufolge, der Finanz⸗Minister Dr. Lukacs gegen sämmtliche oppositionellen Anträge aus; es habe niemand behauptet, daß die wirthschaft⸗ liche Gemeinsamkeit zwischen Ungarn und Oesterreich sich aus der pragmatischen Sanktion ergebe, doch seien die gegenseitigen Beruͤhrungen der Interessen beider Staaten so zahlreich, daß schon die 1867 er Gesetzgebung sich geneigt gezeigt habe, ein Zoll⸗ und Handelsbündniß abzuschließen; dieses Bündniß könne gekündigt werden. Es sei jedoch bekannt, daß die Gesetzgebung von 1867 und auch die spätere Gesetzgebung, so oft von diesen Angelegenheiten die Rede gewesen sei, gewünscht habe, dieses Bündniß nicht als vorüubergehendes, sondern als bleibendes Verhältniß zu betrachten. Aber selbn wenn beide Staaten von ihrem Kündigungsrechte Gebrauch machten, müßten beide Regierungen in Verhandlungen zur Erneuerung des Zoll⸗ und Handelsbündnisses eintreten. Die Regierung sei der Ansicht, daß es nicht wünschenswerth sei, alle 10 Jahre Gelegenheit darzubieten, daß eine oder die andere Partei von ihrem Kündigungsrechte Gebrauch mache (Lärm auf Seite der Opposition; der Präsident ertheilt mehreren opposit onellen Abgeordneten wiederholte Ordnungsrufe). Die Regierung sei der Ansicht, die Kündigung liege weder im Interesse Ungarns noch der Monarchie; darum
sei sie rechtzeitig in Unterhandlungen getreten, um noch vor
dem Eintritt des Kündigungstermins wo möglich zu einem Ergebniß zu gelangen; das sei der Zweck gewesen, warum die Regierung in dieser Zeit Verhandlungen eingeleitet habe. Niemand werde bezweifeln, daß es weder für die Mo⸗ narchie noch für Ungarn ein Vortheil sei, wenn dem Auslande das Schauspiel geboten werde, daß es hier wei Staaten gebe, welche in politischem Sinn eine Monarchie ildeten und in 88* chaftlicher Beziehung in einem engen Verhältniß zu einander ständen, aber alle zehn Jahre einander die Freundschaft kündigten, sodaß ein Zustand eintrete, bei welchem nicht viel fehle, daß die Monarchie wirthschaftlich zerfalle. Da die Regierung der Ansicht gewesen und noch sei, daß man im Rahmen der Gemeinsamkeit mit Oesterreich alle vitalen Interessen beschützen könne, habe sie Verhandlungen mit Oesterreich eingeleitet, und da sie der Meinung sei, es sei aus politischen Gründen wünschenswerth, daß dieser Vertrag, insofern dies ohne Ver⸗ letzung der vitalen “ bezw. bei vollkommener Wahrung der letzteren möglich sei, zu stande komme, könne sie die oppositionellen Antraͤge nicht annehmen. Dem Grafen Apponyi hielt der Minister Inkonsequenz vor. Aus der Rede des wofan Apponyi würde logischerweise die Forderun eines selbständigen Zollgebiets folgen, und er (der Miinisterg sehe nicht ein, welche Verfügungen man bezüglich eines nicht existierenden Zustandes treffen könne. Gewisse Verfügungen müßten getroffen werden den Verdäch⸗ tigungen gegenüber, welche bezüglich der finanziellen Lage Ungarns kolportiert würden. Diese Verdächtigungen entbehrten jeder Grundlage; der Staatshaushalt Unga ins sei ein vollständig normaler, ja, er wolle konstatieren, daß derselbe sch noch günstiger gestaltet habe, als im Vorjahre. 8 die rivatunternehmungen ständen auf gesunder Basis; einige Industrieunternehmungen, die von keiner wirth⸗ schaftlichen Wichtigkeit und schon bei ihrer Gründung krank gewesen seien, könnten doch nicht in Betracht kommen, und wenn dieselben verschwänden, so sei dies für die wirthschaftlichen Verhältnisse von keinem Einfluß. Es sei schwer, solchen Verdächtigungen entgegenzutreten, denn sie ließen sich nicht greifen. Ihr sei, das Vertrauen zu Ungarn zu untergraben. Ebenso werde ver⸗ breitet, die große Anleihe, welche Ungarn für die Staats⸗ bahnen aufnehmen wolle, solle zu anderen Zwecken verwendet werden. Er protestiere an das entschiedenste gegen diese Verdächtigung. Es seien also nach dieser Richtung hin Ver⸗ füägungen nothwendig ebenso bezüglich der Valutaregulierungs⸗ peration. Als die Regierung mit Oesterreich Verhandlungen eingeleitet, habe sie selbstverständlich alle nöthigen Unter⸗ suchungen durchgeführt, so auch bezüglich des selbständigen Zollgebiets; die betreffenden Verfügungen seien erfolgt und würden auch weiter erfolgen. Mit Bedauern, fuhr der Minister fort, müsse er wahrnehmen, daß eine ruhige Diskussion unmöglich erscheine, doch lege er diesen Störungen keine be⸗ sondere Wichtigkeit bei; er hoffe indessen und sei überzeugt, daß die maßgebenden Kreise diese Fagen viel ruhiger be⸗ handeln würden, sodaß man zu dem Resultat gelangen werde, welches er schon im Vorjahre als wünschenswerth bezeichnet habe, nämlich, daß beide Parteien sich ausschließlich auf die Basis der Gerechtigkeit und Billigkeit stellten. Das Eine könne er erklären und dafür übernehme er die Garantie, daß ein Vertrag, der nicht allen vitalen Interessen Ungarns entspreche, von dieser Regierung nicht werde geschlossen werden.
In einer gestern Abend in Budapest abgehaltenen Kon⸗ ferenz der liberalen Partei wurde beschlossen, den Antrag des Abg. Franz Kossuth auf Einladung der auswärtigen Par⸗ lamente zur Millenniumsfeier abzulehnen, nachdem der Minister⸗ präsident Baron Banffy erklärt hatte, die Regierung sei sachlich mit dem Antrage einverstanden und werde demgemäß vorgehen; der Antrag sei daher überflüssig.
kleinere
Großbritannien und Irland.
111““
Im Unterhause erklärte gestern der Parlamen Sekretär des Auswärtigen Curzon auf eine Anfrage über die Gefechte an der Küste von Ost⸗Afrika: M'Barak Ben Raschid habe sich im April 1895 empört; er habe wiederholte Niederlagen erlitten, aber infolge der natürlichen Beschaffen⸗ hei des Landes sei es bisher unmöglich gewesen, die herum⸗ treifenden Marodeurbanden wirksam zu unterdrücken; die Angriffe derselben auf militärische Stationen seien er⸗ folgreich zurückgeschlagen worden. Um den end⸗ gültig zu unterdruͤcken, sei beschlossen worden, die lokalen Streitkräfte durch ein indisches Regiment zu verstärken. Das Unterhaus nahm sodann die zweite esung des von dem Abg Havelock Wilson eingebrachten Gesetzentwurfs an, welcher bestimmt, daß kein Matrose auf englischen Schiffen als Voll⸗ matrose beschäftigt werden könne, welcher nicht Zeugnisse über eine vierjährige tüchtig vollbrachte Dienstzeit beibringe. Aus⸗ länder müßten außerdem den Beweis erbringen, daß sie die gewöhn⸗ lichen an Bord gegebenen Befehle in englischer Sprache verständen. Auf die Anfrage des Abg. Coddington, ob die Regierung dem Hause eine Erklärung abgeben könne über den wesent⸗
lichen Inhalt des Meinungsaustausches mit Deutschland, be⸗
treffend die Wiedereröffnung der indischen Münzstätten, und ob sich seit dem Datum jenes Meinungsaustausches die Ansichten der Regierung irgendwie geändert hätten, antwortete der Parlaments⸗Sekretär des Auswärtigen Curzon: Am 8. November habe Graf Hatzfeldt angefragt, ob die englische Regierung willens sei, die bimetallistische Frage in einer Konferenz zu erörtern, falls die deutsche Regierung sich dafür entscheiden sollte. Lord Salisbury habe die Antwort ertheilt, er müsse erst mit seinen Kollegen berathen, bevor er eine bestimmte Ansicht aussprechen könne; er weise aber die Idee einer Konferenz nicht von der Hand, falls sich gute Gruͤnde für die Abhaltung derselben ergeben sollten. Bei einer darauffolgenden Unterredung habe Graf Hatzfeldt die Frage gestellt, ob die indische Regierung damit umgehe, ihre 8 wiederzueröffnen, da Deutschland dies als eine nothwendige Vorbedingung zu irgend einem internationalen Uebereinkommen betrachte. Unter dem 6. Dezember sei Graf Hatzfeldt davon unterrichtet worden, daß die Wiedereröffnung der indischen Münzstätten nicht beabsichtigt werde, weder von der indischen Regierung, noch von dem Staatssekretär für Indien. Unter diesen Verhältnissen sei die Angelegenheit damals nicht weiter verfolgt worden. Später habe Graf Hatzfeldt Lord Salisbury die Erklärung vorgelegt, welche der deutsche Reichs⸗ kanzler im Reichstag abzugeben beabsichtige über das, was beiderseits besprochen worden sei. Lord Salisbury habe keinen Einwand gegen die Erklärung erhoben, jedoch den Grafen Hatzfeldt daran erinnert, daß er sich in seiger Erwiderung auf die Mittheilung der 2 achen beschraänkt habe, wie sie damals vorgelegen
3 klärung Balfour’'s im Unterhause am 20.
aätten, und daß in dieser Erwiderung in keiner Weise eine bsicht bezüglich der Zukunft enthalten gewesen sei. Die Er⸗ ebruar habe die 5* e die englische
allgemeinen Ansichten wiedergegeben, r den Gegenstand hege.
Regierung nach Erwägung der Sache uü
Frankreich.
Der Senat bewilligte gestern einstimmig den Kredit für die Vertretung Frankreichs bei der Krönung des Kaisers von Rußland.
Die Armeekommission der Deputirtenkammer erörterte gestern die Vorlage über die Bildung einer Kolonial⸗ armee und genehmigte im Prinzip, daß diese Armee dem Kriegs⸗Ministerium direkt unterstellt und ihr eine selbständige Stellung gegeben werde.
In der gestrigen Sitzung der Budgetkommission ver⸗ theidigte der Finanz⸗Minister Doumer in längerer Rede die
rogressive Einkommensteuer, welche die gegenwärtig zu chwer belasteten ärmeren Klassen entlaste, die mittleren Klassen nicht überlaste und von den Reichen nur eine Kompensation für die fiskalischen Privilegien verlange, die sie genössen. Der Minister sprach die Hoffnung aus, die Kammer werde die Einkommensteuer annehmen, nachdem sie mehrfach den Willen bekundet habe, die Regierung bei der Ausführung der Re⸗ formen des ministeriellen Programms zu unterstützen.
Italien. Die „Opinione“ erklärt es für unrichtig, daß dem General Baratieri bereits Mittheilungen über die neuen Verfügungen bezüglich des Oberbefehls über die Truppen in Afrika suge⸗ gangen seien, doch werde er solche vor seiner Zusammenkunft mit dem General Baldissera erhalten. General Baratieri werde den Titel eines Gouverneurs von Erythräa weiter führen. Das genannte Blatt sagt ferner, die Mittheilung der Regierung an den General Baratieri hebe den Umstand hervor, daß die Truppen in Afrika zwei kleine Armee⸗Korps bildeten, und daß der General Baldissera deswegen gewählt worden weil er mit den örtlichen Verhältnissen vertraut sei, und weil die Kommission für die Beförderungen ihn einstimmig zur demnächstigen Beförderung zum kommandierenden General eines Armee⸗Korps vorgeschlagen habe
Spanien. 8 Die Königin⸗Regentin hat, nach einer Meldung des „W. T. B.“, gestern das Dekret unterzeichnet, durch welches
die Cortes aufgelöst und die bereits bekannten Daten für die Neuwahlen festgesetzt werden. 1“ 8 8.
Niederlande 8
Der Staatssekretär der Südafrikanischen Republik Dr. Leyds ist gestern im Haag angekommen. Die Königin⸗ Regentin empfing denselben gestern Abend in Audienz. Nach der Audienz fand bei dem Minister des Aeußern Dr. Roöll ein Festessen zu Ehren des Dr. Leyds statt.
8 Türkei.
Der Sultan empfing, wie „W. T. B.“ aus Konstantinopel berichtet, gestern nach dem Selamlik den russischen Botschafter von Nelid öf und den russischen Agenten in Sofia, Bot⸗ schafts⸗Rath Tscharykoff in Audienz.
In Wien ist aus Konstantinopel die Nachricht eingetroffen, daß am 24. d. M. in Adana Gemaltthätigkeiten gegen Armenier verübt worden seien: 15 Armenier seien getödtet, 15 verwundet worden. Das Haus des russischen Dragomans sei geplündert worden. Der französische Konsul in Merfina habe sich nach Adana begeben.
Serbien.
Die Beisetzung des Generals Leschjanin hat gestern in Belgrad auf Staatskosten stattgefunden.
8 Bulgarien.
Die „Politische Correspondenz“ erfährt aus Sofia, die bulgarische Regierung beabsichtige, nach der formell vollzogenen Anerkennung des Prinzen Ferdinand diplomatische Ver⸗ tretungen in St. Petersburg und in Athen zu errichten. Sehe hierfür seien bereits in dem diesjährigen Etat vor⸗ gesehen.
1““
Amerika.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Washington hat der Senat gestern den am 5. d. M. eingebrachten Antrag des Senators Call; die Aufständischen auf Cuba als kriegführende Macht anzuerkennen, mit dem vom Senator Cameron am 20. d. M. eingebrachten Amendement, wonach der Präsident ersucht wird, sich bei Spanien dafür zu verwenden, daß die Unabhängigkeit Cubas anerkannt werde, angenommen. Im Verlauf der Debatte erklärte der Senator Lindsay, die Lage auf Cuba rechtfertige ein thätiges Einschreiten der Vereinigten Staaten, um im Namen der Menschlichkeit die Ordnung auf Cuba wiederher⸗ S Der Senator Sherman sprach den Wunsch aus, aß Cuba in Mexiko einverleibt werde, und erklärte, der Augenblick sei gekommen, der Wirthschaft der Spanier ein Ende zu machen, die den humanen Marschall Martinez Campos abberufen und ihn durch den General Weyler ersetzt hätten. Wenn letzterer auf Cuba bleibe, werde nichts die Vereinigten Staaten hin⸗ dern, die Spanier zu vertreiben. Der Senator Lodge be⸗ merkte, der von den Vereinigten Staaten beabsichtigte Pchritt werde von der zivilisierten Welt gebilligt werden. Andere Senatoren erklärten, Spanien verdiene nicht die Achtung erer Länder. Nur der Senator Caffery bekämpfte den
ag.
Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Philadelphia sind der Kapitän Wiborg und die Steuer⸗ leute Peterson und Johansen von dem dänischen Dampfer „Horsa“ für schuldig erklärt worden, die Neutralitäts⸗ bhes durch die Beförderung einer für Cuba bestimmten bewaffneten Expedition verletzt zu haben.
Die Parteien der Reformisten und der Autono⸗ misten auf Cuba haben, wie „W. T. B.“ aus Madrid er⸗ fährt, beschlossen, sich an den Generalwahlen nicht zu be⸗
8 8 Alrfrika. 8
siie „Agenzia Stefani“ berichtet aus Massowah, da
8 General Vera er vorgestern Abend aus 888Sn 6 egraphiert habe: das gesammte che Heer stehe in
8 v8 mit regelmäßigen Vorposten auf der Linie Abba habe ma, Mariam Seranito und Daro Tacle. Der Feind de Reauisitions ⸗Kolonnen in das Gebiet von Schire nach
iabo und Addi Arbati entsandt. Der Mangel an Lebensmitteln
im Lager werde fühlbarer. Die Aufständischen in Agame irrten nach der Niederlage vom 25. d. M. in den Bergen von Asimba und Gundagunde umher. Vorgestern hätten drei italienische Bataillone und eine Batterie eine Re⸗ I auf dem Wege nach Belesa unternommen. O ülegusas sei ruhig. Von Kassala werde gemeldet, daß ich außer Schußweite der Geschütze Abtheilungen berittener erwische gezeigt hätten. Für alle ehre sei Kassala mit g wieder mittels eines optischen Telegraphen verbunden worden.
Aus Johannesburg berichtet das „Reuter'sche Bureau“, daß der Jahrestag der am 27. Februar 1881 geschlagenen Schlacht von Majubahill ruhig verlaufen sei; 808 in Krügersdorp habe keinerlei Kundgebung stattgef unden.
1““
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Herrenhauses und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
— In der heutigen (6.) Sitzung des Herrenhauses,
in welcher der Justiz⸗Minister Schönstedt und der Minister
des Innern Freiherr von der Recke zugegen waren, wurde
Sug das neueingetretene Mitglied Graf zu Solms⸗ ödelheim auf die Verfassung vereidigt.
In der einmaligen Schlußberathung über den Gesetz⸗ en twurf, betreffend die Aufhebung der im Gebiet der Monarchie bestehenden Taxordnungen für appro⸗ bierte Aerzte und Zahnärzte, berichtete sodann
Freiherr Lucius von Ballhausen, daß die alten Tax⸗ ordnungen, welche für die heutige Zeit nicht mehr passend seien, mit dem 1. Januar 1897 aufgehoben und durch die neue, auf dem Ver⸗ ordnungswege erlassene Taxordnung ersetzt werden sollen.
Der Gesetzentwurf wurde ohne Debatte angenommen.
Auf Antrag der Matrikelkommission beschloß das Haus, den Sitz des Freiherrn von Wintzingerode⸗Knorr wegen desec seines landtagsfähigen Se für erledigt zu erklären und den Minister des Innern zu ersuchen, für den Verband des alten und des befestigten in dem Landschaftsbezirke Eichsfeld⸗ “ stein baldthunlichst eine anderweite Präsentationswahl herbei⸗ führen zu wollen.
Die Nachrichten von der Verwaltung der preußischen Staats⸗Bergwerke,⸗Hütten und ⸗Salinen für 1894/95 wurden durch Kenntnißnahme für erledigt erklärt.
Die Petition der Schutzgemeinschaft für Handel und Gewerbe, des Kaufmännischen Vereins und des Gewerbe⸗ vereins in Zeit um Erhöhung der Wanderlagersteuer bis auf 100 ℳ pro Woche oder für jeden Theil der be⸗ gonnenen Woche beantragte der Berichterstatter der Handels⸗ und Gewerbekommission von Graß der Regierung zur Erwägung zu überweisen.
Freiherr von Stumm empfahl die Annahme des Kom⸗ missionsantrags. Es handle sich bei dieser Petition um die Hebung des Mittelstandes. Es sei zu fürchten, daß die Wander⸗ lager noch mehr an Ausdehnung wieder gewinnen, wenn die Detail⸗ reisenden und der Hausierhandel durch Reichsgesetz beschränkt werden. Man könne nicht sagen, daß der Landtag sich um die Reichsgesetz⸗ gebung nicht zu kümmern habe. Die Petition müsse deshalb der Regierung zur Erwäguug überwiesen werden.
Das Haus beschloß nach dem Antrag der Kommission.
(Schluß des Blattes.)
— In der heutigen (31.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der micisbe der geistlichen ꝛc. An⸗ gelegenheiten D. Dr. Bosse beiwohnte, wurde die zweite Be⸗ rathung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten bei dem Titel „Gehalt des Ministers“ fortgesetzt.
Abg. Dr. Bachem (Zentr.): Ich will zunächst den Ausdruck „Schlendrian“, den der Minister zurückgewiesen hat, zurücknehmen. Ich bitte aber auch den Minister, nachher in Bezug auf katholische Ordensdamen den Ausdruck „fanatisch“ zurückzunehmen. Wenn meine Tabelle als eine rein mechanische Arbeit bezeichnet worden ist, so ist das ein Lob dafür. Es wird nicht jeder Schreiber bezüglich der evangelischen Positionen des Etats so leicht die Imparität nach⸗ weisen können. Ich verlange keine mechanische und auch keine bE ich verlange nur die Beseitigung der krassen Imparität. tedner geht nunmehr die einzelnen Positionen durch und führt dabei Folgendes aus. Bei der Schloßkirche in Wittenberg ist man über die Verpflichtung des Patronatsfonds hinausgegangen; den neu gebauten Konsistorialgebäuden stehen keine bischöflichen Ge⸗ bäude gegenüber. Die Entschädigungen für die tolgebühren sind allerdings angeboten, aber man wollte darauf bestehen, daß dieselben zur Aufhebung der Stolgebühren verwendet werden sollen. Dazu war ein Bedürfniß nicht vorhanden, man hätte eben andere Bedürfnisse befriedigen können. Bezüglich der Berechnung der Leistungen für die katholische und für die evangelische Kirche in den 8 70 Jahren fehlt uns jede Kon⸗ trole. Aus dem Etat ist darüber nichts zu ersehen; der Minister sollte seine Materialien dem Hause vorlegen. Aber ich glaube, der Minister hat dabei Irrthümer begangen, denn ich kann nicht an⸗ nehmen, daß wirklich die katholische Kirche so bevorzugt sein sollte. Also ein Ober⸗Regierungs⸗Rath ist Katholik; ich bitte den Minister, auf diesem Wege fortzufahren. Daß bei der Kreis⸗Schulinspektion die Katho⸗ liken berücksichtigt seien, ist nicht wahr. In den katholischen Bezirken der Rheinprovinz sind keine katholischen geistlichen Kreis⸗Schulinspektoren. Der Minister sagte, er berücksichtigt nicht die Konfession, sondern nur die Tüchtigkeit. Das hat bisher dahin geführt, nur protestantische Ober⸗Regierungs⸗Räthe anzustellen. Der Minister sollte mit dieser Nichtberücksichtigung der Konfessionen fortfahren, aber nicht in den evangelischen Bezirken Katholiken anstellen, denn das würde bei den Protestanten Widerspruch erregen. Die Herren Nationalliberalen widersprechen; aber die Konservaliven, denen ich mehr konfessionelles Gefühl zutraue, widersprechen nicht. Herr Sattler verlangt von den Beamten die Wahrung der Interessen des Staats. Sind die Katholiken dazu nicht im stande? Es scheint aber, als ob in der Praxis nach diesen Anschauungen verfahren ist. Der Minister verwahrt sich dagegen, daß er in den Religionsunterricht eingreifen wolle. Aber wir haben nicht das Vertrauen, daß das immer so bleiben wird, und deshalb gerade betrachten wir den Falk’ schen Erlaß als ein Damoklesschwert. Der Minister verlangte die Anführung eines Falles, wo ein solcher Eingriff statt⸗ ea Ich erinnere an den Fall des Religionslehrers
ollmann, der nicht mehr auf dem Standpunkt der katholischen Kirche stand, aber trotzdem vom Minister Falk in seiner Stellung gehalten werden sollte, was freilich an dem einmüthigen Widerstande des katholischen Volkes scheiterte. Gegen ein katholisches Gymnasium in Berlin macht der Minister geltend, daß die Zahl der katholischen Schüler nicht groß genug dazu sei. Es werden eben aus Berlin sehr viel katholische Kinder nach auswärts auf eine katholische Anstalt geschickt. Protestantische Gymnasien werden errichtet, so erst 1890 das Prinz Heinrich⸗Gymnasium in Schöneberg. Bezüglich des Kirchhofsgesetzes sollten die Ober⸗Präsidenten mit ihren Gutachten sich beeilen. Von einem Krompromiß zur Beendigung des Kulturkampfs,
dem c getreuen Gnomen Grisel,
von dem das Orden seß ein Theil sein soll, ist uns nichts bekannt. Wir würden schon zufrieden sein, wenn unsere Ordensgenossenschaften ebenso gestellt würden, wie die evangelischen. Herr Sattler meinte, die Reden seien nur bestimmt, die Nothwendigkeit des Zentrums nachzuweisen. Diese Nothwendigkeit liegt in keiner Weise vor. Dafür sorgen andere Leute ausreichend. Daraus, daß wir solche Klagen an dem verfassungsmäßig dafür bestimmten Ort vorbringen, kann man uns keinen Vorwurf machen; wir agitieren nicht mit diesen Dingen draußen in Versammlungen; das überlassen wir Anderen. Wir wollen zur Beseitigung der Uebelstände beitragen und den formellen Frieden zu einem materiellen machen. Dazu bitte ich alle Parteien mitzuhelfen. v1““ (Schluß des Blattes.) 1 v1“
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Verkehrs⸗Austalten.
Das Direktorium der Altdamm⸗Kolberger Eisenbahngesellschaft hat nunmehr den Bau einer Sekundärbahn von Kolber aüch Köslin beschlossen; mit den Vorarbeiten dazu wird vorausfichtli 1 im Frühjahr begonnen werden.
Theater und Musik.
Kdoönigliches Opernhaus. — „Die Nürnberger Puppe’, komische Oper in einem Akt von A. Adam, dem Komponisten des „Postillon von Lonjumeau“, hat nun auch auf der Königlichen Bühne eine Stätte gefunden, nach⸗ dem sie früher schon im Friedrich⸗ Wilhelmstädtischen und im Belle⸗Alliance⸗Theater zur Aufführung gelangt war. Die ist ein harmloser Faschingsscherz voll Humor und froher aune, dem sich die ebenso See. wie prickelnde Musik vollkommen anpaßt. Beiden, sowohl der usik wie der Handlung, haben spätere Komponisten und Librettisten manchen hübschen originellen Einfall entlehnt. Freilich ist das Werk der früher beliebten behaglichen Breite, von Wiederholungen im Text wie in der Melodie nicht ganz frei und könnte hie und da einige Kürzungen vertragen. Die vier Partien, die es enthält, waren in den Händen des Fräulein Dietrich sowie der Herren Bulß, Krolop und Lieban, die sich sämmtlich ihrer recht dankbaren Aufgaben mit gutem Gelingen entledigten, ohne gerade Hervorragendes zu leisten. Der greße Rahmen der Opernbühne wirkt immer auf solche kleine, intimere Raumverhältnisse beanspruchende Spielopern fast erdrückend. Immerhin aber fand das anmuthige Werk eine freundliche Aufnahme. Auf die Oper folgte „Laurin“, ein phantastisches Ballet in 3 Aufzügen (6 Bildern) nach einer Dichtung Emi Taubert’'s von Emil Graeb, Musik von Moritz Mosz⸗ kowski. Der Inhalt ist in seinen Grundzügen einer altdeutschen Sage entlehnt und die scenische Eintheilung der Handlung im Wesent⸗ lichen folgende: Dietleib, der Burgherr zu Speyer, rüstet sich eines Tages, mit seinen Freunden und Gästen zur Jagd auszuziehen, wird aber von seiner Schwester Similde inständig gebeten, davon abzu⸗ stehen, da ihr böse Träume ein nahendes Unglück verkündet haben. Dietleib, der Bitten seiner Schwester nicht achtend, giebt seiner Jagdlust indessen nach. Obwohl er, durch ein Unwetter überrascht, bald wieder heimkehrt, muß er zu seinem Schmerze erfahren, daß in der Zwischenzeit Similde durch den tückischen Zwergkönig Laurin geraubt worden ist. Schnell entschließt er sich mit seinen Freunden, unter denen auch Wolfhardt, Similden's Geliebter, zur Errettung seiner Schwester auszuziehen. Die Ritter gelangen nun zu dem fabelhaften Rosengarten Laurin's in den Dol miten, bekämpfen siegreich den Fwerglöͤnig, werden aber von diesem in seinen Palast gelockt und dort bei einem Feste in seine Gewalt gebracht. Laurin setzt sein stets vergebliches Liebeswerben bei Similden fort und sucht sie den Verlust der Ihrigen durch die kostbarsten Geschenke vergessen zu machen. Sie stellt sich durch den Glanz der entzückenden Schmucksachen bethört, raubt aber dem verliebten Zwergkönig bei einer Umarmung dessen v Horn und übergiebt dies schnell er damit die Pforte des Kerkers sprengt, in dem die gefangenen Ritter schmachten. Zu spät entdeckt Laurin, welchem Betrug er zum Opfer gefallen. Wuthschäumend läßt er Similden durchzwei Eisriesen auf einen Gletscher schleppen, um sie dort in Schnee und Eis verkommen zu lassen. In dieser Einöde finden die von dem Gnomen Grisel geführten Ritter Similden wieder, deren Leben bereits entflohen scheint. Da naht als Retterin Frau Minne, erweckt die Erstarrte zu neuem Leben und geleitet alle auf den Heim⸗ weg. Noch einmal tritt Laurin den Geretteten entgegen, Frau Minne aber vernichtet ihn durch eine Beschwörung, und die Ritter eilen nun mit Similden der heimathlichen Burg zu, wo sie von dem Volk mit Jubes fwpsanen e. ie Musik zu diesen pantomimisch häufig recht schwer darzu⸗ stellenden Vorgängen entbehrt des leichten, Le ee e. man für ein Ballet nun einmal zur Grundbedingung machen mu vergeblich sucht man darin nach Charaktermerkmalen; selbst die Ernnß die Moszkowski in früheren Kompositionen häufig gezeigt hat, teh hier nicht wieder. Die Darstellung wie die des Werks waren beide höchsten Lobes werth.
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Inscenierung
höch m Vor⸗ dergrunde stand wieder Fräulein Dell’'Era als aimilde die 8
Anbetracht der ihr zugemutheten mimischen Schwierigkeiten eine Meisterleistung ersten Ranges bot und mit 888 ee. Tanz⸗ kunst ungetheilte Bewunderung erweckte. Charakteristisch gab Herr Burwig den Zwergkönig. Die Damen Urbanska, Delcliseur und Altmann zeichneten sich besonders in einem farbenprächtigen Rosen⸗ elfen⸗Reigen aus. Letzterer sowie der Aufzug von Laurin's Hofstaat mit einer niedlichen, von Eleven getanzten Sarabande, dem Tanz der Edelsteine und einem großen Bacchanale bildeten den Glanzpunkt der Massentänze. Die neuen Dekorationen: 1. Bild: Vor der Burg Steyer, gemalt vom Königlichen Dekorationsmaler Quaglio; 2. Bild: Rosengarten aurin's, gemalt 3 den Dekorationsmalern Wagner und Bukacz; 3. Bild: Saal im Palast Laurin's, gemalt vom Professor Brückner, Herzog⸗ lichem Hofmaler in Coburg; 4. Bild: Grotte im Lau-in's, emalt von den Dekorationsmalern Wagner und Bukacz; 5. Bild: Auf dem Gletscher, gemalt von den Dekorationsmalern Harder und “ 6. Bild: Vor der Burg Steyer, gemalt vom Königlichen
ekorationsmaler Quaglio, waren sämmtlich von prächtiger Wirkung. Die Herren Graeb und Moszkowski wurden nach dem glänzenden dritten Bilde und am Schluß durch Hervorruf ausgezeichnet.
Königliches Schauspielhaus. 1 Friedrich Hebbel's Tragödie „Judith“ ging gestern Abend nach Jahrzehntelanger Pause neu einstudiert erfolgreich in Scene. „Judith“, das Erstlingswerk unter den Dramen Hebbel's, hat den literarischen Ruhm des Dichters begründet. Alle wilden, gährenden Kräfte, die in des jungen Dichters Seele stürmten, treten in dieser Tragödie in die Erscheinung. Der düstere Ernst seiner frühen Jugend, die ihren Heißhunger an der erhabenen Poesie der Bidel sättigte, das wilde Gefallen an dem I““ und Grausigen brechen sich mächtig und in kraftvoller Sprache in diesem Drama Bahn. Trotzdem mangelt dem Werk die rechte dramatische Bewegung, die erst in den beiden letzten Akten zum Durchbruch kommt, als Judith und Holofernes sich gegenübertreten. Die Charakteristik dieser beiden Ge⸗ stalten, die in der Bibel in kurzen Zügen entworfen ist, schwillt bei Hebbel breit und mächtig an. Die cynische Roh⸗ heit und blutdürstige Grausamkeit des halbwilden g sein Wohlgefallen an seiner nie bezwungenen Stärke ergänzt der Dichter durch eine dunkle Sehnsucht nach einem ihm an Kühnheit ebenbürtigen Menschenkinde. Auf dem Grunde von Judith s Seele treibt schon ein mystischer Schauer seine betäubenden Blüthen, ehe der Gedanke an die wilde That darin Wurzel faßt, durch List des Holofernes Haupt tödtlich zu treffen und es als Siegestrophäe den bedrängten Israeliten heim zu bringen. Der tragische Widerstreit beim Aufeinandertreffen dieser beiden Charaktere wird aber nicht in seiner ganzen Größe herausgearbeitet, weil die Vorliebe des Dichters für krasse und entsetzensvolle Vorgänge