1896 / 57 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 05 Mar 1896 18:00:01 GMT) scan diff

Zwangs⸗Versteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin stand am März das Grundstück Swinemünderstraße 76. dem Archi⸗ ekten Emil Machledt gehörig, zur Versteigerung; Fläche 8,54 a;

Meistbietender blieb der Rentier und Gutsbesitzer Gustav Mack, Schönhauser Allee 5, mit dem Gebot von 145 000

Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin stand das zu

Diedersdorf, angeblich Blankenfelderstraße 12 und an der Chaussee nach Blankenfelde belegene, dem Arbeiter Rein hard Schulze zu Diedersdorf gehörige Grundstück zur Versteigerung. Flächen⸗ aum 31,79 a; mit 462 Nutzungswerth zur Gebäude⸗ teuer veranlagt; mit dem Gebot von 20 020 blieb der Buffetier Hermann Hundertmark zu Groß⸗Lichterfelde, Berliner⸗ traße 138, Meistbietender. Eingestellt wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung unter Aufrechterhaltung E“ regeln auf drei Monate wegen des Grundstücks zu Wilmersdorf, Hobrechtstraße 6, Ecke Boothstraße 6, dem Maurermeister Friedrich Gutschmidt gehörig.

Beim Köͤniglichen Amtsgericht zu Charlottenburg ist das Verfahren der Zwangsversteigerung des im Grundbuche von Charlottenburg Band 124 Blatt Nr. 4526 auf den Namen des Zimmermeisters Gustav Schulz zu Charlottenburg eingetragene, Straße 31 a. Nr. 5 in Charlottenburg belegene Grundstück aufge⸗ hoben worden. 1 8

Beim Königlichen Amtsgericht zu Rixdorf ist das Verfahren der Zwangsversteigerung des im Grundbuche von Rixrdorf Band 67 Blatt Nr. 2043 auf den Namen des Maurermeisters und Bauunternehmers Wilhelm Wieczorek zu Berlin und Emil Jagow zu Rirdorf eingetragenen, zu Rixdorf belegenen Grundstücks aufgehoben worden. Die Termine am 11. März d. J. fallen fort.

den Verkehr auf dem Berliner Schlachtviehmarkt vom 4. März 1896. Marktpreise nach Schlachtgewicht; nur Schweine werden nach Lebendgewicht handelt. Rinder. Auftrieb 397 Stück. (Durchschnittspreis fr 100 kg.) I. Qualität —,— ℳ, II. Qualität —,— ℳ, III. Qualität 90 96 ℳ, IV. Qualität 80 86 Schweine. Auftrieb 7803 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 90 ℳ, Landschweine: a. gute 86 88 ℳ, b. geringere 80 84 ℳ, Galizier —,— ℳ, leichte Ungarn —,— bei 20 % Tara, Bakonver bei kg Tara pro Stück. Käl ber. Auftrieb 1739 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität ,12 1,20 ℳ, II. Qualität 1,02 1,10 ℳ, III. Qualität 0,92 00 Schafe. Auftrieb 970 Stück. (Durchschnittspreis für 1/ kg.) I. Qualität 0,90 1,00 ℳ, II. Qualität 0,84 - 0,88 ℳ, III. Qualität —,— Die Betriebseinnahmen der OfprHus sihen ePethacn m Februar 1896 betrugen nach vorläufiger Feststellung im Personen⸗ verkehr 54 768 ℳ, im Güterverkehr 283 0599 ℳ, an Egxrtra⸗ ordinarien 20 100 ℳ, zusammen 357 927 ℳ, darunter auf der Strecke Fischhausen Palmnicken 4915 ℳ, im Februar 1895 nach vorläufiger Feststellung 261 080 ℳ, mithin gegen den entsprechenden Monat des Vorjahres mehr 96 847 ℳ, im Ganzen vom 1. Januar bis 29. Fe⸗ bruar 1896 708 241 (vorläufige Einnahme auß russischem Verkehr nach russischem Stil), gegen vorläufig 612 924 im Vorjahre, mit⸗ hin gegen den entsprechenden Zeitraum des Vorjahres mehr 95 317 ℳ, gegen die endgültige Einnahme mehr 59 876 ℳM —*

Verkehrs⸗Anstalten.

Thorn, 4. März. (W. T. B.) Die Weichsel ist eisfrei⸗ der Wasserstand ist normal, die Eröffnung der Schiffahrt steht bepor.

Bremen, 4. März. (W. T. B.) Norddeutscher Llopd. Der Postdampfer „Aachen“ hat am 2. März Nachmittags Prawle Point passiert. Der Postdampfer „Habsburg“ ist am 2. März in Pernambuco angekommen. Der Dampfer „Specialist“ ist am 1. März in Montevideo angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer

Oldenburg“ hat am 3. März Vormittags die Reise von Port Said nach Neapel Der Reichs⸗Postdampfer „Karls⸗ ruhe“ hat am 3. März Morgens die Reise von Neapel nach Gennua fortgesetzt. 8 510ear. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Hapel“ hat am 4. März Morgens Hurst Castle passiert. Der Dampfer „Riverdale“ hat am 3. März Abends die

Ausweis über

frostfrei.

icht vom 5. März, r Morgens.

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Veränderliche Witterung wahrscheinlich.

Reise von Antwerpen nach dem La Plata 8. Der Schnell⸗ dampfer „Lahn“ ist am 3. März Mittags von New⸗York nach der Weser abgegangen. Der Schnelldampfer „Saale“ hat am 4. März Vormittags Dover passiert. Der Reichs⸗Postdampfer „Karlsruhe“ ist am 4. März Morgens in Genuag angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Gera“ hat am 4. März Nachmittags die Reise von Adelaide nach Colombo fortgesetzt.

London, 4. März. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Trojan“ ist heute auf der Heimreise von Madeira abgegangen.

4. März. (W. T. B.) Niederländisch⸗ Amerikanische Dampfschiffahrts ⸗Gesellschaft. Der Dampfer „Veendam“ ist heute Nachmittag von Rotterdam ab⸗ gegangen.

Theater und Musik.

böe“

„Der Graf von Hammerstein“, ein historisches Schauspiel in 5 Akten von Adolf Wilbrandt, welches in den 70er Jahren im Königlichen Schauspielhause seine Erstaufführung hierselbst erlebt hat, gelangte gestern Abend am Schiller⸗Theater zur Darstellung. Es ist ein auf historlschem Untergrund aufgebautes Ritterschauspiel im besten Sinne: Kühne Thaten, edle Begeisterung, scharfe Gegensätze ziehen in einer für unser realistisches Zeitalter zwar etwas pathetischen, jedenfalls aber edlen und beredten Sprache am Zuschauer vorüber. Es ist ein Werk, wie geschaffen für das Gemüth der Besucher einer Volksbühne, denen der Sinn für Romantik noch nicht verloren ging, und es fand denn auch gestern eine so warme Aufnahme, wie sie ihm früher nicht zu theil wurde. Wie eine dramatisierte Ballade muthet die Handlung an: Durch einen kühnen, bei Nacht und Sturm vollführten Klosterraub gelangt der Graf von Hammerstein in den Besitz seines ihm heimlich angetrauten Weibes Irmgard. Ob dieser That vom Kaiser Heinrich II. in die Acht und von der Kirche in den Bann erklärt, harrt er mit der Geliebten in den Mauern seiner Burg muthig aus, bis diese in die Hände der Feinde fällt. Kaum rettet er das nackte Leben und Irmgard und zieht mit ihr hinaus in Noth und Elend, bis Heinrich's Tod und die Wahl seines Freundes Konrad von Franken zum Kaiser wieder eine Wandlung zum Besseren in den Schicksalen des fast zum Bettler gewordenen Ritters herbeiführt. So klingt das Stück in einer wirkungsvollen Schlußscene versöhnend aus. Die Inscenierung machte dem Ober⸗Regisseur Herrn Adler alle Ehre, und die Darstellung war vortrefflic Das Liebespaar wurde von Herrn Winterstein und Fräulein Pauly mit Wärme und Verständniß gespielt. Mit Geist und, wo es noth that, auch mit Humor zeichnete Herr Froböse die edle Gestalt Konrad's von die einen interessanten Gegensatz zu dem körperlich gebrochenen, geistig aber starrsinnigen Kaiser Heinrich bildete, welchen letzteren Herr Pategg eindrucksvoll darstellte. Mit scharfer Charakteristik gab Herr Pauly den fanatischen Diener seiner Kirche, den Bischof von Paderborn, während Herr Bach einen weichherzigen jungen Priester, Eckard, glaubhaft gestaltete. Auch die übrigen Mitwirkenden füllten ihre Plätze bestens aus. Die Kostüme und Dekorationen waren geschmackvoll und gediegen. Das zahlreiche Publikum nahm das Werk, wie schon oben erwähnt, sehr beifällig auf und rief die Hauptdarsteller mehrmals vor den Vorhang.

Im Königlichen Opernhause gelangt morgen Heinrich Marschner's Oper „Der Vampyr“ unter Kapellmeister Weingartner's Leitung zur Aufführung. Der Kaiserlich Königliche Kammersänger Herr Theodor Reichmann von der Hofoper in Wien eröffnet während des Urlaubs des Herrn Bulß ein Gastspiel in der Titelrolle. Die übrige Besetzung ist nachstehende: Sir Humphrey: Herr Mödlinger; Malwina: Fraulein Hiedler; Edgar Aubry: Herr Sommer; Berkley: Herr Schmidt; Janthe, seine Tochter: Fräulein Egli; Dibdin: Herr Lieban; John Perth: Herr Michaels; Emmy, seine Tochter: Fräulein Krainz; Landleute: die Herren Krolop, Philipp, Alma, Krasa; Meister der Vampyre: Herr Fränkel. . 1

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Otto von der Pfordten’s „1812“ in folgender Besetzung gegeben: Napo⸗ leon I.: Herr Kahle; General York: Herr Molenar; Johanna:

rau Seebach; Luise: Fräulein Lindner; Reichsfreiherr vom Stein: Herr Grube; Rittmeister Hertling: Herr Purschian. Der am Sonnabend zum ersten Mal in Scene gehende dreiaktige Schwank „Die Höllenbrücke“ von Richard Jaffé und Wilhelm Wolff ist folgendermaßen besetzt: Fritz Schwendemann: Herr Vollmer; F. Schwendemann: Herr Molenar; Dr. Rennert:

Herr Hertzer; Kommerzien⸗Rath Nötel: Herr Oberländer; Frau Betty Nötel: Fräulein Abich; Hermine, Leonie, beider Töchter: die Damen Hausner, von Mayburg; Mister Tobias Brooks: Herr Oberg; Miß Keddy Brooks: Frau von Hochenburger; Edrwoard T. Horthlay: Herr Keßler; Sir Reginald Putter: Herr Arndt. 1

Am Dienstag nächster Woche bringt das Neue Theater ein Schauspiel von Dreyer, betitelt „Winterschlaf“, zur ersten Aufführung.

Der Erk'sche Männer⸗Gesangverein veranstaltet morgen im Konzerthause eine Aufführung, in welcher Frau Altmann, Frau Krüger⸗Chun, Herr A. Pfitzner und die Mevyder'’sche Kapelle mit⸗ wirken werden. Der erste Theil wird aus Lieder⸗ und Orchester⸗ nummern bestehen; im zweiten Theile gelangen die „Scenen aus der Frithjofsage“ von Max Bruch zum Vortrag.

.

Der hierselbst verstorbene Rentier Simon Blad hat die Stadtgemeinde Berlin in Gemeinschaft mit den Stadtgemeinden Mainz und Bingen zu Universalerben seines, nach oberfläch⸗ licher Schätzung mindestens 1 ¼ Millionen Mark betragenden Nach⸗ lasses eingesetzt, und zwar dergestalt, daß Berlin die eine Hälfte und Mainz und Bingen die andere Hälfte erhalten sollen. Der Erblasser hat be⸗ stimmt, daß der Nachlaß zur Gründung einer Stiftung zwecks Belohnung von hervorragenden Leistungen auf dem Gebiet der Kunst, der Wissenschaft und des Handwerks verwendet werden soll.

Die zehn Berliner Unfallstationen wurden im Monat Februar in 1133, also täglich in 40 Fällen für erste Hilfe in An⸗ spruch genommen, und zwar 1012 mal bei Unfällen und 121 mal bei plötzlichen Erkrankungen. In den Stationen wurden 1052 außerhalb derselben 81 Personen behandelt.

Kattowitz, 5. März. „W. T. B.“ meldet: Der Brand in der Kleophasgrube (vgl. Nr. 56 d. Bl.) dauert noch an. Die Leiter und Belegschaften benachbarter Gruben sind zur Hilfeleistung gekommen. Die Baulichkeiten über Tage sind vom Feuer nicht er⸗ griffen. Der Betrieb der Grube ist voraussichtlich auf Monate hinaus gestört. Bis heute früh sind einundsiebenzig Leichen geborgen worden, darunter die von vier Rettungsmannschaften. Das Verhalten der Beamten ist bewundernswürdig. Der Regierungs⸗Präsident Bitter ist hier eingetroffen. Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin haben Bericht über die Anzahl der Hinterbliebenen ein⸗ gefordert. 1“

Christiania, 4. März. Der schwedisch⸗norwegische Gesandte in St. Petersburg von Reuterskjöld theilt telegraphisch eine Unterredung mit Baron Toll anläßlich der aus Irkutsk eingetroffenen Depesche über Nansen mit. Baron Toll finde, daß das in der De⸗ pesche angegebene Datum vom 20. November die Wahrscheinlichkeit des Gerüchts vermindere, da Nansen und dessen Gefährten gleichzeitig auf dem Festland eingetroffen sein müßten, und in diesem Fall schon längst direkte Nachrichten eingetrofften wären. Die Mittheilung Kuchnarew's scheine zu unsicher und positiver Grundlage entbehrend.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Wien, 5. März. (W. T. B.) Aus Konstantinopel wird gemeldet: In einem Ort des Vilajets Angora sind zwei Armenier getödtet worden. Im Distrikt von Gentich, im Vilajet Bitlis, haben Gewaltthätigkeiten der Kurden gegen die Armenier, welche früher Mohamedaner waren und zum Christenthum sind, stattgefunden. Auch aus anderen Orten werden Gewaltthätigkeiten gemeldet.

Peking, 4. März. (Meldung des „Reuter’'schen Bureaus“.) Der Vize⸗König Li⸗Hung⸗Tschang und die Mitglieder der Gesandtschaft d Moskau abgereist.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

und etwas kältere Zum

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Benno Jacobson.

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Königliche Schauspiele. 60. Vorstellung. Der Vampyr. tische Oper in 3 Aufzügen von Heinrich Marschner. Text von Wohlbrück. In Scene gesetzt vom Ober⸗ Regisseur Tetzlaff. . (Lord Ruthwen: Herr Theodor Reichmann, K. u. K. Kammersänger, von der Hofoper in Wien, Anfang 7 ½ Uhr. 28

Schauspielhaus. 66. Vorstellung. Sonder⸗Abonne⸗ 10. Vorstellung. 5 Aufzügen von Otto von der Pfordten. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube.

Sonnabend: Opernhaus. 61. Vorstellung. Nürnberger Puppe. von A. Adam. Deutsch von Ernst Pasqué. Laurin.

Theater.

Lautenburg. Freitag: Opern⸗

Roman⸗

Freitag: bearbeitet von Benno Jacobson.

1 hafen. Dirigent: Kapellmeister Wein⸗

Freitag: Mit großartiger Kostümen,

moer. 1812. Schauspiel in Hungerleider. Anfang

Die Komische Oper in 1 Akt

Text von Leuven und A. von Herr Kapellmeister Winns.

ersten Male: 8. Berliner Schauspiel in 5 Aufzügen von

Residenz⸗Theater. Dircektion: Sigmund Hotel zum Freihafen. (L'Hötel du Libre Eehange.) Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau, übersetzt und Anfang 7 ½ Uhr. Sonnabend und folgende Tage: Hotel zum Frei⸗

Friedrich⸗-Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25 26.

Ausstattung an Dekorationen und Requisiten: Der Ausstattungs⸗Komödie mit Gesang und Ballet in 10 Bildern von Julius Keller und Louis Herrmann, mit theilweiser Benutzung einer Idee des Mark Twain. Musik von Louis Roth. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: 1 Anfang 7 ½ Uhr. Sonnabend: Der Hungerleider.

Bentral⸗Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Freitag: Emil Thomas a. G. Eine tolle Nacht. Große Ausstattungsposse mit Gesang und Tanz in 5 Bildern von Wilh. Mannstädt und Julius Freund. Musik von Julius Einödshofer. In Scene gesetzt vom Direktor Richard Schult. Die Tanz⸗Arrangements vom Balletmeister Gund⸗ lach. Anfang 7 ½ Uhr. Sonnabend und folgende Tage: Eine tolle Nacht.

Fräulein

Konzerte.

Ronzert⸗-Haus. Freitag: Konzert des Erk⸗ schen Männer⸗Gesang⸗Vereins. Dirigent: Th. Hauptstein.

Birkus Renz. Karlstraße. Freitag, Anfang präzise Abends 7 ½ Uhr: Novität! Lustige Blätter! Novität! Eigens vom Direktor Franz Renz und dem Großherzoglich hessischen Hof⸗Balletmeister August Siems für Berlin komponierte, mit gänzlich neuen technischen Apparaten und Beleuchtungs⸗ Einrichtungen inscenierte Original⸗Vorstellung in 2 Abtheilungen mit den Ausstattungs⸗Diver⸗

ind gestern zu den Krönungsfeierlichkeiten nach

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1) Früh Schnee. ²) Gestern und Nachts Regen, gestern Gewitter. ³) Reif. ⁴) Nachts Regen. *) Gestern Regen. ⁸) Nachts Regen. ⁷) Gestern Regen. ⁴) Früh Reif. ³) Nachts Regen.

Uebersicht der Witterung.

Ein tiefes barometrisches Minimum liegt über der norwegischen See, einen Ausläufer nach der deutschen Nordsee entsendend. Ueber den Britischen Inseln ist bei frischen westlichen und nordwestlichen Winden das Barometer stark gestiegen, sodaß Aus⸗ breitung der westlichen und nordwestlichen Luft⸗ strömung zunächst über Westdeutschland wahrschein⸗ lich ist. Eine Depression ist jenseits der Alpen in der Entwickelung begriffen. In Deutschland ist das Wetter trübe und ziemlich mild, bei meist südlicher Luftströmung; fast überall ist Regen gefallen. Ham⸗ burg und Cassel hatten gestern Nachmittag Gewitter, Magdeburg Hagelschauer.

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Phantastisches Ballet in 3 Aufzügen (6 Bildern), nach einer Dichtung Emil Taubert's, von Emil . Musik von Moritz Moszkowski. Anfang r.

*Schauspielhaus. 67. Vorstellung. Zum ersten Male: Die Höllenbrücke. Schwank in 3 Aufzügen von Richard Jaffé und Wilhelm Wolff. In Scene geseßt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 ½ Uhr. 8

Deutsches Theater. Freitag: Don Carlos. Anfang 7 ½ Uhr. .

Sonnabend: Zum ersten Male: Die junge Frau Arneck. Lustspiel von Hugo Lubliner.

Sonntag, Nachmittags 2 ½ Uhr: Die Weber. Abends 7 ½ Uhr: Zum ersten Male wiederholt: Die junge Frau Arneck. 8 8 8

Berliner Theater. Freitag (25. Abonnements⸗ Vorstellung): Zum ersten Male: Freund Fritz. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonnabend: König Heinrich.

Sonntag, Nachmittags 2 ½ Uhr: Der Pfarrer von Kirchfeld. Abends 7 ½ Uhr: König Heinrich. L“

Lessing ⸗Theater. Guckerl. Anfang 7 ½ Uhr. Sonnabend: Comtesse Guckerl.

Freitag: Comtesse

volksthüm⸗

Der Erbförster. Otto Ludwig.

spiel.

Julius Fritzsche. Freitag: Petterson⸗Norrie. Die schöne Helena. Komische Operette in 3 Akten von Meilhac und Halövy, deutsch von Julius Hopp. Offenbach. Dirigent: mann. vom Balletmeister J. Reisinger.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr:

Ganz Westrußland ist

lichen Preisen: Der Pfarrer von feld.

Ueues Theater. Schiffbauerdamm 4 a./5. Freitag: Baumeister⸗Gastspiel. Fünfter Abend: Trauerspiel in 5 Akten von Anfang 7 ½ Uhr. Sonnabend und Sonntag: Baumeister⸗Gast⸗ Haus Lange. I1

Theater Unter den Linden. Direktion: Gastspiel der Frau

Musik von Jacques Herr Kapellmeister Feder⸗ Divertissement, arrangiert Anfang 7 ½ Uhr

Sonnabend: Neu in Scene gesetzt: Columbia.

Hierauf:

Ausstattungs⸗Ballet in 4 Abtheilungen von H. Regel. Musik von Josef Bayer. Der choreographische Theil von J. Haßreiter. Insceniert vom Balletmeister

J. Reisinger.

Adolph Ernst⸗Theater. Freitag: Char⸗ ley’s Tante. Schwank in 3 Akten von Thomas Brandon. Repertoirestück des Globe⸗Theaters in London. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. Vorher: Die Bajazzi. Parodistische Posse mit Gesang und Tanz in 1 Akt von Ed. Jacobson und Senn Jacobson. Musik von F. Roth 7 ½ Uhr.

258 Weltstadtbilder! Anfang präzise Abends 7 ’8

LE Anfang präzise 7 ½ Uhr: Novität! Lustige Blätter! Novität!

Sonntag, den 8. März: Zwei Vorstellungen: Nachmittags 4 Uhr (ermäßigte Preise und 1 Kind unter 10 Jahren frei): 1870/71. Abends 7 ½ Uhr: Novität! Lustige Blätter! Novität!

Familien⸗Nachrichten.

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Lieut. Mathieu (Görlitz). Hrn. Bergwerks⸗Direktor, Berg⸗Assessor a. d. Lüthgen (Herne). Eine Tochter: . Staatsanwalt Dr. Keil (Breslau).

Gestorben: Hrn. Hauptmann Frhrn. von Gregory I. Sohn Friedel (Oldenburg i. Gr.). Hr. Ritter⸗ gutsbesitzer Hans Wolf von Schönberg (Dresden). Fr. Professor Julie Dehn (Berlin). Hrn. ö“ Tochter Senta (Berlin). Hedwig Gräfin von Rittberg (Berlin).

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sieben Beilagen

Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.

(einschließlich Börsen⸗Beilage).

eichs⸗Anzeiger und Königlich Preufischen

Berlin, Donnerstag, den 5. März

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taats⸗Anzeiger.

Deutscher Reichstag. 51. Sitzung vom 4. März 1896, 1 Uhr.

DSTcdagesordnung: Fortsetzung der ersten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Zuckersteuer.

Abg. Götz v. Olenhusen (Zentr.): Der Minister hat einen warmen Appell an alle diejenigen gerichtet, welche der Landwirth⸗ schaft, der durch den Antrag Kanitz nicht geholfen werden konnte, helfen wollen, auf diesem Wege Hilfe zu bringen. Wir sind bereit, auf den Boden der Vorlage zu treten, damit die Zuckerfabriken, mit deren Bestand die Landwirthe rechnen müssen, erhalten werden. Wir betrachten die Vorlage als ein Kampfgesetz gegenüber einem un⸗ haltbaren Zustand. Das Steigen der Preise hängt zusammen nicht mit dem Rückgang des Rübenbaues, sondern nur mit dem Fehlen des cubanischen Zuckers. Wenn die Vorlage zu Fall kommen sollte, so werden die Preise wieder erheblich fallen. Die billigen Zuckerpreise sind entstanden durch die deutsche Zuckerindustrie, welche kräftig enug war, sich auszudehnen, trotz der ausländischen Konkurrenz. Wenn die Zuckerindustrie Deutschlands einmal ruiniert sein wird, dann werden die Preise noch ganz anders steigen. Ich bin ein großer Freund der Materialsteuer gewesen, sie hat den Export gefördert. Redner verweist auf eine Zuckerfabrik in seinem Wahl⸗ kreise, und zwar in dem katholischen Theile desselben, welche in Gefahr schwebe. Die Bevölkerung des Kreises bestehe zum theil aus Hausierern, zum theil aus Tabackarbeitern und aus Landarbeitern. Wenn das Zentrum den Hausierhandel beschränke, wenn die Taback⸗ fabrikatsteuer die Tabackindustrie bedrohe, so müsse wenigstens der Landwirthschaft geholfen werden dadurch, daß die Prämie für den Zucker⸗ export aufrecht erhalten werde. Dann komme es wirklich nicht darauf an, ob die eine oder andere Fabrik etwas mehr oder weniger Prämie erhalte. Redner weist auf die Petition des hannoverschen landwirthschaftlichen Zentralvereins hin und empfiehlt die Annnahme der Vorlage als Landwirth, nicht als Mitglied des Bundes der Land⸗ wirthe, dessen Agitation ihm oft gefährlich erschienen sei. Die Land⸗ wirthe in Braunschweig und Hannover, fährt er dann fort, stehen nicht auf dem Boden dieser Agitation, die nicht nach deutscher Art ist, tootzdem das Organ des Bundes die Devise an der Stirn trägt: Für Kaiser und Reich, für deutsche Art, für deutsche Arbeit in Stadt und Land. Trotz aller Artistenkunststücke kann ich die Agitation des Bundes nicht billigen, weil sie der Landwirthschaft nicht nützt. Ich hoffe, daß die Vorlage die Seefen ghnn des Hauses finden wird. Abg. Dr. Paasche (nl.): Die Bedeutung der Zuckerindustrie für die Landwirthschaft darzulegen, ist wohl nicht nothwendig; es ist eigentlich nur nöthig, einige Einwendungen zu machen. Ich will mich mit der Person des Herrn Richter nicht beschäftigen. Ich werde mich im allgemeinen an die schärfere Tonart halten, die durch Herrn Bock zum Ausdruck gekommen ist. Es ist nicht wahr, daß es sich nur um ein einziges Jahr des Rückganges handelt, son⸗ dern um einen dauernden Rückgang handelt es sich. Ich habe die Ergebnisse von einer ganzen Reihe von Zuckerfabriken, welche das beweisen. (Zuruf des Abg. Richter: Vorlegen ¹ Ich kann doch die mir diskret anvertrauten Zahlen nicht hier offen bekannt machen. Die Zuckerpreise sind erheblich zurückgegangen (Redner giebt die Zahlen bis 1894). Daß die Preise jetzt hoch sind, das weiß ich; das bestreite ich auch nicht. Der Minister hatte vollständig recht, wenn er Herrn Richter das Verständniß für landwirthschaftliche Dinge bestritt. (Zuruf des Abg. Richter: Aber Sie haben es!) Ja, als gelernter Landwirth habe ich das Verständniß. Die Preise des Secehe sind niedrig, und wenn sie etwas höhere geworden sind, so ist das den Betheiligten wohl zu gönnen. Die Melasse ist nahezu werthlos geworden. Darauf ist die Gesetzgebung nicht ohne Einfluß ewesen. (Zuruf links: Die Gesetzgebung haben Sie selber gemacht!) Hie Prämien haben die Konkurrenz auf dem Weltmarkt aufrecht nicht von der Belastung des armen Mannes sprechen. Das kann man als ehrsamer Schuhmacher⸗ meister wohl leicht ausrechnen, aber mit der Wirklichkeit hat das nichts zu thun. Beim Entstehen der Zuckerindustrie mußte der Zucker in großen Massen exportiert werden; es wurde damals keine Prämie gezahlt und trotzdem war der Zucker so theuer, daß er nicht ein Nahrungsmittel für den armen Mann, sondern ein Luxusartikel für den Reichen war. Die Prämien haben die Ueberproduktion ge⸗ chafken und damit den Zucker verbilligt für den armen Mann. Vor 25 Jahren war die Industrie noch nicht in der Lage, den Zucker⸗ bedarf zu decken. Da kamen die technischen Fortschritte der Diffusion, der Melasseentzuckerung u. s. w., welche Steuervortheile mit sich brachten, und die deutsche Zuckerindustrie konnte exportieren. Die Preise wurden so billig, daß das Pfund feinste Raffinade heute unverzollt billiger ist als Roggenmehl. (Zuruf: Ohne Prämien würden die Preise noch billiger sein.) „Das ist nicht wahr! Wenn die Prämien aufhören, dann würde die Produktion in ihre natürlichen Grenzeu zurückkehren, d. h. nur den einheimischen Bedarf decken und damit würden die Preise steigen und eine große Industrie würde zerstört. Die Prä⸗ mien sind bis auf den letzten Pfennig den Konsumenten zu gute gekommen. Das paßt in Ihr (linke A⸗B⸗C⸗Buch nicht hinein, deshalb bestreiten Sie das. Wer behauptet, daß die Liebesgaben an die Branntweinbrenner aus der Tasche des armen Mannes gezahlt seien, der muß die Preisentwickelung nicht kennen, denn der Spirituspreis ist vor der Branntweinsteuer höher gewesen als nach derselben. Wenn eine Liebesgabe bestände, dann würde sie nur ein Ersatz sein für eine vom Staat erzwungene Einschränkung der Produktion. Die Prämien kommen nicht immer den Produzenten zu gute, sondern drücken die Weltmarktpreise (Zuruf: Dann nützen sie nichts!); dann drücken sie aber auch den armen Mann nicht. Weshalb ängstigt man sich in Frankreich und Oesterreich um unsere Prämie? Doch nur, weil sie den Weltmarktpreis drücken wird. (Zuruf: Erhöhung der Ver⸗ brauchsabgabe um 6 ℳ!) Die kommt auf der anderen Seite. Halten Sie mich denn für einen so schlechten Rechenmeister? Ich will Ihnen ja nur vorrechnen, daß Sie falsch gerechnet haben, daß Sie etwas abstreichen müssen von der berechneten Belastung. Deutschland soll die Prämienwirthschaft nicht so lange aushalten können wie Frank⸗ reich. Da kennt man die französische Gesetzgebung schlecht; denn in Frankreich giebt es keine Exportprämie, sondern eine Fabrikations⸗ prämie, welche dem gesammten produzierten Zucker, auch dem Kolonial⸗ zucker zu gute kommt. Frankreich wird sich also wohl besinnen, ehe es die Prämien erhöht, die sich jetzt auf 7,18 berechnen und den Produzenten besser zu gute kommen als bei uns, wo die Prämie nur im Inlandspreise steckt. Derjenige, der den billigsten Preis stellt, be⸗ stimmt die Höhe des Preises. Sie werden mir diese ökonomische Lehre nicht ausreden. Die Raffinadeure sind gezwungen, den billigen Preisen der Melasseentzuckerer sich anzubequemen. (Widerspruch des Abg. De. Barth.) Herr Barth hat früher im praktischen Leben gestanden und hätte sich dasselbe wohl besser ansehen können. Daß wir niemals zu einer Beseitigung der Prämien kommen werden, wenn wir allein unsere Prämien aufheben, darin stimme ich den Vertretern der Re⸗ gierung zu. Man spricht von einer ungesunden Ausdehnung der In⸗ dustrie, aber nur bei der Zuckerindustrie; wenn die Eisenindustrie oder eine andere Industrie sich ausdehnt, trotzsdem hin und wieder eine Krisis eintritt, so spricht man von einem technischen Fortschritt. Aber bezüglich der Zuckerindustrie sagt man: warum dehnen die thö⸗ richten Landwirthe diese Industrie so aus; mögen sie sich selbst helfen. Lerr Richter wollte einen Zwiespalt zwischen Süden und Norden, Osten und Westen konstruieren. Es ist ihm nicht gelungen. Noch

erhalten; da kann man

unrichtiger ist die Konstruktion eines Gegensatzes zwischen Fabrikanten und Rübenbauern. In einzelnen Fällen mag ein Mißbrauch vorgekommen sein, aber im allgemeinen ist fast niemand weiter an den Zuckerfabriken betheiligt als die Aktien⸗ und Kaufrübenbauer; dem Kapital fällt gar kein Gewinn zu. Man hat es geleugnet, daß die Preise durch spekulative Thätigkeit gesteigert sind. Im Februar 1896 war ein Weltvorrath von Zucker vorhanden von 2 800 000 t, 1895 von nur 2 500 000 t, 1894 von nur 1 800 000 t und 1893 von nur 1 600 000 t, also jetzt 1 000 000 t mehr als in normalen Jahren. Was will dagegen der Ausfall in Cuba von 700 000 t bedeuten? Dieser Ausfall kann auch noch verschwinden; denn die Ankünfte in den cubanischen Häfen sind durchaus nicht so klein. (Zuruf rechts: 20 000 t im Januar.) Wenn bei diesen Ver⸗ hältnissen die Preise steigen, so muß das einen anderen Grund haben. Ob die Vorlage unverändert angenommen werden kann, ist allerdings zweifelhaft. Wenn das Kontingent erhöht wird auf den normalen Stand, dann wird keine Einschränkung des Anbaus eintreten; damit würden die Bedenken des Ostens beseitigt werden. Eine Er⸗ mäßigung der Verbrauchsabgabe und der Prämie wird ja wohl nach der Stellungnahme des üüüe. eintreten müssen. Ich wünsche, daß die Kommission das Gesetz zu stande bringen möge, und zwar mög⸗ lichst schnell; denn die Fabriken zögern, ihre Kontrakte abzuschließen. Deshalb sollte die Kommission rasch arbeiten und ein Gesetz zu stande bringen, welches wirklich helfen kann.

Abg. von Komierowski (Pole): Ich bin gegen das Gesetz. Im Osten sind die Zuckerfabriken erst in den letzten Jahren entstanden, weil der Körnerbau nicht mehr lohnend war. Die Fabriken mußten in großartigstem Maßstab angelegt werden, um über die finanziellen Schwierigkeiten hinweg zu kommen. Für die Fabriken mußten meist erst Eisenbahnen und Chausseen gebaut werden, um die Rüben und den Zucker zu⸗- und abzufahren. Die Betriebe des Ostens würden durch die Betriebssteuer ihre ganzen Prämien wieder verlieren. Jetzt hat sich die Landwirthschaft auf den Rübenbau eingerichtet, und nun soll alles wieder umgestürzt werden. Wir wollen uns der Kommissions⸗ berathung nicht entziehen, aber wir haben wenig Hoffnung, daß etwas Brauchbares zu stande kommen wird.

Abg. Meyer⸗Danzig (Rp.): Meine Freunde werden die Vor⸗ lage unterstützen, wie sie alles thun wollen, was für die Landwirth⸗ schaft und namentlich für die Zuckerindustrie Nutzen bringen kann. Die Belastung des Verbrauchs wird als eine unerträgliche dargestellt. Aber gerade die geschützte Industrie hat die billigen Preise erst zu Wege gebracht. Das hat Herr Paasche recht deutlich klar gemacht. Die Wichtigkeit der Erhaltung des Exports ist vom Grafen Bismarck schon richtig betont. Bedauerlich war es, daß Herr Richter von dem Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium und dem Landwirthschaftsrath, den obersten Korporationen der deutschen Landwirthschaft, sagte, sie machten Schaustellungen für die Vorlage. Schaustellungen haben sie nicht gemacht; sie haben der Landwirthschaft ihre Arbeitskraft hrge was Herr Richter aber für die Landwirthschaft geleistet at, ist mir noch nicht bekannt. Wenn wir erst die Landwirthschafts⸗ kammern haben, dann werden diese hoffentlich mit ihren Beschlüssen ebenso viel Eindruck machen wie die Handelskammern. Meine Freunde halten eine Kontingentbemessung auf 17 Millionen Doppel⸗ zentner mindestens für nothwendig; ein Kontingent von nur 14 Millionen würde eine Zurückschraubun unserer Industrie sein. Die Fabriken 9 b. dazu über, den Rübenbauern Grundpreise zu gewähren von 0 bis 75 ₰, und die Preise werden erst gesteigert nach den Zuckerpreisen, die sie erzielen. Also ist die Vorlage eine Hilfe für die Landwirthschaft in erster Linie, nicht für die Fabriken. Daß die Zuckerfabrik⸗Aktien über pari stehen, ist selbstverstäͤndlich; denn es werden ja nur die Aktien der besten Fabriken an der Börse gehandelt. Freunde und Bekannte haben mich gebeten, Herrn Richter ihre Aktien an Zuckerfabriken zu 40 % zur Verfügung zu stellen; er kann also ein gutes Geschäft damit machen. Die edenr ernig begann mit dem Bekanntwerden der cubanischen Ernte und wurde beeinflußt durch die Vorlage, mit deren Zustandekommen die Spekulation natürlich rechnet. Aber für die Dauer der ganzen Kampagne wird der höhere Preis nicht gelten. Kommt die 89 zum Ausdruck im Weltmarkt⸗ preise, so haben wir einen höberen Preis; geschieht das nicht, so werden die Konkurrenten beeinträchtigt und schränken ihre Produktion ein. Ohne Kontingent können wir die Prämie nicht erhöhen, ohne eine ungemessene Ausdehnung der Industrie herbeizuführen. Wir wünschen ferner, daß wir zur Abschaffung der Prämien kommen mögen, natürlich nur pari passu mit anderen Staaten. Wir wün⸗ schen ferner, daß bei Ermäßigung der auch die Konsum⸗ abgabe ermäßigt wird. In anderen Punkten gehen unsere An⸗ schauungen auseinander. Wir hoffen aber zu einer annehmbaren Vereinigung zu kommen. Eine Prämie von 4 halten wir für unbedingt nothwendig für die Möglichkeit des internationalen Wett⸗ bewerbs. Wir werden eifrig in der Kommission arbeiten, um die Vorlage zu stande zu bringen.

Miinister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammer⸗ stein:

Meine Herren! Herr Goetz von Olenhusen hat vorhin mit⸗ getheilt, daß in einem verhältnißmäßig kleinen Bezirke zwei land⸗ wirthschaftliche Fabriken zu Grunde gegangen sind.

Ich habe gestern, um zu beweisen, welch große Kapitalien durch das Zugrundegehen solcher Fabriken verloren werden, auf ein Beispiel hingewiesen, wo ich ausführte, daß eine Fabrik, die 600 000 ge⸗ kostet habe, zwei Jahre im Betriebe gewesen sei, dann für 75 000 verkauft sei. Inzwischen ist mir noch ein drastischeres Beispiel zu Händen gekommen. Die Fabrik Tapiau in Ostpreußen koftete im Neubau 1 200 000 Dazu kam eine Anlage, die 200 000 kostete für eine Raffinerie. Die ganze Fabrikanlage kostete also 1 400 000 Es ist das diejenige Zahl, die ich für die größeren Fabriken als den Erbauungspreis gestern angegeben habe. Die ist vor zwei Jahren verkauft für einen Kaufpreis von 300 000 ℳ, also an dieser einen Fabrik ist ein Verlust von 1 200 000 eingetreten.

Ich habe dann in den gestrigen Darlegungen und der Herr Abg. Richter sagte, es sei das der rothe Faden meiner Darlegungen gewesen stets betont: ich glaube, daß der allergrößte Werth darauf zu legen sei, daß die Rübenindustrie als eine landwirthschaft⸗ liche Industrie erhalten werde. Meine Herren, in Oesterreich⸗Ungarn das ist Ihnen schon länger bekannt gewesen hat sich eine andere Entwickelung vollzogen. Dort ist die Rübenindustrie im wesentlichen, soviel mir bekannt ist, eine kapitalistische. Heute Morgen ist mir vom Auswärtigen Ministerium ein Ausschnitt aus dem „Pester Lloyd“ mit⸗ getheilt. Dieser behandelt die ungarische Landwirthschaft im Jahre 1895, und aus diesen Mittheilungen glaube ich eine kurze Darlegung, welche ich für von großem Interesse halte, hier vorlesen zu dürfen. Es heißt dort:

Vor nicht langer Zeit haben die Landwirthe des Neutraer Komitats ein umfangreiches Memorandum der Regierung und dem

Abgeordnetenhause überreicht, in welchem sie gegen das Kartell der

Zackerindustriellen Repressivmaßregeln verlangen. In Anbetrach der wichtigen Stellung, welche die Zuckerindustrie und Zuckerrüber⸗ produktion in unserer nationalen Wirthschaft einnehmen, halten wir es für unumgänglich nothwendig, daß die zwischen den In⸗ dustriellen und Produzenten eingetretenen Friktionen je eher beseitigt werden. 8

Friktionen zwischen Industriellen und Rübenbauern sind dort, wo die Rübenbauer auch Aktionäre der Fabriken sind, ausgeschlossen, und man sieht wieder hieraus, wie gefährlich es ist, wenn die Verbindung der Rübenindustrie mit der Landwirthschaft aufhören und sich eine kapita⸗ listische Ausbildung der Industrie herausstellen und welche Gefahren das für unsere Landwirthschaft herbeiführen würde. (Sehr richtig rechts.)

Meine Herren, auf die Debatte und die Darlegung der heutige Herren Redner weiter einzugehen, halte ich nicht für nothwendig. An die Herren von der polnischen Fraktion möchte ich aber die Bitt richten und ich habe auch geglaubt, annehmen zu sollen, daß diese Bitte gewährt wird —, an den Verhandlungen in der Kommission theilzunehmen und zu den Verhandlungen eine möglichst objektive Stellung einzunehmen und zu prüfen, ob nicht doch die Anschauung die richtigere ist, daß im Grunde die Interessen der östlichen Industri mit denen der mitteldeutschen und der westlichen identisch sind. Mein Herren, ich warne davor, auf diesem Gebiet eine Interessen⸗ theilung, die sachlich nach meiner Meinung nicht begründet ist, herbeizuführen. Ich möchte dabei an die Geschichte von den beiden Löwen erinnern, die sich gegenseitig aufgefressen haben und wo schließlich nichts weiter als die beiden Wedel übrig geblieben ist. (Heiterkeit.) Das wäre ein bedauerlicher Vorgang, wenn darüber die Herren Interessenten unter sich, weil der eine glaubt, be der gegenwärtigen Sachlage etwas günstiger gestellt zu sein, es länger aushalten zu können, und sich deshalb ablehnend gegen eine solche Gesetzgebung verhält, auseinandergehen. Im günstigsten Falle kann dann eintreten, daß die günstiger Gestellten etwas länger leben. Aber schließlich folgt nach ihnen der Untergang auf dem Fuße nach, und so gebe ich mich der Hoffnung hin, daß alle di jenigen, die sich für die Landwirthschaft hier in Deutschland inter⸗ essieren, objektiv an die Verhandlungen in der Kommission heran⸗ treten. Dann ist meine persönliche Ueberzeugung die, daß es gelingen wird, in der Kommissionsberathung eine durchaus alle Interessen, soweit das möglich ist, berücksichtigende Konstellation der Vorlage herbeizuführen, die denn auch von der Staatsregierung angenommen wird. (Bravo!)

Abg. Dr. Barth (fr. Vg.): Als der Staatssekretair die Ver⸗ handlungen eröffnete mit der Bemerkung, er werde sich anatomischer Ruhe befleißigen, sah ich darin ein günstiges Omen. Da Anatomen sch nur mit Leichen beschäftigen, so sah ich die Vorlage als eine

eiche an. Gestern hielt er aber die Vorlage wieder für sehr lebendig; er gab sogar seine Ruhe auf und wandte sich gegen die schlechten Menschen, die von dem Schutz der nationalen Arbeit nichts wissen wollen. Von dem Schutz der nationalen Arbeit haben namentlich die Agrarier profitiert, aber niemals ist so viel gejammert worden, wie gerade jetzt, wo das Schutzzollsystem herrscht. In Eng⸗ land klagt man nicht so viel als bei uns; es sind dort wie hier haupt⸗ sächlich die Großgrundbesitzer, welche auf die Pachtrente angewiesen sind. Das sind einflußreiche Leute, die der jetzigen englischen Re⸗ gierung sehr nahe stehen. Da ist denn eine Deputation empfangen worden, und Lord Salisbury hat ihnen einige böö Worte gesagt, aber er hat bedauert, daß er ihnen nicht helfen könne. Das möchte ich unseren Ministern auch empfehlen. Unsere Minister erklären aber immer: Wir wollen auch helfen, soweit es in unseren Kräften steht. Im Parlament hat Lord Salisbury jede Protektion für die Landwirthschaft aber weit von sich gewiesen. Es steht mit der Landwirthschaft in England gar nicht so schlecht, die landwirthschaftliche Produktion steht der deutschen ziemlich gleich. (Redner verweist auf die Angaben in Statesman's Yearbook.) Die Zuckerproduzenten sollen günstigere Preise erzielen. Bietet denn aber die Entwickelung der Preis Veranlassung, mit einem so wuchtigen Mittel einzugreifen? Ein Preisrückgang hat statt⸗ gefunden; aber die jetzigen Preise entsprechen schon wieder den Preisen vor der Krisis. Die Behauptung des Staatssekretärs, daß die Speku⸗ lation die Preise beeinflußt habe, hat nicht an sich unsere Heiterkeit hervorgerufen, sondern nur in dem Zusammenhang, daß die Speku⸗ lanten die Preistreibereien veranstaltet haben sollen, um die Vorlage zu Falle zu bringen. Glaubt der Staatssekretär wirklich, daß die Spekulanten wirklich mit Absicht Geld verlieren wollen? Das würde doch aber der Fall sein, wenn sie das Fe des Gesetzes herbeiführen wollen und trotzdem höhere Preise machen. Die Vorgänge in Cuba sind ein wahres Glück für die deutschen übenproduzenten, weil dadurch gegenüber der Ueber⸗ produktion wieder normale Zustände geschaffen wurden. Herr Paasche hat bestritten, daß die Prämie den Zucker vertheuern wird. Wenn allerdings die Weltmarktpreise um die Prämie gedrückt werden, dann verliert sie n preissteigernde Wirkung im Inlande, dann haben aber auch die Produzenten gar keinen Vortzeil von der Prämie. Die Konsumenten zahlen keinen höheren Preis, aber die Steuerzahler müssen die Prämien aufbringen und die ausländischen Konsumenten haben den Vortheil der billigen Prell⸗ Ist es nicht ein wahrer Ab⸗ deritenstreich, für einen solchen Zweck überhaupt eine Vorlage ein⸗ zubringen! Die einzige Entschädigung ist, daß diese Wirkung nicht erwartet wird, daß man vielmehr eine Steigerung der Preise erhofft und zwar durch die Kontingentierung. Diese hat den Zweck, das Angebot auf dem Weltmarkt zu beschränken. Aber wenn das deutsche Angebot beschränkt wird, dann werden die anderen Konkurrenten e recht vorgehen, es wird die Produktion erweitert werden, in Frankrei z. B., und die Preise werden erst recht gedrückt auf dem Welt⸗ markt, während durch die Steigerung der Verbrauchsabgabe der in⸗ ländische Konsum Deutschlands vermindert wird. Die perniziöse Wirkung der Vorlage wird für die Konsumenten lange nicht so groß sein, wie für die Zuckerindustrie selbst. Die Stellungnahme des Zentrums entspricht durchaus dem, was der Abg. Orterer im bayerischen Landtag bereits im Dezember 1894 ausführte, als er von der Mittellinie sprach, die man suchen müsse. Will man einer kleinen Prämienerhöhung wegen die Gefahr der Kontingentierung auf sich nehmen? Lohnt es sich deshalb, die Zuckerproduzenten und die ganze Bevölkerung zu belästigen? Es ist nicht richtig, daß der⸗ jenige, der am billigsten produziert, die Preise bestimmt; sondern jeder nimmt, so viel er bekommen kann. Die Nachfrage entscheidet den Preis auf dem Weltmarkt, wie auf dem offenen Markt. Das sind die Anfangsgründe der Volkswirthschaft. Bei dieser zweifel⸗ haften Wirkung der Vorlage muß der Reichstag prüfen, ob er dem

Volk eine Belastung mit 50 Millionen Mark auferlegen kann. Ich lehne die Verantwortung für einen solchen Zweck durchweg ab. *

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