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Aushalten, An⸗ und Abschwellen der Töne in Liedern von Löwengard, Spohr und Petri. Der Pianist, ein Schüler des Professors Jedliczka, trug Vaciationen von Kiel, die Sonata quasi Fantasia von Beethoven (Es-dur, op. 27) und einige moderne Stücke von Scharwenka, E. E.
aubert, Brahms und Chopin vor, in denen er seine sorgfältig ge⸗ schte Technik und eindringliche Auffassung zur Geltung brachte,
hrend freilich mitunter etwas mehr Belebtheit und Wärme der
8 Empfiadung zu wünschen blieb. Beiden Vortragenden wurde Beifall zu theil.
Im Königlichen Opernhause gelangten morgen Adam’s komische Oper „Die Nürnberger Puppe“ (Herr Bulß, Fräulein
Dietrich) unter Kapellmeister Dr. Muck's Leitung, und das Ballet
„Laurin“ zur Aufführung. — Herr Theodor Reichmann eröffnet sein Gast⸗
spiel in Wilhelm Kienzl's musikalischem Schauspiel⸗ Der Evangelimann.
Die geplante Aufführung von arschner's „Vampyr“ mußte ver⸗
sccoben werden, da Fräulein Hiedler, die kürzlich erkrankte, noch
immer nicht völlig genesen ist. Die Künstlerin konnte auch aus diesem Grunde im letzten Lof⸗Konzert. zu dem sie befohlen war, nicht mit⸗ irken. g Im Königlichen Schauspielhause findet morgen die erste Aufführung des Schwankes „Die Höllenbrücke“ von Richard Jaffé und Wilhelm Wolff staͤtt, in Scene gesetzt vom Ober⸗ Regisseur Grube; dekorative Einrichtung vom Ober⸗ Inspektor Brandt. Die neue Dekoration im zweiten Aufzug „Schutzhütte in der Schneeregion“ ist vom Königlichen Dekorationsmaler Quaglio emalt. “ 8 Hugo Lubliner's Lustspiel „Die junge Frau Arneck“ ist die letzte Novikät, welche das Deutsche Theater in dieser Spielzeit zur Darstellung bringt. Die Erstaufführung findet, wie schon mitgetheilt, morgen statt.
Im Lessing⸗Theater kommt das fünfaktige Berliner Schau⸗ spiel „Fräulein Tizian“ von Benno Jacobson am Sonntag zur ersten Aufführung. 28* 8
aul Heyse's Schauspiel „Hans Lange“, das als sechster Abend des Gastspiels Bernhard Baumeister's morgen im Neuen Theater in Scene gebt, ist zu diesem Zweck von der General⸗Intendantur der Königlichen Schauspiele freigegeben worden.
Im Theater Unter den Linden geht morgen das Ballet „Columbia“ neu in Scene. Den Anfang der Vorstellung macht die Offenbach'sche Operette „Die schöne Helena“ mit Frau Pettersson⸗ Norrie in der Titelrolle. Das Eastspiel der Künstlerin wurde aber⸗ mals verlängert.
Der Vorstand des „Berliner Frauen⸗Bundes“ (Vorsitzende: Frau Minister Bronsart von Schellendorf) veranstaltet zum Besten der Arbeiterinnen⸗Kolonie in Steglitz am 20. März im großen Saal des Kaiserhofes ein Konzert, dessen Ausführung mit Allerhöchster Genehmigung von Mitgliedern der König⸗ lichen Oper übernommen worden ist. Nähere Mittheilungen folgen.
Mannigfaltiges.
Glocke an folgenden Tagen geläutet wird und zwar: zum Haupt⸗ gottesdienst am Neujahrstag, Charfreitag, ersten Osterfeiertag, Himmelfahrtstag, ersten Pfingstfeiertag, Bußtag, Todtenfestsonntag und ersten Weihnachsfeiertag; ferner zum Gottesdienst am Weihnachts⸗Heilig⸗ abend und am Sylvesterabend um Mitternacht. Außerdem läutet die roße Glocke Mittags um 12 Uhr an den bedeutsamen patriotischen
edenktagen: 9. und 22. März, 1. September, desgleichen am Ge⸗ burtstage Seiner Majestät des Kaisers und Königs. Ohne die größte Glocke wird endlich noch geläutet Ftttee 12 Uhr: am 18. Januar, 2. September und 22. Oktober. In diesem Jahre wird am 22. März das volle Geläut um 10 Uhr zum Gottesdienst und nach Beendigung desselben ertönen, dagegen um 12 Uhr Mittags nicht geläutet werden.
Die Stadtverordneten nahmen in ihrer gestrigen Sitzung zunächst Kenntniß von einem Schreiben des neugewählten Stadt⸗ Bauraths Hoffmann, wonach derselbe die Wahl annimmt, aber bittet, das neue Amt erst am 1. Oktober d. J. antreten zu dürfen, da ihn der Reichsgerichtsbau noch bis dahin in Anspruch nehmen werde. Das Schreiben wurde dem Ober⸗Bürgermeister Zelle zur weiteren Ver⸗ anlassung überwiesen. — Hierauf trat die Versammlung in die Berathung der Tagesordnung ein, deren ersten Punkt die Bericht⸗ erstattung des Stadtv. Meyer I. über die fernere Behandlun der Bauplatzsteuer in dem dazu eingesetzten Ausschuß bildete. Na längerer Debatte wurde unter Ablehnung sämmtlicher anderen Vor⸗ schläge der folgende Antrag des Ausschusses angenommen: „Die Ver⸗ sammlung erkennt die Nothwendigkeit an, die Härten, welche sich bei der Veranlagung der Bauplatzsteuer ergeben haben, zu mildern, nimmt aber zur Zeit von einer Aenderung der ET“ Ab⸗ stand und ermächtigt den Magistrat, die Einziehung der veranlagten und noch zu veranlagenden Bauplatzsteuer bis längstens am 1. Januar 1897 einzustellen. — Ohne Debatte genehmigte die Versammlung ferner die Ueberweisung eines städtischen Grundstücks als Spiel⸗ und Eisplatz an die Deputation für das städtische Turn⸗ und Badewesen und nahm von einigen geschäftlichen Mittheilungen Kenntniß. — Durch Beschluß vom 20. Februar d. J. hatte die Stadtverordneten⸗Versammlung es abgelehnt, das zur Verbreiterung des Platzes am Rosenthaler Thor von dem Grundstück Elsasser⸗ straße 1 und Brunnenstraße 198 abgetretene Straßenterrain von 177 qm im Wege der Enteignung zu erwerben, und den Magistrat ersucht, mit den Besitzern des Grundstücks nochmals wegen des freihändigen Erwerbs zu unterhandeln. Diese haben ihre Forderung nunmehr von 110 000 ℳ auf 105 000 ermäßigt. Diese Offerte hält der Magistrat für eine annehmbare. Die Versammlung war der leichen Ansicht und gab ohne Debatte ihr Einverständniß zu der agistratsvorlage, für diesen Preis das Terrain zu erwerben. — Weiter erklärte sich die Versammlung mit der Annahme des vom ver⸗ storbenen Buchhändler Wilhelm Schultze (vgl. Nr. 54 d. Bl.) der städtischen Blindenanstalt vermachten Legats einverstanden und genehmigte en bloc die Etats der Ernst Oppermann⸗Stiftung und des von Scheve'schen Stiftungsfonds pro 1. April 1896/97. Ferner erklärte sich dieselbe damit einverstanden, daß in Zukunft zunächst für das Steuerjahr 1896/97 auf Antrag von Steuerpflichtigen, welche ihre Steuern durch ihr Bankhaus berichtigen wollen, dies durch Ver⸗
seine altbewährte Gönnerschaft für das Institut aufs neue bethätigt und demselben ein Paar Sikahirsche, zwei Sömmerings⸗ fasane und einen weißen Zwerghahn zum Geschenk gemacht. Die Hirsche sind trotz ihrer mäßigen Größe sehr schöne, elegante Vertreter ihres Geschl⸗ , schwarzgrau von Farbe, das Männchen mit schwarzer Nackenmähne. Anatomisch stehen sie dem Damhirsch, dessen Größe sie auch haben, am nächsten; doch erinnern sie in der Zierlichkeit der Form und Bewegungen viel mehr an unser Reh. Die Sömmeringsfasanen gehören nicht gerade zu den buntesten, aber doch zu den schönsten dieser von der Natur mit Farbenglanz so reich be⸗ dachten Vogelgattung. Er ist unserem Fasan ziemlich ähnlich, hat aber nicht einen grünen, sondern bronzebraunen Kopf und bronze⸗ glänzendes Gefieder. Der weiße Zwerghahn mit schwarzem Schwanz gehört zu dem Stamm der beliebten Bantamhühner, deren Rasse⸗ eigenthümlichkeit bekanntlich hängende Flügel und beim Hahn ein Hennenschweif bilden.
Kattowitz, 6. März. Ueber das Unglück in der Grube Kleop has (vgl. Nr. 56 und 57 d. Bl.) meldet „W. T. B.“ weiter: Der Brand dauert noch immer fort. Die Verwaltung hat sofort Anordnung getroffen, daß bis zu 50 % der monatlichen Unfallrente vorschußweise an die Hinterbliebenen gezahlt werden. Außerdem ist eine erhebliche Erhöhung der gesetzlichen Unfallrente in Aussicht genommen. erner wurden aus öffentlichen Mitteln onds gebildet, um besonderen Bedürfnissen abzuhelfen. Geheimer Berg⸗ rath Broja hat heute die Grube Kleophas befahren. Seine Majestät der Kaiser und König hat eingehenden Bericht über das Unglück gefordert. — Bis jetzt slnd 101 Leichen ans Tageslicht gefördert worden. Nach der Liste der Eingefahrenen wird noch ein Mann vermißt, doch liegt die Möglichkeit vor, daß derselbe überhaupt nicht eingefahren ist. Außerdem sind 23 Pferde erstickt. — Von allen Seiten laufen reichliche Spenden ein. Eine
Deputation der Offiziere des Infanterie⸗Regiments Keith (1. Ober⸗
schlesisches) Nr. 22 übermittelte 1000 ℳ für die Hinterbliebenen.
Leipzig, 6. Februar. Die Königliche Eisenbahn⸗Betriebs-
inspektion 2 theilt mit: Gestern früh 6 Uhr 40 Minuten ent⸗ leisten an der Abzweigung der sogenannten Thüringer Ver⸗ bindungsbahn aus der Bahnlinie Leutzsch⸗Leipzig die beiden letzten Wagen des Personenzuges 435 (Eeipzig 6 Uhr 45 Minuten) infolge Umstellung der Abzweigungs⸗ weiche unter dem fahrenden Zuge. Eine Reisende wurde mäßig schwer verletzt; die Beschädigung von Betriebsmitteln, Geleisen und Weichen ist nicht bedeutend. Die Störung des Betriebs war gegen 10 Uhr vollständig beseitigt; bis dahin wurde derselbe durch Umsteigen der Reisenden an der Unfallstelle aufrecht erhalten. 8 8
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
Ihre Kaiserlichen und Königlichen Majestäten be⸗
suchten heute die Berliner Gewerbe⸗Ausstellung 1896. Punkt eines Fußgängertunnels unter
9 Uhr fuhren Allerhöchstdieselben in Portal IX bei dem Chemiegebäude vor und besichtigten, geleitet von den Herren des Arbeitsausschusses, auf einer Wanderung von 2 ½ Stunden alle hervorragenden Baulich⸗
keiten, sowie das Alpenpanorama.
Bei den im Publikum vielfach üherreeen Wänschen, die elm⸗Gedächtnißkirche
schönen Glocken der Kaiser Wil
mittelung der Bank des Berliner Kassenvereins erfolgen könne. — Die Magistratsvorlage, betreffend die Herstellung
Eisenbahn im Zuge der Schwartzkopff⸗ und der Feldstraße, wurde 1— einem Ausschuß zur Vorberathung überwiesen; ebenso die Vorlage, begeben. Bei der Abreise wurden dem Präsidenten von der betreffend die Erwerbung einer von dem Grundstück Alte Jakob⸗ 5
straße 23 zur Straßenverbreiterung erforderlichen Fläche. — Auf di öffentliche folgte eine geheime Sitzung. 8
1 Kais ¹ z 1 Im Zoologischen Garten sind einige sehr interessante Thiere läuten zu hören, theilen wir mit, daß namentlich mit der großen aus Japan eingetroffen. Das hiesige Importhaus Rex u. Co. hat
dem Bahnkörper der Stettiner
die dargebracht.
Nizza, 6. März. (W. T. B.) Der Präsident Faure hat sich heute früh 7 Uhr mit den Ministern nach Antibes
lreich anwesenden Bevölkerung lebhafte Kundgebungen
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.) ““
WW“ 1
Wetterbericht vom 6. März, 8 Uhr Morgens.
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Stationen.
Bar. auf 0 Gr.
u. d. Meeressp Temperatur in 0o Cel
5⁰ C.
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Belmullet.. Aberdeen. Christiansund Kopenhagen. Stockholm. 747 Haparanda . 752 St. Petersburg 761 Moskau... 774
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Uebersicht der Witterung. Während das barometrische Maximum über Süd⸗
west.Europa an Höhe erheblich zugenommen hat, ist
nördlich von den Shetlands eine neue tiefe De⸗ pression erschienen, welche nordostwärts fortzuschreiten scheint. Ueber Zentral⸗Europa hat der Luftdruck allenthalben zugenommen. In Deutschland ist das Wetter andauernd feucht und mild, im Westen bei frischem südlichen und südwestlichen Winde trübe, im Osten bei schwacher südwestlicher Luftströmung wolkig; fast überall ist Regen gefallen, jedoch in geringer Menge. Im zentralen Rußland hat der Frost wieder zugenommen, Moskau meldet Minus 11 Grad. Fortdauer der bestehenden Witterung wahrscheinlich. Deutsche Seewarte.
Aönigliche Schanspiele. Sonnabend: Opern⸗ haus. 61. Vorstellung. Die Nürnberger Puppe. Komische Oper in 1 Akt von A. Adam. Te Leuven und A. von B Deutsch
von Ernst Pasqus. In Scene gesetzt vom Ober⸗ Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck. — Laurin. Phantastisches Ballet in 3 Aufzügen (6 Bildern), nach einer Dichtung Emil Taubert'’s, von Emil Graeb. Musik von Moritz Moszkowski. Dekorative Einrichtung vom Ober⸗Inspektor Brandt. Dirigent: Musikdirektor Steinmann. Anfang 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. 67. Vorstellung. Zum ersten Male: Die Höllenbrücke. Schwank in 3 Aufzügen von Richard Jaff6 und Wilhelm Wolff. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Dekorative ve vom Ober⸗Inspektor Brandt. Anfang 1 ⅔ r.
Sonntag: Opernhaus. 62. Vorstellung. Fidelio. Oper in 2 Akten von Ludwig van Beethoven. Text nach dem Französischen von Ferdinand Treitschke. Anfang 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. 68. Vorstellung. Die Höllen⸗ brücke. Schwank in 3 Aufzügen von Richard Jaffé und Wilhelm Wolff. Anfang 7 ½ Uhr.
Deutsches Theater. Sonnabend: Zum ersten Male: Die junge Frau Arneck. Lustspiel von r. Lubliner. Anfang 7 ½ Uhr.
onntag, Nachmittags 2 ½ Uhr: Die Weber. — Abends 7 ½ Uhr: Zum ersten Male wiederholt: Die junge Frau Arneck.
Montag: König Heinrich der Viert
Berliner Theater. Sonnabend: König Hein⸗ rich. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonntag, Nachmittags 2 ½ Uhr: Der Pfarrer von Kirchfeld. — Abends 7 ½ Uhr: König
Montag: König Heinrich.
Lessing-Theater. Sonnabend: Comtesse Guckerl. Anfang 7 ½ Uhr.
„Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu volksthüm⸗ lichen Preisen: Der Pfarrer von Kirchfeld. — Abends 7 ½ Uhr: Zum ersten Male: Fräulein Tizian. Berliner Schauspiel in 5 Aufzügen von Benno Jacobson.
Montag: Comtesse Guckerl.
Residenz⸗Theater. Direktion: Sigmund Lautenburg. Sonnabend: Hotel zum Freihafen. (L'Hötel du Libre Echange.) Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau, übersetzt und bearbeitet von Benno Jacobson. Anfang 7 ½ Uhr. 9 “ und folgende Tage: Hotel zum Frei⸗
afen.
Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25 — 26.
Sonnabend: Mit großartiger Ausstattung an Kostümen, Dekorationen und Requisiten: Der Hungerleider. Ausstattungs⸗Komödie mit Gesang und Ballet in 10 Bildern von Julius Keller und Louis Herrmann, mit theilweiser Benutzung einer Idee des Mark Twain. Musik von Louis Roth.
In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Herr Kapellmeister Winné. Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag: Der Hungerleider.
Nenes Theater. Schiffbauerdamm 4a./5.
Sonnabende Gastspiel des K. und K. Hof⸗Schau⸗ spielers Bernhard Baumeister. Sechster Abend: Zum ersten Male: Haus Lange. Schauspiel in 4 Akten von Paul Heyse. Regie: Siegfried Jelenko. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonntag: Banmeister⸗Gastspiel. Vorletzter Abend: Hans Lange.
Sonntag, Nachmittags 2 ½ Uhr: Zu halben Preisen: Kabale und Liebe. 8
Montag: Abschieds⸗Vorstellung Banmeister. Der Erbförster. Trauerspiel in 5 Akten von Otto Ludwig.
Dienstag: Zum ersten Male: Winterschlaf. Drama in 3 Akten von Max Dreyer.
Theater Unter den Linden. Direktion: Julius Fritzsche. Sonnabend: Gastspiel der Frau Petterson⸗Norrie. Die schöne Helena. Komische Operette in 3 Akten von Meilhac und Halévy, deutsch von Julius Hopp. Musik von Jacques Offenbach. Dirigent: Herr Kapellmeister Feder⸗ mann. — Hierauf: Neu in Scene gesetzt: Columbia. Ausstattungs⸗Ballet in 4 Abtheilungen von H. Regel. Musik von Josef Bayer. Der choreo⸗ grapbische Theil von J. Haßreiter. Insceniert vom Balletmeister J. Reisinger. Dirigent: Herr Kapell⸗ meister Federmann. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonntag, Abends 7 ½ Uhr: Gastspiel der Frau Petterson⸗Norrie. Die schöne Helena. Komische Operette in 3 Akten von Jacques Offenbach. — Hierauf: Columbia. Ausstattungs⸗Ballet in 4 Abtheilungen.
Adolph Ernst⸗Theater. Sonnabend: Char⸗
ley’s Tante. Schwank in 3 Akten von Thomas Brandon. Revpertoirestück des Globe⸗Theaters in London. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. — Vorher: Die Bajazzi. Parodistische Posse mit Gesang und Tanz in 1 Akt von Ed. Jacobson und Fenn Jacobson. Musik von F. Roth. Anfang r. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.
Zentral⸗-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30.
Sonnabend: Emil Thomas a. G. Eine tolle Nacht. g. Ausstattungsposse mit Gesang und Tanz in 5 Bildern von Wilh. Mannstädt und Julius Freund. Musik von Julius Einödshofer. In Scene gesetzt vom Direktor Richard Schultz. Die Tanz⸗Arrangements vom Balletmeister Gund⸗ lach. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonntag und folgende Tage: Eine tolle Nacht.
Konzerte.
Konzert-Haus. Karl Meyder⸗Konzert. Sonnabend: Operetten⸗ und Walzer⸗Abend.
Montag, den 9. März: Symphonie⸗Konzert,
unter gefälliger Mitwirkung der Pianistin Fräulein Schulz und des Herrn Weiß. Symphonie Nr. 3 F-dur von Brahms.
Anfang 7 ½ Uhr: II. (letzter) Klavier⸗Abend von Wladimir von Pachmann.
Birkus Renz. Karlstraße. Sonnabend, Anfang präzise Abends 7 ½ Uhr: Novität! Lustige Blätter! Novität! Eigens vom Direktor Franz Renz und dem Großberzoglich hessischen Hof⸗Balletmeister August Siems für Berlin komponierte, mit güauitin neuen technischen Apparaten und Beleuchtungs⸗ Einrichtungen inscenierte Original⸗Vorstellung in 2 Abtheilungen mit den Ausstattungs⸗Diver⸗ Ficenents Weltstadtbilder! Anfang präzise Abende
2
Sonntag: Zwei Vorstellungen: Nachmittags 4 Uhr (ermäßigte Preise und 1 Kind unter 10 Jahren frei): 1870/71. Abends 7 ½ Uhr: Lustige Blätter!
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Frieda von Poser mit Hrn. Sec.⸗ Lieut. Ernst von Webern (Bingerau— Oels i. Schl.). — Frl. Hedwig Schatz mit Hrn. Regierungs⸗Rath und Prem.⸗Lieut. d. R. Hans Gisevius (Marien⸗ heim b. Kröben, Prov. Posen — Posen).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Lehnsgrafen Schimmelmann Grafen zu Lindenburg (Ahrens⸗ burg). — Hrn. Rittmeister von Sydow (Potsdam). — Hrn. Hauptmann Moeller (Neu⸗Ruppin). — 88. Hrn. Prem.⸗Lieut. Wermelskirch
olp).
Gestorben: Verw. Fr. Pastor Johanna Seidel, geb. Römer ( Seep. — Hrn. Hauptmann George von Rode Sohn Roderich (Schleswig). — Hr. Major Friedrich Frhr. von Wangenheim
(Stotternheim). — Hr. Gymnasial⸗Oberlehrer
Dr. phil. Rudolf Köhler (Davos). — Fr. Ritt⸗
meister Elsbeth von Pachelbl⸗Gehag, geb. Edle
von der Planitz (Demmin). — Fr. Rittmeister
Bertha Dierke, geb. Heyne (Berlin). — Hr. Rech⸗
nungs⸗Rath Leopold Niedermeyer (Glogau). —
Fr. Ober⸗Amtmann Emilie Schmidt, geb. Zim⸗
mermann (Bernburg). — Hrn. Magistrats⸗Assessor
Dr. Rudolf Leo Sohn Werner (Berlin).
Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags“ Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Acht Beilagen keinschließlich Börsen⸗Beilage).
Saal Bechstein. Linkstraße 42. Sonnabend,
E
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
58.
———
Deutscher Reichstag. 52. Sitzung vom 5. März 1896, 1 Uhr. 8 Tagesordnung: Fortsetzung der ersten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Zuckersteuer.
Abg. Hilpert (b. k. F.): Die Vorlage zeigt, daß die Zucker⸗ industrie der Regierung wichtiger ist als die Landwirthschaft. Wenn die Zuckerindustrie das Rückgrat der Landwirthschaft ist, dann hat die bayerische Landwirthschaft überhaupt kein Rückgrat. Wir können des⸗ halb nicht voller Freude für die Vorlage stimmen, aber wir werden für die Kommissionsberathung eintteten.
Abg. Ehni (Vp.) erklärt sich gegen die Vorlage und gegen eine Kommissionsberathung. Die Vorlage enthalte eine Belastung der Konsumenten, während eine Ermäßigung der Zuckersteuer zur Hebung des Konsums verlangt werde.
Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Der Herr Abg. Dr. Barth hat gestern, wie ich zugestehe, von seinem Freihandelsstandpunkt ganz korrekt die Vorlage bekämpft. Er hat sich als ein Gegner jedes Schutzzellsystems geäußert; das ist eben die wirthschaftliche Auffassung des Herrn Abg. Barth. Ich glaube aber, er berücksichtigt bei seinen Ausführungen nicht, daß wir aus unserem Schutzzollsystem eine Einnahme für das Reich in Höhe von 356 Millionen haben; und ich vermag nicht einzusehen, durch welche anderen Einnahmen wir diese Einnahmen überhaupt ersetzen könnten. Es ist selbstverständlich ausgeschlossen, ähnliche Erträge aus irgend einer Form der direkten Steuern zu ziehen. Wenn man deshalb selbst ein Gegner des Protektionssystems aus wirthschaft⸗ lichen Gründen wäre, so müßten wir schon Freunde des Systems aus finanziellen Gründen sein; denn es würden uns sonst die Mittel fehlen namentlich für die großen Ansprüche, welche unsere Landes⸗ vertheidigung an uns stellt.
Meine Herren, der Herr Abg. Barth ist gestern auf die englische Landwirthschaft zurückgekommen. Ich glaubte Ihnen nachgewiesen zu haben, daß die Auffassung, die ich von der Lage der englischen Landwirthschaft infolge ihres mangelnden nationalen Schutzes habe, jetzt von dem leitenden englischen Staatsmann vollinhaltlich bestätigt ist. Der Herr Abg. Barth möge mir das nicht ungnädig nehmen, daß mir doch das Urtheil des leitenden englischen Staatsmannes über diese Frage wichtiger ist als sein eigenes.
Nun hat der Herr Abg. Dr. Barth bei dieser Gelegenheit einen sehr interessanten Gegensatz konstruiert zwischen einem deutschen und einem englischen Staatsmann. Er sagt: wenn eine agrarische Depu⸗ tation zu einem deutschen Staatsmann, z. B. zum Grafen Posadowsky, kommt, dann sagt dieser: Ja, ich sehe ein, die Lage der Landwirth⸗ schaft ist eine ernste und ich werde thun, was in meinen Kräften ist. Käme aber eine solche Deputation zu einem englischen Staatsmann, so sage der: Ja, ich gestehe zu, die Lage ist eine sehr ernste, aber helfen kann ich Euch nicht. Ich bedauere, auch hier dem Herrn Abg. Dr. Barth einen argen Irrthum nach⸗ weisen zu müssen. Es ist sehr zefährlich, solche Vergleiche aufzustellen. Nämlich Lord Salisburyv, auf den ich mich berufen habe, hat in jener Rede, wo er den Verzweiflungskampf der englischen Landwirth⸗ schaft darstellie, gesagt: „Ich hoffe indessen ernstlich, und ich habe Grund, zu hoffen, daß die Regierung, soweit es in ihrer Macht liegt, aufrichtig bemüht sein wird, die Mißstände, welche wir in dieser Beziehung um uns herum erblicken, einigermaßen zu beseitigen.“ Der Herr Abg. Dr. Barth muß also die traurige Erfahrung machen, daß die englischen Minister im Kampf gegen die Landwirthschaft jetzt anfangen, ebenso unzuverlässig zu werden, wie die deutschen. (Heiterkeit.)
Der Herr Abg. Dr. Barth hat ferner ausgeführt: die Folge der von uns vorgeschlagenen Prämien würde einfach die sein, daß um die Beträge der Prämien der Weltmarktpreis gedrückt wird und infolge dessen die Produzenten des Zuckers und der Rüben gar keinen Vor⸗ theil hätten; der Vortheil würde nur den ausländischen Konsumenten zufließen. Wenn das richtig wäre (Zuruf links) oder richtig ist, gut (Heiterkeit), dann würde der Zucker doch im Inland nicht im Preise steigen und dann würden alle Motive, die gegen das Gesetz aus einer eventuellen Steigerung der Zuckerpreise herge⸗ leitet werden, vollkommen hinfällig werden (sehr richtig!), und dann sind auch alle Behauptungen, daß ein Rückgang des Konsums eintreten müßte, aus der Luft gegriffen. (Zuruf links.) Wenn wir ein wirthschaftliches Gesetz machen, dann können wir ja nichts thun, wie die gesetzliche Möglichkeit zur Besserung der Verhältnisse zu geben. Absolut bessern, absolut eingreifen in die wirthschaftliche Bewegung kann man nur mit Hilfe des Monopols. Wir wollen der Zuckerindustrie die Möglichkeit geben, sich erhöhte Preise zu schaffen, und wenn man die intelligenten Leitungen unserer Zuckerfabriken kennt, kann man ganz beruhigt sein, daß diese kaufmännisch so weit gebildet sein werden, um die ganzen Exportprämien lediglich zu verwenden, nicht dazu, den Weltmarktpreis zu werfen, sondern um sie der Industrie und Landwirthschaft zu erhalten.
Der Herr Abg. Dr. Barth sagt: „Ist es nicht ein Abderiten⸗ streich, für einen solchen Zweck überhaupt eine Vorlage einzubringen?“ Während er aber den verbündeten Regierungen, oder auch der da⸗ maligen Mehrheit des Reichstags, die einen dahin gehenden Antrag gestellt hat, einen solchen Abderitenstreich vorwirft, deduziert er in demselben Athemzuge: sobald wir die Prämien erhöhen würden, würde sie Frankreich auch erhöhen und zwar ganz unbeschränkt, ohne Kontingentierung. Wenn andere Länder uns nachfolgen sollten und wenn unsere Konkurrenzländer sich bisher weislich gehütet haben, ihre Prämien zu ermäßigen, dann werden sie dafür wahr⸗ scheinlich sehr tiefgehende wirthschaftliche Gründe haben.
Der Herr Abg. Dr. Barth hat ferner volkswirthschaftlich deduziert: es ist nicht richtig, daß der, der am billigsten produziert, die Preise bestimmt, sondern jeder nimmt, soviel er bekommt. Ja, daß jeder nimmt, soviel er bekommt, das ist klar, das thun Alle. Ich gestehe auch dem Herrn Abg. Dr. Barth zu: auf dem Weltmarkt ist zunächst
Berlin, Freitag, den 6. März
entscheidend für die Preisbestimmung Nachfrage und Angebot. Wenn aber das Angebot größer ist, wie die Nachfrage, dann, be⸗ haupte ich, bestimmt allerdings derjenige den Preis, der am billigsten produziert (sehr richtig!); denn sobald das Angebot größer ist, sucht jeder à tout prix zu verkaufen, um, wie der Herr Abg. von Staudy das gestern hier an einem Beispiel ausgeführt hat, unter allen Um⸗ ständen sich wieder das nöthbige Betriebskapital zu verschaffen. Dann wird aber allerdings das Angebot erst einen Käufer finden, welches das niedrigste ist, und am niedrigsten kann der anbieten, der die geringsten Produktionskosten hatte. Also die ganze volkswirthschaftliche Deduktion, die aus diesem Gesichtspunkte der Herr Abg. Dr. Barth gegen den Gesetzentwurf aufbaut, kann ich für zutreffend nicht erachten. Der Herr Abg. Dr. Barth meinte dann: wir legten gleich ein Gesetz vor, wenn ein paar Zuckerfabriken schlechte Divi⸗ denden oder gar keine geben, das gliche sich aber im Laufe der Jahre aus. Ja, Herr Dr. Barth, so unvorsichtig sind die verbündeten Re⸗ gierungen wirklich nicht gewesen, einen solchen Gesetzentwurf vor⸗ zulegen, ohne amtlich die genauesten Informationen einzuziehen über die finanzielle Lage der Zuckerindustrie, und wir haben hierbei Folgendes festgestellt. Es ist uns gelungen, für das Jahr 1894/95 die Ertragsverhältnisse von 282 Aktienzuckerfabriken fest⸗ zustellen, von diesen 282 Fabriken haben im Jahre 1894/95 97 Fabriken gar keine Dividende bezahlt (hört! hört! rechts) und 148 Fabriken haben mit einer Unterbilanz bis zu 400 000, ja 500 000 ℳ gearbeitet. (Hört! hört!) Da handelt es sich bei den ungeheuren Vermögen, die in der Zuckerindustrie investiert sind, nicht mehr um Kleinigkeiten. (Sehr richtig! rechts) Der Herr Abg. Barth hat es auch so darzustellen gesucht, als ob die Zuckerfabriken doch über⸗ wiegend kapitalistische Unternehmungen wären. Ich habe, weil ich diesen Einwand voraussah, festgestellt, wie sich in den Fabriken, wo die Aktionäre gleichzeitig Rübenlieferanten sind, das Verhältniß der Anzahl der Aktionäre zur Anzahl der Rübenlieferanten stellt. Ich habe diese Erhebungen für 163 Fabriken machen können; da stellte sich heraus, daß an diesen 163 Fabriken 22 781 Aktionäre theilnahmen und daß von diesen 22 781 Aktionären 19 642 gleichzeitig auch Rübenlieferanten waren. (Hört! hört! bei den Nationalliberalen.) Daraus ergiebt sich doch ganz klar, daß das Interesse der Landwirthschaft mit dem Interesse der Industrie hier aufs engste verbunden ist (sehr wahr! rechts) und namentlich das Interesse der Aktienfabriken. Man kann keine Differenz bei der Rübenindustrie zwischen Aktienunternehmungen und landwirthschaftlichem Rübenbau konstruieren.
Der Herr Abg. Zimmermann ist auf die Staffelsteuer zu sprechen gekommen und hat so zu sagen einen Fühler ausgestreckt, ob die verbündeten Regierungen bei einer Reform der Biersteuer wohl geneigt wären, ebenfalls das System der Staffelsteuer zur Anwendung zu bringen; vielleicht ist es dem Herrn Abg. Zimmermann erinnerlich, daß ich bereits im vorigen Jahre mich über diese Frage, wenn auch nur flüchtig, geäußert habe. Ich kann nur bemerken, daß in Bayern bekanntlich das System der Staffelsteuer bei dem Braumalz⸗ zuschlag besteht, und daß sich dort dieses System ganz außerordentlich bewährt hat. Durch dieses System sind in Bayern auch die mittleren und kleineren Brauereien erhalten geblieben. Ich glaube, wenn wir ein neues Biersteuergesetz machen, werden wir die Erfahrungen Bayerns, wo sich die Brauereiindustrie so außerordentlich glücklich entwickelt hat (Zuruf links), sehr ernst beachten.
Ich muß nun zu einer kleinen Auseinandersetzung mit dem Herrn Abg. von Staudy übergehen; derselbe hat gestern gesagt, das Gesetz, wie es vorgelegt sei, werde unter den Konservativen im ganzen Reichs⸗ tag nicht eine einzige Stimme erhalten. Ich glaube, der verehrte Herr Abgeordnete hat dabei ganz außer Acht gelassen, daß dieses Gesetz ganz genau gearbeitet ist nach dem Antrag Paasche, daß es auf den drei Grundpfeilern des Antrages Paasche: erhöhte Prämie, Kontingen⸗ tierung und Staffelsteuer, aufgebaut ist, und daß der Antrag Paasche von 144 Mitgliedern des hohen Hauses unterzeichnet wurde, darunter von dem größten Theil der konservativen Freunde des Herrn Abg. von Staudy. Wenn also ein Gesetz vorgelegt ist, das sich an einen Antrag des hohen Hauses so eng anschließt, dann kann man, glaube ich, nicht sagen, die Vorlegung des Gesetzes war ein „gewagtes Unter⸗ nehmen“. Der Herr Abg. von Staudy irrt auch darin, wenn er be⸗ hauptet, das Zuckersteuergesetz von 1891 wäre nur mit drei Stimmen Majorität angenommen; ich glaube, er hat sich in seinen Notizen verlesen; das Gesetz ist nicht mit 3, sondern mit 33 Stimmen Majorität angenommen (Zuruf rechts), — in der maßgebenden Schluß⸗ lesung mit 33 Stimmen Majorität!
Der Herr Abg. von Staudy führte ferner aus, die Preise wären erträglich, und es läge eigentlich zu dem Erlaß des Gesetzes keine Noth⸗ wendigkeit vor. Wenn das richtig ist, dann würde es mir nicht ver⸗ ständlich sein, warum er seiner Zeit sich an einem Programm betheiligt hat, das erhöhte Kampfprämien forderte! Sind die Preise erträglich, dann ist auch die Situation der Zuckerindustrie erträglich, dann würde zunächst kein Anlaß zu erhöhten Kampfprämien vorliegen.
Ich glaube, Herr Abg. von Staudy hat aber ganz richtig aus⸗ geführt, daß die Preise, wie sie jetzt besteben, nicht maßgebend sind, daß für die Zuckerindustrie die Preise maßgebend sind, die während der Zuckerkampagne gezahlt werden; denn die Zuckerindustrie erfordert so ungeheure Ausgaben, daß selbst die potentesten Fabriken während der Kampagne ihre Bestände zum großen Theile verkaufen müssen. Es ist also nicht wesentlich, wie die Preise im Februar, März, April stehen, sondern wie die Preise stehen während der Zuckerkampagne; da waren die Preise aber noch niedrig. 3
Der Herr Abg. von Staudy hat uns, die Staatssekretäre, auch veranlaßt, energischer gegen Amerika aufzutreten. Ich glaube, Herr von Staudy wird mir nicht die Anerkennung versagen, daß ich auch im stande bin, Energie anzuwenden, wo Energie nothwendig ist; ich wende sie aber nur an, wo ich dazu befugt bin und wo ich sie für nützlich halte. Ob sie aber sehr nützlich ist gerade bei der Materie, mit der wir uns hier beschäftigen, und bei einer Export⸗ industrie, die bis zu ⅛ der Produktion auf die Ausfuhr angewiesen ist, — diese sehr delikate Frage anzuschneiden, ist mir sehr zweifelhaft.
1896.
Ich bin deshalb nicht in der Lage, darauf näher einzugehen; der Herr
Vertreter des Auswärtigen Amts ist aber nicht anwesend. Der Herr Abgeordnete von Staudy ist dann auf die Zucker⸗ direktoren zurückgekommen; es deckt sich seine Andeutung mit einer
Aeußerung, die ich in der Presse gefunden habe: ich hätte mich etwas nonchalant über die Zuckerdirektoren ausgesprochen. Das muß ich
entschieden bestreiten, ich stehe auf einem wesentlich anderen Stand⸗ punkt in dieser Beziehung, wie der Herr Abgeordnete von Staudy.
Ich glaube er hat gesagt: „die Zuckerdirektoren müssen bei uns nicht regieren, sondern parieren.“ Ich glaube aber, die
Zuckerdirektoren regieren sehr eingehend in den Zucker⸗ fabriken. Mir wenigstens ist es bekannt, und ich er⸗
kenne es dankbar an, daß die hohe Blüthe, zu der sich die deutsche Zuckerindustrie entwickelt hat, zu danken ist den kaufmännisch und technisch gebildeten Direktoren, wie sie aus der Schule des hochverdienten Herrn Professor Maerker 1 hervorgegangen sind. (Beifall.) Gerade diese Männer sind die Ur⸗ heber der großen technischen Fortschritte unserer Zuckerindustrie, wir haben sie ihnen zu verdanken. (Beifall.) Ich erkenne auch als voll⸗
ständig nothwendig an, daß diese Herren in vielen Fragen, die In⸗
dustrie betreffend, ein schwerwiegendes Wort in die Waagschale zu werfen haben; aber, meine Herren, es ist doch selbstverständlich, daß dem Zuckerdirektor die kaufmännischen und rein technischen Fragen viel näher liegen, wie die landwirthschaftliche Frage; die hat für ihn zunächst nur ein pekuniäres Interesse. Ich bin deshalb
allerdings auch der Ansicht, daß in dieser Angelegenheit der Zucker⸗
steuerreform die deutsche Landwirthschaft das endgültige Wort
zu sprechen hat. Daß aber auch die Zuckerdirektoren bei der pole⸗
mischen Behandlung der Frage eine große Rolle gespielt haben, dafür liegen unzweifelhafte Zeugnisse vor. Ich zitiere hier die Meinung eines Landwirthes auf der Versammlung des Ostdeutschen
Zuckervereins. Der Ober⸗Amtmann Krech sagte dort wörtlich: „Meine Herren, es haben heute überwiegend Vertreter und
technische Dirigenten der Fabriken das Wort ergriffen. Die Frage ist aber eine so eminent landwirthschaftliche, daß ich es auch für
richtig halte, wenn ein Landwirth einmal darüber spricht.“
Und auf der Posener Versammlung ist nach Zeitungsnachrichten zunächst das Programm berathen und festgestellt worden in einer
Versammlung von 13 Fabrikleitern bezw. Direktoren. Dieses so fest⸗
gestellte Programm ist dann erst der Versammlung der Landwirthe vorgetragen. Ich bin vollkommen entfernt, an diesem Verfahren irgend welche Kritik zu üben, ich meine aber doch, nach der Schwerkraft der Sache wäre es vielleicht natürlicher gewesen, erst die Landwirthe
beschließen zu lassen und dann die Fabrikleiter. Ich halte aber diesen Punkt für einen unwesentlichen; ich wollte nur hervorheben
daß meine Stellung gegenüber den Zuckerfabrik⸗Direktoren eine wesentlich
andere ist.
Der Herr Abg. von Staudy ist auch darauf zurückgekommen, daß das Interesse an der Annahme des Entwurfs ein sehr fiskalisches sei, und hat als Beweis dafür angeführt, daß die ganzen Kosten der Erhebung der Zuckersteuer in Zukunft von derjenigen Quote getragen werden sollten, die in den Prämienfonds fließt. Ich glaube, der Herr Abg. von Staudy hat dabei vergessen, daß das Gesetz eine Novelle
ist und verstanden werden will im engen Zusammenhang mit dem
Gesetz von 1891, von welchem nur einzelne Paragraphen abgeändert werden sollen. Aber auch der Wortlaut der Novelle läßt ganz klar erkennen, daß zunächst von dem Ertrag der gesammten Zucker⸗ steuer die Erhebungskosten abgezogen werden und erst demnächst von dem Reinertrag 25 % in den Prämienfonds fließen; mit anderen
Worten: der Prämienfonds trägt nur die Quote der Hebungskosten, die proportionell auf ihn entfallen, und die Anlage E des Gesetz⸗
entwurfs ergiebt ganz unzweifelhaft, daß so zu verfahren ist. Dieser Irrthum des Herrn Redners ist in den Zeitungen wiederholt wider⸗
legt und ist auch von mir in der Versammlung des Landes⸗Oekonomie⸗ Kollegiums gekennzeichnet worden; ich nehme an, daß der Herr Abg.
von Staudy, bei dem großen Interesse, das er für die Zuckersteuerfrage
hat, diese Verhandlungen gelesen hat.
Der Herr Abg. von Staudy hat weiter das Gesetz von 1891 als ein „erbärmliches“ bezeichnet; mir scheint dieser Ausdruck nicht ganz unbedenklich gegenüber einem Gesetz, welches von einer Majorität dieses hohen Hauses beschlossen worden ist, der noch jetzt sehr viele Mitglieder angehören. Mir scheint es auch nicht unbedenklich gegen⸗ über einem Gesetz, das die Sanktion der verbündeten Re⸗ gierungen gefunden hat. Ich will hoffen, daß nicht einmal
eine ähnliche Kritik an einem Gesetz geübt wird, was dem Herrn Abg
von Staudy sympathisch ist, und wo er eine solche Kritik dann vielleicht sehr unangenehm empfinden wird. Wenn man ein Gesetz in dieser
Weise charakterisiert, so kann man es doch nur auf Grund der Er⸗
fahrungen, die man selbst damit gemacht hat; mir ist da eine Aeußerung des Herrn Abg. von Staudy zur Hand gekommen, die er
bei der Berathung jenes Gesetzes in diesem hohen Hause am 27. April 1891 machte. Er sagte wörtlich:
„Ferner aber glaube ich, daß zugegeben werden muß, man mag stehen, auf welchem Standpunkt man will, daß die Verhält⸗ nisse des Rübenbaues so unsichere geworden sind, daß die Lust zu einem übermäßig großen Rübenbau kaum noch vorhanden sein kann.“
Ja, gegenüber dieser damaligen Auffassung des Herrn Abg. von Staudy muß ich doch die Thatsfachen prüfen.
In der Provinz Posen wurden im Jahre 1890/91, d. h. vor
Emanierung des Gesetzes, 877 169 Doppelzentner Zucker hergestellt.
Im Jahre 1894/95 betrug aber die Herstellung von Zucker 1 645 740 Doppelzentner, mit anderen Worten: seitdem der Herr Abg. von Staudy versucht hat auszuführen, er glaube nicht an eine stei⸗
gende Produktion, hat auf Grund des Gesetzes, dem er eine so
abfällige Kritik hat zu theil werden lassen, gerade in der Provinz, aus der heraus er die Verhältnisse beurtheilt hat, die Zuckerproduk⸗ tion sich verdoppelt. In einer Beziehung bin ich mit dem Herrn Abg. von Staudy vollkommen einig. Ich hätte auch gewünscht, 8 1
—j.j.,, — — —.— ——