1896 / 60 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 09 Mar 1896 18:00:01 GMT) scan diff

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Georg von 50 jährigen Dienstjubiläums.

1 Sachsen. Seine oheit der General⸗Feldmarschall Prinz achsen beging gestern die Feier seines Aus dieser Veranlassung trugen sämmtliche Militär⸗ sowie viele öffentliche und private

Gebäude Dresdens Flaggenschmuck. In dem Palais des Prinzen Georg brachten fruh 8 Uhr die Kapellen des Infanterie⸗ Regiments Nr. 106 und des Schützen⸗Regiments Nr. 108,

deren Chef der Prinz ist, eine Morgenmusik dar. Noch

bevor die offizielle Beglückwünschungscour begann, brachten

Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Erzherzog Otto

von Oesterreich und die Mitglieder der Königlichen Familie ihre Glückwünsche dar. Ersterer überreichte dabei

ein Handschreiben Seiner Majestät des

Kaisers von

Oesterreich. Seine Majestät der Deutsche Kaiser ließ durch den General⸗Adjutanten, Kommandanten des Haupt⸗ quartiers, General⸗Lieutenant von Plessen dem Prinzen gleich⸗ falls ein b überreichen. Seine Majestät der König

at den Prinzen in Würdigung seiner großen Verdienste à la suite des Garde⸗Reiter⸗Regiments und des 1. Sächsischen

. ““ Nr. 12 gestellt. Der Kriegs⸗Minister,

eneral⸗Lieutenant Edler von der Planitz überreichte m Namen der sächsischen Armee einen silbernen Tafel⸗

aufsatz. Um 9 Uhr begann die Beglückwünschung, welche bis nach 4 Uhr dauerte und nur durch den Kirchgang

des und

mit dem Erzherzog Otto; bei derselben brachte . aus.

Höchstdessen Theilnahme an der roßen Paroleausgabe auf dem Theaterplatz unter⸗ rochen wurde. Zur Paroleausgabe erschien der I“

eneral⸗ Lieutenant von Kirchhach ein Hoch auf Seine Königliche Abends 5 ½ Uhr war im Residenzschlosse

alatafel, an welcher 162 Personen theilnahmen. Um

8 8 ½ Uhr Abends fand auf dem Königlichen Belvedere eine ge⸗ sellige Vereinigung von etwa 300 Personen, meist Offizieren, statt, zu welcher auch Seine Majestät der König erschien.

Doumer, die Regierun

Preußen, Regent des

Braunschweig. Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Albrecht von Herzogthums Braunschweig, und die

Prinzessin Albrecht sind, wie „W. T. B.“ berichtet, heute

rüh von Braunschweig zu mehrwöchigem Aufenthalt nach

dem englischem Seebad Bournemouth abgereist 8

Oesterreich⸗Ungarn. Der Minister des Aeußern Graf Goluchowski ist in

Begleitung des Kabinetschefs von Merey heute früh 7 Uhr 40 Minuten von Wien über Oderberg nach Berlin abgereist.

Der Wahlreformausschuß des österreichischen Abgeordnetenhauses hat die Regierungsvorlage, betreffend

die Abänderung des Staatsgrundgesetzes, angenommen,

*

achdem alle dazu gestellten Abänderungsanträge abgelehnt worden waren.

Großbritannien und Irland. Die Königin ist, wie „W. T. B.“ aus London berichtet, eute Vormittag nach Nizza abgereist. „Vor seiner am Sonnabend angetretenen Rückreise nach Prätoria stattete der Staatssekretär der Südafrikanischen

Revpublik Dr. Leyds in Begleitung des General⸗Konsuls White dem Staatssekretär der Kolonien Chamberlain im Kolonialamt einen Besuch ab. 1“ 5

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Der Präsident Faure hat gestern früh Marseille verlassen und ist heute früh in Paris eingetroffen. Unterwegs machte der Präsideni, außer in anderen Städten, auch in Aix Halt,

woselbst er die Spitzen der Behörden und den Erzbischof

In seiner Ansprache versicherte, dem „W. T. B.“

fing. zufolge, der Erzbischof die Ergebenheit des französischen Klerus

dem Vaterlande

d egenüber; er gab dem Wunsche Ausdruck, der Präsident wolle, soweit es ihm sei, alles Böse ver⸗ hindern und alles Gute thun, und schloß damit: die Mission desjenigen, der der Erste unter den Franzosen sei, sei die, der Diener aller Franzosen zu sein.

In der Budgetkommission erklärte vorgestern der beharre auf dem

inkommensteuer⸗Gesetzentwurf. Sie werde keinen

anderen Entwurf einbringen. Die Kammer müsse entscheiden.

Die Kommission beschloß sodann, ihren Beschluß der Kammer eute vorzulegen. 8 Der Cavaignac empfing am Sonn⸗

abend den Vorsitzenden der Armee⸗Kommission, beharrte jedoch auf seiner Weigerung, die Ansicht des Obersten Kriegsraths

über die Reorganisation des XIX. Armee⸗Korps mitzutheilen.

Die Kommission beschloß, aus der Weigerung des Kriegs⸗ Ministers keinen Streitfall zu machen, und wird diese That⸗ sache in ihrem Bericht erwähnen. Ferner beschloß die Kom⸗ mission, das XIX. Armee⸗Korps beizubehalten und dem Kriegs⸗

Ministerium eine Kolonial⸗Armee mit gesonderter Verwaltung

zu unterstellen.

Die Deputirtenkammer bewilligte in ihrer vor⸗ gestrigen Sitzung einen Kredit von 315 Fr. zur Entschä⸗ digung der Opfer aus den Unruhen zu Paris im Juli 1893 und zu Lyon im Juni 1894, sowie aus der Explosion im

estaurant Foyot.

““ Rußland.

Ein Kaiserlicher Ukas verfügt die Stiftung einer Gedenk⸗

münze zur Erinnerung an Kaiser Alexander III.

ür alle Mitglieder der Geistlichkeit, Militärpersonen und Zivilbeamte, welche unter der Regierung Alexander'’s III. ge⸗

dient haben.

Der General Souromzew ist, wie „W. T. B.“ erfährt, um Gouverneur von Livland ernannt worden. Die „Nowoje Wremja“ hat eine Subskription eröffnet

zur Bestreitung der Kosten für die Entsendung einer Abthei⸗ lung der Gesellschaft vom Rothen Kreuz an Menelik

mit dem Marchese di welchem er die Präsidentschaft abtreten werde.

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Eine von der „Agenzia Stefani“ veröffentlichte Note kündigt an, der König habe gestern Abend um 7 Uhr den Auftrag zur Kabinetsbildung dem General Ricotti ertheilt. Die „Agenzia Stefani“ fügt hinzu, Ricotti werde sich alsbald

udini ins Einvernehmen setzen, an nimmt an, daß das Kabinet heute werde gebildet werden. Brin werde an der Bildung des Ministeriums theilnehmen.

Die „Agenzia Stefani“ veröffentlicht ferner eine Liste mit den Namen von 189 Offizieren, welche in der Schlacht bei Adua am 1. März mit dem Leben davongekommen sind, außerdem die Namen von fünf gefangenen Offizieren, nämlich des Obersten Nava, des Oberst⸗Lieutenants Galliano, zweier Hauptleute und eines Lieutenants.

Spanien.

Die patriotischen Kundgebungen dauern, wie dem „W. T. B.“ aus Madrid berichtet wird, in ganz Spanien fort. Viele Personen bieten der Regierung für den Kriegsfall Geld an. In der Provinz ist eine Subskription eröffnet worden, um dem Staat den Betrag für ein neues Kriegsschiff zur Verfügung zu stellen. Die Bischöfe betheiligen sich an der Bewegung. Seit der Schließung der Universität herrscht in Madrid vollständige Ruhe. 1

Aus Valencia, Barcelona und Cadix werden weitere gegen die Vereinigten Staaten gerichtete Demon⸗

strationen gemeldet. In Valencia wollte gestern eine Volks⸗

menge eine Manifestation vor dem amerikanischen Konsulat veranstalten, fand jedoch den Weg durch die Polizei versperrt. Es kam zu einem Zusammenstoß, bei dem mehrere Personen, darunter ein Gendarm, verwundet wurden. Der Be⸗ lagerungszustand wurde proklamiert. In Barcelona fand am Freitag Abend in einem Theater eine größere Kundgebung statt; man rief: „Nieder mit den Vereinigten Staaten!“ Die Ruhestörer durchzogen hierauf die Straßen; Polizei und Gen⸗ darmerie stellten die Ordnung wieder her. Gestern Abend 88 daselbst eine weitere Ruhestörung statt, als das Publikum as Theater verließ. Die Polizei griff die Menge auf dem Katalonischen Platze an; mehrere Personen wurden leicht verwundet. In Cadix veranlaßten vorgestern die dortigen Studenten einige Ruhestörungen, sodaß die Polizei sich ver⸗ anlaßt sah, einzuschreiten. Mehrere Leute wurden dabei verwundet. G

Der frühere Minister des Auswärtigen Turkhan

Pascha ist, wie „W. T. B.“ aus Konstantinopel meldet, zum Vali von Kreta und der Staatsanwalt des Staatsraths Zanko Effendi, ein Grieche, zu dessen Rath ernannt worden. Anußer dem ehemaligen Botschafter Zia Pascha und Karatheodory Effendi wurden zu Mitgliedern der zu den Krönungsfeierlichkeiten nach Moskau zu entsendenden Mission auch der Chef der Militärkanzlei, Divisions⸗General Schakir Pascha, Kammerherr Faik Bey, ein Sekretär und ein Adjunkt designiert. 1

Der frühere Oberst⸗Stallmeister und Divisions⸗General Izzet Pascha, welcher durch kriegsgerichtliches Urtheil im Dezember vorigen Jahres degradiert und nach Missal verbannt worden war, ist begnadigt und zum Kommandanten der Kavallerie⸗Division in Aleppo ernannt worden.

Amerika.

Die „Times“ berichtet aus Washington, daß viele Senatoren jetzt erklärten, der Kongreß habe in der Cuba⸗ Angelegenheit genug gethan; alles Weitere müsse dem Präsi⸗ denten Cleveland überlassen werden.

Aus Havanna wird gemeldet, der Oberst Vienna habe die Aufständischen unter Maceo geschlagen; 72 Insurgenten seien getödtet worden, die Spanier hätten 22 Verwundete gehabt.

Afrika. v111A““

„Agenzia Stefani“ erfährt aus Massowah vom 7. d. M., der General Baldissera habe den Major Salsa zu dem Negus Menelik gesandt, um von diesem die Erlaubniß zu erbitten, die in dem Gefechte am 1. d. M. auf italienischer Seite Gefallenen beerdigen lassen und über die Zahl und die een der italienischen Gefangenen Erkundigungen einziehen zu dürfen.

Eine in Rom eingetroffene Privatdepesche aus Massowah meldet, der Major Prestinari, der Kommandant des Forts Adigrat, habe am 2. März telegraphiert, er sei entschlossen, das Fort bis zur letzten Möglichkeit zu halten, und hinzugefügt: er Lebensmittel für einen Monat und hoffe, biese Frist noch verlängern zu können, indem er alsbald die Rationen vermindert habe. Wenn er am 1. d. M. Abends oder am 2. d. M. früh die Niederlage von Adua gekannt hätte, so würde sich von einem Rückzuge nach Mahio oder Aufila oder Zula haben reden lassen. Jetzt sei das jedoch unmöglich, und es seien mehr als 300 Kranke in Adigrat eingeschlossen. Die Rebellen befänden sich einige Kilometer von dort. Er habe reichliche Munition. Die Nation brauche nicht besorgt zu sein, die Truppen würden ihre Pflicht thun bis zum Tode.

Ueber die Schlacht bei Adua werden römischen Blättern noch weitere Einzelheiten gemeldet. So berichtet der „Corriero della Sera“:

Die Brigade Dabormida, welche zum großen Theil bereits ver⸗ nichtet gewesen sei, habe trotzdem bis zum Abend Widerstand geleistet und so den Feind an weiterem Vordringen verhindert. Der General Dabormida sei inmitten seiner Soldaten, von Schüssen durchbohrt, efallen. Das Beispiel der italienischen Truppen habe den Muth der

skaris belebt. Die Alpenjäger, welche vom Obersten Nava komman⸗ diert worden seien, hätten Wunder der Tapferkeit vollbracht. Der Oberst⸗Lieutenant Melini sei mit dem Ausruf gefallen: „Vorwärts, meine Alpenjäger!“ Die Krieger von Amara, welche grausam und diebisch seien, hätten die Verwundeten niedergestochen und sie dann geplündert; den verwundeten Askaris seien Hände und Füße abgeschnitten worden. Die im Feuer Batterien seien vernichtet worden.

Alle Offiziere der Batterien der Brigade Arimondi seien im Kampf

efallen. Als die italienischen Truppen in Saganeiti angelangt, hätten je sich in beklagenswerthem Zustand befunden infolge des langen Rück⸗ marsches, auf welchem sie durch die Reiter der Gallas bis Maimarat verfolgt wurden; dort seien letztere durch die Brigade di Broccard zurück⸗ geschlagen worden. Die Gallas hätten darauf die Bagage in Mainer⸗ gas angegriffen und sie untereinander getheilt. Man glaube, daß der

General Arimondi todt oder gefangen sei. Andere Details betreffen die von dem General Albertone befehligte Eingeborenen⸗ Brigade, welche in das feindliche Lager eindringen sollte, um die vom Schlachtfelde abzuziehen. Die Brigade habe jedoch, von sehr starken feindlichen Kräften bedrängt, nach zweimaligem An⸗ griff zurückgehen müssen. Bei diesem Rückzug sei die Brigade Alber⸗ tone in einen Engpaß gerathen, wo die anderen zur Unterstü ung der Brigade vorgesandten italienischen Truppen aus Mangel an Prn sich nicht hätten entwickeln können. Die Folge davon sei gewesen, daß die Höhen von den Schoanern besetzt worden seien. Hätten statt dessen die weißen Truppen die Stellungen rechtzeitig besetzt, so würden die Italiener siegreich gewesen sein. Man habe geglaubt, vermöge der größeren Manövrierfähigkeit und der besseren Ordnung zu siegen. 20 von den gefangenen Offizieren, darunter O er⸗ . Lieutenant Galliano, seien nach Schoa gebracht worden. Andere Depeschen melden, daß am Tage der Schlacht 113 Bagage⸗ wagen von zwei Kompagnien Schoanern bei Sauriat geplündert worden seien, daß aber die Munition, welche auf Maulthiere verpackt

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war, gerettet worden sei. Die Schoaner hätten Feuer auf die Kranken⸗ träger⸗Kolonnen abgegeben und auf Aerzte und Verwundete geschossen. In der Schlacht habe die Stärke der Abessinier 100 000 Mann gegen 15 000 der Italiener betragen. Außer den Brigaden Albertone und Dabormida, welche sich ausgezeichnet geschlagen hätten, seien die zu sehr zusammengedrängten Truppen überrascht worden und mit Ausnahme der Alpenjäger des Obersten Napa unterlegen. Der Oberst⸗Lieutenant Galliano sei durch einen Säbelhieb verwundet worden. Prinz Chigi sei gefallen, als er den General Albertone habe schützen wollen.

Die „Tribuna“ erfährt aus Massowah:

Es bestätige sich, daß die Brigade Dabormida und namentlich das Regiment Ragni in der Schlacht am 1. M. heroischen Wider⸗ stand geleistet habe. Die Brigade habe drei ungestüme Angriffe mit dem Bajonett gemacht. Ein Offizier, welcher aus der Schlacht zu⸗ rückgekehrt sei, habe erzählt, daß bei dem letzten der erwähnten Bajonettangriffe die Brigade über die Stellung der Schoaner hinaus E“ sei und eine Menge das Feld bedeckender Leichen ge⸗ funden habe, sodaß die Italiener nach dem Ansturm an den Sieg geglaubt und die Soldaten in den eroberten Stellungen ihre Käpis und Taschen⸗ tücher auf die blutigen Bajonette gesteckt hätten und in Hurrahrufe ausgebrochen seien. Der General Dabormida habe nicht den Versuch machen können, den errungenen Vortheil auszunutzen, weil die unter Befehl des Hauptquartiers stehenden Truppen sich hätten zurückziehen müssen. Die Artillerie des Generals Dabormida habe fast alle Munition ver⸗ schossen gehabt, die für jedes xPge. auf 130 Schuß berechnet gewesen sei. Als die Schoaner in stärkerer Zahl zurückgekehrt seien, sei die Artillerie vom Feinde umringt worden, während die italienischen Truppen die Kanonen auf die Maulesel geladen hätten. Die In⸗ fanterie habe aufs neue Widerstand geleistet; da ihr aber Unterstützung vom Zentrum gefehlt habe, sei sie von den an Zahl überlegenen feind⸗ lichen Streitkräften umzingelt worden und habe furchtbare Verluste erlitten. Bis zum letzten Augenblick habe der General Dabormida bewundernswerthe Festigkeit und Kaltblütigkeit gezeigt. Die Ueberlebenden seiner Brigade hätten sich nicht zerstreut, bis sie fast gänzlich niedergemacht gewesen seien. Nur wenige seien unverwundet geblieben; die Offiziere seien von dem 8899 besonders aufs Korn ge⸗ nommen worden. Die Schoaner seien kriechend bis unter die Kanonen vorgerückt, hätten sich dann aufgerichtet und auf die Offiziere geschossen. Die Artillerie Albertone's habe über 1000 Schuß abgegeben. Die mit Sizilianern bemannten Batterien hätten sich ebenfalls äußerst muthig geschlagen, nur ein Offizier dieser Geschütze sei unversehrt geblieben; ebenso habe sich von den drei einheimischen Batterien nur ein einziger, aber ebenfalls verwundeter Offizier retten können. Die Depesche der „Tribuna“ fügt hinzu, die Schoaner seien seit dem 1. März nicht vorgerückt. Die Führer der Schoaner, namentlich Ras Alula und Ras Mangascha, drängen in den Negus, den Krieg bis aufs äußerste fortzusetzen, dagegen wünschten die Soldaten und die Unterführer, in die Heimath zurückzukehren. Von Kassala aus würden die gewöhnlichen Einfälle von Reiterei Felaen es scheine indessen, als ob das Korps Ghedaref's Zuwachs erhalte. Man glaube, daß General Baldissera von Asmara aus im Anmarsch sei, um für Kassala wie für Adigrat Vorsorge zu treffen.

Aus Prätoria berichtet das „Reuter'sche Bureau“, daß zwischen dem Präsidenten der Südafrikanischen Republik Krüger und dem Präsidenten des Oranje⸗Freistaats Steyn ein Austausch herzlicher Begrüßungen stattgefunden habe. Der Präsident Krüger habe Steyn zu seiner Wahl zum Präsidenten des Oranje⸗Freistaats beglückwünscht und dabei die engere Verbindung zwischen beiden Republiken hervorgehoben, die sich in natürlicher Weise aus den letzten Ereignissen entwickelt habe, und die Hoffnung aus⸗

esprochen, daß die zwischen beiden Ländern bestehenden Bande ich noch enger schlingen möchten. Der Präsident Steyn habe sich in seiner Antwort den Wünschen des Präsidenten Krüger angeschlossen.

In Johannesburg ist am Freitag ein Mann, Namens Schuhmacher, der in dem Prozeß gegen das Reform⸗ Comité als Zeuge auftreten sollte, sein Zeugniß aber ver⸗ weigerte, verhaftet worden. Für seine Entlassung aus der Haft werden 2000 Pfd. Sterl. verlangt. Es verlaute, Schuh⸗ macher beabsichtige, Transvaal zu verlassen, um seine Ver⸗ nehmung als W““

Der Bericht über die vorgestrige Sitzung des Reichstags und der Schlußbericht über die vorgestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

In der 1. (55.) Sitzung des e

welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung, fortgesetzt, und zwar bei der Frage der Konzessionspflichtigkeit des Kleinhandels mit Bier.

Abg. Dr. Schädler (Zentr.) beantragte, den Kleinhandel mit Bier unter § 33 der Gewerbeordnung zu stellen, d. h. ebenso wie die Gast⸗ und Schankwirthschaften konzessions⸗ pflichtig zu machen.

Nach der Vorlage sollte der Kleinhandel mit Bier gleich dem Betrieb des Droguenhandels untersagt werden können, wenn Thatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf diesen Gewerbebetrieb darthun.

Abg. Roesicke (b. k. F.) beantragte, diese Vorschrift nur für den Kleinhandel mit Bier vom Faß zu erlassen.

Bis zum Schluß des Blattes nahmen hierzu das Wort die Abgg. von Holleuffer (dkons.) und Roesicke (b. k. F.).

Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (38.) Sitzung, in welcher der Finanz⸗Minister Dr. Miquel und der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten D. Dr. Bosse zugegen waren, die Berathung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten bei dem Kapitel „Elementar⸗Unterrichtswesen“ fort.

Abg. Herold (Zentr.) wiederholte seinen im T⸗ Jahre ausgesprochenen Wunsch, daß im Münsterland statt der beiden frei⸗ elassenen halben Schultage wieder wie früher der Mittwoch ganz freigegeben werde. Daß der Minister den Wünschen der Gemeinden nicht willfahren wolle, zeige die Omnipotenz des Staats auf dem Gebiet der Schule und beweise, daß die Schulverwaltung nach der reinen Staatsschule strebe. In der Gehaltsfrage der Lehrer be⸗ stehe ein fortwährender Kampf zwischen den Gemeinden und der Staatsverwaltung; die Schule müsse in erster Linie eine Gemeinde⸗ sache sein, das Eingreifen des Staats in die Rechte der Gemeinde errege nur Unzufriedenheit. Die Schullasten der Gemeinden seien groß, die Steuerreform habe den Gemeinden nicht den Vortheil ge⸗ bracht, den man erwartete.

Geheimer Ober⸗Regierungs Rath Brandi: Die Regierung hat den schulfreien Mittwoch im Regierungsbezirk Münster aufgehoben, damit auch dort dieselben Verhältnisse herrschen, wie in der ganzen Monarchie. Wenn zwei Nachmittage frei bleiben, läßt sich die Zahl der Unterrichtsstunden in der Woche besser vertheilen. Ein Grund für eine andere Einrichtung im Münsterland besteht nicht.

euge zu vermeiden. 11I“

Abg. Brandenburg (Zentr.) meinte, daß der schulfreie Mitt⸗ woch im Münsterland als eine besondere Einrichtung durch lange Gewohnheit Existenzberechtigung erlangt habe. 88

Abg. Glattfelter (Zentr.) beklagte, daß den Seminarlehrern der Rücktritt in den Volksschuldienst dadurch erschwert werde, daß ihnen die Dienstzeit als Seminarlehrer nicht angerechnet werde. Nur den Seminar⸗Hilfslehrern, welche in die Stellen der ordentlichen Seminarlehrer aufgerückt seien, werde diese Dienstzeit von den Gemeinden angerechnet. . 8 .

Ministerial⸗Direktor Dr. Kügler erklärte, daß sich die bemän⸗ gelten Verhältnisse schon mehr und mehr bessern, und wo eine be⸗ sondere Härte vorgelegen, habe die Regierung immer durch Einwirkung auf die Gemeinde günstige Erfolge erzielt. 1

Abg. Knörcke (fr. Volkep.) bemerkte, daß im Regierungsbezirk Cassel noch keine geregelten Schulverhältnisse beständen. Lutheraner und Reformierte ständen sich schroff gegenüber. Wenn ein Reformierter eine Lehrerstelle haben wolle, werde seine Anstellung von einer Er⸗ klärung dahin abhängig gemacht, daß er seine Zugehörigkeit zur evan⸗ elischen Kirche ausspreche, dabei aber nach wie vor reformiert bleibe.

s follten dort Schulverhältnisse eingeführt werden nach dem Muster des 1817 erlassenen nassauischen Edikts, das vom Kaiser Friedrich warm empfohlen sei. Besonders mißlich sei auch die gegenwärtige Besetzung des Schulvorstandes, an dessen Spitze in den neisgen Fällen der ohnehin schon überlastete Landrath stehe.

Ministerial⸗Direktor Dr. Kügler: Es wäre doch nicht zweck⸗ mäßig, auf ganz andere Verhältnisse zugeschnittene Bestimmungen so ohne weiteres in dem Regierungsbezirk Cassel einzuführen. Beschwerden von Gemeinden oder Lehrern aus diesem Landestheil sind nicht zu unserer Kenntniß gekommen. Die Entschädigungen der Lehrer für den Kirchen⸗ dienst sind zu gering, diesem Uebelstande soll aber durch das Lehrer⸗ besoldungsgesetz abgeholfen werden. Die Besetzung der Schulvorstände ist eine schwierige Frage. Der Ober⸗Präsident ist jetzt mit ihrer Lösung in einer die Bevölkerung befriedigenden Weise beschäftigt.

Abg. Letocha (Zentr.) kam auf die Schulverhältnisse in Ober⸗ schlesien zurück und bestritt, daß dort eine freche und unverschämte großpolnische Agitation vorhanden sei. Eine solche Agitation könne doch nur auf die Errichtung eines selbständigen Polenreiches gerichtet sein; die oberschlesische Bevölkerung sei aber gut deutsch und patriotisch.

Abg. von Eynern (nl.) bemängelte die Verschiedenheit der Schulferien der Volksschule in den westlichen Provinzen; die Re⸗

gierungsbezirke Köln und Koblenz hätten 63 Tage, Aachen 64, Düsseldorf aber nur 54 Tage; die Regierung möge auch für Düsseldorf eine längere Ferienzeit festsetzen. Redner machte sodann auf die Disparität aufmerksam, daß in den letzten heiden Jahren von dem Fonds für Zuschüsse an unvermögende Ge⸗ meinden zu Schulbauten 2 235 000 auf die Evangelischen und

1 716 000 auf die Katholiken entfallen sind, das heißt pro Kopf der Bevölkerung 11 auf die Ervangelischen, 17 auf die Katholiken. 8

Abg. Neubauer (Pole) bemerkte, daß die Erklärung des Ministers vom Sonnabend Mißstimmung hervorgerufen habe. Die Mutter⸗ sprache gehöre auch zu den höchsten und heiligsten Gütern, deren Schutz und Pflege von Allerhöchster Stelle proklamiert worden sei. Der Religionsunterricht müsse in der Muttersprache ertheilt und der polnische Sprachunterricht auch auf den Seminarien und Präparanden⸗ anstalten berücksichtigt werden.

Abg. Dr. Sattler (nl.): Ich habe schon im vorigen Jahre auf Grund sachverständiger Mittheilungen nachgewiesen, daß in Ober⸗ schlesien der Religionsunterricht der oberen Stufen in deutscher Sprache ertheilt werden muß. Ein Unterricht in polnischer Sprache würde hier denselben Werth haben, wie der in einer fremden Sprache. Diese Thatsache ist abgeleugnet, aber nicht widerlegt worden. Wir er⸗ klären wie im vorigen Jahre, daß wir die von der Regierung in Oberschlesien befolgte Schulpolitik für die richtige halten.

(Schluß des Blattes.)

Die Kommission des Reichstags zur Vorberathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Zuckersteuer, besteht aus folgenden Mitgliedern: Götz von lenhusen, Vorsitzender; von Puttkamer⸗Plauth, Stellvertreter des Vorsitzenden; Gerstenberger, Müller (Fulda), Rimpau, Schippel, Schrift⸗ führer; Bock (Gotha), Graf von Carmer, Ehni, Hische, Klemm (Mühlhausen), Klose, Dr. von Komierowski, Meyer (Danzig), Dr. Paasche, Pingen, Richter, Graf von Schwerin⸗Löwitz, von Staudy, Wattendorf und Zubeil.

Dem Herrenhause ist der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Aufhebung der im Geltungsbereich des Rheinischen Rechts bestehenden Vorschriften über die Ankündigung von Geheimmitteln, zugegangen.

Enntscheidungen des Reichsgerichts.

Börsen⸗Zeitgeschäfte in erheblichem Umfange zwischen einem Banquier und einem in bescheidener Amtsstellung befindlichen Subalternbeamten sind, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Zivilsenats, vom 22. Januar 1896, als unklagbare Differenz⸗ geschäfte zu erachten, wenn ein thatsächlicher Anhalt für die An⸗ nahme, daß der Beamte ein für Effektengeschäfte des erwähnten Um⸗ fanges entsprechendes Vermögen besitzt, fehlt. Erfährt der Banquier erst während des Geschäftsverkehrs mit dem Beamten die Berufs⸗ und Gehaltsverhältnisse desselben, so sind dennoch die vorher abgeschlossenen Börsenzeitgeschäfte als Differenz⸗ eschäfte zu erachten, wenn der BangqFuier trotz der erlangten eenntniß ohne Anstand den bisherigen Geschäftsverkehr mit dem Be⸗ amten fortsetzt. Der Ober⸗Telegraphen⸗Assistent W., welcher ein Monatsgehalt von 200 bezog und ein gernce Ver Mahen besaß, äußerlich aber durch elegante Kleidung und 2 Auftreten im Reitanzuge sich den Schein eines wohlhabenden Mannes gab, trat mit einem Bankgeschäft in Berlin in Geschäftsverbindung, ohne zunächst seine Berufs⸗ und Gehaltsverhältnisse dem Vertreter des Bankgeschäfts mitzutheilen. Er deponierte 200 Pfd. Sterl. mexikanische Anleihe und noch einige Werthpapiere im Gesammtwerthe von etwa 4000 bei dem Bankgeschäft, und der Vertreter desselben ließ sich mit W. in Börsen⸗Zeitgeschäfte im monatlichen Umfange von 100 000 und mehr ein, ohne sich über die Vermögensverhältnisse des W. zu informieren. Nachdem dieser Geschäftsverkehr 3 b 4 Wochen gedauert hatte, erhielt der Vertreter des Bankgeschäfts von der Stellung und dem Gehalt des W. Kenntniß, nichtsdestoweniger Pebe jener in unveränderter Weise den Geschäftsverkehr mit W. fort.

.gerieth bei den Börsengeschäften in b. das Depot von etwa 4000 übersteigenden Verlust, und das vese schäft machte sich aus dem Depot theilweise bezahlt, da W. gar nicht in der Lage war, seine Differenzen in anderer Weise zu decken. Nunmehr klagte

. gegen das Pankgeschäft auf Herausgabe der deponierten Effekten nebst Kupons, und er erstritt in der Berufungs⸗ instanz ein obsiegendes Urtheil, indem diese sämmtliche Börsengeschäfte des W., auf die in den ersten 3 bis 4 Wochen, als reine Differenzgeschäfte erachtete. Die Revision des Beklagten wurde vom Reichsgericht zurückgewiesen, indem es begründend ausführte: „Zwar ist die Möglichkeit zuzugeben, daß auch ein in be⸗ scheidener Amksstellung befindlicher Subalternbeamter ein erhebliches Privatvermögen besitzen kann; allein eine thatsächliche Vermuthung für das Vorhandensein eines solchen Vermögens in den Händen eines Beamten dieser Stellung besteht nicht und kann auch nicht darauf gegründet werden, daß derselbe den Besitz von Werth⸗ papieren im Gesammtwerth von 4000 dokumentiert, ich elegant kleidet und gelegentlich im Reitanzug zeigt. er Banquier, der sich mit einem Ober⸗Telegraphisten mit 200 Monats⸗ gehalt in Fits schäft⸗ im monatlichen Umfange von 100 000 und mehr einlaͤßt, ohne sich darüber informiert zu haben, daß sein Gegen⸗ kontrahent ein solchen Geschäften entsprechendes Vermögen besitze, kann dies nur in dem Bewußtsein thun, daß das, was er von den

Verhältnissen seines Gegenkontrahenten weiß, die Erwartung effektiver

vefanbec nef gesa scne, bescagifan h nere ghet den,shn uf den beabsichtigte 2

schließen läßt...“ (314/95.) 8 8

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Dem Eigenthümer eines Forstgrundstücks darf, na einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, VI. Senats, vom 19. September 1895, unter keinen Umständen als steuerpflichtiges Einkommen der Werth oder Erlös solchen Holzes angerechnet werden, welches gegen seinen Willen vom Stamm getrennt worden ist oder infolge Beschädigung durch Windbruch oder andere elementare Ereignisse zur Vermeidung weiterer Verluste ge⸗ chlagen werden muß. „Denn wenn die Bäume eines Forst⸗ grundstücks in wirthschaftlicher Beziehung ohne jeden Unterschied be⸗ züglich ihres Alters und ihrer Größe 8 lange zur Substanz des Grundstücks gehören, bis sie durch einen Akt wirthschaftlicher Thätig⸗ keit des Eigenthümers die Eigenschaft von Früchten des Grundstücks annehmen, so kann es keinem Zweifel unterliegen, daß eine Vernichtung oder Beschädigung der Bäume, welche vor diesem Zeitpunkt eintritt, sie nicht als Früchte, sondern als Substanztheil des Grundstücks trifft. Der Erlös für Bäume insbesondere, die vor diesem Zeitpunkt infolge von Windbruch niedergelegt sind oder so be⸗ schädigt waren, daß sie geschlagen werden mußten, stellt daher stets, gleichviel, ob die Bäume nach forstwirthschaftlichen Grundsätzen schlagreif waren oder nicht, für den Eigenthümer ein Entgelt für einen Theil der Substanz des Grundstücks, bezw. des Holzbestand⸗ kapitals, nicht aber ein solches für Füe Früchte dar. In dem vorliegenden Fall fehlt jeder Anhalt für die Annahme, daß der Be⸗ schwerdeführer vor dem Sturm auch nur über einen Theil des Holzes auf den davon betroffenen Parzellen irgend eine, deren Eigen⸗ schaft als Substanz des Grundstücks ausschließende Verfügung ge⸗ troffen hätte. Es muß daher seiner Auffassung, daß kein Theil des aus dem Windbruch erzielten Erlöses seinem steuerpflichtigen Ein⸗ kommen hinzugerechnet werden darf, beigetreten werden“ (VI. A. 704.)

Zu den auf besonderen Rechtstiteln beruhenden Lasten, welche nach * 1 3 des Einkommensteuergesetzes bei der Steuerveranlagung vom Einkommen in Abzug zu bringen sind, gehört, nach einer Ent⸗ scheidung des Ober⸗Verwaltungsgerichts, VI. Senats, 1. Kammer, vom 17. Oktober 1895, das Ausgedinge, welches mit seinem vollen Werthe nach Maßgabe der dem Steuerpflichtigen obliegenden Ver⸗ pflichtung abgezogen werden kann, ohne Rücksicht darauf, ob einzelne Leistungen, mit oder ohne Zustimmung des Be⸗ rechtigten, thatsächlich garnicht oder in anderer, als der durch den maßgebenden Rechtstitel bestimmten Form gewährt werden. „Dies folgt schon mit Nothwendigkeit aus der Art der Berechnung für das Steuerjahr, also für die Zukunft. Wenn feststehende Einnahmen, z. B. Zinsen und Miethen, regelmäßig mit dem vorbedungenen Betrage, ohne Rücksicht darauf, ob sie gefordert oder mit Sicherheit eingehen werden, in Ansatz zu bringen find, so muß das Gleiche für die feststehenden Abzüge vom Gesammteinkommen gelten. Denn ebenso, wie bei den im Sinne des Gesetzes feststehen⸗ den Einnahmen die Möglichkeit des thatsächlichen Nicht⸗ einganges offen bleibt, kann auch bei den feststehenden Ausgaben die Leistung nach der bestehenden rechtlichen Verpflichtung gefordert werden, selbst wenn der Berechtigte früher thatsächlich auf einzelne Leistungen verzichtet hat oder eine andere Form sich hat gefallen lassen. Matgebent kann immer nur der Umfang der bestehenden Berechtigung oder Verpflich⸗ tung sein. Die hieraus im einzelnen Fall für den Fiskus oder den Steuerpflichtigen entstehenden Vor⸗ oder Nachtheile sind lediglich eine Folge der vom Gesetz vorgesehenen Berechnungsweise für die Zukunft, wodurch die Veranlagung nicht beeinflußt wird.“ (VI. C. 1968.)

Kunst und Wissenschaft.

Im Verein für Deutsches Kunstgewerbe wird am Mitt⸗ woch Herr Dr. O. von Falke, Direktor des Kunstgewerbe⸗Museums zu Köln, einen Vortrag halten über „altes und neues Zinn⸗ geräth“. Anläßlich einer durch den Verein demnächst auszu⸗ schreibenden Konkurrenz wird Herr Professor E. Doepler d. J. über „Diplome“ sprechen. Die Sitzung findet statt im großen Saal des Architektenhauses, Abends 8 ½ Uhr.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Der schweizerische Bundesrath hat wegen der Ausdehnung der Maul⸗ und Klauenseuche in Oesterreich⸗Ungarn, und nachdem kürzlich ein Transport Rindvieh ungarischer Propenienz in St. Mar⸗ garethen verseucht befunden worden ist, die Einfuhr von Klauen⸗ vieh aus Oesterreich⸗Ungarn in die Schweiz vom 4. d. M. ab verboten. 1 Theater und Musik.

Königliches Schauspielhaus.

„Die Höllenbrücke“, ein Schwank in drei Aufzügen von

Richard Jaffé und Wilhelm Wolff, gelangte am Sonnabend zur Erstaufführung und errang einen freundlichen Erfolg. Es ist ein harmloses Werk, dessen einziger Zweck, zu erheitern, namentlich durch die vorzügliche Leistung des Trägers der Hauptrolle, Herrn Vollmer, vollauf erreicht wurde. Der Schauplatz der in dem Stück behandelten lustigen Begebenheit ist das Berner Oberland. Der erste Akt führt den Zuschauer in die bunte Gesellschaft von Sommerfrischlern, Touristen und Bergsteigern aller Nationalitäten ein, die das „Hotel Steinadler“ im Angesicht des bis dahin unbestiegenen Göttli⸗ horns bewohnen. Große Aufregung herrscht unter ihnen; denn es naht der Tag, da der berühmte Alpinist Herr F. Schwendemann die Besteigung des jungfräulichen Gipfels unternehmen will. Der Zufall fügt es, daß ein Anderer dieses Namens, Fri Schwendemann aus Berlin, der außer dem Kreuzberg, dem Brocken und der Schnee⸗ koppe noch nie einen Berg erklomm, ebenfalls den Ort besucht und für den bekannten Bergsteiger 8. wird. Er gefällt sich in dieser Rolle und bricht wirklich an dem genannten Tage auf, um die gewagte Tour zu versuchen. Der zweite Akt spielt in einer ochgebirgshütte am Fuße des efürchtenen gicgfere dessen Be⸗ wee nur auf zwei Wegen überhaupt möglich erscheint. Der eine führt über die sogenannte „Höllenbrücke“, den einen tiefen Ab⸗ rund überspannenden Theil eines Gletschers, dessen Tragfähigkeit böchst problematischer Ratur ist, der andere durch einen steilen, wegen feiner Stein⸗ und Schneelawinen gefürchteten Kamin. In der Alpen⸗ hütte findet sich ein Theil der Gesellschaft aus dem „Steinadler⸗ zu⸗ sammen, darunter auch der Pseudo⸗Alpinist Schwendemann. Zu seinem namenlosen Schrecken macht er die Wahrnehmung, daß auch der bekannte Bergsteiger seines Namens in der Hütte Nachtguartier bezogen hal. Um den unliebsamen Folgen dieser Entdeckung zu ent eehen, bricht er heimlich in der Nacht auf, um die nächste Ceenbahnftation zu erreichen und sich rechtzeitig aus dem Staube zu machen. Er verfehlt den Pfad, überschreitet ahnungslos die „Höllenbrücke“, die hinter ihm zusammenstürst, und ist nun gezwungen, feinen Weg über den Gipfel des Göttlihorns zu nehmen. Bei dem Versuch, durch den Kamin abzusteigen, gleitet er aus und saust mit dem hinabfallenden Geröll, von einigen Schrammen ab⸗ gesehen, unverletzt in das darunter liegende Schneefeld und erreicht ungesehen das Hotel, ehe die Anderen zurückgekehrt sind immer noch ohne das Bewußtsein, daß er aus Versehen jene gefährliche Spitze erklommen habe. Im letzten Akt wird er in einer belustigenden Scene durch den wahren Schwendemann, dem der Aufstieg nicht glückte, über seine kühne That aufgeklärt. Das Stück endet mit

einigen vorauszusehenden Verlobungen in konventioneller Gespielt wurde flott und lebendig, und die Scenerie ließ an Natur⸗ wahrheit nichts zu wünschen. A Herrn Vollmer machten sich die Herren Molenar, Hertzer, Plaschke, Eichholz und die Damen von Hochenburger, Hausner, Abich um die Darstellung verdient. Dem Schwank ging das einaktige Lustspiel von Olga Wohlbrück, „Besonderer Umstände halber“, vorauf.

Deutsches Theater.

Hugo Lubliner’s Lustspiel „Die junge Frau Arneck“, das vorgestern seine erste Aufführung erlebte, macht den Eindruck jener älteren Gattung dramatischer Produkte, in welchen die Dichter zu einem vorbedachten Grundgedanken eine Handlung und die sie tragen⸗ den Personen erfanden. DieAufnahme, welche das neue Lustspiel fand, war ungleichmäßig; die beiden ersten Akte wurden ziemlich wohlwollend aufgenommen, nach dem dritten Akt machte sich einiger Widerspruch bemerkbar, der sich nach dem letzten Aufzuge erheblich steigerte. Der Dichter variiert ein oft behandeltes Motiv: die Sehn⸗ sucht einer jungen Frau, aus dem Zustande fürsorglicher Bevormundung und Unfreiheit sich herauszuarbeiten, um mit eigenen Augen das Leben kennen zu lernen und zu genießen, während der Gatte, nachdem er das Leben mit seinen Aufregungen und Leidenschaften durch⸗ kostet hat, in der Ehe in ruhiger und korrekter Häuslichkeit zu leben wünscht. Sardou hat in seiner „Cyprienne“ ein ähnliches Problem mit so viel Geist und Witz, mit sprühender Laune und liebens⸗ würdiger Anmuth dramatisch behandelt, daß jeder Nachfolgende auf diesem Gebiet Schwierigkeiten hat, um im Wettbewerb bestehen zu können. Lubliner zeichnet an Stelle der kapriziösen Französin eine junge Frau, deren Launen durch einen erkünstelten Schimmer ernsterer Gedanken verbrämt werden. Da aber wirklich ernste Ge⸗ danken in dem Stücke fast völlig fehlen, sowohl in den Seelen und Köpfen der behäbigen Personen, von welchen kaum eine einen Lebens⸗ beruf hat, als auch in der Verknüpfung der sehr leicht geschürzten Handlung, so muthen die Anläufe zu einer innerlichen Begründung der Vorgänge mehr peinlich als überzeugend an. Der einzige Vorzug, der solche Stücke sonst noch erträglich macht und ihnen eine gewisse Berechtigung verleiht: ein witziger, heiterer Dialog, ist dem Dichter diesmal auch nicht recht gelungen. Die Darstellung bot nur tadellose Leistungen, wie man sie bei der Mitwirkung der Damen Sorma, Sandow, Eberty und der Herren Müller, Reicher, Rittner und Jarno

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erhoffen durfte. Neues Theater. ““ Der Wiener Hofburg⸗Schauspieler Bernhard Baumeister setzte am Sonnabend sein Gastspiel als „Hans Lange“ in Heyse’s gleichnamigem Schauspiel fort. Auch die biedere, kernige, gemüth⸗ und humorvolle Gestalt dieses Bauern zeichnete der Künstler meisterhaft, sodaß sie bis in die kleinsten Züge ein echtes Gepräge trug. Das zahl⸗ reiche Publikum wurde nicht müde, den Gast nach jedem Aktschluß immer wieder vor den Vorhang zu rufen. Die Gesammtaufführung darf man in diesem Fall nicht mit dem Maßstabe messen, den man an sorgfältiger vorbereitete Vorstellungen anzulegen berechtigt ist; sie hielt sich aber immerhin auf guter mittlerer Höhe. Eine feine Charakterzeichnung schuf nur Herr Pagay in der Episodenrolle des Henoch. Herr Fricke konnte als Bugslaff vollauf befriedigen, ebenso Herr Werner als dessen Erzieher von Massow. Unter den Damen zeichneten sich Frau Carlsen als Gertrud und Fräulein Gabri als Dörte aus, während Frau Porroni, welche die Herzogin als Gast spielte, nicht recht zu interessieren vermochte.

Konzerte.

Am Donnerstag voriger Woche hatten sich Fräulein Adelina Hen und Herr Eugen Sandow beide durch häufigeres Auftreten im Konzertsaal und durch ihre Lehrthätigkeit im Berliner Musikleben wohlbekannt zu einem Konzert im Saal der Sing⸗Akademie vereinigt. Die Sängerin besitzt ein um⸗ fangreiches Organ, welches besonders in den hohen Tönen der Kopfstimme gut ausgebildet und wohlklingend ist und im Piano seinen größten Reiz entfaltet. Im orte klingt die Stimme der Mittellage etwas forciert, wodurch die Klang⸗ schönheit des Tons beeinträchtigt wird. Daher gelangen der Sängerin auch die kleinen, kurzen Lieder am besten, und so erzielte sie mit dem „Es muß was Wunderbares sein“ von Ries und dem schalkhaften „Nimm mich doch“ von Bungert die größten Erfolge. Ihr Vortrag ist beseelt und die Aussprache so deutlich, daß sich der Gebrauch der gedruckten Liedertexte als unnöthig erwies. Herr Sandow spielte das Konzert für Violoncello von Hofmann und wußte besonders in dem „Adagio“ mit seinem ansprechenden Thema dem Instrument singende Töne zu entlocken, während das „Vivace“ ihm Gelegenheit bot, seine Geläufigkeit glänzen zu lassen und Passagen, Sprünge und Doppelgriffe mit lockerem Handgelenk und großer Leichtigkeit auszu⸗ führen. Nach einem Adagio von J. S. Bach und zwei Pioͤcen von H. Hermann verbanden sich der Cellist und die Sängerin zu einer vortrefflich gelungenen Wiedergabe von Schumann’'s „Abendlied“ und Gounod'’s „Serenade“. Herr Bake erwies sich wiederum als fein⸗ fühliger Begleiter.

u derselben Zeit gab die junge Pianistin Hedwig IJwanowska⸗ Zaleska im Saal Bechstkin einen Klavierabend, in welchem sie mehrere bekannte Piècen von Chopin, Rubinstein, Paderewski, Statkowski und Anderen zum Vortrag brachte. Ihre technische Fähig⸗ keit ist weit vorgeschritten, jedoch fehlt der Künstlerin noch die nöthige Ruhe in der Beherrschung des Inhalts der gewählten Pidcen, deren Ausführung selbst durch manche Fehlgriffe beeinträchtigt wurde.

Das von Frau H. von Barby veranstaltete Wohlthätigkeits⸗ Konzert zum Besten der Auguste Viktoria⸗Krippe in

otsdam und des Kaiser Friedrich⸗Kinderheims in Born⸗ tedt, welches am Freitag im Saal Bechstein stattfand, war ehr zahlreich besucht. Herr Professor Heinrich Barth be⸗ gann dasselbe mit Beethoven's Sonate für Klavier 85 op. 11, Nr. 3, die er mit der an ihm stets gerühmten Tiefe der Auffassung und technischen Sicherheit vortrug. Auch noch in kleineren Stücken von Sgambati, A. Henselt und Strauß⸗ Tausig brachte der Künstler diese Vorzüge zur Geltung. Frau von Barby, die mit ihrer wohlklingenden und umfangreichen Sopranstimme zugleich temperamentvolle Ausdrucksweise vereinigt, erfreute durch den „Gesang an die Nacht“ aus „Donna Diana“ von H. Hofmann und durch Rossini's Arie „Di piacer mi balza ilcor“ aus „Die diebische Elster“. Diesen Arien sowie einigen Liedern von Thuille, M. von Kete W. Tappert und Bourgeois folgte rauschender Beifall und Hervorruf. Einen erfreulichen Kunstgenuß bot außerdem das lange ncht ehörte Violinspiel der noch in bestem Andenken stehenden Virtuosin geas Arma Senkrah⸗Hofmann, welches sich im Vortrag eines onzerts von Godard und in Piècen von Spohr und Lalo trefflich bewährte. Der Baritonist Herr Max Eschke erntete gleichfalls durch den Vortrag einiger Lieder und durch seine Betheiligung an zwei Duetten mit Frau von Barby wohlverdienten Beifall. Die Klavierbegleitung sämmtlicher Solovorträge dieses Abends führte Frau 9. Hie1a bess Heegn. Ihre Majestät die Kaiserin

riedrich wohnte dem Konzert bei.

Eine eigenartige Erscheinung im Konzertsaal ist der schnell bekannt gewordene schwedische Bildhauer Herr Sven S olander, der sich am Freitag im Architektenhause zum ersten Male vor der Oeffentlichkeit hören ließ. Die Kunst der italienischen Volks⸗ sänger, die er während seiner Studienzeit in Italien zu beobachten Gelegenheit hatte, hat er in so vollkommener Weise sich anzueignen und zu verfeinern gewußt, daß es in der That einen hohen Genuß bietet, seinen musikalisch, deklamatorisch und mimisch his ins feinste aus⸗ gearbeiteten Vorträgen zu lauschen. Zur Begleitung bedient er sich einer Laute oder Guitarre mit erweitertem Griffbrett, die er nicht allein höheren Kunstanforderungen entsprechend beherrscht, sondern auch nach Art der musikalischen Clowns in allen möglichen, seiner mimischen Aufgabe entsprechenden Lagen zu spielen im stande ist. Die Stimme würde, mit dem für den Konzertgesang üblichen Maßstabe Pmefsen. als unzureichend zu bezeichnen sein, ihr Reiz liegt aber im Vortrag, und dieser ist wieder von dem ausdrucksvollen Mienen⸗ und Geberden⸗ spiel, der die halb gesungenen, halb gesprochenen Vorgange illustriert, untrennbar; so entsteht ein Gesammteindruck, der als ein in hohem Maße künstlerischer bezeichnet zu werden verdient. Das Gebiet, aus