a. Wäsche, Kleidung, Kopfbedeckung, Putz. 1) Näherei. 2) Schneiderei. “ 1 3) Herstellung fertiger Kleider und Wäsche (Konfektion).
4) Putzmacherei. 5 Ueigseluns Bekleidung und Ausstattung von Puppen. 6) Verfertigung von künstlichen Blumen und Federschmuck. 7) Hutmacherei, Verfertigung von Filzwaaren. B 8) Mützenmacherei (auch wenn verbunden mit Hutmacherei). 9) Kürschnerei. 1 10) Seö (auch wenn zugleich Kravattenmacher). 11) Verfertigung von Kravatten und Hosenträgernr. 12) Verfertigung von Korsets. b. Schuhmacherei. 18 . c. Barbieren, Frisieren, Perrückenmacherarbeit. 1) Barbiere (auch wenn zuͤgleich Friseure). 2) Friseure und Perrückenmacher. d. Baden und Waschen. Badeanstalten. “ 2) Waschanstalten, Wäscherinnen, Plätterinnen. 3 Fleckenausmacher, Kleiderreiniger, Stiefelwichser, Kammer⸗ jäger.
XV. Bangewerbe.
a. Bauunternehmung und Bauunterhaltung (Hoch⸗, Eisenbahn⸗, 8 Wasserbau), soweit nicht zu den folgenden Klassen b bis n zählen. 1) Bauunternehmung. 2) Baggereibetrieb. 3) Privatarchitekten, Zivilingenieure, Bautechniker und bau⸗ technische Bureaux. b. Feldmesser, Geometer, Ma r, Kulturtechniker und Wiesenbauer. 8 1“ 81 immerer. . Glaser. 1 8— 8 Stubenmaler, Staffierer, Anstreicher, Tüncher, Stubenbohner. .Stuckateure. 11“ „Dachdecker (Ziegel⸗, Schiefer⸗, Schindel⸗, Stroh⸗). „Steinsetzer, Pflasterer und Asphaltierer. , Brunnenmacher. 8 1. Einrichter von Gas⸗ und Wasseranlagen (Gas⸗ und asser⸗ installateure). 8 m. Ofensetzer (auch wenn zugleich Töpfer, vergl. IV d 3). n. Schorsteinfeger. XVI. Polygraphische Gewerbe. a. Schriftschneiderei und ⸗Gießerei, Holzschnitt. “ b. S auch Stein⸗ und Metall⸗, sowie Farbendruck. 1) Buchdruckerei. 2) Stein⸗ und Zinkdruckerei. 3) Kupfer⸗ und Stahldruck 4) Farbendruckerei. 8 c. Photographische Anstalten. 8 XVII. Künstlerische Gewerbe. a. Maler und Bildhauer (Künstler). b. Graveure, Steinschneider, Ziseleure, c. Musterzeichner, Kalligraphen. d. Sonstige künstlerische Gewerbe. XVIII. Handelsgewerbe. a. Waarenhandel. ) Handel mit Thieren. . “ ndel mit landwirthschaftlichen Produkten. ndel mit Brennmaterialien. 8 benes mit Baumaterialien.
Modelleure.
Handel mit Metallen und Metallwaaren. ndel mit Maschinen und Apparaten (Nähmaschinen, Fahrrädern ꝛc.). ” Handel mit Droguen, Chemikalien und Farbwaaren. Handel mit Kolonial⸗, Eß⸗ und Trinkwaaren. T. Handel mit Wein. “ andel mit Taback und Zigarren. andel mit Leder, Wolle, Baumwolle. ndel mit Manufaktur, (Schnitt⸗) Waaren. 1! . E Handel mit Kurz⸗ und Galanteriewaaren. Handel mit verschiedenen und anderen als vorstehend benannten Waaren. 15) Trödelhandel. 3 8 b. Geld⸗ und Kredithandel. 8 c. Spedition und Kommission. d. Buch⸗, Kunst⸗ und Musikalienhandel,
n und Musikalienhandel, einschließlich Verlag
auch Zeitungsverlag und
1) Buch⸗, Kunst⸗ und Antiquariatshandel.
2) Leihbibjiotheken. 1“ 8
3] Zeitungsverlag und ⸗Spedition (auch ⸗Expedition). e. Hausierhandel. 3 f. Handelsvermittelung ee Kommissionäre, Agenten laus⸗ nommen Versicherungsagenten]). 88 Hilfsgewerbe des Handels (Stauer, Schauerleute, Taxatoren, Markähelfer, Messer, Wäger, Packer, Sackträger ꝛc.).
h. Versteigerung, Verleihung, Aufbewahrung, und ermittelung, Auskunftsbureaux. “ 8 Auktionsgeschäfte und Auktionatoren.
fandleihanstalten. vse 1““ Verleihungsgeschäfte, einschließlich Maschinen⸗Lohndrescherei. Aufbewahrungsanstalten. Stellenvermittelung. Inseratenvermittelung und Auskunftsbureaur.
XIX. Versicherungsgewerbe. Lebens⸗ und Rentenversicherung.
b. Unfallversicherung. c. Facgleasceruna
—“ 2eee.
d. Hagelversicherung.
e. Viehversicherung. 1““ 1— f. Sonstige Versicherungszweige (Transport⸗, schädenversicherung ꝛc.) und Betrieb mehrerer Versicherun
XX. Verkehrsgewerbe. a. Landtransport. 1 1) Posthalterei und Personenfuhrwerk. 1“ 2) Straßenbahnbetrieb. “ 3) Fracht⸗ (auch Roll⸗) Fuhrwerk, Güterbestätter. b. Wassertransport (Rhederei, Schiffahrt und Flößerei). 1) See⸗ und Küstenschiffahrt. “
8 6. fen⸗ und Lootsendienst, 4“ und Beleuchtungs⸗ wesen, Schleusen⸗ und Kanalwacht. 8 8 d. Dienstmannsinstitute und Dienstmänner, Lohndiener, Boten⸗ günger, Kofferträger, Fremdenführer und dergleichen. e. Leichenbestattung, einschließlich Todtengräber.
XXI. Beherbergungs⸗ und Erquickungsgewerbe
a. Beherbergung (Gasthöfe und Hotelsgarnis). b. Erquickung (Schank⸗ und Speisewirthschaften).
Deutscher Reichstag. 55. Sitzung vom 9. März 1896, 1 Uhr. Die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betr
Kleinhandels mit Bier. Bier unter § 33 der Gewerbeordnung zu stellen, Nach der Vorlage sollte der Kleinhandel mit B
wenn Thatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässi Gewerbetreibenden in Bezug auf diesen Gewerbebetrieb Abg. Roesicke (b. k. F) beantragt, diese Vorschrift den Kleinhandel mit Bier vom Faß zu erlassen.
Abg. von Holleuffer (dkons.):
wirthschaften zu unterdrücken. Aber wie soll der Kleinhä die Hehlerei, das Spiel fördern? Lokalfrage bestimmten b 8 händler mit Bier braucht gar kein Lokal. Und wie soll dürfnißfrage geprüft werden? Der Kleinhändler mit Aber dazu bietet die Gewerbeordnung kann noch nicht ein Gr 1 t Deshalb sollte man sich begnügen mit 1 wiederholtem unerlaubten Ausschank die Genehmigung handel mit Bier zurückgenommen werden könne. 8 1 2 Abg. Roesicke: Ich halte den Antrag Schädler für über die Vorlage hinausgehend. Jedenfalls liegt nicht Einzelstaaten ein Bedürfniß für die Beschränkung handels mit Bier vor. Für Preußen selbst wünsche solche Befugniß der Regierung nicht. Flschen ereereewch hat den egierung scheint selbst nur gedrängt denn von Mißständen ist in der davon, daß . händler Bierausschank betreibt. 1500 bis 2000 Millionen Flaschen einmal eine Flasche beim Händler das nicht schlimm. Man nifft durch solche 2 die kleinen Materialisten und Lebensmittelverkäufer.
zu sein zu dieser Be
Bier in Flaschen
ausgetrunken wird,
Gewerbebetrieb entzogen werden? Die Bestimmungen über zessionierung von Schankwirthschaften passen garnicht für handel mit Bier, weil de gezogen werden kann. Die Gastwirthe haben in sich gegen den Flaschenbierhandel ausgesprochen, Gründen der Konkurrenz. e Gas allerdings trotz der hohen Preise cine se Süddeutschland. Aber durch die Beseitigung des
schwierigere
das 9 Beschränkungen, wie Herr Schädler sie vorgeschlagen, f man das halbe Leben in der Bierstube zu; es nicht so. Die kleinen Brauereien in der Konkurrenz des Flaschenbiers, Man wird sehr bald in Bayern vor die diese kolossal hohe Biersteuer noch
kräftigen Sie sollten Maßregeln. verkauft wird, so liegt die Gefahr des verkaufe weitaus das größte Quantum jede andere Brauerei; vielleicht auch gewünscht, handels durchgeführt wird. die Verhältnisse und weiß, Großbrauer, sondern nur der ö auf diese Weise ein paar Konkurrenten los zu geordneten sind dann bereit, unter der Devise, helfen, in den Kampf einzutreten. Herrn von Strombeck hin, daß, um dem sh Fhen gn. cht h sondern vermindern ränkungen nicht vermehren, sondern verm Gebämer Regierungs⸗Rath Gruner: Die G Winkelausschanks ist doch eine größere, als der Vorredn möchte. Der Kleinhandel mit Bier in Flaschen oder vom Gelegenheit, das Bier zum sofortigen Genuß zu verkau Antrag Schädler geht allerdings etwas weiter, Interesse fordert. Die Vorschriften die Prüfung der Lokalverhältnisse, dürft passen für den Kleinhandel mit Bier durchaus nicht. T Roesicke würde die Vorlage der verbündeten Regierungen auß abschwächen. 8 schazch Lenzmann (fr. Volksv.): Spezielle Studien Schädler wohl nicht gemacht haben; er wird seine Angaben essenten haben. Aber ich habe die Sache als Rechtsanwalt studi weiß, daß die Strafmittel ausreichen, um den Winkelaus ständig zu verhindern. Die eine so strenge, daß ein Winkelschank h jemand seinen großen Durst befriedigt durch einer Flasche Bier, die er beim Spezereihändler ist doch nicht gefährlich und etwas mehr Bequemlichkeit liebt. die Denunziationen der Konkurrenten man sollte dieses Denunziantenwesen nicht noch man auf diese Weise beim Bier treffen will, in ustrie der Polizei unterstellen.
ihre Lage nicht noch mehr Wenn das Bier nicht in Flaschen, sondern Winkelschanks viel n
Aber ich kenne aus eigener daß durch jede kleine geschädigt wird. werden,
die Bedürfnißfrage
dann müßte man jede 2 Aber die Vorschrift h füllen. Das ist Förderung der Völlerei. dient nicht der Sittlichkeit. W er kl G vorwärts kommen, dann sollen sie zum Flaschenbierhandel und diesen nebenbei betreiben. wird das Kartenspiel gefördert. Fl den Haustrunk und leert die Wirthshäuser. wein greifen. An das Getränk des — um die Weinkasinos, wo vielleicht noch bekümmert sich aüche 8* b Schnapsteufels. räsident Freiherr von Redner, beim Bier zu bleiben!) Wer den will, der darf den Biergenuß nicht beschränken. W. Mißbrauch mit dem Konzessionswesen getrieben wird, der Lust verspüren, dasselbe auszudehnen. Bestimmung zu streichen und alle Anträge, abzulehnen.
Buol:
auch den Antr
brauch des Konzessionswesens vorgekommen sei. einmal ein Fehler vorgekommen sein, aber da gebe es weg im Verwaltungsstreitverfahren. Solange nicht Thatsachen vorgebracht würden, müsse schuldigungen zurückweisen.
Abg. Dr. von Wohlhabend und Arm, um den Ge
atz von von Flaschenbierhandel und Gastwirth
ens chaft, sondern um stellung der Konsequenzen aus § 33. bt seh
Abänderung der Gewerbeordnung, wird fortgesetzt und zwar bei der Frage der Konzessionspflichtigkeit des
Abg. Dr. Schädler (Zentr.) beantragt, den Kleinhandel mit d. h. ebenso wie die
Gast⸗ und Schankwirthschaften konzessionspflichtig zu machen.
dem Betrieb des Droguenhandels untersagt werden können,
Der Antrag Schädler hat etwas Bestechendes, weil es scheint, daß er lecigne; ist, die Winkel⸗
Bier konzessionspflichtig gemacht werden? Wie kann er die Völlerei, Wie kann er in Bezug auf die Bedingungen unterworfen werden? Der Klein⸗
bestraft werden, wenn er unbefugter Weise Bierausschank betreibt. keine Handhabe; denn darin Grund zur Entziehung der Konzession liegen. der Bestimmung, zum Klein⸗
des Klein⸗
Gerade die Ausdehnung des Schnapskonsum vermindert. Die
Begründung keine Rede, sondern nur es Schwierigkeiten macht, festzustellen, ob ein Klein⸗
abgesetzt; wenn da wirklich Maßregeln
soll denn bei einer kleinen Uebertretung gleich die Genehmigung zum
die Bedürfnißfrage dabei garnicht in Betracht ihren Versammlungen aber lediglich aus Die Gastwirthe haben in Norddeutschland Stellung als in Flaschenbierhandels können die Gastwirthe ihre wirthschaftliche Lage nicht bessern z denn ublikum hat sich an den. Genuß des Flaschenbiers gewöhnt. Solche dühfen ve Fen.
ion und Monopolisierung des Betriebes. In Süddeutschlan ring
8 bei uns in Norddeutschland ist Bayern kranken nicht unter sondern unter der hohen Steuer. Frage gestellt werden, ob aufrecht erhalten werden kann. Den norddeutschen Brauereien wird durch die Konkurrenz der kapitäal⸗ süddeutschen Großbrauereien das Leben schon schwer gemacht; mehr erschweren durch solche
von Flaschenbier mehr als meine Abnehmer unter den Gastwirthen hätten daß eine Beschränkung des Flaschenbier⸗
Beschränkung nicht der Jeder hofft und die Ab⸗ dem Mittelstande zu Ich weise auf die Worte des Mittelstande zu belfen, Mittelstandes geschädigt wird. Man sollte die Be⸗
als es da über die Schankwirthschaft,
Der Antrag
Die Aufsicht und die Rechtsprechung höchstens noch möglich ist, wenn das Hinunterstürzen kauft. fördert nicht die Völlerei, welche Auf diesem Gebiet herrschen in übermäßiger Weise; Z ergehen gegen das Nahrungsmittelgese . Nahrungsmittel⸗ austrunk zu erschweren und die Wirthsräume zu E“ 8 Wer dafür eintritt, der Wenn die kleinen Schankwirthe nicht
Wenn die Bierstuben gefühlt werden, Der Flaschenbierhandel begünstigt ⸗ 1g; H kommt gerade den ärmsten Leuten zu gute, die sonst zum ommt g reichen — ven 252 wagt icht. Gegen die Bier⸗ und Schnapskasios schreitet man ein
van ic. 2e 8 Schlimmeres getrieben wird, ist der bes Fe ner des Schnapsgenuß beschränken Wer da weiß, welcher
Redner empfiehlt,
Ministerial⸗Direktor von Woedtke bestreitet, daß ein Miß⸗ Es könne ja wohl
er solche allgemeinen An⸗
asse (nl.): Es handelt sich hier nicht um den Gegensatz Bier und Schnaps,
effend die
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gkeit des darthun. nur für
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die Be⸗ Bier soll
daß bei bedenklich für alle
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dürfte keine die ganze ag Roesicke,
den Rechts⸗ bestimmte
die Sicher⸗
die, wenn sie eine Konzession nicht erhalten haben, den Versuch machen, auf einem Umwege das Schankgewerbe auszuüben. Ich glaube nicht, daß irgend einer meiner politischen Freunde für den An⸗ trag Schädler stimmen wird. in den § 33. Mir scheint der Antrag Holleuffer annehmbar, nach welchem der Gewerbebetrieb untersagt werden kann, wenn Kontra⸗ ventionen vorgekommen sind. Der Antrag Roesicke würde die ganze Sache überfluͤssig machen, denn es wird wenig vorkommen, daß das Bier vom Faß verkauft wird. .
Abg. Schmidt⸗Berlin (Soz.): Man spricht von der Hebun der Moral und Sittlichkeit; da sollte man erst dafür sorgen, da die Schulen besser werden und die wirthschaftlichen Verhältnisse si so heben, daß die Bevölkerung nicht auf den Schnapskonsum an⸗ gewiesen ist. Der Schnapskonsum hat in ganz Deutschland nicht zugenommen. Aber in Bayern hat der Konsum von Bier etwas ab⸗ genommen; ob dort eine Zunahme des Schnapskonsums stattgefunden hat, ist nicht festzustellen. Daß Mißbrauch mit der Konzessions⸗ ertheilung getrieben wird, wissen wir am allerersten. Wenn ein Gast⸗ wirth seine Versammlungsräume den Sozialdemokraten zur Verfügung stellt, dann wird ihm die Polizeistunde beschränkt; anderen Leuten wird sie verlängert. Redner behauptet, daß in Adlershof ein Lokal vom Amtsvorsteher in dieser Weise benachtheiligt werde; das sei ein großes Sommerlokal, nicht ein Lokal, in welchem hauptsächlich Branntwein geschänkt werde. Die Sozialdemokraten, welche sich mit dem Flaschenbierhandel befassen wollten, würden wahrscheinlich ebenso chikanss behandelt werden, wie die Gastwirthe. Der Denunziation würde Thür und Thor geöffnet werden. Für eine solche weitere Chikanierung der gewerblichen Kreise liege durchaus kein Grund vor. 82 Ministerial⸗Direktor von Woedtke: Selbst wenn es in den einzelnen Fällen der Konzessionsertheilung nicht ganz objektiv zuge⸗ gangen sein sollte, so paßt das nicht auf den Kleinhandel mit Bier, der nicht der Konzessionspflicht unterworfen wird, wo die Genehmigung zum Gewerbebetrieb nur zurückgenommen werden kann, und zwar im Rechtswege, wo keine Willkür entscheidet.
Abg. Freiherr von Stumm (Rp.): Wir überzeugen uns doch nicht, sondern vertrödeln nur die Zeit. Daß das die Absicht sein sollte, habe ich nicht gesagt. Sie (links) finden alles Heil in der freien Kon⸗ kurrenz, wir nicht. Die Ausdehnung des Bierkonsums hat Herr Roesicke gelobt. Danach hätte der Reichstag also zu Unrecht die Frage des Bedürfnisses in den Vordergrund gestellt; das ist aber geschehen. Ist es denn wunderbar, daß die Gastwirthe sich wehren gegen die Konkurrenz des Flaschenbierhandels? Herr Lenzmann hat Herrn Sedlmayr vorgeworfen, daß er sich zum Vormund der kleinen Brauer gemacht hat; das hat Herr Rösicke ebenfalls gethan. Wenn man in diesem Hause etwas durchsetzen will, dann spricht man immer von den kleinen Leuten. Es handelt sich nicht um die Großen oder um die Kleinen, sondern darum, daß die Trunksucht eingeschränkt win. Wenn Herr Lenzmann behauptet: der Bierkonsum in den Wirtz⸗ schaften habe abgenommen, da der Haustrunk zugenommen hat, so ist das nicht richtig; an beiden Stellen ist der Konsum gestiegen. Die Trunksucht in Bier ist in Süddeutschland ebenso groß wie in Nord⸗ deutschland beim Schnaps. Der Bierkonsum hat auch seine physischen Nachtheile. Wenn wir in Norddeutschland den Flaschenbierhandel nicht konzessionspflichtis machen wollen, warum sollen wir den Wünschen der Herren im Süden nicht nachkommen? Wenn der Kleinhandel mit Branntwein der Konzessionspflicht unterstellt werden sell, warum nicht auch der Flaschenhandel mit Bier? Ich werde für den Antrag Schädler und für die Regierungsvorlage stimmen.
Abg. Birk (Soz.) bestreitet, daß die Trunksucht zugenommen habe. In München habe vor einigen Jahren der Flaschenbierhandel angefangen, und der erste Anfänger habe damit ein riesiges Geschäft gemacht, sodaß das Publikum die großen Brauer gezwungen habe, ebenfalls zum Flaschenbierhandel überzugehen. Wer mit dem Ken⸗ zessionswesen Erfahrungen gemacht habe, dem graue vor einer Erweite⸗ rung der Konzession. Trotzdem das Bedürfniß und ein geeignetes Lokal vorhanden gewesen wäre, sei die Konzession abgelehnt worden, während ein beim Magistrat beliebter Herr sogar auf einem Bauplatz eine Konzession bekommen habe. —
Abg. von Salisch (dekons.): Herr Lenzmann meinte, dem Wein sollte man nicht zu Leibe gehen. Wer hat denn gegen die Wein⸗ steuer gestimmt? Daß es vortheilhafter ist, Bier zu Hause zu trinken als in der Kneipe, ist doch kein Standpunkt, den man ernstlich ver⸗ treten kann. Bei den Droguisten sollten die Zahlen aus Berlin nicht maßgebend sein, und jetzt werden zwei Fälle angeführt, in denen Kon⸗ zessionen nach Gunst ertheilt sind, und das soll nun für uns maß⸗ gebend sein. Die Gastwirthe werden als Denunzianten e ePenhe was ist es aber anders, wenn man gegen einen Stand von Beamten den Vorwurf erhebt, daß sie chikanös verfahren! Dagegen muß ich auf das entschiedenste protestieren. 1
Abg. Dr. Schädler: Die Bedenken gegen meinen Antrag werden wohl am besten durch die Regierungen im Wege der Landes⸗ gesetzgebungen beseitigt werden können. Perr Lenzmann macht mich zu einem Apostel der Völlerei, der die Wirthsstuben füllen wolle. Das hat auch in einer Berliner Zeitung gestanden, aus welcher es Herr Lenzmann vielleicht entnommen hat; die Zeitung hat auch mit einem gewissen Augenverdrehen davon geschrieben, daß es derselbe Abg. Schädler gewesen, der für die Beschränkung der Theater eingetreten sei. Behalten Sie in Norddeutschland, was Sie haben, und geben Sie uns, was wir wollen! (Zuruf des Abg. Richter: Und wo bleibt das Deutsche Reich?) Das Deutsche Reich ist nicht auf der Grund⸗ lage des Flaschenbierhandels aufgebaut. (Zuruf des Abg. Richter: Geben Sie uns doch die Biersteuer!) Kommen Sie doch mit Ihren Anträgen, wir wissen ja längst, was Sie wollen! Wir treten für den seßhaft gewordenen Gewerbestand der Schankwirthe ein.
Damit schließt die Debatte.
In der Abstimmung wird beschlossen, die Konsumvereine nach dem Antrag Gröber derselben Konzessionspflicht zu unter⸗ werfen, wie die Gast⸗ und Schankwirthschaften; der Antrag Schädler wegen der Konzessionspflichtigkeit des Kleinhandels mit Bier wird abgelehnt; dafür stimmen die Konservativen, ein Theil des Zentrums und einige Nationalliberale.
Bezüglich des Artikels 4 wird beschlossen, nach dem Antrag von Holleuffer für den Kleinhandel mit Bier die Untersagung eintreten zu lassen, wenn der Gewerbetreibende wiederholt wegen dena sugten Betriebs der Schankwirthschaft bestraft ist; ferner wird nach dem Antrag Gröber der Hande mit Loosen von Lotterien und F unter die Vor⸗ schrift des § 35 gestellt. Bezüglich der Droguen und Prä⸗ parate wird ebenfalls der Antrag Gröber — wonach der Handel mit Droguen und chemischen Präparaten untersagt werden kann, sofern die Handhabung des Gewerbe⸗ betriebes Leben und E der Menschen gesahrde.
In namentlicher Abstimmung wird darau Artikel 4 mit 137 gegen 78 Stimmen angenommen.
Nach Artikel 5 kann, wenn in den Fällen des § 35 die Untersagung eines Gewerbebetriebes erfolgt ist, durch die Lander Hentrabehör oder eine andere von ihr zu bestim⸗ mende Behörde die Wiederaufnahme des Gewerbes werden, sofern seit der Untersagung mindestens 1 Jahr ver⸗ flossen ist. .
Artikel 5 wird ohne Debatte angenommen.
Darauf wird um 5 ¼ Uhr die weitere Dienstag 1 Uhr vertagt.
Berathung bis
viele Leute,
Der Kleinhandel mit Bier paßt nicht
diese Verh
Dritte Beilage
s⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Dienstag, den 10. Mäürz
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 238. Sitzung vom 9. März 1896, 11 Uhr.
Ueber den Beginn der Sitzung vorheg 5 sett d as Haus setzt die zweite Berathung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten bei dem Kapitel, Elementar⸗ Z eve fort. g. Szmula (Zentr.) erklärt, daß der Abg. Sat oberschlesischen Verhältnisse nicht richtig kenne. Freche schämte Behauptungen über die Katholiken habe die „Kölnische Fitung aufgestellt, sie behaupte, ein Geistlicher habe zu seiner Gemeinde gesagt: Wenn Ihr ein einziges Wort deutsch sprecht, so ist das eine so schwere Sünde, daß ich Euch davon nicht lossprechen kann; das habe Fürstbischsf Kopp an einer Tafel erzählt. Das sei die gemeinste Lüge, die seit Erschaffung der Welt vorgekommen sei, veebeh 89 Fher⸗ Million für den Geistlichen, der das ges Die Regierung wolle die polni S . arcängen, 29es 8 Flunkerei vXXX“ Abg. Dr. Sattler (nl.): Seine Erregung halte ich dem Abg. Szmula zu gute. Nicht alle Oberschlesier stehen auf der Seite des Herrn Szmula; Herr von Gilgenheimb, der selbst aus Oberschlesien st hat sich neulich zu unserem Standpunkt bekannt. Wir können uns nicht so auf die Zeitungsstimmen verlassen, wie auf die Berichte der Beamten. Die fürstbischöflichen Kommissare haben sich mit den Er⸗ folgen des Religionsunterrichts in Oberschlesien völlig befriedigt erklärt. S nicht glauben, weil Herr Szmula es will? run efinde 1 iti f mign bühe sich mit ihrer Schulpolitik auf dem bg. Gerlich Lfrkons.) vertheidigt die Politik der Regierun gegen die Angriffe des Zentrums und der de, Die Polen strebten danach, daß die Kinder, sobald sie die Schule verlassen haben, das Deutsche wieder verlernen. Daß ein Geistlicher das Polnische als die allein zulässige Sprache bezeichne, komme tagtäglich vor. Es sei in den Ostprovinzen anerkannt worden, daß der Manister mit den Polen 11““ vewtsch gesprochen habe. Abg. Wolczyk (Zentr.) tritt nochmals für die Erthe Religionsunterrichts in polnischer Sprache “ Abg. Schröder (Pole) führt aus, daß die Schule ohne Berück⸗ sichtigung der Muttersprache ihre Aufgabe, zu erziehen, nicht erfüllen
könne.
Abg. Dr. Porsch (Zentr.) bestreitet, daß die fürstbischöflichen
Kommissare mit den (Srnhrhen des Religionsunterrichts 8 Uchen schlesien überall zufrieden gewesen seien. Die Frage der Muttersprache
dürfe nicht nach politischen Gesichtspunkten entschieden werden. Die
Paritätsklage des Abg. von Eynern sei gänzlich unbegründet, dieser
habe dem Zentrum immer das Verlangen einer mechanischen Parität
vorgehalten und operiere nun selbst damit. Es handle sich um Zuschüsse an unvermögende Gemeinden, und wenn die Regierung mehr katholische
Gemeinden 8 gefunden habe, so sei die Sache einfach er⸗
klärt. Aber die meisten Summen für die katholischen Gemeinden ent⸗
fielen auf die Ostprovinzen und dienten der Germanisierungspolitik, üns e in 8n sich.
g. Dr. Sattler: Herr von Eynern hat gewiß nur die mechanische und kalkulatorische Art der Bachem'schen Aufstellung mit küben heutigen Beispiel ad absurdum führen wollen. Wir bbe⸗ garnichts dagegen, daß die oberschlesischen und sonstigen katholischen Gemeinden des Ostens den Zuschuß erhalten; von einem Germanisierungszwecke kann aber nicht die Rede sein.
Abg. Dr. Porsch: Ich freue mich, daß Herr Sattler die Be⸗ hauptung des Herrn von Eynern eingeschränkt hat. Dieser meinte es heute ebenso ernst wie neulich mit der Beunruhigung der evangelischen durch die angebliche Bevorzugung der katholischen
n.
Auf eine Anfrage des Abg. Dauzenberg (GZentr.) erklärt Mnisterial⸗Direktor Dr. Kuegler, daß zur Erri 689 ne. Präpa⸗ indenanstalt in der Rheinprovinz kein Bedürfniß sei.
Bei den Ausgaben für die Schulaufsicht erklärt auf eine S⸗ des Abg. Tamoschus 8.S2
Ministerial⸗Direktor Dr. Kuegler, daß in Ostpreußen in der Unter⸗ stufe und Mittelstufe das Littauische beim Religionsunterricht berück⸗ sichtigt werde; in der Oberstufe werde der Religionsunterricht mit sehr sutem Erfolge deutsch ertheilt.
g. Schnaubert (kons.) tritt für die Erhaltung der littauischen Sbrache und Eigenart ein; einer Germanisierungspolitik bedürfe es in Littauen nicht, weil da kein nationaler Gegensatz vorhanden sei; die Littauer wollten selbst, daß ihre Kinder auch Deutsch lernen.
Abg. Dauzenberg (Zentr.) beklagt, daß das Schulaufsichtsgesetz
8 1872 die Schulaufsicht gänzlich in die Hände des Staates gelegt abe; die Schulaufsicht müsse den Geistlichen übertragen werden.
Der Minister meine, die Schulaufsicht sei eine rein schultechnische
Frage und müsse von enX ausgeübt werden; aber Fach⸗
männer würden leicht einseitig. Die Schule sei trotz allem nicht eine
Veranstaltung des Staates, sondern der Gemeinde, und die Eltern
und die Kirche haben dabei auch ein Wort mitzusprechen.
Von 1872 bis 1880 habe man die Schulaufsicht mißbraucht,
8 den Religionsunterricht zu kürzen und katholisch⸗kirch⸗ * Leben nicht aufkommen zu lassen. Die evangelische Kirche
8 e man nicht berührt. Unter den jetzigen Verhältnissen müßten ie Katholiken unversöhnliche Gegner der Kreis⸗Schulinspektion bleiben; denn hier werde am meisten mit zweierlei af gemessen; die katho⸗ lischen Geistlichen seien aus der Kreis⸗Schulinspektion beinahe ver⸗ rängt. Herr Stöcker habe dem Staat die Konzession der Kreis⸗ Schulinspektion machen wollen, damit der Geistliche sich ausschließlich
seinem kirchlichen Amt widmen könne, aber die Aufsicht über die
Crnehung gehöre mit zu den vornehmsten Aufgaben der Geistlichkeit.
Die Bestimmungen des Falk'schen Erlasses über die Lokal⸗Schul⸗
inspektion müßten geändert werden. Man müsse die Schule überhaupt
mehr in Ruhe lassen und nicht so viel reglementieren. In Bezug
9 Schulsachen lasse man sich von einem gewissen Größenwahn
detten; wir müßten wieder zu der früheren schönen Einfachheit zurück⸗ ehren. Die Schule solle eine Unterrichts⸗ und Erziehungsanstalt in
hristlichem Sinne sein.
Ministerial⸗Direktor Dr. Kuegler erklärt, daß er die letzten Wen⸗ ungen von Größenwahn und schöner Einfachheit nicht verstebe.
Gott sei Dank, sei die Schule eine christliche Unterrichts⸗ und Er⸗
siehungsanstalt. Ueber 7139 Schulen haben die Geistlichen die Orts⸗
schulaufsicht, unter den Kreis⸗Schulinspektoren seien 95 katholische eistliche. Herr Dauzenberg solle die Dinge mehr praktisch ansehen.
1 Abg. von Strombeck (Zentr.) beschwert sich über die Polizei⸗ erordnungen wegen der Verwaltung des Schulvermögens im Erfurter etzirk und wegen der Entschuldigungen bei Schulversäumnissen; die trafen für Schulversäumnisse seien so hoch, daß sie die kleinen Leute
auf dem Lande ruinierten.
1 Ministerial⸗Direktor Dr. Kuegler erwidert, daß die Polizei⸗ Zochnenhfen über die Bestrafung wegen Schulversäumnisses durch die flichte ür ungültig erklärt seien; die Versäumnißstrafen seien des⸗ alb neu geregelt, erne Beschwerde über die Höhe derselben sei noch
ist gestern berichtet
Abg. Knörcke (frs. Vgg.) theilt mit, daß er Herrn D im Interesse des Fortgangs der Etatsberathung zu habe, seine Rede über die Schulaufsicht, die derselbe nun schon seit 20 Jahren wiederhole, diesmal zu unterlassen; Herr Dauzenberg habe seine Rede aber für unumgänglich nothwendig erklärt. Die Schul⸗ inspektion sei Sache von Fachmännern, und Geistliche könne man nicht eo ipso als Fachmänner auf diesem Gebiete ansehen. Die Aus⸗ führungen des Abg. Dauzenberg seien bereits in jedem Jahre wider⸗ legt worden; der Staat werde hoffentlich sein Recht auf die Schule niemals aufgeben. Die Mahnung, der Schule Ruhe zu lassen, solle Herr Dauzenberg lieber an sich und seine Freunde richten, und wenn es ihm damit ernst sei, daß die Schule Ruhe habe, so solle das Zentrum nicht täglich nach dem Schulgesetz à la Zedlitz rufen. Abg. Neubauer (Pole) wünscht die Uebertragung der Schul⸗ inspektion 89 Geistliche und beklagt es besonders, daß in seiner Heimath in Westpreußen die Orts⸗Schulinspektion fast durchweg dem Kreis⸗ Schulinspektor übertragen sei; wollten die Eltern ihre Kinder vom Schulbesuch dispensiert haben, so müßten sie erst zwei, drei Stunden Weges zum Schulinspektor zurücklegen. Die Debatte über die Schulaufsicht wird durch einen 88 Feschlossen „Bei den Besoldungen der Kreis⸗S ins wunsh g chulinspektoren Abg. Gerlich (fr. kons.), daß man die Lokalinspekti Kreis⸗Schulinspektoren übertrage, und daß mehr “ e Er freue sich, daß diese rribre den Seminarlehrern eröffnet sei, und wü G Eehh e vemacht werde. “ g. Dasbach (Zentr.) schließt sich dem Wunsche des Abg. Neubauer nach Ernennung katholischer Kreis⸗Schulinspektoren 8 MSefanenben an 88 die Geistlichen am meisten für die Schul⸗ für geeignet. Regierungs⸗ und Schulrath Bö 0 auch 83 Eöö gestellt. .“ . inisterial⸗Direktor Dr. Kuegler erwidert, daß dieser Fall d die Mittheilung des Wortlauts der Rede des däcler Bahens Böckler in der Berliner Korrespondenz aufgeklärt sei; derselbe habe 1— 5 vgeßten ü12 E m.r die Entchristlichung der 1 8 eminarlehrer würden me is⸗ Zo“ ““ „Bei dem Fonds von 28 800 000 ℳ für allgemeine Er⸗ 1 der “ spricht Abg. von Detten (Zentr.) die Hoffnung aus, daß mit Hilfe — B hehafg. e 8 Nachod bei Altena zu ng Schule erhoben werden könne, und wünscht die Gü einer katholischen Schule in Saarstedt. .“ Ministerial⸗Direktor Dr. Kuegler setzt die Schwierigkeiten aus⸗ einander, welche der Erfüllung des letzteren Wunsches entgegenstehen,
und theilt mit, daß die Schule in N Apri öffentliche sein 8. ch iI Nachod vom 1. April ab eine
Abg. Kircher (Zentr.) wünscht die Gründung einer katholischen Schule in Eckenheim bei Lan und erörtert die Frage, 8 öffentliche Schule sei: ein Begriff, der juristisch nicht feststehe. Ministerial⸗Direktor Dr. Kuegler erwidert, daß die Regierung bemüdt: gawes sa. die Feees ““ Schule in heim zu veranlassen, diese aber an dem Widerst voliti Gemeinde gescheitert sie “
Um 4 Uhr wird die Verhandlung abgeb Abends 7 ½ Uhr vertagt. h g abgebrochen und auf
Abendsitzung vom 9. März, 7½ Uhr Abends. Die zweite Berathung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗An⸗ gelegenheiten nimmt ihren Fortgang.
Es folgen die Titel: Beihilfen an Schulverbände wegen Unvermögens für die Schulunterhaltung 7 399 120 ℳ, behufs Errichtung neuer Schulstellen 127 768 ℳ, zur Unterstützung von Schulverbänden wegen Unvermögens bei Elementarschul⸗ bauten 1 000 000 ℳ
Die Budgetkommission beantragt: die Regierung auf⸗ zufordern, hinsichtlich der Vertheilung dieser Fonds folgende Maßnahmen zu treffen: 1) Die Grundsätze, nach welchen aus diesen Fonds Beihilfen zu geben sind, werden vom Kultus⸗ Minister gemeinschaftlich mit den Ministern des Innern und der Finanzen festgestellt. 2) Die Fonds selbst werden von den genannten Ressort⸗Ministern die Regierungsbezirke ver⸗ theilt. 3) Die Regierungs⸗Präsidenten bewilligen slbständig nach den ad 1 festgestellten Grundsätzen die einzelnen Beihilfen nach Anhörung der Selbstverwaltungskörper.
Die Abgg. von der Acht (Zentr.) und Genossen bean⸗ traßfen dazu folgende Abänderungen: I. ad 1 nach dem Worte gfestgestellt“ beizufügen „und veröffentlicht“; II. ad 3 am Schlusse an Stelle des Wortes „Selbstverwaltungskörper“ zu setzen „Kreisausschüsse“; III. folgendes als Nr. 4 zu setzen: 4) Alljährlich wird dem Landtage eine Nachweisung der Bei⸗ hilfen vorgelegt, welche aus diesen Fonds an politische Ge⸗ meinden und Schulverbände gewährt worden sind.
Die Abgg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (fr. kons.) und Genossen beantragen statt des Kommissionsantrags folgende Fassung: Die Regierung aufzufordern: die Bewilligung der einzelnen Beihilfen aus dicsen Fonds durch Organe der agffnt gen Landesverwaltung nach Anhörung von Selbstver⸗ waltungskörpern zu ermöglichen, und zwar durch eine gesetz⸗ liche Neuordnung der Kahüchen Schulverwaltung in der Provinzialinstanz dahin, daß die Geschäfte der Schulabthei⸗ lungen der Bezirksregierungen auf Behörden der allgemeinen Landesverwaltung unter geordneter Mitwirkung von Selbst⸗ verwaltungsorganen übertragen werden, insbesondere eine Berenraizactn an die Kreise stattfindet.
Der Abg. Graf von Strachwitz beantragt, die Nr. II. wie folgt zu fassen: ad 3 am Schlusse hinter dem Wort 11*“ zuzusetzen: (Kreisausschüsse, Stadt⸗ ausschüsse).
Abg. von Bockelberg (kons.) empfiehlt namens der kon⸗ servativen Partei den Antrag der Budgetkommission im Interesse einer größeren Dezentralisation.
Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse: Wenn es mir, wie der Herr Vorredner gesagt hat, gelingen sollte, auf dem Gebiet der Vertheilung dieser großen Dispositions⸗ fonds allgemeine Zufriedenheit herzustellen im Sinne des Herrn Vor⸗ redners und auch wohl des Antrags, der Ihnen jetzt vorliegt, so würde mich das sehr glücklich machen, und ich werde es an keiner Arbeit und an keiner Mühe fehlen lassen, um dieses Ziel zu erreichen. Ich
nicht eingegangen; nach der Anregung des Abg. von Strombeck sollen tnisse im Bezirk Erfurt aber untersucht werden
1896.
sind, und daß ich nur dankbar sein kann, wenn es gelingt, feste Grundsätze aufzustellen, nach denen sie zu vertheilen sind, und die geeignet sind, einen großen Theil der schweren Verantwortlichkeit, die wir jetzt in Bezug auf diese Fonds tragen, uns zu erleichtern oder abzunehmen.
Nun ist aber bereits in der Budgetkommission hervorgehoben — Ihr Herr Berichterstatter hat Sie ja in seinem ausgiebigen und klaren Vortrag über die Verhandlungen der Kommission darüber orientiert und ebenso ist bei den Verhandlungen in der Kommission für das Lehrerbesoldungsgesetz wieder⸗ bolt zur Sprache gekommen, wie ungeheuer schwer es ist, hier Grundsätze in dem Sinne zu finden, daß sie einen festen, sicheren Maßstab bilden, den man nur an die Verhältnisse einer Gemeinde anzulegen braucht, um ganz genau zu wissen, was dieser Gemeinde ““ was ihr gewährt werden muß und was ihr gewährt werden
ann.
Meine Herren, wir haben es versucht. Ich habe in durchaus loyaler Verfolgung des von Ihnen im vorigen Jahre angenommenen An⸗ trags unmittelbar nach Schluß des Landtags kommissarische Verhandlungen zwischen den betheiligten Ressorts herbeigeführt. Diese Verhandlungen haben eminente Schwierigkeiten ergeben. Wir würden vielleicht weiter sein, wenn nicht, wie ja heute wohl auch schon erwähnt ist, der Ministerwechsel im Ministerium des Innern dazwischen gekommen wäre. Dadurch sind diese Verhandlungen ins Stocken gerathen; sie werden aber wieder aufgenommen und würden auch selbst ohne diesen Antrag unmittelbar nach Schluß der Etatsberathungen wieder auf⸗ genommen worden sein. Das würde unsere Pflicht sein, selbst wenn Sie diesen Antrag nicht annehmen sollten. Ich glaube, daß wir schon sehr dankbar sein müssen, wenn es bei gutem Willen und ernster Arbeit gelingt, einigermaßen klare, sichere und gerechte Anhalte⸗ punkte zu finden für die Vertheilung dieser Fonds. Das ist, glaube ich, das Höchste, was wir überhaupt erlangen können; und das wäre schon sehr viel.
Nun, meine Herren, es soll an uns dabei nicht fehlen, um das
herbeizuführen, was Sie hier namentlich unter Ziffer I des von der konservativen Seite gestellten Antrags verlangen. Der Herr Vorredner hat gesagt, er wünsche auf diesem Gebiet eine gründliche Dezentralisation. Ja, meine Herren, damit sind wir ganz einverstanden; aber ich muß doch hervorheben, daß wir bereits eine Dezentralisation haben, daß wir auch jetzt schon diese Fonds nicht von hier aus an die einzelnen Gemeinden, sondern daß wir sie auf die Regierungsbezirke vertheilen. Diese Dezentrali⸗ sation ist bereits herbeigeführt: auch jetzt geschieht die Vertheilung im einzelnen durch die Bezirksinstanz. Nun ist freilich darüber geklagt worden — und so glaube ich auch den Herrn Vorredner verstanden zu haben —, daß infolge der Direktiven von der Zentralinstanz aus bei der Einzelvertheilung ein viel zu mechanisches und deshalb zu unzutreffenden Ergebnissen führendes Verfahren beobachtet werde. Meine Herren, ich will es ja nicht leugnen, daß gewiß Fälle vorkommen, wo die Regierungen auch einmal fehlgreifen in der Vertheilung dieser Fonds; aber die An⸗ nahme, daß wir ganz mechanisch den Satz von 75 % der Staats⸗ steuerbelastung als einen unter allen Umständen absolut anzuwendenden Maßstab hingestellt und damit eine mechanische Vertheilung herbei⸗ geführt hätten, — diese Annahme ist nicht zutreffend. Ich darf mir wohl gestatten, Ihnen eine Verfügung theilweise mitzutheilen, die in dieser Frage im vorigen Jahre ergangen ist. Es heißt in der Verfügung, die ich wohl mit Erlaubniß des Herrn Präsidenten verlesen darf:
In den Erlassen vom 21. Juni vorigen Jahres und 15. Fe⸗ bruar dieses Jahrer — d. h. 1895 — 111A“ 1““ ist eine Belastung mit Volksschulabgaben in Höhe von 75 % der Real⸗ und Einkommensteuern lediglich deshalb als Regel oder durchschnittliche Belastung bezeichnet, weil der derzeitige Umfang des Fonds Kap. 121 Tit. 34 des Staatshaushalts⸗ Etats zu Staatsbeihilfen für unvermögende Schulverbände eine allgemeine Ermäßigung der Volksschullasten unter diesen Satz nicht gestattet. Es ist indessen zugleich ausdrücklich betont, daß neben den Schullasten auch auf die anderen öffentlichen Abgaben, sowie auf die besonderen wirth⸗ schaftlichen und Erwerbsverhältnisse der Gemeinden billige Rücksicht zu nehmen ist. Demgemäß ist auch nach⸗ gelassen, daß in denjenigen Fällen, in denen die Gemeinden sich in be⸗ sonders ungünstigen Verhältnissen befinden, die Schullasten bis auf 50 % der genannten Steuern und ausnahmsweise auch dar⸗ unter ermäßigt werden können, während in anderen Fällen, in denen die Steuerkraft der Gemeinden eine besonders hohe ist, eine Belastung für die Zwecke der Volksschule bis zu 100 % der Staatssteuern gefordert werden muß.
Ja, meine Herren, hiernach wird man uns das wenigstens nicht vor⸗ werfen dürfen, daß wir einen rein mechanischen Maßstab hingestellt hätten.
Nun fragt es sich: wie wird denn die Sache in der Bezirks⸗ instanz gemacht? Ja, das macht nicht etwa bloß der Schulrath in der Schulabtheilung, sondern das macht die Schulabtheilung im Einvernehmen mit der Finanzabtheilung; dabei werden alle die konkreten Verhältnisse, auf die der Herr Vorredner sehr richtig hin⸗ gewiesen hat: die gesammte wirthschaftliche Lage der Gemeinde, das Verhältniß der Kirchenlasten, der Kommunallasten, der bereits fest⸗ stehenden sowohl wie der für längere Jahre bevorstehenden, — kurz es werden alle wirthschaftlichen Verhältnisse der Gesammtgemeinde ge⸗ prüft, und diese Prüfung erfolgt seitens der Schulabtheilung gemeinsam mit der Finanzabtheilung der Regierung. Also, meine Herren, so mechanisch, wie der Herr Vorredner es angenommen hat, ist das jetzige Verfahren in der That keineswegs.
Nun habe ich mit Rücksicht auf den Beschluß des vorigen Jahres und
bin mit dem Herrn Vorredner darin vollkommen einverstanden, daß diese großen Disposition schwere Last für das Kultus⸗Ministerium
“
unsere dazu abgegebene Erklärung nichts dagegen einzuwenden, daß Sie den Antrag unter Ziffer I annehmen; er ruft der Staatsregierung ihre
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