1896 / 73 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 24 Mar 1896 18:00:01 GMT) scan diff

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Vork abgegangen. Der Dampfer „Maasdam“ ist gestern Vor⸗ mittag in New⸗York angekommen. Dampfer „Zaandam“ ist Sonnabend Nachmittag von New⸗York abgegangen. Der Dampfer „Schiedam“ hat heute früh Dover passiert.

Theater und Mufik. Konzerte.

Ddie Oratorien⸗ und Konzertsängerin Frau Hanna Lüer gab

am Freitag in der St. Marien⸗Kirche ein gut besuchtes Konzert, welches von Herrn Musikdirektor Otto Dienel durch Bach’s Phantasie in G-moll für Orgel eröffnet wurde. Die Sängerin, aus der Schule des Professors Herz hervorgegangen, trug drei Arien aus Händel's „Messias“ mit sorgfältig ausgebildeter, klangvoller Sopranstimme und warm empfindender Ausdrucksweise vor, denen sie später noch das „Bußlied“ von Becthoven folgen ließ. Der Baritonist C. Severin sang die Arie „Gott sei mir gnädig“ aus „Paulus“ von Mendelssohn mit dem ihm eigenen, andächtige Stimmung erweckenden und edlen Vortrag. Der Violin⸗Virtuos und Lehrer der Königlichen Hochschule Markees erfreute durch die wohl⸗ gelungene Wiedergabe der Beethoven'schen Romanze in G⸗dur und zweier Piècen von Mozart und Schumann. Zum Schluß des Konzerts sang Frau Lüer noch ein geistliches Lied von Frank: „Das geduldige Erwarten“.

Zwei jugendliche ungarische Künstlerinnen, Irene von Csiszér (Gesang) und Isabella von Kuliffay (Klavier), Erzherzogliche Prgfessärh aus Budapest, gaben am Sonnabend im Saal Bech⸗ tein ihr erstes eigenes Konzert. Die Sängerin trug mit sehr kräftiger, jedoch in der Höhe etwas scharf klingender Mezzosopran⸗ stimme eine Romanze aus der Oper „Die Jüdin“ von Halévy vor und bewies hierin dramatische Lebendigkeit und Kraft; weniger eigneten sich für sie die Lieder von Schubert und Löwe. Einige von der Klaviervirtuosin J. v. Kuliffay komponierte Lieder wurden beifällig aufgenommen. Die Pianistin spielte Chopin’s Ballade in G- moll mit sichtlicher Befangenheit und deshalb unklar; besser gelangen ihr kleinere Stücke von Jensen und Delibes. Der Künstlerin sind weitere sorgfältige Studien anzurathen; auch ihr wurde aufmunternder Beifall zu theil.

Fräulein Elise Pekschen verxanstaltete am Sonnabend ein zweites Konzert in der Sing⸗Akademie und bewährte sich aufs neue als tüchtige Klavierspielerin, welche über einen vorzugsweise leichten und zarten Anschlag und eine perlende Geläufigkeit verfügt. Diese Vorzüge traten sowohl in dem Weber'schen „Konzertstück“, wie in der „Rigoletto“⸗

hantasie von Verdi⸗Liszt und in dem Es-dur-Klavierkonzert von Liszt ervor. Auch der musikalische Gehalt und Charaker der Tonstücke wurde zumeist gut zum Ausdruck gebracht. Die Orchesterbegleitung führte das Philharmonische Orchester aus. Von dem Baritonisten Herrn August Hensel wurden einige Lieder geschmackvoll und mit Wärme vorgetragen.

Am Sonntag ließ sich in einer Matinée im Saale der König⸗ lichen Hochschule Fräulein Felicia Tuczek ebenfalls als Klavier⸗ virtuosin hören. Die Violoncellbegleitung in der Emoll-Sonate von Brahms und den D-dur-Variationen von Mendelssohn hatte Herr Professor R. Hausmann übernommen. Die junge Klavierspielerin besitzt alle Vorzüge, welche eine vollendete Technik den künstlerischen Darbietungen verleihen kann: einen reinen und sicheren Anschlag und flaren Ausdruck der musikalischen Gedanken. Die Künstlerin weiß aber ferner auch den Empfindungen des Komponisten feinfühlig nachzugehen und in edlem, lebendigem Vortrag Gestalt zu verleihen, wenn sie auch noch nicht immer die ganze Fülle und Tiefe dersesben erfaßt. Mit einigen kleinen Solopiscen, unter welchen sich zwei eigene, geschickt gearbeitete Kompositionen der Künstlerin befanden, errang sie besonders starken Beifall. Herr Professor R. Hausmann trug mit Herrn Professor Bruch zusammen das Bruch'sche Kol Nidrei (Adagio nach hebräischen Melodien für Violoncell und Klavier) form⸗ vollendet vor.

Im Königlichen Opernhause gelan tmorgen Richard Wagner’s „Lohengrin“ unter Kapellmeister Dr. Muck's Leitung zur Aufführung. Signorina Franceschina Prevosti tritt am Montag, den 30., zum letzten Mal in Verdi's „La Traviata“ auf. Für diese Vorstellung sind die Preise der Plätze nicht erhöht. Herr Theodor Reich mann von der Wiener Hofoper tritt nur an zwei Abenden auf. Als Abschiedsvorstellung singt derselbe den „Wilhelm Tell“. Das Rossini'sche Werk gebt am 1. April neu einstudiert unter Kapell⸗ meister Dr. Muck's Leitung in Scene.

Im Königlichen Schauspielhause findet morgen die 3. Aufführung von Georg Engel’s Märchendrama „Hadasa“ (Musik von F. Hummel) statt. Den Ahasver spielt Herr Matkowsky, die Hadasa Fräulein Lindner. Ber Erinnerung an die im Wiener Burg⸗ Theater vor 75 Jahren stattgehabte erste Aufführung von Grillparzer’s dramatischem Gedicht „Das goldene Vließ“ wird dieses Meisterwerk des österreichischen Dichters am Donnerstag und Freitag im König⸗ lichen Schauspielhause zur Aufführung gebracht (am Donnerstag Der Gastfreund“ und „Die Arzonauten“, am Freitag „Medea“). Die Besetzung ist folgende: Medea: Fräulein Poppe; Jason: Herr Matkowsky; Phrvyxus: Herr Ludwig. In Berlin wurde der erste Theil des „Goldenen Vließes“ zum ersten Mal am 15. Januar 1891 (Grillparzer’s 100. Geburtstag) und der zweite Theil „Medea“ am 28. Juni 1830 mit Frau Sofie Schröder als Gast gegeben.

Der Königliche Kapellmeister Weingartner hat sich mit Ge⸗ nehmigung der General⸗Inter dantur nach Mannheim begeben, um die Proben seiner Oper „Genesius“, welche demnächst am dortigen Hof⸗Theater in Scene geht, zu leiten.

Im Theater Unter den Linden wird am 4. April Offen⸗ bach's Operette „Madame Herzog“ zur ersten Aufführung kommen. 2. 2 wird neu ausgestattet und von Herrn Direktor Fritzsche insceniert.

Für das letzte Konzert des Stern'schen Gesangvereins (Direktor: Professor F. Gernsheim), welches eine Aufführung von Bach's „Matthäus⸗Passion“ bringen wird, findet am Donnerstag, Abends 7 Uhr, in der Kaiser Wilhelm⸗Gedächtnißkirche

die öffentliche Hauptprobe statt. Der Kartenverkauf [2 ℳ) ist bei

Bote u. Bock und beim Küster, Tauenzienstraße 9, eröffnet.

Das Programm für die Abschieds⸗Soirése Sven Scholander's im Saal Bechstein (27. März) wird eine Auswahl aller derjenigen Gesänge bringen, mit welchen der Künstler in sei bisheri Konzerten den größten Erfolg erziellte. 1*

Mannigfaltiges.

Das dem Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich unterstellte Heimathhaus für Töchter höherer Stände hatte, der „N. A. Ztg.“ zufolge, am Sonnabend seine Vereinsmitglieder zum ersten Mal in dem neuen Heim in der Neuenburgerstraße zur Generalversammlung vereinigt. Dem von dem Vorsitzenden, Geheimen Ober⸗Justiz⸗Rath Starke erstatteten Bericht zufolge haben sich die Anstalten des Hauses eines zahlreichen Besuchs zu erfreuen gehabt. Es besuchten die Handelsschule 105, die Fortbildungsschule 76, die Gewerbeschule 108 junge Mädchen. Von den Einzelkursen waren diejenigen für Schneiderei am stärksten besucht, denn sie zählten 257 Schülerinnen; das Kerb⸗ schnitzen erlernten nur 4 junge Mädchen. Zu Handarbeits⸗ lehrerinnen bildeten sich 53 aus, und 39 legten die Prüfung ab. Im Pensionat fanden 94 junge Mädchen Aufnahme; auch aus Hol⸗ land und Rumänien waren Damen im Pensionat. Von den Pen⸗ sionärinnen studierten 10 Musik; die meisten besuchten die Schulen des Hauses. Freistellen wurden gewährt im Gesammtbetrage von 9112 Die Huld der Hohen v hat das Haus wieder mehrfach erfahren, u. a. hat Ihre Majestät die Kosten des Umzuges in das neue Heim gedeckt. Neu zum Ehrenmitglied ist ernannt worden der Kommerzien⸗Rath Steibelt.

Rach den Bestimmungen des Strafgesetzbuchs können die Gerict Personen, welche wegen Landstreichens, Bettelns oder Uebertretung sittenpolizeilicher Vorschriften verurtheilt w sind, nach Verbüßung der Strafe der Landespolizeibehörde über, weisen, welche dieselben bis zu zwei Jahren in einem Arbeits. hause unterzubringen befugt ist Auf Grund dieser Bestim⸗ mungen sind dem Königlichen Polizei⸗Präsidium von den Gerichten im Jahre 1895 im Ganzen 1885 Personen zur Feht setzung der Korrektions haft überwiesen worden. Unter 8 befanden sich 23 Ausländer, welche über die Landesgrenze gebra⸗ wurden, und 7 Personen, bei denen wegen gänzlicher Arbeitsunfähigket von der Unterbringung in ein Arbeitshaus Abstand genommen wurde Von den übrigen 1855 Personen waren 1122 (darunter 5 Frauen⸗ wegen Bettelns, 557 (darunter 18 Frauen) wegen Arbeitss und 176 Dirnen wegen Uebertretung sittenpolizeilicher Ver⸗ schriften verurtheilt. Diese wurden sämmtlich dem Arbeitshause zur Vollstreckung der Korrektionshaft überwiesen, und zwar 657 auf die Dauer eines halben Jahres, 356 auf 9 Monate, 234 auf 1 Jahr 171 auf 1 ½ Jahr und 437 auf 2 Jahre. v1ö1mn“

Der Kindergarten für taubstumme Kinder wird an 1. April aus dem Hause g.ee 22 nach den Räumen des Berliner Handwerkervereins, Sophienstraße 15, verlegt. Ausschlag⸗ gebend für diese Verlegung war das Bestreben, den in den dichter be⸗ völkerten Stadttheilen wohnenden taubstummen Kindern den Besuch der Anstalt zu erleichtern. Anmeldungen nimmt Dr. Theodor S. Flatau, Potsdamerstraße 113, Villa 3, Wochentags von 4 bis 5 Uhr, ent⸗ gegen. Kindern mittelloser Eltern werden Freistellen und den Ver⸗ hältnissen entsprechend weitere Unterstützungen gewährt.

In der „Urania“ wird der Vortrag über „die Jungfraubahn“ von Professor Dr. Koppe aus Braunschweig morgen zum letzten Mal wiederholt werden.

Wiesbaden, 23. März. „W. T. B.“ meldet: Der zu längerem Kuraufenthalt hier im Hotel „Kaiserhof“ weilende Großfürst Sergius Michailowitsch erläßt als Protektor der russischen Radfahrer⸗Vereinigung durch seinen Adjutanten Schirinski einen Aufruf an die deutschen Radfahrer zur Theilnahme an den am 12. Juni zwischen Moskau und St. Petersburg stattfindenden internationalen Radwettfabren. Es sind verschiedene hohe Preise ausgesetzt. Näbere Auskunft ertbeilt das Burtau der Gesellschaft in St. Petersburg, Fontanka Nr. 17, sowie der 2v. des Großfürsten Sergius, Schirinski, Hotel „Kaiserhof“, Wies⸗

Osnabrück, 24. März. Von den am 20. d. M. durch Erd. rutschungen im Schacht Hermine“ am Hüggel in Hasbergen bei Osnabrück verschütteten 5 Bergleuten (vgl. Nr. 72 d. Bl.) sind 2 lebend und gesund aufgefunden worden. 8 8

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New.⸗York, 24. März. Nach einem Telegramm der „Ner⸗ York World“ ist der Haupttheil des Geschäftsviertels von Colon durch Feuer zerstört worden.

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(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten v““

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Ueber Mittel⸗ und Süd⸗Europa ist der Luftdruck hoch und sehr gleichmäßig vertheilt, und daher ist hafen. auch die Luftbewegung allenthalben schwach neben vielfachen Windstillen. Eine flache Devpression liegt über Nordwest⸗Europa ohne Einfluß auf die Witte⸗ rungsverhältnisse unserer Gegenden. In Deutschland Mittwoch: wobei die Temperatur an der Küste 1—5 ½, im Binnenlande 2— 7 ½ Grad über dem Mittelwerth

Niederschläge gefallen. Fortdauer wahrscheinlich.

NNNNN Herr Kavellmeister Winné. Anfang 7 ½ Uhr. Ss Donnerstag: Der Hungerleider.

Neues Theater. Schiffbauerdamm 42./5. F Mittwoch: Francillon. Schauspiel in 3 Akten haus. 77. Vorstellung. Lohengrin. Romantische von Alexandre Dumas (Sohn).

Theater. Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opern⸗ Oper in 3 Akten von Richard

gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff

agner. In Scene . Lindau. Dekorative

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Einrichtung vom Ober⸗Inspektor Brandt. Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck. Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus. 83. Vorstellung. Hadasa. Ein Märchen⸗Drama in 4 Aufzügen von Georg Engel. Liebe. Die zur Handlung gehörende Musik von Ferdinand

Inspektor Brandt. Anfang 7 ½ Uhr. Donnerstag: Opernhaus. 78. Vorstellung. Fidelio. Oper in 2 Akten von Ludwig van Beethoven. Text nach dem Französischen von Ferdinand Treitschke. Anfang 7 ½ Uhr. 1“ 8 Vließ. Dramatisches Gedicht in 3 Abtheilungen nach dem Französischen des Meilhac und Halévy von Franz Grillvarzer. I. Abtheilung: Der Gast⸗ von Carl Treumann. Musik von Jacques Offen⸗ pferde Aegir. Auftreten der anerkannt vorzüglichsten freund. II. Abtheilung: Die Argonauten. An⸗ bach. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Clowus und Künstler⸗Spezialitäten. Hierauf: Divertissement, arrangiert vom Ballet⸗ meister J. Reisinger. Anfang 7 ½ Uhr. Freitag und Sonnabend: Die X“X“ in 3 Akten von Liebelei. Vorher: Der zer⸗ Johann Strauß. Hierauf: 3 arrangiert vom Balletmeister J. Reisinger.

Deutsches Theater. Mittwoch: Nora. Anfang

brochene Krug. Freitag: Der Widerspenstigen Zähmung.

Berliner Theater. Mittwoch: Zum ersten Male: Der Meineidbauer. Anfang 7 ½ Uhr. Donnerstag: König Heinrich.

Meineidbauer.

Freitag: Comtesse Guckerl. Residenz⸗Theater.

3 I“ Hotel zum Frehafen, * 1 Hôte u Libre Echange.) Schwan Uebersicht der Witterung. in 3 Akten von Georges Feydeau, übersetzt und Auch heute zeigt die Wetterlage wenig Aenderung. bearbeitet von Benno Jacobson. Anfang 7 ½ Uhr.

Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater. Chauffeestraße 25 265. dauert die stille, beitere und warme Witterung fort, Kostümen E1u1“ 66. s Der

Hungerlelder. liegt. In Deutschland sind stellenweise geringe et v0g EII11““ 1ee b S Idee des Mark Twain. Musik von Deutsche Seewarte. In Scene gesetzt von Julius Friäzsche. Dirigent:

Jelenko. Anfang 7 ½ Uhr.]

erste Liebe.

Hummel. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur (erster Abend Sonnabend, den 4. April 1896: tissements Dekorative Einrichtung vom Ober⸗ Nathau der Weise) bat begonnen und findet Theil des Programms sind hervorzuheben: Donner täglich an der Kasse des Neuen Theaters statt.

Julins Fritzsche. Mittwoch:

Donnerstag: Winterschlaf. Vorher: Ihre herzoglich hessischen

Theater Unter den Linden.

Neu einstudiert: Schluß der Schule: Der phänomenale Bagnette⸗

Hof⸗Balletmeister Auguft

Siems für Berlin komponierte, mit gänzlich

Freitag: Winterschlaf. Vorher: Ihre erste neuen tecchnischen Apparaten und Beleuchtungs⸗

Einrichtungen inscenierte Original⸗Vorstellung

Der Vorverkauf für das Sonnenthal⸗Gastspiel in 2 I“ mit den Ausstattungs⸗Diver⸗

eltstadtbilder! Aus dem egquestrischen

und Darius, Rapphengst, in Freiheit dressiert und vorgeführt vom Direktor Fr. Renz. Auftreten des hervorragendsten Schulreiters Herrn Ritter von Direktion: Renroff mit seinem Schulpferde Skobeleff. Zum

84. Vorstellung. Das goldene Pariser Leben. Komische Operette in 4 Akten sprung. Ferner: Auftreten der Amerikanerin Miz

Donnerstag,

Brandon.

als Gast.) Anfang 7 ½ Uhr. 7 ½ Uhr.

Steffens. (Novität.)

Direktion: Sigmund

Julius Freund.

lach. Anfang 7 ½ Uhr.

Divertissement,

Adolph Ernst⸗Theater. Mittwoch: Char⸗ ley’s Taute. Schwank in 3 Akten von Thomas 2 Repertoirestück des Globe⸗Theaters in Freitag (27. Abonnements⸗Vorstellung): Der London. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. üeven * Sasm. r . Peffe mit

esang und Tanz in t von . Jacobson und ., S 3 goß Lessing⸗Theater. Mittwoch: Die Erste. Benno Jacobson. Musik von F. Roth. Anfang Getzoren: Ein Sohn: Hrn. Major don efer (Marie Pospischil

D ataa- Dies Benenenmen Die Crser. (Marie Pospischil als Dorheretng: Dieselbe Barsteneg.

In Vorbereitung: Das flotte Berlin. Gesangs⸗ 8 6 Sne,, . 5 don posse in 3 Akten von Leon Treptow und Ed. Jacobson. Gestorben: Hr. Oberst⸗Lieut. z. D. Adalbert Kuplets von Gustav Görß. Musik von Gustav

Zentral⸗Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Röe. .v.ree a. G. Eine ge 5 4 usst 1 ig Donnerstag und folgende Tage: Hotel zum Frei⸗ 241 in 2 Pidern vtnmocpofse -e.ü -he 18 Musik von Julius Einödshofer. In Scene gesetzt vom Tirektor Richard Schultz. Die Tanz⸗Arrangements vom Balletmeister Gund⸗

Donnerstag: Eine tolle Nacht.

Rita del Erido (Herrensattel) mit ihrem Schul⸗

Donnerstag und folgende Tage: Novität! Lustige Blätter! Novität!

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Adelbeid von Veltheim mit Hrn. Lieut. Frhrn. Wolf von Heintze (Schönfließ- Potsdam). Frl. Magda von Hagen mit Prn. Rittergutsbesitzer Paul Heinrich Wühlisch (Schön⸗ beide —Lieskau)h. Frl. Cari von der Lancken⸗ Wakenitz mit Hrn. Prem.⸗Lieut. von Albedol (Meran). Frl. Elly Picker mit Hrn. Kataster⸗ Kontroleur Friedrich Suckow (Husum).

(Bonn). Hrn. Major von Kotze (Dessau) Hrn. Hauptmann Adolf von Waldow (Neustrelitz) Hrn. Hauptmann Ottmer (Saarlouis).

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Richthofen (Liegnitz). Hrn. Major von Zimmer⸗ mann Tochter Hedwig (Görlitz). Hr.

a. D. Georg von Hopfengärtner (Kirchheim untem Tec). Fr. Sanitäts⸗Rath Amalie von Foller, gc. Hoffers (Berlin). Hr. Rittergutsbesitzer und Major a. D. Ernst Achatz von Wedel (Blankenser Fr. Geheime Ober⸗Postrath Laura Spilling Kindler (Charlottenburg). Hr. Real⸗Grm⸗ nasial⸗Direktor Dr. Karl Heinrich Liersemann (Ro⸗⸗ witsch). Fr. Bürgermeister Agnes Przibille eb. Buhl (Kostenblut). Fr. Prof. Dr. 8

eters, geb. Fleran (Breslau).

Mannstädt und

Ausstattungs⸗Komödie mit Gesang

Konzerte.

Louis Roth. unter freundlicher Mitwirkung

Ehlers und Handwerg.

Konzert-Haus. Karl Meyder⸗Konzert.

Mittwoch: Berliuner Komponisten⸗Abend, Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und der Komponisten

Herren Maschke, Juon, Wagner, Braun,

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.

Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Anstalt Berlin SW., Wilbelmstraße Nr. 82 Neun Beilagen

Uebersetzt von Abends präzise 7 ½ Uhr:

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(einschließlich Börsen⸗Beilage),

Birkus Renz. Karlstraße. Mittwoch, Anfanz sowie die Inhaltsangabe zu Nr. 6 des 22 1 ett v. ns Kolossaler Erfolg! lichen Anzeigers (Kommanditgesellschaftes c⸗ In Scene gesetzt von Siegfried Novität! Lustige Blätter! Novität! Eigens Aktien und Aktiengesellschaften) für die

vom Direktor Franz Renz und dem Groß⸗

vom 16. bis 21. März 1896.

zum Deut schen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Dienstag, den 24. März

1896.

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Deutscher Reichstag. 67. Sitzung vom 23. März 1896, 1 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht die dritte Lesung des Reichshaushalts⸗Etats für 1896,97.

Eingegangen ist der nachstehende Entwurf eines Ge⸗ setzes wegen Verwendung überschüssiger Reichs⸗ einnahmen zur Schuldentilgung:

Uebersteigen im Etatsjahre 1896/97 die den Bundesstaaten zu⸗

ehenden Ueberweisungen aus den Erträgen an Zöllen, Tabacksteuer, Branntweinverbrauchsabgabe und Zuschlag zu derselben, sowie an Reichs⸗Stempelabgaben für Wertbpapiere ꝛc. die aufzubringenden Matrikularbeiträge, so ist die Hälfte des Ueberschusses zur Verminde⸗ rung der Reichsschuld zurückzuhalten. Bei Ermittelung des Unter⸗ schieds zwischen dem zu Ueberweisungen verfügbaren Betrag und den Matrikularumlagen werden von den etzteren die von einzelnen Bundes⸗ staaten zur Reichskasse zu zahlenden Ausgleichungsbeträge abgesetzt.

Die Verminderung der Reichsanleihe erfolgt durch entsprechende Absetung vom Anleihesoll. Soweit geeignete Anleihekredite nicht mehr offen stehen, wird über die Art der Schuldentilgung durch den Reichsbaushalts⸗Etat Bestimmung getroffen.

Außerdem wird die Summe, welche gemäß § 8 des Zolltarif⸗

setzss vom 15. Juli 1879 S. 207) der Reichs⸗ boff von dem Ertrage der Zölle und der Tabacksteuer verbleibt, für das Etatsjahr 1895/96 behufs Verminderung der Reichsschuld von 130 000 000 auf 143 0 ,0 000 erhöht.

In der Generaldiskussion erhält das Wort

Abg. Graf zu Lim burg⸗Stirum (d.kons.): Eine Uebersicht

über die Finanzverhältnisse findet am besten bei der dritten Lesung statt, 5 dann der Etat feststeht. Ich spreche vom Standpunkt eines Mitgliedes des größten Partikular⸗Landtages. Die Reichs⸗ finanzen beeinflussen die Finanzen der Einzelstaaten in erheb⸗ lichem Maße. Der Gesichtspunkt, daß aus den Reichs⸗Finanzquellen der indirekten Steuern den Einzelstaaten Ueberweisungen zufließen sollen, ist vollständig verlassen worden, die Reichs⸗Finanzreform ist abgelehnt worden; es ist sogar abgelehnt der bescheidene Wunsch, daß die Ueberweisungen und die Matrikularbeiträge sich ausgleichen. Man geht mit den Geldern des Reichs nicht so haushälterisch um, wie in den Einzelstaaten. Ein Vergleich zeigt, wie opulent im Reiche gewirthschaftet wird; das liegt an der ganzen Organisation der Dinge; es fehlt an einer starken Finanzkontrole und an einem ent⸗ schiedenen Kompelle, sparsam zu sein. Die Reichs⸗Finanzverwaltung hat keine Machtbefugnisse gegenüber den anderen Ressorts; selbst der mächtigste Reichskanzler, würde da nichts ausrichten können. Wie opulent bei der Marine gewirthschaftet wird, wissen Sie alle. Ebenso geht es bei der Postverwaltung, und auch im Reichsamt des Innern. Es besteht kein Zwang zur Sparsamkeit im Reiche, weil das Reich niemals ein Defizit haben kann. Um so strenger muß der Reichstag darauf halten, daß eine Auseinandersetzung zwischen dem Reich und den Einzelstaaten stattfindet. ur dann wird die inanzverwaltung einen Einfluß auf die einzelnen Ressorts haben. Ich hoffe, dieser Gedanke wird sich immer mehr geltend machen. Wenn eine Auseinandersetzung zwischen dem Reich und den Einzel⸗ staaten stattgefunden hätte, dann hätte auch die neue Vorlage, ie auf einer Initiative des Reichstages beruht, wirklich eine Bedeutung; so aber ist es eine Spielerei mit Zahlen. Ich will nicht davon sprechen, daß der Landwirthschaft nicht pebolsen worden ist, daß die großen Mittel zurückgewiesen worden ind. Auch die kleinen Mittel werden nicht angewendet. Als wir im Abgeordnetenhause über die Verseuchung des Viehstandes in Ober⸗ schlesien sprachen, da hatten wir das Gefühl, daß dabei Rücksichten auf das Ausland genommen wurden, auf Rußland. Wenn bei handelspolitischen Dingen politische Motive maßgebend sein sollten, so würde ich das auf das tiefste beklagen. Man ist noch nicht durch⸗ drungen von dem Ernst der Situation. Man ist wohl bereit, für die Landwirthschaft etwas zu thun, wo sie allein in Frage kommt, aber nicht, wo das Interesse der Landwirthschaft mit den Interessen der Industrie und des Handels konkurriert Man betrachtet uns, die wir die Interessen der Landwirthschaft vertreten, als unbequeme Männer, als Agitatoren. Man wird vielleicht zu spät einsehen, daß man unsere Mahnung zu Unrecht in den Wind geschlagen hat.

Präsident Freiherr von Buol: Da der Vorresner die neue Vor⸗ lage schon in die Debatte gezogen hat, so mache ich den Vorschlag, daß wir die erste Lesung derselben mit dieser Generaldebatte ver⸗ Da sich kein Widerspruch erhebt, steht der Entwurf zur Be⸗ rathung.

Abg. Dr. Barth (fr. Vgg.): Ich empfehle, den Entwurf nicht an eine Kommission zu überweisen. Bei dem Gehalt des Reichs⸗ kanzlers hat derselbe eine Erklärung über die Währungsfrage abgegeben, welche uns Monometallisten vollständig befriedigen konnte. Seit den damaligen Verhandlungen hat sich ein Vorgang vollzogen, der zur Beurtheilung dieser Frage von der höchsten Wichtigkeit ist, nämlich die Verhandlungen vom 17. März im englischen Unterhause und die Erklärung der englischen Regierung bei dieser Gelegenheit. Durch die Presse ging die Mittheilung, daß die Bimetallisten eine kom⸗ binierte Aktion beabsichtigten in Paris, Berlin und London. Alle Hoffnungen, welche an diese Aktion geknüpft wurden, sind am 17. März gründlich zu Schanden geworden. Es mußte schon auf⸗ fallen, daß eine so lauwarme Refolution vorgeschlagen wurde. Aber man hatte sich davon überzeugt, daß es gefährlich sei, das Wort Bimetallismus in einer bimetallistischen Resolution stehen zu lassen. Man hat gesagt, daß es in England sehr viele Leute gebe, welche die Sache wollten, aber an dem Worte Bimetallismus Anstoß nehmen. Als die Resolution als eine bimetallistische gedeutet wurde, erhob sich der englische Schatzkanzler Hicks Beach und gab für das gesammte Kabinet eine Erklärung ab, welche jede Aenderung der Goldwährung verwirft; er schloß sie damit, daß auch keine spätere

egierung von der Goldwährung ablassen könne. Danach ist der Gedanke, daß England zum Bimetallismus übergehen könnte, voll⸗ tändig aufzugeben. Es ist deshalb erfreulich, daß die verbündeten

erungen sich nicht dazu verstanden haben, eine internationale

Sährungskonferenz vorzubereiten; denn sie hätten sich eine blutige Niederlage geholt. Wir haben inzwischen einen Antrag bekommen, der denselben Inhalt hat wie die englische Resolution. Der Antrag hat nur noch 145 Unterschriften, während er früher angenommen wurde. Hätten die Herren eine Ahnung von dem Verhalten der Engländer gehabt, so würden nur ein paar Dutzend Unterschriften übrig geblieben sein. Die Engländer haben in ihrem gesunden

olsmus erklärt: wir denken nicht an die Aenderung der Gold⸗ währung; aber wenn man auf dem Kontinent zu solchen Experi⸗ ee. bereit wäre, so könnten das die anderen Staaten unter sich

achen.

Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:

Meine Herren! Ich beabsichtige nicht, auf eine Währungs⸗ debatte einzugehen; ich glaube, das hohe Haus wird mir bei seiner gegenwärtigen Geschäftslage dafür aufrichtig dankbar sein. (Sehr richtig) Das hohe Haus hat aber den Gesetzentwurf, welcher ihm

über die Schuldentilgung zugegangen ist, verbunden mit der Generaldebatte über den Etat in der dritten Lesung, und ich halte

mich doch für verpflichtet, diesem Gesetzentwurf noch einige Worte mit auf den Weg zu geben.

Daß dem Gesetzentwurf keine Motive beigegeben sind, werden Sie erklärlich finden. Die Motive des Gesetzes gehen aus den Verhand⸗ lungen des Hauses klar hervor.

Meine Herren, ich habe bereits vor einigen Tagen ausgeführt, daß die verbündeten Regierungen einstimmig der Ansicht sind, daß es staatsrechtlich unzulässig sei, die Bestimmungen des Antrags Lieber zu verbinden mit dem Etatsgesetz; nach den Aeußerungen aber, die der Herr Abg. Lieber als Referent gethan hat, halte ich es nicht für nöthig, auf diese staatsrechtliche Frage noch näher einzugehen. Ich glaube, eine solche Erörterung würde nur noch einen theoretischen Werth haben. Unzweifelhaft ist die Mehrheit des Hauses geneigt, den Bedenken der verbündeten Regierungen Rechnung zu tragen und einem be⸗ sonderen, von dem Etatsgesetz losgelösten Gesetzentwurf eventuell ihre Zustimmung zu ertheilen.

Abgesehen von diesen formalen Bedenken, welche die gesammten verbündeten Regierungen theilen, fand sich aber im Bundesrath auch eine Minderheit, welche sachliche Bedenken hatte. Diese Minderheit ging von der Auffassung aus, daß die rechnungsmäßigen Ueberschüsse der Ueberweisungssteuern, auf deren gesammten Einnahmebetrag die verbündeten Regierungen ein gesetzliches Recht hätten, nicht verwendet werden können zur zeitweisen Schuldentilgung, solange nicht die Einzelstaaten auch gesichert werden gegen wechselnde und wachsende Ansprüche des Reichs in Zeiten finanzieller Ebbe. Wenngleich die Mehrheit der verbündeten Regierungen, welche diesem Gesetz⸗ entwurf zugestimmt haben, diese Bedenken der Minderheit voll⸗ kommen theilt, so haben sie sich doch entschlossen, ihre Zustimmung nicht zu versagen. Diese Zustimmung ist aber nur ertheilt unter der ausdrücklichen Voraussetzung, daß mit diesem Gesetzentwurf der erste Schritt gethan sein wird in der organischen Regelung des Finanzverhältnisses zwischen Reich und Einzelstaaten zu einer Regelung, welche zwar Ueberschüsse zur Schuldentilgung ver⸗ wendet, aber gleichzeitig die Einzelregierungen in die Lage versetzt, klare und sichere Voranschläge zu machen, welche der Steuerkraft ihres Landes entsprechen, mit anderen Worten: die verbündeten Regierungen haben sich in ihrer Mehr⸗ heit zu diesem Gesetzentwurf nur unter der Voraussetzung ent⸗ schlossen, daß der Hauptgedanke der bisherigen Reichs⸗ Finanzreform, abgesehen von Einzelheiten, zum Ausdruck kommt, daß, soweit Ueberschüsse dem Reich aus den bis⸗ herigen Ueberweisungssteuern zufließen, die Einzel⸗ staaten auch gesichert werden gegen wechselnde und wachsende Zubußen an das Reich. Würden die verbündeten Regierungen nicht das Vertrauen zu der Mehrheit des Reichstags gehabt haben, daß dieselbe diesem billigen Anspruch der Einzel⸗ staaten im Interesse der Ordnung der einzelstaatlichen Haushalts⸗ pläne genügen wird, so würden sich die verbündeten Regierungen, selbst um den Preis eines gütlichen Ausgleichs, nicht entschlossen haben, diesen Gesetzentwurf einzubringen.

Meine Herren, ich habe zu dieser Erklärung noch die einzige Bemerkung hinzuzufügen, daß der Gesetzentwurf sachlich sich vom Antrag Lieber nur in der Beziehung unterscheidet, daß der Rückgriff auf das Jahr 1894/95 ausgeschlossen ist. Soweit ich aber vorgestern den Herrn Referenten richtig verstanden habe, hat er ausdrücklich erklärt, daß seine Freunde mit einer solchen Aenderung eventuell ein⸗ verstanden sein würden. Ich bitte also das hohe Haus, wenn seine Mehrheit für den Gesetzentwurf zu stimmen geneigt ist, ihn jedenfalls in unveränderter Fassung anzunehmen.

Abg. Dr. Bachem (Zentr.): Die Vorlage der Regierung bedeutet ein Entgegenkommen, aber auch der Reichstag beweist ein Entgegenkommen, wenn er derselben zustimmt; denn er verzichtet dann auf die Verwendung der Ueberschüsse von 1894/95 für die Schuldentilgung. Die Voraussetzung, welche der Vorredner bei der Vorlage machte, hat weder in der eberschrift, noch im Texte des Gesetzes Ausdruck gefunden. Wir können daber nur das v. als solches annehmen. Wir legen uns damit nicht fest, wozu wir auch gar nicht in der Lage sein würden. Graf Limburg hat die Finanzwirth⸗ schaft des Reichstages scharf getadelt. Bei der gegenwärtigen Geschäfts⸗ lage will ich diese einseitige Auffassung nicht vollständig widerlegen. Die Thätigkeit des Reichstages auf dem finanziellen Gebiete im vorigen und vorvorigen Jahre hat lebhaften Beifall im Volke gefunden; denn es ist uns gelungen, ohne neue Steuern auszu⸗ kommen. 1887 und 1890 hatte der Gedanke, daß der Reichstag nicht sparsam sein kann, wohl Verbreitung saden können. Wie die neue Vorlage eine Spielerei mit Zahlen sein soll, verstehe ich nicht; sie vermindert doch die Reichsschulden um 26 Millionen. Diese Meinung hat Graf Limburg wohl bloß fassen können, weil er sich mehr mit dem preußischen als mit dem Reichs⸗Etat beschäftigt hat.

Abg. von Kardorff (Rp.): Wer der heute eingebrachten Vor⸗ lage zustimmt, der bindet sich allerdings nicht für die Finanzreform. Allein der Vorredner wird uns nicht hindern können, daß wir in dem Antrag Lieber ein Symptom dafür sehen, daß endlich doch einmal eine Regelung des Verhältnisses des Reiches zu den Einzelstaaten stattfindet. Herrn Barth will ich Recht darin geben, daß der Ver⸗ lauf der Dinge in England uns Bimetallisten eine große Enttäuschung ebracht hat. Aber auch die Goldwährungspartei im englischen Par⸗ ,sSe. hat es nicht gewagt, es zu einer Abstimmung kommen zu lassen über eine Resolution, welche die Hebung des Silberpreises, die Herstellung einer festen Relation zwischen Gold und Silber als einen Segen bezeichnet. Die Rede des Ministers Balfour lautete anders als die des Schatzkanzlers Hicks Beach; er hebt ausdrücklich hervor, wie die bimetallistische Bewegung sich in England immer mehr ausdehne. Jetzt ist es freilich noch nicht möglich, gegenüber den mächtigen Stimmen des Großhandels und des roßkapitals an eine Aenderung der Währung zu denken. Das ist ein betrübendes Zeugniß; denn es zeigt, daß der Großhandel und das Großkapital in England die eigentliche Herrschaft haben. Wir haben ja bei uns einen Faktor, der etwas Aehnliches verhindert und diesen Faktor sehen wir vielleicht auch noch einmal auf unserer Seite. Die Getreidepreise steigen und fallen mit den Silberpreisen; davon hat auch die Industrie einen Schaden. Und ich glaube nicht, daß man immer den Stimmen des Bank⸗Präsidiums und der Chefs der großen Bankhäuser folgen wird. Die Landwirthschaft muß mehr gehört werden. Wenn die gegenwärtigen landwirthschaftlichen Zustände fortdauern, dann gehen wir einer trüben Zeit entgegen und die Regierung wird sich vielleicht derer erinnern, welche er7. gewarnt haben.

A

bg. Dr. Hammacher (nl.): Es gi

t unter den Monometallisten gegen die Koalitions

auch Männer, welche die Interessen der Landwirthschaft vertreten,

ebenso wie die des Handels und der Industrie. Der Vorredner

behauptet, daß die Doppelwährung die Preise heben würde. Das ist eine vollständig unerwiesene Behauptung. Selbst unter den Land⸗ wirthen sind manche nicht der Meinung, daß die Doppelwährung ihnen helfen wird. Man hat die Frage zu einer solchen des Gefühls gemacht und dadurch nur Verwirrung hervorgerufen. Dem Bundes⸗ rath sind wir dankbar für das heute vorgelegte Gesetz. Damit sind

wir aus einer schwierigen Lage befreit. Daß die Ueberschüsse des

Jahres 1894/95 nicht zur Schuldentilgung verwendet werden, ist eine

Verbesserung des Antrags Lieber, denn es wäre Unrecht gegenüber den

Einzelstaaten, welche auf diese Ueberschüsse bei Aufstellung ihrer Etats

für 1896/97 gerechnet haben, sie für das Reich zu verwenden.

Abg. Richter (fr. Volksp.): Der Antrag Lieber war nicht ein

Symptom für das Durchdringen des Gedankens der Reichsfinanz⸗

reform, sondern ein Widerspruch gegen jede automatische Regelung

dieses Verhältnisses. Die Voraussetzung des Schatzsekretärs bindet

den Reichstag nicht. Der englische Minister hat die niedrigen G⸗

treidepreise nicht auf die Goldwährung und die niedrigen Silberpreise

zurückgeführt, sondern vielmehr auf die Aufschließung neuer Gebiete.

Es herrscht durchaus nicht die wirthschaftliche Auffassung, die Herr

von Kardorff vertritt. England ist durch den Freihandel nicht

geschädigt worden. Ein solcher Vergleich, als ob der Großgrund⸗ besit die ehrliche Produktion vertritt, die Banquiers aber das große

Kapital, ist durchaus unzutreffend. Handel und Wandel sind 195

produktiv, sonst würden die ländlichen Produkte überhaupt keinen Absatz

finden. Der englische Minister sprach auch nicht von den Banquiers als den Kapitalisten, sondern von den Sachverständigen, welche sich nicht für die Doppelwährung entscheiden können. Balfour'’s Rede war eine theoretische Entschuldigungsrede. Die Doppelwährung hat so

Schiffbruch gelitten, daß man die Hoffnung jetzt nur auf Rußland

setzt. Verschonen Sie uns also mit Währungsdebatten!

Abg. von Kardorff: Sind wir es denn gewesen, welche die heutige Währungsdebatte angefangen haben? England soll so reich sein, wie nie zuvor. Als die equites in Rom das Heft in der Hand hatten, war Rom auch reich, aber der Bauernstand war zu Grunde egangen. Die Sauerbeck'schen Tabellen zeigen, daß Silberpreise und

etreidepreise nebeneinander hergehen. Als Bamberger gefragt wurde, warum die Goldwährung eingeführt werden müsse, sagte er: Die seber Goldfunde würden eine Entwerthung des Edelmetalles mit ch bringen, sodaß man das Silber ausscheiden müsse. Die

Herren berücksichtigen nicht die eigenthümliche Lage, in welcher sich

ngland befindet. England hat durch Schließung der indischen Münz⸗ stätten die Silberwährung beeinträchtigt. Frankreich gegenüber hat

England erklärt, daß es die indischen Münzstätten wieder eröffnen wolle. Abg. Richter: Heute hat allerdings Herr von Kardorff nicht

angefangen. Wer eine solche Niederlage erleidet, der schweigt fein still.

Man kann es aber Herrn Barth nicht verargen, daß er den Sieg der

Goldwährung feiern wollte unter Zuziehung des Herrn von Kardorff

als Leidtragenden. Was der Minister in 277 anführte, sind die

Symptome steigender Wohlhabenheit, nicht solche, welche an römische

Zustände erinnern.

Damit schließt die Generaldiskussion. Es folgt die Spezial⸗ diskussion. 818“ 1

Beim Etat der Kolonien beantragen die Abgg. Prinz von Arenberg (Zentr.) und von Kardorff (Rp.) die Stelle des ständigen Vertreters des Gouverneurs von Oft⸗Afrika als künftig wegfallend zu bezeichnen. 1 “]

Direktor im Auswärtigen Amt Dr. Kayser widerspricht dem Antrage, welchen Abg. Dr. Lieber (Zentr.) dringend empfiehlt. Dieser fragt weiter, wie die deutschen Interessen in Witu gewahrt würden. 1

Direktor im Auswärtigen Amt Dr. Kayser: Der Uebergang der Schutzherrschaft von Deutschland auf England hat manche deutsche Interessen geschädigt, namentlich auch die Gebrüder Denhardt. Es steht zu hoffen, daß für die Schädigung Entschädigung gewährt wird.

Abg. Graf von Arnim (Rp.]) erklärt sich für den Antrag des Prinzen Arenberg. A. b

Auf eine Anfrage des Abg. Dr. Hasse (nl.) erklärt Direktor im Auswärtigen Amt Dr. Kayser, daß die Stellung der Deutschen in Sansibar sich nicht geändert habe.

Der Antrag des Prinzen von Arenberg wird angenommen. Beim Etat des Reichsamts des Innern weist Abg. Hüpeden (d. kons.) darauf hin, daß von allen Seiten

anerkannt sei, daß die Arbeiterinnen einen stärkeren Schutz haben

müßten gegen die 1“ welche ihre Stellung zu unsitt⸗ lichen Angriffen benutzten. In der Umsturzkommission sei dieser Ge⸗ danke auch verfolgt worden. Die elende Lage der Konfektionsarbeiter fei eine Folge der mangelhaften Organisation. Die Koalitionsfreiheit werde freilich 9 angegriffen, z. B. vom Abg. von Stumm.

Redner fragt, ob die Regierung nach beiden Richtungen hin

machen wolle, ob sie namentlich der rganisation der Berufsvereine

freundlich gegenüberstehe, durch welche die Arbeiter von der Sozial⸗ demokratie befreit werden könnten.

Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher:

Was die erste Anfrage des Herrn Abgeordneten anlangt, ob die verbündeten Regierungen die Absicht hätten, im Wege des Gesetzes Bestimmungen herbeizuführen, welche die Sittlichkeit fördern und einen größeren Schutz des weiblichen Geschlechts herbeizuführen ge⸗ eignet sind, so glaube ich, annehmen zu dürfen, daß er dabei in erster Linie die Wiedervorlegung des Entwurfs der sogenannten lex Heintze im Auge hat. Ich nehme an, daß die verbündeten Re⸗ gierungen die Absicht, die sie früher durch die Vorlegung der sogenannten lex Heintze bekundet haben, nicht aufgegeben haben; und wenn der Reichstag in dieser Session mit diesem Gesetzentwurf nicht befaßt gewesen ist, so hat das einfach seinen Grund in der großen Ueberlastung des Reichstags mit anderweiten Vorlagen. Ich glaube also, dem Herrn Vorredner die Versicherung geben zu können, daß bei geeigneter Gelegenheit auch dieser Gesetzentwurf entweder unverändert oder nach Maßgabe der bisherigen Erfahrungen verändert

das Haus wieder beschäftigen wird.

Was die zweite der von ihm aufgeworfenen Fragen betrifft, wie die verbündeten Regierungen sich stellen zu einer Organisation der sogenannten Berufsvereine, so hat der Bundesrath bisher keine Veranlassung gehabt, sich mit dieser Frage zu befassen. Im preußischen Staats⸗Ministerium ist allerdings darüber verhandelt worden, die Verhandlungen sind aber bisher zu einem Abschluß nicht gekommen, und ich würde dem Herrn Vorredner nur meine persönliche Stellung zur Sache darlegen können; auf die kann es ihm aber nicht ankommen.

Abg. ezihen von Stumm (Rp.): Ich will nicht auf eine aus⸗

ührli ialpolitische Debatte eingehen. Ich habe mich niemals ,58 scenn ausgesprochen. Der Abg. Hüpeden ver⸗