Gesellschaft. — Zug 127 um 10,10 ab Herbesthal, 10,22 in Eupen und Zug 128 um 10,35 ab Eupen und 10,47 in Herbesthal, ver⸗ kehrten bisher Sonn⸗ und Festtags. — Zug 150 um 8,10 ab Köln, 11,53 in Trier. Zug 153 um 8,45 ab Trier, 12,25 in Köln. Zug 92 a um 8,55 ab Köln, 10,53 in Koblenz. Zug 111 um 1,38 ab Koblenz, 3,48 in Köln. — Zug 84 um 12,18 ab Köln, 2,39 in Bingerbrück, und Zug 85 um 2,06 ab Bingerbrück, 4,30 in Köln: direkte Schnell⸗ züge zwischen Köln und Basel ab 1. Juni. — Sonstige Aende⸗ iünges. Schnellzug 6 (1,45 ab Köln) hält noch in Eschweiler an. — Fhnelon 3 fährt 5 Minuten früher als bisher, also 6,22 von Fabs al ab und trifft 7,51 in Köln ein. Der Anschlußzug nach
erlin über Hilpesheim fährt erst 8,25 von Köln ab. Ankunft in Berlin (Potsd. Bahnh.) 6,22. — Personenzug Nr. 99 trifft bereits 5,42 in Köln ein und erhält Anschluß an Schnellzug 2, 6,00 ab Köln nach Herbesthal.
Bremen, 28. April. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Fulda“ ist am 25. April Nachmittags von New⸗York nach Genua abgegangen. Der Postdampfer „Stutt⸗ gart“ ist am 25. April Mittags von New⸗York nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Aachen“ ist am 25. April Nachmittags in New⸗York angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „ Sachsen“ ist am 26. April Nachmittags in Hongkong ange⸗ kommen. Der Dampfer „Silverdale“ ist am 25. April in Montevideo angekommen. Der Dampfer „Löwenburg“ ist am 26. April Nachmittags in Antwerpen angekommen. Der Reichs⸗ Postdampfer „Preußen“ ist am 27. April Morgens iu Genua angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Darmstadt“ ist am 27. April Morgens in Aden angekommen. London, 27. April. (W. T. B.) Die Castle Dampfer „Pembroke Castle“ und „Venice“ sind am Sonnabend auf der Ausreise von Southampton abgegangen.
Theater und Mufik.
Lessing⸗Theater.
Mit glücklichem Erfolg begann gestern Herr Jean Hoffmann vom Stadt⸗Theater in Frankfurt a. M. sein Gastspiel als Rektor Wiede⸗ mann in Hermann Sudermann'’s Schauspiel „Das Glück im Winkel“. Die einheitliche, durchdachte künstlerische Schöpfung, welche er bot, stellte den sanften Charakter des Rektors, der die an Jean Paul's Schul⸗Idyllen Wuz und Fiebel, wenn auch nur entfernt er⸗ innernde Anfangs⸗ wie die versöhnliche Schlußscene begreiflich macht, ins rechte Licht. Der anerkennenswerthen Fiffung des Herrn Hoffmann war denn auch in erster Linie die warme Aufnahme zu verdanken, die
as nicht mit Unrecht viel angefochtene Stück seitens des Publikums
gestern Abend fand. Zentral⸗Theater.
b Das unter Conrad Dreher's Leitung im Zentral⸗Theater wirkende Münchener Ensemble brachte gestern wiederum zwei Neu⸗ aufführungen. „Ein blauer Teufel“, Genrebild mit Gesang in einem Akt von M. Stieler, eröffnete den Abend und erwies sich als die bayerische Uebertragung des bekannten und beliebten Schwanks Kurmärker und Picarde“ von Louis Schneider. Herr Dreher spielte den Landwehrmann in bayerischer Uniform und bayerischem Dialekt mit dem ihm eigenen gemüthvollen Humor, und Fräu⸗ lein Mizzi Mayer entfaltete als Picarde eine natürliche Grazie und sprach das gebrochene Deutsch der lustigen 8 Bäuerin ausgezeichnet. Dann folgte eine nach dem Französischen bearbeitete 2 e in drei Akten: „Casimir und Isidor“ von
. May. Auch hier lag die Hauptrolle des Stücks in den Händen
reher’s, der den Casimir spielte. Dieser letztere, welcher zum Besuch bei seinem Freunde Isidor weilt, hat das eigenthümliche Miß⸗ geschick, ganz ohne seine Absicht Unfrieden und Verwirrung bei denjenigen anzustiften, die ihm nahestehen; so zieht mit ihm das unbeir auch in das Haus seines Freundes Isidor ein, es entstehen Mißverständnisse aller Art, welche den Frieden der Familie bedrohen, bis sich zum Schluß alles wieder zum Guten wendet. Daß der Zuschauer es mit den erwähnten Mißrerständnissen nicht gar so ernst zu nehmen braucht, sondern herzlich darüber lachen kann, braucht kaum erst hervorgehoben zu werden. Herr Dreher wurde von den übrigen Mitwirkenden, insbesondere von Herrn Böhmert (Isidor), auf das beste unterstützt. Das Publikum spendete den
Darstellern lebhaften Beifall.
lungen.
02 1.
Wetterbericht vom 28. April, 8 r Morgens.
— 1=
Celsius
und 1 Vorspiel. (Siegfried:
40R.
Wetter. hr
Bühnenfestspiel von Richard Wagner. Dritter Abend: 1“ in 3 Aufzügen
eerr Heinrich Vogl, Königlich bayerischer “ aus München, als Gast.) Anfang
Konzerte.
Zu dem letzten Symphonie⸗Konzert der von Herrn Karl geleiteten Kapelle des Konzerthauses, in welchem nur Werke Beethoven’'s zum Vortrag gelangten, hatte sich gestern ein zahlreiches Hüelehe eingefunden. Das größte der zur Aufführung gebrachten Werke war die siebente Symphonie (A-dur), die von der Kapelle präzis und schwungvoll vorgetragen wurde; ein gleiches Lob verdiente auch die Ausführung der Ouvertüren zu „Egmont“ und „Leonore II“ und einiger anderer bekannten Instrumentalfühe. Das Lied „Adelaide“ wurde in einer wohl⸗ gelungenen Bearbeitung für Orchester wiedergegeben und mit vielem Beifall aufgenommen, der auch dem Solisten des Abends, dem Konzert⸗ meister Schmidt⸗Reinecke für die treffliche Ausführung des ersten Satzes aus dem Violin⸗Konzert zu theil wurde. Ein besonderes Abschieds⸗Konzert findet morgen, Mittwoch, statt; die Kapelle wird dann eine Kunstreise, zunächst nach Warschau, unternehmen.
.“ Frhisssn Opernhause geht morgen „Die Götter⸗ dämmerung“ von Richard Wagner („Ring des Nibelungen“, 3. Abend) unter Kapellmeister Sucher’s Leitung in Scene. Der Königlich hayerische Kammersänger Herr Heinrich Vogl gastiert als Siegfried. Im übrigen ist die Besetzung folgende: Brünnhilde: Frau Sucher; Gutrune: Fräulein Hiedler; Gunther: Herr Fränkel; Hagen: Herr Mödlinger; Alberich: Herr Schmidt; Waltraute: Frau Goetze; Rheintöchter: die Damen Herzog, Rothauser, Deppe.
Im Königlichen Schauspielhause findet morgen eine Aufführung von Friedrich Hebbel's „Judith“ mit Fräulein Poppe in der Titelrolle und Herrn Molenar als Holofernes statt.
Das Repertoire des Conrad Dreher'schen Ensembles im Central⸗Theater bringt in dieser Woche noch drei Wieder⸗ holungen des Schwankes „Der Schwiegervater“ und zwar morgen, am Freitag und Sonnabend. Die Posse „Casimir und Isidor“ wird zunächst am Donnerstag gespielt und gelangt dann am nächsten Sonntag als letzte Aufführung des Ensembles zur Darstellung. 8
1“*
Mannigfaltiges.
Zu Ehren des scheidenden Landes⸗Direktors, Wirklichen Ge⸗ heimen Raths Dr. von Levetzow fand heute im Brandenburgischen Ständehause ein kurzer Festakt mit anschließender Tafel statt. Zunächst erfolgte im Sitzungssaal des Provinzial⸗Ausschusses, an derselben Stelle, an der gestern die Uebergabe des Amts an den bis⸗ herigen Landrath Freiherrn von Manteuffel erfolgt war, eine Ueberreichung von Ehrengaben statt. Der Scheidende erhielt eine kostbare Truhe aus gepunztem Leder, welche Ansichten aller der Gebäude enthält, die während seiner Amtszeit von der v Provinzial⸗ verwaltung neu errichtet bezw. wesentlich umgebaut worden sind. Die Beamten der Provinzialverwaltung widmeten außerdem ein Album mit ihren Bildnissen. Die Festtafel, an der 60 Herren theilnahmen, fand im Foyer des Sitzungssaales statt. Der Raum war mit der Büste Seiner Majestät des Kaisers und dem Reliefbilde des Ge⸗ feierten geschmückt. Herr von Levetzow hatte neben dem Ober⸗Präsi⸗ denten, Staats⸗Minister Dr. von Achenbach und dem Rergenen des Provinzial⸗Ausschusses Grafen von Wilamowitz⸗Möllendorff Platz genommen; ihm gegenüber saß der neu ernannte Landes⸗Direktor Freiherr von Manteuffel. In angeregter Stimmung verlief die Tafel.
Das Fest der Kunstakademiker, welches, wie schon mit⸗ etheilt, am 5. Mai in „Alt⸗Berlin“ auf der Gewerbe⸗Aus⸗ Feltan. abgehalten werden soll, gewinnt immer deutlicher an Ge⸗ stalt. Von den Künstlerinnen der Königlichen Hofbühne haben sich die Damen Rosa Poppe, Amanda Lindner, von Hochenburger und von Mavyburg für den Festzug und die Mitwirkung in den Festspielen zur Verfügung gebegt. Von auswärtigen Akademien sind bereits Vertreter der Kunstakademiker von Wien, Rom, Kopenhagen und Antwerpen angemeldet, die in blumengeschmückten Equipagen den Festzug eröffnen werden. Der Prolog für das Festspiel im „Theater Alt⸗Berlin“ ist von Paul Warncke gedichtet und wird von Fräulein Poppe gesprochen. Diesem folgt eine auf Alt⸗Berlin bezügliche dramatische Dichtung von Ernst von Wolzogen. Der Karpfenteich soll zu einem Festspie phantastischer Natur benutzt werden, das sich bei brillanter Be⸗ leuchtung auf seiner Mitte abspielen soll. Auf dem Marktplatz von Alt⸗Berlin wird sich unter Mitwirkung der akademischen Jugend ein
1“
Freitag: Neu einstudiert: kontrakt.
Dirigent: Kapellmeister Sucher.
Fernand’s Ehe⸗ Schwank in 3 Akten von G. Feydeau.
Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25 — 26.
lebhaftes Treiben entwickeln. Um das Fest sicher zu stellen, hat sich
in Verbindung mit dem akademischen Ausschuß ein Comité gebildet
in welchem sich von älteren Künstlern unter Anderen die Herren Adolf
Menzel, Max Croner, Ludwig Passini und Woldemar Friedrich be⸗
finden. Der Portier der Akademie und der Direktor von Alt⸗Berlin,
8 Julius Kaufmann, Thiergartenstr. 8 b., nehmen Meldungen für aarten (à 20 ℳ) entgegen.
Der Bahnhof Gewerbe⸗Ausstellung ist gestern dem ve Verkehr übergeben worden. Der erste Zug, vom Görlitzer ahnhof kommend, traf 2 Uhr 41 Minuten früh mit einigen Bahn⸗ beamten auf dem Bahnhof Gewerbe⸗Ausstellung ein. Die nach⸗ folgenden drei Züge brachten noch keine Passagiere; der erste traf mit dem 5 Uhr 21 Minuten vom Schlesischen Bahnhof abgelassenen, nach Grünau bestimmten Zuge 5 Uhr 34 Minuten auf der neuen Station ein. Für die Zeit vom 1. Mai bis zum Schluß der Ausstellung wird die Station bedient werden von: 6 Assistenten, 16 Habaftegsche nern, 16 Kontrolschaffnern, 14 Fahr⸗ kartenverkäufern und ⸗Verkäuferinnen, 4 Portiers, 3 Rangiermelstern und 18 Rangierern. — Die Ausschmückung der Zufahrtsstraßen zur Ausstellung hat nunmehr begonnen. Am Kottbuser Thor erheben sich bereits zwei stattliche Triumphbogen, die im Holzbau vollendet und theilweise schon mit Gipsstuck bekleidet sind. An der Kreuzung der Oranien⸗, Skalitzer⸗, Manteuffel⸗ und Wienerstraße sind weitere zwei Triumphbogen errichtet, der Plas vor dem Schlesischen Thore zeigt deren vier; letzterer ist von hohen, geschmackvoll verzierten Masten umgeben. Die Grundbesitzervereine haben zur Ausschmückung I aus ihrem Vereinsvermögen von 100 bis 500 ℳ pro Verein ewilligt.
Das offizielle internationale Preßbureau für die Berliner Gewerbe⸗Ausstellung hat heute früh seine Geschäftsräume nach der Ausstellung in Treptow verlegt. Dieselben befinden sich im Haupt⸗ gebäude, in der Wandelhalle, dicht neben der Post. Es wird gebeten, alle Mittheilungen schriftlich und mündlich, auch die für den Leiter des Bureaus, Herrn Max Horwitz, bestimmten, ausschließlich nach dem Bureau in Treptow gelangen zu lassen.
Der Berliner Asylverein für Obdachlose hielt gestern Abend in den Viktoriasälen seine 27. Jahresversammlung ab. Verein hat im g Jahre 113 078 Männern und 12 015 weiblichen esauss und se
welcher von 1897 Männern benutzt wurde, zeigt zwar eine Steigerung, aber immerhin ist die Klage noch eine berechtigte, daß die Unter⸗ nehmer sich verhältnißmäßig selten an den Verein wenden. Die Ver⸗ mögenslage des Vereins ist eine sehr gute: den Einnahmen des letzten
Jahres in Höhe von 62 469 ℳ standen nur 39 108 ℳ Ausgaben
gegenüber, darunter 31 164 ℳ für Unterhaltung der Asyle; die Mehr⸗ einnahme betrug somit 23 361 ℳ Seit dem Bestehen des Vereins sind 1 463 864 ℳ eingenommen und 824 284 ausgegeben worden, sodaß ein Vermögen von 639 580 ℳ an⸗ gesammelt werden konnte, das inzwischen schon wieder auf 665 830 ℳ angewachsen ist. Außerdem sind ca. 950 000 ℳ an Legaten in Aus⸗ sicht, deren Annahme ernstliche Hindernisse nicht im Weg stehen. Der Verein wird daher auch in der Lage sein, den Neubau des neuen Asyls in der Wiesenstraße, obgleich derselbe 700 000 ℳ erfordert, vollständig aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Die ausscheidenden Vorstandsmitglieder wurden wiedergewählt.
Paris, 27. April. Nach der Volkszählung vom 29. v. M. beträgt die Einwohnerzahl von Paris 2 511 955, d. i. mehr als im März 1891. 84 4
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
Buluwayo, 27. April. (Meldung des „Reuter'schen Bureaus“.) Die Post aus dem Süden ist mit Waffen und Munition hier angekommen.
e
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Erst
Donnerstag: Casimir und Isidor. — Vorher Ein blauer Teufel.
Konzerte. Konzert-Hans. Karl Meyder⸗Konzert.
1 t seinem Bestehen 2 838 328 Personen in seinen sylhäusern vorübergehende Unterkunft geboten. Der Arbeitsnachweis,
87 250
n Beilage.)
Stationen.
Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp. red. in Millim Temperatur
in °0 5°C.
wolkig wolkig wolkig Dunst wolkig Schnee bedeckt bedeckt
halb bed. bedeckt halb bed. bedeckt bedeckt bedeckt Dunst bedeckt
bedeckt Regen 4 bedeckt 4 bedeckt 4 heiter
2bedeckt 3Regen 2 bedeckt 3 bedeckt
3 wolkig
Belmullet.. 756 Aberdeen. 750 Christiansund 746 Kopenhagen. 754 Stockholm . 7747 aranda. 744
t. Petersbg. 751 Moskau 759
Cork, Queens⸗ 16766381 Cherbourg. 763 756 T1I1““ 755 Hamburg 1u“ Swinemünde 756 Neufahrwasser 754 Memel 752
Paris 7764 Münster. 758 Karlsruhe.. 763 Wiesbaden. 761 München 765 Chemnitz. 760 Berlin... 757 Wien.. 763 Breslau 760 Ile d'Aix 767 Nizza 765 still wolkig Trieft 766 NW 1 wolkenlos Uebersicht der Witterung. Am höchsten, 765 mm, ist der Luftdruck über Süd⸗Europa, am niedrigsten, unter 745, über Nord⸗ Europa, dementsprechend sind im westlichen Mittel⸗ Europa westliche und südwestliche Winde vorwiegend, welche mäßig auftreten. In Deutschland und Um⸗ gebung ist das Wetter mild, vorwiegend trübe und regnerisch; in Nord⸗ und Mitteldeutschland ist allenthalben Regen gefallen, nur am Nordfuße der Alpen herrscht heitere Witterung. Fortdauer der vorwiegend trüben Witterung mit Regenfällen und sinkender Temperatur wahrscheinlich. 1 Deutsche Seewarte.
1141“*“ Theater.
Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opern⸗
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haus. 109. Vorstellung. Der Ring des Nibe⸗ 5
Schauspielhaus. 115. Vorstellung. Judith. Eine Tragödie in 5 Aufzügen von Friedrich Hebbel. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Dekorative Einrichtung vom Ober⸗Inspektor Brandt. Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag: Opernhaus. 110. Vorstellung. Der Evangelimann. Musikalisches Schauspiel in 2 Auf⸗ zügen, nach einer von Dr. Leopold Florian Meißner er⸗ zählten wahren Begebenheit, von Wilhelm Kienzl. — Phantasien im Bremer Rathskeller. han⸗ tastisches Tanzbild, frei nach Wilhelm Hauff, von Emil Graeb. Musik von Adolf Steinmann. Anfang 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. 116. Vorstellung. Der neue Fefr. chauspiel in 7 Vorgängen von Ernst von
ildenbruch. Anfang 7 ½ Uhr.
Deutsches Theater. Mittwoch Heinrich der Vierte. Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag: Ingend. 8
Freitag: Der Talisman. E“
Berliner Theater. Mittwoch: Der verlorene Sohn. (l'enfant prodigue.) — Nur drei Worte. eeh 7 ½ Uhr.
Donnerstag: König Heinrich.
Freitag (32 Abonnements⸗Vorstellung): Der ver⸗ lorene Sohn. (l'enrant prodigue.) — Rur drei Worte.
Lessing- Theater. Mittwoch: Gastspiel von 9 Mitterwurzer. Das Glück im Winkel.
nfang 7 ½ Uhr. (Gewöhnliche Preise.)
Donnerstag: Letztes Auftreten von Friedrich Mitterwurzer. Das Glück im Winkel.
Sonnabend: Zum ersten Male: Waldmeister. Unter persönlicher Leitung von Johann Strauß, mit Fesn. Fe Kopasci⸗Karscag und Ed. Steinberger a ast.
Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lautenburg. Mittwoch: Zum vorletzten Male: Hotel zum Freihafen. (L'HMéôtel du Libre Echange.) Schwank in 3 Akten von Georges Fepdeau, übersetzt und für die deutsche Bühne be⸗ arbeitet von Benno Jacobson. Musik von Frangois Perpignan. Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag: Letzte Aufführung von Hotel zum Freihafen.
Mittwoch: Mit großartiger Ausstattung an Kostümen, Dekorationen und Regquisiten: Der Hungerleider. Ausstattungs⸗Komödie mit Gesang und Ballet in 10 Bildern von Julius Keller und Louis Herrmann, mit theilweiser Benutzung einer Idee des Mark Twain. Musik von Louis Roth. Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent:
eerr Kapellmeister Winné. Anfang 7 ½ Uhr. S und folgende Tage: Der Hunger⸗
Neues Theater. Schiffbauerdamm ./5.
Mittwoch: Vorletzte Schauspiel⸗Vorstellung in der Saison. Die Wildente. Schauspiel in 5 Akten von Henrik Ibsen, deutsch von Ernst Brausewetter. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag: Letzte Schauspiel⸗Vorstellung der Saison. Der Hüttenbesitzer. Schauspiel in 4 Akten von Georges Ohnet, deutsch von Schelcher.
Freitag: Tata⸗Toto. Vaudeville in 3 Akten von Victor Leon und F. Zell, nach Bilhaud und Barré. Musik von Antoine Banés.
Der Vorverkauf zu der Vorstellung zu wohl⸗ thätigem Zweck, die am Sonntag Nachmittag 3 Uhr mit Allerhöchster Genehmigung stattfindet, hat begonnen.
Theater Unter den Linden. Direktion: Julius Fritzsche. Tournée Judic. Direktion: Theodore de Glaser.
Mittwoch: Gastvorstellung von Anne Judic. La belle Héelène. Opéra-Bouffe en 3 actes de M. M. Meilhac et Ludovic Halévy. Musique de Jacques Offenbach. Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag: La belle Héléène.
Adolph Ernst⸗Theater. Mittwoch: Das
otte Berlin. Große Ausstattungs⸗Gesangsposse / 3 Akten von Leon Treptow und Ed. Jacobson. Kuplets und Quodlibets von Gustav Görß. Musik von Gustan Steffens. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. 2. Akt: Alt⸗Berlin. Ansanz 7 ½ Uhr.
Donnerstag: Das flotte Berlin.
Bentral⸗Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30.
Mittwoch: Se.e des Conrad Dreher⸗ Ensembles vom ünchener Gärtnerplatz⸗Theater.
Conrad Dreher a. G. Der Schwiegervater“ Posse mit Gesang in 4 Akten Anfang 7 ¼ Uhr.
Mittwoch: Abschieds⸗Konzert.
Donnerstag, den 30. April, Abends 7 ½ Uhr: Konzert des „Berliner Liederkranz“ (Männer⸗ chor), Direktion: Herr W. Handwerg, und der Kapelle des 4. Garde⸗Regiments z. F., Dirigent: Herr F. Bergter.
8 Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Olga Neumann mit Hrn. Post⸗ sekretär Walther Günther (Berlin —Dresden). — Ffl. Margarethe Richters mit Hrn. Gerichts⸗
ssessor und Lieut. d. R. Georg Langer (Woisch⸗ witz — Neisse). — Frl. Marie t mit Hrn. Magistrats⸗Sekretär Max Wagner 8 erlin). — Frl. Elsbeth Schulze mit Hrn. Assistenz⸗Arzt 2. Kl. Dr. med. Hermann Jaehn (Potsdam— Itbogh 1
Verehelicht: Hr. Hauptmann Girscher mit Frl. Gertrud Schultz (Posen). — Hr. Regierungs⸗ nffesoer Kaubisch mit Frl. Lucie Ploch (Inster⸗ urg).
besen Ein Sohn: Hrn. Kammerjunker Heinrich von Heydebrand u. d. Lasa (z. Zt. Dresden). — Hrn. Professor Hieronymus Rave “ — Eine Vochter: Hrn. Lieut. Fehling (Lang⸗ fuhr). — Hrn. Gerichts⸗Assessor Liman (Berlin).
Gestorben: Hr. Oberst⸗Lieut. a. D. Paul Chambeau (Prenzlau). — Hr. Major Werner von Alvensleben (Glogau). — Hr. Carl von Debschitz a. d. Hause Pollentschine (Weigersdorf, O.⸗Lausitz). — 8 Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Anna Struck, geb. Schlüter (Wiesbaden). — r. General⸗ Major z. D. Emil von Siefart (Berlin). — Hr. .“ Josef Weltzel (Mittel⸗Rengers⸗ orf).
Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.
Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagk⸗
Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sieben Beilagen 8 (einschließlich Börsen⸗Beilage),
sowie die Inhaltsangabe zu Nr. 6 des öffen⸗
lichen Anzeigers (Kommanditgesellschaften a
Aktien und
ktiengesellschaften) für die Woche
Erste Beil 5 Anzeiger und Königlich Preußi
Berlin, Dienstag, den 28. April
Deutscher Reichstag. 77. Sitzung vom 27. April 1896, 1 Uhr.
Auf der Tagesordnung steht zunächst die Prüfung der Wahl des Abg. Pöhlmann (6. Elsaß⸗Lothringen, Rp.)
Die Kommission beantragt Unguültigkeitserklärung und Beweiserhebung über die Protestbehauptungen.
Nachdem Abg. Guerber (b. k. F.) über die Wahlvor⸗
gänge im Reichsland und besonders über die offiziellen Kandi⸗ daturen gesprochen, nimmt das Wort der
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von
Boetticher:
Meine Herren! Ich habe nicht die Absicht, mich über die Frage zu äußern, ob die Wahl des Herrn Abg. Pöhlmann als gültig an⸗ zusehen ist oder als nicht gültig. Ich habe selbstverständlich dem hohen Hause zu überlassen, sie zu entscheiden. Ich habe nur das Bedürfniß, mit Rücksicht auf die Bedenken, welche gegen die Korrektheit des Ver⸗ fahrens der elsaß⸗lothringischen Regierung bezüglich der Vernehmung einiger Zeugen in der Wahlprüfungskommission geäußert worden sind, auf Wunsch der elsaß⸗lothringischen Regierung die Gründe darzulegen,
welche dort als ausreichend und als maßgebend betrachtet worden sind, um die Zeugenvernehmungen vorzunehmen.
Im übrigen habe ich aber dem Herrn Vorredner doch, da ich das Wort inmal genommen habe, zu sagen, daß er doch wohl etwas zu weit
eht, wenn er die Kandidatur des Herrn Abg. Pöhlmann als eine ffizielle bezeichnet, noch dazu als eine offizielle im Napoleonischen Sinne. Er ist da vielleicht etwas zu stark in die Erinnerungen seiner Jugend zurückgegangen. Wir kennen keine offiziellen, keine Regierungskandi⸗ aturen (na, na! in der Mitte), und wenn der Herr Abg. Pöhlmann on irgend welchen öffentlichen Beamten in Elsaß⸗Lothringen in seiner Kandidatur unterstützt worden ist, so wird es wahrscheinlich einfach daran gelegen haben, daß diese Beamten ihn eben als den geeigneten andidaten zur Vertretung ihres Wahlkreises angesehen haben. Munun, meine Herren, ist also der Hergang bezüglich der Zeugen⸗ vernehmung, von der ich gesprochen habe, folgender gewesen. Der Herr Abg. Pöhlmann hat sich, nachdem die Wahlprüfungskommission beschlossen hatte, zur Aufklärung mehrerer Behauptungen in den vorliegenden Wahlprotesten zeugeneidliche Vernehmungen zu ver⸗ nlassen, und nachdem der Reichstag diesem Beschlusse beigetreten war, mit der Bitte an die elsaß⸗lothringische Regierung gewandt, es möge die Zeugenvernehmung auch ausgedehnt werden auf die Ab⸗ hörung verschiedener Personen, von denen er voraussetzen könne, daß sie die Behauptungen der Wahlproteste, um deren Aufklärung es sich handele, nicht allein nicht bestätigen, sondern im Gegentheil im stande sein würden, das Gegentheil von dem zu bekunden, was in diesen Be⸗ hauptungen vorgebracht ist.
Die elsaß⸗lothringische Regierung ist nicht dazu übergegangen, die Vernehmung dieser Zeugen einseitig anzuordnen, sondern sie hat die Beschlußfassung darüber den elsässischen Gerichten — es handelte sich um eine gerichtliche Vernehmung der Zeugen — überlassen, und die Gerichte haben kein Bedenken gehabt. Ich bin auch der Meinung — und diese Meinung kann mit sehr guten Gründen vertreten werden — daß das Verfahren, welches in dieser Beziehung eingeschlagen ist, nicht allein ein rationelles ist, sondern auch mit den gesetzlichen Bestimmungen durchaus im Einklange steht.
Meine Herren, die Wahlprüfung hat doch vor allen Dingen den Zweck, festzustellen, ob bei der Wahl ordnungsmäßig verfahren ist. Wird in irgend einem Wahlprotest die Behauptung aufgestellt, daß nicht ordnungsmäßig verfahren sei, daß Verletzungen der Vorschriften des Wahlverfahrens oder unzulässige Wahlbeeinflussungen statt⸗ gefunden haben, so liegt es in der Natur der Sache, daß man über diese Behauptung eine Erörterung durch Zeugenvernehmung eintreten läßt. Jeder Abgeordnete hat nun nach der Geschäftsordnung dieses hohen Hauses das Recht, an den Kommissionsberathungen theil⸗ zunehmen und auch ohne Stimmrecht seine Bemerkungen zu den Ver⸗ handlungen zu machen, welche in der Kommission gepflogen werden. Es wäre also dem Herrn Abg. Pöhlmann anheimgegeben gewesen, die Zweifel, die er rücksichtlich der aufgestellten Beweisthemata oder rücksichtlich der Zeugen zu äußern hat, auch in der Wahlprüfungs⸗ kommission zur Geltung zu bringen, und es wäre ihm ebenso unbenommen geblieben, auch seinerseits die Mittel anzugeben, durch welche ein Gegenbeweis gegen die Behauptungen, um deren Auf⸗ klärung es sich handelt, geführt werden sollte. Ich bin garnicht im Zweifel darüber, daß, wenn Herr Pöhlmann so verfahren wäre, auch die Wahlprüfungskommission den Beschluß gefaßt haben würde: wir wollen außer den in den Wahlprotesten benannten Zeugen auch die Zeugen vernehmen, die Herr Pöhlmann vorgeschlagen hat. Denn auch der Wahlprüfungskommission muß es — und dafür hat sie den stringentesten Beweis bereits ge⸗ liefert — darauf ausschließlich ankommen, hinter die Wahrheit zu ge⸗ langen. Nun war, als das Ersuchen um zeugeneidliche Vernehmung der in dem Wahlprotest genannten Personen bei dem Herrn Reichs⸗ kanzler einging, der Reichstag nicht versammelt. Die Requisition war — das entspricht ja auch den Wünschen des Reichstags, und ich thue es in jedem einzelnem Falle — von mir mit dem Ersuchen weitergegeben worden, eine schleunige Erledi⸗ gung eintreten zu lassen. Nun kam Herr Pöhlmann und stellte der Regierung vor, daß er seinerseits Zeugen namhaft zu machen habe, welche das Gegentheil von dem bekunden würden, was von den in dem Wahlprotest benannten Zeugen be⸗ kundet werden sollte. Die Regierung hat darauf dem Präsidenten des Ober⸗Landesgerichts in Colmar, also dem höchsten Justizbeamten der Reichslande, von dem Wunsch des Herrn Abg. Pöhlmann Kenntniß gegeben und hinzugefügt, von Regierungswegen stehe nichts entgegen, daß diesem Ersuchen entsprechend die darin benannten Zeugen vernommen würden; wenn aber der Präsident des Ober⸗Landesgerichts Bedenken habe, eine solche zeugeneidliche Vernehmung auch der weiter benannten Personen eintreten zu lassen, so möge er darüber berichten. Der Präsident des
Ober⸗Landesgerichts hat keine Bedenken gehabt und hat die Sache an das Landgericht weiter gegeben; die mit der Vernehmung betrauten Richter haben auch keine Bedenken gehabt, und so sind denn die Fest⸗ stellungsprotokolle entstanden.
Meine Herren, ich wollte in der Hauptsache durch diese meine Darlegungen bloß nachweisen, daß die Entwickelung der Angelegenheit eine ganz natürliche gewesen ist und daß eine sorgfältige Prüfung stattgefunden hat. Ich glaube nicht, daß man mit Fug der elsässischen Verwaltung aus ihrem Vorgehen irgend welchen Vorwurf machen kann. Kommt es den Herren darauf an, eine nähere Begründung dieses Verfahrens, wie sie von der elsässischen Regierung in einer Denkschrift gegeben ist, zu vernehmen, so bin ich gern bereit, die Hauptstelle daraus zu ver⸗ lesen. Vielleicht ist dies namentlich für die Herren Juristen inter⸗ essant, die Zweifel an der Zulässigkeit des Verfahrens haben. Es heißt in der Denkschrift:
Für die Richtigkeit der ergangenen Entscheidung spricht in sach⸗ licher Beziehung die Erwägung, daß es für die Ausübung des dem Reichstage nach Art. 27 der Reichsverfassung zustehenden Wahlprüfungsrechts nur förderlich sein kann, wenn die Vorgänge vor und bei der Wahl nicht vom eeinseitigen Standpunkt eines Wahlprotestes, sondern möglichst vollständig objektiv und wahrheitsgetreu festgestellt werden. Ist der ge⸗ wählte Abgeordnete in der Lage, hierzu seinerseits durch Be⸗ nennung neuer, in dem Wahlprotest nicht enthaltener Beweismittel beizutragen, so wird durch die hiermit gewonnene Aufklärung des Sachverhalts dem Reichstage die Findung eines sachentsprechenden Urtheils erleichtert. Die Wahlprüfungskommission hat dies auch durch Ablehnung des von einer Seite gestellten Antrags, die Aus⸗ sagen der Pöhlmann'schen Zeugen nicht zu berücksichtigen, aus⸗ drücklich anerkannt.
In formeller Hinsicht kommt in Betracht, daß, wenn die ordentlichen Gerichte zur eidlichen Vernehmung von Zeugen in Wahlprüfungs⸗Angelegenheiten überhaupt zuständig sind, mangels gesetzlicher Vorschriften über das hierbei zu beobachtende Verfahren die Vorschriften der Prozeßgesetze analog zur Anwendung zu bringen sein werden, wie denn auch der Reichstagsbeschluß vom 3. Mai 1895 die gerichtseidliche Vernehmung von Zeugen, „soweit die Beeidigung prozessualisch zulässig ist“, bean⸗ sprucht hat. Nun ist in demjenigen gerichtlichen Verfahren, welches mit dem Wahlprüfungsverfahren den Offizinalbetrieb gemeinsam hat, im Strafprozesse, die sofortige Erhebung des Gegen⸗ beweises durch den mit der Untersuchung betrauten Beamten nicht nur gestattet, sondern sogar ausdrücklich vorgeschrieben (vgl. St.⸗ P.⸗O. §§ 158 Abs. 2, 164 Abs. 1, 188 Abs. 2). Im Zivil⸗ prozeß wird der Umfang der Beweisaufnahme, wenn dieselbe in einem besonderen Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter erfolgen soll, durch den gemäß § 323 Zivilprozeß⸗Ordnung auf Grund des Beweisanerbietens der Parteien von dem Prozeß⸗ gerichte zu erlassenden Beweisbeschluß bestimmt, mit welch letzterem in gewissem Sinne der eine Beweisaufnahme durch die ordentlichen Gerichte anordnende Reichstags⸗ beschluß vom 3. Mai 1895 verglichen werden kann. Es ist aber auch im Falle des Erlasses eines Beweisbeschlusses die Vernehmung neuer, darin nicht erwähnter Zeugen gemäß § 339 Z.⸗P.⸗O. zulässig, wenn hierdurch keine Verschleppung des Ver⸗ fahrens eintritt. Letzteres war in der Sache Pöhlmann nicht der Fall. Im Gegentheil ist, da Pöhlmann, wie schon bemerkt, seine Vertheidigungsmittel bei dem Reichstage bis zur endgültigen Entscheidung vorbringen konnte, durch deren sofortige Erhebung eine Beschleunigung des Verfahrens erzielt, dem vermuthbaren Interesse des Reichstags also, wie dies auch die Absicht war, ent⸗ gegengekommen worden. Im übrigen hat der § 339 Zivilprozeß⸗ ordnung in einem Urtheil des Ober⸗Landesgerichts Zweibrücken vom 22. März 1881 (Busch und Vierhaus, Zeitschrift des deutschen Zivilprozesses Bd. IX S. 502) die Auslegung gefunden, daß neue Zeugen nicht nur von dem Prozeßgericht, sondern auch von dem beauftragten oder ersuchten Richter zugelassen werden dürfen. Diese Rechtsauffassung wird zwar in der Rechtslehre (vergl. Wil⸗ mowski und Levi, Zivilprozeßordnung § 339 Nr. 1 Abs. 2, Petersen bei Busch und Vierhaus Bd. IV S. 314, 319) nur mit dem Vorbehalt getheilt, daß die Gegenpartei der Zulassung neuer Zeugen durch den beauftragten oder ersuchten Richter zugestimmt haben müsse. Dieser Vorbehalt ist indessen für das Wahlprüfungsverfahren bedeutungsloes, weil dieses von dem Parteivorbringen nicht abhängt. (Vgl. Seydel a. a. O. S. 386).
Das sind also die Gründe, welche die elsässische Regierung be⸗ wogen haben, jenes Verfahren für zutreffend zu erachten. Ich stelle die Erörterung dieser Gründe anheim, möchte aber glauben, daß an der Hand derselben für den Herrn Reichskanzler kein Anlaß vorliegen wird, das Verfahren der elsässischen Regierung zu desapprobieren. Wünscht der Reichstag auszusprechen, daß über den Kreis seines Be⸗ schlusses hinaus Zeugen in Wahlsachen nicht vernommen werden dürfen, dann wird man sich in Zukunft wahrscheinlich darnach richten; aber für die Vergangenheit — und hier handelt es sich um einen in der Vergangenheit liegenden Fall — liegt, glaube ich, keine Veranlassung vor, den betheiligten Behörden einen Vorwurf zu machen.
Abg. Gamp (Rp.) zieht im Interesse der schleunigen Erledigung und mit Rücksicht auf die schwache Besetzung des Hauses den böe.. auf namentliche Abstimmung über die Wahl des Abg. Pöhlmann zurück und stellt in Aussicht, daß auch die namentliche Abstimmung über die Wahl des Abg. 82 zurückgezogen werde. Redner wendet sich ein⸗ gehend gegen die Behauptungen des Protestes, die sich sämmtlich als unwahr herausgestellt hätten. Er greift einen bei der Wahlagitation besonders betheiligten Bürgermeister Spies heftig an und tritt für die Gültigkeit der Wahl ein.
Abg. Dr. von Marquardsen (nl.) erklärt sich ebenfalls zu Gunsten der Gültigkeit der Wahl. 89888
Abg. Spahn (Gentr.) erklärt, daß die in dem Schreiben des Herrn Pöhlmann an die elsässische Regierung enthaltenen Be⸗ hauptungen bezüglich mehrerer zur Zentrumspartei gehöriger Mit⸗
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Der größte Theil des jäbrli
glieder der Wahlprüfungskommission unwahr seien. Der Bürger⸗ meister Spies sei von dem Staatssekretär von Puttkamer im Landes⸗ ausschuß in Schutz genommen worden. Redner bemängelt es, daß der Staatssekretär von Boetticher das Verfahren der Gerichte gebilligt hätte. Die Legitimation seiner Mitglieder prüfe der Reichstag, 29; die elsässische Regierung; der Reichstag bezeichne die Zeugen, welche er vernommen sehen wolle. Der Reichskanzler ersuche um die Ver⸗ nehmung der Zeugen; nicht über den Kopf des Reichstags hinweg sei verfahren worden, sondern über den Kopf des Reichskanzlers hin⸗ weg, dessen Anordnungen allein zu folgen sei. Der Reichskanzler hätte also alle Ursache, hier einzugreifen, nicht der Reichstag.
Abg. Beckh (fr. Volksp.) schließt sich diesen Ausführungen voll⸗ ständig an. Der requirierende Richter dürfe über den Inhalt der 8 Requisition nicht hinausgehen. Wenn die Kandidatur Pöhlmann auch keine offizielle gewesen, so zeigten doch die Vorgänge nach der Wahl, daß sie eine offiziell unterstützte gewesen sei.
„Abg. Dr. Simonis (b. k. F.) behauptet, daß die Wahl des Herrn Pöhlmann eine erpreßte gewesen, wenn auch eine offizielle Kan⸗ didatur nicht aufgestellt worden sei. Von Regierungsbeamten sei ausdrücklich anerkannt worden, daß die Gemeinden, welche regierungs⸗ freundlich wählten, staatliche Zuschüsse eher empfangen würden, als andere Gemeinden.
Abg. Gamp: Den regierungsfreundlich stimmenden Gemeinden 92. nicht unter allen Umständen Zuschüsse in Aussicht gestellt worden, ondern die betreffende Aeußerung ging dahin, daß „unter gleichen Verhältnissen“ Zuschüsse eher den regierungsfreundlichen Gemeinden zugewandt werden. Man will den Bürgermeistern das Wahl⸗ recht nehmen,“ weil sie für Pöhlmann eingetreten sind. Die Beamten, auch die in diesem Hause sitzenden, werden sich schönstens dafür bedanken, daß sie zu Staatsbürgern zweiter Klasse gemacht werden sollen. Nach den gemachten Erfahrungen könnte man wirklich die Frage aufwerfen, ob es nicht richtig wäre, die Wahlprüfungen einem unparteiischen Gericht, vielleicht dem Reichsgericht zu berwessen Denn in der Politik giebt es kein positives Recht; wer die Macht hat, hat das Recht.
Abg. Preiß (b. k. F.) bezweifelt, daß die Vertheidigung, welche der Vorredner Herrn Pöhlmann habe angedeihen lassen, in Elsaß⸗ Lothringen wirksam sein werde. Die Entlassung des Bürgermeisters Spies am 29. Juni, nachdem die Wahl am 15. Juni stattgefunden habe, sei allgemein als eine Folge der Wahlthätigkeit desselben ange⸗ sehen worden. Redner führt aus, daß eine öffentliche Wahlversammlung in Elsaß⸗Lothringen nur stattfinden könne, wenn sieben in der Gemeinde domizilierende Personen dieselbe einberiefen und das Gesuch der Ge⸗ nehmigung bei der Behörde deponierten. Nach drei Tagen dürfe dann die Versammlung stattfinden. Für die Kandidatur des Herrn Pöhlmann seien aber die Wähler durch Trommelschlag ohne weiteres zur Versammlung berufen worden, während die Gegner alle gesetz⸗ lichen Bestimmungen hätten beobachten müssen, widrigenfalls sie der Strafe verfallen wären.
Die Wahl des Abg. Pöhlmann (6. Elsaß⸗Lothringen. Rp.) wird gegen die Stimmen der Konservativen, Nationalliberalen und Reformpartei für ungültig erklärt, ebenso die Wahl des Abg. Holtz (5. Marienwerder. Rp.), über die am Freitag verhandelt worden war.
Auf Antrag des Abg. Spahn wird an Stelle des aus der Kommission für Arbeiterstatistik ausscheidenden Abg. Dr. Kropatscheck (d. kons.) ein Fraktionsgenosse desselben, der Abg. Jacobskötter gewählt.
Schluß 4 ༾ Uhr. Nächste S Dienstag 1 Uhr. (Zweite Berathung des Börsengesetzes. .
Statistik und Volkswirthschaft.
Ueber die Edelmetallgewinnung und t ⸗Verwendung in den letzten zehn Jahren.
In dem neuesten Heft der „Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik“ (Heft 4 des elften Bandes III. Folge) veröffentlicht Pro⸗ fessor W. Lexis einen Aufsatz, betitelt: „Die Edelmetallgewinnung und „Verwendung in den letzten zehn Jahren“. Ohne auf die inter⸗ essanten Details, welche der Verfasser über die Art und die Zuver⸗ lässigkeit der Gewinnung bestimmter Zahlengrößen auf diesem Gebiet für die einzelnen in Betracht kommenden Länder mittheilt, näher ein⸗ gehen zu können, wollen wir in Nachstehendem versuchen, die Haupt⸗ büge des in dieser neuen vortrefflichen Arbeit des bekannten Gelehrten gebotenen Bildes kurz wiederzugeben.
Unter Ausschluß der chinesischen Goldproduktion, über welche nach des Verfassers Kritik die vorliegenden Zahlenangaben doch gar zu un⸗ sicher sind, ergeben sich, entsprechend den Berichten des amerikanischen Münzdirektors, für die gesammte jährliche Ausbeute an Gold die
folgenden Zahlen: Jahr kg fein Mill. Mk. kg fein Mill. Mk. 1885 149 200 416,3 173 300 483,5 1886 143 800 401,2 186 600 520,6 1887 144 100 402,0 208 770 581,3 1888 151 900 423,8 226 400 631,7 1889 172 300 480,7 1894 258 400 719,9 In diesen Zahlen ist auch Deutschland mit einer Goldproduktion von 1000 bis 3000 kg kreditiert, wie Lexis sagt, obwohl seine wirkliche Goldgewinnung aus eigenen Erzen ganz gering ügig ist. Da aber der größte Theil dieses Goldes aus Silber geschieden ist, dessen Gold⸗ gehalt in der anderweitigen Statistik nicht mit berücksichtigt ist, so rechtfertigt es sich doch, diesen Posten in die Gesammtsumme mit aufzunehmen. nter Hinzurechnung eines wahrscheinlichen Antheils für China dürfte als voreuge Schätzung der Gold⸗ produktion von 1895 nach Lexis folgende annehmbar sein: PVereinigte Staaten —. . 197 000 000 ℳ Australien 180 000 000 Transvaal 187 000 000 Rußland. 115 000 000 Britisch Indien.. 20 000 000 die übrigen Länder. . 112 000 000 „ sehnmen 811 000 000 ℳ gewonnenen Goldes geht zunächst nach England und wird von dort aus auf die übrigen Länder, theil⸗ weise auch wieder auf die Produktionsländer selbst, vertheilt, um in diesen zur Münzprägung oder zu industriellen Zwecken ver⸗ wendet zu werden.
Was die Prägungsziffern anbelangt, so überschreiten dinse in der Regel die nachgewiesene gleichzeitige Produktion um ein sehr Bedeutendes, weil bei ihnen die Umprägung bereits vorhandener Münzen eine große Rolle spielt. Die Goldprägungen beliefen sich in Deutschland allein im Jahre 1895 auf 107 514 010 ℳ Deutsch⸗ land hat nach Lexis’ Mittheilungen in dem letzten Jahrzehnt bedeutend mehr Gold geprägt nicht nur als Frankreich, sondern auch — nach Abzug der Umprägungen — als England.
Für industrielle Zwecke sind nach den Schätzungen des ame⸗ rikanischen Münzdirektors, denen Lexis zustimmt, im Jahre 1894 im Ganzen für 205 000 000 ℳ verwendet worden. Wenn man auch für die neueste Zeit einen durchschnittlichen Jahresverbrauch von 220 Millionen Mark