7. April Vormittags in New⸗York angeko mmen. Der Postdampfer Habsburg“ hat am 27. April Abends die Reise von Sout⸗ hampton nach Antwerpen fortgesetzt. Der Postdampfer „Crefeld“ hat am 27. April Nachmittags Lizard passiert. Der Reichs⸗Post⸗ dampfer „Prinz Heinrich“ hat am 27. April Nachmittags die Reise von Southamton nach Genua fortgesetzt. Der Dampfer „Heimburg“ ist am 27. April in Rio de Janeiro angekommen.
Hamburg, 28. April. (W. T. B.) Hamburg⸗Amer:⸗ kanische Packetfahrt⸗Aktien⸗Gesellschaft. Der Post⸗ dampfer „Phoenicig“ hat heute früh Secilly passiert.
London, 28. April. (W. T. B.) Der Uniondampfer „Trojan“ ist auf der Ausreise ; in Kapstadt angekommen.
Rotterdam, 28. April. (W. T. B.) Niederländisch⸗ Amerikanische Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft. Der Dampfer „Amsterdam“ hat heute Mittag Secilly passiert.
Theater und Mufik.
3 Theater Unter den Linden.
Gestern Abend trat Frau Anne Judic hier zum ersten Male in
der Titelrolle der Offenbach'’schen Operette „Die schöne Helena“ La belle Hélèêne) auf. Wenn man berücksichtigt, daß die ganze ünstlergesellschaft eigentlich nur auf dem Gebiet des Vaudeville heimisch ist, kann auch der Wiedergabe des hle Theils der Operette durch die französischen Darsteller Anerkennung nicht versagtwerden. Selbst Frau Judic konnte aber mit den Vorzügen ihrer Vortragskunst dem Hörer nicht immer einen gewissen Mangel verdecken, der dem Umstande entspringt, 89 die scheinbar leichte Musik Offenbach's doch eine bedeutende musikalische Schulung voraussetzt. Einzelne Nummern eelangen ihr freilich vollendet, wie das zierliche Liedchen an Menelaus m zweiten Akt. Im Spiel hielt sie ganz an dem Bilde einer leichtlebigen Pariserin fest; der schattenhafte Umriß vornehmer Würde wird selbst parodistisch kaum gestreift. Die übrigen Mitwirkenden führten ihre Aufgaben nach bestem Vermögen durch, das aber auf dem Gebiete der nur unbedeutend ist. Der Darsteller des Kalchas, Herr Goberau, trat durch sein Spiel, das von einem kräftigen und gesunden Humor ge⸗ tragen war, bemerkenswerth hervor. Künstlerisch tadellose und ab⸗ gerundete Leistungen bot Frau Judic wieder durch den Vortrag ihrer Chansonnettes dar, die, wie immer, den Beschluß des Abends machten.
Im 1. Opernhause morgen eine Auf⸗ führung von ilhelm Kienzl's musikalischem Schauspiel „Der Evangelimann“ mit den Herren Sylva und Bulß und den Damen Pierson und Götze in den Hauptrollen unter Kapellmeister Dr. Muck’s 8 statt. Daran schließt sich das Ballet „Phantasien im Bremer Rathskeller“, in welchem die Damen Dell’Era und Urbanska auftreten. Im Königlichen Schauspielhause geht morgen E. von Wildenbruch's Schauspiel „Der neue Herr“ zum 88. Male in Scene. Die Besetzung ist nachstehende: Der Große Kurfürst: Herr Arndt; rinzessin Hollandine: Fräulein Poppe; Graf Schwarzenberg: Herr rube; Rochow: Herr Purschian; Claudine: Fräulein Lindner; Blech⸗
Hüendt: Herr Molenar; Male: Frau Seebach; Liese: Fräulein von ayburg.
Zum Besten des Vereins „Mädchenhort“ findet am Montag, den 4. Mai, Abends ½8 Uhr, in Kroll'’s Theater eine Felahrmng, von Richard Skowronnek'’'s Lustspiel „Halali“ und Roderich Benedix „Dienstboten“ statt. Billets zu 5, 3, 2, 1 ℳ sind am Freitag und den folgenden Tagen von 10 bis 1 Uhr im Königlichen Schauspielhause zu -
Anne Judic wird während ihres Gastspiels im Theater Unter den Linden noch folgende Stücke zur Darstellung bringen: „Lili“, „Divorçons“, „Le brillant Achille“ und „Mamselle Nitouche“. Morgen tritt die Künstlerin noch einmal in der Offenbach'schen Operette „La belle Hélèêne“ auf.
“ “ 1“
Mannigsaltiges.
In der nächsten Versammlung der „Militärischen Gesell⸗ schaft“, am Mittwoch, den 6. Mai, Abends 7 Uhr (Kriegs⸗Akademie, Dorotheenstraße 58/59), wird Oberst Freiherr von Schele seinen die Kolonie Deutsch⸗Ostafrika behandelnden Vortrag vom 25. März d. J. zu Ende führen.
Die von dem Verein „Concordia“ in Mainz heraus⸗ egebene Broschüre „Des Reservisten Begleiter in die Heimatö, ein Rathgeber für das bürgerliche Leben“, von Fritz Kalln, erscheint nächstens bereits in dritter verbesserter Auflage. In der verhältnißmäßig kurzen Zeit von nicht ganz einem halben Jahr sind nicht weniger als 30 000 Exemplare an Regiments⸗ Kommandos, Kriegervereine und Kriegervereins⸗Verbände sowie an Großindustrielle abgesetzt worden. Auf Befehl Seiner Majestät des Kaisers und Königs wurden von der Schatullverwaltung 2500 Exemplare für die Leib⸗Regimenter bezogen. In einem Kabinets⸗ schreiben wurde dem Verfasser Allerhöchsterseits warme Anerkennung eer. mit dem Hinzufügen, daß der Gedanke, den Kern der milstärischen Erziehung, ihre moralischen Faktoren in dem Reservisten weiter zu pflegen, um auch auf diesem Wege dem geistigen und leib⸗ lichen Wohle der Arbeiter zu nützen, lebhafte und dauernde Förderung verdiene. Auch dem Verein „Concordia“ in Mainz, als Herausgeber der Broschüre, hat Seine Majestät für das patriotische Bestreben danken lassen.
In der städtischen Waisenpflege befanden sich am 1. April d. J. 4826 Kinder; ihre Zahl hat während des Vierteljahrs Ja⸗ nuar / März um 216 zugenommen. In Zwangserziehung befanden sich zu derselben Zeit 451 Kinder; ihre Zahl ist während des Viertel⸗ jahrs Januar/März um 20 gewachsen. Von der letzten Kategorie waren 39 Kinder (33 Knaben und 6 Mädchen) entlaufen, 2 Knaben befanden sich im Gefängniß.
Die Direktoren der Sonderausstellung „Kairo“ bei der Berliner Gewerbe⸗Ausstellung hatten gestern eine Anzahl von Gästen, Ver⸗ tretern den Hees u. A. zu einer Beleuchtungsprobe nach Treptow entboten. Das Gebiet der von bewährter Künstlerhand möglichst ge⸗ treu nach dem Original entworfenen und erbauten orientalischen Stadt erschloß bald nach 5 Uhr seine Thore. Durch eine Reihe salutierender Kawassen, die am Eingang Spalier bildeten, hindurchschreitend, betrat man zunächst den weiten „Khediveplatz“, auf welchem die Büste des Vice⸗Königs von Egypten inmitten eines Hains hochragender und elektrische Bogenlampen tragender Palmen aufgestellt ist. Die ees. der diesen Platz umfriedigenden n. Portiken, Arkaden,
oscheen und Minarets tragen in der That das charakteristische, bunte, gefällige Gepräge der arabischen Baukunst und gewährten, trotzdem der azurblaue Himmel Egyptens bei dem Regengusse, der auf die Eintretenden herniederströmte, sehr permißt wurde, überraschenden Anblick, der durch das lebende Inventar einen der Ausstellung noch an Reiz gewann. Bei den Klängen der vortrefflich geschulten Hof⸗Kapelle des Khedive, über deren Leistungen wir gelegentlich der Besprechung der Matinée im Berliner Theater schon berichteten und welche jetzt von hohem, säulengetragenem Altan herab ihre Weisen ertönen liee nahte ein märchenhafter Zug: braune bewaffnete Gesellen auf Kameelen und zu Roß, Weiber und Kinder, auf Eseln beritten und zu Fuß, Musikanten, Derwische, Zauberer, Tänzer und anderes Volk bildeten die Karawane, die jetzt in buntem Gewimmel die Schaar der Schauenden von dem weiten Platz und durch die entlegenen Straßen und Gäßchen geleitete, in welchen Cafés, Bazare, Werkstätten und anderes, dessen Einzelheiten späteren Schilderungen vorbehalten sei, sich den Blicken erschloß. Während auf dem Platze dann Kampfspiele und Tänze einen Theil der Zuschauer fesselten, begab sich ein anderer Theil in das reizend ausgestattete Theater, wo ein „kurdisches“ Drama, dessen Schauplatz in der Nähe von Damaskus gedacht ist, zur Aufführung gelangte; es behandelt in primitiver Form, die Geschichte zweier Liebenden, die sich erst nach Ueberwindung mancher Hindernisse angehören dürfen.
Während die Mehrzahl der Gäste ihre Schaulust im Freien oder innerhalb der genannten Gebäude befriedigte, sich wahrsagen ließ, oder auf Eseln umherritt, vereinigte im Saale des mit orientalischen Stoffen geschmackvoll dekorierten Hauptrestaurants ein Festmahl die unmittelbar mit dem Unternehmen in Zusammenhang stehenden Herren, die Künstler, welche die Ausführung geleitet hatten, die Ver⸗ treter der Stadt Berlin, der Presse u. s. w., das in anregender Weise verlief. Baumeister Wohlgemuth, der Erbauer der Ausstellung „Kairo“, brachte als erster Toastredner das begeistert aufgenommene Hoch auf Seine Majestät den Kaiser aus. Im Verlaufe der Tafel sprachen noch der Bürgermeister Kirschner, Stadtverordneten⸗Vorsteher Langer⸗ hans, Professor Ludwig Pietsch und Andere mehr, welche der Thätig⸗ keit der Herren Wohlgemuth und Möller als Leiter des Unternehmens
das ihr gebührende Lob spendeten. Die Tafelmusik wurde von der schon erwähnten unermüdlichen Hofkapelle des Khedive ausgeführt. Nach dem Mahle versammelte sich die Gesellschaft in einem Kaffee⸗ hause, wo eine vollendete Vorfuͤhrung orientalischer Tänze die Reihe der eigenartigen Schauspiele beschloß.
Die Direktion des Hochgebirgs⸗Panoramas auf der Berliner Gewerbe⸗Ausstellung, welches eine Bergfahrt üim Zillerthal bis zur „Berliner Hütte“, gemalt von
osef Rummelspacher, darstellt, versendet soeben ein von
turtevant entworfenes, in Buntdruck ausgeführtes Plakat. Das Bild zeigt einen Eisenbahndurchstich inmitten einer Hochgebirgs⸗ landschaft. Ein im Vordergrund stehender Tiroler ist im Begr⸗ dem heranbrausenden Eisenbahnzug einen Juchzer zu⸗ zurufen. Ueber dem Bilde befindet sich die Aufschrift „Berliner Gewerbe⸗Ausstellung 1896“, während darunter die Bezeichnung des Spezialunternehmens zu lesen ist. Die rechte untere Ecke des 2F88 zeigt in kleinerem Maßstab ein Bild des im Treptower Park efindlichen Gebäudes. Das Plakat ist in der Druckerei von H. S. Herrmann, Beuthstraße 8, hergestellt worden.
Morgen (Donnerstag) Nachmittag 2 Uhr findet unter Zuziehung der betheiligten Behörden die landespolizeiliche Abnahme der Theilstrecke „Hollmannstraße — Treptow“ der von der Firma Siemens u. Halske gebauten elektrischen Straßenbahn Behren⸗ straße — Treptow statt.
Potsdam, Dienstag, 28. April. S. M. Torpedoboot 838, Kommandant Lieutenant z. S. von Jachmann, ist heute, von Kiel kommend, hier eingetroffen und bei der Königlichen Matrosenstation vor Anker gegangen. 8.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen. 8
Paris, 29. April. (W. T. B.) Vallé hat die Ueber⸗ nahme des Handelsportefeutlles abgelehnt; dasselbe soll nun⸗ mehr dem Deputirten Sibille angeboten werden.
Paris, 29. April. (W. T. B.) Der „Agence Havas“ wird aus Prätoria gemeldet, die Regierung der Südafrikanischen Republik beabsichtige, die in ihrem Besitz befindlichen Schrift⸗ stücke, welche sich auf den Prozeß gegen das Reformcomité und auf die Rolle beziehen, welche die Ausländer zu Gunsten des Dr. Jameson gespielt haben, zu veröffentlichen. Im Besitze der Regierung befänden sich, wie versichert werde, Schriftstücke, welche die Betheiligung be⸗ sonders Cecil Rhodes' und der Chartered Company unzweifel⸗ haft feststellten und starke Verdachtsgründe gegen andere Per⸗ sönlichkeiten in Süd⸗Afrika enthielten.
Prätoria, 28. April. (W. T. B.) Präsident Krüger erklärte gegenüber dem Vertreter des „Reuter'schen Bureaus“: das Urtheil des Gerichtshofs sei Gegenstand erneuter Er⸗ wägung. Er vertraue, daß Johannesburg die Entscheidung der Regierung in Ruhe abwarten werde. Die schriftliche Urtheilsausfertigung werde dem ausführenden Rath am Donnerstag vorgelegt und die Angelegenheit alsdann rasch in Behandlung genommen werden.
Johannesburg, 28. April. (Meldung des „Reuter'schen Bureaus“.) Auf morgen ist eine Versammlung zur Wahl von Ausschüssen anberaumt behufs Absendung großer Abordnungen an den Präsidenten Krüger, welche von demselben das Ver⸗
sprechen erbitten sollen, daß er seinen Einfluß zu Gunsten der
Verurtheilten geltend machen werde.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten b
Beilage.)
Wetterbericht vom 29. April, 8 Uhr Morgens.
*
4 0R
Wind. Wetter.
von Dr. Leopold
Temperatur in ° Celsius
Bar. auf 0 Gr 5° C.
u. d. Meeressp red. in Millim
Belmullet.. 758 NNW FEbbedeckt Aberdeen 2750 NW 4 wolkig Christiansund 748 WSW 3 Regen Kopenhagen. 752 WSW 4 Regen Stockholm . 749 W. 2 bedeckt S still bedeckt
t. Petersbg. 750 Regen
Rathskeller.
Königliche Schauspiele. Donnerstag: Opern⸗ haus. 110. Vorstellung. Musikalisches Schauspiel in 2 Aufzügen
Begebenheit, von vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dekorative Einrichtung vom Ober⸗Inspektor Brandt. meister Dr. uch, heestafienseee- 7 antastisches Tanzbild, frei na Wilhelm Hauff, Adolf Steinmann. mann. Anfang 7 ½ Uhr. Schauspielhaus. err. Schauspiel in 7 Vorgängen von Ernst von
Theater. Residenz⸗Theater.
ilhelm Kienzl. In Scene gesetzt Perpignan. Anfang 7 ½ Uhr. Freitag: Neu einstudiert:
— Phantasien im Bremer
von Emil Graeb. Musik von Dirigent: Musikdirektor Stein⸗
Donnerstag:
116. Vorstellung. Der nene Kostümen,
Direktion: Lautenburg. Donnerstag: Letzte Aufführung von: Hotel zum Freihafen. (L'Hôötel du Libre Der Evangelimann. Echange.) Schwank in 3 Akten von Georges nach einer Fevdeau, übersetzt und für die deu lorian Meißner erzählten wahren arbeitet von Benno Jacobson. Musi
1 Fernand’s Ehe⸗ Dirigent: Kapell⸗ kon akt. Schwank in 3 Akten von G. Feyd
Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25 — 26S.
Mit großartiger Ausstattung an R 8. b ekorationen und Requisiten: Der Kapele öö“ Regiments z. F., Dirigent:
Bentral⸗Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30.
Donnerstag: Gastspiel des Conrad Dreher⸗ Ensembles vom ünchener Gärtnerplatz⸗Theater. Conrad Dreher a. G. Casimir und Isidor. — Vorher: Ein blauer Teufel. Anfang 7 ½ Uhr.
Freitag: Der Schwiegervater.
Sigmund
18g Bühne be⸗ von Frangois
Konzerte.
Konzert-Hans. Karl Meyder⸗Konzert.
Donnerstag, den 30. April, Abends 7 ½ Uhr: Konzert des „Berliner Liederkranz“” (Männer⸗ chor), Direktion: Herr W. Handwerg, und der
Moskau . . 756
gg2E 90
Regen
Cork, Queens⸗ 758 754 751 754 winemünde 754 Neufahrwasser 755 Memel 755
d 7 7760 ünster.. 755 Karlsruhe. 760 Wiesbaden. 758 München 760 Chemnitz .. 758 Berlin 755
ebbbe-e.
Breslau 757
heiter wolkenlos
+£ 2 O 00
10 heiter 10 halb bed. ³) 8.
bedeckt 10 bedeckt 8 Regen 10 bedeckt) 10 3 Regen 12 wolkig 9 3 bedeckt 10 bedeckt 13 bedeckt
IJle d'Air.. 762
vü 6682 hb68
bedeckt wolkenlos 13 stil wolkenlos 17
¹) Gestern und Nachts Regen. ²) Nachts Regen.
²) Thau. ⁴) Gestern
egen.
Uebersicht der Witterung. 8 t
Die Witterung von Nord⸗ und Mittel⸗Europa steh unter dem 82 einer umfangreichen Depression,
die die niedri
ten Barometerstände über Skandi⸗
navien aufweist. Im Nordseegebiete wehen schwache bis starke westliche und nordwestliche, im südlichen Ostseegebiete schwache südliche und südwestliche Winde.
In Deutschland, wo fast allenthalben Regen gefallen ist, ist bei schwacher Lufthewegung das Wetter kälter, Die Morgentemperatur ist
trübe und regnerisch. unter den
ittelwerth herabgegangen.
Veränder⸗
liches Wetter mit Regenfällen und weiterer Ab⸗
kühlung demnächst zu erw
arten. Deutsche Seewarte.
ildenbruch. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Dekorative Einrichtung vom Ober⸗ Inspektor Brandt. Anfang 7 ½ Uhr.
reitag: Opernhaus. 111. Vorstellung. Don Inan. Oper in 2 Akten mit Tanz von Wolfgang Amadeus Mozart. Text von Lorenzo Daponte. San. Juan: Herr Francesco d'Andrade, Frrte
Kyerischer Kammersänger, als Gast.) Anfang 7 ½ Uhr Erhöhte Preise.
Schauspielhaus. 117. Vorstellung. Sonder⸗ Abonnement B. 17. Seehag. Ein Sommer⸗ nachtstraum von William Shakespeare, übersetzt von August Wilhelm von Schlegel. Musik von Felir Mendelssohn⸗Bartholdy. Tanz von Emil
raeb. Anfang 7 ½ Uhr. I
Deutsches Theater. Donnerstag: IJugend. reitag: Der Talieman. onnabend: Die Weber.
Berliner Theater. Donnerstag: König Heinrich. Anfang 7 ½ Uhr.
Freitag (32 Abonnements⸗Vorstellung): Der ver⸗ lorene Sohn. (l'enrant prodigue.) — RNur drei Worte. “
Sonnabend: König Heiurich. 8
Lessing- Theater. Donnerstag: Letztes Auf⸗ treten von Friedrich Mitterwurzer. Das Glück im Winkel. Anfang 7 ½ Uhr. (Gewöhnliche Preise.)
Sonnabend: Zum ersten Male: Waldmeister. Unter F n. Leitung von Johann Strauß, mit
u
Frau ie Kopaczy⸗Karczag und Ed. Stei als Gast. gb “
Sonntag: Waldmeister. Gastspiel von Julie
Kopaczy⸗Karczag und Eduard Steinberge
Huugerleider. Ausstattungs⸗Komödie mit Gesan und Ballet in 10 Bildern von Julius Keller un Louis Herrmann, mit theilweiser Benutzung einer Idee des Mark Twain. Musik von Louis Roth. In Scene gesetzt von Julius Fritzs⸗ Dirigent: Herr Kapellmeister Winné. Anfang 7 ½ Ubr.
1rrns und folgende Tage: Der Hunger⸗
Neues Theater. Schiffbauerdamm 4a./5. Donnerstag: Der Hüttenbesitzer. Schauspiel in 4 Akten von Georges Ohnet, deutsch von Schelcher. Regie: Siegfried Jelenko. Anfang 7 ½ Uhr. 192 ie Wildente. onntag: Zum ersten Male: Vaudeville in 3 Akten von Victor Leon und nach Bilhaud und Barré. Musik von Banés. Sonntag, den 3. Mai, Nachmittags 3 Uhr: Mit Allerhöchster Genehmigung: Privat⸗Vorstellung
Tata⸗Toto. Zell, ntoine
zu wohlthätigem Zweck.
Theater Unter den Linden. Direktion: Julius Fritzsche. Tournée Judic. Direktion: Theodore de Glaser.
Donnerstag: Gastvorstellung von Anne Judic. La belle HMélèene. Opéra-Bouffe en 3 actes de M. M. Meilhac et Ludovic Halévy. Musique de Jacques Offenbach. Anfang 7 ½ Ühbr. 18
Freitag: La belle Hélene.
8u
Adolph Ernst⸗Theater. Donnerstag: Das flotte Berlin. Große Ausstattungs⸗Gesangsposse in 3 Akten von Leon Treptow und Kuplets und Quodlibets von Gustav Görß. Musik von Gustan Steffens. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. 2. Akt: Alt⸗Berlin. An ans 7 ½ Uhr.
Freitag: Das flotte Berlin.
Ed. Jacobson.
1eee“]; Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Ottonie von Hagen mit Hrn. Lieut. “ Pea 2d. rl. Leny Kretsch⸗ mer mit Hrn. Prem.⸗Lieut. Georg von Hippel (Leobschütz — Kosel).
Verehelicht: Hr. Kapitän⸗Lieut. Ritter mit Frl. Sophie Meyer (Dresden). — Hr. Prem. Lieut. du Vignau mit Frl. Helene Rumler 9 ½ 2 — Hr. Landrichter Schlott mit Frl. Marie Rumler (Breslau).
Geboren: Ein Sohn und eine Tochter: en uptmann Postel (Zittau). — Ein Sohn:
1
n. Stabsarzt Grundies (Oels). — Hrn. Frhrn.
öckler von Veldegg und Münchenstein (Mittel⸗ Stradam). — Hrn. Regierungs⸗Baumeister E. Körner G“ — Eine Tochter: Hrn. Ernst von Werdeck (Berlin).
Gestorben: Verw. Fr. Major Anna Stöckenius, verw. gew. Born, geb. Flittner (Berlin). — Hr. Rittergutsbesitzer udolph Viviens von Wedel S — Hr. Geheimer Ober⸗Regierungs⸗
ath a. D. Frhr. Wilhelm Senfft von Pilsach Sandow). — Verw. Fr. Geheim⸗Kämmerer lisabeth Schöning, geb. Berg (Berlin). —
r. Bergrath Clara Köbrich, geb. Lage (Schöne⸗
cka. 69 — Frl. Helene von Schauroth (Berlin).
— Hr. Professor Dr. Friedrich Staupe (Grünberg).
Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth
in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage)
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ichs
1“
Deutscher Reichstag. 78. Sitzung vom 28. April 1896, 1 Uhr.
Auf der Tagesordnung steht die zweite Berathung des Entwurfs eines Börsengesetzes.
Nach bedarf die Errichtung einer Börse der Ge⸗ nehmigung der Landesregierung, welche auch deren Aufhebung anzuordnen hat. (Absatz I.)
Nach Absatz II üben die Landesregierungen die Aufsicht über die Börsen aus; sie können aber die unmittelbare Auf⸗ sicht auch den Handelsorganen (Handelskammern, kauf⸗ männischen Korporationen) übertragen.
Nach Absatz III unterliegen der Aufsicht der Landes⸗ regierungen auch die auf den Börsenverkehr bezüglichen Ein⸗ richtungen (Kündigungsbureaux, Liquidations⸗Kassen und Vereine und ähnliche Anstalten).
Abg. Graf von Kanitz (d. kons.) will dem Abs. II hinzu⸗ fügen, daß die Landesregierungen anordnen können, daß in dem Vorstand der Produktenbörse die Landwirthschaft, die landwirthschaft⸗ lichen Nebengewerbe und die Müllerei eine entsprechende Vertretung
finden.
Berichterstatter Abg. Gamp (Rp.) weist die Kritik, welche die Petitionen verschiedener Börsenkorporationen gegen die Thätigkeit einiger Mitglieder der Kommission gerichtet hätten, in welchen von Verblendung, von Leichtsinn u. s. w. die Rede sei, mit Entschieden⸗ heit zurück.
Abg. Graf von Kanitz (d. kons.) spricht darüber aus, daß bei der Mehrheit des Reichstags der gute Wille vorhanden sei, etwas Gedeihliches zu schaffen, daß man deshalb mit Anträgen im allgemeinen zurückhalte. Diesem Beispiel würden auch seine Freunde sich anschließen. Der Antrag, den er zu § 1 gestellt habe, würde an Bedeutung verlieren, wenn der Vorschlag des Zentrums, betreffend das Verbot des Terminhandels mit Getreide, angenommen würde; sein Antrag solle nur eine Unklarheit beseitigen, welche durch das preußische Landwirthschaftskammer⸗Gesetz entstehe, welche den Landwirthschaftskammern eine Mitwirkung bei den Preisnotierungen zusichere; in dem vorliegenden Entwurf finde sich eine solche Be⸗ stimmung nicht.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher:
Ich betrachte es als ein günstiges Omen für unsere Berathungen, daß ich mich diesem Antrag nicht feindlich gegenüberzustellen habe. Ich weiß zwar nicht, wie im Fall seiner Annahme durch das hohe Haus die verbündeten Regierungen sich zu dem Antrag stellen werden. Ich möchte aber glauben, daß der Antrag nicht auf wesentliche Be⸗ denken stoßen kann. Schon das von dem Herrn Vorredner ange⸗ zogene preußische Gesetz über die Errichtung der Landwirthschafts⸗ kammern sieht im § 1 Abs. 4 vor, daß
den Landwirthschaftskammern nach Maßgabe der für die Börse und die Märkte zu erlassenden Bestimmungen eine Mitwirkung bei der Verwaltung und den Preisnotierungen der Produktenbörse sowie
der Märkte, insbesondere der Viehmärkte übertragen werden soll; und in den Motiven zu dem gegenwärtigen Börsen⸗Gesetzentwurf ist bei der Begründung der §§ 5 und 6 darauf Bezug genommen, daß
ine dringende und in manchen Beziehungen wohlbegründete Forde⸗ rung der durch den Börsenhandel, namentlich den Verkehr an der
Produktenbörse in Mitleidenschaft gezogenen Erwerbszweige (Land⸗
wirthschaft, Müllerei, Industrie) sich dahin richtet, daß Vertreter
dieser Kreise zu der Berathung und Entscheidung von Fragen,
weelche ihre Interessen maßgebend beeinflussen, seitens der Börsen⸗ organe zugezogen werden.
Es ist zu diesem Wunsche in den Motiven hervorgehoben, daß
die Landesregierung in der Lage sei, diesem Verlangen je nach Lage der örtlichen Verhältnisse durch die Herbeiführung der Aufnahme entsprechender Bestimmungen in der Börsenordnung Rechnung zu tragen.
Wenn also der Antrag des Herrn Grafen von Kanitz dahin geht, daß diese Befugniß hier im § 1 ausdrücklich erwähnt werden soll, so widerstrebt das nicht den Absichten, die die verbündeten Regierungen ausweislich des von mir angezogenen Passus der Motive bereits gehegt haben. Ich glaube deshalb, daß, wenn das hohe Haus den Antrag des Herrn Abg. Grafen von Kanitz annimmt, dies auf Schwierig⸗ keiten beim Bundesrath nicht stoßen wird.
Abg. Graf von Oriola (nl.) weist auf die Erklärung des „Ehrbaren Kaufmanns“ zu Hamburg hin, welche alles übersteige, was über den Entwurf gesagt sei; der Entwurf werde als durchweg schädigend und beleidigend hingestellt, der Kommission werde der Vorwurf Fensht daß sie einen Mangel an Gefühl für die berechtigten Interessen des Handels zeige. Diesen Vorwürfen müsse er als Kommissionsmitglied widersprechen, ebenso dem Vorwurf, daß die Beschlüsse von einem blinden Haß und Verfolgungseifer zeugten. In wohlthuendem Gegen⸗ satz dazu ständen die sachlichen Auslassungen verschiedener Handels⸗ kammern, namentlich auch der Frankfurter Kammer. Der Antrag Kanitz sei ihm sympathisch, aber er gehöre mehr zu § 4, zur Börsen⸗ ordnung, als zu § 1, zur Staatsaussicht. Einige seiner Freunde meinten aber, der Antrag sei überflüssig, weil die Regierungen ohnehin die Befugniß hätten, Vertreter der Landwirthschaft in den Börsen⸗ vorstand zu bringen. Man versuche jeßt schon allerlei Neubildungen an der Börse; er hoffe, daß es der Aufsicht der Regierungen ge⸗ lingen werde, solche bedenkliche Neubildungen zu verhindern.
Abg. Dr. Barth (fr. Vgg.): Es war bisher nicht üblich, daß man sich im Reichstag verwahrte gegen eine Kritik, die sich in der Oeffent⸗ lichkeit abgespielt hat. Es sind angeführt worden die Aeußerungen der Kaufmannschaft in Stettin und des „Ehrbaren Kaufmanns“ in Ham⸗ burg. Wenn diese beiden, durchaus nicht extrem gesinnten Korpo⸗ rationen so scharf Stellung genommen haben, so beweist das, daß sie sich beleidigt gefühlt haben durch das weitgehende Mißtrauen
egen die kaufmännische Moralität, welches nicht nur in der Vorlage,
gae noch mehr in den Beschlüssen und Berathungen zu Tage getreten ist. Der Antrag des Grafen Kanitz bedeutet nichts weiter als eine Kontrole der Börse durch die Landwirthschaft, denn eines sachverständigen Beiraths bedarf die Produktenbörse nicht.
Abg. Liebermann von Sonnenberg (Reform⸗P.): Die Be⸗ schlüsse der ersten Lesung der Kommission haben uns besser gefallen als die der zweiten; wir werden daher allen Anträgen zustimmen, welche auf eine Verschärfung im Sinne der Beschlüsse erster Lesung gerichtet sind. Redner erklärt sich für das Verbot des Terminhandels in Getreide, dem alle Freunde der Landwirthschaft zustimmen sollten, die den Antrag v. nicht hätten annehmen können. 8
Abg. Fritzen (Zentr.) hält den Antrag Kanitz für überflüssig, oder mindestens zu einem späteren Paragraphen gehörig. Das Zentrum werde sich mit Aus der Frage des Terminhandels
möglichst aller Se enthalten und sich auf den Boden der Kommissionsbeschlüsse stellen.
Abg. Graf von Arnim (Rp.) bittet, den Antrag Kanitz an⸗ zunehmen. In dem Landwirthschaftskammer⸗Gesetz sei die Betheiligung der Landwirthschaft an der Leitung der Börsen fest versprochen; die Vorlage enthalte aber nur eine Mitwirkung bei der Preisfeststellung, was durchaus nicht genüge. Von einem unberechtigten Mißtrauen gegen die Börse sei durchaus keine Rede; es sei leicht nachzuweisen ba die Landwirthschaft arg geschädigt sei in den letzten Jahren durch die Lieferungsbestimmung und die sonstigen Vorschriften des Börsen⸗ verkehrs. Die Börsenvorstände verhandelten und organisierten sich
eheim und die anderen Berufsstände kämen nicht dazu, ihre nteressen geltend zu machen.
. Dr. . k. F.) ist für den Antrag Kanitz, dessen An⸗ ne ahn c F sei, wenn 689] afssen bei einem anderen Paragraphen. Nach des Redners Meinung gehöre derselbe zu § 1, weil er von vornherein eine organisierte Mitwirkung der Landwirthschaft an der Börse schaffe. Man sieht, fährt der Redner fort, in der Vorlage ein Mißtrauen gegen den moralischen Standard der Produktenbörse. Die Fälle Ritter und Blumenfeld, Rosenberg und Cohn u. s. w. beweisen, daß der moralische Standard nicht sehr hoch steht. Es müssen an der Leitung der Börse Personen betheiligt sein, die nicht direkt an dem Börsengeschäft interessiert sind. Die Stettiner und die Hamburger Börse genießen eines hohen Ansehens, allein die Kundgebungen derselben beweisen, daß entweder die un⸗ lauteren Elemente die Oberhand erlangt haben, oder daß sie von dem Berliner Beispiel angekränkelt sind. Die materielle Kritik, welche die Eingaben der beiden Börsen an den Beschlüssen des Reichstags geübt haben, ist derartig, daß ich mich auf denselben Standpunkt nicht stellen kann; ich müßte mich dann ebenfalls gemeinen Schimpf⸗ wörtern zuwenden. Nur ein Theil der Kaufmannschaft hat sich zu solchen Angriffen hinreißen lassen. Ich bin auch nicht der Meinung, daß die Gesammtheit der Kaufmannschaft sich identifiziert mit dem Schutzverbande gegen die agrarischen Uebergriffe. Die chemische In⸗ dustrie hat sich dagegen verwahrt. (Präsident Freiherr von Buol bittet den Redner, zu § 1 zurückzukommen.) In der Mitwirkung der Landwirthschaft bei der Kontrole der Börsen liegt keine Ober⸗ vormundschaft. Allerdings sehen die Börsenbesucher der Zukunft mit schwerer Sorge entgegen: das Land und die produzierenden Stände werden aber darüber anders urtheilen und das Gesetz mit Freude aufnehmen.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher:
Meine Herren! Der Herr Vorredner hat dem Antrage des Herrn Abg. Grafen von Kanitz eine Deutung gegeben, die sich aus dem Wortlaut des Antrags nicht ergiebt (sehr richtig! links), von der ich auch annehme, daß der Herr Abg. Graf von Kanitz sie nicht beabsichtigt hat, und die, wenn sie wirklich im Gesetz zum Aus⸗ druck kommen sollte, meines Erachtens die lebhaftesten Bedenken rücksichtlich ihrer Ausführbarkeit anregen würde. Der Herr Abg. Graf von Kanitz hat seinen Antrag ausdrücklich darauf gerichtet, daß den Regierungen die Befugniß beigelegt werden soll, anzuordnen, daß in den Vorständen der Produktenbörsen die landwirthschaftlichen Neben⸗ gewerbe und die Müllerei ihre entsprechende Vertretung finden; er hat aber nicht den Zustand herbeiführen wollen, den der Herr Abg. Dr. Hahn als den beabsichtigten hinstellt, daß in die Aufsichtsorgane der Landes⸗ regierungen Vertreter der Landwirthschaft aufgenommen werden sollen. Nach dem Wortlaut des § 1, wie ihn die Kommission Ihnen vorschlägt, haben die Regierungen die Befugniß, an Stelle der eigenen unmittel⸗ baren Aufsicht die Handelsorgane mit dieser Aufsicht zu betrauen, also beispielsweise in Berlin die Aeltesten der Kaufmannschaft, oder an Börsenorten, an deren Sitz sich Handelskammern befinden, die Handelskammern. Ginge der Antrag des Herrn Abg. Grafen von Kanitz dahin, den Aeltesten der Kaufmannschaft resp. den Handels⸗ kammern Vertreter der landwirthschaftlichen Nebengewerbe und der Müllerei beizuordnen zum Zwecke der Ausübung der Aufsicht, so müßten dagegen allerdings die ernstesten Bedenken erhoben werden. (Sehr richtig!) Das geht schon garnicht nach der Verfassung der Handelsorgane, und ich muß auch sagen, es würde mir im Sinne des Zwecks, den der Antrag des Herrn Abg. Grafen von Kanitz verfolgt, vollständig ausreichend erscheinen, wenn unter Umständen in der unmittelbaren Verwaltung der Börse die Ver⸗ tretung der landwirthschaftlichen Interessen eingeführt wird. So habe ich den Antrag verstanden, und von diesem Gesichtspunkt aus habe ich auch nur meine früheren Bemerkungen machen können.
Was nun die Ausführungen der Herren Abgg. Graf Oriola und Fritzen anlangt, so ist es ganz unzweifelhaft richtig: die Vorschrift, die der Herr Abg. Graf von Kanitz getroffen wissen will, gehört streng genommen nicht in den § 1, denn dieser handelt von der Aufsicht über die Börse, und das, was der Antrag des Herrn Abg. Grafen von Kanitz will, ist eine Theilnahme der landwirthschaftlichen Interessen an der Verwaltung der Börse.
Der Antrag würde auch entbehrlich sein, denn nach dem § 4 des Gesetzes in Verbindung mit § 5 sind die Regierungen in der Lage, in die Börsenordnung, durch welche die Verwaltung der Börse ge⸗ ordnet werden muß, eine Vorschrift aufzunehmen, durch welche die Wahrnehmung der landwirthschaftlichen Interessen bei der Verwaltung der Börse sichergestellt wird. Insofern ist also der Antrag ganz entbehrlich.
Wenn ich vorhin erklärt habe, daß voraussichtlich, wenn der Reichstag Werth darauf legen sollte, diesen Antrag in § 1 aufzu⸗ nehmen, die verbündeten Regierungen keine Schwierigkeiten erheben würden, so beruht diese Erklärung lediglich auf der auch von mir ge⸗ machten Erwägung, daß bereits durch das preußische Landwirthschafts⸗ kammer⸗Gesetz und die Motive zu § 5 und 6 dieser Gesetzes⸗ vorlage die Absicht der Regierung ausgesprochen ist, daß die landwirthschaftlichen Interessen bei der Einrichtung der Ver⸗ waltung der Börse berücksichtigt werden sollen. Will man formell ganz korrekt verfahren und will man sich nicht begnügen mit der Absicht, wie sie sich aus den §§ 4 und 5 und aus den Motiven zur Vorlage ergiebt, so würde ich vorschlagen, den Antrag des Herrn Abg. Grafen von Kanitz in den § 4 aufzunehmen, in den § 1 gehört er eigentlich nicht; aber wenn die Herren über diesen Schönheitsfehler hinwegsehen wollen, so glaube ich nicht, daß die verbündeten Regie⸗ rungen darum das Gesetz fallen lassen werden.
Abg. Graf von Kanitz: Es handelt sich um die eeme. der Landwinbschaft bei der Preisnotierung der Produktenbörse; jetz
hbaben die Produzenten auf die Preise für ihre Waaren keinen Einfluß. Mein Antrag entspricht der Tendenz der angeführten Be⸗ stimmung des Landwirthschaftskammer⸗Gesetzes. Wenn wir der Re⸗ gierung die Verpflichtung auferlegen wollten, bei allen Börsen so zu verfahren, wie der Antrag will, so würde das zu § 4 gehören; wir wollen aber nur das Prinzip aufstellen. Wenn der Antrag zu § 1 abgelehnt wird, würden wir ihn zu einem späteren Paragraphen
wieder einbringen.
Abg. Dr. Hammacher (nl.): Im Grundgedanken ist Graf Oriola mit dem Grafen Kanitz einverstanden. In den Börsenvorständen sollten nicht nur die landwirthschaftlichen Interessen, sondern auch andere Interessen vertreten sein; z. B. die Textilindustrie, die Eisen⸗ und die Kohlenindustrie verdienen eine besondere Berücksichtigung an gewissen Zentralpunkten des Handels.
Abg. Graf von Kanitz zieht seinen Antrag für jetzt zurück und stellt ihn zu § 4.
Abg. Dr. Barth (fr. Vgg.): Ich habe bei der ersten Lesung mein Urtheil dahin zusammengefaßt, daß die Vorlage nicht so schädlich sein würde. Nachdem die Kommission ihre Arbeit vollendet hat, halte ich die Vorlage für sehr schädlich. “
§ 1 wird darauf unverändert fast einstimmig angenommen.
Nach § 2 sollen bei den Börsen als Organe der Landes⸗ regierung Staatskommissare bestellt werden. Nach der Vorlage se te bei jeder Börse nur ein Kommissar ernannt werden, der
ie Vorgänge an der Börse beobachten und über hervorgetretene
Mängel und über die Mittel zu ihrer Abstellung Bericht zu er⸗ statten hat. Die Kommission hat diese . ahin erweitert, daß die Staatskommissare den Geschäftsverkehr an der Börse, so⸗ wie die Befolgung der in Bezug auf die Börse erlassenen Gesetze und Verhaltungsbestimmungen überwachen und die veesenpfcah⸗ auf hervorgetretene Mißbräuche aufmerksam machen sollen.
Abg. Graf von Kanitz beantragt, den Staatskommissar ferner zu ermächtigen, den Berathungen der Börsenorgane beizuwohnen und den Vorstand zur Beseitigung von Mißbräuchen aufzufordern. Dieser Antrag decke sich im wesentlichen mit dem Kommissions⸗ beschlusse erster Lesung bis auf die Bestimmung, daß der Staats⸗ kommissar den Sitzungen des Börsenvorstandes beizuwohnen das Recht haben solle. Von der Regierung sei geltend gemacht worden, daß es nicht wünschenswerth sei, wenn der Kommissar sich an Sitzungen betheilige, in welchen über die Zulassung ausländischer Werthpapiere berathen werde. Dieses Bedenken sei nicht durch⸗ schlagend genug, um dem Staatskommissar Befugnisse zu versagen, welche der Würde und Selbständigkeit Stellung entsprächen und eine wirksame Ueberwachung der Börse gewährleisteten.
Abg. Traeger (fr. Volksp.) wendet sich gegen die Einrichtung des Staatskommissars überhaupt.
Abg. Fritzen (Zentr.): Wenn die Regierungen überhaupt eine wirkliche Aufsicht ausüben wollen, dann müssen sie ein Organ haben, welches inmitten der Börse lebt und Alles selbst beobachtet. Es wird allerdings nicht leicht sein, die geeigneten 1“ dafür zu finden. Die Wirksamkeit der Staatskommissare wird davon ab⸗ hängen, welche Persönlichkeiten zum ersten Male dafür ausgewählt werden, die Grundlagen für die zukünftige Thätigkeit zu schaffen. Zwischen den Beschlüssen der Kommission und dem Antrag Kanitz besteht ein wesentlicher Unterschied nicht. Der letztere ist von der Kommission in erster Fve angenommen worden, ich halte ihn auch für besser. Aber in der Kommission hatte man Bedenken insofern gehabt, als, weil der Kommissar auch den Berathungen der Zu⸗ lassungsstelle für zu notierende Effekten beiwohnen kann, den Ent⸗ scheidungen dieser in den Augen des Publikums eine größere Bedeutung beigelegt werden könne. Dieses Bedenken kann aber nicht durch⸗ salege sein.
Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch:
Meine Herren! Die Frage des Staatskommissars habe auch ich in der ersten Lesung bereits ziemlich ausführlich behandelt; ich kann mich wohl davon entbinden, nochmals eingehend mich über die Stellung der Staatsregierung zu dieser Frage auszusprechen. Ich möchte nur dem Herrn Abg. Traeger gegenüber bemerken, wenn seine Auffassung richtig wäre — daß nämlich im § 2 der Vorlage dem Staatskommissar gewissermaßen nur eine anmuthige Passivität zugesprochen sei, das Spazierengehen, mehr oder weniger für sich ein idyllisches Dasein führen —, dann würde ich mich für eine Aenderung des § 2 der Vorlage aussprechen müssen; denn die Absicht der verbündeten Regierungen ist allerdings eine andere. Wenn Herr Traeger sagte, Recht und Pflicht der Regierung zur Ueberwachung der Börse wolle niemand bestreiten, aber fragt: ist denn in dieser Beziehung bisher schon eine Lücke hervorgetreten? haben die Regierungen gefunden, daß das ihnen jetzt zustehende Aufsichtsrecht nicht ausreicht? —, so muß ich ihm ant⸗ worten: die Einführung des Staatskommissars ist ein Ausdruck der Ueberzeugung, daß das jetzige Aufsichtsrecht nicht als ausreichend an⸗ zusehen ist (lebhafte Zustimmung rechts), um eine genaue Kenntniß von den Vorgängen an der Börse zu bekommen. Ich bin in der Lage gewesen, mehrere Jahre lang als Handels⸗ Minister in Preußen das Aufsichtsrecht über die Börse auszuüben, und, so viel erfreuliche Erscheinungen ich auch da wahr⸗ genommen habe, so kann es doch nicht dem mindesten Zweifel unter⸗ liegen, daß ich auch recht unangenehme Erscheinungen dort wahr⸗ genommen habe (Heiterkeit), und daß ich nicht ausreichend und recht⸗ zeitig über die Vorgänge orientiert worden bin, die sich an der Börse abgespielt haben. (Hört! hört! rechts.) Ich habe das bereits früher ausgesprochen und ich muß dabei bleiben. Ich habe die Ueber⸗ zeugung, daß, wenn ein Staatskommissar täglich den Börsen⸗ verhandlungen beiwohnt, in ständigem Verkehr mit der Börse sich befindet, er doch ganz anders in der Lage ist, die Regierung über einzelne Vorgänge aufzuklären, als das bisher der Fall ist.
Herr Traeger berief sich darauf: es sind ja die Börsenvorstände da, die der Aufsichtsbehörde die genügende Auskunft in allen diesen Dingen geben könnten. Ja in der That, es ist so, daß das nicht in allen Fällen in ausreichendem Maße geschieht. Die Kenntniß, das Verständniß der Börsenorgane wird sich ja auch der Staatskommissar zu Nutze machen können; denn ich setze voraus, daß er sich mit diesen Organen in ständiger Berührung und Fühlung befindet. Wenn z. B. solche Fälle, wie sie im vergangenen Sommer ganz besonders akut waren, vorkommen, würde die Anwesenheit des Staatskommissars im Laufe jener Zeit die Regierung unzweifelhaft über jene Vorgänge an⸗ ders aufgeklärt haben; sie hat erst sehr eingehende Erkundigungen bei verschiedenen Personen einziehen müssen, ehe sie in das Getriebe dieser
so wenig erfreulichen Vorgänge sicheren Einblick gewinnen konnte.
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