1896 / 104 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 01 May 1896 18:00:01 GMT) scan diff

oster Linie ein kühner, tapferer, gänzlich furchtloser Mann, in Kämpfer, der rücksichtslos seine nach oben ie nach unten, nach rechts und links verkündete. Er besaß in tiefes, unendlich reiches Gemüth mit den stärksten Leiden⸗ chaften, mit einem zu Keulenschlägen neigenden Haß gegen Ules Gemeine und Schlechte, aber auch voll Humor, geneigt zu edem Scherz, zu fröhlichem Kneipen mit Freunden und Schülern. Beme Jugend war bedrückt durch die damalige Miséère der eutschen Kleinstaaterei; von allen Ueberlieferungen seiner Fa⸗ lie, seines Standes, seiner engeren Heimath riß er sich los id wurde nicht bloß einer der besten und glühendsten venischen Patrioten, einer der beredtesten Herolde der politischen Mission Preußens, nein mehr als das, er wurde der eigentliche wissen⸗ chaftliche und historische Prophet des neuen Deutschen eichs. So⸗ viel er von dessen Feinden gehaßt wurde, so viele hat er bekehrt und belehrt. Die Zerrissenheit lands hat niemand so erfolgreich bekämpft wie er, den deutschen und preußischen Patriotismus hat niemand so belebt wie er, weil entfernt kein Anderer unter den rede⸗ und tigen Patrioten der deutschen Gegenwart solche Gluth der Vaterlands⸗ liebe verband mit solchem Adel der Gesinnung, mit solchem Verständniß politischer und sozialer Dinge, mit solchem Blick 2 den Zusammenhang der innersten psychischen Hersen, e und er äußern Schicksale, Feracuisa eünczen un estal⸗ tungen, mit solchen ernsten und tiefen Studien. Seine Neider und Feinde haben in ihm nur den pathetischen Redner gesehen. Und er war doch von Haus aus ein schlichter deutscher Gelehrter, der mit unermüdlichem Fleiß methodisch gearbeitet, geforscht und gesammelt hat. Seine „Deutsche Ge⸗ chichte im 19. Jahrhundert“ gehört zu den großen heutschen Geschichtswerken, die am meisten Neues aus dem Schatz der Archive gebracht haben, die Schritt ür Schritt einen Wust von Legenden und getrübter radition durch wahrheitsgetreue Berichte ersetzt haben. Man kann sagen, er zuerst und er fast allein habe uns eoffenbart, was in Deutschland 1813 bis 1848 politisch ge⸗ chah, wie Preußen nach den Kriegsjahren durch seine muster⸗ 28 Verwaltung wieder erstarkte, wie es eine mittlere fried⸗ iche Linie einhielt zwischen Oesterreich und Rußland einer⸗ seits, England und Frankreich andererseits, wie der Zoll⸗ verein zu stande kam, wie die süddeutschen liberalen Verfassungen, das stabile reaktionäre Ständethum Hannovers, Sachsens, Mecklenburgs in Mittel⸗ und Norddeutschland wirkte, wie in den dreißiger Jahren die alte Epoche abschloß, in den vierziger ahren die neue begann. Die sprechende Darstellung dieser eit, die Schilderung Friedrich Wilhelms IV., der litterarischen und politischen Kämpfe aus dem letzten Band ist in Aller Er⸗ innerung. Gewiß hat er den Stokff noch nicht erschöpft, und gewiß erzählt er und beurtheilt er alles von seinem politischen Standpunkt aus. Aber dieser politische Standpunkt war und ist ein berechtigter, neben andern Gattungen der Geschichts⸗ schreibung stets wiederkehrender. Die größten Historiker aller denen er gleich zu setzen ist, Thukvndides, acitus, Macaulay, Thiers waren ebenso sehr venehsc istoriker wie er. In Deutschland mußte dem universal⸗

füston en, objektiv kühlen Standpunkt Rankes, der die

neuere Geschichte der europäischen Völker aus den geistigen und religiösen Ideenbewegungen ableitete, eine Hinwendung zu einer mehr realistischen Geschichtsbehandlung folgen. Die einen gingen vom Recht, die andern von der Wirthschaft, diese von der Kultur und Litteratur, jene von dem Verfassungsleben aus. Und es waren mit die besten, welche diesen letzteren Weg betraten, welche von den deutschen Verfassungs⸗ und Einheitskämpfen der Gegenwart ergriffen, an ihnen betheiligt, zugleich als v wirkten und als Historiker lehren wollten. Max

uncker, J. Gustav Droysen, Heinrich von Sybel sind in dieser

V

Richtung die Vorgänger und Genossen Treitschkes; er vollendet nich Richtung 88e. gie Kraft seines Geistes, durch den Glanz seiner Darstellung, durch die Verbindung von kultur⸗, litteratur⸗, wirthschaftsgeschichtlichen mit verfassungsgeschichtlichen Studien, durch die Neelgung der Künstler⸗ mit der Gelehrtennatur, die er repräsentiert. Und dieses Letztere scheint uns der Punkt, der seine Größe am meisten ausmachte.

Treitschke hat in jungen 8 patriotische Gedichte publiziert; wer ihn kennt, weiß, wie ihm die Rede wie ihm alles Gesehene zum Bilde wurde, wie er von Menschen, von Reisen erzählen konnte. Er hatte die lebendigste pro⸗ duktive, historische Phantasie unter allen modernen Geschichtsschreibern, die Eigenschaft, die, wie Niebuhr einmal sagt, den großen Historiker eigentlich macht. So sprechend die psychologischen Charaktergemälde Rankes sind, die von Treitschke sind, wie uns scheinen will, deutlicher, wärmer, lebendiger. Kein anderer neuerer Historiker weiß den Leser so in vergangene Zeiten, Menschen, Verhältnisse und Litteraturen mit wenigen Strichen zu versetzen. Darauf wesentlich mit beruht die hinreißende Wirkung seiner e.

Künftige Zeitalter werden ihn zu den Besten seiner Zeit rechnen; er wird neben den großen Staatsmännern und Generalen unserer Tage, neben den bedeutendsten Gelehrten und Künstlern des 19. Jahrhunderts stets in erster Reihe ge⸗ nannt werden. Seine Bücher werden immer wieder gelesen werden; sie werden immer mit dem gleichen Zauber auf empfängliche, vor allem auf jugendliche Herzen wirken. Was er gefehlt⸗ wo er in der Leidenschaft geirrt hat, das wird zuruͤcktreten; immer reiner wird sich das Bild des edlen, vor⸗ nehmen, ritterlichen Mannes in der Erinnerung des deutschen Volkes gestalten. 1

Die aber, welche ihm nahegestanden und ihn geliebt und verehrt haben, werden nie aufhören, die Lücke zu beklagen, die er hinterläßt. Die Universität Berlin wird niemanden finden, der ihn ersetzen könnte. Solche Naturen sind in ihrer eigen⸗ thümlichen Art, in ihrer eigenartigen Wirksamkeit und Bedeutung unersetzlich. Sie wiederholen sich nicht. Die Muse der Geschichte konnte Deutschland in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nur einen Ranke, in der zweiten nur einen Treitschke senden. Seien wir stolz darauf, daß wir sie besaßen, und geben wir uns Mühe, dieser großen Geister würdig zu bleiben, die viel mehr waren als bloße Historiker, die wir als die großen Lehrer und Meister unseres Jahrhunderts verehren.

8 Kunst und Wissenschaft.

Wie „W. T. B.“ aus München meldet, hat daselbst in der letzten Nacht der Geheime Justiz⸗Rath Professor Dr. Friedrich Heinrich Geffcken in seiner Wohnung infolge eines Zimmerbrandes, welcher durch die Explosion einer Petroleumlampe hervorgerufen worden war, durch Erhihn den Tod gefunden. Geffcken war am 9. Dezember 1830 in Hamburg geboren, bezog 1850 die Universität Bonn, wo er Geschichte, darauf Göttingen, wo er Jura studierte. 1854 wurde er zum Legations⸗Sekretär bei der Gesandtschaft der Freien Städte in Paris, 1856 zum hamburgischen Geschäftsträger in Berlin und 1859 zum hanseatischen Minister⸗ Residenten hierselbst ernannt. Nach der Gründung des Norddeutschen Bundes ward Geffcken in gleicher Eigenschaft nach London versetzt, kehrte aber um die Mitte des Jahres 1868 nach Hamburg zurück, wo er von da ab bis 1872 als Syndikus dem Senat angehörte. 1872 wurde er als Professor des öffentlichen Rechts und der Staatswissenschaften an die Universität Straßburg berufen und 1880 zum Mitglied des elsaß⸗lothringischen Staatsraths ernannt, trat indessen schon 1882 aus Gesundheitsrücksichten in den Ruhestand und siedelte nach Ham⸗ burg über. Bei seinem Ausscheiden aus dem Dienst wurde ihm der Charakter als Geheimer Justiz⸗Rath verliehen. Von seinen zahl⸗ reichen Schriften sind hervorzuheben: „Freiherr vom Stein“ (1869), „Der Staatsstreich vom 2. Dezember 1851 und seine Rückwir⸗ kung auf Europa“ (1870), „Die Reform der preußischen Verfassung“

(1870), „Die Verfassung des deutschen Bundesstaats“ (1870), „Die Alabamafrage“ (1872), Das Deutsche Reich und die Bank⸗ frage“ (1874), „Staat und Kirche in ihrem Verhältniß geschichtlich entwickelt“ englische Ausgabe in zwei Bänden 1877, London), „Der Sozialismus“ und „Die Reform der Reiche steuern“ in den von ihm im Verein mit Mühlhäußer begründeten „Zeitfragen des christ⸗ lichen Volkslebens“ (1877 und 1879), „Staat und Kirche nach An⸗ schauung der Reformatoren“ (1879), „Zur Geschichte des orientalischen Krieges 1853 56“ (1881), „La question du Danube“ (1883), Das Recht der Intervention“ und „Die völkerrechtliche Stellung des Papstes“ (italienische Uebersetzung 1886, Pisa) in von Holtzendorff s „Handbuch des Völkerrechts“ (1887, beides auch als Sonderausgabe erschienen), endlich eine Reihe von Auffätzen über den orientalischen Krieg, das britische Kolonialreich ꝛc. in verschiedenen Zeitschriften, ge⸗ sammelt als „Politische Federzeichnungen“ (1888). Ferner ist zu erwähnen seine Bearbeitung des ersten Bandes der zweiten Serie von Martens' und Cussy's „Recueil manuel et pratique de traités“ 1885) sowie der 8. Auflage von Heffter's großem Werk „Europäisches

ölkerrecht“ (1888) und der 4. französischen Ausgabe desselben unter dem Titel „Le droit international“ (1883). Seit Oktober 1889 lebte Geffcken in München, von wo er seine letzte Schrift „Frank⸗ reich, Rußland und der Dreibund. Geschichtliche Rückblicke für die Gegenwart“ (1893) erscheinen ließ.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene

Depeschen. Budapest, 1. Mai. (W. T. B.) Der Rumäne Gall, welcher Mitglied des ungarischen Oberhauses ist, und die hier weilenden Reichstags⸗Abgeordneten rumänischer Nationalität haben ein Monißest an die ungarischen Rumänen erlassen, in welchem letztere zur Begehung der ungarischen

Millennarfeier in patriotischen Worten aufgefordert werden. Paris, 1. Mai. (W. T. B.) Die Morgenblätter besprechen die gestrige ministerielle Erklärung. Die ver kikanischen lätter äußern sich lobend über dieselbe, weil sie nur solche Reformen ankündige, die sich verwirklichen ließen. Der „Figaro“ schreibt, der Erfolg Möline’s beweise, was ein ann vermöge, der nur auf die Stimme des Gewissens, der Pflicht und des Muthes höre. Wenn alle, vom Präsidenten der Republik bis sum bescheidensten Beamten, so handelten, würden die öffentlichen Gefahren so⸗ fort verschwinden und Frankreich wieder gedeihen und frei werden. Der „Gaulois“ äußert, wie Bourgeois nur mit Hülfe der Sozialisten, so könne Méline nur mit Hilfe der onarchisten regieren. Die Lage sei also die, daß die Republi⸗ kaner wie eine formlose Masse zwischen der Monarchie und der Kommune hin⸗ und her g lediglich eine Regierung von durchschnittlich halbjähriger Dauer bilden könnten. Der „Soleil“ billigt die Haltung der Rechten; das Kabinet Méline bedeute nicht die Rettung, aber wenigstens eine Ruhepause und könne wenigstens eine Zeit lang Schutz vor den sozialistischen Anschlägen bieten. Die konservativen Blätter sind der Ansicht, daß die gestern hervorgetretene Majorität bei der ersten sich darbietenden Gelegenheit verschwinden werde, und halten die Auflösung der Kammer für unvermeidlich, während die republikanischen Organe im Gegenthefl davon überzeugt sind, daß diese Majorität sich noch vergrößern werde, sobald das Kabinet den angekündigten Gesetzentwurf vorlegen werde. Die Blätter der radikalen Partei heben bei Besprechung der gestrigen der Deputirtenkammer her⸗ vor, das Kabinet sei durch die Rechte gerettet worden; man müsse das Land die Auflösung der Kammer und die Ver⸗ fassungsrevision vorbereiten. Im übrigen spenden sie Bourgeois rückhaltlos Lob. Der „Voltaire“ erklärt, Bourgeois habe gezeigt, daß er ein Oppositionsführer hervorragendster Art ge⸗ worden sei. 1 (Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten

Beilage.)

richt vom 1. Mai, r Morgens.

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red. in Millim in ° Celsius

50 C. = 40 R.

Temperatur

Wetter.

Belmullet.. Aberdeen.. Christiansund Kopenhagen. Stockholm. G

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Cherbourg. A1”

Max Grube.

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der Teufel.

halb bed.

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winemünde heiter Neufahrwasser wolki Memel 760 Nebe

s 6467863 8 wolkenlos ünster 762

Karlsruhe.. 761 Wiesbaden 762 München 759 Chemnitz. 762 Berlin... 761 Breslau 758 Ile d'Aix.. 763 s (675 755

¹) Nachts Regen. Uebersicht der Witterung.

In Westirland hat der Luftdruck 770 mm über⸗ schritten, während eine Zone vege e Luftdrucks sich von Finland füdwärts na erstreckt. Dieser Luftdruckvertheilung entsprechend,

alali.

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bis nordöstliche Winde, unter deren Einfluß die Temperatur weiter gesunken ist. In Deutschland ist bei eehihe I das Wetter kühl und veränderlich: vielfach ist

mburg u

ewitter statt. Zu Magdeburg liegt die Temperatur um 5, zu Karlsruhe um 6 Grad unter dem Mittel⸗ werthe. Fortdauer wahrscheinlich.

Deutsche Seewarte. Montag:

Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗ nand’s haus. 112. Vorstellung. Zum 50. Male: Tristan und Isolde in 3 Akten von Richard Wagner. Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck. (Tristan: Herr 8 Uhr. Heinrich Vogl, Königlich bayerischer Kammersänger aus München, als Gast.) Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus. 118. Vorstellung. Vasantasena. Drama in 5 Aufzügen von Emil Pohl, mit freier Benutzung der Dichtung des altindischen Königs Sudraka. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Dekorative Inspektor Brandt. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 113. Vorstellung. Robert n Seeaih 5 Akten 8 ve beer. Nach dem Französischen von Scribe und & 8 Delavigne, übertragen von Theodor Hell. Ballet Keller und Louig von Paul Taglioni. Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus.

Lustspiel „Minister und S zügen bearbeitet von Axel Delmar. Anfang 7 ½ Uhr. Montag, den 4. Mai, Abends 7 ½ Uhr: In Kroll's Theater: Zum Besten des Vereins „Mädchenhort“: leider Lustspiel in 4 Aufzügen von Richard kowronnek. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Die Dienstboten. Genrebild in 1 Aufzug von Roderich Benedix. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Preise der Plätze: remdenloge 7 50 ₰. Mittel⸗Balkon 5 Seiten⸗Parquet und Seiten⸗ Balkon 3 Tribüne 2 Stehplatz 1

der Balkanhalbinfel onnaben wehen über Zentral⸗Europa vorwiegend nordwestliche Teena,,, Nechen zasga, eeag.

11 Lessing-Theater. Sonnabend: Zum ersten 1 Regen gefallen, Male: Waldmeister. Unter persönlicher Leitung 8. öö. 21 mm zu FFbeee⸗ 28 mm zu München, zu von Johann Strauß, mit Frau Julie Kopachzy⸗ Dirigent: n Wilhelmshafen fanden am Nachmittag Ferceg und Eb. Steinberger als Gast. Anfang Uhr. r. 1 1 Sonntag: Die Chansonnette. Sonntag: Waldmeister. Gastspiel lvon Julie 1 inger. Kopaczy⸗Karczag und Eduard Steinberger. 8 Becinger

Kopaczy⸗Karczag und Eduard Steinberger

Restdenz⸗Theater.

Lautenburg.

Theater.

Sonntag und folgende Tage: kontrakt.

inrichtung vom Ober- Sonnabend: Zum 100.

119. Vorstellung.

Nenes Theater.

Anfang 8 Uhr.

58 Vorstellung sind nicht erhöht. König Hein⸗ Nachruhm.

aldmeister. Gastspiel von Julie 8

Direktion: Sonnabend: Neu einstudiert: Fer⸗ flotte Berlin. Große Ausstattungs⸗Gesangsposse hekontrakt. (Un fll à Ia patte.) in 3 Akten von Leon Treptow und Ed. Jacobson. Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau, über⸗ Kuplets und Quodlibets von Gustav Görß. Musik setzt und bearbeitet von Benno Jacobson. Anfang von Gustan Steffens. In Scene gesetzt von Adolph

Fernand’s 81ö“

Friedrich⸗-Wilhelmstädtisches Theater. EJesse ae. S act

ale: großartiger 1 Ausstattung an Kostümen, Dekorationen und Requi⸗ Tcmie 1 1 Posse mit siten: Der Hungerleider. Ausstattungs⸗Komödie mit Gesang und Bees „22 ldene on SJelbhe Ifidor. Vorher: Ein blauer Teufel.

nutzung einer Idee des Mark Twain. „Musik von

Zum ersten Baige he ha, In even nscn 8n Rech elen 188 irigent: rr ellmeister nné. Na em Male: Ein teesge. Fen. nach rhe 2. Bilde: Der Hungerleider. b 8 enhändler“ in ul⸗ . Cheu. Die Heich fassine, elegante. Verlobt: Frl. Dora von Krosigk mit Hrn. Sec.⸗ usik von Baumgart. Anfang * Sonntag und folgende Tage:

Walzer von Louis

8

Schiffbauerdamm 4a./5. Sonnabend bleibt das Theater wegen der Vor⸗ Mittel⸗Parquet und bereitungen zu Tata⸗Toto geschlossen.

Sonntag: Neu einstudiert: Mit völlig neuer Aus⸗ secnn 8 Fata, Tete. Vandenic. n 8 von

ctor Leon und F. Zell, na aud un arré. . Musik von Antoine Banés. In Scene gesetzt von Gestorben: Deutsches Theater. Sonnabend: Die Weber. Eifennn Lautenburg. Kapellmeister: Gustav Wanda.

Anfang 7 ½ Uhr. b Sonntag, Mittags 12 Uhr: Matinée. Lumpaci⸗ vagabundus. Abends 7 ½ Uhr: Liebelei. Vorher: Zu Hanse. 1 Montag: Don Carlos. 6

Sonntag Nachmittag: Mit Allerhöchster Ge⸗ nehmigung: Vorstellung zu wohlthätigem Zweck. Sein Glückstern. Ein weißer Ein gebildeter Hausknecht. Die Preise für diese

u“] findet an der Kasse des Neuen Theaters statt.

Theater Unter den Linden. ulius Fritzsche. Sonnabend: Die Chansonnette.

perette in 3 Aufzügen von Victor Musik von Rudolf Dellinger.

n Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Herr Kapellmeister Winné. nfang

B“

Sigmund Adolph Ernst⸗Theater. Sonnabend: Das

Ernst. 2. Akt: Alt⸗Berlin. Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag: Das flotte Berlin. 8

Zentral⸗Thenter. Alte Jakobstraße Nr. 30. Sonnabend: Gastspiel des Conrad Dreher⸗ Ensembles vom Münchener Gärtnerplatz⸗Theater.

Conrad Dreher a. G. Zum letzten Male: Der sesang in 4 Akten.

Sonntag: Zum letzten Male: Casimir und

¶RxSSmeAnmrnarnsmAmamnEE Familien⸗Nachrichten.

The in Arthur von Bernewitz (Braun⸗ Der Hunger⸗ weig). 8 Vhnegh h. Hr. Lieut. d. R. Dr. 42 Scchwabach mit Frl. Ellie Schröder (Berlin 6 Hamburg). . Geboren: Ein Sohn: Hrn. Hauptmann Fritz von Kleist (Potsdam). Hrn. Lieut. Ludwig Frhrn. von Hollen (Potsdam). Hrn. Haupt⸗ mann Richard Poleck (Ober⸗Glogau). Eine Tochter: Hrn. Karl von Oertzen (Dorow b. Regenwalde). b Hrn. Prem.⸗Lieut. Frhrn. von Massen⸗ bach Sohn Eitel⸗Franz (Neustettin). Hr. Kaiserlich russischer Wirklicher Staatsrath Conrad Graf Colonna Walewski (Grüben). Hr. In⸗ genieur Carl Walter von Mosch (Hirschberg). Hr. E Otto Staabs (Wiesbaden). Othello. Hr. General⸗Lieut. . D. August von Mertens (Pfaffendorf)h. Verw. Fr. Schulvorsteher Hen⸗ krauf riette Schaeffer, geb. Wunderlich (Berlin). Hr. Ritteraug begher Heinrich Grittner (Ober⸗ Marklowitz O.⸗S.). Hr. Ober⸗Regierungs⸗

Der Vorverkauf

Direktion: (Groß⸗Lichterfelde).

Leon und Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗

Herrn Epstein.

Operette in

Neun Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

2 Papiere zu

8 telle alle

4 rd folgen, deren Verhältnisse schlecht geordnet sind, denen gegenüber

Rath und Prem.⸗Lieut. a. D. Max Knappe

Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 322.

zum Deutschen Reichs⸗Anz

Erste Beilage

Berlin, Freitag, den 1. Mai

1 Deutscher Reichstag. 80. Sitzung vom 30. Anril 1896, 1 Uhr.

Die zweite Berathung des Entwurfs zu einem Börsengesetze wird bei dem Abschnitt: „Zulassung von Werthpapieren zum Börsenhandel“ fort esetzt.

36 bestimmt nach der Vorlage, daß die Zulassung von

Wert papieren zum vssede hseshe an jeder Börse durch eine

Kommission (Zulassungsstelle) erfolgt, von deren Mitgliedern

mindestens der dritte Theil aus Personen bestehen muß, welche

dch, gewerbsmäßig am Börsenhandel mit Werthpapieren eiligen.

Statt der letzten Worte gebraucht die Kommission die Verweisung auf § 51, der von dem Börsenregister für Werth⸗ papiere handelt und verlangt, daß die Hälfte der Mitglieder nicht in dieses Register eingetragen sein soll.

Ferner hat die Kommission folgende Bestimmung ein⸗ geschoben:

Von der Berathung und Beschlußfassung über die Zu⸗ 1 eines Werthpapiers zum Börsenhandel sind diejenigen Mitglieder ausgeschlossen, welche an der Einführung diges Werthpapiers in den 1“ betheiligt sind; für die ausscheidenden Mitglieder sind Stellvertreter nach näherer Bestimmung der . zu berufen.

Die Zulassungsstelle hat die Aufgabe und die Pflicht: a. die Vorlegung der Urkunden, welche die Grundlage für die u emittierenden Werthpapiere bilden, zu verlangen und diese

rkunden zu prüfen; b. dafür zu sorgen, daß das Publikum über alle zur Beurtheilung der zu emittierenden Werthpapiere nothwendigen thatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse soweit als möglich informiert wird, und bei Unvollständigkeit der Angaben die Emission nicht zuzulassen; c. Emissionen nicht zuzulassen, durch welche erhebliche allgemeine Interessen ge⸗ schädigt werden oder welche offenbar zu einer Uebervortheilung des Publikums führen.

Die Zulassungsstelle darf die Emission ohne Angabe von Gründen ablehnen.

Abg. Fischbeck (fr. Volksp.) beantragt 1) in Bezug auf nicht in

das Börsenregister eingetragene Mitglieder der Zulassungsstelle die

Regierungsvorlage: ein Drittel wiederherzustellen; 2) in die Nummer b

hinter „bei Unvollständigkeit“ einzuschalten: „offenbarer Unrichtigkeit oder Unklarheit“, und 3) die Nummer c zu streichen. vtig

Abg. Graf von Kanitz (bd. kons.) will diese Vorschrift nur für

inländische Werthpapiere gelten lassen und in Bezug auf die aus⸗ 8 ländischen Folgendes bestimmen: „Ueber die Zulassung aus ländischer G Werthpapiere zum Börsenhandel hat eine Hauptzulassungsstelle zu be⸗ schließen. Diefelbe hat ihren Sitz in Berlin und besteht aus 21 Mit⸗ 8 E welche vom Bundesrath auf fünf Jahre zu wählen sind.

ine erneute Wahl ist zulässig. Die Wahl der Hälfte der Mit⸗

gliieder erfolgt auf Vorschlag der Handelsorgane. In welcher Anzahl dieselben von den einzelnen C vorgeschlagen sind, be⸗

stimmt der Bundesrath. Die andere Hälfte wird unter angemessener

1 Berüchsichtigung der anderen Berufsstände pacc.

Auf Antrag des Berichterstatters Abg. Gamp (Rp.) wird

die Debatte getrennt und zunächst über die Zentral⸗Emissions⸗

stelle Fsüts⸗ Kanitz) verhandelt. Abg. Graf von Kanitz: Der Handels⸗Minister von Berlepsch hat gestern das Gutachten der Berliner Kaufmannschaft im Falle

Ritter und Blumenfeld für ausreichend erachtet, das Gutachten im

Falle Rosenberg und Cohn aber nicht; ich möchte ihn bitten,

letzteres uns zugänglich zu machen, da die Aeltesten der Kaufmann⸗

schaft vielleicht Gelegenheit nehmen, auf die Frage zurückzukommen. In Bezug auf die Zentral⸗Emissionsstelle brauche ich nur auf die großen Verluste der deutschen Kapitalisten an exotischen Werthen hinzuweisen. Herr Bamberger sagt in der „Nation“: Was sind die

paar Millionen, die bei Bankbrüchen eingebüßt wurden, gegeszüber den vielen Millionen, welche an ausländischen Werthpapieren verloren

gegangen sind! Das Emissionsgeschäft muß schon im ersten Stadium

scharf unter die Lupe genommen werden. Bei jeder Börse foll eine

Zulassungsstelle eingerichtet werden, die über in⸗ und ausländische . befinden hat. Das ist unbequem für das uͤblikum und für die Emissionshäuser. Sollen jeder Emissions⸗ Materialien überantwortet werden, ehe die Ent⸗ erfolgen kann? In der Börsen⸗Enquöte⸗Kommission . Antrag mit allgemeinem Wohlwollen beurtheilt worden. In der Reichstagskommission hat man mir gesagt, daß die verbündeten Regierungen keine Verantwortung für die Sicherheit

scheidung ist mein

eines ausländischen Werthpapiers übernehmen könnten, daß dies aber

eeschehe, wenn sie die Mitglieder der Emissionsstelle ernennen sollen.

ei den großen Verlusten muß aber etwas geschehen. Die Verant⸗ wortung der verbündeten Regierungen kann direkt von vornherein abgelehnt werden; es kann dies sogar ausdrücklich in das Gesetz hineingeschrieben werden. Für die als pupillarisch sicher bezeichneten Werthpapiere übernimmt die Regierung doch auch keine Verantwortung. Polth. Mißhelligkeiten können nicht entstehen, denn die Ablehnung assung von Anleihen kann doch nur Staaten gegenüber er⸗

die Regierungen also keine Rücksicht zu nehmen brauchen. Einge riffen in das Geschäftsleben bat man ja schon einmal mit dem Venbet der Lombardierung der russischen Papiere seitens der Reichsbank. Ich habe allerdings wenig Aussicht mit meinem Antrage, ich hätte ihn garnicht stellen brauchen; ich will ihn aber zur Debatte bringen und adurch für mich jede Verantwortung ablehnen. Wenn gegen die Er⸗ nennung der Mitglieder der Emissionsstelle seitens des Bundesraths Bedenken erhoben werden, so bin ich bereit, den Antrag dahin zu ändern, daß die Mitglieder von den Börsenorganen gewählt werden und der Bundesrath nur die Wahlordnung vorschreibt. Prääsident des Reichsbank⸗Direktoriums, Wirklicher Geheimer Rath Dr. Koch: Eine Zentralstelle für die Zulassung ausländischer Papiere t ein Lieblingsgedanke des Herrn Abg. Grafen Kanitz, wie mir schon us der Börsen⸗Enquste⸗Kommission bekannt ist. Indessen beschränkte er sich dort darauf, diesen Gedanken der Erwäͤgung zu empfehlen. Bei der ersten Plenarverhandlung über den jetzt vorliegenden Gesetz⸗ entwurf, der eine solche Zentralzulassungsstelle für ausländische Papiere nicht in Aussicht genommen hatte, hat Herr Graf Kanitz seinen Ge⸗ danken weiter verfolgt, und denselben sodann bei der ersten Lesung in Ihrer Kommission und bei der zweiten Lesung in die Welt von Anträgen gekleidet. Die Regierungen haben sich dagegen erklärt, und auch die Majorität Ihrer Kommission hat sich nicht dafür entscheiden können. Meine Herren, ez ist also in dem Entwurf der Standpunkt eingenommen, daß die Zulassung von Werthpapieren zum Börsenhandel der Autonomie der Börse überlassen bleiben müsse, da dagegen nicht besondere öffentliche Behörden, keine Staatsinstanz dafür zu schaffen seien. Wenn nun Herr Graf Kanitz von diesem Grundsatz eine Ausnahme machen will rücksichtlich der ausländischen Papiere, so nahm er seinen Ausgangspunkt, worauf er auch am Schlusse wieder zurückkam, von den großen Verlusten, die das inländische Kapital an

ausländischen Papieren erlitten hat. Meine Herren, mir fällt es 116““ 116“

11A“ 888

nicht ein, diese beklagenswerthen Verluste zu bestreiten. Indessen

sind aus der Erwerbung ausländischer Werthpapiere doch dem inlän⸗ dischen Kavital auch fehr erhebliche Gewinne erwachsen, und zieht man die Bilanz zwischen Gewinn und Verlust, so fällt sie bei weitem mehr nach der günstigen als nach der anderen Seite hin aus. Ich darf mich in dieser Beziehung berufen auf den Anlageband zu den Verhandlungen der Enguste⸗Kommission. Die von dem bekannten Nationalökonomen Schmoller herrührende Einleitung weist darauf hin, daß wir in zehn Jahren 4 bis 5 Milliarden an ausländischen Papieren erworben haben, die direkt an der Börse durch ihre Organe eingeführt wurden. Dazu kommen noch die im freien Verkehr eingedrungenen Papiere. Ungefähr zusammen 10 Milliarden fremde Papiere mögen nach Deutschland gekommen sein. Hiervon sind noch nicht 1 ½ Milliarde nothleidend geworden, wovon, wie Schmoller berechnet, etwa verloren sein mögen. Diesen Verlusten von 700 bis 800 Millionen Mark stehen aber sehr erhebliche Gewinne gegenüber. Schmoller berechnet den Gewinn Deutschlands allein in amerikanischen und russischen Papieren in den Jahren 1860 bis 1892 auf eine Milliarde. Ich habe schon in der Kommission in der Beziehung einige weitere Beispiele gegeben. Außer auf Amerika und Rußland kann man auch österreichisch⸗ungarische, italienische und andere Werthe anführen. Zum Beispiel in ungarischen Papieren sind 1873/74 306 Millionen Schatz⸗ scheine emittiert, bei denen schließlich nach verschiedenen Wandlungen ein Gewinn von ca. 183 Millionen erzielt worden ist, woran Deutsch⸗ land den größten Antheil hat. Von der italienischen 5 prozentigen Anleihe sind 1870 10 Milliarden emittiert; man nimmt an, daß davon eine Milliarde in Deutschland placiert ist. Der durchschnittliche Erwerbspreis von 65 % dürfte eher zu hoch als zu niedrig sein; jetzt steht diese Anleihe 83,80, man kommt also auf einen Gewinn von etwa 190 Mill. Mark. Die öster⸗ reichische 4prozentige Goldrente, in den Jahren 1876/78 meist in Berlin ausgegeben, kam heraus mit etwa 60 %, heute steht sie 104. Wenn man den Verlust an Argentiniern und Portugiesen in Abzu bringt, kommt man immer doch auf einen sehr bedeutenden Neber chuß des Gewinnes über den Verlust. Aber, meine Herren, abgesehen von dem nanziellen Gewinn, hat das Inland bekanntlich noch andere Vortheile von dem Besitz auswärtiger Papiere. In dem neuesten Feft der „Revue des Deux Mondes“ setzt der bekannte

ationalökonom Leroy⸗Beaulieu beredt auseinander, welche wirth⸗ schaftlichen Vortheile es für ein Land hat, zu ansehnlichen Be⸗ trägen solche Papiere zu besitzen. Leroy⸗Beaulieu sieht gerade darin, daß dies in Frankreich im Jahre 1871 der Fall war, einen Grund, weshalb die Liquidation der schlimmen Folgen des Krieges damals sich so leicht vollzogen hat. Der Herr Präsident gestattet mir wohl, einen einzigen Satz zu verlesen: „Dul ne sait que la France n'a pu liquider les dépenses écrasantes de la guerre de 1870 qu'’'à l'aide de ses valeurs étrangêéres? Si elle n'avait déjà été richement nantie de titres de tout pays, c'est-à-dire si elle n'avait été créancière de l'éétranger pour une bonne dizaine de milliards de francs, il lui eüt été impossible de solder si rapidement la formi- dable rançon allemande; elle n'aurait pu éviter une crise moné- taire intense et prolongée.“ Das heißt: es würde nicht möglich ge⸗ wesen sein, so schnell die große Kriegstontribulion damals zu zahlen; die Zahlung hat sich mit Hilse der Veräußerung auslän⸗ discher Werthe außerordentlich schnell vollzogen. Auch bei uns, meine Herren, dienen die ausländischen Papiere in weitem Umfange zur Aus⸗ gleichung der Zahlungsbilanz; sie werden hin⸗ und hergeschoben, und wir sind der Nothwendigkeit enthoben, unsere Schulden an das Ausland in Gold zu bezahlen. Ueberdies erheben deutsche Besitzer alljährlich eine bedeutende Summe an Zinsen ausländischer Papiere, die Schmoller jährlich auf 500 Millionen schätzt. Das ist für die Ses.; für unsere Währung und somit für den Volks⸗ woblstand von großem Werth. Man wird also die vom Herrn Grafen Kanitz zum Ausgangspunkt genommenen Verluste cum grano salis auffassen müssen. Herr Graf Kanitz hat bereits in der zweiten der Kommission Gründe für seinen Antrag formuliert, deren erster Satz dahin geht, daß die Einführung der Effekten in den Handel werde erleichtert werden durch die Errichtung einer Hauptzulassungsbehörde; heute sagt er, er mache seinen Vor⸗ schlag im eigenen Interesse der Emissionshäuser. Ich möchte doch glauben, die Emissionshäuser verstehen selbst ihr Interesse in dieser Beziehung am besten; sie erwarten hierbei keine Verbesserungsvor⸗ schläge des Herrn Grafen Kanitz. (Unruhe rechts. Sehr gut! links.) Ich erwähne das nur, weil Herr Graf Kanitz das als einen seiner Gründe geltend macht. Auch in seiner gedruckten „Begründung“ sagt er: „Den Emissionshäusern muß daran gelegen sein, die Effekten möglichst schnell und gleichzeitig an den verschiedenen deutschen Börsen⸗ plätzen zur Notiz zu bringen.“ b aber dies wirklich mit Hilfe einer Hauptzulassungsbehörde gelingen würde, ist doch sehr zu bezweifeln. Bezüglich dieser mehr technischen Seite der Frage muß ich bekennen, daß die darin liegende Vereinfachung mich anfänglich in der Enquste⸗Kommission der Anregung des Herrn Grafen Kanitz, über die er selbst nachher seine Zweifel hatte, geneigt gemacht hat. Bei näherer Erwägung halte ich aber doch den Vortheil für weit überwiegend, daß nach der Vorlage unter Umständen durch mehrere Zulassungsstellen die Frage der Julassung geprüft wird, als wenn das nur von einer einzigen Stelle geschieht. Ohnehin kon⸗ zentriert sich die Zulassung gerade der wichtigsten ausländischen Papiere schon jetzt mehr oder weniger in Berlin; bei allen großen ausländischen Anleihen hat hier die Zulassung stattgefunden. Aber bei manchen weniger bedeutenden ausläͤndischen Papieren ist Sitz und Ausgangspuntt der Emission nicht Berlin das streifte Herr Graf Kanitz schon —, sondern ein anderer der größeren deutschen Plätze. An der Berliner Börse werden gegenwärtig ausländische Fonds notiert im Nominalbetrage von mehr als 57 000 Millionen, wo⸗ von allerdings wohl nur etwa 15 % als in Deutschland placiert gelten können. In .Sr e a. M. werden an ausländischen Effekten, die in Berlin keinen Kurs haben, notiert etwa 6600 Millionen. Ein Verzeichniß bin ich bereit vorzulegen. Hamburg hat ebenfalls eine Reihe ausländischer Papiere in seinem Kurszettel, die in Berlin nicht gehandelt werden, im Ganzen etwa 1600 Millionen Mark, namentlich solche, die aus dem Verkehr mit den nordischen Ländern hervorgehen, worüber der Handelsstand in Hamburg begreif⸗ licherweise besser orientiert ist, als der Berliner, z. B. Christiania⸗ Stadtanleihe, Helsingfors⸗Stadtanleihe, norwegische Anleihen, schwe⸗ dische Anleihen u. s. w. b nun zuzugeben ist, daß eine Berliner Zulassungsstelle bezüglich dieser Papiere sich besser, leichter, schneller entschließen kann, als Hamburg, Frankfurt a. M. u. dgl. m., ist mehr als zweifelhaft. Der zweite Gesichtspunkt des Herrn Grafen Kanitz ist ein wirksamerer Schutz des Publikums. Ich fürchte gerade das Gegentheil. Wird hier quasi eine behördliche Stelle geschaffen, sei es direkt vom Bundesrath oder, wie Herr Graf Kani zuletzt an⸗ deutete, zum theil auf Grund von Vorschlägen der Handelsorgane, eine Behörde mit großer Autorität, so wird das Publikum, welches schon jetzt viel zu leichtsinnig ist beim Erwerb ausländischer Papiere, ohne sahe Prüfung lediglich aus blindem Vertrauen sich solche Feüthe an⸗ chaffen, welche die Hauptzulassungsbehörde hat passieren lassen. Ich glaube nicht, daß es durch eine solche Einrichtung besser geschützt wird, als nach der Vorlage. Das Publikum foͤllte beim Erwerb aus⸗ ländischer Papiere immer ins Auge fefseg daß mit dem höheren Zins

ein weit größeres Risiko verbunden ist. Dieser Gedanke wird verwfscht durch die Existen 1 sanl 5 8

eiger und Königlich Preußischen Stan

bitte, zu bedenken, daß der Gesetzentwurf es nicht beim Alten lassen will, sondern viele Bestimmungen enthält, eine wahrhaft ersprie liche Thätigkeit der autonomen Zulassungsstellen zu sichern. Als MFrüehlche derselben sollen Personen theilnehmen, welche sich nicht gewerbsmäßi am Börsenhandel betheiligen. Der Bundesrath hat Einfluß au die Aufgaben der Zulassungsstelle und die Voraussetzungen der Zu⸗ lassung. Im Zusammenhang mit solchen Kautelen steht die 38 ordentliche Verschärfung der Haftung bei der Emission. Alles das wird sicherlich dazu beitragen, die Aufmerksamkeit der Zulassungs⸗ stellen wie der Emittenten zu schärfen. Ueberdies kann man schon jetzt nicht behaupten, daß die Zulassungsstellen sorglos verfahren. Es ist hinreichend bekannt, daß man namentlich seit den Börsen⸗ Enquste⸗Verhandlungen besonders bei ausländischen apieren eine sorgfältige Prüfung vorangehen läßt, ehe man 62 ent⸗ scheidet, das Papier zuzulassen, und das wird sich jedenfalls auch noch weiter bessern angesichts der Verschärfungen des Entwurfs, wenn sie Gesetz werden sollten. Endlich ist noch hervorzuheben, daß die Errichtung einer Hauptzulassungsstelle, hervorgehend aus Wahlen des Bundesraths, auch politisch nicht unbedenklich ist. Die Ab⸗ lehnung eines ausländischen Papiers würde ebenso leicht zu Ver⸗ wickelungen führen können, als die Zulassung eines später nothleidenden Papiers eine gewisse, wenngleich nur moralische Verantwortlichkeit der Regierung mit sich bringen könnte. Die Erfahrung lehrt auch, daß politische Interessen zuweilen die Zulassung eines Papiers wünschens⸗ werth erscheinen lassen, dessen Erwerb in Deutschland im sinanziellen Interesse des Publikums vielleicht besser unterbliebe. Ob also nicht das Publikum besser durch rein private Zulassungsstellen geschützt ist, welche trotz solcher politischen Gründe unter Umständen sich ncht zur Zulassung entschließen, ist doch mindestens sehr erwägenswerth. Ich bitte hiernach, den Antrag des Herrn Abg. Grafen von Kanitz abzulehnen.

Abg. Fischbeck: Auch wir wünschen das deutsche Kapital zu schützen, aber der Graf Kanitz hat nicht nachgewiesen, daß durch eine solche Zentral⸗Zulassungsstelle etwas Besseres geschaffen wird als durch die einzelnen Zulassungsstellen. Die großen Verluste sind nicht zurückzuführen auf die Unachtsamkeit der bestehenden Zulassungsstellen. Durch die vorgeschlagene Zentralstelle werden Verluste auch nicht ver⸗ mieden werden können. Dem Reich würde eine Verantwortlichkeit zu⸗ gemuthet werden, die es nicht übernehmen kann. Man wird im Ausland dieser vom Bundesrath abhängigen Stelle immer eine be⸗ sondere Bedeutung beimessen; die Mitglieder werden nicht etwa frei gewählt, sondern vom Bundesrath aus der Reihe der von den Handels⸗ organen Vorgeschlagenen ausgewählt. Auf die Lombardierung d russischen Werthe kann man nicht exemplifizieren, denn das Reich ha sich hier mit Unrecht eingemischt. Schließlich fürchten wir aber auch, daß die kleineren Börsen in ihrer Existenz durch die Errichtung einer Zentralstelle in Berlin geschädigt werden. Daher bitten wir um Ab⸗ lehnung des Antrags Kanitz.

Abg. Dr. Bachem (Zentr.): Wir sind überzeugt, daß der Versuch der Errichtung einer einheitlichen Zentral⸗Zulassungsstelle praktisch durchaus verfehlt sein würde. Außerdem würde durch eine Reichszulassun sstelle einer absoluten Zentralisation des Handels mit Werthpapieren in Berlin erheblich Vorschub geleistet werden. Wir haben jetzt an manchen Börsen, wie Frankfurt, München, Ham⸗ burg ein nicht unbedeutendes Geschäft in Papieren, die an der Berliner Börse garnicht gehandelt werden. Eine Zentral⸗Zulassungsstelle in Berlin hätte nur dann einen Zweck, wenn das Auswärtige Amt seine gesammten Akten, seinen ganzen Beamtenapparat, seine Konsuln und Gesandten ihr zur Verfügung stellen würde. Schließlich können In⸗ formationen vom Auswärtigen Amt ebenso gut von den Einzel⸗ Fulafsungsstelen eingeholt werden wie von einer Zentralstelle. Das Verbot der Lombardierung russischer Papiere hatte einen bestimmten politischen Zweck, der vorausberechnet werden konnte; die Wirkung einer generellen Zulassung einer ausländischen Anleihe kann aber nicht übersehen werden; deshalb sollten die Regierungen sich nicht eeeee ee⸗ 2₰

bg. Singer (Soz.): § 36 ist einer der wichtigsten, wenn nicht der wichtigste Paragraph der Vorlage. Die Klagen 8— Perbt nicht haben hauptsächlich ihren Grund darin, daß Werthe mit hohen Zins⸗ versprechungen an die Börse gebracht wurden, die ihrem wirklichen Werthe nicht entsprachen. Die Wirkung der geplanten Maßregel wird weniger von der Zula ungsstelle abhängen, als von den Se an welche sie gesetzlich bei der Zulassung neuer Werthpapiere gebunden ist. Mitleid habe ich nicht mit denen, welche solide inländische Werthpapiere aufgaben, um hochverzinsliche unsichere ausländische Werthpapiere zu kaufen. Sichere ausländische Anleihen brauchen 6 % insen zu geben. Es muß nur dafür gesorgt werden, daß die Emissionshäuser die Wahrheit mittheilen und im Falle des Gegen⸗ theils haftbar gemacht werden für Verluste. Ich erkläre mich auch gegen den Antrag Kanitz, die Regierung kann eine Verantwortlichkeit nach dieser Richtung hin nicht übernehmen. Aber dann muß die Regierung auch verhindern, 9. Institute, die mit dem Staate in Verdindun stehen, sich an solchen Emissionen betheiligen, wie z. B. die See andlung, die bei der zweiten chinesischen Anleihe, nach⸗ dem die erste in Frankreich untergebracht war, als Zeichnungsstelle fungiert hat, während die Diskontogesellschaft, welche die Anleihe an den deutschen Markt gebracht hat, sich garnicht unter den Unter⸗ zeichnern des Prospekts befindet. Ein solches Eintreten eines offi⸗ ziellen Instituts hätte verhütet werden sollen. Wenn die Regierung an der Zulassungsstelle betheiligt ist, wird sie für die Zulassung von Werthpapieren verantwortlich gemacht werden. Die politische Ver⸗ antwortlichkeit der Regierung und der Volksvertretung verbietet es uns, zu Gunsten der Börse Anlaß zu politischen Verwickelungen zu geben, deren Tragweite garnicht zu übersehen ist.

Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Wermuth: Ich wollte mir erlauben, nur ein Wort über die praktische Durchführbarkeit des Antrags des Herrn Grafen von Kanitz zu sagen. Es handelt sich um eine Stelle, welche zusammengesetzt werden soll aus Mitgliedern, die von allen Seiten des Reichs in Berlin zusammenzukommen hätten, um über die einzelnen Emissionsanträge Beschluß zu fassen. Sehr lange wird eine derartige Behörde mit der Beschlußfassung nicht warten können; sie wird in der Regel für jeden einzelnen Fall zusammentreten müssen. Wird danach geprüft, wie oft die Behörde zusammentreten müßte, so wollen Sie, meine Herren, aus der Statistik entnehmen, daß allein in Berlin während der letzten 10 Jahre durchschnittlich 30 ausländische Anleihen im Jahre emittirt, d. h. thatsächlich zum

ndel zugelassen worden sind. Wenn nun weiter Frankfurt inzugerechnet wird, welches eine 8 viel größere Bedeutung in Bezug auf die Emissionsthätigkeit hat, als hier vielfach angenommen zu werden scheint, und welches beispielsweise in einem lebhaften Emissionsjahre, wie demjenigen von 1888, vier ausländische Staats⸗ papiere, fünf Eisenbahnpapiere, drei Bankaktien und ein Industrie⸗ papier, mithin insgesammt 13 Papiere, emittiert hat, wenn ferner Hamburg hinzugenommen wird, welches im Laufe der 10 Jahre, die in der Statistik der Enquöte⸗Kommission behandelt werden, allein 40 standinavische Anleihen emittiert hat und in dem von mir er⸗ wähnten Jahre allein sechs Emissionen ausländischer Werthpapiere vorzuweisen hat, wenn man außerdem die anderen Börsen berück⸗ schtgt, die zwar nicht in so erheblichem Maße, aber doch immerhin äufig in Betracht kommen, wie beispielsweise das in der ommission besonders erwähnte München: so, meine Herren, werden Sie zu dem

Ergebniß kommen, daß es sich immerhin um eine Zahl von 50 und mehr thatsächlichen Emissionen in einem Jahre handein kann. Es kommen