1896 / 105 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 02 May 1896 18:00:01 GMT) scan diff

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Kommandeur des Landjägerkorps,

wil⸗Pfarramt übergetreten. Vorstehende .ö“ treten zum

Mai d. J. in Kraft.

Königlich Bayerische Armee.

Offiziere, Portepee⸗Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. 22. April. Knöllinger, Sec. Lt. vom 5. Inf. Regt. Groß⸗ Bees Sraf Ludwig von Hessen, der Gend. Komp. von Niederbayern r Dienstleistung 19g t, zu dieser Komp. versetzt. 24. April. Bäumer, Hauptm., bisher à la suite des

Feld⸗Art. Regts. König und Unter⸗Direktor des Hauptlaboratorlums,

1 nter Versetzung in das Verhältniß à la suite des 1. Fuß⸗Art.

Regts. vakant Bothmer zum Direktor der Pulverfabrik, Stömmer, Hauptm. und Komp. Chef vom 2. Fuß⸗Art. Regt., unter Stellung à la suite dieses Truppentheils, zum Unter⸗Direltor beim Haupt⸗ laboratorium, Hutter, Pr. Lt. vom 1. Fuß⸗Art. Regt. vakant Bothmer unter Beförderung zum Hauptm., zum Komp. Chef im 2. Fuß⸗Art. Regt., ernannt. Die Sec. Lts.: Bedall vom 5. Feld⸗Art. Regt. mit einem Patent vom 25. Juni 1895, kom⸗ mandiert zu den Art. Werkstätten, Frhr. v. Bibra vom 4. Feld⸗Art. egt. König mit einem Patent vom 15. November 1895, kom⸗ mandiert zur Geschützgießerei und Geschoßfabrik, beide unter Versetzung zum 1. Fuß⸗Art. Regt. vakant Bothmer mit Belassung b ommando, Schütz, unter Belassung im Kom⸗ mando zu den Art. Werkstätten, Frhr. v. Botzheim, beide im . Fuß⸗Art. Regt. vakant Bothmer, zu Pr. Lts., Kübel zum überzähl. Pr. Lt. im 2. Fuß⸗Art. Regt., befördert.

Im Beurlaubtenstande. 26. April. Wagner, Seec. Lt., vom 2. zum 1. Jäger⸗Bat., Limbacher, Sec. Lt. vom 19. Inf. Regt., zum 2. Jäger⸗Bat. Beide im Reserveverhältniß, ver⸗ setzt. Raab (Nürnberg), Schmidt (Würzburg), Hauptleute, Beide in der Landw. Inf. 1. Aufgebots, zu Majoren, Conradi, Sec. Lt. in der Res. des 1. Feld⸗Art. Regts. Prinz⸗Regent Luitpold, Frhr. v. u. zu Guttenberg, Sec. Lt. in der Landw. Kav. 2. Aufgebots (Hof), zu Pr. Lts.; die Vize⸗Feldwebel bezw. Vize⸗Wachtmeister der Res.: Kreuter (I München) im Inf. Leib⸗Regt., Bechtold, Binsfeld, Schmid (I. München) im 1. Inf. Regt. König, Geßner, Funk (I. München) im 2. Inf. Regt. Kronprinz, Albrecht (1 München) im 3. Inf. Regt. feis Karl von Bayern, Schwarzmaier (I München) im 10. Inf. Regt. Prinz Ludwig, Krug, Jilden, Sick (I München) im 12. Inf. Regt. Prinz Arnulg, Heizog (1 München) im 13. Inf. Regt. Kaiser Franz Joseph von

essterreich, Lohner (I München) im 16. Inf. Regt. Großherzog Fer⸗ dinand von Toskana, Schüler (I München) im 17. Inf. Regt. Orff, v. Kühlmann (I München) im 1. Ulan. Regt. Kaiser Wilhelm II., König von Preußen, Grimm, Sternitzki, Völler, Cavallo, Weddigen, Heldrich (I. München) im 1. Feld⸗Art. Regt. Prinz⸗ Regent Luitpold, Schmidt, Miller, Wolf, v. Pfister (1 München) im 3. Feld⸗Art. Regt. Königin⸗Mutter, Streffing (1 München) im 5. Regt., Schlarb (I München) im 1. Pion. Bat., Se bern heim, Rosenstein (1 München) im b2 3 6 hn der 88 e Vize⸗Wachtm. ndw. 1. Aufgebo ünchen), zum Sec. Lt. der 3 Feld⸗Art. 1. Aufgebots, befördert⸗ G

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 23. April. Böhm, Port. Fähnr. des 9. Inf. Regts. Wrede, zur Disp. der 11A4.“

24. April. uland, Major à la suite des 2. Fuß⸗Art. Regts. und Direktor der Pulverfabrik, mit der gesbsgichen baürt und mit der Erlaubniß zum Tragen der bisherigen Uniform mit den bestirenangemn tgen Abzeichen zur Disp. gestellt.

25. April. Frhr. v. Jeetze, Pr. Lt. à la suite des 1. Schweren Reiter⸗Regts. Prinz Karl von Bayern, unter Verleihung des Charakters Kei . ni der geseslichen ; 82 zum

gen der bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete vorge⸗ schriebenen Abzeichen der Abschied bewilligt. 8

Im Beurlaubtenstande. 26. April. Reisert (Würz⸗ burg), Pr. Lt. von der Landw. Inf. 1. Aufgebots, Hauck (Bamberg),

r. Lt. von den Landw. Pionieren 1. Aufgebots, Letzterem unter Frthsilung der Erlaubniß zum Tragen der Landw. Uniform mit den ür Verabschiedete vosbets heeer Abzeichen, Großmann (Aschaffen⸗ urg), Sec. Lt. von der Landw. Inf. 1. Aufgebots; von der Landw. 2. Aufgebots: den Pr. Lts.: Popp, ermann Strunz, Bär, Emil Strunz Faeben. üller (Ansbach), Reiter, Methsieder (Würzburg), Pfändtner (Bayreuth), Stern, Heyer (Kaiserslautern), sämmt⸗ lich von der Inf., Banhardt (II München), Ritter von Traitteur (Landau) von den Jägern, Gareis (Ansbach) von der Kav., Ehrne v. Melchthal (1 München), diesem unter Erthei⸗ lung der Erlaubniß zum Tragen der Landw. Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen, Leybold (Augsburg), Eisenbeiß, Reck (Nürnberg), sämmtlich von der Feld⸗Art., Bauer (Würzburg) vom Train; den Sec. Lts.: Geiger (Augs⸗ burg), Steinmeyer Deceer. Wild, Mayer, Meyer (Nürn⸗ berg), Daniel (Bamberg), Weigmann, (Kissingen), Uhl, Münch (Würzburg), Schubach, Aign, Kirchner (Kaiserslautern), sämmt⸗ lich von der Inf., Ammer (Bayreuth) von den Jägern, Frhr. v. Seefried auf Buttenheim (Ingolstadt) von der Kav., Bloch (Nürnberg) von der Fuß⸗Art., der Abschied bewilligt. Fehr. Hars⸗ dorf v. Enderndorf, Rittm. a. D., zuletzt in der Landw. Kav. 1. Aufgebots, als Major charakterisiert.

Im Sanitäts⸗Korps. 25. April. Dr. Keyl, Ober⸗Stabs⸗ arzt 1. Kl., Regts. Arzt im 16. Inf. Regt. Großherzog ne- eeae. 888 eshecben hensgen lns de2 der Erlaubniß

m Tragen der Uniform mit den für Verabschiedete vorge Ulhecgen 8 de xe- R W“ April. r. Mulzer begensburg), Stabsarzt von der Pandes, 1. Lefgeboe, 227 8 8. . Smobsart r. ulini, Assist.⸗Arzt 1. Kl., Beide von der Landw. 2. Auf⸗ gebots, der Abschied bewilligt.

Militär⸗Justizbeamte. B 25. April. Bonn, charakteris. Ober⸗Auditeur, Direktor des Militär⸗Bezirksgerichts München, zum Ober⸗Auditeur beim Fe- Auditoriat, Stuhlreiter, charakteris. Ober⸗Stabsauditeur beim Militär⸗Bezirksgericht München, unter Ernennung zum Direktor dieses Gerichts, zum Ober⸗Stabsauditeur, befördert. Dollmann, Stabsauditeur von der 2. Inf. Brig., zum Militär⸗Bezirksgericht München, Binder, Regts. Auditeur, bisher kommandiert als Garn. Auditeur in Neu⸗Ulm, von der 3. zur 2. Inf. Brig., Dr. Steidle, Regts. Auditeur, rechtskundiger Sekretär vom Millitär⸗Bezirksgericht Würzburg, unter Kommandierung als Garn. Auditeur nach Neu⸗Ulm, zur 3. Inf. Brig., versetzt. 6 Beamte der Militär⸗Verwaltung. 26. April. Merkle (Ingolstadt), Veterinär 1. Kl., Klue⸗ spies ““ Ober⸗Apotheker, beide von der 1N8 1. Aufgebots, Diehl (Kaiserslautern), Ober⸗Apotheker von der ab ü ege ct , z per Agschled newint 27. ril. ichler, Zahlmstr. ir. des 10. Inf. Regts. Prinz Ludwig, zum Zahlmstr. im II. h. nee.Norp⸗ Tee

XIII. (Königlich Württembergisches) Armee⸗Korps. 25. April. v. Fischer⸗Weikersthal, Oberst z. D. und der Charakter als Gen. Major

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Zierlein, Meier,

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verliehen.

Ueber den Zusammenstoß der Torpedo⸗

boote 8 46, Kommandant Lieutenant zur See Siegmund, und S 48, Kommandant Lieutenant zur See Freiherr von der Goltz, am 11. April in der Jade, welcher den Untergang des letzt⸗ enannten Torpedoboots zur Folge hatte, finden ich in den einzelnen Tagesblättern Darstellungen, die nach den jetzt vorliegenden Aussagen der Kom⸗ mandanten den Thatsachen nicht entsprechen. Die häufig als aus fachmännischer Feder stammend bezeichneten Folgerungen aus diesen Darstellungen sind, soweit sie von der Voraussetzung ausgehen, daß die beiden Torpedoboote in Kiellinie fuhren und das hinten befindliche Torpedoboot seinem Vordermann bei einer plötzlichen Wendung des⸗ selben in die Seite rannte, gegenstandslos.

Ueber den folgenschweren Zusammenstoß ist

bisher das Nachstehende festgeste 68 6

.S 46 und 48 waren in Erledigung der drei⸗ stündigen forcierten Probefahrt begriffen.

8 48 drehte nach Beendigung des Forcierens zwischen Tonne 13 und 12 mit Stb. Ruder und lief mit großer Geschwindigkeit zurück, sah 8 46 an Bb. und hielt mehr in die Mitte des Fahr⸗ Pässer⸗, ssobab 8 8 noch genügend

zwischen ihm und Tonne 13 zum Passieren von S 48 mit wenig Ruder blieb. ““

Plötzlich sah es, daß S 46 nach Bb. drehte ab Ruder hart Stb., konnte aber 18 9 den ba⸗ ammenstoß nicht mehr vermeiden.

8 46 befand sich im Forcieren mit Kurs von Tonne 14 nach Tonne 13, sah 8 48 an Sih voraus und nahm an, daß dieses seinen (S 46 Kurs nicht vor dem Bug zu schneiden beabsichtigen werde, weil es wissen mußte, daß S 46 in de

forcierten Fahrt begriffen war.

Diese Annahme hielt es bis etwa 500 n

Abstand fest, dann erkennend, daß das andere

Boot (8 48) seinen Kurs durchhalten wollte, wich

es nach Bb. aus und lief dabei trotz Rückwärts

ganges mit äußerster Kraft der Maschine S 4

in die Seite.

Eine Darstellung des Manövers der beiden

Boote giebt die nebenstehende Skizze.

Der sofort eingeleiteten kriegsgerichtlichen

Untersuchung muß die Feststellung der Schuld

frage vorbehalten bleiben.

22es 4 2 See meilen

hesehet wird fortgesetzt bei § 47, betreffend den Termin⸗ andel, und dem hierzu gestellten Antrag Fuchs⸗ Schwarze, betreffend das Verbot des Terminhandels.

Abg. Dr. Schönlank (Soz.) führt aus, daß das Termingeschäft in Waaren ein Ausfluß der modernen kapitalistischen Heverg egeschäf und zum Ausgleich der Waarenaufhäufung in den verschiedenen Gegenden nothwendig sei. Er verhindere eine tünstliche Preissteigerung des Ge⸗ treides, und darum wäre die mit dem Verbot des Terminhandels ver⸗ bundene Preissteigerung weiter nichts als ein Brotwucher. Der Antrag stehe auf demselben Boden, wie der Antrag Kanitz, welcher die Groß⸗ grundbesitzer auf Kosten der ärmeren Klassen bereichern wolle. Nicht durch Gesetz wolle man den Terminhandel todt machen, sondern auf dem Wege der Verwaltung. Das zeigt, fährt Redner fort, wie be⸗ denklich es ist, den Bundesrath so leicht mit diskretionären Voll⸗ machten auszustatten. Das Bürgerthum zeigt auch schon agrarische Neigungen. Die Mehrheit des Zentrums, welche das Verbot des Terminhandels noch in der Kommission abgelehnt hat, scheint jetzt für dasselbe einzutreten. Was hinter den Kulissen vorgegangen ist, weiß ich nicht. Auf Professor Kühn hat man sich berufen, den Direktor des Landwirthschaftlichen Instituts in Halle, der ja vielleicht sehr gut Bescheid weiß in der Betriebslehre und in der Viehzucht, aber in der Nationalökonomie doch wohl nur ein Dilettant ist im Gegensatz zu Professor Conrad, einem bei Freund und Feind als ausgezeichneten Agrarpolitiker und objektiven Forscher geschätzten Mann. Professor Kühn hat seiner Schrift eine größere Wissen⸗ schaftlichkeit dadurch geben wollen, daß er sie unter der Portofreiheit der Universitäten versandte. Professor Conrad hat nachgewiesen, daß der Terminhandel das Sicherheitsventil ist. Wenn das Termin⸗ geschäft verboten wird, so wird der Handel sich anderweitig helfen. Abg. Dr. Bachem (Zentr.): Wir wollen rückständige Einrichtungen nicht konservieren, sondern beseitigen. Der Vorredner sollte also auf unserer Seite stehen und sich nicht für solche rückständige Aeußerungen in das Zeug legen. Die Demokratisierung des Getreidehandels, die Nivellierung des Getreidehandels durch den Terminhandel sind Schlag⸗ qiars die davon ausgehen, daß der Terminhandel dem legitimen Be⸗ dürfn dient. Die Landwirthschaft verlangt mit großem Nachdruck die Beseitigung des Terminhandels. Gewiß hat sie ein Interesse daran, an der Börse möglichst viel Käufer zu finden, aber nicht solche, die den Preis unter allen Umständen drücken. (Zuruf des Abg. Dr. Barth: Das thun sie Alle!) Das ist die graue Theorie; die Praxis zeigt etwas Anderes. Der Börsenterminhandel ist nicht die Befriedigung eines wirthschaftlichen Bedürfnisses, er verlangt ein stärkeres Schwanken des Preises, ein Abwechseln zwischen hausse und baisse, weil er verdienen will auf jede Art und Weise, auch mit Anwendung unlauterer Mittel. Das billige Brot, die Nivellierung der Preise sind den Spekulanten ganz gleich⸗ ültig. Soll man den Terminhandel ganz verbieten, weil man die uswüchse nicht ganz beseitigen kann, das ist die Hauptfrage! Der Terminhandel ermäßigt die Preise, wenn sie ohnehin niedrig sind, und erhöht sie spekulativ, wenn sie ohnehin hoch sind. Das erstere ge⸗ schieht namentlich durch den gar nicht vorhandenen Papierweizen, der ein ungesundes Angebot und dadurch Fehler in der Preisbildung hervor⸗ ruft. Wenn die Dinge so stehen, dann dürfen wir den halben Maßregeln der Regifevng nicht nachgeben, dann muß der Reichstag die Verantwortung auf sich nehmen für ein vollständiges Verbot des Terminhandels. Die vorsichtige Haltung des Ministers ist ja sehr ver⸗ ständlich. Wenn wir das Verbot annehmen, dann wird die Ver⸗ antwortung nicht allein von uns getragen, sondern auch von der land⸗ wirthschaftlichen Agitation im Lande, die in so energischer, machtvoller Weise sich Bahn gebrochen hat. Aber ich bin bereit, die Verantwortung auf mich zu nehmen, und ich kann sagen, daß die große Mehrzahl meiner Freunde mit mir übereinstimmt. Ein anderer Theil steht der Frage skeptischer gegenüber, weil er meint, daß den bäuerlichen Besitzern daraus kein Vortheil erwächst. Auch dieser Theil meiner Freunde wird für die Abschaffung mitstimmen, weil der Termin⸗

handel, wie er sich herausgebildet hat, ein Unfu ist. ür di Theil meiner Freunde ist es gleichgültig, ob dug,if e ür Pfen theile oder Nachtheile für die Landwirthschaft bringt; er schafft ihn

Die zweite fecasfaung des Entwurfs eines Börsen⸗

und Halm, huldigen nicht einseitig agrarischen Tendenzen. Wir thun

für den Antrag unserer Freunde Fuchs und Schwarze einzutreten.

Herr Abg. Bachem ist davon ausgegangen, daß die Gegner des vor⸗ von dem Terminhandel, wie er sein sollte.

Terminhandels, zu sehr übersehen, was berechtigt an ihm ist, und übersehen, daß die Vorlage gerade dazu bestimmt ist, den Auswüchsen entgegenzutreten. Der wendet, daß man in dieser Sache zu sehr mit Schlagwörtern und Theorien operiere. Was er selbst über Spekulation à la hausse und à la baisse vorgetragen hat, scheint mir doch auch auf dem Gebiet der Spekulation zu liegen; ich glaube, Thatsachen sind für diese Frage von größerem Werth. Der Herr Abg. Bachem ist der Vorlage ent⸗ gegengetreten, ohne sich dabei auf den agrarischen Standpunkt zu stellen. Ich meinerseits bin in der umgekehrten Lage, vom agrarischen Ssandpunkte aus die Vorlage zu vertreten. Daß in dieser Frage die Interessen der Landwirthschaft, welche das Getreide ervorbringt, hinter den Interessen des Getreidehandels, der ohne die Arbeit der Landwirthschaft nichts zu handeln haben würde, zurück⸗ stehen müssen, das scheint mir klar. Wenn es daher fest stünde, daß der Terminhandel der Landwirthschaft in der That schädlich ist, und daß von seiner Beseitigung die Linderung der beklagenswerthen Noth mit Sicherheit zu erwarten wäre, unter der die Landwirthschaft seufzt, dann würde auch ich sagen; fort mit ihm! Ich bin dazu aber außer stande, nicht nur, weil ich die Pflicht habe, die Vorlage zu vertreten, sondern auch, weil mich die Gründe der Freunde des vor⸗ liegenden Antrags nicht überzeugt haben. Was einen bei dieser Sache von vornherein stutzig machen kann, ist der Umstand, daß die leb⸗ hafte Bewegung gegen den Getreideterminhandel neuesten Datums ist, nicht die Bewegung gegen die Auswüchse desselben, aber die Be⸗ wegung für seine Abschaffung. Als die verbündeten Regierungen den vorliegenden Entwurf ausarbeiteten, da war diese Bewegung höchstens erst in einem embryvonischen Zustande vorhanden. Bei den Verhandlungen der Enqauste⸗Kommission sind An⸗ träge auf Verbot des Terminhandels selbst von den ihr büö en landwirthschaftlichen Mitgliedern nicht gestellt worden, auch nicht von denen, die nachher eine sehr einflußreiche Wirksamkeit für das Verbot entfaltet haben. Auch die vernommenen Sachver⸗ deren Aeußerungen in den vom Herrn Grafen Arnim herausgegebenen bgfn Neußen zusammengestellt sind. Der Deutsche Landwirbschafts⸗ rath und das preußische Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium haben 1894 bei Berathung der Börsenreform nur Anträge auf Ausmerzung der Miß⸗ stände gestellt, ein Antrag auf Verbot des Terminhandels wurde im⸗ Landwirthschaftsrath abgel hnt. Der Umschwung ist erst im Lauf des vorigen Winters während der Berathungen Ihrer Kommission ein⸗

zu dem Rang der großen Mittel erhoben, erst damals die Parole ausgegeben, daß in seiner Beseitigung das Heil für die Schäden der Landwirthschaft liege. Wenn nun die Landwirthschaft so lebhaft diese Forderung erhebt, dann könnte man sagen: möge sie das Experiment doch machen! Wenn es glückt, um so besser; wenn es mißglückt, dann hat sie es so gewollt. Auf diesen Standpunkt kann sich eine verantwortliche Regierung aber nicht stellen. Auf dem Gebiet der Gründe und Gegengründe in dieser Frage ist der Stoff so 984 angeschwollen, daß man in Verlegenheit ist, wo man anfangen soll, besonders, wenn man bald wieder aufzuhören wünscht. Ich möchte mir zunächst erlauben, auf einen für den Gegenstand nicht uninter⸗ essanten Vorgang in einem Nachbarlande hinzuweisen. Die Meinung, daß das Termingeschäft die Preise drückt, weil ibm die Baisse⸗ tendenz immanent sei, theilte auch der russische Finanz⸗Minister in Süeh auf den Rubelkurg. Auch er glaubte in der Berliner Baisse⸗ spekulation den Gegner zu sehen, der den Rubelkurs herabdrückte unter seinen wahren Werth. Dieser Kurs war im September 1894

in Berlin etwa 219 ℳ; um ihn zu heben, wurde die Lieferung.

ab um seiner selbst willen. Die Vertreter beider Anschauun d nicht etwa bloß Vertreter des Landes, sondern 1 eten sing G darunter auch Vertreter der Städte und der Industrie. Die beiden heephee ein Amtsrichter und ein Kaufmann, Beide ohne Ar

diesen Schritt nicht aus Gründen der Agitation, sondern aus 2.n. die in der Sache liegen. Darum haben wir den Muth,

Unter⸗Staatssekretär im Reichsamt des Innern Rothe: Der liegenden Antrags, also die Freunde der Vorlage, zu sehr ausgingen

ch glaube, daß die reunde des Antrags zu sehr ausgehen von den Auswüchsen des

Herr Vorredner hat sich weiter dagegen ge⸗

ständigen haben sich nicht dafür erklärt, mit Ausnahme derjenigen,

getreten. Erst damals wurde das Verbot des Getreideterminhandels

von Rubelnoten nach Berlin verboten, und es gelang dadurch allerdings, für die Oktober⸗Regulierung 1894 den Kurs auf 234 emporzuschnellen. Durch weitere Maßnahmen wurde die Ultimo⸗ ekulation in Rubelnoten in Berlin unmöglich gemacht. s ist der Erfolg? Gestern wurden hier in Berlin Rubelnoten per Kasse zu 216,45 gebandelt, also zu noch niedrigerem Preife als im September 1894. Der russische Herr Fseneinn er scheint jetzt diesen Kurs dem wahren Werthe der ubelnoten für nicht unangemessen zu halten, denn bei seinem neuen Projekt der Valutaregulierung hat er den Rubelkurs auf 216 normiert. Meine Herren, wenn der Getreideterminhandel untersagt werden sollte, so wünsche ich nicht, aber ich fürchte, daß die Land⸗ wirthschaft eine ähnliche Enttäuschung erleide. Wäre die Theorie richtig, daß die Terminspekulatien nothwendig die Preise herabsetzen muß, so könnte sie das doch nicht nur bei Getreide thun. Auch in Spiritus, Zucker, Kaffee wird in Termin spekuliert und in Blanko verkauft. Die Preh⸗ für diese Waaren zeigen aber seit längerer oder kürzerer Zeit eine steigende Richtung. Und wie ist es auf dem Effektenmarkt? Die Effektenspekulation hat doch eine weit größere Ausdehnung als die Getreidespekulation. Nach der Theorie müßten die Kurse der Effektenpapiere noch tiefer heruntergefixt worden sein als die Getreidepreise. Das Gegentheil ist aber der Fall. Nach der Theorie ist es sogar verwuaderlich, daß wir nicht noch viel niedrigere Getreidepreise haben, denn danach ist die Baisse immer ein vortheilhaftes Geschäft. Man verkauft effektiv mit Schaden, nachdem man in Blanko den zehnfachen Betrag verkauft hat. Wenn man durch den effektiven Verkauf die Preise genügend gedrückt hat, dann deckt man sich in Blanko und muß immer ge⸗ winnen. Schließlich aber braucht doch auch der Baissier einen Ver⸗ käufer, der an ihn zu noch niedrigerem Preise zu seiner Deckung ver⸗ kauft, und da liegt die naturgemäße Grenze der Baissespekulation. Wenn die Theorie richtig wäre, daß man bei der Baissespekulation nur gewinnen kann; dann wäre doch die Enthaltsamkeit zu ver⸗ wundern, mit der die Mehrheit der Menschheit sich von diesem Ge⸗ schäft immer noch fern hält. Diese Theorie versagt sogar in dem Falle Cohn u. Rosenberg. Von Rechts wegen hätten sie, da sie à la baisse gingen, gewinnen müssen; sie haben aber verloren. In diesen Tagen noch hat eine Baissefirma in Berlin ihre Zahlungen einstellen müssen. Das pflegt überhaupt die Folge der excessiven Spekulation zu sein, daß sie sich an den Urhebern rächt. Nun kann man sagen: was bilft das der Land⸗ wirthschaft? Aber es lockt doch auch nicht zur Nacheiferung, es schreckt ab. Deswegen kommen solche Gewaltspekulationen glücklicherweise doch nur selten vor. Auch stiften sie nur vor⸗ übergehend Schaden, und auf solche v Erscheinungen sollte man dauernde gesetzgeberische Maßnahmen nicht gründen. Meine Herren, ich erkläre mir die öffentliche Bewegung gegen das Termingeschäft so: die Preise sind schlecht; ein Baissespekulant ist in flagranti ertappt, dem es gelungen ist, die Preise zu drücken also drückt das Termingeschäft die Preise, also ist die othlage der Landwirthschaft verschuldet durch das Termingeschäft: post hoc, ergo propter hoc. Wenn der Schluß in seiner Allgemeinheit wirklich richtig wäre wie erklärt es sich dann, daß das Getreide im Ver⸗ vd. zu früheren Perioden doch immer noch nicht so tief gesunken ist wie andere Waaren, die nicht im Termin gehandelt werden, z. B. Reis, Taback, Wolle, verschiedene Metalle? und wie erklärt es sch daß in terminreinen Ländern die Lage der Land⸗ wirthschaft nicht besser ist als bei uns? In England, das uns ja immer als ein Musterland vorgestellt wird, ist sie womöalich noch schlechter, und in Rußland, einem Lande, das an Terminreinheit, soviel ich weiß, garnichts zu wünschen übrig läßt, sind die Klagen über die unrentablen Getreidepreise genau dieselben wie bei uns. Wenn also die schlechten Preise von der Terminspekulation nicht herrühren, wie wir früher ja auch gute Preise eehabt haben, die wir hoffentlich wiederbekommen werden woher vommt denn die gedrückte Lage der Landwirthschaft? Meine Herren, zur Beantwortung dieser Frage findet sich Zahlenmaterial in der Schrift des Dr. Ruhland: „Stimmen aus dem agrarischen Lager“. Aus diesen Zahlen kann man entnehmen, wie zur Zeit des Ueber⸗ ewichts von Angebot über die Nachfrage die Weizenpreise gesunken 8 und wie in der früheren Periode, als die Nachfrage überwog, die reise gestiegen sind. Dort wird ferner gezeigt, wie der Preisrück⸗ gang im Getreide drei Perioden gehabt hat: die erste seit der kapita⸗ Küitischen Ausbeutung der nordamerikanischen Prärien, die zweite seit dem Eindringen des ostindischen Weizens, die dritte seit dem Hinzutreten des argentinischen Weizens. Nimmt. man hierzu noch die außerordentliche Verbilligung der Beförderungsmittel, über welche die Handelskammer in Hamburg vor kurzem ein interessantes Material beigebracht hat, mit dem ich Sie aber nicht ermüden will, aus dem ich nur die Anführung wiedergeben will, daß die Produktion der Tonne Weizen in Argentinfen nur 60 bis 70 kostet und infolge ver⸗ besserter Methoden und Maschinen immer noch billiger wird, dann hat man wirklich natürliche Gründe für den Preisdruck und braucht nicht nach künstlichen zu suchen. Meine Herren, ich glaube wirklich, es ist so: weil die Konjunktur sich in absteigender Linie befindet, geht die Börse in die baisse, und nicht gehen die Preise herunter, weil die Börse in baisse macht; die Börse würde natürlich sofort à, la hausse gehen, wenn sie einen Gewinn dabei fände. Der Herr Abg. Schwarz hat uns gestern die Bezeichnung desjenigen Haussiers, der bei herabgehender Konjunktur Hausse⸗Geschäfte machen würde, gegeben, er hat ihn für reif zum Irrenhaus erklärt. In der Presse ist mitgetheilt worden, daß von der Firma Ritter u. Blumenfeld der eine Theil wirklich im Irrenhause sitzt. Dann möchte ich aus der Ruhland'schen Schrift, auf die ich mich gern beziehe, weil die Unverdächtigkeit derselben bei den Herren Gegnern des Termingeschäftsverbots anzunehmen sein dürfte, noch eine kurze Bemerkung verlesen: „Das muß jedenfalls zugegeben werden, daß die volle Bedeutung der hier vertretenen Forderungen sich erst dann enthüllen würde, wenn dieselben nicht bloß sär Berlin, sondern auch für Chicago und New⸗York, für Liverpool, Paris, Wien und Amsterdam durchgeführt wären.“ Ja, wir leben eben nicht im isolierten Staat. Man kann von London aus, wie es von Kennern der Londoner behauptet wird, in Chicago Termin spekulieren, auch wenn man sich zu Hause davon rein halten möchte; man kann das aber auch von Berlin aus, und wenn man das in Berlin unterläßt, so blüht das Termingeschäft im Auslande doch weiter und übt seine Wirkung auf die Preise, der wir uns nicht entziehen können. Aus ähnlichen Erwägungen hat man

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bei den Ihrer Kommission dem Beschluß über das Verbot des Kammzugterminhandels eine Resolution hinzu⸗ gefügt, wonach der Reichskanzler ersucht werden sollte, wegen einer gleichen Maßregel mit den 212. Kammzugterminstaaten in Ver⸗ bindung zu treten. Bei dem jetzigen Anlaß ist eine solche Resolution nicht beantragt worden; sie würde auch wohl wenig Effekt haben. Aber so lange die Einwirkung auf das Ausland fehlt, wird die Wirkung im Inland ausbleiben. Meine Herren, die Vorlage schlägt eine Reihe von einschneidenden Maßregeln vor, um die allseitig be⸗ klagten und zugegebenen Mißstände im Terminhandel zu beseitigen. Ihre Kommission hat diese Bestimmungen bedeutend verschärft. Ich glaube, es wäre gerathen, es zunächst damit zu versuchen; hilft es doch nicht, dann bleibt der Bundesrath immer noch übrig, und über der Börse wird das Damoklesschwert des § 46 schweben. In ihrem Interesse wird es liegen, dafür zu sorgen, daß dieses Schwert die Scheide nicht verläßt. Also, meine Herren, schütten Sie lieber nicht gleich das Kind mit dem Bade aus und entschließen Sie sich noch dazu, den Antrag Fuchs⸗Schwarze abzulehnen.

Abg. Graf von Kani 9 (d. kons.): Seit Jahr und Tag hat der Reichstag vor keiner so wichtigen Frage gestanden. Ich bin mir des Ernstes der Sache wohl bewußt. Es handelt sich nicht bloß um kommerzielle Fragen, sondern auch um die Volksernährung. Herr Schönlank sprach von der Vertheuerung des Brotes auf Kosten der großen Massen. Die Massen der ländlichen Bevölkerung sind dabei auch betheiligt. Die Verbilligung des Getreides kommt nicht den Konsumenten zu Gute, die Vortheile bleiben an anderen Stellen hängen. Ich habe die Sache gründlich studiert und könnte das klar vorführen. Herr Barth faßt den Antrag falsch auf, wenn er meint, das effektive Lieferungsgeschäft würde beseitigt werden. Herr Häusser⸗Duisburg, ein entschiedener Gegner des Terminhandels, sagte neulich zu einem meiner Freunde: „Vor einigen Tagen habe ich einen Segler Kaliforniaroggen, den mein Agent für mich beladen und nach Rotterdam verfrachtet hat, halb verkauft, und in einigen Tagen wird der Rest auch verkauft sein.“ Dieses reelle Geschäft bleibt unberührt, bloß der börsenmäßige Terminhandel wird beseitigt. Ein Hamburger Getreidehändler Horowitz erzählte in der Börsen⸗Enquste, daß er eine Ladung russischen Roggens auf Termin verkauft hatte; als das Schiff ankam, zeigte sich, daß der Roggen viel zu gut für Berliner Termin⸗ waare war; er kaufte den Termin zurück und verkaufte den Roggen direkt an die Konsumenten. Die Konsumwaare ist theurer und besser als die Terminwaare. (Zuruf des Abg. Richter: Wo bleibt denn die Termin⸗ waare, wenn sie nicht konsumiert wird?) Die Terminwaare wird mehrmals verkauft; das haben die Sachverständigen in der Börsen⸗ enquste fast sämmtlich bezeugt. Dabei kommt namentlich die Lieferbarkeit des Getreides in Betracht. Die vernommenen Händler, Müller u. s. w. haben ausgesagt, daß die Sachverständigen, welche die Lieferbarkeit zu beurtheilen haben, sehr leicht zu beeinflussen sind, denn sie würden sonst nicht wiedergewählt. Es wird vielfach sehr schlechte Waare auf den Markt gebracht, die man nicht für lieferbar hält; aber man sagt: wenn die Sachverständigen nichts Anderes sehen, dann gewöhnen sie sich daran. Herr Sobernheim⸗Berlin sagte aus, daß sogar die Kündigung an sich selbst, nicht an einen wirklichen Käufer erfolgt; das kann nur den betrügerischen Zweck haben, die Preise zu werfen. Warum beseitigt man solche Mißstände denn nicht zur Ehre des Kaufmannsstandes? Meine Bremer Rede ist mir vorgehalten worden; vor einem solchen Publikum, wie in Bremen, halte ich eine solche Rede gern, aber nicht vor jedem Börsenpublikum. Herr Horowitz sagte aus: Ich bin in meiner Jugend in der Lage gewesen, den Kriegstänzen der Wilden beizuwohnen; aber s etwas, wie in dem Kündigungszimmer der Berliner Börse habe ich niemals gehört. Zu diesen Nachtheilen des Terminhandels kommt die Verleitung des Publikums und ganz unbetheiligter Personen zu diesem Geschäft; Herr Barth kennt wahrscheinlich nicht die zahl⸗ reichen Geschäfte: die Noch⸗Geschäfte, die Zweimal⸗Noch⸗Geschäfte und die Stellagen. In diesen Geschäften Unbetheiligter liegt kein wirthschaftlicher Nutzen. Ein Sachverständiger sagte: Die Spiel⸗ bank hat man geschlossen, aber den Terminhandel zugelassen; den hätte man lieber verbieten sollen; denn an der Spielbank be⸗ kommt man nach Verlust des Geldes biergae noch Reisegeld. Herr Diffens aus Mannheim, früher nationalliberales Mitglied des Reichs⸗ tags, erkannte auch an, daß durch den Terminhandel die eigentlich preisbildenden Faktoren bei Seite geschoben gund der Terminhandel wirke nicht mildernd, sondern verschärfe die Preisschwankungen. Die Terminwaare ist nicht immer konsumfähig, darauf kommt es ja auch gar nicht an, man will ja gar nicht die Waare erhalten. Für die Landwirthschaft bringt dieser Preisdruck große Nachtheile, für die Konsumenten einen zweifelhaften Nutzen. Als ich vor vier Jahren in die Börsen⸗Enquste⸗Kommission eintrat, hielt ich es für ein unmögliches Ding, den Terminhandel zu beseitigen. Erst die Verhandlungen mit den Interessenten haben mich zu der Ueber⸗ zeugung gebracht, daß die Nachtheile des Terminhandels schlimmer sind, als sie mir zuerst erschienen. Mehrere der vernommenen Sachverständigen haben es in Abrede gestellt, daß die Landwirth⸗ schaft einen Vortheil von dem Terminhandel hat, so Herr Koch⸗ hann von den Aeltesten der Berliner Kaufmannschaft und Herr Kühne⸗ mann aus Stettin. Das Interesse der Müller wird immer an⸗

eführt, aber Sachverständige sagen aus, daß es keinem Müller ein⸗ fallt, auf Termin zu kaufen. Alle Interessenten haben kein wirthschaft⸗ liches Interesse an dem Fortbestande des Terminhandels. Wir haben nur Vortheile und Nachtheile gegen einander abzuwägen. Bereits bei der ersten Lesung habe ich erklärt, eine beträchtliche Preisfteigerung infolge der Aufhebung des Terminhandels werde nicht eintreten, weil sonst die Arbitrage o ort entgegenarbeiten würde. Die Sachverstän⸗ digen meinen, daß die Steigerung nicht mehr als 8 bis 10 ℳ, höchstens 12 betragen wird. Aber darum handelt es sich weniger als um die Beseitigung eines 1 wirthschaftlichen Mißstandes.

Abg. Dr. von Bennigsen (nl.): Eine große Mehrheit für das Verbot des Terminhandels ist vorhanden. Für meine Freunde kann ich nur erklären, daß wir uns einstimmig entschlossen haben, für das Verbot des Terminhandels zu stimmen. Wir verkennen durchaus nicht die große Bedeutung des Terminhandels. Es ist immerhin möglich, daß Bundesrath und Reichstag auf die Frage noch einmal zurückkommen. Ich will nicht so weit gehen, wie Herr Bachem, die Verantwortlichkeit der Agitation des Bundes der Landwirthe zuzuschieben. Nein, wir fassen unsere Entschlüsse durchaus selbständig. Herr Graf Kanitz hat die schweren Schäden hervorgehoben, welche der

börsenmäßige Terminhandel mit sich bringt; Herr Schönlank sprach von einem Kornwucher, von einer Vertheuerung des Brotes der arbeitenden Klassen. Man sollte danach glauben, daß in diesem Augenblick die Lage der arbeitenden Klassen eine schlechte wäre; so liegt die Sache aber nicht. Ich für meine Person würde gern wünschen, daß die Arbeitslöhne noch höher ständen, wie sie jetzt stehen, aber im Ganzen sind die Löhne der Arbeiter in den letzten Jahren nicht berunter⸗, sondern in die Höhe gegangen. Die Be⸗ deutung des Terminhandels will ich nicht erörtern, das ist schon von Leuten geschehen, die mit den Verhältnissen an der Börse besser ver⸗ traut sind als ich; zweifellos aber glauben die Landwirthe, nicht bloß diejenigen, die zu dem Antrag stehen, daß der Börsen⸗ terminhandel nachtheilige Folgen für die Landwirthschaft hat. Diese Kreise werden ihre eigenen Verhältnisse beurtheilen können, und wenn sie die Gefahren, welche mit dem Verbot des Termin⸗ handels etwa verknüpft sein könnten, auf sich nehmen wollen, und trotzdem größere Vortheile erwarten, so wird man ihnen zanächst glauben müssen, daß sie im Ganzen in der Lage sind, die Verhältn sse richtig zu beurtheilen. Eine andere Frage ist die, ob etwa durch eine solche Maßregel andere große Interessen, z. B. die Grundlagen unserer ganzen Berliner Börseneinrichtung, einer nothwendigen Institution für die Aufrechterhaltung der Währung und des ganzen soliden Geschäftsverkehrs, erschüttert oder beim Getreidehandel das solide Ge⸗ schäft, die Vermittelung zwischen Produzent und Konsument, die Ver⸗ sorgung der Konsumenten mit Brotgetreide irgendwie erschwert werden könnten. Nach den Aussagen der Sachverständigen in der Börsen Enquöte⸗Kommission besteht aber ein börsenmäßiges Termingeschäft nur in Berlin in einer ernsthaften Ausdehnung; im ganzen übrigen Deutsch⸗ land hat es thatsächlich keine erhebliche Bedeutung. Nach dem Ur theil der Sachverständigen aus Stettin, Danzig, Königsberg. Memel aber auch aus Duisburg, Düsseldorf, Mannheim ist das börsenmäßig Termingeschäft für diese Plätze und überhaupt nicht nothwendig. Ma⸗ hat behauptet, daß mit dem Verbot des Termingeschäfts auch das de Zeitgeschäfts verbunden sei. Ich kann der Presse den Vorwurf nicht ersparen, daß sie diesem Mißverständniß nicht mit der genügenden Offenheit entgegengetreten ist. Das Zeitgeschäft wollen wir bestehe lassen, aber nicht das e e⸗ Termingeschäft. Der größte Thei der Getreidetermingeschäfte in Berlin sind reine Spielgeschäfte. ist seit Jahren der Versuch gemacht, den Schäden der Spiel⸗ un Differenzgeschäfte entgegenzutreten, es ist immer mißlungen und wir immer mißlingen. Mit dem Verbot würde allerdings viel Schade und Unglück in Deutschland beseitigt werden. Wer die Verhältniss auf dem Lande und in den kleinen Städten kennt, kann von dem Un glück berichten, in das die Leute gerathen, wenn sie verleitet werden, viel größere Quantitäten börsenmäßig zu bandeln, als ihren Verhält⸗ nissen entspricht. Meine Freunde und ich sind davon überzeugt, die Schäden und Nachtheile des Börsenterminhandels sind viel größer at die möglichen Gefahren des Verbots. Ein Schlußantrag wird angenommen. 8 Abg. von Ploetz (d. kons., zur Geschäftsordnung): Ich hatte mich heute zuerst zum Worte gemeldet, um irn Singer zu antworten Ich bin durch den Schluß leider daran verhindert und behalte mi meine Antwort für später vor. Abg. Graf von Arnim (Rp.): Ich bin durch den Schluß ver⸗ hindert, das Wort zu nehmen, und erkläre, daß meine Freunde für den Antrag stimmen werden. Wenn auch einige anfangs Bedenke hatten, so haben sie sich doch dem einen wichtigen Votum der Land wirthschaftskammern angeschlossen. 8 Abg. Singer (Soz.): Wir stimmen einstimmig gegen den

Antrag.

Abg. Dr. Hahn: Ich hatte mich auch zum Worte gemeldet.

Abg. Graf von Bernstorff⸗Uelzen (Welfe): Wir treten für den Antrag ein, obwohl wir manches Bedenken haben; das sind ab wesentlich praktische, nicht taktische Gründe.

Der Antrag Fuchs⸗Schwarze, d. h. das Verbot des

Die Bestimmungen über das Börsenregister (88 5 bis 65), über den Einwand des disferans piels 66), über das Kommissionsgeschäft (§§ 67 bis 71) werden ohne jegliche Debatte angenommen. .

Unter die Strafbestimmungen hat die Kommission einen § 72 a neu aufgenommen, welcher lautet:

spricht oder sich gewähren oder versprechen läßt, welche in auffälligem Mißverhältniß zu der Fn stehen, wird mit Gefängniß bis zu einem Jahr und zugleich mit Geldstrafe bis zu 5000 bestraft. Die gleiche Strafe trifft denjenigen, der sich sün die Unterlassung von Mittheilungen der bezeichneten Art Vortheile gewähren oder versprechen läßt. Der Versuch ist strafbar. Sind mildernde Um⸗ fee vorhanden, so kann ausschließlich auf die Geldstrafe erkannt werden.“ Abg. Lenzmann sg. Volksp.) beantragt, die Vorschriften nur auf „betrügerische, auf Täuschungen berechnete“ Mittheilungen anzuwenden und im Absatz 2 vor „Vortheile“ einzuschieben das Wort „unver⸗

d 1

Nach 8 Debatte wird § 72a unverändert angenommen, ebenso ohne Debatte der Rest des Gesetzes und folgende, von der Kommission vorgeschlagenen Resolutionen:

„1) Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, mit denjenigen Staaten, in denen ein börsenmäßiger Terminhandel in Kammzug und anderen Halbfabrikaten der Textilindustrie besteht, wegen Unter⸗ sagung dieses Handels in Verhandlungen zu treten und über das Ergebniß derselben dem Reichstag Mittheilung zu machen.

2) Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, veranlassen zu wollen, daß in den statistischen Jahrbüchern für das Deutsche Reich all⸗ jährlich Mittheilungen über die an den einzelnen deutschen Börsen zur Einführung gelangten Werthpapiere mit Bezeichnung der Ein⸗ führungsfirma, des Einführungskurses sowie des Betrages und der Art dieser Werthpapiere zur Veröffentlichung gelangen.“

Schluß 5 ½ Uhr. Nächste Sitzung Sonnabend 1 Uhr. (Interpellationen, betr. die Konvertierung der Reichs⸗Anleihen und wegen der Verhaftung des Abg. Bueb, und erste Lesung des Gesetzentwurfs, betr. den Abgabentarif für den Kaiser

Wilhelm⸗Kanal.)

Uebersicht über die Ergebnisse des Stein⸗ und esns

Statistik und Volkswirthschaft.

ach vorläufigen Ermittelungen.)

Im I. Vierteljahr 1896.

Im I. Vierteljahr 1895.

Bergbaues in Preußen im I. Vierteljahr 1896, verglichen gegen das I. Vierteljahr 1895.

Betriebene

Werke. t

Förderung. Absatz.

Förderung. Absatz. t t

Betriebene gerderane.

t %

5 929 225

11 025 247 2 436 904

5 496 534 2 541 1342 2 502 1 635 125 803 115 617 1 G 10 980 781 2 362 218

5 480 672 4 914 130

113 944 9 990 518 2 171 956 2 118 222

125 177 10 044 374

582 404 293

1 673 990 263 243 996

448 553 39

626 980 873 264 948

8,18 1,56 0,50 9,77

12,20

Summe 1 19 519 720

II. Braunkohlen. 4 678 906 507 470

18 956 492

135 830 105 907 1 388 3 733 026 25 685 101 965 84 825 1 337 445 600

17 824 681 17 138 449

127 778 98 836 4 400 855 3 388 234 102 459 86 4244 266 097

279 704

2 609 385 235

1 818 043

7 121 344 792 1 599 179 503

1 695 039

8 052 278 051 494

122 235

9,51

6,30 6,32 0,48

31,73

Summe II. 5 424 171

4 369 408 31 019

5 016 327 3 839 591

FEEhb FFEAH* FI sr FAAeqHb EEII*

407 844 8,13 529 817

Terminhandels, wird mit 200 gegen 39 Stimmen angenommen.

„Wer für Mittheilungen in der Presse, durch welche auf den Börsenpreis eingewirkt werden soll, Vortheile gewährt oder ver-