praktischen Leben stehen und nicht bloß die Sache von der Einseitig⸗ keit des Fachmannes aus auffassen.
Meine Herren, wenn wir uns die Organisation in der Lokal⸗ instanz so etwa konstcuieren, die Kompetenz und die Befugnisse des Physikers in den Kreisen und Städten näher feststellen, selbständiges Einschreiten ihm gestatten — unter gewissen Kautelen —, dann wird damit schon sehr viel gewonnen sein. Ob es zu diesem Behufe nun erforderlich und nützlich sein wird, die gerichtliche Medizinalpolizei gänzlich zu trennen von der — wenn ich den Ausdruck mal gebrauchen darf — administrativen Seite der Sache, das ist eine andere Frage. Im früheren Königreich Hannover bestand diese Einrichtung und hat sich meines Wissens sehr gut bewährt. Zu der Ausübung der eigentlichen gerichtlichen Medizin gehören auch solche spezifischen und besonderen Kenntnisse, die man in der Regel dem Phvysikus nicht zutrauen kann: schwierige chemische Untersuchungen und derartige Sachen; dazu muß doch ein besonderer Fachmann in der Regel vorhanden sein. Ob es, meine Herren, gerathen ist, statt die Gehalte der jetzigen Physiker zu erhöhen, den Physikus überhaupt zu einem festbesoldeten Beamten zu machen und gar nicht mehr auf die Praxis zu verweisen, oder ob die Bedenken überwiegen, welche der Herr Vertreter des Kultus⸗ Ministeriums schon dagegen vorgetragen hat, das wird auch eine Frage sein, die noch zu entscheiden ist. Nun hat der Herr Vertreter des Kultus⸗Ministeriums die schwierige Or⸗ ganisation in den Bezirken und Provinzen schon berührt, da würde ich persönlich auch dafür sein, daß wir in keinem Fall eine Organisation machen, welche nur eine separate medizinische Behörde darstellt, losgelöst von der ganzen übrigen Verwaltung.
Endlich darf ich den letzten Punkt auch wohl berühren: Wenn meine gesammte Auffassung richtig ist, daß die öffentliche Gesund⸗ heitspflege und die Medizinalpolizei eigentlich ein integrierender Theil der Gesammtverwaltung ist und nicht wohl davon ge⸗ trennt werden kann, so wird man auch auf die Frage kommen müssen, ob nicht hier in der höchsten Instanz auch eine Aenderung zu treffen ist (sehr richtig!), ob es vielleicht noth⸗ wendig ist, die jetzige Verbindung mit dem Kultus⸗Ministerium bei⸗ zubehalten, oder ob es sich vielleicht empfiehlt — ich will über alle diese Dinge gar keine Meinung äußern —, die ganze Medizinalver⸗ waltung mehr in die Hand des höchsten Vertreters der allgemeinen Landesverwaltung, nämlich des Ministers des Innern zu verlegen. (Sehr richtig)) Ja, meine Herren, wenn Sie nun sehen, daß solche Fragen zur Entscheidung stehen, und daß es bedenklich ist, eine Sache von vornherein beim verkehrten Ende oder bei einem Zipfel anzugreifen, daß man sich wenigstens über das Ziel, welches man erreichen will, ganz klar sein muß, und, wie der Herr Vertreter des Kultus⸗Ministeriums schon die Güte hatte, zu schildern, mir im Juli vorigen Jahres ein Entwurf, noch nicht einmal ein Gesetzentwurf, sondern Grundzüge vorgelegt werden, Grundzüge, die ich wesentlich nach den hier angedeuteten Gesichtspunkten beurtheile, nun aus dem Umstand, daß nicht schon in dieser Session ein ferti⸗ ger Entwurf vorgelegt wird, konkludiert wird, daß der Finanz⸗Minister in seiner kurzsichtigen Unfähigkeit lediglich die Sache aus kleinlichen, siskalischen Rücksichten zu Falle gebracht habe, das zeigt doch einen Grad von Dreistigkeit auf der einen Seite und Unwissenheit auf der anderen, den man nur bewundern kann. (Heiterkeit. Sehr gut!)
Meine Herren, nun möchte ich aber darauf hinweisen, daß wir die Lage doch auch nicht so sehr übertreiben und unsere Zustände nicht zu schlecht machen dürfen. Meine Herren, wer seit 30 Jahren in der Sache als Verwaltungsbeamter gearbeitet hat und als Privatmann thätig war und unsere heutigen sanitären Zustände und die Zustände unserer öffentlichen Gesundheitspflege mit der damaligen Zeit ver⸗ gleicht, der darf doch nicht allzu sehr unsere Zustände als ganz un⸗ haltbare und höchst erbärmliche schildern. (Sehr richtig!) Meine Herren, denken Sie doch an die kolossalen sanitären Verbesserungen, die in fast allen großen und vielen kleinen Städten eingetreten sind mir Aufwand kolossaler Kosten. Meine Herren, ich erinnere an die Kanalisation, die Wasserleitung, Krankenhäuser, Irrenanstalten, ich will das nicht Alles auf⸗ zählen, denken Sie an die ungeheuer segensreiche Thätigkeit der Provinzial⸗ verwaltungen, namentlich nach dem Dotationsgesetz auf diesem Gebiet; denken Sie, daß selbst jetzt auf dem Lande vielfach schon fast ganze Kreise, wenigstens zahlreiche Dörfer sehr zweckmäßige und heilsame sanitäre Maßnahmen, beispielsweise Wasserleitungen gemacht haben, daß das Drängen und der Fortschritt nach dieser Richtung immer weiter geht; denken Sie an die eminent segensreichen Folgen des Krankenkassengesetzes, der ganzen sozialpolitischen Gesetzgebung. So ist doch klar, daß wir in vollem Fortschritt seit 30 Jahren sind, und daß man die gesammte Behördenorganisation überschätzt. In der öfsentlichen Gesundheitspflege muß der einzelne, der sachverständige Arzt, müssen gemeinnützige Vereine, Kommunen, Kreise und Provinzen die Hauptsache thun. Das wird auch immer der Fall sein, mögen Sie eine Behördenorganisation für den Staat machen, welche Sie wollen. Aber auch was das einzelne Eintreten des Staats betrifft, haben wir doch keine schlechten Erfahrungen. Drei Jahre hintereinander ist es gelungen, durch das Einschreiten des Staats und Gewährung der Mittel aus der Staatskasse die von Rußland einbrechende Cholera zurückzuhalten. Wir haben auch auf diesem Gebiete durchaus keine so schrecklich schlechten Erfolge, wie es dargestellt wird.
Das Ergebniß meiner Bemerkungen ist also dieses: ich erkenne die Nothwendigkeit einer Reform der Medizinalverwaltung und ihrer zffentlichen Thätigkeit, namentlich auf dem Gebiet der Gesundheits⸗ pflege, durchaus an. Ich bin durchaus bereit, nach Maßgabe der Mittel, die uns zur Disposition stehen, dabei von meinem Stand⸗ punkt aus mitzuwirken; ich bin tief durchdrungen von der humani⸗ tären Seite der Aufgabe und unterschreibe ebenso, daß selbst der⸗ jenige, der dafür kein Herz hat, aus reiner finanzieller Berechnung mitwirken muß und auf diesem Gebiet Opfer zu bringen wohlthun würde; denn daß durch die großen Opfer, die allerdings für sanitäre Maßregeln nöthig sind, weit größere Opfer auch in materieller Beziehung erspart werden, hat schon mein Freund, der verstorbene Medizinal⸗Rath Varrentrop, einer der ersten Vorkämpfer auf diesem Ge⸗ biet, in der Stadtverordneten⸗Versammlung von Frankfurt sehr oft ziffer⸗ mäßig nachgewiesen. Jeder Vertreter einer großen Kommune oder in der Verwaltung Thätige kann sich das leicht berechnen.
Also, wenn die Frage noch nicht gelöft ist, so liegt es jedenfalls nicht an fiskalischer Engherzigkeit. Wir werden natürlich auch auf diesem Gebiet prüfen, welche Mittel für welchen Zweck erforderlich und nothwendig sind, und ob man auch in billigerer Weise dieselben Zwecke erreichen kann. Das ist eben die Aufgabe des Finanz⸗Ministers;
t
einer Aufgabe
machen. Aber die beiden Ressorts können nicht allein die Frage er⸗ ledigen, sondern nur zusammen mit dem Ministerium des Innern, welches jedenfalls dabei ein Hauptwort mitsprechen wird. Ob es gelingen wird, schon einen vollständigen, nach allen Richtungen ausgearbeiteten Entwurf dem nächsten Landtag vorzulegen, weiß ich nicht; ich will solche leichthin gegebenen Ver⸗ sprechungen nicht machen. Die Sache ist aber in voller Arbeit. Man wird aber auch erwägen müssen, ob man vieleeicht schrittweise vorgehen will und vorgehen kann; ob man, wenn man über den ganzen Plan, über das Ziel, welches schließlich zu erreichen ist, sich klar geworden und in Uebereinstimmung ist, erst an einer Stelle be⸗ ginnen soll, — nicht im Unklaren darüber, wohin man schließlich steuern will, sondern als Anfang der Beschreitung eines Weges, der zum Ziele führt, welches einem klar vor Augen steht.
Also ich glaube, nach den früheren Beschlüssen des hohen Hauses und nach der Stimmung, die der Antrag hier gefunden hat, wohl annehmen zu dürfen, daß in Bezug auf das Ziel wenigstens, welches zu verfolgen, die Regierung und der Landtag einig sind. Ob das in demselben Maße der Fall sein wird, wenn wir nachher an die Ausführung kommen! Es fiel mir auf, daß der Herr Begründer des Antrags verlangte, daß nicht bloß Techniker wie jetzt bei jedem Bau mitwirken müssen, sondern auch ein Physikatsbeamter. Ja, meine Herren, als wir die kleine Gebührenforderung hier stellten und daß auf dem Lande eine bessere Baukontrole sein soll, die ja auch nach der sanitären Seite hin wirkt, stellte der Herr Abg. Sattler sofort den Antrag, die Gebühren zu streichen. Man wollte gar keine technische Beaufsichtigung der Bauten auf dem Lande und das ganze Haus stimmte ihm zu und die Regierung mußte zurückmarschieren. Jetzt klatscht das Haus Beifall den Worten des Herrn Antragstellers, daß nicht bloß ein technischer, sondern auch ein Physikatsbeamter gehört werden müsse. Aber wenn nachher die Sache real wird, wenn sie wirklich durchgeführt werden soll, was dann dieselben Herren, die heute Beifall geben, sagen werden, ist eine andere Frage. Wenn die Seite der Frage erwogen wird, welche Mehrkosten den Gemeinden und Ver⸗ bänden aus einer solchen stärkeren Anspannung der öffentlichen Ge⸗ sundheitspflege erwachsen, da wird vielleicht auch das Gesicht etwas länger werden. Ich mache von vornherein darauf aufmerksam, daß dann die Sache nicht so leicht ist zu behandeln, wie hier, wo man im allgemeinen sich für eine gute Sache gern ausspricht. (Bravo!
rechts.)
Ministerial⸗Direktor Dr. von Bartsch dankt dem Abg. Grafen Douglas für seine Mitwirkung bei der Medizinalreform und seine Anregungen dazu, die vielfach vom Ministerium befolgt seien.
Abg. von Tiedemann⸗Labischin (fr. kons.) meint gleichfalls, daß die Frage nicht von dem Gehalt und der Privatpraxis des Kreis⸗ physikus abhänge, sondern davon, ob die ganze Organisation den An⸗ forderungen der öffentlichen Gesundheitspflege gewachsen sei. Der Kreisphysikus trete nur auf Requisition ein, er gehere zu den Be⸗ amten, die am meisten Initiative haben; er habe eine Zwitter⸗ stellung, er sei halb Beamter und halb Privatmann, und das könne zu unleidlichen Konsequenzen führen. Nach dem Muster von Hannover empfehle es sich vielleicht, die gerichtliche Medizin dem Kreis⸗ physikus abzunehmen und besondere Gerichtsärzte anzustellen. Es müsse ein Organ geschaffen werden, dessen Aufgabe lediglich der öffentlichen Hygiene zugewendet sei. Diese Medizinalbeamten dürften allerdings nicht völlig selbständig sein — denn selbst ein ganz tüchtiger Arzt könnte einmal über das Ziel hinausschießen —, sie müßten vielmehr ihre Anträge an den Landrath richten. Redner erklärt, nur für den ersten Theil des Antrags stimmen zu können, und beantragt mit Rücksicht darauf, daß der Antrag finanzielle Folgen habe, die Ueberweisung desselben an die Budgetkommission oder eine besondere Kommission von 21 Mitgliedern.
Abg. Bandelow kons.) erklärt, daß seine Freunde dem Antrage sympathisch gegenüberstehen, will die Frage in einer Kommission ein⸗ gehend geprüft wissen und befürwortet die Ueberweisung des Antrags an die Budgetkommission.
Abg. Langexhans (fr. Volksp.): Die Mehrzahl der Aerzte hält die Organisation ihres Standes in Aerztekammern und Aerzteausschuß nicht für erforderlich. Ehrengerichte mögen für Rechtsanwalte, die gewissermaßen Beamte seien, heilsam sein; was soll eine folche Einrichtung aber für die Aerzte? Wer keine Ehre im Leibe hat umgeht doch die Entscheidung des Ehrengerichts; die Ehre kann durch das Ehrengericht niemandem eingeflößt werden. Mit dieser Organi⸗ fation ist die Regierung zu schnell vorgegangen. Eine Standes⸗ ordnung für die Aerzte ist nur mit Aenderung der Gewerbeordnung möglich, und die können wir nicht ändern. Die öffentliche Hygiene dem Ministerium des Innern übertragen werden, und zwischen dem Ministerium und den Bezirksregierungen muß eine Zwischen⸗ instanz geschaffen werden. Auf den Universitäten muß mehr Ge⸗ legenheit zur Ausbildung als praktischer Arzt geschaffen werden. Anstatt der Einführung der Ehrengerichte sollte man lieber eine richtige Reform des Mrizinalwesens vornehmen.
Abg. Dr. Martens (nl.): Der Regierungskommissar hat eine Anregung nicht für nöthig erklärt; wir wollten mit unserer Resolu⸗ tion nur auf die Nothwendigkeit der Reform zum Besten der Bevöl⸗ kerung hinweisen. Schwierig ist die Reform allerdings. Der Kreis⸗ physikus muß so gestellt werden, daß er im Hauptamt thun kann, was er jetzt nur nebenamtlich zu thun hat. Eine besondere Sanitätsbehörde zu schaffen, ist nicht unsere Absicht, aber eine weiter gehende Initiative muß der Kreisphysikus erhalten; in besonders dringenden Fällen muß er provisorisch eine Maßregel erlassen können, die dann der Be⸗ stätigung durch die Verwaltungsbehörde unterliegt. Kein Kapital ist besser angelegt, als das für die Verbesserung der Gesundheits⸗ verhältnisse verwendete. Dem Antrage auf Ueberweisung des Antrags an die Budgetkommission stimmen wir zu.
Abg. Schmidt⸗Warburg (Zentr.) spricht namens seiner Freunde seine volle Zustimmung zu dem Antrage aus, stimmt auch der Ueber⸗ weisung an die Budgetkommission zu. Es handle sich hier um eine sehr lange Seeschlange, noch als das 1— ee Schon die Thronrede vom 21. November 1850 enthalte die 2 dnerng. „Ein Gesetzentwurf über die Medizinalreform wird Ihnen in nä ster Zeit mitgetheilt werden.“ Sein seliger Vater sei der Verfasser des da⸗ maligen Entwurfs gewesen, der wegen der politischen Zeitverhältnisse nicht zur Erledigung gekommen sei, und das auf das Ministerium Ladenberg folgende Ministerium Raumer habe den Entwurf einfach zu den Akten gelegt. Jetzt scheine man mit der Reform von Jahr zu Jahr um Le Schritt zurückzukommen, denn nam der vorjährigen Erklärung des Kultus⸗Ministers hätte man eine Vorlage in dieser Session erwarten müssen. Erfreulich sei die Erklärung, daß der Finanz⸗ Minister nicht der Hemmschuh sei. Hoffentlich einigten sich die drei Minister des Innern, der Finanzen und des Kultus nun bald darüber.
Ein Schlußantrag wird angenommen.
Abg. Kruse srstt in seinem Schlußwort einigen Bemer⸗ kungen des Regierungskommissars entgegen und hält es für gut, daß dem Finanz⸗Minister die Medizinal⸗Angelegenheiten übertragen würden, denn er habe großes Verständniß dafür gezeigt.
Der Antrag Kruse⸗Martens wird der Budgetkommission
überwiesen. ö Schluß nach 4 ½ Uhr. Nächste Sitzung Dienstag 11 Uhr.
sefichterbgeset: Gesetz uͤber die Erweiterung der Genossenschafts⸗
Handel und Gewerbe.
che Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 4. d. M. gestellt 11 365, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. 1 In Ob erschis ien sind am 2. d. M. gestellt 3735, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.
9
Zwangs⸗Versteigerungen.
Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am
2. Mai die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Behren⸗ straße 17, dem Baumeister Walter Hentschel gehörig; Nutzungswerth 12 880 ℳ; für das Meistgebot von 402 000 ℳ wurde der Königliche Baurath Ludwig Heim, Rauchstraße 16, Ersteher. — Köhnigs bergerstraße 34, dem Schlossermeister Gottlieb Manché gehörig; Fläche 10 a; Nutzungswerth 16 740 ℳ; Meist⸗ bietender blieb der Kaufmann Moritz Levin, Belle⸗Allianceplatz 13, mit dem Gebot von 203 100 ℳ — Am Weidenweg 12, der Frau Kaufmann Valesca Roeseler gehörig; Fläche 6,85 a; Nutzungs⸗ werth 9320 ℳ; Meistbietende blieben die Fabrikanten A. und W. g zu Nieder Oderwitz in Sachsen mit dem Gebot von ℳ
— Vom Berliner Pfandbrief⸗Institut sind bis Ende April 1896 18 788 400 ℳ 3 ½ %, 21 587 400 ℳ 4 %, 45 741 600 ℳ 4 ½ %, 9 717 900 ℳ 5 % alte Pfandbriefe und 9 158 700 ℳ 3 % und 18 688 000 ℳ 3 ½ % neue, zusammen 123 682 000 ℳ Pfandbriefe ausgegeben worden, wovon noch 13 210 200 ℳ 3 ½ %, 10 265 400 ℳ 4 %, 10 263 300 ℳ 4 ½ %, 1 923 600 ℳ 5 % alte und 9 088 200 ℳ 3 % und 18 688 000 ℳ 3 ½ % neue, zusammen 63 438 700 ℳ Pfandbriefe von den Grundstücks⸗ eigenthümern zu verzinsen sind. — Angemeldet zur Beleihung in Neuen Berliner Pfandbriefen sind bis zum 30. April d. J. 134 Grund⸗ stücke mit einem Feuerversicherungswerthe von 28 357 675 ℳ — Zu⸗ gesichert, aber noch nicht abgehoben sind 10 114 500 ℳ 8
— Die Betriebseinnahmen der Sstpr fnfilichean e. e onhn betrugen im April 1896 nach vorläufiger Feststellung im Personen⸗ verkehr 83 313 ℳ, im Güterverkehr 194 911 ℳ, an tra⸗ ordinarien 20 100 ℳ, zusammen 298 324 ℳ, darunter auf der Strecke
ischhausen — Palmnicken 5486 ℳ, im April 1895 nach vorläufiger
eststellung 285 364 ℳ, mithin gegen den entsprechenden Monat des Vorjahres mehr 12 960 ℳ, im Ganzen vom 1. Januar bis 30. April 1896 1 395 392 ℳ (vorläufige Einnahme aus russischem Verkehr nach russischem Stil), gegen vorläufig 1 254 492 ℳ im Vorjahre, mit⸗ hin gegen den entsprechenden Zeitraum des Vorjahres mehr 140 900 ℳ, gegen die endgültige Einnahme mehr 52 686 ℳ
Breslau, 4. Mai. (W. T. B.) Getreide⸗ und Produktenmarkt. Spiritus pr. 100 1 100 % exkl. 50 ℳ Ver⸗ brauchsabgaben pr. April 51,30, do. do. 70 ℳ Verbrauchsabgaben pr. April 31,50.
Magdeburg, 4. Mai (W. T. B.) Zuckerbericht. Korn⸗ zucker exkl., von 92 % —,—, Kornzucker exkl. 88 % Rendement —,—, Nachprodukte exkl., 75. % Rendement 10,00 — 10,75. Ruhig. Brotraffinade I 25,25. Brotraffinade II 25,00. Gem. Raffinade mit Faß 24,75 — 25,25. Melis I mit Faß 24,50. Ruhig. Rohzucker I. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. Mai 12,52 ½ bez. und Br., pr. Juni 12,70 bez. und Br., pr. li 12,80 Gd., 12,82 ½ Br., pr August 12,92 ½ bez. und Br., pr. Oktober⸗Dezember 11,92 ½ bez., 11,95 Br. Ruhig.
Leipzig, 4. Mai. (W. T. B.) Kammzug⸗Terminhandel. La Plata. Grundmuster B. pr. Mai 3,25 ℳ, pr. Juni 3,27 ½ ℳ, pr. Juli 3,30 ℳ, pr. August 3,32 ½ ℳ, pr. September 3,35 ℳ, pr. Oktober 3,35 ℳ, pr. November 3,35 ℳ pr. Dezember 3,35 ℳ, pr. Januar 3,37 ½ ℳ, pr. Februar 3,40 ℳ, pr. März 3,40 ℳ, pr. April 3,40 ℳ Umsatz: 40 000 kg Schwach.
Bremen, 4. Mai. (W. T. B.) Börsen⸗Schluß⸗Bericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizzielle Notierung der Bremer
etroleum⸗Börse.) Geschäftslos Loko 5,65 Br. Rus sches Petroleum. oko 5,45 Br. Schmalz. Fest. Wilcor 27 ¼ ₰, Armour shield 26 ½ ₰, Cudahy 27 ½ ₰, Choice Grocery 27 ½ ₰, White label 27 ½ ₰, airbanks 25 ₰. Speck. Ruhig. Short clear middling loko 24 ½ 4.
eis. Abgeber zurückhaltend. Kaffee fest. Baumwolle stetig Upland middl. loko 41 ½ ₰. Wolle: Umsatz 68 Ballen. Taback. 95 Seronen Carmen, 70 Packen Sumatra. .
Hamburg, 4. EETPb Getreidemarkt. Weizen loko ruhig, holsteinischer loko neuer 153 — 154. Rog loko ruhig, hiesiger —, mecklenburger loko neuer 127—130, russischer bote ruhig, 83 — 84. Hafer ruhig. Gerste ruhig. Rübst LrceKn fest, loko 47. Spiritus ruhig, pr. Mai⸗Juni 16 ¾ Br., pr. Juni⸗Juli 16 ⅞ Br., per August⸗September 17 ¼ Br. per September⸗ Oktober 17 ¾ Br. Kaffee fest. Umsatz 2500 Sack. Petroleum be⸗ hauptet, Standard white loko 5,70. 88
Kaffee. (Nachmittagsbericht) Good average Santos pr. Mai 68 ½, pr. September 64 ½, pr. Dezember 60, pr. März 59 ⅛. Behauptet. — Zuckermarkt. (Schlußbericht.) Rüben⸗Rohzucker I. Produkt Basis 88 % Rendement neue Usance, frei an Bord Hamburg pr. Mai 12,45, pr. Juni 12,60, pr. Auguft 12,85, pr. Oktober 12,00, pr. Dezember 11,82 ½, pr. März 12,10. Matt.
Wien, 5. Mai. (W. T. B.) Die Brutto⸗Einnahmen der Orientbahnen betrugen in der 16. Woche (vom 15. April bis 21. April 1896) 201 064 Fr., Abnahme gegen das Vorjahr 20 694 Fr. Seit Beginn des Betriebsjahres (vom 1. Januar bis 21. April 1896) betrugen die Brutto⸗Einnahmen 3 127 994 Fr., Zunahme gegen das Vorjahr 387 070 Fr. 1
Ausweis der österreichisch⸗ ungarischen Staatsbahn (österreichisches Netz) vom 1. bis 30. April 2 035 746 Fl., Mehr⸗ vs gegen den entsprechenden Zeitraum des vorigen Jahres 66 861 Fl.
New⸗York, 4. Mai. (W. T. B.) Die Börse eröffnete träge und erhielt sich so durchweg. Der Schluß war lustlos bei festen Kursen. Der Umsatz der Aktien betrug 111 000 Stück.
Heute 1G bq“ zur Ausfuhr nach Rußland über Deutschland bestimmt.
en,n eröffnete schwach und gab auf allgemeine Liquidation, sowie 2¹ schwächere Kabelberichte und günstiges Wetter in den Winterweizengebieten im Preise nach während des ganzen — verlaufs mit wenigen Reaktionen. — Mais infolge von großen An⸗ künften und foin tigen S fallend während des ganzen Börsenverlaufs mit wenigen Reaktionen.
Waarenbericht. Baumwolle⸗Preis in New⸗York 851e, do. do. in New⸗Orleans 711⁄16, Petroleum Stand. white in New⸗ 6,95, do. do. in Philadelphia 6,90, do. rohes (in Cases) 7,85, do. get e line Certif. pr. Mai 125, Schmalz Western steam 5,0b, do. bhe & Brothers 5,30, Mais pr. Mai 34 ½ do. pr. e 33%. do. pr. Juli 35 ⅞, Rother Winterweizen 73 ½, Weizen pr. Mai 68 ¼, do. pr. Juni 68 ⅞, do. pr. Juli 68 ½, do. pr. tember 68 ⅛, Getreide⸗ fracht nach Liverpool 1 ⅛, Kaffee fair Rio Nr. 7 13 ½¼, do. Rio Nr. 7 pr. Juni 12,755 88,des de. 2get, 10h 5. Spring⸗Wheat elears 2,50, Zucker 3 ¾, Zinn ¹ eer 10,80.
Vifible S Pbshuen Weizen 55 519 000 Bushels, do. an
ais 11 3190 ushels. 88 — 4. Mai. (W. T. B.) Wie Richter Jenkins in Milwaukee haben nunmehr sämmtliche Fees, me ichter, deren Bezirke die erührt, das Verkaufs⸗Dekret decree of sale) vollzogen. Chicago, 4. Mas⸗ (W. T. B.) Weizen schwäͤchte sich ab während des ganzen Börsenverlaufs au geringe Nachfrage sowie a schwächere Krh⸗Perüt⸗ und auf günstiges Wetter. Im Ver machten sich wenige Reaktionen bemerkbar. — Mais durchweg sch auf günstiges Wetter.
— 88 pr. Mai 60 ¼, do. pr. Juni 61 ½. Mais pr. Mai 28. Schmalz pr. Mai 4,75, do. pr. Juni 4,87 ½.
Speck short
um Deutschen Reichs⸗Anzeige
4 107.
eite Beilag
Berlin, Dienstag, den 5. Mai
Parlamentarische Nachrichten.
Dem Hause der Abgeordneten ist die nachstehende Uebersicht über die dienstlichen Verhältnisse der An⸗ wärter für das Richteramt in den größeren deutschen Bundesstaaten und in Oesterreich zugegangen. A. Die größeren deutschen Bundesstaate Außer für Preußen liegt das entsprechende Material vor für die Königreiche Bayern, Sachsen, Württemberg, die Großherzogthümer Baden, Hessen, Mecklenburg, Sachsen⸗Weimar, das Herzogthum Braunschweig, die Freie Stadt Hamburg, sowie das Reichsland Elsaß⸗ Lothringen. Neben den einschlägigen Gesetzen und Verwaltungs⸗ anordnungen sind im Nachstehenden amtliche Mittheilungen der be⸗ treffenden Landes⸗Justizverwaltungen der Darstellung zu Grunde gelegt. I. Verhältniß zwischen der Zahl der vorhandenen An⸗ E“ Richteramt und dem Bedarf an solchen. reußen. Es betrug an Gerichts⸗Assessoren
der Abgang im Jahre 1895
der Bestand am 1. Januar 1896
im Ganzen
hre 1895 durch
zur Rechtsanwaltschaft Zugang Ernennung
der OHy
da
aus sonstigen ründen
der Bestand am 1. Januar 1895 durch erste etats⸗ andere Dienstzweige
mäßige Anstellung durch Zulassung durch Uebertritt in
im
1749] 234 179 70 19 502 500
Von den am 1. Januar 1896 vorhandenen 1747 Assessoren waren
gegen als Ver⸗ Diäten bei treter von Justiz. Rechts⸗ behörden anwalten
beschäftigt
1747 Gerichts⸗
also zusammen beurlaubt oder gegen Entgelt beschäftigt Zahl % Zahl — %
16 217 1019 58,33 728 41,67
Die Wartezeit von dem Bestehen der großen Staatsprüfung bis zur ersten Anstellung in einem Richteramt betrug in den letzten Jahren durchschnittlich b Jahre 5 Monate. 8
jie Zahl der Referendare betrug am 1. Juli Eö
1891 1892 28vZAAb Die Zahl der bei den juristischen Fakultäten der preußischen
unentgeltlich bei Justizbehörden beschäftigt
beurlaubt
Universitäfen *) immatrikulierten preußischen Staatsangehörigen betrug
im Winter⸗Semester 1886/87: 1828 1887/88: 2018 1888/89: 2094 1889/90: 2239 1890/91: 2242 1891/92: 2268 1892/93: 2358 1893/94: 2643 1894/95: 2841 1895/96: 3126
im Sommer⸗Semester 1886: 1552 1887: 1888: 1889: 1890:
1891: 1892: 1893: 1894: 1895: 2749
2,) Von den übrigen deutschen Staaten haben zur Zeit nur Bayern und Württemberg eine den Bedarf übersteigende Zahl von
Richteramts⸗Anwärtern.
In Bayern ist an die Stelle des in den Jahren 1889 bis 1892 beobachteten Mangels an geprüften Kandidaten seit dieser Zeit der Frand getreten, daß jährlich etwa doppelt soviel Kandidaten die Befaͤhigung zum Richteramt erwerben und sich dem Justiz⸗Staats⸗ dienst zuwenden, als die Sahr der jährlich zur Besetzung gelangenden Anssngaszeen beträgt. Einen Anlaß zu besonderen, den Zudrang einschränkenden Maßregeln hat die bayerische Regierung aus dieser Wahrnehmung jedoch nicht entnommen, da sie den Seeaeer en Andran nur als einen vorübergehenden Zustand betrachtet. hatsächlich i auch in den letzten drei Jahren die Zahl der an den bayerischen Universitäten dem Rechtsstudium obliegenden, in Bayern beheimatheten Kandidaten bereits wieder merklich zurückgegangen.
In Württemberg bönnen infolge der Ueberfüllung diejenigen Justiz⸗Referendare I. Klasse, welche sich dem Justiz⸗ Ministertum sär eine Verwendung im Justizdienst zur Verfügung stellen, nicht sofort nach Ablegung der zweiten Dienstprüfung zur Verwendung gelangen, sondern müssen durchschnittlich mehr als ein halbes Jahr warten.
Auch in der Mehrzahl derjenigen Staaten, in denen ein erheb⸗ licher e der fehr der Richteramtsbewerber über den Bedarf zur Zeit noch nicht besteht, wird für die nächsten Jahre ein Ansteigen der Zahl der geprüften Kandidaten infolge des gesteigerten Zudranges zum Vorbereitungsdienst erwartet. Im Königreich Sachsen wird dies voraussichtlich dahin führen, daß die für die Gerichte erforderlichen Hilfskräfte weniger als bisher aus den Referendaren und statt dessen vorwiegend aus der Zahl der Assessoren entnommen werden. In Braunschweig hat die Regierung bereits in den Jahren 1894 und 1895 öffentlich vor der Ergreifung des juristischen Studiums, soweit dabei der Eintritt in den dortigen Staatsdienst dertshag werde, gewarnt. Ein positiver Mangel an Bewerbern für das Richteramt besteht dagegen noch in Mecklenburg.
Der Zeitraum, der in der Regel zwischen dem Bestehen der zum Richteramt befähigenden Prüfung und der ersten Anstellung in einem etatsmäßigen Richteramt liegt, beträgt zur Zeit in
Bayern. . etwa 3—4 Jahre ürttem “ Baden. “ 2—4 Felen vW1“ 3—4 ecklenburg .. . 8 s Sachsen⸗Weimar... Braunschweig.. 1a.
.“ “ FeHe. 8 3 1 Uebrigens besteht in saͤmmtlichen betheiligten Staaten mit Aus⸗
nahme der Königreiche Sachsen und Württemberg eine gefonderte Vor⸗
*) Die Zahl der auf außerpreußischen Universitäten die Rechte studierenden Preußen ist nicht für eine fortlaufende Reihe von Semestern bekannt: im Studienjahr 1891/92 studierten von den auf den deutschen Universitäten vorhandenen preußischen Juristen 72,3 %, auf preußischen Universitäten, 27,7 4 auf anderen deutschen Universitäten. Hiernach würden im etwa 4050 Preußen die Rechte studiert haben.
P88E 11A1X1XA“
r und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
8
1896.
bereitung für den höheren Verwaltungsdienst neben der für den höheren Justizdienst nicht. 3 II. Dienstpragmatische Stellung und dienstliche Ver⸗ 9 „ wendung der Richteramts⸗Anwärter. reußen.
Die Gerichts⸗Assessoren werden ohne Rücksicht auf ihre Anzahl alsbald nach ihrer Ernennung einem Amtsgericht oder Landgericht oder mit ihrer Zustimmung einer Staatsanwaltschaft zur unentgeltlichen Beschäftigung überwiesen. Sie sind verpflichtet, gegen Gewährung einer Entschädigung die Verwaltung einer Amtsrichterstelle, die Stellung eines Hilfsrichters oder eines Hilfsarbeiters bei der Staats⸗ anwaltschaft zu übernehmen: abgesehen hiervon, ist ihre Versetzung von dem Orte ihrer unentgeltlichen Beschäftigung nur mit ihrer Zu⸗ stimmung zulässig. In disziplinarrechtlicher Beziehung werden sie als richterliche Beamte angesehen.
2) Bei den übrigen deutschen Staaten sind drei Hauptgruppen zu unterscheiden:
a. Am nächsten stehen den preußischen Fecöcttachsen die in Elsaß⸗Lothringen und beiden Mecklenburg. Hier ist die Beschäftigung der „Gerichts⸗Assessoren“, soweit sie nicht in andere Dienstzweige (insbesondere den Verwaltungsdienst, aber auch Gemeinde⸗ dienst u. s. w.) übertreten und beurlaubt werden, nach dem Vorbilde Preußens geregelt. Die Gerichts⸗Assessoren sind Beamte und genießen, wenn und solange sie bei einem Landgericht oder Amts⸗ gericht zur Befriedigung eines dienstlichen Bedürfnisses — also nicht lediglich zum Zweck ihrer eigenen Beschäftigung — als Richter fungieren, die dienstpragmatischen Rechte eines richter⸗ lichen Beamten, insbesondere in disziplinarrechtlicher Beziehung.
1 Im Königreich Sachsen ist es bisher möglich gewesen, alle Referendare, die sich nach dem Bestehen der Richteramtsprüfung zu dem Justizstaatsdienste gemeldet hatten, in diesem mit dem Titel Afsessor als Hilfsrichter oder als Hilfsarbeiter bei den Staats⸗ anwaltschaften zu verwenden. Dies wird voraussichtlich auch für die nächste Zeit noch durch die verstärkte Heraean der Assessoren zu der bisher von den Referendaren wahrgenommenen Hilfeleistung bei den Amtsgerichten und den Staatsanwaltschaften möglich sein. Die solchergestalt — hauptsächlich als richterliche Hilfskräfte für die Geschäfte der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit — verwendeten Assessoren sind zur Zeit nicht Staatsdiener im engeren Sinne des Wortes ¹), wohl aber Beamte und beziehen Remunerationen im Be⸗ trage von 150 bis 400 ℳ monatlich. Die Staatsdienereigenschaft erlangen sie erst mit ihrer v als Richter oder Staatsanwalt. Es besteht jedoch die Absicht, in nächster Zeit den Assessoren entweder sofort mit, oder doch wenigstens einige Zeit nach ihrer Annahme im Justizstaatsdienst die Staatsdienereigenschaft zu verleihen.
In Braunschweig sind nach 8 2 des Ausführungsgesetzes vom 1. April 1879 zum deutschen Gerichtsverfassungsgesetz die Gerichts⸗ Assessoren nicht als wirkliche Staatsdiener zu betrachten. Die Dienst⸗ und Geschäftsverhältnisse derselben bestimmt die Landes⸗Justizverwaltung, insoweit die Gesetze oder landesherrlichen Verordnungen keine aus⸗ reichenden Vorschriften enthalten. Sie werden von der Landes⸗Justiz⸗ verwaltung einem Amtsgericht, und zwar in der Regel dem Amtsgericht Braunschweig, dauernd zugewiesen und nach vorgängiger Beeidigung durch Uebertragung richterlicher Arbeiten in Gemäßheit näherer An⸗ ordnung der Landes⸗Justizverwaltung beschäftigt. Sie haben die ihnen übertragenen Arbeiten selbständig unter eigener Verantwortlichkeit zu erledigen. Sie sind verpflichtet, auf Anordnung der Landes⸗Justizverwal⸗ tung bei einem Landgericht oder bei einem Amtsgericht, welchem sie nicht dauernd zugewiesen wurden, als Hilfsrichter Aushilfe zu leisten, sowie die Stellung eines Hilfsarbeiters bei der Staatsanwaltschaft, ins⸗ besondere auch die Besorgung der den Amtsanwalten obliegenden Geschäfte zu übernehmen. In diesen Fällen ist ihnen eine nach all⸗ Fesen Grundsätzen festzusetzende Entschädigung und Ersatz der Reisekosten zu gewähren. Nach Beendigung des ihnen ertheilten Auf⸗ trags sind sie berechtigt, ihre Beschäftigung bei demjenigen Amts⸗ gericht aufzunehmen, welchem sie vor dem erhaltenen Auftrag dauernd zugewiesen waren. Die Disziplinarverhältnisse der Gerichts⸗Assessoren
nd in Braunschweig dahin geregelt, daß die für Richter maßgebenden
estimmungen auch auf Gerichts⸗Assessoren Anwendung finden, wenn und so lange dieselben als Richter fungieren; im übrigen können gegen sie Ordnungsstrafen nach Maßgabe der Bestimmungen über nicht richterliche Beamte angewandt werden, und entscheidet über ihre Ent⸗ fernung aus dem Staatsdienst ohne weiteres Verfahren diejenige ihnen vorgesetzte Amtsstelle, welche nach Maßgabe der bestehenden Vor⸗ schriften im bezüglichen Fall zuständig ist.
In Hamburg werden die Assessoren je nach Bedürfniß bei den Gerichten oder mit ihrer Zustimmung auch bei der Siaasf ehlcast oder der Verwaltung beschäftigt. Die Verwendung von Assessoren als Hilfsrichter kennt das dortige Gesetz nicht. Die Assessoren können also bei den Gerichten nur in engen Grenzen und nicht viel anders als die Referendare beschäftigt werden. Dagegen kann der Senat sie zu Vertretern eines Staatsanwalts bestellen. Für ihre Dienstleistungen erhalten die bei den Gerichten oder bei der Staatsanwaltschaft fun⸗ ierenden Assessoren eine Vergütung von monatlich 200 bis 400 ℳ Benscgtt des Urlaubs unterliegen die Assessoren, je nachdem sie beim
ericht, bei der Staatsanwaltschaft oder bei der Verwaltung be⸗ schäftigt sind, denselben Bedingungen wie die Richter, beziehungsweise die Staatsanwalte oder die Verwaltungsbeamten. Hinsichtlich der Disziplin dagegen Fhdet das für die Richter angeordnete Disziplinar⸗ verfahren auf sie Anwendung. Sie sind also, wie aus dieser letzt⸗ erwähnten Bestimmung hervorgeht, richterliche Beamte. b. Während in den vorgenannten Staaten die Stellung der zum Richteramt befähigten Anwärter für den höheren Justizdienst sich der richterlichen Stellung in dienstpragmatischer Beziehung, sowie hin⸗ der Beschäftigung mehr oder weniger annähert, behalten sie
n anderen Staaten, ungeachtet der erlangten Befähigung zum Richter⸗ amt, zunächst die Eigenschaft bloßer Vorbereitungsdiener, wodurch eilich ihre zeitweilige Verwendung in richterlichen Funktionen nicht chlechthin ausgeschlossen wird. 1G
In EIööö“ werden diejenigen Kandidaten des höheren Justizdienstes, welche die zweite juristische Prüfung mit Erfolg be⸗ standen und somit die Befähigung zum Richteramt erworben haben, Justiz⸗Referendare I. Klasse genannt. Sie haben, so lange sie nicht im Justizdienst verwendet sind, keinerlei Beamtenstellung. Erst durch eine Verwendung im Justizdienst erlangen sie für die Dauer dieser Verwendung die .Sb von Beamten, Pdoch nur in beschränkter Weise (Artikel 1 und 118 des Beamtengesetzes vom 28. Juni 1876). Insbesondere findet auch während dieser Verwendung keine Anwendung auf die Justiz⸗ Referendarien I. Klasse die Vorschrift des Beamtengesetzes, wonach der Entfernung eines Beamten vom Amt ein förmliches Disziplinar⸗ verfahren voranzugehen hat. Vielmehr können sie durch das Justiz⸗ Ministerium jederzeit und ohne Disziplinarverfahren wieder entlassen werden. Soweit ihre Verwendung im Justizdienst erfolgt, fungieren die Justiz⸗Referendare I. Klasse als Hilfsarbeiter der Staatsanwalt⸗ schaft, als Amtsanwalte, als stellvertretende Amtsrichter oder als Hil ge⸗ bei Amtsgerichten. Bei Landgerichten werden niemals 8e tiz⸗Referendare I. Klasse, sondern aus Hließlich Amtsrichter als
ilfsrichter verwendet. Nur wenige Justiz⸗Referendare I. Klasse suchen und finden ausnahmsweise Verwendung im Gerichtsschreiberdienst.
¹] § 1 des Gesetzes, die Verhältnisse der Zivil⸗Staatsdiener be⸗ treffend, vom 7. März 1835. 8 8 4
In Baden werden die in der zweiten Prüfung bestandenen Rechtspraktikanten zu Referendaren ernannt und erhalten eine Urkunde hierüber. Diejenigen Referendare, welche die erste oder doch die zweite
rüfungsnote erhalten haben, sollen in Bezug auf Verwendung im taatsdienst vorzugsweise berücksichtigt werden. 1
Die Verwendung erfolgt in der streitigen Gerichtsbarkeit als Dienstaushilfen oder Dienstverweser bei Amtsgerichten, als Gehilfen in den Sekretariaten der Landgerichte, des Ober⸗Landesgerichts und auch des Ministeriums, als Amtsanwalte und Gehilfen der Staats anwaltschaften, sowie als Stellvertreter der Staatsanwalte. Di Amtsanwaltschaft ist ausschließlich mit Rechtspraktikanten und Refe rendaren besetzt. Eine Verwendung der Referendare als Hilfsrichter bei Landgerichten ist gesetzlich ausgeschlossen.
Auch die nicht verwendeten Referendare haben sich übrigens bei einer Justiz⸗ oder Verwaltungsbehörde, bei einem Anwalt oder bei einem Notar praktisch zu beschäftigen und dem Justiz⸗Ministerium von der Art ihrer Beschäftigung jeweils Anzeige zu erstatten. That⸗ sächlich kommt eine Beschäftigang ohne Vergütung zur Zeit kaum vor. Die Disziplinargewalt über Rechtspraktikanten und Referendare steht zunächst den Behörden, bei welchen dieselben beschäftigt sind bezw. deren vorgesetzten Oberbehörden zu.
Das Justiz⸗Ministerium ist ermächtigt, Rechtspraktikanten und Referendaren die durch die Prüfung erlangte Befähigung zur Praxis und Anstellung wegen unwürdigen Verhaltens auf bestimmte Zeit oder für immer zu entziehen.
In Hessen kann den zum Vorbereitungsdienst (Acceß) zu⸗ gelassenen Rechtskandidaten (Accessisten) der Acceß wegen disziplinarer Verfehlungen nach Anhörung der Disziplinarkammer des Land und verantwortlicher Vernehmung des Accessisten durch Entschli des Ministeriums des Innern und der Justiz im Wege der Disziplinar⸗ bestrafung dauernd oder auf Zeit wieder entzogen werden. Die ge⸗ prüften Gerichts⸗Accessisten (Gerichts⸗Assessoren) sind ihrer dienst⸗ pragmatischen Stellung nach nicht als Beamte anzusehen. Sie sollen
bis zu ihrer endgiltigen Anstellung zunächst bei einer Justiz⸗ Behörde oder einem Rechtsanwalt im weiteren Vorbereitungsdienste beschäßisen und werden dann im Gerichtsschreiberdienst bei den Kollegialgerichten (als Hilfs⸗Gerichtsschreiber), als Amtsanwalte später auch in Fällen vorübergehenden Bedürfnisses einer Aushilfe⸗ leistung bei den Staatsanwaltschaften und Amtsgerichten, als Staats⸗ anwalte und Amtsrichter kommissarisch gegen Remuneration verwendet, bis ihre Anstellung in einer etatsmäßigen Stelle erfolgen kann. 8 u als Hilfsrichter bei Landgerichten ist gesetzlich aus⸗ geschlossen.
In Sachsen⸗Weimar findet die Beschäftigung der jungen Leute, welche die zweite juristische Prüfung bestanden haben, unter thunlichster Berücksichtigung der Wünsche Heeshr bei Justiz⸗ als bei Verwaltungs⸗ behörden statt. Die den Justizbehörden zugewiesenen Gerichts⸗Assessoren werden vielfach als Hilfsrichter bestellt. Die Gerichts⸗Assessoren ge⸗ kicßen die Stellung als Beamte nicht. Sie unterliegen der Ent⸗ lassung durch das Großherzogliche Staats⸗Ministerium, falls dieses zu soscher Verfügung sich durch das Verhalten des betreffenden Gerichts⸗
ssessors bestimmt findet. c. In Bayern haben die geprüften Rechtspraktikanten, welche sch um Anstellung als Richter, Staatsanwalt, Notar oder Gerich chreiber bewerhen, nach der II. Prüfung, bis zur Anstellung die Praxis bei einem Ober⸗Landesgeri t, einem Landgericht, bei der Staats⸗ anwaltschaft an einem dieser Gerichte, bei einem Amtsgericht, bei einem Rechtsanwalt oder Notar fortzusetzen; auch können dieselben als Hilfsarbeiter in das Saats⸗Ministerium der Justiz berufen oder bei einer Kammer des Landtags verwendet werden.
Die Zahl der bei einem Gericht oder bei einer Staatsanwaltschaft aufzunehmenden veecfen Rechtspraktikanten richtet sich nach der Möglichkeit ihrer zweckmäßigen und vollständigen Beschäftigung. Die Bewilligung zum Eintritt in die Praeis bei einem Amts ericht von dem mit der Dienstaufsicht betrauten Ober⸗Amts⸗ richter, bei einem Ober⸗Landesgericht oder Landgericht von dem Präsidenten dieses Gerichts, bei der S von deren Vorstand vorbehaltlich der Aufsicht der vorgesetzten Stellen und Be⸗ hörden ertheilt. 8 Richterliche Geschäfte dürfen nach den in Bayern geltenden gesetz⸗ lichen Bestimmungen von Ureten Rechtspraktikanten nicht werden. Infolge dieses Umstandes ist die Möglichkeit einer . wendung von geprüften Rechtspraktikanten zur Bewältigung des laufenden Dienstes bei den Justizbehörden eine ziemlich beschränkte.
Eine Anzahl von geprüften Rechtspraktikanten wird als Hilfs⸗ Arbeiter bei den Kollegial⸗Gerichten, insbesondere zur Unte un der Ober⸗Landesgerichts⸗ und Landgerichts⸗Präsidenten in den Präsidial⸗ Geschäften, eine weitere Zahl bei den Amtsgerichten, vorzugsweise zur Unterstützung der Richter in den Geschäften der nichtstreitigen Rechts⸗ pflege (insbesondere bei Hypothekenbereinigungsarbeiten), dann als
llss Arbeiter bei den Staatsanwaltschaften beschäftigt und für diese ienstleistungen remuneriert. In der Pfalz hat eine Anzahl von Rechtspraktikanten als Amtsanwalte bei den Amtsgerichten bezahlte xx efunden. 8
Die aeeh der geprüften Rechtspraktikanten, welche zum Justiz⸗Staatsdienste adspirieren, praktiziert zur Zeit ohne Bezahlung bei den Justiz⸗Behörden, wobei jedoch diese Behörden zur Bewältigung des laufenden Dienstes auf die Hilfe dieser geprüften Rechtspraktikanten nicht angewiesen sind.
Eine namhafte Zahl sucht auch vorübergehend Beschäftigung als bezahlte Hilfs⸗Arbeiter bei Amtsanwalten und Notaren.
Mit N t auf diese Verhältnisse und um den Justizdienst⸗ Adspiranten baldigst eine bezahlte Stellung schon vor ihrer Aufstellung als Richter zu verschaffen, hat man in Bayern von jeher je nach der Zahl der vorhandenen Staatsdienst⸗Aspiranten eine größere oder peringer⸗ Zahl die Stellen als Gerichtsschreiber bei den Amts⸗ und
andgerichten mit n Rechtspraktikanten besetzt. Diese Uebung ist dermalen in Anbetracht der übergroßen Zahl von geprüften Rechts⸗ praktikanten eine so allgemeine geworden, daß weitaus der größte Theil der eprüften Rechtspraktikanten vor der Anstellung als Richter zum Gerichts⸗ egsedg-⸗. wird und in dieser Stellung 1 bis 2 Jahre verbleibt. Hier⸗ nach nehmen die prüfte Rechtspraktikanten als solche eine eigent⸗ liche dienstpragmatische Stellung nicht ein. Nur in so weit sie als Gerichtsschreiber wirkliche Anstellung gefunden haben, oder soweit ihnen funktionsweise ein Amt übertragen ist — wie den Amtsanwalten in der Pfalz oder den etwa vorübergehend mit der Wahrnehmung von Geschäften von nichtrichterlichen Beamten betrauten geprüften ts⸗ praktikanten — sind sie als Beamte zu erachten. . III. Auswahl der “ für das Richteramt. Preußen. Die Zulassung zum Vorbereitungsdienst erfolgt durch die Er⸗ nennung zum Referendar. Diese wird — abgesehen von dem Be⸗ stehen der ersten Prüfung — lediglich davon abhängig gemacht, daß a. der Kandidat den überzeugenden Nachweis erbringt, daß ihm für die Dauer von 189 5 die zum standesgemäßen Unter⸗ halt erforderlichen Mittel gesichert sind b. keine Thatsachen vorliegen, welche die Ueberzeugun begründen, daß der Kandidat der Peh.s zum höheren Vustizvienft un⸗ würdig erscheint. Für den Bezirk eines einzelnen Ober⸗Landesgerichts kann der Antrag auf Zulassung zum Vorbereitungsdienst auch aus dem Grunde abgelehnt werden, weil die Zahl der zugelassenen Referendare in
jenem Bezirk bereits eine so große ist, daß eine ausreichende Beschäfti⸗