Spitzen der staatlichen des Beurlaubtenstandes, die von den verschiedenen Schulen entsandten Lehrer und Schüler, ferner der Sängerchor des Lehrervereins und die Sänger des Frankfurter Liederkranzes eingefunden.
Wenige Minuten vor 11 ½ Uhr verkündeten brausende Hochrufe von der Bockenheimer Straße her das Nahen Ihrer Majestäten. Die vor dem Opernhause, mit der Front gegen das Denkmal, Truppen präsentierten unter den Klängen des Praͤsentiermarsches, und unter den Fanfaren der Husaren fuhr der sechsspännige Galawagen am Kaiserzelt vor, wo die Mitglieder des Denkmals⸗
Ausschusses mit dem Ober⸗Bürgermeister Adickes an der Spitze zum Empfange bereit standen. In weiteren Wagen folgten
hre Königliche Hoheit die Landgräfin⸗Mutter von essen,
eine Hoheit der Prinz Friedrich Karl und Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Margarethe von Hessen, sowie das Gefolge, in dem sich auch der ehemalige Ober⸗Bürgermeister, Ehrenbürger der Stadt Frankfurt, Finanz⸗Minister Dr. Miquel befand. Sechs Ehrenjungfrauen überreichten den Majestäten und den Prinz⸗ lichen Herrschaften prachtvolle Bouquets, worauf die Allerhöchsten Herrschaften nach huldvollen Worten des Dankes Sich, von end⸗ losem Jubel begrüßt, in das mit Gobelins geschmückte und von einer Kaiserkrone überragte Kaiserzelt begaben. Seine Majestät der Kaiser trug kleine Generals⸗Uniform mit dem Bande des Schwarzen Adler⸗Ordens. Ihre Majestäten dankten huldvollst durch mehrfache Verbeugungen und erwiderten besonders herz⸗ lich die ehrfurchtsvolle Begrüßung des Ober⸗Bürgermeisters Adickes, der sich von Seiner Majestät die Erlaubniß zum Beginn der Feier erbat. 1
Machtvoll erklangen die von Männerchören gesungenen markigen Accorde der von Felix Dahn gedichteten und vom Musik⸗Direktor August Gluck komponierten Hymne „Macte senex imperator“ über den weiten Festplatz. Nachdem der Chorgesang, welchen der Komponist selbst dirigierte, verklungen war, trat Ober⸗Bürgermeister Adickes vor das Kaiserzelt und hielt eine Ansprache an Ihre Majestäten.
Er dankte Allerhöchstdenselben zunächst für die hohe Ehre, welche der Stadt Frankfurt durch diesen Besuch erwiesen worden sei, und schil⸗ derte sodann die Begeisterung, die vor 25 Jahren das Volk erfaßte, als die Kunde von dem Abschluß des Frankfurter Friedens die Welt durchdrang. Auch heute erfülle sich die Seele wieder mit den Bildern jener Tage. Die Erinnerung sei um so mächtiger, als das Deutsche Reich diese 25 Jahre hindurch sich als Bollwerk des Friedens er⸗ wiesen habe. Bei dem Rückblick auf jene glorreichen Tage müsse man in erster Linie des Großen Kaisers Wilhelm I. gedenken, unter dessen Führung das deutsche Volk mit einem Schlage auf die ihm gebührende Stellung erhoben wurde, und die ihm das gab, was die Besten so lange ersehnt hatten: die stolze Freude am Vaterlande. Redner schilderte sodann mit begeisterten Worten die Gestalt des Großen Kaisers, den trotz herber Ent⸗ täuschungen das schöne Gleichmaß der Seele niemals verlassen habe und der für alle Klassen des Volkes zu sorgen bemüht war: er, der ‚keine Zeit hatte, müde zu sein“. „Wie kein Anderer’“, fuhr Redner fort, „war Kaiser Wilhelm I. berufen und befähigt, die alte und die neue Zeit zu versöhnen und dem preußischen Staat die neuen Glieder mehr und mehr zu gewinnen. Die allgemeine Liebe und Verehrung, welche dem großen Heldenkaiser während seines Lebens gezellt wurde, kam, wie überall, auch in Frankfurt nach seinem Tode zum Ausdruck. In einmüthiger Begeiste⸗ rung wurde der Beschluß gefaßt, als bleibende Huldigung für ihn ein Reiter⸗Standbild zu errichten, für ihn, den letzten Wahlkaiser, in dem zugleich zum ersten Mal die in der Noth der Zeiten langsam gereifte, stürmisch bekämpfte und end⸗ lich alles überwindende Idee des Erbkaiserthums der Hohenzollern Gestalt gewann, welche dann in den erschütternden Schlägen des schweren Jahres, in dem der Hochselige Kaiser und sein früh gestorbener ritterlicher Sohn zugleich von uns schieden, durch Eure Majestät so bald und so sieghaft ihre Kraft bewähren sollte.“
Sodann dankte Ober⸗Bürgermeister Adickes allen denen, die zum Gelingen des Kunstwerks beigetragen, vor allem dem Schöpfer des⸗ selben, Bildhauer Buscher, und schloß, nach dem Denkmal gewendet: „Und nun tritt hervor, ehrwürdige Gestalt des großen Herrschers, dem, Friede bringend, der Sieg voranschreitet und dem Kunst und Gewerbe gleichwie Vertreter des Bürgerthums begeistert huldigen. Mögest du alle Zeit auf Geschlechter herabschauen, die dein Werk in Treue hüten und in deinem Geiste weiterbauen!“
Unter dem begeisterten Jubel der Festversammlung senkte sich nunmehr die in Frankfurter Stadtfarben gehaltene Hülle angsam zur Erde, die Truppen präsentierten, und Seine Majestät sowie alle anwesenden Ofsiziere erwiesen dem ehernen Bildniß des Hochseligen Kaisers den militärischen Ehrengruß.
Nach der Enthüllung des Denkmals richtete Seine Majestät der Kaiser, dem „W. T. B.“ zufolge, nachstehendes Telegramm an den Fürsten von Bismarcknach Friedrichsruh:
„Der Frankfurter Frieden, welcher vor 25 Jahren geschlossen und dessen Erinnerung soeben durch Enthüllung einer Reiter⸗Statue für den in Gott ruhenden Kaiser Wilhelm den Großen in weihevoller Weise gefeiert wurde, bildet den Abschluß einer gewaltigen Zeit, in welcher Deutschland seine Einigkeit und Größe, sowie die ihm im Rathe der Völker gebührende Stellung wiedererrang. Welche unver⸗ geßlichen Verdienste Sie, Mein lieber Fürst, sich hierbei erworben, Ihnen heute von Neuem in Dankbarkeit und Verehrung auszusprechen, ist Mir Bedürfniß und Pflicht. Neben dem Namen des großen Kaisers Wilhelm wird der Name seines großen Kanzlers in der Ge⸗ schichte allezeit glänzen, und in Meinem Herzen wird das Gefühl unauslöschlicher Dankbarkeit gegen Sie nie ersterben.
Wilhelm. I. R.“
Hierauf ging folgendes Antwort⸗Telegramm des Fürsten an Seine Majestät den Kaiser ein:
„Eure Majestät haben mich durch die huldvolle und erinnerungs⸗ reiche Begrüßung vom heutigen Tage hochgeehrt und beglückt, und ich bitte Allerhöchstdieselben, meinen ehrfurchtsvollsten Dank dafür Eurer Majestät zu Füßen legen zu dürfen.“
Das Denkmal, ein Werk des Düsseldorfer Bildhauers Clemens Buscher, zeigt auf granitnem Sockel die fast 5 m hohe Reiterfigur Kaiser Wilhelm’'s I. Der Kaiser ist in schlichter Haltung, wie er in der Erinnerung des Volkes lebt, bekleidet mit dem Millitärmantel, dar⸗ gestellt. An der Vorderseite des Hauptsockels er⸗ blickt man drei Figuren: eine stehende, den Friedensgenius, und zwei sitzende, Kunst und Industrie darstellend. An der Rückseite erhebt sich die Gestalt der „Francofurtia“, die Reichs⸗
nsignien beschirmend. Den Schöpfer des Denkmals ließ ich Seine Majestät der Kaiser durch den Ober⸗Bürgermeister Adickes vorstellen. “
Den Schluß der Denkmalsfeier bildete die von den beiden Männerchören gesungene Hymne „Friede“, gedichtet von Geor Lang und komponiert von Max Meyer⸗Olbersleben. Na Beendigung des Gesanges brachte die Festversammlung abermals begeisterte Hochrufe aus, worauf die Allerhöchsten Herrschaften Sich auf den Opernplatz begaben. Dort nahm Seine Majestät der Kaiser die Parade über die Truppen ab. Den Vorbei⸗
nd städtischen Behörden, die Offiziere
marsch, der in Zügen erforgte eröffnete die vom 2. Groß⸗ herzoglich Hessischen Infanterie⸗Regiment Nr. 16 gestellte Ehrenkompagnie. Es folgte das 81. Infanterie⸗Regiment einschließlich zweier riegsstarker Kompagnien der eegenwärtig übenden Reserven und schließlich das gesammte 18 Husaren⸗Regiment zu Pferde. Nach dem Vorbeimarsch richtete Seine Majestät huldvolle Worte an die Regiments⸗ kommandeure und führ sodann mit Ihrer Majestät unter be⸗ geisterten Hochrufen der zahlreichen Menge, welche die Lanze via triumphalis flankierte, nach Allerhöchstihrem Absteige⸗ quartier, dem Hotel „Zum Schwan“. “
Um 1 ¼ Uhr begaben Sich Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, einer Einladung der Landgräfn gtter von Hessen folgend, nach der Savignystraße zum Frühstück, wäh⸗ rend das Kaiserliche Gefolge im Hotel „Zum Schwan“ ein von der Stadt Frankfurt dargebotenes F. ge einnahm. Ihre Kaiserlichen Majestäten kehrten um 3 ¾ Uhr zurück. Kurz darauf besuchte Ihre mna den Dom, während Seine Majestät eine Ausfahrt nach dem im öö Stadtwalde belegenen Forsthause machte, von wo Allerhöchstderselbe Sich um 4 Uhr 20 Minuten nach dem Hotel „Zum Schwan“ zurückbegab.
Um 5 Uhr begann das Festmahl im Palmengarten. Der Saal war prächtig mit Draperien und Blumen⸗ gewinden geschmückt; vor der südlichen Längsseite, an welcher sich unter einem mit Theerosengewinden ge⸗ schmückten Baldachin die Plätze für Ihre Majestäten befanden, war die Aussicht auf das geöffnete Palmenhaus freigelassen. Seine Majestät der Kaiser nahm zur Rechten Ihrer Majestät der Kaiserin Platz. Links neben Ihrer Majestät der Kaiserin saßen der Landgraf von Hessen, die Frinäfffin Friedrich Karl von Hessen und der Finanz⸗ Minister Dr. Miquel. Neben Seiner Majestät dem Kaiser “ die Landgräfin⸗Mutter von Hessen, der Prinz Friedrich arl und die Prinzessin Sybille von Hessen Platz genommen. Den Majestäten gegenüber saß der Ober⸗Bürgermeister Adickes, sn dessen Linken der Ober⸗Präsident von Hessen⸗ Nassau, Magdeburg und der Bürgermeister Heußenstamm; zur Rechten der kommandierende General des XI. Armee⸗ Korps von Wittich, der Stadtverordneten⸗Vorsteher, Justiz⸗ Rath Dr. Humser und der Kommandeur der 21. Division, General⸗Lieutenant von Roon. Seine Majestät der Kaiser trug die Uniform der Gardes du Corps. Nach dem ersten Gang richtete der Ober⸗Bürgermeister Adickes eine Ansprache
an Ihre Majestäten: 1 Er wies darin auf die Allerhöchstdenselben dargebrachten be⸗ eisterten Huldigungen hin und führte dann weiter aus: Seine Ma⸗ jestät der Kaiser sei der Träger aller der großen, von den glorreichen Ahnen überkommenen Traditionen, der Besitzer und Hüter eines reichen vererbten Schatzes von Vertrauen im Auslande, von Liebe und Hin⸗ gebung im eigenen Volke und zugleich die feste, auf sich selbst beruhende, mit der Gegenwart und ihren Bedürfnissen in engster Füseese stehende Herrschergestalt. Möchte es Seiner Majestät dem aiser auch in Zukunft beschieden sein, des Friedens kostbares Gut in Ehren hüten zu können und trotz Parteiklüftungen und Gegensätzen den Weiterausbau des Reichs zu fördern und auch die widerstrebenden Herzen mehr und mehr zu gewinnen.
Redner gab dann noch in herzlichen Worten den Segens⸗ wünschen für das Kaiserliche Paar Ausdruck und schoß mit einem Hoch auf Ihre Majestäten, in welches die Festversamm⸗ lung begeistert einstimmte.
Seine Majestät der Kaiser erwiderten auf diesen Trinkspruch mit folgender Rede:
„Mein verehrter Ober⸗Bürgermeister! Wer wollte es Mir heute verdenken, an einem solchen Tage und umrauscht von solchem Jubel, wenn Mein Herz besonders bewegt wäre! Denn es ist selten einem Volke gegeben, ein solches Fest zu feiern, wie wir heute, und an einem solchen Tage wie dem heutigen. Wo an diesem Tagedeutsche Herzen schlagen, ist der Germane auf das Knie gesunken und hat seinem Schöpfer Dank dargebracht, daß unter seiner Hut das Vaterland sich wieder geeint hat. Wie es einer alten Kaiser⸗ und Krönungsstadt ziemt, in wür⸗ diger und patriotischer Weise, so hat die Stadt Frankfurt den heutigen Tag erfaßt und gefeiert. Innigen Dank seitens der Kaiserin und von Mir sage Ich für Ihre freundschaftlichen Worte und den herrlichen Empfang, den Uns Ihre Blürgerschaft bereitet hat. Vor allem aber muß Ich dafür danken, daß Sie in richtiger Erkenntniß der Bedeutung des heutigen Tages denselben ein⸗ geleitet haben mit der Feier der Enthüllung des Denkmals Meines verewigten Herrn Großvaters; denn wohl geziemt es sich, an dem Tage der Friedensfeier auf Seine Figur zurückzublicken. Es schweift unser Blick hin zu der Zeit, wo der junge Herr in schwerer Bedrängniß an der Seite Seiner Mutter und Seines schwergeprüften Vaters ferne im Osten weilte, und wir erkennen aus dem prüfungsreichen Gange dieses Hohen Herrn, wie der allmächtige Schöpfer Herrscher und Volk führt, um das Rüstzeug zu bilden, welches endlich der Welt den Frieden zurückgeben sollte. Die Jahre gingen über das Leben des Hohen Herrn hin, und schwere Prüfungszeiten in gereiftem Mannesalter, wobei anderer Menschenkinder Leben schon zu Ende geht, waren Ihm beschieden, um erst an den Anfang Seines Ruhmes zu kommen. Unser aller Blicken steht vor Augen jener Augenblick, als Er zu Königsberg, das König⸗ thum von Gottes Gnaden neu betonend, das Szepter in der einen, das Reichsschwert in der andern Hand, nur Gott die Ehre gab und von ihm Sein Amt übernahm. Er ist damit zu dem auserwählten Rüst⸗ zeug geworden; aber nicht nur das, sondern auch zum Vorbilde für uns Andere, zum Vorbilde für alle Monarchen, die nur dann etwas für ihr Volk und mit ihrem Volk erreichen können, wenn sie fest darauf gegründet sind, daß ihr Amt, vom Himmel ihnen verliehen, sie auch dazu zwingt, dereinst dem Himmel dafür Rechen⸗ schaft zu geben. Nach unvergleichlichen Erfolgen, die Ihm vergönnt waren, wurde Ihm die Freude in Seinem Alter beschieden, Sein deutsches Volk geeint hinter Sich zu sehen; es wurde Ihm gewährt ein sonniges Greisenalter auf dem Thron des neugeeinten Vaterlandes. Darum danke Ich Ihnen als Sein Enkel. Und noch ein Wort des Dankes für das Instrument, mit dem Er uns das Reich erwarb, mit dem Er Sich die Kaiserkrone schmiedete, für unsere Armee. Er schuf Sich dieses Instrument, Er sorgte, Er kämpfte für sie; sie hat Ihm nie versagt, und sie hat das geleistet, was wir jetzt bewundernd vor uns sehen; sie hat nach glorreichem Kriege durch ihre Vollendung, die sie in der Hand des alten Meisters erreichte, unserem Volke, Europa, der Welt 25 Jahre des Friedens gebracht. Und so hoffe Ich, daß ein Jeder von Ihnen auch mit Mir darin übereinstimmen wird, daß es unsere Pflicht ist, unser Volk in Waffen hochzuhalten, zu achten und zu ehren und es fern zu halten von allen Parteiungen und allem Eingreifen politischer Doktrinen. Sie
bleiben fern von ihr! Das Heer und der Allerhöchste Kriegsherr stehm b
da allein für die Sicherheit des Reichs und den Frieden der Welt. Dankbaren Herzens für den, der uns dieses Geschenk machte, hoffe Ich, daß uns nun auch ferner eine Friedenszeit von 25 Jahren beschieden sei, daß in diesem Frieden das Reich sich ausbauen und gleich dieser Stadt als ein Produkt des Friedens in höchstem Glanz sich entfalten möge. Von Herzen habe Ich Mich ge⸗ freut über den Anblick des herrlichen Frankfurt, dank der Unternehmungslust seiner Bürger, dank auch seinem früheren berühmten und seinem jetzigen Bürgermeister. Ich spreche die Hoffnung aus, daß es der Stadt Frankfurt beschieden sein möge, wie Meinem ganzen Volke und Vaterlande, noch ferner in langer Friedenszeit sich zu entwickeln, daß auch wie bisher der deutsche Michael in goldener Wehr strahlend, vor dem Thore des Friedenstempels der Welt stehend, dafür sorgen wird, daß niemals irgend ein böser Geist im stande sei, den Frieden unseres Landes ungerecht zu stören. So erhebe Ich denn Mein Glas und trinke es auf das Wohl der Stadt Frankfurt. Sie lebe hoch! und nochmals hoch! und zum dritten Mal hoch!“
Nach dem Festmahl begaben Sich Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin zu der Festvorstellung nach dem Opernhause. Bei dem Erscheinen daselbst wurden Allerhöchstdieselben von dem Ober⸗Bürgermeister Adickes, dem Theater⸗Intendanten Claar, dem Verwaltungs⸗ rath und der Direktion empfangen. Beim Eintritt der Majestäten in die Loge brachte der Stadtverordneten⸗Vor⸗ steher, Justiz⸗Rath Humser ein Hoch auf Allerhöchstdieselben aus; das Orchester intonierte die Nationalhymne, die das Publikum stehend anhörte. Nach der Weber'schen über Ouvertüre“ wurde ein von dem Intendanten Claar verfaßter Prolog vorgetragen, welcher die Bedeutung des Tages hinwies. Dann folgte die Darstellung des letzten Akts der Wagner'schen Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“. Nach Sluß der Vorstellung begaben Sich Ihre Majestäten in das Foyer, wo Sich die Kaiserin eine Anzahl Damen vorstellen ließ.
Um 10 Uhr verließen Ihre Majestäten das Opernhaus und unternahmen eine Rundfahrt dunch die glänzend erleuchtete Innenstadt. Sodann begaben Sich Allerhöchstdieselben nach dem Hauptbahnhof, wo der Finanz⸗Minister Dr. Miquel, der Ober⸗ Bürgermeister Adickes, die Generalität und der Polizei⸗Prä⸗ sident Müffling zur Verabschiedung anwesend waren.
Um 10 Uhr 25 Minuten reiste Ihre Majestät die Kaiserin nach Potsdam ab, und um 10 Uhr 30 Minuten erfolgte di Abreise Sr. Majestät des Kaisers nach Wiesbaden. .“ vW1A4“*“; v“
1
Seine Maäjestät der Kaiser und König haben mittels Allerhöchster Urkunde vom 16. April d. J. dem er⸗ wählten Bischof, bisherigen Bisthumsverweser Dr. Theodor Weber in Bonn die nachgesuchte landesherrliche Anerkennung Allergnädigst zu ertheilen geruht. Die Urkunde ist am 5. Mai d. J. durch den Ober⸗Präsidenten der Rheinprovinz dem Bischof Weber ausgehändigt worden, nachdem derselbe den Bischofseid nach der durch Seine Majestät den Kaiser
und König für diesen Fall genehmigten Formel abgeleistet hat.
8 6
EE11“
Der Bundesrath versammelte sich heute zu einer Plenar⸗ Das Staats⸗Ministerium trat heute Nachmittag
3 Uhr unter dem Vorsitz des Vize⸗Präsidenten, Staats⸗
Ministers Dr. von Boetticher im Reichstagsgebä
einer Sitzung zusammen. 5
Der Wirkliche Geheime Ober⸗Baurath im Reichs⸗Eisen⸗
bahnamt Streckert ist aus Süddeutschland zurückgekehrt 8 Sb 8— 1 88
“
Laut telegraphischer Meldungen an das Ober⸗Kommando der Marine ist S. M. S. „Bussard“, Kommandant Kor⸗ vetten⸗Kapitän Winkler, am 9. Mai auf der Reise nach den Schutzgebieten in Cooktown angekommen und wird am 12. Mai die Reise fortsetzen; S. M. S. „Kaiser“ — Flaggschiff der Kreuzer⸗Division, Chef Kontre⸗Admiral Hoffmann —, Kommandant Kapitän zur See Jaeschke, ist am 9. Mai in
8
Nagasaki angekommen.
Die gestrige Friedensfeier in München nahm einen überaus glänzenden Verlauf. Dieselbe wurde durch Festmusik vom Balton des Rathhauses eingeleitet. Um 9 Uhr Vor⸗ mittags fand in der Frauenkirche ein Festgottesdienst statt, welchem Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent mit sämmtlichen in München weilenden Prinzen beiwohnte. Den Mittelpunkt der Feier bildete die Grundsteinlegung des Friedens⸗ Denkmals auf der Prinz⸗Regenten⸗Terrasse. Diestudentischen Kor⸗ porationen, Veteranenvereine und die Schuljugend bildeten auf den prächtigen Zugängen zur Terrasse Spalier. Auf der Terrasse selbst war ein Festpavillon errichtet, in welchem die Prinzessinnen des Königlichen Hauses Platz nahmen. Dort fanden sich ferner ein: die Gesandten der deutschen Bundes⸗ staaten, die Minister, die Generalität, die aktiven Offiziere, welche den Feldzug von 1870/71 haben, die in⸗ validen Offiziere und die Spitzen der Behörden. Um 12 Uhr erschien Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent mit den Prinzen des Königlichen Hauses am Fuße der Terrasse, woselbst sie von den Vertretern der aktiven Armee, der Veteranen und der Stadt München begrüßt wurden. Der Prinz⸗Regent ritt die Front der Veteranenvereine ab und richtete dabei an viele Veteranen Ansprachen. Nachdem der Prinz⸗Regent sich auf die Terrasse begeben, hielt der Ober⸗Bürgermeister Borscht die
estrede, worin er die Segnungen des nunmehr 25 jährigen
riedens pries und ein Hoch auf den Prinz⸗ 5 aus⸗ brachte. Unter Kanonendonner und dem Geläut sämmtlicher Glocken der Stadt vollzog sodann der Prinz⸗Regent die Grund⸗ steinlegung des Friedens⸗Denkmals und sprach bei den TE den Wunsch aus, daß die Stadt München in Frieden gedeihen und bluͤhen möge. Den Schluß der Feier
bildete die Bekränzung des Grundsteins durch Kinder ver⸗
storbener Veterane
bestätigen.
Später folgte ein Vorbeimarsch der Veteranenvereine. Abends fanden in allen Theatern Fest⸗ vorstellungen statt. Weitere Friedensfeiern werden noch aus Augsburg, Nürnberg und zahlreichen anderen bayerischen Städten gemeldet. nr Aus Anlat der Feier hat Seine Königlice Hobeit der rinz⸗Regent einer größeren Reihe von Offizieren außer Peens die Erlaubniß zum Tragen der Uniform mit den für verabschiedete Offiziere vorgeschriebenen Abzeichen ertheilt.
Seeine Königliche Hoheit der Großherzog hat an die Kriegskameradschaft „Hassia“ einen Erlaß gerichtet, worin es, dem 8. zufolge, sfigt. 1 „In der Erinnerung an den ruhmvollen Antheil, welchen unt meines Vaters Führung die Söhne Hessens an dem Kriege 8. baben, der zu Deutschlands Einigung führte, bestimme ich am heutigen 25. Jabrestage des Frankfurter Friedens, daß meine Kabinetskasse an das Präsidium der „Hassia“ alljährlich fünfhundert Mark auszahle und daß dieser Betrag in erster Linie zur Unterstützung von hessischen Veteranen und von Hinterbliebenen solcher verwendet werde.. Mecklenburg⸗Schwerin.
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Seine Königliche Hoheit der Großherzog, Höchstwelcher am 8. d. M. in Marseille eingetroffen ist, viccss Schern 8g Pacht verlassen und sich nach Pari begeben. Das Befinden Seiner Königlichen Hoheit ist im allgemeinen befriedigend.
Braunschweig. „
Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Albrecht von Prgdhn Regent des Herzogthums Praulcecht die Prinzessin Albrecht und die Prinzen Friedrich Hein⸗ rich, Joachim Albrecht und Friedrich Wilhelm sind am Freitag Nachmittag auf Schloß Blankenburg eingetroffen, woselbst um 5 Uhr Tafel zu 30 Gedecken stattfand.
Dem Vize⸗Ober⸗Jägermeister Grafen Gebhard von der Schulenburg auf Nordsteimke ist der Titel Ober⸗Jägermeister verliehen und der Hof⸗Jägermeister Freiherr Leo Knigge auf Beyenrode interimistisch mit der Führung der Geschäßte eines Chefs des Herzoglichen Hof⸗Jagdamts beauftragt worden.
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Oesterreich⸗Ungarn.
Die Kaiserin und Königin ist vorgestern Abend von Budapest nach Wien abgereist. 3 8e
Aus Anlaß der Millenniumsfeier fanden vorgestern in den Schulen des ganzen Landes Schulfeste und gestern in semmelichen Keirchen Wund Gotteshäusern aller Konfes⸗ onen feierliche Dankgottesdienste statt. Die 4. Session des ungarischen Reichstags wurde am Süg geschlossen; die 5. Session wird heute eröffnet werden.
Frankreich.
Der Finanz⸗Minister Cochery theilte, dem „W. T. B.“ folge, in dem vorgestern abgehaltenen Ministerrath mit, er Gouverneur der Bank von Frankreich werde ihm demnächst Vorschläge bezüglich der Erneuerung des Privilegiums der Bank unterbreiten. In dem Ministerrath kamen ferner die von mehreren Blättern veröffentlichten pessimistischen Berichte über die daße auf Madagaskar zur Sprache. Es wurde kon⸗ statiert, daß diese Berichte nur die Wiederholung von Mel⸗ dungen über Vorgänge im Monat März seien; den eingegangenen amtlichen Telegrammen zufolge sei die Lage auf Madagaskar vielmehr eine gute. Das Ergebniß der Pstern in Paris vorgenommnnen 28 Stichwahlen zum Gemeinderath ist, daß 5 pro⸗ gressistische Republikaner, 11 Radikale, 3 sozialistische Radikale und 9 Sozialisten gewählt wurden. 22 frühere Gemeinderäthe sind wiedergewählt und außerdem 6 neue Kandidaten gewählt worden. Die Zusammensetzung des Gemeinderaths von Paris bleibt dieselbe wie früher. Prinz Fushimi und die übrigen Mitglieder der japanischen Gesandtschaft sind gestern von Paris nach Rußland abgereist. 8 “
Die Mitglieder der auswärtigen diplomatischen Vertretungen sind in Moskau eingetroffen.
In der vorgestrigen Sitzung der Deputirtenkammer beantwortete, wie „W. T. B.“ berichtet, der Minister des Aeußern Herzog von Sermoneta eine Anfrage des Deputirten Lucifero über die Absichten der Regierung zum Schutze der italienischen Interessen in der tripolitanischen An⸗ elegenheit dahin, daß sich der Fragesteller offenbar auf den im onat April an der Grenze von Tunis und Tripolis ent⸗ standenen Konflikt beziehe, dessen Bedeutung in der Presse sehr übertrieben worden sei. Der Minister erklärte, die französische Re⸗ sierung habe in dieser Beziehung die weitgehendsten Zu⸗ icherungen über ihre Absichten hüpeben Die Befuͤrchtung, welche Lucifero zu dieser Anfrage bewogen habe, sei gänzli unbegründet. Der Abg. Lucifero erwiderte, er hoffe, da die Hb in allen Fällen die Erhaltung der freundschaft⸗ lichen Beziehungen zu allen Staaten, besonders aber zu jenen Mächten zu pflegen wissen werde, welche Italien in der Er⸗ haltung des politischen Gleichgewichts im Mittelmeer unter⸗ stützen könnten. Darauf wurde die Berathung über Afrika wieder aufgenommen. Der Deputirte de Fortis brachte eine Tagesordnung ein, welche besagt, daß es nicht zweckmäßig sei, das “ der Kolonialpolitik zu diskutieren, solange der Kriegszustand bestehe. In der Begründung seines Antrags vertheidigte de Fortis die Faung des Ministeriums Crispi, während er die olitik der gegenwärtigen Regierung bekämpfte und das “ des Kriegs⸗ Ministers Ricotti ablehnte, wona ie der Erythräischen olonie gezogenen Grenzen nicht überschritten werden sollten. Der Deputirte und ehemalige Kriegs⸗Minister Mocenni wies in einer kurzen Erklärung den Vor⸗ e zurück, daß er während seiner Amtszeit den bis zum Aeußersten habe führen wollen. Die General⸗ 8 atte wurde geschlossen und eine Reihe von Tagesordnungen beantragt. Der Abg. Giorgini erinnerte bei der Begründnung 8 von ihm eingebrachten Tagesordnung die Regierung daran, Fö sie früher gesagt habe, daß, solange kein neuer Vertrag geschlossen sei, der von Uccialli in Kraft bleiben werde. Giorgini bat den Minister⸗Präsidenten, diese Worte zu 1 Der Minister⸗Präsident di Rudini gab ein eichen der Zustimmung. Der Minister⸗Präsident erwiderte
8 8
von dem Minister des Aeußeren und dem Kriegs⸗Minister Chehebe neg, Erklärungen anschließe. Baratieri, 88 1 Minsster⸗Präsident, müsse von militärischen Richtern ab⸗ geurtheilt werden. Er wies die Versetzung des Kabinets Crispi in den Ankblagezustand zurück, weil dies nur fortwährenden aß und eeig Rekriminationen fur Folge haben wuͤrde. Die vollständige Veröffent⸗ ichung aller Afrika betreffenden Dokumente in den Grünbüchern lasse jeden Verdacht verschwinden und müsse jedes Verlangen nach einer seasenchhs beseitigen. Die moralischen Interessen, das Ansehen, der Einfluß Italiens und das vergossene Blut seiner Söhne verbiete Italien, Afrika zu räumen. Der Minister⸗Präsident wies darauf jede Tages⸗ ordnung zu Gunsten der Ausdehnung der Occupation und ench de Besetzung der Linie Adigrat —Adua, welche zu einem ers öpfenden Kriege führen würde, zurück. Italien dürfe sich aus politischen und militärischen
Linie Mareb— Belesa nicht entfernen. werde jeder Grund eines Konflikts und Menelik verschwinden und ersteres endlich eine wirkliche Friedenssicherheit haben. Er verlange kein Ver⸗ trauensvotum; die Regierungen verlangten im allgemeinen Vertrauensvoten, wenn sie Unrecht hätten, die Kammer müsse Sachen und nicht Personen beurtheilen. Er hoffe, daß die
der Weise
Gründen von Auf diese zwischen Italien
9 Kammer das unzweideutige Programm und das Verhalten
der e billigen werde. Um Mißverständnisse zu ver⸗ meiden, wünsche er, daß die Kammer wisse, daß er die Räu⸗ mung Adigrats angeordnet habe. Er wünsche, daß die Ab⸗ stimmung über eine Tagesordnung stattfinde, die von den Er⸗ klärungen der Regierung Akt nehme. Di Rudini schloß, indem er der Armee in Afrika und ihren tapferen Kommandanten Baldissera, Stevani und Prestinari seine Grüße entbot. Der 8 ident kündigte hierauf an, daß die Regierung die Tagesordnung Suardi⸗Gianforte annehme, wonach die Kammer, nachdem sie die Erklärungen der Regierung gehört, diese zur Kenntniß nehme und zur Berathung des einzigen Artikeis des Gesetzentwurfs übergehe. Der Abg. Sonnino bemerkte, die Regierung habe zwar kein Vertrauens⸗
lund ihre Verhandlungen dies sei gleichbedeutend mit einem
votum verlangt, wünsche sonh daß man ihr Programm is auf den heutigen Tag billige, Vertrauensvotum; er werde gegen die Tagesordnung stimmen. Die Tagesordnung Suardi⸗Gianforte wurde hierauf mit 278 gegen 138 Stimmen genehmigt und sodann der öAHöö“ betreffend die Ueber⸗ schreitung der Ausgaben für Afrika, durch Aufstehen und Sitzen⸗ b 58 angendmmmen „Die auf die Räumung Adigrats und Kassalas be⸗ züglichen Schriftstücke sind “ vengd Khh worden. Aus denselben geht hervor, daß die Regierung am 6. April den General Baldissera beauftragt hatte, alles zum voll⸗ ständigen Verlassen der Landschaft Agame vorzubereiten und sich bis zu den Grenzen von Belesa⸗Muna zurückzuziehen. Bezüglich Kassalas benachrichtigte Baldissera die Regierung am 22. April telegraphisch, daß er infolge von Nachrichten aus Kairo, welche weitere Bedrohungen der Derwische ankündigten, dem Kommandanten von Kassala den Befehl gegeben habe, sich, wenn die drohenden Bewegungen der Derwische sich verwirklichen sollten, nach Agordat rcshssehh. Der Kriegs⸗ Minister habe dann am 25. April dem General Baldissera mitgetheilt, daß politische Erwägungen es rathsam er⸗ scheinen ließen, die Besetzung Kassalas zu verlängern; demnach solle Baldissera die Verproviantierung der Garnison durchführen und den Platz auf die Verantwortung des Kriegs⸗ Ministers bis zum Aeußersten halten. General Baldissera er⸗ widerte darauf, Kassala werde binnen einigen Tagen Lebens⸗ mittel für 2 Monate erhalten, und er hoffe, den Platz auch weiterhin halten zu können. Am 6. Mai habe General Bal⸗ dissera gebeten, die Truppen der Garnisonen Massowah, Arkiko und Ghinda — ung i 12 Bataillone — in die Heimath befördern lassen zu dürfen. Die Regierung habe dies bewilligt.
Spanien.
In einer gestern in Madrid abgehaltenen Versammlun zahlreicher Senatoren und Deputirten der konservativen Parte erklärte, wie „W. T. B.“ erfährt, der Minister⸗Präsident Canovas del Castillo, welcher den Vorsitz führte, daß es unmöglich sei, Reformen auf Cuba vorzunehmen, so lange nicht die Lage daselbst wieder eine normale geworden sein werde. Der Minister⸗Präsident erkannte an, daß dem Kriege nicht mit Waffengewalt allein ein Ende gemacht werden könne, aber er rechne darauf, daß die Entmuthigung der Aufständischen und das Aufhören des Racenhasses dazu beitragen würden, den Feldzug zu beendigen.
em Madrider „Imparcial“ wird aus Havanna be⸗ richtet, General Weyler halte die Hinrichtung der Flibustiere vom „Competidor“ für unumgänglich noth⸗ wendig und habe erklärt, falls die Regierung in Madrid in⸗ folge des Einspruchs der Vereinigten Staaten anderer Ansicht ein sollte, sofort demissionieren zu wollen. Nach einer weiteren Meldung des „W. T. B.“ aus Madrid von heute verursacht die „Competidor⸗Frage“ daselbst andauernd große Erregung. Es bestätige sich, daß General Weyler seinen Posten niederlegen werde, wenn das kriegsgerichtliche Todesurtheil über die an Bord des „Compe⸗ tidor“ Freibeuter nicht zur Ausführung komme; die Generale Ochanda und Ahumada hätten dem Ver⸗ nehmen nach denselben Entschluß wie General Weyler ge⸗ faßt. Dem Blatte „Dia“ zufolge habe die Regierun den General Weyler ea angewiesen, den Proze wegen des „Competidor“ vor das oberste Marine⸗-Kriegsgericht zu bringen. — Der „Heraldo“ berichtet, der amerikanische Konsul in Havanna habe seine Ansicht über diese Frage in einer für Spanien verletzenden Form geäußert. Der britische Konsul habe Schritte gethan, um die Begnadigung der ver⸗ urtheilten Freibeuter zu erwirken. — Die Fentiche Meinung in Spanien spreche sich entschieden gegen die Vereinigten Staaten aus; in den politischen Kreisen herrsche große Erregung.
Die Vorstellungen, welche die Bo er am Freitag wegen der Ernennung eines mohamedanischen Kaima⸗ kams für Zeitun erhoben haben, berühren, dem „W. T. B.“ ufolge, außer der Beschwerde über die unvollkommene Durch⸗ führung der versprochenen Amnestie und des versprochenen Steuernachlasses, uuch die versprochene Zurückziehung der Truppen. Die Pforte hat dem gegenüber erklärt, die Ernennung des mohamedanischen Kaimakams sei nur eine vfegih.. und ein christlicher Kaimakam werde
sodann auf die Ausfü rungen einiger Redner, daß er sich den
demnächst ernannt werden. Die II der Amnestie und des Steuernachlasses sei aus bestimmten Gründen unter⸗
blieben, die Ausführung Maßregel gehe vor sich. Die Zurückziehung der Truppen habe schon thaßfächlich begonnnen und werde fortgesett.
Die britische Botschaft wird auf Grund der Berichte des Konsuls Fa Maurice über den durch Zwang und Furcht herbeigeführten Uebertritt von ca. 5900 Armeniern und anderen 88 zum Islam in Biredschik, Urfa, Severek, Adjaman Schritte unternehmen.
Aus Kreta ist in Konstantinopel die Nachricht ein⸗ getroffen, daß die Amnestie für politische Vergehen bis zum 17. d. M. verlängert worden sei.
8 Griechenland. Die Königin und die Prinzen Georg und Nikolaus sind am Sonnabend Nachmittag von Athen nach Sebastopol abgereist. Der Kronprinz hat seine Reise nach Rußland verschoben. Rumänien.
Die Parlamentssession ist bis Dienstag, verlängert worden. 8 Bulgarien.
er Fürst Ferdinand ist am Sonnabend Vormitta 11 Uhr in Sofia füngetroffen und am Bahnhof von den Müg gliedern des diplomati chen Korps, der Geistlichkeit aller daselbst vertretenen Religionen, mit Ausnahme der römisch⸗katholischen, sowie von den Spitzen sämmtlicher Behörden empfangen worden Der Bürgermeister Moloff betonte in einer kurzen Ansprache die Genugthuung, welche die Bevölkerung über den freund⸗ lichen Empfang des Fürsten an den fremden Höfen empfunden habe. Nach der Begrüßungsansprache des belgischen General⸗Konsuls Pety de Thoze, als Doyens des diplo⸗ matischen Korps, begrüßte der Fürst den russischen und den französischen Vertreter und begab sich dann vom Bahnhofe in einem vierspännigen Galawagen nach dem Schlosse. Auf dem Wege dorthin bildeten die Truppen, die Schule und Vereine Spalier; die zahlreich anwesende Bevölkerun begrüßte den Fürsten mit Hurrahrufen. Vor dem Schloss fand eine Parade der Truppen statt; während derselbe begrüßte der Fürst den deutschen General⸗ Konsul vo Voigts⸗Rhetz.
Schweden und Norwegen.
Der schwedische Reichstag hat vorgestern in gemei samer Abstimmung mit 220 gegen 140 Stimmen beschloß 2 sogenannten Kriegskredite in der gegenwärtigen Höhe von 7 ½ Millionen Kronen beizubehalten. Die Minderheit stimmt für Herabsetzung bis auf 4 ½ und 6 ½ Millionen Kronen.
Amerika.
Aus New⸗York berichtet das „Reuter'sche Bureau“, di Nachricht von der Verurtheilung der auf dem Dampfe „Competidor“ gefangenen Amerikaner zum Tode hab daselbst große Erregung hervorgerufen. Eine vom „Journal“ veröffentlichte Depesche aus Washington besagt, der Staats sekretär Olney habe nach einer besonderen Unterredung mi dem Präsidenten Clevel and dem spanischen Gesandten Dupu de Lome mitgetheilt der Präsidentsei der Ansicht, daß die cubanisch Frage in ein akutes Stadium getreten sei; derselbe bestehe darauf daß die Gefangenen nicht auf Grund eines Urtheils de Militärgerichts hingerichtet würden. Dupuy de Lome hab sich bemüht, das Vorgehen des Generals Weyler durch da Völkerrecht zu rechtfertigen, der Staatssekretär Olney habe jedo mit Festigkeit geantwortet. Dupuy de Lome habe ver sprochen, nach Madrid zu telegraphieren. — Der Präsiden Cleveland habe angeordnet, Depeschen an den amerikanischen Gesandten in Madrid, Taylor, und an den General⸗Konsu Williams in Havanna abzusenden, worin konstatier werde, daß er (GCleveland) eine etwaige Hinrichtung der Verurtheilten ohne eß als eine wenig freund- schaftliche Fesbenog ansehen müsfe Der neue Konsul Genera Lee sei aufgefordert worden, sich sofort auf seinen Posten nach Havanna zu begeben. — Die Piitung „Woerld“ sagt, nach der Ansicht des Staatssekretärs Olney seien die Verurtheilten lediglich der Einführung von Contrebande schuldig, wofür sie nur se Gefängnißstrafe verurtheilt werden könnten. — Eine Depe che aus Tampa meldet, der Gouverneur von Florida habe infolge der Nachrichten aus Washington über die Competidorfrage das fünfte Bataillon angewiesen, sich zu sofortiger Aktion bereit zu halten.
Das Londoner „Daily Chronicle“ erfährt aus New⸗ York, die Zusammenziehung eines starken Geschwaders in der Bai von New⸗York werde als Vorzeichen aktiver Maß⸗ nahmen in der Nähe von Havanna betrachtet.
Asien.
Das „Reuter'sche Bureau“ berichtet aus Teheran, da der britische Grfen sch Sir H. Durand, geleitet von den Ies gliedern der Gesandtschaft, am Ferag einen Kranz der Königin Victoria in den Palast gebracht habe. Der Ge⸗ sandte habe den Kranz, welcher die Inschrift trug: „Une marque d'amitié trèês sincère, Victoria R. J.“, mit einer kurzen Ansprache am Sarge des Schahs niedergelegt. Der Großvezir habe erwidert, die Familie des Ver⸗ storbenen sei durch die huldvolle Handlung der Königin tief v.. und werde dieselbe niemals vergessen. Der Schah Musaffer ed⸗din habe der Königin Victoria für ihre Beileidsbezeugungen in warmen Worten seinen Dank aus⸗ gesprochen und des weiteren erklärt, daß es sein beständiges Ziel sein werde, den Spuren seines erhabenen Vaters zu folgen, vor allem in Bezug auf die freundschaftlichen A welche derselbe so unentwegt zu England unterhalten habe. Das „Reuter'sche Bureau“ berichtet aus Simla, es sei nunmehr beschlossen, daß indische Truppen, und zwar wei Regimenter Infanterie, ein Regiment Kavallerie, eine
erg⸗Batterie und ein Detachement Sappeurs und Mineurs, nach Suakim gesandt werden sollen. Das ganze Korps werde unter dem Befehl des Obersten Egerton stehen und voraussichtlich in acht Tagen abgehen. Ein aus Eingeborenen gebildetes Sanitäts⸗Detachement werde die Abtheilung begleiten. Aus Yokohama ist dem „Reuter'’schen Bureau“ die Mit⸗ heilung zugegangen, daß Japan und Rußland über ein gemeinschaftliches Vorgehen in Korea verhandelten. Japan verlange, daß sich der König aus dem russischen Gesandt⸗ schaftsgebäude nach dem Palais zurückbegebe. Auch werde die Vertheilung der japanischen und koreanischen Truppen im Lande und die Uebergabe der japanischen Telegraphenlinie Söul— Fusan an die koreanischen Behörden erörtert.
Afrika. Die „Agenzia Stefani“ meldet aus Massowah vom9. d. M.:
der General Baldissera habe sogleich nach seiner Ankunft in