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den Verkehr auf dem Berliner
Ausweis über vom 27. Mai 1896. kenggench
Schlachtviehmarkt n 1““ nur Schweine werden nach Lebendgewi
ndelt. inder. Auftrieb 757 Stück. (Durchschnittspr
100 kg.) I. Qualität —,— ℳ, II. Qualität —,— ℳ, III. Qualität 80 —90 ℳ, IV. Qualität 68 —-76 ℳ — Schweine. Auftrieb 5945 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 76 ℳ, Landschweine: a. gute 72 — 74 ℳ, b. v E. 68 — 70 ℳ, Galizier —,— ℳ, leichte Ungarn —,— ℳ bei % Tara, Bakonyer — ℳ bei — kg Tara pro Stück. — Kälber. Auftrieb 1405 Stück. verierr für 1 kg.) I. Qualität 1,06 — 1,16 ℳ, II. Qualität 0,92 — 1,04 ℳ, III. Qualität 0,80 — 0,90 ℳ — Schafe. Auftrieb 979 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 0,92 — 1,00 ℳ, II. Qualität 0,86 — 0,90 ℳ, III. Qualität —,— ℳ
Verkehrs⸗Anstalten.
Laut Telegramm aus Herbesthal ist die zweite englische Pos über Ostende vom 27. Mai ausgeblieben. Grund: Ungünstiger Wind auf See.
Bremen, 27. Mai. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. ES „Kronprinz Friedrich Wilhelm“ ist am 24. Mai Nachts 58 der Weser angekommen. Der Reichs⸗Post⸗
dampfer „Karlsruhe“ ist am 25. Mai Vormittags in Hongkon angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Bayern“ ist am 24. Ma Nachmittags in Aden angekommen. Der Schnelldampfer „Aller“ ist am 25. Mai Morgens in New⸗York angekommen. Der Reichs⸗ Postdampfer „Oldenburg“ ist am 24. Mai Vormittags in Adelaide angekommen. Der Schnelldampfer „Fulda“ ist am 25. Mai Morgens in New⸗York angekommen. Der Dampfer „Wartburg“ ist am 25. Mai Rachmittags in Antwerpen angekommen. Der ostdampfer „Dresden“ ist am 23. Mai Mittags von New⸗
ork nach der Weser abgegangen. 1
Der Norddeutsche Lloyd hat die Zwischendeckspreise nach Baltimore für die Rolanddampfer auf 140 ℳ und für die Post⸗ dampfer auf 145 ℳ erhöht.
— 28. Mai. (W. T. B.) Der Postdampfer „Bonn“ hat am 26. Mai Abends Eastbourne passiert. Der Schnelldampfer „Havel“ ist am 26. Mai Nachts in Southampton angekommen und hat am 27. Mai Morgens die Reise nach Bremen fortgesetzt; er überbringt 510 Passagiere und volle Ladung. Der Post⸗
dampfer „Braunschweig“ ist am 26. Mai ach⸗ mittags in Neapel angekommen. Der Dampfer „Riverdale“ hat am 27. Mai Morgens Dover passiert. Der Schnelldampfer „Lahn“ hat am 27. Mai Nachmittags die Reise von Sou⸗ thampton nach New⸗York seetgeledr er Postdampfer „Stutt⸗ gart“ ist am 27. Mai Morgens in New⸗York angekommen. Der ö „Roland“ ist am 27. Mai Nachmittags auf der eser angekommen. 8 1
Theater und Mufik.
Theater Alt⸗Berlin. Zwvei weitere kleine Dramen, welche Zeitbilder aus der Geschichte Berlins zu bieten bestimmt sind, gelangten gestern zur Aufführung. Das erste derselben, Dr. Adalbert von Hanstein's „Gotskowsky“, ein Schauspiel in einem Aufzug und zwei Bildern, hatte einen starken Erfolg. Es behandelt die bekannte, im Jahre 1760 vollbrachte groß⸗ müthige Opferthat des Kaufmanns Gotskowsky, der, um seine Vaterstadt Berrlin vor der Brandschatzung zu retten, zur Deckung der ihr von den 5 auferlegten Kontribution sein ganzes Vermögen opferte und der Ar⸗ muth verfiel. Erst einer späteren Zeit blieb es vorbehalten, der vor⸗ nehm patriotischen Denkweise dieses braven Bürgers die Anerkennung zu verschaffen, die ihm seine Mitbürger aus Verkennung der wahren Thatsachen versagten. Adalbert von Hanstein hat diese Geschichte nach echter shsegenart erfaßt. Mit richtigem Empfinden legt er nicht auf die geschichtliche Treue den .-.. sondern unter Wahrung des Zeitkolvrite auf die Vertiefung und sorgfältige Motivierung der gegebenen Handlung, auf die Charakteristik der einzelnen b e und giebt zum Schluß der dichterischen Gerechtigkeit Raum, indem er Gotskowsky in einer wirkungsvollen Scene durch König Friedrich den Großen rehabilitieren läßt. Unter den Darstellern zeichnete sich Herr Rohland (Gotskowsky) durch seine schlichte, natür⸗
liche Spielweise besonders aus. Herrn Kober gelang die Verkörperung des großen Königs bei weitem nicht so gut, wie früher im Lessing⸗ Theater die Gestalt Napoleon's in „Madame Sans⸗Gône“. Schon der napoleonische Embonpoint seiner äußeren Erscheinun wollte zu dem Bilde Friedrich's des Großen nicht recht passen, Spie und Sprechweise litten zuweilen unter einer gewissen Manieriertheit. Die übrigen Mitwirkenden machten sich in kleineren Aufgaben um das Gelingen der Aufführung verdient. Der Dichter wurde nach jedem Bilde unter starkem, einmüthigem Beifall vor die Rampe erufen. — Das zweite Stück, „An mein Volk“, ein Zeitbild aus dem Jahre 1813 von Axel Delmar, legt größeres Ge⸗ wicht auf Stimmungsmalerei als auf eine straff gegliederte Handlung. Eine frisch geschriebene, mit Berliner Humor FeSs Volksscene führt dem Zuschauer die in den verschiedenen Schichten der damaligen Bewohner Berlins herrschende Gesinnung in packender Weise vor; die eigentliche Fendeh könnte man als ein kleines, etwas sentimental angehauchtes bürgerliches Schauspiel bezeichnen, das im Verhältniß zur Länge seiner Exposition gar zu stizzenhaft endet und so die Wirkung einbüßt, die vielleicht bei etwas größerer Breite erzielt worden wäre. Das im übrigen sehr anmuthige Genrebild wurde flott ge⸗ spielt. Namentlich machten sich die Damen Ida Müller und Clara Wenck um den Erfolg verdient. Der Darsteller des Generals York ließ hingegen in Ton und Bewegung die erforderliche militärische Energie vermissen. Dem Publikum gefiel besonders die oben erwähnte Volksscene, deren Humor gerechte Würdigung fand.
Im Königlichen Opernhause findet morgen eine Aufführung von Meyerbeer’'s „Robert der Teufel“ unter Kapellmeister Sucher’s Leitung statt. Die Besetzung ist folgende: Robert: Herr Sylva; Bertram: Herr Mödlinger; Isabella: Frau Herzog; Alice: Fräulein Hiedler; Raimbaut: Herr Philipp; Helene: Fräulein Dell'Era.
Im Neuen Königlichen Opern⸗Theater geht morgen lotow's „Martha“ mit Fräulein Dietrich in der Titelrolle in cene. Die Nancy singt Fräulein Rothauser; Herr Emil Goetze astiert als Lyonel. — Im Garten findet von 6 Uhr ab Militär⸗
n ausgeführt vom Musikkorps des 2. Garde⸗Regiments z. F.,
statt.
Im Königlichen Schauspielhause wird morgen „Das Leben ein Traum“ mit Herrn Matkowsky als Sigismund gegeben. Die Rosaura spielt Fräulein Poppe. b
Die Direktion des Deutschen Theaters macht die bisherigen Abonnenten darauf aufmerksam, daß die Erneuerung des Abonnements . die Spielzeit 1896/97 bis zum 31. d. M. zu erfolgen hat, da
onst über die bisherigen Plätze anderweitig verfügt werden würde.
Mannigfaltiges. 8
Seine Majestät der Kaiser und König besichtigte bei dem gestrigen Besuch in der Berliner Gewerbe⸗Ausstellung die Marine⸗Schauspiele, den Musterstall, das Alpen⸗Panorama und im Hauptgebäude besonders die Silber⸗Industrie⸗Abtheilung und kehrte mit Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Abends auf der „Alexandria“ nach der Matrosenstation und von dort zu Wagen nach dem Neuen Palais zurück.
Der „Verein für die Geschichte Berlins“ eröffnet seine historische b in der „Heiligengeist⸗Kirche“ von Alt⸗ Berlin in der ersten Woche des Monats Juni. Der in Vor⸗ bereitung befindliche Führer durch die Ausstellung weist eine große
ahl von Oelgemälden, Kupferstichen, Drucken und sonstigen Bero⸗ inensien auf, die als Unica zu betrachten sind.
Im Hörsaal des Chemiegebäudes wird morgen Herr Direktor Schultz⸗Hencke über „die Photographie mit X⸗Strahlen“ sprechen. Der Vortragende wird nicht allein die physikalische Grund⸗ lage der Kathoden⸗ und X⸗Strahlen (Röntgen⸗Strahlen) experimentell erläutern, sondern auch an der Hand verschiedener, von den Firmen Kaekler u. Martini, Ferdinand Ernecke und Leppin u. Masche zur Ver⸗ fügung gestellter Apparate die allerneuesten Fortschritte auf diesem Ge⸗ biet berühren. Unter anderem wird mit einer von dem hiesigen Ingenieur Ernecke konstruierten Röhre die Aufnahme einer Hand bei kürzester Expositionszeit ausgeführt und ferner verschiedene schwierige Aufnahmen (durch den Brustkorb, den menschlichen Kopf ꝛc.) vor⸗ gezeigt werden.
Die Stufenbahn auf der Berliner Gewerbe⸗Aus⸗ stellung ist nunmehr fertig efteh und funktioniert, wie die vor⸗ gestern und gestern stattgehabten Probefahrten ergaben, vorzüglich.
cht vom 28. Mai, Morgens.
₰8 —
sp.
red. in Millim.
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haus.
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Wind. Wetter.
Stationen.
Temperatur
858088288 in e Cel
Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeres
50 C.
Taglioni.
bedeckt wolkig bedeckt wolkig heiter wolkig wolkenlos bedeckt
Belmullet. 775 NO Aberdeen.. NNW Christiansund 765 Fabagen 8 Stockholm. 766 3. aranda. 762 t. Petersbg. 769 Moskau 766
Cork, Queens⸗ 7s772 Cherbourg. 768 Helbder 769
66
mburg 766 Swinemünde 764 Neufahrwasser 766 .76767 15n FHAsh; Ir, Münster 765 bedeckt 763 bedecki3) 763 Abeiter
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heiter bedeckt bedeckt wolkenlos bedeckt ¹) heiter²) heiter wolkenlos
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ein Traum.
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762 ONO 4 wolkig 760 NNO I wolkig
762 still wolkenlos
1) Gestern und früh Regen. ¹²) Nachts Gewitter. ⁴) Nachts Wetterleuchten.
1— Uebersicht der Witterung.
Die Wetterlage hat sich seit gestern wenig geän⸗ rt. Eine flache Depression, nordostwärts ab⸗ ehend, liegt über Nord⸗Skandinavien; am höchsten der Luftdruck westlich von Schottland. Ueber tral⸗Europa ist der Luftdruck hoch und gleich⸗ äßig vertheilt, daher die Luftbewegung allenthalben schwach. Bei nördlicher bis Habeftecher Luftströ⸗ mung ist das Wetter in Deutschland heiter; in West⸗ Deutschland ist Regen gefallen, vielfach in Beglei⸗ tung von Gewittererscheinungen; die Temperatur liegt über dem Mittelwerthe, um 9 Grad zu Memel, um 6 Grad zu Breslau und Bamberg. 1 Deutsche
mann.
gVgSSV=Ssb 2SE0C 0oGU‚bo do —'
do0 bo —+½
im Frack ²) Nachts Gewitter. die
Sonntag, Na⸗ Gesellschaft. vagabundus.
Tell. Anfang
heewarte.
Königliche Schauspiele. 138. Vorstellung. Große Oper in 5 Akten von Meyerbeer. Französischen von Scribe
tragen von Theodor Hell. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Fenf. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang
r
Neues Opern⸗Theater (Kroll). 95. Vorstellung. Romantisch⸗komische Oper in 4 Akten von Friedrich von Flotow. Text (theilweise nach dem Plane des Saint Georges) von Wilhelm Friedrich. Dirigent: 6. Herr Emil Götze, Königlicher Kammer⸗ döe als Gast.) Anfang 7 ½ Uhr. schauspielhaus.
Abonnement B. Dramatisches Gedicht in 5 Akten. Nach dem Spanischen des Calderon de la Barca für die deutsche Bühne bearbeitet von Karl August West. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Dekorative Einrichtung vom Ober⸗Inspektor Anfang 7 ½ Uhr.
Sonnabend: Opernhaus. Allerhöchsten Befehl, mit aufgehobenem Abonnement und unter Fortfall der permanent reservierten Plätze. Komische Oper in 3 Akten von Text von Eugoͤne Scribe, bearbeitet von Carl Blum. — keller. Phantastisches Tanzbild, frei nach Wilhelm Hauff, von Emil Graeb. Musik von Adolf Stein⸗ Anfang 8 Uhr. der Billets ist Allerhöchst verfügt. Feberbe öüen. 85 Fa. Rang 9 5* Veranet werden nur unter der Bedingung verkauft, daß die 8 S Besucher im Gesellschaftsanzug erscheinen. (Lerren Musik von Antoine Banés. In Scene gesetzt von aqund wetßer ezeichnung: „Reservesatz I pro 1896“.
Schauspielhaus. linger. Trauerspiel in 5 Akten von Ernst von Wildenbruch. Anfang 7 ½ Uhr.
Deutsches Theater. Freitag: Die Stützen
der Gesellschaft. Sonnabend: Die Mütter. 8 de 3 Uhr: Die Stützen der in
Berliner Theater. ventsVerftellung) acgnn ersten Male:
Sonnabend: König Heinrich. Sonntag: Wilhelm Tell. 3
Theater. Lessing⸗Theater. Freitag:
Freitag: Opern⸗ Robert der Tenfel. Nach dem und Delavigne, über⸗
Ballet von Paul Sonnabend: Waldmeister.
Residenz⸗Theater.
Lautenburg. Freitag: Hotel
deutsche Bühne bearbeitet von Musik von Frangois Perpignan.
Sonnabend und folgende hafen.
Musikdirektor Wegener.
145. Vorstellung. Sonder⸗ 21. Vorstellung. Das Leben
Freitag:
Anfang 7 ½ Uhr.
139. Vorstellung. Auf Auftreten von
hantasien im Bremer Raths. Im prachtvollen Park;
Ueber den Kößten Theil’] Nenes Theater.
ie noch ver⸗
inde.) Die Billets tragen Anfang 7 ½ Uhr. e
Sonnabend: Tata⸗Toto.
146. Vorstellung. Sonntag: Tata⸗Toto.
Die Karo⸗
2¹ Julius Fritzsche. reitag: Anfang 8 Uhr. Ausstattung an gofh 8 quisiten, 2 Akten von Gilbert. bends 8.
Uhr: Lumpaci⸗
Freitag (36. Abonne⸗ Wilhelm herzog.
hr.
ley Tante. Thomas.
Die eigenartige Bahn, die eine Länge von 500 m hat und deren beide Stufen sich mit einer Geschwindigkeit von 5000 und 10 000 m pro Stunde bewegen, erregt besonderes Interesse. Das Besteigen der Bahn ist bequem und kann mit Leichtigkeit bewirkt werden, um so mehr als an der unteren Stufe Stagstan en angebracht sind. Die Stufen 8 etwa 10 cm hoch. Ungefährlich wie das Relfas sen ist auch das
bsteigen von der ständig in Bewegung befindlichen Bahn; natürlich muß das Auf⸗ und . in der Fahrtrichtung geschehen.
Die Ost⸗ und West⸗Afrikaner aus den Dörfern der Deutschen Kolonial⸗Ausstellung, welche schon in der deutschen Schutz⸗ truppe gedient haben, werden auf Befehl Seiner Majestät des Kaisers dem morgen stattfindenden Gefechts⸗Exerzieren auf dem Tempelhofer Felde beiwohnen.
Wiehe (Kr. Eckartsberga), 27. Mai. Heute wurde das hier, in seiner Geburtsstadt, errichtete Denkmal für Leopold von Ranke feierlich enthüllt. Als Vertreter der Regierung war der Regierungs⸗Präsident Graf zu Stolberg⸗Wernigerode aus erseburg erschienen; Professor Dr. Lenz vertrat die Universität Berlin; im Namen Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht, Re⸗
enten von Braunschweig, wohnte der Ober⸗Bibliothekar von der Feier bei. Der Bürgermeister von Wiehe übernahm das Denkmal mit einer Ansprache, die in ein Hoch auf Seine Majestät den Kaiser ausklang. Darauf hielt Professor Dr. Lindner aus Halle die Festrede, welche die unvergänglichen Verdienste des großen 1ea;g; beleuchtete. Im Namen der Familie sprach der Sohn des efeierten, Pastor Ranke aus Berlin, deren Dank aus. Der Sprecher einer Abordnung von Studierenden der Berliner Universität hielt eine Ansprache, die zu nacheifernder Thätigkeit im Sinne Ranke’'s auf⸗ forderte. Die ganze Feier nahm einen überaus würdigen Verlauf.
Coburg, 28. Mai. Seit gestern Mittag wüthet im benach⸗ barten Wiesenfeld eine große Feuersbrunst, welche 32 Gebäude und die Kirche eingeäschert hat. Das Pfarrhaus und die Schule 1 gerettet. Aus Coburg ist Militär zur Hilfeleistung requiriert worden.
Moskau, 28. Mai. Heute Nacht entstand in einem Thurm des Kreml, vermuthlich infolge Kurzschlusses der elektrischen Leitung, ein Brand, welcher durch die wachthabende Feuerwehr als⸗ bald gelöscht wurde.
Bukarest, 28. Mai. Im chemischen Laboratorium der Senhen Schule für Brücken und Wege explodierte ein Kessel. Zwei Laboranten wurden schwer verletzt; der Materialschaden ist ziemlich bedeutend.
New⸗York, 28. Mai. Der Cyclon am Montag (vgl. Nr. 125 d. Bl.) hatte eine Geschwindigkeit von 80 engl. Meilen in der Stunde; St. Louis im Staate Missouri erreichte er um 5 ½ Uhr Nachmittags und wüthete dort eine halbe Stunde lang. Die daselbst sind mit Verletzten gefüllt. Viele Todte sind ereits gefunden, man glaubt jedoch, daß noch Hunderte unter den Trümmern der zerstörten Gebäude begraben liegen. Viele Hotels, Fabriken, große Speicher und andere Gebäude sind zerstört, ebenso ein Theil des Gefängnisses. An mehreren Orten ent⸗ standen Brände. Alle am Quai vor Anker gegangenen Dampfer sind esunken; auch mehrere Vergnügungsdampfer sollen untergegangen ein. Die Zahl der in St. Louis allein Umgekommenen wird auf 1000 geschätzt. Auch in der Umgebung von St. Louis sind Dörfer zerstört und viele Einwohner getödtet worden. Der Schaden soll viele Millionen betragen.
Karlsruhe, 28. Mai. (W. T. B.) Wie die „Karls⸗ ruher Zeitung“ amtlich meldet, hat der Großherzog dem Kaiserlichen Landeshauptmann von Südgnest⸗Afrika Major Leutwein das Ritterkreuz erster Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen mit Schwertern verliehen.
Operette in 3 Akten von Gustav Davis.
von Johann Strauß. Ferenczv⸗Ensemble vom Carl
Schultze⸗Theater in Hamburg, mit Julie Kopaczy⸗
Fereiag und Eduard Steinberger als Gästen. Anfang r
Direktion: zum Freihafen
(L'Hôtel du Libre Echange). Schwank in 3 Akten von G. Feydeau, übersetzt und für die
Anfang 7 ½ Uhr. Lage: Hotel zum Frei⸗
Friedrich⸗-Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25 — 26. Der Bettelstudent. 3 Akten von F. Zell und R. Genée. Musik von Carl Millöcker. Dirigent: Kapellmeister Winné.
Im prachtvollen Park: Großes Doppel⸗Konzert.
28 Spezialitäten
5 des Konzerts 6 Uhr. Anfang der Vorstellung r
Sonnabend: Im Theater: Der Bettelstudent. — „Großes Doppel⸗Konzert. Auftreten von 28 Spezialitäten ersten Ranges.
Schiffbauerdamm 4 a./5.
Freitag: Tata⸗Toto. Vaudeville in 3 Akten von Victor Leon und F. Zell, nach Bilhaud und Barré.
Sigmund Lautenburg. Kapellmeister: Gustav Wanda. 1X“ 8 Rudolf Caspar von Rüti
Theater Unter den Linden. Mit durchaus neuer tümen, Dekorationen und Re⸗ Der Großherzog. Burleske Operette 51 Sulli In S setzt 8 nhan Fr. ch ullivan. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Hirsgent: Herr Kapellmeister Federmann. 9 r
Sonnabend und die folgenden Tage: Der Groß⸗
Adolph Ernst⸗Theater. Freitag: Char⸗ Schwank in 3 Akten von Branden Repertoirestück des Globe⸗Theaters in
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
London. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. — Vorher: Mit neuer Ausstattung: Die Bajazzi. arsdistische Posse mit Gesang in 1 Akt von d. Jacobson und Benno Jacobson F. Roth. Anfang 8 Uhr. Sonnabend: Dieselbe Vorstellung. Sonntag: Das flotte Berlin.
Familien⸗Nachrichten.
18ng Feel. Manbe nn Prittwitz und Haffras mit Hrn. Regierungs⸗Assessor Dr. jur. Friedr. enno Jacobson. e8 von Gaudy (Bergen auf Rügen). — Frl. lisabeth Toeche⸗Mittler mit Hrn. Hauptmann Constantin von Altrock (Berlin —Spandau). — 8 Elisabeth Neuman mit Hrn. Bergamts⸗ ekretär Felix Schikore — — Frl. Lydia Schnutenhaus mit Hrn. Gutsbesitzer Herrmann Schild (Gnadenberg— Dziedzitz). — Frl. Helene Petschelt mit Hrn. Oberförster und Prem.⸗Lieut. d. R. August Schlichter (Görlitz — Wilhelmsberg). — Frl. Hertha Lange mit Hrn. Forst⸗Assessor und Sec.⸗Lieut. d. R. Fritz Pannke (Königsberg — Döhrings). Verehelicht: He. Hilmar von Hahn mit Agnes Freiin von Bock (Breslau). b Geboren: Ein Sohn: Hrn. Major g. D. Rudolf von Katte (Mahlitz). — Hrn. Diakonus Dr. Festner (Görlitz). — Eine Tochter: Hrn. Rentmeister Heyne (Cosel). — Hrn. Oberlehrer H. Gumpert (Breslau). Gestorben: Hrn. Rittmeister von Winterfeld Sohn Hans Karl (Königsberg i. Pr.) — Hr. Major a. D. Max Bornträger (Gotha). — Hr. General⸗Major z. D. Robert von Doetinchem de Rande (Berlin). — Fr. General Agnes Gräfin Wartensleben, geb. von Podbielski (Carow). — Berlin). — Verw. r. Rechnungs⸗Rath Emma Kloeber, geb. Müller Breslau). — Hr. Pastor emer. Julius Binner (Breslau). — Hr. Archidiakonus Ludwig Napp Göeli). — Verw. Frau Professor Antonie chmidt, geb. Sigel (Goschütz b. Festenberg, Breslau). — Hr. Oberlehrer Dr. Josef Fischer (Kattowitz).
Waldmeister. Musik
Sigmund
Operette in
ersten Ranges.
Direktion:
rthur Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.
Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlegs, Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
Anfang
Aus den Jahresberichten der Fabrik⸗Inspektoren des Großherzogthums Hessen für das Jahr 1895.
In den soeben erschienenen Jahresberichten der Großherzoglich bessischen Fabrik⸗Inspektoren für das Jahr 1895 kehrt weshenec die schon in früheren Berichten und auch von Gewerbe⸗Inspektoren anderer Staaten ausgesprochene Klage wieder, daß eine regere Fühlung der Aufsichtsbeamten mit den Arbeiterkreisen, wie sie zur Erzielung der wünschenswerthen Vertrauensstellung erforderlich sei, zumeist noch nicht stattfinde. Die Sprechstunden“, sagt der Beamte des zweiten, die Proyinzen Rheinhessen und Se umfassenden Aufsichtsbezirks, „sind im abgelaufenen Jahre mehr von Gewerheunternehmern, als von Arbeitern besucht worden. Es muß dieser Umstand insofern bedauert werden, als der hieraus zu ziehende Schluß, daß seitens der Arbeiterschaft keinerlei Beschwerden vorzubringen seien, leider nicht zutrifft. Denn sowohl in den Zeitungen, als auch durch anonyme Zuschriften, sowie durch Zustellungen seitens der gewerkschaftlichen Beschwerdekommission sind eine Reihe von Beschwerden vorgebracht worden, die sich zum größten Theil als berechtigt erwiesen. Zu bedauern bleibt es jedoch, daß der⸗ artige Anzeigen fast immer an einer gewissen Uebertreibunz leiden, und daß sehr oft falsche Voraussetzungen über die Befug⸗ üg- der Gewerbe⸗Aufsichtsbeamten, sowie über den Inhalt gesetzlicher Bestimmungen die Arbeiter verleiten, an dem guten Willen der Aufsichtsbeamten zu zweifeln“. Der Berichterstatter betont die Nothwendigkeit der Verlegung der Sprechstunden vom Bureau des Fabrikinspektors nach einer anderen Oertlichkeit, wo die Befürch⸗ tung der Arbeiter, der Gefahr einer Denunziation beim Arbeitgeber durch irgend einen Dritten ausgesetzt zu sein, vollständig wegfalle. In einzelnen Fällen hat dieser Aufsichtsbeamte einem solchen Ver⸗ langen der Vertreter der Arbeiterorganisationen und der sonstigen Beschwerde führenden Arbeiter bereits im vergangenen Jahre
olge gegeben, und da hätten die Verhandlungen, die stets treng sachlich verlaufen seien, eine Reihe von Mißständen an das Tageslicht gefördert, welche bei Revisionen nie hätten er⸗ mittelt werden können. Ein weiterer Vorzug solcher Zusammen⸗ künfte mit Vertretern der Arbeiterschaft wird darin erblickt, daß den Arbeitern Gelegenheit gegeben werde, den Fabrikinspektor persönlich kennen zu lernen, daß die Beschwerden in der Presse seltener würden und die offene Aussprache der Arbeiter gegenüber den Aufsichtsbeamten die Dienstthätigkeit der letzteren wesentlich erleichtere. Die früher befolgte Methode, die Arbeiter in der Fabrik direkt zu befragen, habe ch mehr und mehr als unpraktisch erwiesen; denn die Arbeiter be⸗ antworteten in der Regel die an sie gestellten Fragen nur zögernd, oft BS. sie Uebelstände in der Befürchtung, sich den Unwillen des Arbeitgebers zuzuziehen.
Aus dem materiellen Inhalt der Berichte hebt sich sodann als besonders beachtenswerth die Zunahme der Frauenarbeit auch im Großherzogthum Hessen heraus. Das Hauptkontingent zu den in Fabriken beschäftigten Arbeiterinnen, deren Zahl in den der Aufsicht unterliegenden Betrieben insgesammt 13 526 (darunter 5713 jugend⸗ liche unter 16 Jahren) betrug, stellt die Zigarrenfabrikation. Der Hauptsitz derselben befindet sich in der Provinz Oberhessen (Kreis Gießen). Nahezu ein Drittel sämmtlicher Arbeiterinnen des Rhein⸗ und Oberhessen umfassenden zweiten Aufsichtsbezirks wird in der Stadt Gießen und ihrer nächsten Umgebung beschäftigt. Seit dem Jahre 1888 hat sich die Zahl der Zigarrrenfabriken in Ober⸗ hessen von 30 auf 34 vermehrt. Die Zahl der erwachsenen männ⸗ lichen Arbeiter ist von 504 auf 551, also nur um 9 % gestiegen. Dagegen haben die erwachsenen Arbeiterinnen eine Zunahme von 41 % erfahren. Während im Jahre 1888 auf 1 Arbeiter 2 Ar⸗ beiterinnen kamen, stellt sich dieses Verhältniß jetzt wie 1: 3. Die Mehreinstellung weiblicher Arbeitskräfte ist vornehmlich 92 dem Lande eingetreten. In der Stadt ist sowohl die Zahl der Betriebe wie die der beschäftigten erwachsenen Arbeiter unverändert geblieben, und die Zahl der erwachsenen Arbeiterinnen hat sich daselbst seit 1888 nur um 6 % gehoben. Auf dem Lande dagegen beträgt die Vermehrung der erwachsenen Arbeiter 31 %, die der erwachsenen Arbeiterinnen sogar 83 %. Die Ausdehnung der Zigarrenfabrikation auf dem Lande eheichnet der Berichterstatter als einen erfreulichen Vorgang, weil es
hier nicht um die Verpflanzung einer Industrie von ihrem Haupt⸗ sondern um die Neu⸗
tze auf das Land als Hausindustrie, handle, welche in
anlage von Fabriken auf dem Lande jeder Hinsicht den hygienischen und technischen Ansprüchen euügten. Die Erbauun erfolge da, wo sich geschulte Zigarrenmacher vorfänden. Die Zunahme der Zahl der Arbeiterinnen auf dem Lande erklärt sich derselbe Aufsichtsbeamte hauptsächlich daraus, daß infolge der Möglichkeit, beschäftigen zu können, anstatt erst den Weg nach der Stadt zurück⸗ legen zu müssen, viele Frauen, welche ein — zu besorgen haben, ihre freien Stunden — zumal in den Wintermonaten — auf die Anfertigung von Zigarren in der Fabrik verwendeten, da bei dem Accordsystem ein festes Einhalten der Arbeitszeiten nicht unbedingt erforderlich sei. Daraus erkläre sich auch die Thatsache, daß 35 % der in den Zigarrenfabriken beschäftigten erwachsenen Arbeiterinnen verheirathet sind. Freilich hat daneben in der Zigarrenfabrikation auch die Haus⸗ industrie bedeutend zugenommen. Viele Fabriken beschäftigen nur Wicklerinnen, Ausripperinnen und Sortiererinnen, während alle Roller⸗ arbeit in Eebahee. vergeben wird. Der Arbeitgeber erspart da⸗ durch die Beiträge für die Versicherung der mit dem Rollen der Zigarren beschäftigten Arbeiterinnen und zahlt geringere Arbeitslöhne. Während z. B. einem Roller in der Fabrik 40 und 45 ₰ pro Hundert bezahlt werden müssen, erhält eine Hausarbeiterin 30 und 32 ₰ pro undert. Gefördert worden ist die Entstehung und Zunahme der ausindustrie durch die Selbständigmachung von We meistern und geschulten Zigarrenarbeitern, welche oft ach Personen beschäftigen, die nicht zu den “ des Unternehmers gehören. „In diesen Betrieben treten alsbald alle Nachtheile der Hausindustrie in Erscheinung, wie schlechte Arbeitsräume, ungenügender Luftraum, rocknen der Wickel im Arbeitsraume, infolge dessen Ueberheizung des⸗ selben, schlechte Ventilation, ungenügende Entfernung des Staubes, übermäßige Arbeitszeit u. s. w.“ Diese Mißstände, welche in der⸗ artigen Betrieben fast immer zu finden seien, veranlassen den In⸗ spektor des zweiten Aufsichtsbezirks zu der Bemerkung, daß es unbe⸗ dingt erforderlich erscheine, auch diese Betriebe, insoweit die Bekannt⸗ machung des Bundesraths vom 8. Juli 1893, die Anfertigung von Zigarren betreffend, Gültigkeit für sie habe, der Gewerbeaufsicht zu unterstellen, da sich die Thätigkeit der Ortspolizeibehörden hinsichtlich der Durchfübrung dieser Bekanntmachung als vollständig unzulänglich erwiesen habe.
Abgesehen von der Zigarrenfabrikation, wird in Hessen Haus⸗ industrie noch in der ³Srneireag Posamenten⸗, Kartonnagen⸗ und Holzspielwaarenfabrikation, in der Hasenhaarschneiderei, Her⸗ stellung von Zündholzschachteln aus Holz, Tabackspfeifendreherei und
ahrikation von ScHhanglech.n aus Knochen und Elfenbein betrieben. esonders zugenommen hat in der letzten Zeit die Haus⸗ ndustrie in der Hasenhaarschneiderei und in der Herstellung von Perlenverzierungen zum Ausputz von Damenkleldern und Damenhüten für Posamentenfabriken. Bei der Zurichtung von Hasenfellen in der Hausindustrie für Hasenhaarschneidereien wirke jedoch dere Staub und Schmutz, welcher mit der Arbeit ver⸗
ch an Ort und Stelle
Berlin, Donnerstag, den 28. Mai
bunden sei und in die Wohnung der Arbeiterinnen verpflanzt werde chädlich. Die Perlenarbeit übe auf die Kindex, die oft is spät Abends bei der Arbeit verwendet würden, einen schädlichen Einfluß aus, da dieselbe anstrengend und von üblen Folgen für die Sehkraft der jugendlichen Arbeiterinnen sei. Bei den in früher Jugend mit Perlenarbeit beschäftigten Arbeiterinnen stellten sich im 15. bis 18. Lebensjahre Augenübel ein.
Ueber das Lehrlingswesen spricht sich nur der Aufsichtsbeamte der Provinzen Rhein⸗ und Oberhessen aus, und dieser versichert, daß eine Fisbrcheihe Ausnutzung der jugendlichen Arbeiter durch Ein⸗ stellung als Lehrlinge (sogenannte Lehrlingszüchterei) nicht konstatiert worden ist. Den höchsten Prozentsatz an Fehebngen im Verhältniß zur Gesammtzahl der Arbeiter weist durchschnittlich die Zigarren⸗ industrie auf. In dem Kreise Gießen, dem Hauptsitz derselben, sind ca. 8 % sämmtlicher in dieser Industrie beschäftigten Arbeiter als Lehrlinge eingestellt. Die große Ausdehnung des Lebtrinqafelene in der Zigarrenindustrie ist durch den häufig vorkommenden Mißstand ver⸗ anlaßt worden, daß die Arbeiter, nachdem sie einigermaßen angelernt waren, eine andere Stelle aufsuchten. Um dies zu verhindern, schließen die Arbeitgeber jetzt sehr oft Lehrverträge auf die Dauer von zwei Fobran ab, um auf diese Weise sich ein ständigeres Arbeitspersonal zu
ern.
Von besonderem Interesse sind die Wahrnehmungen, welche bei Durchführung der Arbeiterschutzbestimmungen in Ziegeleien gemacht worden sind. Das Reichsamt des Innern hatte eine Reihe von hierauf bezüglichen Fühben zur Beantwortung im Jahresbericht pro 1895 gestellt, und infolge dessen ist den Verhältnissen in den Ziegeleien während des vergangenen Jahres eine erhöhte Aufmerksamkeit ge⸗ widmet worden. Im Großherzogthum Hessen unterstehen zufolge einer Ministerialverordnung der Gewerbeaufsicht solche Ziegeleien, welche entweder 1) auf dauernder Betriebsstätte mit stän⸗ digen Anlagen und Maschinen betrieben werden, ohne Rück⸗ sicht auf den Umfang der abrikation, oder 2) auf dauernder Betriebsstätte mit ständigen Anlagen, aber ohne Maschinen betrieben werden, wenn der Betrieb ein regelmäßiger und gewerbsmäßiger, d. h. auf den Verkauf der Steine berechneter ist, oder wenn eine Jahresproduktion von 200 000 Stück Ziegelsteinen erreicht wird, oder 3) ohne ständige Anlagen nur zur Ausziegelei des im Felde vorhandenen Lehmes oder Thones betrieben werden (Feldziegelei), wenn die Jahresproduktion 200 000 Stück Ziegelsteine erreicht; das waren im Berichtsjahre in den Provinzen Rhein⸗ und Oberhessen 97 S. 229 überhaupt gezählten Ziegeleien), in der Provinz Starken⸗
urg 153, insgesammt also 250 Ziegeleien. In diesen Betrieben haben sich nach den Berichten der Aufsichtsbeamten besondere Schwierigkeiten bei der Durchführung der gesetzlichen Bestimmungen für die jugendlichen Arbeiter und die Arbeiterinnen nicht ergeben. Die Zahl der erwachsenen Arbeiterinnen ist im Verhältniß zu der⸗ jenigen der männlichen Arbeiter gering (ca. 4 %). Die jugendlichen Arbeiter sind in gleicher Weise nicht stark in den Ziegeleien vertreten. Schulpflichtige Kinder werden hauptsächlich dort beschäftigt, wo die betreffenden Betriebe bisher mügt als Fabrikbetriebe betrachtet wurden und erst nach eingetretener Vermehrung der Jahresproduktion der Gewerbeaufsicht unterstellt werden konnten. Die Arbeitszeit ist dem Gesetz entsprechend in den größeren Betrieben durch⸗ schnittlich besser geregelt als in den kleineren. Schon der Zwang zum Erlaß einer Arbeitsordnung hat einen aus⸗ schlaggebenden Einfluß in diesen Betrieben gehabt. Die Mißstände finden sich fast immer in den kleineren und kleinsten Betrieben. „Die Unternehmer, d. h. die Eigenthümer der Ziegeleibetriebe, vergeben die Herstellung der Ziegelsteine oft wieder an selbständige Accordanten, welche dann Arbeiter auf eigene Rechnung annehmen. Hier ist alsdann meist von einem Einhalten der gesetzlichen Be⸗ stimmungen keine Rede. Uebermäßige Arbeitszeiten für jugendliche Arbeiter und Arbeiterinnen, schlechte Wohnungs⸗ und Ernährungs⸗ verhältnisse sind oft regelmäßig wiederkehrende Uebelstände in diesen Betrieben. Vielfach handelt es sich hier bei Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern um Familienangehörige der Accordanten, für welche ungesetzliche Beschäftigungsarten zu konstatieren sind. Die Unternehmer pflegen alsdann jede Verantwortlichkeit mit der Moti⸗ vierung abzulehnen, daß sie keinerlei Einfluß auf die von den Accor⸗ dapten beschäftigten Arbeiter auszuüben in der Lage seien. Schwere Mkßstände sind namentlich in solchen kleineren Ziegeleien festgestellt worden, in welchen zugezogene Arbeiter als Accordanten junge Leute und Arbeiterinnen beschäftigt haben, die vollkommen in die Familiengemein⸗ schaft der Accordanten aufgenommen waren, verköstigt wurden und jede Selbständigkeit eingebüßt hatten. In einigen Fällen wurden junge Leute beiderlei Geschlechts in Ziegeleien angetroffen, welche gegen eine gewisse Pauschsumme von den Eltern der betreffenden Jungen und Mädchen dem Accordanten für die Saison vertragsmäßig überlassen waren und ein geradezu 6 Dasein fristeten. ..“ Ferner ist konstatiert worden, daß die Bestimmungen der Bekannt⸗ machung des Bundesraths vom 27. April 1893, betreffend die Be⸗ schäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Ziegeleien, nur in den größeren Betrieben bekannt, dagegen in den kleinen Ziegeleien gänzlich unbekannt gewesen sind. Auf Grund dieser Erfahrungen wird von dem Berichterstatter für Rhein⸗ und Oberhessen befürwortet, daß ein die Bestimmungen der Be⸗ kanntmachung von 1893 in knapper und leicht verständlicher Form enthaltendes, den Witterungseinflüssen widerstehendes Plakat auf der Arbeitsstätte an leicht sichtbarer Stelle ausgehängt werde, und daß die Ortspolizeibehörden und Gendarmen mit den Vorschriften be⸗ kannt zu machen seien. 211 4
Zum Schluß seien noch einige Mittheilungen über die Lage der Industrie im allgemeinen und über die Erwerbsverhält⸗ nisse der großen Masse der Arbeiter hervorgehoben. Die Beobachtungen der Fabrikinspektoren waren in der Hauptsache erfreuliche. Im ersten, die Provinz Starkenburg umfassenden Aufsichtsbezirke sind im letzten Jahre neu entstanden 1 Preßkohlenfabrik, 1 Zuckerfabrik, 1 Posamentenfabrik, 1 Zigarrensortiererei, 1 Portefeuillewaarenfahrik, 1 Zigarrenfabrik, 1 Stockfabrik. Die Brückenhauanstalt und Kessel⸗ fabꝛil in Gustavsburg wurde wefentlich vergrößert. Ein im Jahre 1884 gegründetes Granit⸗ und Syenitbearbeitungswerk hat allerdings den Betrieb eingestellt, und es wurden ungefähr 100 Arbeiter ent⸗ lassen. Dagegen gab es wieder in der Portefeuillefabrikation mehr Arbeitsgelegenheit als im Vorjahre, und die Perioden stärkeren Geschäftsganges mit Ueberstunden in diesem Industriezweige waren von größerer Dauer als in früheren Jahren. Auch in der Maschinen⸗ und der Metallwaarenfabrikation war der Betrieb leb⸗ hafter als im Jahre 1894. In der Zigarrenfabrikation war zwar die Geschäftslage in der ersten Hälfte des Jahres nicht gut, und in manchen Fabriken wurde mit abgekürzter Arbeitszeit gearbeitet; in⸗ folgedessen war auch der Arbeitsverdienst geringer. Aber in der zweiten Hälfte des Jahres besserte sich die Geschäftslage wesentlich, und sie wurde am Ende des Jahres vielfach als zufriedenstellend be⸗ deene⸗. Die Geschäftslage der Hasenhaarschneiderei hat sich ebenfalls i der zweiten Hälfte des Jahres erheblich gebessert. Es sind neue Hasenfellzurichtereien entstanden. Für Schuhfabrikarbeiter (Zwicker) war 89 en Mangel an Arbeitsgelegenheit. Die Ursache desselben mag Sb die Einführung der sogenannten Zwick⸗ maschinen in der Schuhfabrikation sein. Durch die Arbeit der Zwick⸗ maschinen wird ein weiterer großer Theil der Handarbeit in Schuh⸗ fabriken ersetzt. — ür weibliche Arbeitskräfte war Arbeits⸗ gelegenheit reichlich vorhanden. Trotz fortgesetzter Gesuche in
eußischen Staats⸗Anzeiger.
Tageszeitungen waren Arbeiterinnen für Schuhfabriken, 1 Chokolade⸗ fabrik, 1 Gold⸗ und Silberfadenfabrik, 1 Strumpfwaarenfabrik, 1 Kammfabrik, 1 Tapetenfabrik nur in geringer Zahl zu erhalten. — Auch der Berichterstatter für Rhein⸗ und Oberhessen hat feststellen können, dß die Lebenshaltung der Arbeiter in dem abgelaufenen Jahr eher eine Verbesserung als eine Verschlechterung erfahren hat. Wenn auch die Löhne im allgemeinen keine Steigerung zeigten, so habe doch die rege Thäͤtigkeit in der Industrie, der gelinde Winter und die ünstige Ernte jede Stockung der Arbeit beseitigt und eher eine Verbilligung als eine Hersstenertung der Lebensmittel zur Folg⸗ gehabt. Auch der Zusammenschluß der Arbeiterschaft zwecks Erreichung besserer Bedingungen für den Bezug von Lebens⸗ mitteln mache von Tag zu Tag Fortschritte. Oft werde neben der Verbilligung zugleich eine bessere Qualität der Waare auf diesem Wege erreicht. n einigen doheren Fabriken werde in gleicher Weise von den Arbeitgebern durch Einrichtung von Konsumanstalten auf die Werbe der Lebensmittel hingewirkt, oder die Waaren würden zum ortsüblichen Preise in bester Qualität geliefert und der Gewinn am Schluß des Jahres in baarem Gelde den Arbeitern überlassen.
Literatur. 8
Annalen des Deutschen Reichs für Gesetzgebung, Verwaltung und Statistik, herausgegeben von Dr. Georg Hirth und Dr. Max von Seydel. München, Verlag von G. Hirth. Preis vierteljährlich (drei Hefte) 4 ℳ — Aus dem In⸗ halt der vorliegenden Hefte 3 und 4 des 29. Jahrgangs vperdient zu⸗ nächst eine Arbeit von E. Mayer über die „Staatsgewalt und Gesetz⸗ gebung in Elsaß⸗Lothringen“ als eine werthvolle Bereicherung der Staatsrechtswissenschaft hervorgehoben zu werden. Der Verfasser giebt hier eine klare Darstellung der wichtigsten Fragen des Staats⸗ rechts der Reichslande Elsaß⸗Lothringen; er betrachtet die Institute des öffentlichen Rechts nicht als todte Objekte der wi senschaft⸗ lichen Untersuchung, sondern versteht es, sie in ihrer geschichtlichen Entwickelung und in ihrer lebendigen Wirkung auf das heutige Staats⸗ und Volksleben vorzuführen. Zu den bestehenden zahlreichen Streitfragen ist überall selbständig Stellung genommen. — Zu er⸗ wähnen sind weiter die Abhandlungen von Dr. jur. et phil. Friedrich Fh über die gegenwärtig im Vordergrund des Interesses stehende
rage der „Rentenkonvertierung“ und von Dr. F. W. R. mann, Finanz⸗Rath in Braunschweig, über „Die staatliche Regelung der Fechelnerascs im Herzogthum Braunschweig“, ferner die „Sta⸗ tistischen Untersuchungen über die Entwickelung und Ausbreitung des Giro⸗Verkehrs der deutschen Reichsbank“ von Steuer⸗Assessor Rudolf Blum und „die Rechnungsergebnisse der Berufsgenossen⸗ schaften für 1894“v. Endlich sei noch auf die Studie über die in der Literatur bisher noch nicht behandelte Frage des „Rechts der Rückforderung im Gebiete des deutschen öffentlichen Rechts“, insbe⸗ sondere seiner Voraussetzungen und seiner Geltendmachung, — die Dr. W. Glässing in Darmstadt bereits im ersten Heft des laufenden Jahrgangs zu veröffentlichen begonnen und nunmehr zu Ende geführt hat, — als einen g .--Lc. a⸗ Beitrag zum Kapitel des Rechts⸗ schutzes im öffentlichen deutschen Rechte aufmerksam gemacht.
— Beiträge zur Statistik des Großherzogthums bes sen, herausgegeben von der Großherzoglichen Zentralstelle für die
andesstatistitk. 40. Band, 1. Heft. Darmstadt 1896, G. Jong⸗ haus'sche Hof⸗Buchhandlung. — Das vorliegende Heft enthält eine . der im Großherzogthum Hessen in den sieben
ahren von 1888 bis 1894 eingeleiteten und ausgeführten kultur⸗ technischen Unternehmungen, wie Entwässerung durch Röhren⸗ drainage und durch offene Gräben, Be⸗ und Entwässerungen von Wiesen, Urbarmachung von Oedländereien, Regulierung von Bächen u. s. w. Ferner findet man darin eine Zusammenstellung der Staats⸗Einnahmen und ⸗Ausgaben des Großherzogthums Hessen während der Finanzperiode 1888/91 nach den abgeschlossenen Rech⸗ nungen, nebst Vergleichung der Ergebnisse mit dem Staatsbudget und eine Uebersicht der Geschäfte der ordentlichen streitigen Gerichts⸗ barkeit bei dem Großherzoglichen Ober⸗Landesgericht zu Darmstadt und bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften im Bezirk desselben während des Geschäftsjahres 18905.
— Die Zivilehe. Von Graf Paul von beineb Zec, Berlin, Verlag von A. Haack. Preis 50 ₰ — In sachlicher Weise wird in dieser Schrift die Frage der Zivilehe behandelt. Der Ver⸗ fasser sucht nachzuweisen, daß letztere durchaus nicht dem christlichen Geist widerspreche, und bekämpft die in jüngster Zeit von anderer Seite vorgeschlagene Einführung der fakultativen Zivilehe. In zehn präzis formulierten Sätzen wird am Schluß der ganze Inhalt der Schrift kurz zusammengefaßt. 8
— Deutsche Alpen. Erster Theil: Bavyerisches Hochland, Algäu, Vorarlberg, Nordtirol, Brennerbahn, Oetzthaler⸗, Stubaier⸗ und Ortlergruppe, Bozen, Meran, Vintschgau, Südtirol: Brenta⸗, Presanella- und Adamellogruppe, Gardasee. Fünfte Auflage. (Meyer's Reisebücher,“ Verlag des Bibliographischen Instituts in Leipzig und Wien; Preis gebunden 4 ℳ) — Diese neue, fünfte Auf⸗ lage des von den Touristen mit Recht geschätzten dreitheiligen Führers ist unter Heranziehung der besten Alpenkenner aufs sorgfältigste be⸗ richtigt und ergänzt und in manchen Abschnitten ganz umgearbeitet worden. Letzteres wurde namentlich „ — der vielen, inzwischen neu ent⸗ standenen Alpenvereinshütten nöthig. So findet man z. B. das von der Sektion Feenens des Alpenvereins auf dem Becher“ erbaute Kaiserin Elisabeth⸗Schutzhaus, das einen großartigen Aussichtspunkt bildet, aufs ausführlichste behandelt; die ganze Stubaiergruppe hat dadurch eine völlig veränderte Darstellung erfahren. In ähnlicher Weise sind die neuen Hüttenbauten der Alpenvereins⸗Sektionen Halle, Hanau, Karlsruhe, Stettin, Erfurt, Leipzig, Wiesbaden, Bremen, Düsseldorf, Hildesheim, Troppau, Asch ꝛc. berücksichtigt worden. Ferner ist das 2 aber⸗ mals durch neue schöne Spezialkarten der Adamellogruppe (1:120 000) und der weiteren Umgebung von Bozen (1: 250 000) bereichert worden. Trotz dieser Vermehrung des Inhalts ist es jedoch durch die praktische Anordnung des Stoffes möglich gewesen, dem Buch auch in seiner neuen Auflage die bequeme Handlichkeit und seine Eigenart zu erhalten, welche in der Ausführlichkeit und Flische der Darstellännh sowie der gleichmäßigen Berücksichtigung von Natur und Geschichte des Landes und seiner Bewohner besteht.
— Die Bücherliebhaberei (Bibliophilie — Bibliomanie) am Ende des 19. Jahrhunderts von Otto Mühlbrecht. 94 B. gr. 8°.) Berlin, Verlag von Puttkammer u. Mühlbrecht.
r. geh. 6 ℳ — Der Verfasser hat sich in diesem Buche die Auf⸗ gabe gestellt, die Aufmerksamkeit der Bücherfreunde darauf hinzulenken, in welcher Weise die Bücherliebhaberei im Auslande, namentlich in England und Frankreich, betrieben wird, und zu einer ähnlichen Pflege derselben auch bei uns eine Anregung zu geben. Denn es fehlt in Beutschland keineswegs an reichen Leuten, die sich den Lurus der Bücher⸗ liebhaberei sehr wohl gestatten können, dagegen aber vollständi an Vereinigungen, welche sich die Förderung dieser Liebhaber planmäßig zur Aufgabe machen, was durchaus nöthig ist, wenn dieselbe ssch gedeihlich entwickeln soll. Es bestehen ja auch bei uns Vereine von Bücherfreunden, aber diese verfolgen ganz andere Zwecke, als die Bibliophilen⸗Klubs in England und Frankreich: sie beschäftigen sich nur mit der modernen Literatur. Und doch verdient auch die ältere Literatur in dem Lande Gutenberg's eine größere als ihr im S pee gegenwärtig geschenkt wird. Das Werk will versuchen, eine Lücke auszufüllen: in England und Frankreich