Oesterreich⸗Ungarn.
Der Armee⸗Ausschuß der ungagrischen Delegation . gestern den Bericht des Referenten Münnich. Vor
intritt in die Tagesordnung beglückwünschte der Ausschuß den Kriegs⸗Minister zu dem glänzenden Erfolge der Armee⸗ und sprach seinen Dank für die dem Ausschuß ertheilten Aufklärungen aus.
Das österreichische Abgeordnetenhaus hat gestern die Zuckersteuernovelle unverändert in allen ee angenommen. Im Laufe der Spezialdebatte warf der Abg. Dr. Lueger den Jungezechen Vereinbarungen mit dem Polen⸗ klub vor. Die Jungczechen hätten den Polen versprochen, für die Petroleumsteuer zu stimmen, falls die Polen für das Zuckersteuergesetz stimmen wuürden. Die Jung⸗ czechen Pacak und Kramarz sowie der Pole von
aworski wiesen diesen Angriff Lueger's als voll⸗ ständig unbegründet zurück. Das Haus setzte sodann die
serathung des dringlichen Antrags Steiner wegen des Erlasses einer Dienstpragmatik für die Zivil⸗ und Staatsbeamten fort. Der Minister⸗Präsident Graf Badeni erklärte, es wäre zu wünschen, daß jede Regierung soviel thue, wie seitens der gegenwärtigen Regierung gethan worden sei. Das Pensionsgesetz werde hoffentlich im Herbst beschlossen werden; das Disziplinargesetz befinde sich im Ausschusse. Er selbst blicke auf eine Beamtenlaufbahn von einem Vierteljahrhundert zurück; auch seine Kollegen seien Beamte gewesen und wüßten, was die Beamten brauchten und wünschten. Die Re⸗ gierung werde vor allem jederzeit den unbedingten Gehorsam der Beamten gegenüber den Vorgesetzten verlangen und nicht eine Vorlage einbringen, in welcher dies außer Acht gelassen werde. Die Regierung werde deshalb auch eine Vorlage, in welcher dieser Grundgedanke nicht in unzweideutiger Weise ausgedrückt sei, niemals vertheidigen. Nach längerer Debatte wurde die Dringlichkeit des Antrags abgelehnt und der Antrag selbst der gischä ismäßigen Behandlung zugewiesen.
Das Abgeordnetenhaus hat gestern . letzte Sitzung gehalten. Die offizielle Vertagung wird in einer demnächst Anzusetzenden Sitzung des Herrenhauses erfolgen.
Großbritannien und Irland.
In der gestrigen Sitzung des Oberhauses fragte Lord
Ripon die Regierung, ob sie angesichts der vom Kap⸗ Parlament vorgenommenen Untersuchung der jüngsten Er⸗ eignisse in Transvaal die in der Thronrede angekündigte Untersuchung einleiten werde. Der Parlaments⸗Sekretär des Kolonialamts Earl Selborne erwiderte, die Regie⸗ rung sei der Ansicht, daß die Untersuchung nicht gleichzeiiig mit den schwebenden richterlichen Ver⸗ handlungen stattfinden könne. Sobald diese beendet seien, werde die zugesagte Untersuchung erfolgen. Der Earl of Kimberley beklagte den Entschluß der Regierung. Wie er höre, solle die Untersuchung durch einen Parlaments⸗ ausschuß erfolgen; da es nun heiße, das Parlament werde der Grousejagd wegen vertagt werden, so könne der Ausschuß nicht vor dem nächsten Jahre ernannt werden. Jameson habe England in großen Mißkredit gebracht; es sei wichtig, zu wissen, in welchem Grade die Chartered Company ver⸗ antwortlich sei. Der Premier⸗Minister Marquis von Salisbury protestierte gegen die Aeußerungen Lord Kimberley's über Jameson, der vor Gericht stehe. 8 sei unbillig und verstoße gegen das Herkommen, den Verhandlungen gegen einen Angeklagten zu prä⸗ judizieren, selbst wenn es sich gegen einen gewöhn⸗ lichen Verbrecher handele. Es würde den Verhand⸗ lungen gegen Jameson und Genossen präjudizieren, wenn der Untersuchungsausschuß gleichzeitig tage. Sobald es die Re⸗ ierung im Einklang mit der Rechtspflege thun könne, werde ie Lord Ripon’'s Anfrage sofort beantworten. Sie wünsche ebenso sehr wie er volle Kenntniß über das Vorgegangene zu haben. Lord Rose bery betonte, es sei nicht die Absicht, irgendwie dem Prozeß gegen Jameson su präjudizieren, aber solange die Angelegenheit nicht erschöpfend untersucht sei, seien die Direktoren der Chartered Company, das Ministerium und das Land einem ernsten Argwohn unterworfen, der ziemlich schwer zu beseitigen sei. Er habe geglaubt, die so unschuldige mächtige Regierung werde den frühesten Moment benutzen, um sich vor der Welt zu rechtfertigen. Die Verschiebung der Untersuchung sei beklagenswerth. Hierauf wurde der Gegen⸗ stand verlassen. 8 Im Unterhause erklärte der Parlaments⸗Sekretär des Auswärtigen Curzon, er habe noch keine amtliche Bestätigung der Nachricht von einer Landung britischer Matrosen auf Kreta erhalten. Die Ausweise über die für die egyptische Expedition verausgabten Beträge seien noch nicht eingelaufen. Ein An⸗ trag Dalziel’s auf Vertagung des Hauses, um den un⸗ befriedigenden Zustand der Geschäfte des Unterhauses zu er⸗ örtern, wurde nach zweistündiger Debatte ohne Abstimmung abgelehnt. Im Laufe der Verhandlung erklärte der Erste Lord des Schatzamts Balfour: wenn es nicht möglich sein sollte, die Unterrichtsbill vor dem 15. August zu erledigen, so werde doch die Berathung in der laufenden Session fortgesetzt werden, wenn auch nicht in diesem Jahre. Die Regierun beabsichtige außerdem, die Kleinbahnbill, die Viehseuchenbi 1 die landwirthschaftliche Bodenbesteuerungsbill und ganz oder theilweise die irische Bodengesetznovelle, die Finanzbill und die Uganda⸗Eisenbahnbill durchzubringen. Im Auswärtigen Amt fand gestern unter dem Vorsitz des Ersten Lords des Schatzamts Balfour eine zahlreich besuchte Versammlung von Unionisten statt. Dem „W. T. B.“ zufolge erwähnte Balfour nichts von einem Aufgeben oder einer Verkürzung irgend welcher leitenden Regierungs⸗
vorlagen, sondern rieih denen, welche die Regierung unter⸗ stützten, ihre persönlichen Gefühle in Bezug auf Einzelheiten zu unterdrücken, um dadurch das Programm der Regie⸗ rung zu fördern. Balfour sprach die Foffrumg aus, daß das Parlament ungefähr am 12. August werde vertagt werden, um Mitte oder Ende Januar wieder zusammen⸗ zutreten. Die Erklärungen Balfour’'s wurden beifällig auf⸗ genommen. Das Bom⸗Street⸗Polizeigericht verwies die Angeklagten en. Willoughby, Coventry, Grex und die beiden White vor die Geschworenen. Die anderen Angeklagten wurden in Freiheit gesetzt, ebenso die den Geschworenen überwiesenen Angeklagten, gegen Sicherheitsstellung von je 2000 Pfd. Sterling und gegen weitere 1000 Pfd. Personal⸗ burgschaft. v“
Der deutsche Botschafter Graf zu Münster empfing
gestern den Chef⸗Adjoint des rotokolls Mollard,
welcher im Namen der französischen Regierung den Dank für die Beileidskundgebung Seiner Majestät des Deutschen Kaisers sowie für die Betheiligung des Botschafters und der . 18 der Botschaft an dem Begräbniß Jules Simon’'s aussprach.
Der Ministerrath berieth S über die in ver⸗ UFers Landestheilen trotz der Verbote der Maires abge⸗
altenen 588 “] und beschloß, hierüber eine Untersuchung anzustellen.
In der Deputirtenkammer wurde gestern die Vor⸗ lage, betreffend die Frauen⸗ und Kinderarbeit in den Fabriken, berathen. Der frühere Minister Viger brachte einen Antrag ein auf zeitweise Zulassung von Getreide und die Schaffung von Einfuhrbons.
Italien.
In der Deputirtenkammer richtete gestern der Deputirte Lucifero die Anfrage an die Regierung, ob nach den Erklärungen des britischen Parlaments⸗Sekretärs des Aeußern Curzon das Verbleiben des italienischen Botschafters Ferrero auf dem Londoner Posten mit der Wahrung der italienischen Interessen vereinbar erscheine. Der Minister⸗Präsident di Rudini erklärte, er könne weder auf diese Frage des Deputirten Lucifero, noch auf ähnliche Fragen der Deputirten Imbriani und 1-S antworten. Lucifero erwiderte hierauf, er werde die rage bei der Berathung des Budgets des Ministeriums des wieder aufwerfen. Imbriani äußerte, nach den letzten Ereignissen im britischen Parlament hätte Ferrero nach seinem (Imbriani’s) Gefühl seine Entlassung nehmen müssen. 8 Schweiz. 8 Nachdem der Nationalrath den ganzen Reingewinn der Bundesbank den Kantonen vorbehalten und ihnen eine Erhöhung ihrer Vertreterzahl von 10 auf 15 Mitglieder des Bankraths eingeräumt, hat derselbe das Bundesbankgese 8 mit 83 gbgen 49 Stimmen angenommen. Das Gesetz wird no vehn Beilegung eniger Differenzen dem Stände
Die „Agence Havas“ berichtet, ein am Sonntag in Canea veröffentlichtes Irade des Sultans schreibe die Verantwortung für die Ereignisse auf Kreta den Christen zu, ermahne dieselben zur Unterwerfung und verspreche, sobald solche erfolgt sei, die Forderungen der Christen zu prüfen. 110 Flüchtlinge, welche am Sonntag auf der Insel Santorin See -nde d seien, berichteten, daß die Ausschreitungen fort⸗
auerten.
Der britische General⸗Konsul auf Kreta meldet, die dortigen Angelegenheiten begännen ein so günstiges Aussehen zu gewinnen, daß eine friedliche Lösung erreicht werden könne.
Serbien.
Gegenüber anderweitigen Meldungen wird, wie „W. T. B.“ aus Belgrad erfährt, von unterrichteter Seite erklärt, daß die serbische Regierung, weit entfernt, irgend welchen Verwickelungen Vorschub zu leisten, auf ihrem vorjährigen Standpunkt während der mace⸗ donischen Wirren beharre, nämlich auf Innehaltung strenger Neutraliitut und Wahrung vertragsmäßiger Zu⸗ stände, um zur Erhaltung des Friedens 89 allen Seiten hin beizutragen. Die Aktion der serbischen Regierung be⸗ eeg. sich einzig und allein auf die der Sachlage ent⸗ prechende Forderung der Anerkennung der serbischen Nationalität neben der bulgarischen und griechischen im Gebiet der europäischen Türkei. ““
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Der König wird nach den bisherigen Bestimmungen
heute Nachmittag 4 Uhr an Bord des „Danebrog“ 8
Lübeck abreisen und sich von dort über Hamburg zur Kur na Wiesbaden begeben, wo die Ankunft am Donnerstag erfolgt.
Amerika.
In einer Konferenz der Vertreter der Neu⸗Englandstaaten, New⸗Yorks, Pennsylvaniens, Marylands, Minnesotas, New⸗ Jerseys, Tennessees, Illinois’, Wisconsins und Washingtons wurde, wie „W. T. B.“ aus St. Louis erfährt, ein Finanz⸗ programm festgestellt, welches die Aufrechterhaltun der gegenwärtigen Goldwährung befürwortet und si gegen die freie Silberprägung ausspricht, es sei denn, baß mit den leitenden Handelsstaaten der Welt ein inter⸗ öb Abkommen über die Doppelwährung getroffen werde.
Bezüglich des republikanischen finanziellen Pro⸗ gramms meldet „W. T. B.“ weiter: es sei zwahrscheinlich, daß 314 Delegirte sich zu Gunsten des Goldstandards aus⸗ sprechen würden, unter ausdrücklicher Aufnahme des Wortes „Gold“ in das Programm; 72 dürften für freie Silber⸗ prägung sein; 398 würden sich gegen die freie Seheeen erklären, ohne das Wort „Gold“ zu erwähnen. on 50 Vertretern von Staaten, deren Standpunkt noch zweifelhaft sei, würden sich 22 wahrscheinlich zu Gunsten des Silbers, 4 zu Gunsten des Goldes aussprechen. 460 Stimmen seien nothwendig zur Annahme eines Pro⸗ brefßhi Die Delegirten der Silber produzierenden Staaten
eabsichtigten anscheinend, sich von der Konvention zurück⸗ zuziehen, falls ihr Verlangen nach freier Silberprägung nicht angenommen werde. z deuteten die allgemeinen An⸗ zeichen darauf hin, daß das republikanische Programm sich entschieden für die Beibehaltung des gegenwärtigen Goldstandards aussprechen werde.
8
Afrika. b n der Begründung des gegen den General Bara⸗ tieri gefällten Urtheils heißt es, dem „W. T. B.“ zufolge: Die Gründe, welche den General Baratieri zum Vormarsch verleitet hätten, seien in keiner Weise zu rechtfertigen. Bara⸗ tieri habe während der Schlacht es weder verstanden, die Lage zu beherrschen, noch eine weniger unglückliche Direktive zu geben, obgleich die Truppen an allen Punkten, wo sie engagiert ewesen seien, heroisch gekämpft hätten, und schließlich habe aratieri es nicht verstanden, eine Rückzugsdisposition zu treffen. Das Urtheil sieht die Anschuldigung, Baratieri habe den Feind aus Gründen angegriffen, welche der militärischen Erwaͤgung fern lägen, für nicht erwiesen an, und fügt hinzu, Baratieri habe in erster Linie im Feuer gestanden und sich unter den letzten zurückgezogen; er habe momentan die Ausübung seines Kommandos unterlassen, dasselbe aber nicht frei⸗ willig 1. Die Berathungen hätten das Ni Se. eines Dolus und einer wissentlichen Nachlässigkeit ergeben,
weshalb das Gericht die strafrechtliche Verantwortlichk, Baratieri's ausgeschlossen habe, es jedoch nicht unterlassen Üchten zu bedauern, daß die Leitung in einem so ungleichen Kampfe und unter so schwierigen Umständen einem General an⸗ vertraut worden sei, der sich den Erfordernissen der Lage so 88 gewachsen gezeigt habe. Das Urtheil erklärt schließ⸗ lich, es sei kein Grund zum Einschreiten vorhanden, da eine strafbare Handlung nicht substantiiert sei.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗
tags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich i der Ersten Beilage. finden sich in
— In der heutigen (106.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Reichs⸗Postamts Dr. von Stephan, der Staatssekretär des Eee Igesertt Dr. Graf von Posa⸗ dowsky und der Kriegs⸗Minister, General der Infanterie Bronsart von Schellendorff beiwohnten, wurde zunä die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Feststellung eines Nachtrags zum Reichshaushalts⸗ Etat für das Etatsjahr 1896/97, fortgesetzt, und zwar bei den Ausgaben für das Reichsheer.
Die Forderungen wurden meist ohne Debatte genehmigt.
Gestrichen wurde entsprechend dem Antrage der Kom⸗ mission die Forderung für eine Artillerie⸗Kaserne in Itzehoe.
Bezüglich einer Infanterie⸗Kaserne in Wiesbaden beantragte die Kommission Ferssn. die Streichung, während Abg. Dr. Lieber (Zentr.) die Bewilligung beantragte. Der Antrag Lieber wurde nach kurzer Debatte, über welche morgen berichtet werden wird, angenommen. „(Schluß des Blattes.)
— Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (81.) Sitzung die Berathung des Antrages der Abgg. Dr. Arendt u. Gen., betreffend die Bestimmungen über den Betrieb von Bäckereien und Konditoreien, fort.
Abg. Möller (nl.) verwahrte sich zunächst gegen die Annahme, von welcher der Minister für Handel und Gewerbe ausgegangen sei, daß es dem Parlament mit den Bestimmungen des § 120 e der Gewerbeordnung nicht ernst gewesen sei. Diese Behauptung könne nur zum Zweck der Wirkung nach außen aufgestellt sein, sie treffe aber niemand in diesem Hause. Seine Partei stimme dem Antrag Arendt in dem Sinne zu, daß sie damit der scharfen Mißbilligung der Verordnung Ausdruck geben wolle, weil sie meine, daß die⸗ selbe dem Arbeiterschutzgesetz nicht entspreche. Der Gesundheitszustand in den Bäckereien sei nicht schlechter, die Sterblichkeitsziffer sogar günstiger als in anderen Gewerben. Trotz des Mehlstaubes seien die Bäcker weniger von Lungenkrankheiten heimgesucht als andere im Staube thätige Arbeiter. Redner verlas statistische Nachweisungen über die Krankheiten im Bäckergewerbe. Herr von Buchka habe mit Recht im Reichstage gesagt, es seien nur Raisonnements, gewesen, welche die Verordnung veranlaßt hätten. Der größte Theil der Bäckermeister arbeite überhaupt ohne Gesellen. Das Ziel der Arbeiterschutzgesetzgebung sei gewesen, die Kinder und jugendlichen Arbeiter zu schützen. Wolle man auf diesem Wege weiter gehen, so geschehe es wenigstens im Wege der Gesetzgebung. Die Nachtarbeit in den Bäckereien lasse sich nicht ausschließen, da man gewöhnt sei, des Morgens frisches Brot zu essen. In anderen Ländern, wie in England, wo die Nachtarbeit für jugendliche Arbeiter unter 18 Jahren überhaupt ausgeschlossen sei, herrschten ganz andere Verhältnisse, die nicht als Beweis für unsere Verhältnisse gelten könnten. Er bedaure den Erlaß der Verordnung des Bundesraths; sie werde in Kraft treten, aber unter voller Verantwortung der preußischen Regierung. Bezüglich der Gesetzmäßigkeit der Verordnung würden sich immer mehr Zweifel erheben, wenn erst die Gerichte zu urtheilen haben würden. Es müsse die Arbeiterschutzgesetzzebung von 1891 ausgeführt werden, aber in vernünftigen Grenzen. Diese Gesetzgebung sei noch gar nicht völlig verdaut worden. Die Sonntagsrube habe keineswegs überall Befriedigung hervorgerufen; namentlich sei Bayern zu weit darin gegangen. Er stimme für den Antrag. Ehe man auf diesem Gebiete weitergehe, müsse man im Wege der Gesetzgebung den Reichstag befragen.
Wirklicher Geheimer öö“ von Meyeren: Es ist die Rechtsgültigkeit der Verordnung des Bundesraths in Zweifel gezogen worden. Preußisches und Reichs⸗Verfassungs⸗ recht sind hier identisch. Nach beiden haben gehörig ver⸗ kündigte Gesetze unbedingte Gesetzeskraft. Hier handelt es sich um die Frage, als was eine solche Bundesraths⸗Verordnung anzusehen ist. Positive Bestimmungen darüber giebt es nicht, aber die meisten Theoretiker sind der Ansicht, daß derartige Bundesraths⸗ verordnungen vollkommen gleichwerthig sind den Reichsgesetzen, sie können daher von niemand angefochten werden. Aber selbst wenn man sie als Reichs⸗Polizeiverordnung ansehen wollte, so steht dem Richter nicht zu, zu prüfen, ob eine Nothwendigkeit vorgelegen hat, eine solche Ver⸗ ordnung zu erlassen. Eines solchen Rechtes hat sich selbst der Reichstag begeben. Er ist nur befugt, von dieser Verordnung Kenntniß zu nehmen, darüber zu diskutieren, sie zu tadeln, aber irgend welche rechtliche Bedeutung hat eine solche Diskussion nicht.
Abg. Stötzel (Zentr.): Die Antragsteller sind sich wohl selbst nicht über den Eindruck im Lande klar, wenn sie die Ausführung der Gesetze verhindern wollen, welche sie selbst seiner Zeit mitgemacht haben. Dieses Vorgehen ist nur geeignet, die Masse der Sozialdemokraten zu vermehren. Von einer Beschränkung der Arbeitszeit haben nicht nur die Arbeiter, sondern auch die Arbeitgeber Vortheil, weil dadurch der unlautere Wetrbewerb beseitigt wird. Wer sich noch nicht von der Gesundheitsschädlichfeit der Bäckerarbeit überzeugt hat, dem wünsche ich drei Tage lang je 14 Stunden Aufenthalt in der Backstube. Wir stimmen gegen diesen Antrag nicht nur im Interesse der Arbeiter, sondern auch der Gewerbetreibenden, welche den Arbeiterschutz durch⸗ geführt wissen wollen.
(Schluß des Blattes.)
Land⸗ und Forstwirthschaft. Saatenstand im nördlichen Kaukasus (Ciskaukasien). Falolge der schlechten Konjunkturen für Getreide und der un⸗
i
ünstigen Witterungsverhältnisse im Herbst v. J. hat sich die Ge⸗ sükenzcesd. e des Wintergetreides nicht unwesentlich vermindert. Schätzungsweise soll im Kuban, und Terekgebiet und im Gouverne⸗ ment Stawropol die Anbaufläche um 25 bis 30 %, stellenweise sogar bis 50 % hinter der des Vorjahres zurückbleiben. Insbesondere in den Terekniederungen bei Kislar ist der Getreideanbau stark zu Gunsten von Senf⸗ und Leinsaaten zurückgegangen. 8 Die mit Sommerkorn bestellte Fläche kommt der früherer Jabre annähernd gleich, da große Flächen Wintergetreides haben umgepflüg und mit Sommerkorn bestellt werden müssen. 6 Die Wintersaaten haben den Winter gut überstanden, sind aber später infolge der kalten und nassen Witterung in der Entwickelung zurückgeblieben. Theilweise ist das Korn “ oder ece haben die junge Saat vernichtet. Allein im Stawropolschen Kre sind deshalb 20 000 ha unter Sommerkorn umgepflügt worden. 88 Im allgemeinen stand das Winterkorn zu Ende v. M. im Nor 8 und Westen. Ciskaukasiens nicht befriedigend, im Süden und Ofter etwas besser. Die Sommerfaaten berechtigen, wenn sie auch in Entwickelung zurückgeblieben sind, zu guten Hoffnungen.
8
kglich au
Fündung
Fhampagner aus der Stadt Epernay bezeichnet und wurde diese Be⸗ Mark
Saäatenstand in Ita lien. Ueber den Stand der Saaten in Italien gehen uns folgende In Ligurien haben die Saaten unter der anhaltenden Trocken⸗ heit im sfrühjoh stark gelitten. In der Lombardei, Venetien und der Emilia läßt der Stand der Felder nichts zu wünschen übrig. In den Marken ist noch dem dort reichlich gefallenen Regen klares Wetter dringend erwünscht. In den Westprovinzen Süditaliens haben an⸗ haltende Regengüsse hinsichtlich der Saaten namentlich von Weizen einige Besorgniß erregt, während die Aussichten in den südlichen Ost⸗
rovinzen und Sizilien nach wie vor sehr gut sind.
Seaatenstand in Rumänien.
Infolge der insbesondere zu Anfang vorigen Monats herrschenden rauhen Witterung sind die Saaten im Wachsthum zurückgeblieben. Der Stand der Felder wird gleichwohl im allgemeinen als befriedigend bezeichnet, wenigstens hat Lie in der Entwickelung der Saaten ein⸗ etretene Verzögerung sich bis jetzt noch nicht als nachtheilig erwiesen. für Raps dagegen werden ernstlichere Befürchtungen gehegt, man nimmt an, daß die Hälfte der Saaten verloren sei. Die Heuernte soll vorzüglich sein. C11“
Handel und Geweorbe.
Die noch in jüngster Zeit wiederholt erörterte Frage, ob der § 16 des 11“ auf den Verkehr mit Schaumweinen Anwendung finde, welche im Zoll⸗ inlande hergestellt, dabei aber auf der Etiquette mit einer auf die Champagne hindeutenden Ursprungsangabe versehen sind, ist vom Ersten Strafsenat des Reichsgerichts in einem Er⸗ kenntniß vom 7. Mai d. J. in bejahendem Sinne ent⸗ schieden worden.
Die Gründe des reichsgerichtlichen Urtheils lauten, wiefolgt:
„Nach den thatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urtheils hatte bei der Industrie⸗- und Gewerbe⸗Ausstellung im Sommer 1895 zu St. eine Gesellschaft von Bierbrauern den Betrieb der Haupt⸗ Restauration übernommen und den Angeklagten als Direktor zur Leitung dieses Betriebes bestellt. Der Angeklagte war hierbei ver⸗ tragsgemäß verpflichtet worden, den an die Gäste zu verabreichenden Wein ausschließlich von einer Stiftskellerei (Gesellschaft mit be⸗ schränkter Haftpflicht) zu beziehen. Mit letzterer traf nun der asellasfe eine besondere Vereinbarung, wonach der Wein⸗ vertauf für Rechnung der Stiftskellerei gegen eine dem Angeklagten bewilligte Provision erfolgte. Die Stiftskellerei entwarf eine Wein⸗ farte und legte diesen Entwurf dem Angeklagten zur Genehmigung vor. Nach von seiten des letzteren erfolgter Prüfung und Genehmigung vurde diese Weinkarte mit der Bier⸗ und Speisekarte auf Veran⸗ sähjung der Stiftskellerei duͤrch den Druck vervielfältigt. Der Ange⸗ Nagte 88 dieses Gesammtpreisverzeichniß während der Ausstellung den Tischen zum Gebrauch der Gäste auflegen.
Auf diesem Preisverzeichniß sind unter den Getränken auch Schaumweine, verzeichnet und zwar in zwei Rubriken. Die eine Rubrik mit der Ueberschrift: „Moussierende Weine“ enthält deutsche Schaumweine zum Preise von 5 bis 8 ℳ die Flasche, die andere Rubrik mit dem Vordruck „Champagner⸗Weine“ eine Anzahl Wein⸗ sorten mit ausschließlich französischen Firmenbezeichnungen, darunter die von der Anklage betroffene Bezeichnung:
Nr. 92 Le Epernay. ¼1 Flasche 5 ℳ, ½ Flasche 2 ℳ 75. Die Etiquette auf den Flaschen dieser von dem Angeklagten verkauften Sorte enthält den Aufdruck:
Fleur de Sillery
Epernay Champagne.
Am unteren Rande der Etiquette befindet sich in kleinen Lettern der Zusatz: cuvée d'Epernay, mise en bouteille par économie de douane à Luxembourg.
Das angefochtene Urtheil hat hiernach den Thatbestand eines Vergehens wider § 16 des Gesetzes vom 12. Mai 1894 zum Schutze der Waarenbezeichnungen einwandfrei festgestellt und die gesetzlich zu⸗ lissige Strafe im Mindestmaß ausgesprochen. Die Angriffe der Revision erweisen sich als verfehlt. 1
1) Was zunächst die Frage der Thäterschaft anbelangt, so nimmt das angefochtene Urtheil als erwiesen an, daß der Angeklagte den in Frage stehenden, nach Weinkarte und Etiquette schon näher bezeich⸗ neten Wein feilgehalten habe, indem er die Weinkarten auflegen lieh, den Wein zur Verfügung seiner Gäste bereit hielt und auf Verlangen verabfolgen ließ. Obgleich er von der Gesellschaft der Bierbrauer als Direktor zur Leitung des Betriebes bestellt und ver⸗ abredungsgemäß den Wein von der Stiftskellerei zu beziehen hatte, welches Verhältniß die Revision als eine Anstellung bezeichnet, so übte er seine Thätigkeit doch, wie thatsächlich weiter fest⸗ gestelt, in eigenem Namen und in eigenem Interesse ans, wollte die That als seine eigene und stand that⸗ sächlih den Gästen gegenüber in dem Verhältniß eines Wirths. Da das Urtheil ferner als erwiesen annimmt, daß der Angeklagte als erfohrener Kaufmann und früherer Wirth die Verhältnisse genau ge⸗ kannt habe und dessen Wille auf Täuschung der Gäste gerichtet ge⸗ wesen sei, so läßt sich nach keiner Richtung ein Rechtsirrthum er⸗ kennen. Daß es bei der strafrechtlichen Beurtheilung auf das vvilrechtliche Verhältniß, welches zwischen dem ngeklagten einerseiis und den Bierbrauern und der Stiftskellerei andererseits bestand, nicht ankam, hat das Urtheil mit
echt erwogen, und wenn die Revision vermeint, der Angeklagte habe den Weisungen dieser seiner Auftraggeber folgen müssen, und weder das Recht noch die Pflicht gehabt, den Wein auf seine Identität zu prüfen, so übersieht sie, daß zur Begehung einer strafbaren Handlung keine Rechtspflicht bestehen kann. 1
2) Ebenso haltlos erweisen sich die weiteren Ausführungen der Revision, wonach eine Verletzung des § 16 des angeführten Gesetzes durch unrichtige Anwendung vorliegen soll. t
Nach den Feststellungen des Ürtheils ist der deutsche wie der französische Schaumwein ein Fabrikat und kein Naturprodukt. Ob nach dem Lvencherauch und den im Verkehr herrschenden An⸗ schauungen grundsätzlich für die Herkunftsbezeichnung von Fabrikaten nicht der Ort der Herkunft der Rohstoffe und der Halbfabrikate, sondern der Ort der Herstellung des Ganzfabrikats maßgebend ist, wie der erste Richter annimmt, kann dahingestellt bleiben. Für
aumweine hat derselbe in eingehender thatsächlicher Be⸗ nachgewiesen, daß die Benennung eines Orts auf
einkarten und Etiquetten von dem Ort, wo der Wein hergestellt wird, dem Fabrikationsorte, verstanden werden muß. d eigentliche Fabrikation des in Frage stehenden Weins erfolgt aber n Luxemburg, wo die Behandlung in der Flasche beginnt und durch⸗ geführt wird. Alle diese Feststellungen sind thatsächlicher Natur und unterliegen daher nicht der Nachprüfung des Revistonsgerichts. Sie bülden jedoch die Unterlage für die rechtliche Beurtheilung, 5 welcher als hier nicht interessierend die weitere Frage uner⸗ Uükert bleiben kann, inwiefern irreführende Angaben über den Fbelugsort des Rohweins strafrechtlich verantwortlich machen 1 nnen. Die Ausführungen der Revision, daß der ” bo erster Reihe als ein Naturprodukt zu erachten sei, dessen Be⸗ andlung in der Champagne mit dem sogenannten Verschneiden be⸗ Fenne und in Luxemburg nach der in Epernay üblichen Methode zu vnbe geführt werde, können gegenuüber jenen thatsächlichen Feststellungen es angegriffenen Ürtheils keine Beachtung finden. der Wie fodann dos Ürtheil weiter thatsaͤchlich festgesteflt hat, war er Wein der. Firma Le auf der Weinkarte als echter
ung noch ergänzt durch die Etiqueiten der Flaschen, welche die e „Fleur de Sillery“ trugen und die Bemerkung enthielten,
gabe des Fabrikationsorts
a. der Rohw in eczält g 8 der Zollersparniß halber in Luxemburg in vIhsesa
Wenn nun auf Grund dieser Feststellungen das Urtheil zu dem Schluß gelangt, daß diese Ortsangabe falsch und geeignet war, bei den Konsumenten des Weins einen Irrthum zu erregen, so ist hierin kein Rechtsirrthum zu finden. Allerdings durste die Firma Le.... in Epernay diese ihre Firma auf die Etiquetten des von ihr ge⸗ lieferten Weins setzen, aber sie durfte dies unter den festgestellten Verhältnissen nur in einer Weise thun, daß ein Irrthum über die wahre Herkunft des Weins ausgeschlossen war.
Im Hinblick auf § 16 des angeführten Gesetzes vom 12. Mai 1894 kann es sich sonach nur noch fragen, ob der erregte Irrthum sich auf die Beschaffenheit und den Werth des Weins bezog. Hierbei geht das Urtheil von der Annahme aus, daß der verkaufte Wein aus 2 Rohwein bestand, der genau nach der in Epernay üblichen
ethode verarbeitet war, sodaß also ein stofflicher Unierschied zwischen diesem und dem echten, in Epernay fabrizierten Champagner öG Gleichwohl wurde der angeführte § 16 mit Recht an⸗
Das angefochtene Urtheil geht hierbei von der Erwägung aus, daß die Begriffe Beschaffenheit und Werth einer Waare nicht in rein objektivem Sinne zu verstehen seien; daß es nicht ausschließlich auf Struktur, chemische Zusammensetzung und Aussehen der Waare an⸗ komme; daß es sich vielmehr schon dann um die Beschaffenheit und den Werth einer Waare handle, wenn deren Herkunftsort nach den Anschauungen des Verkehrslebens die Beurtheilung der Qualität und die Preisbemessung 2
Diese Erwägungen sind nicht rechtsirrthümlich. Es liegt den⸗ selben der richtige Gedanke zu Grunde, daß für Verhältnisse, wie die hier in Frage stehenden, die Imponderabilien des Geschmacks der Konsumenten — sei es des physischen, sei es des intellektuellen Geschmacks — Faktoren der Be⸗ schaffenheit und des Werths der Waare bilden. Dieselben müssen sogar als in objektiver Verbindung mit der Waare stebend gedacht werden. Nach den thatsächlichen Feststellungen des Urtheils genießt nun Champagnerwein aus Epernay in den Kreisen der Konsumenten ein größeres Ansehen und wird deshalb theurer bezahlt als nichtfranzösischer, insbesondere Schaumwein aus Luxem⸗ burg. Hier begründet sonach der Geschmack der Konsumenten die Verschiedenheit in Gb Beschaffenheit und Preis des Weins.
egen eine andere Auslegung des Gesetzes, die dasselbe im Hin⸗ blick auf die Bestimmungen des Straf esetzbuchs über Betrug und des sogenannten Nahrungsmittelgesetzes wohl für die wichtigsten Fälle als überflüssig erscheinen ließe, streitet zunächst dessen ganze Tendenz. Dasselbe will einer besonderen Art des unlauteren Wettbewerbs in Handel und Gewerbe entgegentreten; für den Wettbewerb aber giebt die Anschauung des Verkehrs und der Geschmack der Konsumenten in der Hauptsache den Ausschlag.
Für die dem Urtheil zu Grunde liegende Auslegung des Gesetzes sprechen außerdem dessen Motive, die das unlautere Bestreben er⸗ wähnen, durch unrichtige Ursprungsangaben gewissen Waaren „ein unberechtigtes Ansehen“ zu verschaffen und es als nothwendig be⸗ zeichnen, diesem Bestreben mit der Strenge des Gesetzes entgegenzu⸗ treten (vgl. Motive S. 17). Auch aus den gesetzgeberischen Vor⸗ verhandlungen ergiebt sich, daß nach übereinstimmender Ansicht aller ,5.8 gerade für Fälle, wie der vorliegende, der jetzige § 16 des
esetzes den erforderlichen Schutz gewähren sollte (vgl. Drucksachen des Reichstags 1893/94, Kommissionsbericht Nr. 298 Seite 1426, Stenographischer Bericht der Reichstagsverhandlung vom 16. April 1894 Seite 2170 — 2172). Endlich ist auch nicht zu verkennen, wie Richter mit Recht hervorhebt, daß die An⸗ einer Waare in den Augen der
onsumenten eine gewisse Garantie dafür bietet, daß der Rohstoff echt und die Fabrikationsweise richtig sei, sodaß der hierüber
dies der erste
Flerregte Irrthum auch hiernach nicht ohne Beziehung zu der objektiven Beschaffenheit des Fabrikats ist.
Ein Rechtsirrthum liegt demnach auch in diesem Punkte dem Urtheil nicht zu Grunde. 1 Der Irrthum, zu dessen Erregung die falsche Bezeichnung des
ssegeitattongart⸗ geeignet war, wurde auch, wie der erste Richter fest⸗ t
cch den schon erwähnten Standzusatz auf den Etiquetten
ellt, nicht dure Diese auf schlüssige Momente gegründete 88 t
der Flaschen beseitigt. ie 1 —
stellung ist gleichfalls thatsächlicher Natur und in der Revi
nicht angreifbar. “ Das Rechtsmittel war hiernach zu verwerfen..“
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2
ECEE11“ 8 1“ W1166““* Zwangs⸗Versteigerungen.
Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin stand am 15. Juni das Grundstück Potsdamerstraße 79a belegen, dem Bankdirektor Hermann Friedmann gehörig, zur Versteigerung Fläche 4,52 a. Nutzungswerth 12 060 ℳ Mit dem Gebot von 205 000 ℳ blieb der Ingenieur L. Lewinsohn, Viktoriastraße 35, Meistbietender. — Aufgehoben wurde das Verfahren der Zwangs⸗ versteigerung, betreffend das Wwe. C. Enke'’sche Grundstück, Katzler⸗ straße 2 belegen. 1
Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin. Das Ver⸗ fahren der Zwangsversteigerung des im Grundbuche von Schöne⸗ berg Band 50 Blatt Nr. 1779 auf den Namen des Malermeisters Pauß Lück zu Berlin, Lortzingstraße 14, eingetragenen, zu Schöne⸗ berg, Barbarossastraße 5, belegenen Grundstücks ist aufgehoben, da der die Zwangsversteigerung betreibende Gläubiger Amtszimmer⸗ meister August Koebe zu Schöneberg den Antrog auf Zwangs⸗ versteigerung zurückgenommen hat. Die Termine am 11. und 15. August 1896 fallen fort. — Eingestellt wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung, betreffend das Grundstück zu Steglitz an der „Neuen Straße“ bezw. an der Schloß⸗ und Neuen Straße be⸗ legen, dem Maurermeister Robert Drews zu Steglitz, Kurfürsten⸗ straße 9 wohnhaft, gehörig. 9 8 8
Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Schlacht⸗ viehmarkt vom 13. Juni 1896. Auftrieb und Marktpreise nach Schlachtgewicht mit Ausnahme der Schweine, welche nach Lebend⸗ ewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 3573 Stück. (Durch⸗ sbraintnregs für 100 kg.) I. Qualität 106—108 ℳ, II. Qualität 4 — 104 ℳ, III. Qualität 82 — 90 ℳ, IV. Qualität 70 —78 ℳ — Schweine. Auftrieb 3270 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 74 — 76 ℳ, Landschweine: a. gute 70 — 72 ℳ, b. ge⸗ ringere 62 — 68 ℳ, Galizier —,— ℳ, leichte Ungarn —,— ℳ, bei 20 % Tara. Bakonyer —,— ℳ bei — kg Tara pro Stück. — Kälber. Auftrieb 2001 Stück. Eveir drren für 1 kg.) 1. Qualität 1,04 — 1,14 ℳ, II. Qualität 0,88 — 1,02 ℳ, III. Qua⸗ lität 0,76 — 0,86 ℳ — Schafe. Auftrieb 10 133 Stück. (Durch⸗ schnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 0,92 — 1,00 ℳ, II. Qualität 0,88 — ,90 ℳ, III. Gualität —,— ℳ 1— 8-
Berliner Wollmarkt. 15. Juni. Die Einlagerung zum Wollmarkt auf dem Zentral⸗Viehhof in der Eldenaerstraße vollzieht sich in ruhiger Weise und ergiebt his jetzt annähernd ein Quantum von 4500 Ztr. Da jedoch heute noch fortgesetzt Einlieferungen statt⸗ finden, viele Posten auch unangemeldet einlaufen, die noch vor Beginn des Marktes mitgerechnet werden, so ist eine genaue scfer der Gesammteinlieferung bis zur Stunde nicht festzustellen gewesen. Auf den Stadtlagern hat die Einlagerung der Wollen sehr ruhigen Fortgang genommen. Jedenfalls ist geführt als sonst; irgend welche nennenswerthen Abschlüsse sind nicht bekannt geworden. Seitens der abrikanten, welche die Lager besichtigten, zeigte sich namentlich Kauflust für bessere Wollen. Die heutige Wollversteigerung vom deutschen Merinoverein nahm günstigen Verlauf, doch lagen genaue vSg bei Schluß unseres Berichts noch nicht vor. Soweit sich bis jetzt auf eine Tendenz für den hiesigen Markt schließen läßt, so ist dieselbe ruhig, aber fest; jedenfalls g anzunehmen, daß sich gegen das Vorjahr eine Preissteigerung, namentlich für feinere Wollen, durchsetzen lassen wir
auch hier wenigcn zu⸗
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Verkehrs⸗Anstalten.
Rotterdam, 14. Juni. . T. 9½ Niederländisch⸗ Amerikanische Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft. Der Dampfer „Spaarndam“, von Rotterdam nach New⸗York, ist gestern früh in New⸗York angekommen. Der Dampfer „Maasdam“, von New⸗York nach Rotterdam, ist Sonnabend Nachmittag von New⸗York
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Theater und Musik.
Efetee 1 „Soldatenherzen“, Vaterländisches Schauspiel aus der Zeit Friedrich's des Großen in einem Aufzuge von Adolf Rose, be⸗ titelt sich die Novität, die gestern der Aufführung von Lee's „Schlag⸗ baum“ voraufging. Sie behandelt eine Episode aus dem Leben des Großen Königs, die sich nach der waanthe. Schlacht bei Kunners⸗ dorf im Dorfe Ruwen zugetragen haben soll, wo der König, nur von seinem Leibjäger begleitet, kurze Zeit Rast hielt. Hier erfährt er von einem Handel, den der im Dorfe wohnhafte Beteran Fri⸗ mann mit dem Sargschreiner Grudsky gehabt und der von dem Dorf⸗ richter zu Ungunsten Frimann's entschieden wurde. Frimann hatte nämlich, bevor er ins Feld zog, ein Fäßchen Linsen, unter welchen eine ersparte Geldsumme verborgen war, dem Sargschreiner in Ver⸗ wahrung gegeben. Als er nach drei Jahren sein Eigenthum zurück⸗ verlangte, fand er in dem Fäßchen nur Linsen vor; das Geld hatte der schurkische Schreiner entwendet. Umsonst sucht er vor dem Richter sein Recht geltend zu machen: der Sargschreiner schwört, nur Linsen erhalten und rückerstattet zu haben, und wird freigesprochen. Der König, der wider seinen Willen genöthigt ist, im Dorf zu verweilen, weil sein Pferd auf unerklärliche Weise verschwunden ist, unterzieht den Grudsky einem unfreiwilligen Verhör, in welchem er ihn mit salomonischer Weisheit der Schuld überführt. In diesem Augenblick kommt der alte auf des Königs Pferd ins Dorf gesprengt und überbringt die Meldung, daß er aus eigener Initiative den Truppen die Nachricht überbracht, daß der König, der für todt gegolten, im Dorfe Ruwen und am Leben sei, und so der Auflösung des Heeres vorgebeugt habe. — Datz Stück, das mehr als patriotisches Felesgie denn Schauspiel zu beurtheilen ist, ist nicht sehr dramatisch
und hat wie manches Werk dieser Art den Fehler, den großen historischen Hintergrund als Staffage für einen gar zu unbe⸗ eutenden Vorgang dienen zu lassen. Die Charakteristik der einzelnen ” onen ist nicht scharf genug, ja 188 die am meisten interessierende estalt des Königs, wie se hier erscheint, entbehrt der Züge, welche dem Zuschauer eine Ahnung von der 1S dieses Monarchen einzuflößen im stande wären. Gespielt wurde sehr gut. Den König verkörperte Herr Kraußneck mit Würde und dem Bestreben, den Charakter zu ver⸗ tiefen. Keck und mit dem erforderlichen Uebermuth spielte Frau Prasch⸗ Grevenberg den Sohn des alten Frimann, Jörg, der dem König, ohne ihn zunächst zu erkennen, den Hergang des Handels mit dem Sargschreiner berichtet. Von den übrigen Mitwirkenden thaten sich Herr Bassermann als Frimann und Herr Pohl als Sargschreiner hervor. Das Publikum ließ sich von dem patriotischen Stimmungs⸗ S des vom Intendanten Prasch sorgfältig inscenierten Stückes zu auten Beifallsbezeugungen bewegen und rief am Schlusse den Autor mehrmals auf die Bühne. 1“
Im Königlichen Opernhause wird morgen Auber's F Diavolo“ unter Kapellmeister Weingartner’s Leitung gegeben. m Donnerstag geht zur Erinnerung an die vor 25 Jahrkn stattgehabte erste Aufführung im Königlichen Schauspielbause Karl Maria von Weber's Oper „Der Freischütz“ unter Kapellmeister Dr. Muck'’s Leitung in Scene. Die für diesen Tag angesetzt gewesene „Lohen⸗ grin“⸗Aufführung findet am Montag, den 22. d. M., statt.
Im Neuen Königlichen Opern⸗Theater gehen morgen Humperdinck's Märchenspiel „Hänsel und Gretel“ und das Ballet „Die Puppenfee“ in Scene.
Im Königlichen Schauspielhause wird morgen das Lust⸗ spiel von Adolf L'Arronge „Doktor Klaus“ gegeben.
Im Schiller⸗Theater findet morgen die letzte Aufführung von „Viel Lärm um Nichts“ mit Frau Clara Meyer als Beatrice statt. Als nächste Gastrolle wird Frau Clara Meyer die Adelheid von Runeck in Gustav Freytag's „Journalisten“ spielen.
In dem Konzert, welches am Freitag voriger Woche im Garten des Neuen Königlichen Opern⸗Theaters von dem Must⸗ korps des 2. Garde⸗Regiments z. F. unter Leitung des Königlichen Musikdirigenten Max Graf ausgeführt wurde, gelangte eine von Professor Franz Kullak komponierte „Feierliche Musik“ nach den Worten des Hochseligen Kaisers Friedrich: „Lerne leiden, ohne zu klagen“ zum ersten Mal hierselbst zu Gehör. Das Werk ist durch⸗ weg sehr melodisch und erreicht am Schluß beim Erklingen der Volkshymne „Heil Dir im Siegerkranz“ den Höhepunkt der Wirkung. Die Komposition fand vielen Beifall.
Bei dem nächsten Orgelvortrage des Musikdirektors Dienel, welcher am morgigen Mittwoch, Mittags 12 Uhr, in der Marienkirche stattfindet, werden Fräulein Anna Petri, Frau Gertrud Thomas, Fräulein Lotte Dienel, Herr Heinrichs und Herr Paul Bratz mit⸗ wirken. Zur Aufführung gelangen Kompositionen von Seb. Bach, Martini, Beethoven, Händel, Karow, hesse Blumner, Blumenthal, Guilmant und Dienel. Der Eintritt ist frei. 8
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Mannigfaltiges. 8
Seine Majestät der Kaiser und König haben gestattet, nachstehenden neuen Straßen und Plätzen folgende Namen bei zulegen: Der Straße 60 der Abtheilung I des Bebauungsplans der Umgebungen Berlins den Namen „Oberbaum⸗Straße“, der Straße 2a der Abtheilung II des Se den Namen „Müllenhoff⸗ Straße“, der Straße 12a derselben Hne!; den Namen „Am Urban“, dem neuen Hafen unweit des Urban den Namen „Urban⸗ Hafen“, dem östlichen Theile der Wilmsstraße zwischen dem Platz am Urban und der Straße 14a der Abtheilung II des Bebauungsplans den Namen „Plan⸗Ufer“, der nördlichen Kanal⸗ uferstraße vee e⸗ der Bärwald⸗Brücke und der Einmündung in die Gitschiner Straße den Namen „Sedan⸗Ufer“, den beiden Straßen⸗ zügen 1a und 7 der Abtheilung VIII des Bebauungsplans den Namen „Wiclef⸗Straße“, der Straße 862 der Abtheilung IX des Bebauungsplans den Namen „Volta⸗Straße“, der Straße 69 der Abtheilung X2 des Bebauungsplanes den Namen „Stock⸗ holmer Straße“, dem Plghe K derselben Abtheilung den Namen „Brunnen⸗Platz“, der . 13a der Abtheilung XII des Bebauungsplans den Namen „Gneist⸗Straße“, der Straße 14 der⸗ selben Abtheilung den Namen „Schliemann⸗Straße“, dem Plaße A. derselben Abtheilung den Namen „Senefelder⸗Platz“, der im Nord⸗ osten der Gethsemane⸗Straße geschaffenen platzartigen Erweiterung den Namen „Gethsemane⸗Straße“, der Straße 16a der Ab⸗ theilung XIIIi des Bebauungsplans den Namen „Werneuchener Straße“, der Straße 58 b der Abtheilung XIII2 des Bebauungs⸗ plans den Namen „Schreiner ⸗Straße“, der Straße 41 der Abtheiluug XIV. des nee. den Namen „Stralauer Allee“, der Straße 45 derselben Abtheilung den Namen Hohenlohe⸗Straße“, der Straße 46 derselben Abtheilung den Namen „Caprivi⸗Straße“, dem Platz L derselben Abtheilung den Namen „Warschauer Platz“, dem Platze H derselben Abtheilung den Namen „Rudolf⸗Platz“, dem Platz vor der Waisen⸗Brücke am linken Spreeufer den Namen endlich der im 33ge der M--⸗ -. se neuerbauten Brücke über den Kanal den Namen „Wiener 2 8.
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