1896 / 142 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 16 Jun 1896 18:00:01 GMT) scan diff

Nachdem am 8. v. M. im Weißen Saale des Königlichen Schlosses hierselbst die Vertreter aller an der freiwilligen Kranken⸗ pflege betheiligten zu einer erhebenden Erinnerungsfeier sich zusam mengefunden hatten, vereinigen sich nunmehr sämmtliche Ver⸗ bände der deutschen Frauenvereine vom Rothen Kreuz: der Preußische Vaterländische Frauenverein, der Bayerische Frauen⸗ verein, der Sächsische Albertverein, der Württembergische Wohlthätig⸗ keitsverein, der Badische Frauenverein, der Hessische Aliceverein, der Mecklenburgische Marienverein und das Patriotische Institut der Frauenvereine für das Großberzogthum Sachsen in den Tagen vom 18. bis 20. d. M. in Würzburg zu einem Verbandstage, auf welchem die Grundzüge für die fernere Vereins⸗ thätigkeit berathen werden sollen. Welche Bedeutung diesen Ver⸗ handlungen zukommt, zeigen die zur Tagesordnung stehenden Themata. Es haben, wie „Das Rothe Kreuz“ schreibt, angemeldet: der Preu⸗

ische Vaterländische Frauenverein das Thema: Organisation einer achgemäßen ersten Hilfe bei Unfällen und plötzlichen Erkrankungen“ und „Begründung von Volksheilstätten für Lungenkranke“ (Referenten: Stabsarzt Dr. Pannwitz und Landesrath Meyer); der Bagyerische rauenverein: „Schutz des Rothen Kreuzes gegen Ausnutzung durch

eklame ꝛc.“ (Referenten: General⸗Major z. D. Keim und Oberst

z. D. -e as von Rotenhan), „Vereinbarungen über Beorderung der Schwestern des Rothen Kreuzes in Krankenstationen außerhalb der Grenze des eigenen Verbandes“ (Referenten: General.Major z. D. Keim

und Freiherr von Tucher), „Errichtung von Haushaltungsschulen in

e den Kranken und Armen dienen, an eine organisierte Armenpflege“ (Referent: Professor Gümbel); der Badische Frauenverein: „Gewinnung und Erhaltung von Pflegekräften aus gebildeten Ständen“ (Referent: Oberst Stiefbold), „Die Wochenpflege für arme Frauen auf dem Lande“ (Referent: Medizinal⸗Rath Dr. Heasee. das Patriotische Institut der Frauenvereine des ums Sachsen: „Gemeinde⸗ pflege und Pfarramt in ihrer gegenseitigen Ergänzung“ (Referent: Pfarrer Ernst).

Der Rosenmonat bringt der Berliner Gewerbe⸗Aus⸗ 1896 einen besonders schönen Schmuck: Die vor zwei Jahren begonnenen Pflanzungen sind nun zu außergewöhnlicher Pracht erblüht, und die Ausstellung bietet den Besuchern ein Rosen⸗ Fastenrf von solcher Schönheit, daß dieser Ausschnitt des Aus⸗ tellungsgeländes allein den Besuch lohnend machen würde. Daneben aber ist auch die Blüthenpracht der en auf der Höhe angelangt. Nicht alle Obstsorten haben dieselbe Fülle und denselben Reichthum an Früchten aufzuweisen, aber alle sind reichlich damit be⸗ deckt, und namentlich die zum theil ganz neu konstruierten kühnen Spalierobstanlagen werden nicht nur die Bewunderung des Publikums, sondern auch die Beachtung der Fachkenner finden.

In der Stadt wurden gestern Extrablätter feilgeboten, in denen von einem auf der elektrischen Rundbahn in der Gewerbe⸗ Ausstellung vorgekommenen Unglück mit 29 schweren Verletzungen berichtet wurde. Wie der Arbeitsausschuß berichtigend mittheilt, sind allerdings auf der Rundbahn am Sonntag zwei Wagen aufeinander⸗ gefahren, aber es hat dabei nur Glassplitter gegeben, durch welche ein Passagier eine Hautabschürfung an der Stirn und ein anderer eine kleine Wunde am Augenlied davontrug. Beide Herren konnten, nachdem ihnen in der Sanitätswache die nöthige Hilfe zu theil ge⸗ worden, ihren Weg fortsetzen. b

Die historische Ausstellung, die der „Verein für die Ge⸗ schichte Berlins“ in der Heiligengeistkirche in Alt⸗Berlin veranstaltet hat, wurde gestern Nachmittag für das Publikum geöffnet. Unter den ausgestellten Stücken sind die bildlichen Darstellungen in der Mehrzahl. Es finden sich bhier zahlreiche Kupfer⸗ und Stahl⸗ stiche, Radierungen, Aquarelle und Oelbilder aus ältester und neuerer Zeit, die in ihrer Gesammtheit und in Verbindung mit zahlreichen Stadtplänen früherer Jahrhunderte ein vollständig übersichtliches Bild des alten Berlin geben und die Wandlungen, welche die Stadt seit ihren Anfängen durchmachte, in charakteristischer Weise veranschaulichen. Am deutlichsten spricht für diese Wandlungen der ausgestellte Adreßkalender aus dem Jahre 1713, der von der Größe eines mäßigen Notizbuchs und nur 178 Seiten stark ist. Auch der Jahrgang der „Berliner Privilegirten Zeitung“ von 1742 ist nur ein unscheinbares Bändchen. Unter den zahlreichen

Ferches die berühmte und bekannte Persönlichkeiten aus verschiedenen 8 ahrhunderten darstellen, fehlt sogar der volksthümliche Vorgänger des heutigen Dienstmannes, der „Eckensteher“ nicht, der noch manchem in der trefflichen Darstellung Beckmann's im Ge⸗ dächtniß leben mag. uch zahlreiche Karikaturen aus der Zeit

e; und Landorten und Angliederung der Frauenvereine, soweit 1

Wetterbericht vom 16. Juni,k;,.“ 8 Uhr Morgens. ——— Königlich

E

der Bürgerwehr sind vorbanden. Von besonderem Interesse ist ferner eine reiche Sammlung von Bildnissen künstlerischer Größen, welche die Glanzzeit unserer Hoftheater repräsentieren, und in der selbst⸗ verständlich auch Iffland, Ludwig Devrient, Frau Crelinger u. A. zu. nicht fehlen. Von seltener Schönheit sind außerdem die ausgestellten prächtigen Glasmalereien, die das Königliche Institut für Glasmalerei den Veranstaltern der Ausstellung freundlichst überlassen hat, und nicht minder fesselnd die der Stadt Berlin gehörigen alten Urkunden aus den Jahren 1338 bis 1410. Erwähnt seien noch eine prächtige, holzgeschnitzte alte Pendule, eine originelle, einer Kommode gleichende Orgel, die Friedrich der Große 1757 der Böhmischen Brüdergemeinde schenkte, eine prachtvoll seschnigte Kirchentruhe sowie andere antike Schnitzarbeiten, werthvolle Bronzen, ausgestellte Waffen, Porzellan⸗ und Steingutgeschirre. Alles in allem bietet die Ausstellung, die auch das Bild des Geheimen Hofraths Louis Schneider, des Gründers des Vereins für die Geschichte Berlins, zeigt, eine Fülle des An⸗

regenden und Unterhaltenden.

Stettin, 15. Juni. Die „Institution of Naval Architects“ langte heute Mittag um 412 Uhr an der Werft des „Vulcan“ an, besichtigte das in voller Thätigkeit befindliche Werk 1 ½ Stunden lang und kehrte dann mittels Dampfers nach Stettin zurück. Nach einem im Konzert, und Vereinshause eingenommenen Frühstück erfolgte um 4 Uhr 55 Minuten die Rückfahrt nach Berlin.

Thorn, 15. Juni. In Wangerin (Kreis Thorn) tödtete am Sonnabend der Blitz zwei Arbeiter und verletzte einen dritten schwer. Die Arbeiter hatten unter einer Pappel Schutz gesucht.

Kiel, 16. Juni. Die Renn⸗Yacht Seiner e des Kaisers „Meteor“ ist heute von England hier eingetroffen.

Hannover, 13. Juni. Der Preußische Beamten⸗ Verein in Hannover, Versicherungsanstalt für deutsche Beamte einschließlich der Geistlichen, Lehrer, Rechtsanwalte, der geprüften

rchitekten und Ingenieure, Redakteure, Aerzte, Zahnärzte, Thierärzte und Apotheker, sowie der Privatbeamten) hielt gestern seine XIX. ordentliche Generalversammlung ab. Nach dem Geschäͤftsbericht betrug der „Tö“ Ende 1895 42 362 Policen über 133 647 760 118b und 291 915 jährliche Rente und zeigte im Geschäftsjahr 1895 einen reinen Zuwachs von 3391 Policen über 12 579 940 Kapital und 50 660 jährliche Rente. Die Prämien⸗ reserve stieg von 25 429 236 34 auf 29 514 686 07 ₰. Die wirkliche Sterblichkeit ist um 50,05 % hinter der erwartungs⸗ mäßigen zurückgeblieben, sodaß die Ausgabe für Sterbefälle nur 732 500 betrug, während man auf eine Ausgabe von 1 466 601 gefaßt sein mußte. Die Verwaltungskosten sanken von 91 für jede 1000 Versicherungskapital im Jahre 1894 auf 88 im Jahre 1895. Diesen großen Ersparungen entsprach die Höhe des Ueberschusses im Betrage von 1 241 557 61 ₰, sodaß die Mittel reichlich vorhanden sind, um wieder eine Dividende von 4 ½ % der Prämienreserve zu vertheilen. Die Jahresrechnung schließt in Soll und Haben mit 34 828 927 54 ₰. Nach Entgegennahme des Geschäftsberichts und nach Ertheilung der Entlastung wurde be⸗ schlossen: aus dem Uebesschu nach § 33 der Statuten 30 % mit 372 467 28 dem Sicherheitsfonds, sowie 3 % mit 37 246 73 dem Kriegs⸗Reservefonds zuzuführen, 750 111 66 oder 4 ½ % der. Prämienreserve an die Mitglieder als Dividende zu ver⸗ theilen, 20 000 dem Beamten⸗Pensionsfonds, 50 786 28 ₰, dem Dividenden⸗Ergänzungsfonds zu überweisen und den Rest im Betrage von 10 945 66 in den Fonds für etwaige Kursverluste zu legen. Dadurch sind die Fonds, welche das reine aktive Vereinsvermögen, dem keine Passiva gegenüberstehen, darstellen, auf 3 877 589 22 gewachsen; es enthält nämlich der Sicherheits⸗ fonds 2 612 710 08 ₰, der Kriegsreservefonds 600 104 67 ₰, der Dividenden⸗Ergänzungsfonds 361 999 91 und die sonstigen Fonds (Kautionsfonds, Beamten⸗Pensionsfonds u. s. w.) 302 774 56 ₰. Die wirklichen Verbindlichkeiten des Vereins aus den Ver⸗ sicherungs⸗Verträgen werden durch die Prämienreserve reichlich gedeckt. Die drei nach dem Statut ausscheidenden Mitglieder des Verwaltungs⸗ Senator Wülbern, Eisenbahn⸗Direktions⸗Präsident Reitzen⸗ und Rechnungs⸗Rath Morich wurden dur Zuruf Zu Mitgliedern der Revisionskommission wur⸗ Amtsgerichts⸗Rath und Land⸗Syndikus Graßdorf, Domänen⸗Rent⸗ ertretern: Schatzrath von Ober⸗Telegraphen⸗

raths, stein - wiedergewählt. den wiedergewählt: 1 Haccius, Eisenbahn⸗Sekretär meister a. D. Dettmer und zu deren Wersebe, Provinzial⸗Steuer⸗Sekretär Stlaecker,

als Gästen. Anfang 7 ½ Uhr.

Ensemble vom Carl Schultze⸗Theater in Hamburg, mit Julie Kopaczy⸗Karczag und Eduard Steinberger d.

Sekretär Gleue. Die Drucksachen des Vereins, insbesondere die Hefte „Statuten und Reglements“, „Geschäftsplan“, „Einrichtungen und Erfolge“ und „Für die Vertrauensmänner und Mitglieder’ stehen jedem Interessenten kostenfrei zur Verfügung.

Nürnberg, 15. Juni. Heute trafen hier 20 Mitglieder de bayerischen Kammer der Reichsräthe zur Besichtigung 5 Ausstellung ein. 8

Budapest, 15. Juni. Der internationale Journalisten⸗ Kongreß wurde heute im Prunksaal des hiesigen Stadthauses eröffnet. Im Vestibül und auf den Treppen bildeten städtische in Galakostüm Spalier. Die Mitglieder des Kongresses atten sich in großer Zahl Seitens der Regierung waren der Minister⸗Präsident Baron Banffy, der Kultus⸗Minister Wlassies, der Handels⸗Minister Daniel, der Minister für Ackerbau Dr. Daranyvi und die Staatssekretäre von Vörös und silinsky anwesend, ferner der Ober⸗Bürgermeister von Budapest Rath, die Abgeordneten Dr. Wekerle, Jokar, Horvath, Berceviezy und Kossuth und der Korps⸗Kommandant Prinz von Lobkowitz. Die Berathung wurde durch das ungarische Comité geleitet. dessen Präsident Eugen Rakossi die Sitzung eröffnete. jerau ergriff der Kultus⸗Minister das Wort, um im Namen der Regierung die Theilnehmer des Kongresses zu begrüßen. Im Namen der Hauptstadt hieß sodann der Ober⸗Bürgermeister Rath die Gäste willkommen. Nach der Verlesung der Mitgliederliste erfolgte die Konstituierung der Bureaux nach Ländern und Jour⸗ nalistenvereinen. Nachmittags fand im Festpavillon der Aug⸗ stellung ein Festmahl welchem u. a. der Handels⸗Minister Daniel, mehrere Staatssekretäre und Abgeordnete sowie der Schrift⸗ steller Maurus Jöokai beiwohnten.

London, 15. Juni. Anläßlich der am 11. d. M. in Berlin abgebaltenen Feier des 200 jährigen Geburtstags des Feld⸗ marschalls Lord Keith sandte die Stadtvertretung von Peterhead, dem Geburtsort Keith's, ein Telegramm an Seine Majestät den Deutschen Kaiser, in welchem sie die Glück⸗ wünsche Peterhead's und des schottischen Volks übermittelte. Seine Majestät der Kaiser Wilhelm antwortete, dem „W. T. B.“ zufolge, in einem Telegramm, in welchem Allerhöchstderselbe der Bevölkerung von Peterhead seinen huldvollsten Dank für die freundliche, den Kaiser sympathisch berührende Beglückwünschung zur Feier des 200 jährigen Geburtstags des Feldmarschalls Lord Keith aus⸗ sprach. Keith sei ein hervorragender Soldat gewesen, mit allen den besten Eigenschaften, die geeignet waren, ihn von seinem Herrscher hochgeschätzt und bei seinen Soldaten beliebt zu machen. Tapfer und loyal bis zu seinem glorreichen Tode in der Schlacht bei Hochkirch, bleibe er für immer ein Vorbild für die Offiziere und Soldaten der deutschen Armee, besonders des Regiments, welches seinen. Namen trägt. Bei seinem Tode habe er abermals die Wahrheit des alten Spruchs bezeugt, daß Blut dicker sei als Wasser. b1u“

London, 15. Juni. Nach einer bei Lloyds eingegangenen De⸗ pesche aus Gravesend passierte dort der Dampfer „Claverley“ mit einem Loch im Bug und Wasser im Vorderraume. Der Kapitän berichtet, er sei gestern früh während Nebels bei Southwold mit dem Dampfer „Bertha' zusammengestoßen; letzterer sei untergegangen, von der Mannschaft seien 6 ertrunken.

Paris, 15. Juni. Der erste internationale Verleger⸗ Kongreß wurde heute unter dem Vorsitz des Handels⸗Ministers Boucher eröffnet. Der Minister begrüßte die machte auf die Bedeutsamkeit des Kongresses aufmerksam. Sodann wurde das Bureau konstituiert. Masson wurde zum Präsidenten er⸗ wählt; unter den Vize⸗Präsidenten befindet sich der Verlagsbuchhändler Engelhorn aus Stuttgart. 5

Tromgoe, 15. Juni. Der Nordpolfahrer Andree ist heute Morgen gegangen.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

arodistische Posse mit Gesang in 1 Akt von Jacobson und Benno Jacobson. Musik von

F. Roth. Anfang 8 Uhr.

Donnerstag: Charley’s Taute. Vorher: Die

rschienenen und

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am Bord der „Virgo“ nach ab-

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5 °C. = 40 R.

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22ö2ö2 S228 580 —E do ddSdo n 52SS8B2in ° Celsi

763

Regen

wolkenlos wolkenlos wolkenlos wolkenlos heiter

wolkenlos halb bed.

heiter heiter

4 wolkig

2 halb bed. 1 halb bed. 760 3 wolkenlos 762 4 wolkenlos 764 3 wolkenlos 765 3 wolkenlos

759 WNW Z wolkig 759 stil bedeckt 762 still bedeckt

Uebersicht der Witterung.

Der höchste Luftdruck 8 an der deutsch⸗russischen Grenze, gegenüber einem Feh nbeeg das die

757 758 758 762² 762 764 766 765

759 759 759 759 761

2gZ— .

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Britischen Inseln und Frankreich überdeckt. Dem⸗ entsprechend wehen über Zentral⸗Europa südöstliche Winde, unter deren Einfluß die warme Witterung überall fortdauert. In Deutschland ist das Wetter warm, heiter und trocken; zu Kaiserslautern und Friedrichshafen fanden Gewitter statt. Das De⸗ pressionsgebiet im Westen scheint sich ostwärts aus⸗ zubreiten, daher dürfte zunehmende Bewölkung zu⸗ nächst für das westliche Deutschland zu erwarten

8 Deutsche Seewarte.

haus. 155. Vorstellung. Fra Diavolo. Oper in 3 Akten von Auber. Text von Eugoͤne Scribe, bearbeitet von Carl Blum. In Scene esetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dekorative v enn. vom Ober⸗Inspektor Brandt Dirigent: Kapellmeister Weingartner. Anfang 7 ½ Uhr. Neues Opern⸗Theater (Kroll). 112. Vorstellung. Häusel und Gretel. Märchenspiel in 3 Bildern von Engelbert Humperdinck. Text von Adelheid Wette. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dekorative Einrichtung vom Ober⸗Inspektor Brandt. Dirigent: Professor Kleffel. Die Puppenfee. Pantomimisches Ballet⸗Divertissement von Haßreiter und Gaul. Musik von Joseph Bayer. In Scene gesetzt vom Balletmeister Emil Graeb. Dirigent: usikdirekter Steinmann. Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 163. Vorstellung. Doktor Klaus. Lustspiel in 5 Aufzügen von Adolph L'Arronge. In Scene ge vom Ober⸗Regisseur Max Grube

Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Opernhaus. 156. Vorstellung. Wagner⸗Cyelus. IV. Lohengrin. Romantische Oper in 3 Akten von Richard Wagner. (ohen⸗ grin: Herr Emil Götze, Königlicher Kammersänger, als Gast). Anfang 7 ÜUhr.

Neues Opern⸗Theater (Kroll). 113. Vorstellung. Der Trompeter von Säkkingen. Oper in 4 Akten nebst einem Vorspiel von Victor E. Neßler. Anfang 7 ¼ Uhr.

Schauspielhaus. 164. Vorstellung. Wie die Alten sungen. Lustspiel in 4 Aufzügen von Karl Niemann. Anfang 7 ½ Uhr.

Dentsches Theater. Mittwoch: Lumpaci⸗ vagabundns. Anfang 8 Uhr. onnerstag: Jugend. 1“ Freitag: Der Meister von Palmyra. 1 Berliner Theater. Mittwoch: Soldaten⸗ herzen. Der Schlagbaum. Anfang 7 ½ Uhr. onnerstag: König Heinri

Fereng⸗ (39. Abonnements Ihgorstellung): Zum ersten Male: Krieg im Frieden.

Lessing-Theater. Letzte Woche. Mittwoch: Waldmeister. Operette in 3 Akten von Gustay Davis. Musik von Johann Strauß. Ferenczy⸗

Donnerstag: Waldmeister. 8 8.

4

Residenz⸗-Theater. Direktion: Sigmund Lautenburg. Mittwoch: Der Stellvertreter. (Le Remplaçant.) Schwank in 3 Akten von William Busnack und Georges Duval. Deutsch von Max Schönau. Vorher: Erlauben Sie, Madame! Lustspiel in 1 Akt nach dem Französischen des Labiche, von Fr. Lichterfeld. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Der Stellvertreter. Vorher: Erlanben Sie, Madame!

erv“ usseestraße 25— 26. Direktion: Julius Ir sche.

Mittwoch: Spezialitäten⸗Vorstellung. Kräfte ersten Ranges. Anfang des Konzerts 6 Uhr. Anfang der Vorstellung 7 Uhr. Bei einbrechender Dunkel⸗ heit: Feeuhafte Illumination.

16“

Neues Theater. Schiffbanerdamm 4 a./5. Mittwoch: Tata⸗Toto. Vaudeville in 3 Akten von Victor Leon und F. Fe. nach Bilhaud und Barré. Musik von Antoine Banés. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Kapellmeister: Gustav Anfang 7 ½ Uhr. onnerstag: Zum vorletzten Male: Tata⸗Toto. Fettng, Zum letzten Male: Tata⸗Toto. onnabend: Erstes Gastspiel der Budapester Operetten⸗ und Ballet⸗Gesellschaft. duell. Das Franenbataillon.

Das Damen⸗

Theater Unter den Linden. Direktion: Julius Fritzsche. Mittwoch: Neu einstudiert: Das ud. Operette in 3 Akten von Witt⸗ mann und Bauer. Musik von Millöcker. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Das Sonntagskind.

Adolph Ernst-⸗Theater. Mittwoch: Char⸗ ley’s Tante. Schwank in 3 Akten von Brandon Thomas. Revpertoirestück des Globe⸗Theaters in London. In eene gesetzt von Adolph Ernst.

Vorher: Mit neuer Ausstattung: Die Bajazzi.

Bajazzi.

1 Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Johanna Klaassen mit Hrn. Kom⸗ merzien⸗Rath Georg Uah (Amsterdam-Lübeck).

Verehelicht: Hr. Assessor Dr. Arthur Friderici mit Frl. Adelhaid Lutterbeck (Gera). Hr. Oberst⸗Lieut. Max von Wrochem mit Frl. Léonie von Pelet⸗Narbonne (Berlin). Hr. Rittmeister Erich von Borcke mit Frl. Else Petersen (Mül⸗ heim a. Rh.).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Hauptmann Paul von Uthmann (Berlin). Hrn. Hauptmann Gustav Frhrn. von Berg Ceee 1 Rittmeister Bernhard von Sydow (Hannover).

rn. G. von VTschirschky und Boegendorff Kobelau). Hrn. Prem.⸗Lieut. Frhrn. von echmar (Schwerin). Hrn. Landrichter Dr. Bleichrodt (Charlottenburg). Eine Tochter: on. Rittergutsbesitzer Schultz (Pstronsna). rn. Axel von Kaphengst⸗Kohlow (Kohlow).

Gestorben: Hr. Geheimer Admiralitäts⸗Rath Hermann Gurlt G Fere⸗ Justiz⸗ Minister Hermann von Buchka (Schwerin i. M.). Hr. Ober⸗Landesgerichts⸗Rath a. D. Josef Wede⸗ kind (Seeg. Fr. Marie Brandt von Lindau, geb. von Hobe (Schmerwitz). Hr. Kammerherr Guido von Stoesser (Ra schig. Verw. Fr. Major Auguste Himpe, geb. Bittner Ete. au). Hr. Oberst⸗Lieut. a. D. Constantin Geicsler (Schweidnitz).

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.

Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagt⸗

Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage),

sowie die Inhaltsangabe zu Nr. 6 des vfen,; lichen Anzeigers (Kommanditgesellschaften Aktien u ktiengesellschaften) für die Woche

Anstalt Berlin SW., Wilbhelmstraße Nr. 32.

Deutscher Reichstag. 105. Sitzung vom 15. Juni 1896, 1 Uhr.

Zur zweiten Berathung steht zunächst die Uebersicht der Heeiche⸗Ausgaben und k ⸗Einnahmen für 1894/95. Die Rechnungskommission beantragt, die nachgewiesenen Etatsüberschreitungen, die in dem genannten Etatsjahr über 42 Millionen betragen, und die außeretatsmäßigen Ausgaben in Höhe von über 3 Millionen Mark vorläufig zu genehmigen, jedoch mit Ausnahme der im Militär⸗Etat bei dem Titel „Zn Versuchen im Bereich des Artilleriewesens“ u. s. w. vorge⸗ kommenen Ueberschreitung von 393 371 tragt die Kommission folgende Resolution: 8 Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, eine baldige Aende⸗ rung der Kaiserlichen Verordnung vom 23. April 1879, betr. die Umzugskosten für die gesandtschaftlichen und konsularischen Beamten,

8 rwägung zu nehmen. Reeferent Abg. Dr. Hasse (nl.) bemerkt zu letzterem Antrag,

Außerdem bean⸗

die zur Regel hohen Ueberschreitungen bei diesen

Umzugskosten nach Ansicht der Kommission dringend eine Aenderung der bestehenden Vorschriften nahelegten, zumal seitens der Vertreter der verbündeten Regierungen eine anderweitige Regelung nicht habe in Aussicht gestellt werden können.

Abg. Rickert (fr. Vgg.) weist darauf hin, daß der ersterwähnte dankenswerthe Antrag der Kommission bereits beim Kriegs⸗Minister die nöthige Wirkung ausgeübt habe, da dieser sofort daran gegangen sei, für das laufende Jahr die auch da bereits eingetretene Ueber⸗ schreitung durch Vorlegung eines Nachtrags⸗Etats nachträglich ge⸗ nehmigen zu lassen. Angesichts dieses Thatbestands beantragt Redner, auch die beanstandete Ueberschreitung vorläufig zu genehmigen.

Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts, Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:

Zwischen dem Herrn Kriegs⸗Minister und mir ist bereits in Aussicht genommen, in Zukunft diesen Titel 21 Kap. 37 „zu artille⸗ tistischen Versuchen“ übertragbar zu gestalten. Der Herr Kriegs⸗ Minister glaubte, daß dann die Verwaltung solche Ueberschreitung vermeiden würde.

Ich gestatte mir, zur Unterstützung des Antrags des Herrn Vor⸗ redners anzuführen, daß die Statistik unserer Finanzen ergiebt, daß die Etatsüberschreitungen in den letzten Jahren wesentlich abgenommen haben. Dieser Zustand ist namentlich auch durch die Bemühungen des Herrn Kriegs⸗Ministers eingetreten. 1894/95 ist sowohl beim Gesammthaushalt wie bei den Verwaltungen der verschiedenen Kon⸗ tingente eine Minderausgabe gegenüber dem Etatssoll zu verzeichnen gewesen. Daraus ergiebt sich offensichtlich das Bemühen, Etatsüber⸗ schreitungen zu vermeiden. Ich bitte Sie deshalb, dem Antrage Rickert zuzustimmen und den Passus des Berichts der Rechnungs⸗Kommission bezüglich der artilleristischen Versuche zu streichen.

Aus den vom Abg. Rickert entwickelten Gründen erklären sich auch die Abgg. Dr. von Marquardsen (nl.) und Dr. Lieber (Zentr.) unter dem Ausdruck der Anerkennung für die

8 der Kommission für seinen Antrag.

bg. Richter (fr. Volksp.) erkennt gern an, daß der jetzige Schatzsekretär es mit den Etatsüberschreitungen genau nehme. Er sehe aber nicht ein, weshalb man von dem korrekten Antrag der

Kommission abweichen solle. Abg. von Levetzow (d.⸗kons.) tritt namens seiner Fraktion

dem Antrag Rickert bei. Nachdem der Abg. Rickert nochmals seinen Antrag ver⸗

theidigt und dem Abg. Richter vorgeworfen hat, daß er lediglich an eine Formfrage sich klammere, während in der Sache allseitiges Einverständniß hergestellt sei, wird der Kommissionsantrag mit dem Antrag Reckert angenommen.

Zur zweiten Berathung steht ferner die Allgemeine Rechnung über den Reichshaushalt für das Etats⸗ jahr 1884/˙85. Diese Rechnung ist in den seitdem verflossenen ll Jahren noch nicht zur Entlastung gelangt (ebenso wenig die späteren Rechnungen), da über die Frage der justifizierenden Kabinetsordres eine Einigung zwischen dem Reichstag und dem Bundesrath nicht zu erzielen war. Obwohl eine solche auch jetzt noch nicht erzielt ist, beantragt die Kommission dennoch die Decharge, da der Reichskanzier resp. der Reichs⸗Schatzsekretär in bestimmte Aussicht gestellt habe, daß dem Reichstag die betreffenden Kabinetsordres hinfort zur Kenntniß gebracht werden sollen. Die Kommission ist der Meinung, daß der Reichstag sich zur Zeit mit dieser Konzession begnügen und die Streitfrage selbst, ob Seine Majestät der Kaiser oder ein anderer Kontingents⸗ herr auf dem Gebiete des Reichs⸗Finanzwesens zuständig sei, derartige Justifikationen eintreten zu lassen, auf sich beruhen lassen solle.

Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:

Meine Herren! Ich kann im Anschluß an das Referat des Herrn Vorredners erklären, daß diese summarische Nachweisung über die er⸗ gangenen Allerhöchsten Gnadenerlasse, welche ein Bild von der Rück⸗ wirkung dieser Gnadenerlasse auf die Finanzen des Reichs giebt, hinfort alljährlich der Uebersicht der Einnahmen und Ausgaben beigefügt werden wird. Sie finden diese Nachweisung in der Uebersicht der Einnahmen und Ausgaben für 1894/95 auf Seite 494.

Ich kann weiter erklären, daß der Herr Reichskanzler der Ansicht ist, daß er dadurch, daß die betreffenden Ausgabebeläge, auf welche sich die Allerhöchsten Gnadenerlasse beziehen, in die Rechnung des Reichs aufgenommen werden, auch die formelle Verantwortung für diese Gnadenerlasse übernimmt; ich erkläre aber, daß der Herr Reichs⸗ kanzler auch die materielle Verantwortung ausdrücklich übernimmt, und zwar deshalb, weil solche Gnadenerlasse nicht ergehen ohne seine vorherige Kenntnißnahme.

Die Frage, ob die Kriegs⸗Minister der einzelnen Kontingente oder der Reichskanzler die Allerhöchsten Gnadenerlasse gegenzeichnet, erscheint hiernach nur noch formeller Natur. Der Herr Reichs⸗ kanzler ist der staatsrechtlichen Auffassung, daß diese Allerhöchsten Gnadenerlasse auf dem Gebiet der Militärverwaltung nach wie vor seitens der Kontingentsherren unter Gegenzeichnung der betreffenden Kriegs⸗Minister ergehen müssen, und daß deshalb die Extrahierung einer nachträglichen Kaiserlichen Kabinetsordre über dieselben Ausgabe⸗

iger und Königlich Preußi

Berlin, Dienstag, den 16. Juni

beläge unter Gegenzeichnung des Reichskanzlers den Charakter einer Ratihabition tragen würde, die gegenüber den auf ihrem Hoheits⸗

brecht beruhenden Erlassen von Souveränen nicht zulässig sein würde.

Ich kann mich aus diesen Gründen den Anträgen des Herrn Referenten nur anschließen und bitte, da der Herr Reichskanzler in diesem Umfang ausdrücklich die Verantwortung für die Allerhöchsten Gefetes ein übernimmt, dem Antrag des Herrn Referenten statt⸗ zugeben.

Abg. Rickert spricht sich im Sinne der Kommissionsvorschläge aus. Die formelle Frage der Kontrasignatur werde damit allerdings bei Seite geschoben. Daß eine Reichs⸗Militärverwaltung überhaupt nicht existiere, habe bekanntlich Fürst Bismarck aufs entschiedenste be⸗ stritten, und sein Standpunkt sei noch heute derjenige seiner Partei⸗ freunde. Redner wünscht, daß endlich ein Komptabilitätsgesetz vor⸗ gelegt werde. Es sei gar nicht nöthig, daß Preußen auf diesem Gebiet vorangehe; der Partikularismus erhebe ohnehin wieder sein Haupt. Jedenfalls dürfe der Reichstag auch in Zukunft sein Prüfungs⸗ und Bewilligungsrecht auch in Bezug auf diese Allerhöchsten justi⸗ fizierenden Kabinetsordres nicht aus der Hand geben.

b Darauf wird dem Kommissionsantrag entsprechend die Entlastung für die Allgemeine Rechnung von 1884/85 aus⸗ gesprochen.

Es folgt die erste Berathung des Gesetzentmurfs wegen Abänderung des Gesetzes vom 22. Uhan 1891, 9 treffend die Kaiserliche Schutztruppe für Deutsch⸗ Ostafrika, und des Gesetzes vom 9. Juni 1895, betreffend die Kaiserliche Schutztruppe für Südwest⸗Afrika und für Kamerun.

Abg. Prinz Arenberg (Zentr.) beantragt Kommissionsberathung. Abbg. Dr. v. Bennigsen (nl.) fragt den Abg. Bebel, ob er für seine im Februar gegen die Kolonialverwaltung und gegen den Dr. Peters erhobenen schweren Angriffe mittlerweile die Beweise beschafft a

e. Abg. Dr. Hasse (nl.) ist auch dafür, die Vorlage der Budget⸗ kommission zu überweisen. Es werde jedenfalls die beste Lösung der entstandenen Schwierigkeiten sein, wenn die Militärs, die zur Schutz⸗ länppe kommandiert würden, aus dem deutschen Armeeverbande aus⸗ eden.

Abg. Bebel (Soz.) erklärt auf die Anfrage des Abg. von Bennigsen, daß er den Wohnort des Bischofs Kucker nicht habe ermitteln können, daß aber der Mann, der von dem Briefe Kenntniß gehabt habe, gestorben sei; seine Freunde in England hätten aus be sen arhesla noch nichts ermitteln können, und er habe deshalb 85 1.“ Amt bitten müssen, seinerseits Nachforschungen an⸗ zustellen.

Abg. Graf von Arnim (Reichsp.): Wenn in einem englischen Missionsblatte der Brief abgedruckt ist, warum hat Herr Bebel sich dieses Blatt nicht aus England kommen lassen? Wenn man auf der⸗ artige Vorgänge hin eine Anklage erhebt, wie der Vorredner, wenn man in dieser geschickten Weise 6 oder 7 Anklagen erhebt, so ist das bezeichnend für seine Partei. Er setzt wie der Roulette⸗ spieler auf sieben verschiedene Nummern in der Hoffnung, daß eine davon gewinnen wird. Die englischen Missionare würden keinen Augenblick gezögert haben, einen so kompromittierenden Brief

errn Bebel sogar portofrei zuzuschicken. Ob dieser abgedruckte

rief richtig war, das wäre eine andere Frage gewesen. ee Peters hat an das Auswärtige Amt schon längst einen Brief geschickt, wonach alle diese Anklagen unwahr 1— Die Schauer⸗ geschichte von der Henjcftun wegen Ehebruchs hat nicht Peters geschrieben, sondern die Engländer hatten dies an Peters geschrieben und er hat es von Magila aus sofort berichtigt. Ist es denkbar, daß wenige Tage darauf ein Mann gerade das Entgegen⸗ gesetzte schreiben wird und sich damit entschuldigt, daß er nach mohamedanischen Rechten getraut sei mit der Frau? Bezüglich der Soldatenmißhandlungen hat Herr Bebel auch schon Falsche Be⸗ hauptungen aufgestellt, so z. B. wegen der Ohrfeigengeschichte. Er bleibt dabei, es sei ein Brief geschrieben worden. Ich möchte doch den Reichstag bitten, solchen Anklagen etwas weniger Aufmerksamkeit zu schenken, als dies geschehen ist. Direktor Kayser hat schon damals er⸗ klärt, daß die Zeugen schon zweimal vernommen seien; neu sei nur der Brief an Tucker. Meiner Erfahrung nach scheint der Brief nur ein Erzeugniß der Phantasie. Ich empfehle, die zur Berathung stehende Vorlage der Budgetkommission zu überweisen. Die Einheit⸗ lichkeit der Verwaltung, der Organisation und Disziplin ist auch mit weniger scharfen Mitteln zu erreichen, als die Vorlage sie bringt. Es ist nicht nöthig, das Band zwischen den Offi⸗ zieren und dem Kriegs⸗Ministerium absolut abzuschneiden; die Offiziere brauchen nicht aus dem Armeeverband ent⸗ lassen zu werden; eine Beurlaubung genügt. Der zweite Theil der Vorlage, der den jungen Leuten gestattet, ihre Dienstzeit in den Kolo⸗ nien abzudienen, widerspricht dem ersten Theil, der die Offiziere von der Armee trennt. Sollen wir die Last des militärischen Schutzes allein tragen? Es sind durch die unseligen Verträge eine Menge Ausländer in die Kolonien gekommen. Sollen diese nicht auch zum Kriegsdienst herangezogen werden? Das möchte ich abweisen. Aber wir werden darauf hinauskommen müssen, den Ausländern eine erhebliche Wehrsteuer aufzuerlegen. Herr Hammacher hat die Damaraland⸗Konzession selber als ein Unglück bezeichnet; man hätte eingreifen können, denn innerhalb dreier Jahre sollte die Gesellschaft ihr Land begrenzen. Sie hat das aber nicht gethan, und es ist trotz⸗ dem alles beim Alten geblieben. 1

Abg. Bebel: Das Vorgehen liegt jetzt auf Seite des Aus⸗ wärtigen Amts. Bis das Ende der Untersuchung herbeigeführt ist, hätte Graf Arnim seine sittliche Entrüstung aufbewahren sollen. Auch wenn der Brief an Tucker nicht vorhanden ist, hat Herr Peters enügend an sich hängen, um ihn ein für alle Mal für ein Rei samt unmöglich zu machen. Ich gedenke durchaus nicht aus⸗ zuweichen. Ich habe kein Mittel, die englischen Herren, die sich mir gegenüber zurückhaltend benehmen, zur Herausgabe von Briefschaften zu zwingen. Der Reichsregierung gegenüber werden die Herren vielleicht freundlicher sein. Ohne Vermittelung der Reichsbehörden können diese Dinge garnicht geklärt werden; deshalb habe ich sie hier vorgetragen. 1

Abg. Richter: Nicht durch die Briefe an den Bischof Tucker ist die Aufmerksamkeit auf Herrn Peters gerichtet worden, sondern als er die Aufmerksamkeit auf sich zog, prüfte man die kolo⸗ niale Thätigkeit des Herrn Peters, die zum theil schon durch sein Buch über die Emin Pascha⸗Expedition allgemeiner bekannt geworden war. Wenn die Reichsregierung nicht zu Herrn Peters sich der That ver⸗ sehen hätte, so würde sie kaum eine neue Untersuchung angestellt haben. Ich glaube auch nicht, daß die Regierung Herrn Peters wieder anstellen wird. Daß die 1000 Mann der Schutztruppe gleich in Südwest⸗Afrika gelassen werden sollen, ist doch sehr hstixlelig Zum Bau von Eisenbahnen und Telegraphen kann man die Schutztruppe schwerlich gebrauchen; denn sie wird dies nicht verstehen. Uebrigens kommen Eisenbahnen nicht in Betracht. Denn zur Eisenbahn gehören Kohlen und asser, und beides ist nicht vorhanden. Es kommen nur Ochsenbahnen in Betracht, denn es sind nicht einmal Wege, sondern nur ausgefahrene

Wagenspuren vorhanden. Es müssen nicht nur Schienen gelegt und Telegraphen errichtet werden, sondern sie müssen auch bewacht werden, daß sie nicht weggenommen werden. Mit dem Prinzip der Vorlage bin ich einverstanden, denn mit dem Dualismus konnte es nicht weiter gehen. Aber überweisen Sie die Sache nicht an die Budgetkommission. Wir sitzen hier in einer Anzahl, die alle Vor⸗ theile der Kommissionsberathung bietet, wenn wir die Vorlage sogleich hier berathen.

8” Graf von Arnim: Ich komme wieder darauf zurüöck: warum hat Herr Bebel sich nicht von den Missionsberichten ein Exemplar kommen lassen, um das Vorhandensein des Briefes nach⸗ müresn⸗ Davon können ihn alle Ausflüchte nicht reinwaschen.

bg. Dr. Hasse meint, dag ein Vorstoß von Kapland aus nach Westen möglich sei; eine Eisenbahn, deren Wagen durch Ochsen bewegt würden, werde noch lange keine Ochsenbahn.

Abg. Bebel: Ich habe keine Untersuchung über Behauptungen, sondern über Thatsachen verlangt, und Graf von Arnim hat die That⸗ sachen in Bezug auf den Dr. Peters nicht widerlegen können. Wenn olche Anklagen gegen einen Mann im Reichsdienst erhoben werden, so kann die Regierung sich nicht bloß einen Punkt auswäͤhlen, sondern muß alle Anklagepunkte genau untersuchen. Ich hoffe, daß im Herhst die Regierung die Akten über die Untersuchung gegen Herrn Peters druckfertig oder geschrieben vorlegt, damit wir uns selbst durch Einsichtnahme überzeugen können.

Damit schließt die erste Berathung; die Vorlage wird der Budgetkommission überwiesen.

Es folgt die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, ent⸗ haltend Abänderungen des Gesetzes über die Friedenspräsenzstärke.

8 825 Kommission beantragt die unveränderte Annahme der

orlage. Abg. Richter beantragt, als § 1 eine Bestimmung ein⸗ zuschalten, welche den Art. 59 der Reichsverfassung dahin ändert, daß bei den Fußtruppen die zweijährige Dienstzeit ver⸗ fassungsmäßig festgelegt werde.

Es kommt zugächst der Antrag Richter zur Verhandlung.

Abh Richter: Den in der Kommission abgelehnten An⸗ trag nehmen wir im Plenum wieder auf. Wir haben denselben Antrag 1893 gestellt und haben keine Veranlassung, von diesem Standpunkt zurückzutreten; wir nehmen jede Gelegenheit wahr, um die zweijährige Dienstzeit dauernd einzuführen, schon mit Rücksicht auf die Unsicherheit des Privilegiums für die Wehrpflichtigen selbst. Je mehr sich das Quinquennat seinem Ablaufe nähert, desto zweifelhafter wird es für die Dienstpflichtigen, ob sie nur zwei Jahre zu dienen brauchen oder nicht. Alles wird definitiv bewilligt, auch die neuen Vollbataillone, warum soll die zweijährige Dienstzeit nur provisorisch bewilligt werden? Der eee Weiüches meinte, die Probe auf die zweijährige Dienstzeit könne erst im Kriegsfalle gemacht werden. Aber wir können doch deshalb die Sache nicht so lange provisorisch machen, bis ein Krieg stattgefunden hat. 1866 und 1870/71 sind gerade die meisten Soldaten solche gewesen, die kaum zwei Jahre gedient haben. Die zweijährige Dienstzeit muß festgelegt werden, da die Halb⸗ bataillone beseitigt werden und da allgemein eine Hetze gegen die zweijährige Dienstzeit seitens der Freunde der dreijährigen Dienstzeit stattfindet. Wenn thatsächlich die dreijährige Dienstzeit nicht ohne weiteres wiederhergestellt werden kann, dann sollte man um so eher die zweijährige Dienstzeit festlegen. Es soll jetzt der Plan ausgeführt werden, der 1893 zurückgelegt worden ist; welche besonderen Forma⸗ tionen damals noch in Aussicht genommen waren, wissen wir nicht. Die Kosten der veJe. dee Ordinarium hätte man jetzt ganz ver⸗ meiden können. Ueber die Militair⸗Strafprozeßordnung wissen wir nichts.

Abg. Bassermann (nl.): Auch wir wünschen eine Reform des Militär⸗Gerichtsverfahrens; aber nach der bestimmten Erklärung des Reichskanzlers kann die deutsche Armee ein einheitliches Gerichts⸗ verfahren b-- Wir vertrauen, daß im Herbst die Vor⸗ lage kommen wird. Durch die Beseitigung der Halbbataillone erhält die Kriegsverwaltung die Möglichkeit, 36 000 Mann Kerntruppen mehr ins Feld zu stellen, als jetzt, wo von den Halbbataillonen nur 50 Mann als Stamm zurückbleiben, die mit 1 werden. Durch die Schaffung der Vollbataillone werden die älteren Jahrgänge entlastet. Die Vorlage ist ein Anerkenntniß der zwei⸗ jährigen Dienstzeit; denn wenn diese sich nicht bewährt hätte, würd man die Truppen doch nicht mit neuen Aufgaben betrauen und nicht neue Formationen vornehmen. Die Militärverwaltung hat die technischen Gründe dargelegt, aus welchen es nicht möglich ist, die neuen Vollbataillone an die bestehenden Regimenter anzugliedern. Es 5 neue Regimenter gebildet werden mit einem geringen Präsenz⸗ tande, und es besteht nicht die Absicht, den Präsenzstand zu erhöhen. Den Antrag Richter können wir nicht annehmen und werden daher der Vorlage zustimmen.

Abg. Dr. Lieber: Die Bedenken, welche ich in der ersten Lesung vorgebracht habe, sind in der Kommission im wesentlichen beseitigt; eine Gefährdung der ehrlichen Probe für die zweijährige Dienstzeit liegt nicht vor; es ist auch nicht zu befürchten, daß die neuen Vollbataillone zu einer Erhöhung der Präsenzstärke führen. t sind daher geneigt, für die Regierungsvorlage zu stimmen. trag Richter ist ja ein alter Bekannter. Ich könnte darüber schweigen, wenn nicht ein Gegensatz zwischen Herrn Richter und uns konstruiert würde. Die gesetzliche Festlegung der zweijährigen Dienstzeit ist nicht in Frage gestellt; sie ist festgelegt bis 1898 und wir können den ver⸗ bündeten Regierungen nicht zumuthen, ihrerseits auf die dreijährige Dienstzeit zu verzichten, wenn wir ihnen nicht die Sicherheit der Präsenzstärke geben, was wir nicht können und nicht wollen.

Abg. Rickert: Ich möchte in den Vordergrund stellen, daß wir es gewesen sind, denen das Volk die zweijährige Dienst⸗ zeit verdankt, nicht diejenigen, welche die Vorlage 1893 abgelehnt haben. Wir haben an der Erhaltung der zweijährigen Dienstzeit ein Pobes Interesse und haben die Vorlage darauf hin genau geprüft.

ie Kommissionsberathungen haben ergeben, daß an dem status quo nicht das mindeste geändert wird. Die Treibereien der Freunde der dreijährigen Dienstzeit erschrecken uns nicht. Wenn der ve angenommen und danach die Vorlage von der Regierung abgelehnt würde, dann würde die zweijährige Dienstzeit gefährdet sein, weil die Ausbildung nicht so gut sein würde. Die Erklärung des Reichs⸗ kanzlers über die Militär⸗Strafprozeßordnung war befriedigend. Je länae ner die Probe machen, desto fester wird die zweijährige Dienst⸗ zeit stehen.

Abg. Richter: Herr Rickert hat es so dargestellt, als ob die Frage der Erhaltung der zweijährigen Dienstzeit ein Internum der Mehrheit des Hauses sei; er hat nur vergessen zu sagen, daß die zwei⸗ jährige Dienstzeit erkauft ist mit einer Erhöhung der Präsenzstärke um 80 000 Mann, während sie für weniger zu haben war. Wir haben die Aufgabe, die zweijährige Dienstzeit zu vertheidigen; denn an den Lasten haben unsere Wähler ebenso zu tragen, wie die Wähler der Freunde der Vorlage.

bg. Freiherr von Manteuffel (d. kons.) erklärt sich gegen den Antrag Richter; die ehrliche een- auf die zweijährige Dienstzeit sei ugesagt und müsse durchgeführt werden.

bg. Rickert: Von der Bewilligung der Militär⸗Strafprozeß⸗ ordnung kann man die jetzige Vorlage nicht abhängig 888