u Anspruch nehmen bezüglich der Bemerkung des Herrn Vor⸗ redners, wonach ihm die Besorgniß geäußert ist, die Bäckereibetriebe, die den ganzen Sonntag freigeben, könnten die vorgeschriebene achtstündige Ruhezeit am Sonnabend nicht einhalten. Diese Befürchtungen sind auch mir gegenüber ge⸗ äußert worden. Es haben neue Erhebungen stattgefunden, die uns zu der Auffassung gebracht haben, daß diese Bäckereibetriebe sich mit der ihnen freigegebenen 15 ⅜stündigen Arbeit wohl zurecht finden können. Die Bestimmung nämlich geht dahin, daß in denjenigen Bäckerei⸗ betrieben, welche am Sonntag ruhen, am Freitag und Sonnabend eine Verlängerung der Maximalzeit von 13 ½ Stunden um je 2 Stunden eintritt. Für den Fall aber, daß nachgewiesenermaßen, wie behauptet, die achtstündige Ruhezeit am Sonnabend nicht eingehalten werden kann, ist bereits an die Behörden verfügt, auf diesen Punkt besondere Aufmerksamkeit zu richten. Findet sich, daß die behauptete Schädigung nicht zu beseitigen ist, so wird man nicht zögern, eine Abänderung der Bestimmungen in der Richtung herbeizuführen, daß diejenigen Bäckereien, welche den ganzen Sonntag ruhen, am Sonnabend von der Vorschrift der acht⸗ stündigen Ruhezeit entbunden werden.
Gegen 4 ¼ Uhr wird die weitere Berathung auf Dienstag 11 Uhr vertagt. Außerdem steht die Interpellation Albers wegen der von der Eisenbahnverwaltung gezahlten Preise für westfälische Kohle auf der Tagesordnunng.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
211 II11 des Preuß. Allg. Landrechts bestimmt: „Was die Frau in stehender Ehe erwirbt, erwirbt sie, der Regel nach, dem Manne“. Diese Bestimmung bezieht sich, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, VI. Zivilsenats, vom 23. Dezember 1895, nicht auf den Erwerb durch lästige Verträge, insbesondere nicht auf den Erwerb aus einem von der Frau selbständig betriebenen Geschäft oder aus der Pacht eines andwirthschaftlichen Grund⸗ stücks und dem selbständigen Betriebe der Wirthschaft durch die Frau. In diesen Fällen fällt nur der Reinertrag, soweit dieser nicht gemäß § 219 I1 1 des Allg. L.⸗R. („Grundstücke und Kapitalten, die von den Einkünften eines besonderen Gewerbes der Frau angeschafft und zur Zeit der Vermögensabsonderung auf ihren Namen geschrieben sind, gehören ebenfalls zum Vermögen der
rau“*) der 8 gesichert ist, an den Mann, bezw. an seine Glaubiger. „Die Ausdehnung des Erwerbs des Mannes auf alles Eigenthum, das die Frau im Betrieb eines besonderen Gewerbes erwirbt, würde eden eigenen Fabrik⸗ und Handelsbetrieb der Frau unmöglich machen, b dann jedes in ihrer Fabrik gefertigte oder in ihrem Handel an⸗ gekaufte Stück Waare ohne weiteres Eigenthum ihres Mannes werden und die Frau somit rechtlich außer stand gesetzt werden würde, sich durch Verwerthung ihrer Waaren oder Fabrikerzeugnisse neues Be⸗ triebskapital zu verschaffen. Dieselbe Erwägung trifft aber auch zu bei der acht eines landwirthschaftlichen Grundstücks und dem selbständigen etrieb der Wirthschaft durch die Frau. Woraus sollte die Frau Aussaat, Arbeitskräfte und Pachtzins bestreiten, wenn die Früchte nicht ihr gehörten? Demgemäß fällt auch bei der Pacht eines Gutes von seiten der Frau nur der Reingewinn, der Ertrag, an den Mann, soweit derselbe nicht nach § 219 II 1 A. L.R. der Frau gesichert ist. Pachtung vorausgesetzt, sind die gepfändeten d im Sinne des § 219 II 1, sondern Be⸗ te im Sinne des § 219 sich erst aus zusses der Früchte ergeben würden, der nicht zur Fortführung der und zur Deckung des Pachtzinses erforderlich wäre.“ (262 /95.)
— Für fahrlässige falsche Rat hsertheilung eines 1’“ einem anderen gegenüber haftet, nach einem Urtheil des VI. Zivilsenats, vom 9. März 1896, im Gebiet des
wenn er
urch Vertrag verpflichtet war. „Allge⸗
meine Vorschriften darüber, inwieweit ein Kaufmann für schädlichen Rath, den er einem anderen ertheilt hat, hafte, enthält das Handels⸗ gesetzbuch nicht, es hatte daher gemäß Art. 1 desselben das in Sachsen geltende bürgerliche Recht Anwendung zu finden. Dieses schreibt daß der Rathertheilende außer bei Arglist für den
durch seinen Rath veranlaßten Schaden nur dann aufzukommen habe, wenn er zur Ertheilung des Raths durch Amtspflicht, Beruf oder Vertrag verpflichtet war. Das Handelsrecht kommt neben dieser Bestimmung nur insoweit in Betracht, als, dafern der Beklagte dem Kläger zur Sorgfalt verpflichtet war, deren Maß nach Art. 282 des H.⸗G.⸗B. zu lmmen ist, und als nach Befinden nach ihm auch zu beurtheilen ist, ob zwischen den Parteien ein Vertra sverhältniß bestanden hat, vermöge dessen der Beklagte zu der Rat sertheilung verbunden war. Das Berufungsgericht hat dies ohne Rechtsirrthum verneint. Die Verbindung, welche zwischen dem Beklagten und der egs P. u. M. Foöhen vor dem September 1890 bestand, ist für das erhältniß des Beklagten zum Kläger ohne jede Bedeutung, dieser hatte aus demselben keinerlei Recht auf Rath des Beklagten. Ebenso⸗ wenig wurde ein Vertragsverhältniß zwischen den Parteien dadurch begründet, daß M. dem Kläger empfahl, bei dem Beklagten Er⸗ kundigung über die bestehenden Verhältnisse einzuziehen. Dem Be⸗ klagten erwuchs aus dieser Bezugnahme M.“s gegenüber dem Kläger keinerlei Verpflichtung zur Auskunftsertheilung, dies selbst dann nicht, wenn er sich M. gegenüber verpflichtet gehabthaben sollte, die Anfrage des Klägers zu beantworten.“ (372/95.)
— Ein Adoptionsvertrag ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Zwilsenats, vom 10. April 1896, im Gebiete des Preußischen Allgemeinen Landrechts bereits vor seiner g ericht⸗ lichen Bestätigung insofern wirksam, als die Paciscenten
n der Zwischenzeit an ihre Vereinbarung gebunden sind. „Die ge⸗ richtliche Bestätigung, welche für Ankindungsverträge vorgeschrieben ist, hat den Charakter eines Akts der E in dem Sinne, daß der Richter eine Prüfung anzustellen hat, ob die gesetzlichen Er⸗ ordernisse bei dem ihm vorgelegten Geschäft gewahrt sind. 88 ea er sie gewahrt und ertheilt er demgemäß die Bestätigung, so gelangt der Vertrag zu seiner vollen Rechtswirkung.
Aber dies hindert nicht, daß die Vertragschließenden nicht auch schon 8 or diesem Zeitpunkt an ihren Vertrag gebunden wären. Daß eine solche Gebundenheit der Natur der Adoption als eines familien⸗ rechtlichen Verhältnisses zuwiderlaufe, kann dem Berufungsrichter nicht zugegeben werden, und ebensowenig ist ihm beizustimmen, wenn er für seine Meinung auf die Nothwendigkeit der nachfolgenden gericht⸗ lichen Bestätigung sich beruft. Denn letztere hat nicht die Bedeutung eines Aktes, welcher ähnlich, wie die Zustimmung des Vormundes, Willenserklärungen zu ergänzen bestimmt wäre, sie ist nur eine im öffentlichen Interesse angeordnete Mitwirkung des Gerichts zu dem bereits erwähnten Zweck, um das Vorhandensein der gesetzlichen Erfordernisse bei den genannten Verträgen obrigkeitlich zu konstatieren. Ein Adoptionsvertrag ist daher vor erfolgter Genehmigung aufzufassen, wie ein Vertrag, mit der stillschweigenden Bedingung abgeschlossen, daß das Gericht seine Bestätigung ertheilen werde. Erfolgt die Bestäti⸗
ung, so ist ein definitives Rechtsverhältniß geschaffen; wird sie ver⸗ sagt, so verlieren die für die beabsichtigte Ankündigung getroffenen Vereinbarungen ihre Kraft. In der Zwischenzeit aber bleiben die H. an ihre Vereinbarung gebunden, wie es bei bedingten
erträgen regelmäßig der Fall ist.“ (427/95.) .
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung. W“ Die Maurer von Mainz und Umgebung haben gestern, wie der „Frkf. Ztg.“ gemeldet wird, an die Bauunternehmer ein Memo⸗
Frandum zur Beantwortung bis 20. Juni gerichtet, in dem sie
einen Stundenlohn von 40 ₰ verlangen, also eine Erhöhung des gegenwärtigen Lohns um 2 ₰ pro Stunde. Den Maurern, die weniger als 30 ₰ verdienen, soll der Lohn als Minimallohn auf 30 ₰ erhöht werden. Der Durchschnittslohn für die Handlager soll auf 30 ₰, der Minimallohn auf 27 ₰ pro Stunde festgesetzt werden. Weiter verlangen sie genaue Beobachtung der zehnstündigen Arbeits⸗ zeit, in Ueberstunden eine Lohnerhöhung von 35 %, bei Nachtarbeit vint 85 % und bei Sonntagsarbeit von 100 % bei wöchentlicher Lohn⸗ zahlung.
In Leipzig wurde, der „Lpzg. Ztg.“ zufolge, in einer am Sonn⸗ abend abgehaltenen Versammlung der Sattler (vgl. Nr. 133 d. Bl.) mitgetheilt, daß die Gehilfenforderungen fast in allen größeren Werk⸗ stätten bewilligt worden seien und daß der Kampf mit den kleineren Werkstätten aussichtslos erscheine. In Berücksichtigung dieser That⸗ sachen wurde die Lohnbewegung für beendet erklärt.
Die Dresdner Maurer hielten demselben Blatt zufolge am 12. Juni eine von etwa 2000 Personen besuchte Versammlung ab, in der beschlossen wurde, daß die Maurer am gestrigen Montag auf allen denjenigen Bauten die Arbeit niederlegen sollten, auf denen ihnen nicht ihre neue erhöhte Forderung (43 ₰ Mindest⸗Stundenlohn) bewilligt wird. Gestern stellten, einer Privatdepesche des „Vorw.“ zufolge, von 3600 beschäftigten Maurern 1000 die Arbeit ein. Auf 132 Bauten arbeiten 1800 zu den neuen Bedingungen, die die Unternehmer gewährleisteten.
In Löbau haben, wie die „Lpzg. Ztg.“ mittheilt, in der großen EIE“ der Firma Laetsch sämmtliche Tabacks⸗ arbeiter, Wicklerinnen ꝛc. wegen Meinungsverschiedenheiten mit ihrem Chef betreffs der Handhabung bezw. Nichthandhabung des Kündigungsrechts die Arbeit niedergelegt, sodaß die Fabrik vorläufig Hescsnser werden mußte. Verhandlungen sind zunächst ergebnißlos erlaufen.
„In Lörrach (Baden) sind, dem „Vorw.“ zufolge, am 7. Juni sämmtliche Maurer (143 Mann) in den Ausstand getreten; derselbe dauert noch fort.
„Aus Neusattl (Böhmen) wird der Wiener „Arb.⸗Ztg.“ ge⸗ schrieben: Am 6. Juni stellten gegen 160 Motzer (Glasformer) der Glasfabrik, zumeist jugendliche Arbeiter im Alter von 16 bis 20 Jahren, plötzlich die Arbeit ein. Es haben auch gegen 60 Einträger die Arbeit eingestellt.
Von den 200 Arbeitern der Seidenfabrik Henneberg in Zürich hatten, dem Berner „Bund“ zufolge, am Sonntag 194 beschlossen, gestern die Arbeit niederzulegen, wenn nicht die zehn⸗ stündige Arbeitszeit bewilligt und die zwei mit Hilfe der Polizei aus der Fabrik entfernten Agitatoren wieder eingestellt würden.
Der Ausstand einiger Arbeiter in der Porzellanfabrik Guerin in Limoges hat, wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, einen allgemeinen Ausstand nach sich gezogen. An 12 000 Arbeiter
feiern und warten, bis die Arbeitgeber die geforderte Lohnerhöhung
bewilligen.
In Berlin ist, der „Voss. Ztg.“ zufolge, den sämmtlichen An⸗ estellten der Packetfahrt⸗Gesellschaft gestern “ eine Kündigung zum 1. nächsten Monats zugegangen. Den gekündigten
Beamten ist jedoch freigestellt worden, gegen Leistung einer Unter⸗ schrift auf einem ihnen vorgelegten neuen Kontrakt in ihrer Stellung zu verbleiben. Dieser Kontrakt enthält die bisher für die Angestellten der Gesellschaft gültigen Bestimmungen mit der Aenderung, daß der ihnen infolge der letzten Ausstandsbewegung be⸗ willigte freie Tag an jedem vierten Tag entzogen wird. Ein Theil der Gekündigten wird jedoch endgültig entlassen, und zwar weil die Gesellschaft ihnen vorwirft, daß sie ihrem Dienste nicht nachkommen.
Handel und Gewerbe.
11111“ . eh Tägliche Wagengestellung für Kohlen und an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 15. d. M. gestellt 12 059, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Bberschi ien sind am 13. d. M. gestellt 3319, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.
— In dem Bericht des Vorstands der Zuckerfabrik Körbis⸗ dorf wird das verflossene Geschäftsjahr als ein befriedigendes be⸗ zeichnet. Der Gewinn beträgt in der Zuckerfabrik 251 196,74 ℳ egen 101 650,89 ℳ Verlust in 1894/95, in der Landwirth⸗ schaßt 238 892,84 ℳ gegen 253 112,61 ℳ im Vorjahre, in der Kohlengrube 22 177,83 ℳ gegen 41 131,61 ℳ im Vorjahre, in der iegelei 10 507,66 ℳ gegen 5598,33 ℳ im Vorjahre, sodaß ch der Gesammt⸗Bruttogewinn auf 522 775,07 ℳ gegen 198 191,66 ℳ pro 1894/95 beläuft. Das bessere Resultat der Zuckerfabrik wurde ä einer zuckerreichen Rübe, höhere Ausbeute und bessere Zuckerpreise erzielt. Für die Landwirthschaft waren im allgemeinen gute Ernteerträge bei etwas vortheilhafterer Verwerthung zu verzeichnen, wenngleich die Rübenernte nicht dem ganz besonders hohen Ertrage des Vorjahres gleichkam. Die Kohlengrube deckt im wesentlichen nur den Bedarf der Zuckerfabrik, welcher infolge der geringeren Menge verarbeiteter Rüben naturgemäß eine Ein⸗ schränkung erfuhr, und daraus ergiebt sich der Mindergewinn gegen das Vorjahr; dagegen hat die Ziegelei ein besseres Erträgniß aufzuweisen, namentlich weil größere Unterhaltungskosten nicht zu bestreiten waren. Als Gratifikation zur Vertheilung an ältere verdiente Arbeiter gelegentlich der Feier des 25 jährigen Bestehens der Gesellschaft und zur Dotation für das Unterstützungsfonds⸗Konto wurden 20000 ℳ beantragt und eine Dividende von 9 ½ % (gegen 1 % im Vorjahre)
vorgeschlagen.
Stettin, 15. Juni. (W. T. B.) Getreidemaorkt. Weizen ruhig, loko —, per Juni⸗Juli —,—, pr. Sept.⸗Okt. 142,50. Roggen ruhig, loko 115,00, pr. Juni⸗Juli —, pr. Sept.⸗Oktober 115,00. Pommerscher Hafer loko 118 122. Rüböl loko unverändert, pr. Juni⸗Juli 45,00, pr. Sept.⸗Okt. 45,20. Spiritus behauptet, loko mu 70 ℳ Konsumsteuer 32,50. Petroleum loko 10,25.
Breslau, 15. Juni. (W. T. B.) Getreide⸗ und Pro⸗ duktenmarkt. Spiritus pr. 100 1 100 % 712 50 ℳ Verbrauchs⸗ Lügn59 8 Juni 52,20, do. do. 70 ℳ eerbrauchsabgaben pr.
uni 32,30.
Greeg. 15. Juni. (W. T. B.) Zuckerbericht. Korn⸗ zucker exkl., von 92 % —,—, Kornzucker exkl. 88 % Rendemen! —,—, Nachprobukte exkl. 75 % Rendem. 8,10 — 8,70. Still. Brotraffinade I —,—. Brotraffinade I —,—. Gem. Rafftnobe⸗ mit Faß 24,50, Melis I mit Faß —,—. Still. Rohzucker I. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. Juni 10,10 Gd., 10,20 Br., pr. Juli 10,20 Gd., 10,25 Br, pr. September 10,45 bez., 10,47 ½ Br., pr. Oktober⸗Dezember 10,30 bez. und Br., pr. Januar⸗ März 10,47 ½ bez., 10,50 Br. Ruhig.
Leipzig, 15. Juni. (W. T. B.) Kammzug⸗Terminhandel. La Plata. Siemerenfer B. pr. Juni 3,32 ½ ℳ, pr. Juli 3,35 ℳ, pr. August 3,35 ℳ, pr. September 3,37 ½ ℳ, pr. Oktober 3,40 ℳ, pr. November 3,40 ℳ, pr. Dezember 3,42 ½ ℳ, pr. Januar 3,42 ½ ℳ, pr. Februar 3,45 ℳ, pr März 3,45 ℳ. pr. April 3,47 ½ ℳ, pr. Mai 3,47 ½ ℳ Umsatz: 10 000 kg. Ruhig.
Weimar, 15. Juni. (W. T. B.) Der hiesige Wollmarkt war mit 727 Ztr. Wolle beschickt, also mit 80 Ztr. mehr als im Vorjahre. Das Geschäft entwickelte sich gut bei einem Preisaufschlag von 10 % gegen voriges Jahr. Landwolle 100 bis 106, gute Land⸗ wolle 110 — 120, gute Gutswolle 120 — 129 ℳ
Bremen, 15. Juni. (W. T. B.) Börsen⸗Schlußbericht. Raffiniertes Petrolkeum. (Offizielle Notsernng der Bremer Petroleum⸗Börse.) Sehr fest. Loko 6,10 Br. Russisches Petroleum. Loko 5,90 Br. chmalz. Ruhig. Wilcox 25 Armour shield
₰ 24 ¼ ₰, Cudahy 25 ¼ ₰, Choice Grocery 25 ₰, White label 25 ½ 9,
airbanks 232 ₰. Speck. Ruhig. Short clear middl 5 ₰. Reis ruhig. Kaffee ruhig. ermmblres ge Upland middl. loko 37 ½ 8. Taback. 25 Seronen Carmen. 8 Hamburg, 15. Junt. (W. T. B.) Getretdemarkt Weizen loko ruhig, holsteinischer loko neuer 154 —156. ogger loko ruhig, btefther —, mecklenburger loko neuer 120— en russischer loko ruhig, 77—78. Hafer ruhig. Gerste ruhig. Rübii (unverzollt) ruhig, loko 46 ½. Spiritus ruhig, pr. Juni⸗Juli 16 ⅞ Br 88 euguft 1 Pr. H1“ 8 n ver Seg. ember⸗Oktober r. Kaffee ruhig. Umsatz — etr steigend. Standard white loko 6,10. Petrolam Kaffee. (Nachmittagsbericht.) Good average Santos pr Juli 60, pr. September 58 ½, pr. Dezember 55 ¾, pr. März 55 ½ Ruhig. — Zuckermarkt. (Schlußbericht.) Rüben⸗Rohzucker I. Produkt Basis 88 % Rendement neue Usance, frei an Bord Hamburg pr. Juni 10,22 ½, pr. Juli 10,30, pr. August 10,50, pr. Oktober 10,40 pr. Dezember 10,40, pr. März 10,67 ½. Stetig. G Wien, 15. Juni. (W. T. B.) Ausweis der Südbhahn in 18 Poche vom 3. bis 9. Juni 914 166 Fl., Mehreinnahme Ausweis der österr.⸗ ungar. Staatsbahn (österreichisches Netz) für die Zeit vom 1. bis 10. Juni 706 422 nb Mehreinnahme gegen den entsprechenden Zeitraum des e Jahres 32 899 Fl. — 16. Juni. (W. T. B.) Die Brutto⸗Einnahmen der Orientbahnen betrugen in der 22. Woche (vom 27. Mai ht 2. Juni 1896) 219 020 Fr., unahme gegen das Vorfjahr 19 923 Fr. Seit Beginn des Betriebsjahres (vom 1. Januar 88 2. Juni 1896) betrugen die Brutto⸗Einnahmen 4 510 348 Fr. Zunahme gegen das Vorjahr 280 122 Fr. Budapest, 15. Juni. (W. T. B.) Das in der Angelegen⸗ beit der Athaltung des internationalen Getreide⸗ und Saatenmarkts vom Börsenrath und dem Landeskulturverein ent⸗ sandte Comité hat einstimmig den Plan der Abhaltung des Marktez
angenommen. (W. T. B.) An der Küfte 3 Weizen⸗
London, 15. Juni. ladungen angeboten.
96 % Javazucker 13 ruhig, Rüben⸗Robhzucker lolko 10 ruhig. — Chile⸗Kupfer 50 316, pr. 3 Monat 501/⁄16.
Liverpool, 15. Juni. (W. T. B.) Baumwolle. Umsa 12 000 B., davon für Spekulation und Export 1000 B. 8 1 Americ. good ordin. 32 ⁄2, do. low. middl. 32 ⁄12, do. middling 3 522. Middl. amerikanische Lieferungen: Sehr stetig. Juni⸗Juli 35 ¼ Werth, Juli⸗August 356⁄64 — 357/⁄64 Verkäuferpreis, August⸗September 3⁵4⁄64 — 3⁵²64 do., September⸗Oktober 346⁄14 — 34764. Käuferpreit, Oktsber⸗November 342/64— 343 „9%4 do., November⸗Dezember 341⁄64—
342⁄824 do., Dezember⸗Januar 341⁄64 — 3427664 do., Januar⸗Februar 341 ¼8 — 342⁄%84 do., Februar⸗März 342⁄64—— 3 / do., März⸗April 344142 d.
Verkäuferpreis.
Bradford, 15. Juni. (W. T. B.) Wolle ruhig, Merino matt, Croßbreds stetig, englische fest. Garne ruhig, unregelmäßig. Herbststoffe belebter; der Bedarf für Amerika ist gering. 3
Paris, 15. Juni. (W. T. B.) (Schluß.) Rohzucker ruhig, 88 % loko 28 à 28 ¼4. Weißer Zucker steigend, Nr. 3, pr. 100 X, pr. Juni 29 ¾, pr. Juli 29 ⅞, pr. Juli⸗August 29 ⅞, pr. Oktober⸗ Januar 30 ⅛.
Amsterdam, 15. Juni. (W. T. B.) Java⸗Kaffee good ordinary 51. — Bancazinn 37 ½.
Brüssel, 15. Juni. (W. T. B.) Die Einnahmen der Prin⸗ Hernihe 579” betrugen in der ersten Juni⸗Dekade: Aub dem Bahnbetriebe 95 575 Fr., aus den Minen 10 974 Fr., Gesammt⸗
einnahmen 106 549 Fr., Mehreinnahme gegen die vorläufigen Ein⸗ nahmen im entsprechenden Zeitraum des vorigen Jahres 2363 Fr.
Belgrad, 16. Juni. (W. T. B.) Ausweis der Autonomen Serbischen Monopolverwaltung für den Monat Mai 1896: Den Staats⸗Anleihen zur Sicherstellung überwiesene Monopole und Einnahmen: Brutto⸗Einnahmen der Monopole amf Taback, Salz, Petroleum 1 555 811 r⸗ Netto⸗Ergebnisse der Zölle Obrtsteuer, Stempelmarken, Eisenbahnen 842 357 Fr., Gesamm Einnahmen im Mai 2 398 169 Fr., do. im Januar bis Apr 6 537 548 Fr., Reserve 500 000 Fr., zusammen 9 435 718 Fr. Verwendung der Einnahmen: Für den Dienst der Staatt⸗ schuld 6 468 739 Fr. (hiervon bei den Banken à Conto de Juliverfalls deponiert 5 464 857 Fr.), für Materialienankäufe, Betriebsspesen ꝛc. 2 742 221 Fr., Kassenbestand ult. April 1896 224 757 Fr., zusammen 9 435 718 Fr.
New⸗York, 15. Juni. 87. T. B.) Die Börse eröffnete fest und lebhaft und erhielt sich so durchweg. Schluß recht fest u den höchsten Tageskursen. Der Umsatz der Aktien betrug 225 000 Stück.
Heute wurde Gold im Betrage von 450 000 Doll. nach Deutschland verschifft. “
Weizen eröffnete schwach, weil man eine Zunahme der auf dem Ozean schwimmenden Zufuhren erwartet, sowie auf schwächere Kabel⸗ berichte, Verkäufe der Haussiers, und da die sichtbaren Vorräthe ge⸗
ringer abgenommen, als man erwartete. Später zogen die Preise an⸗ auf geringere Ernteschätzung, 1 jedoch schließlich nach auf dringendet Angebot. Schluß stetig. — Mais allgemein fest während des ganzen Börsenverlaufs. Schluß stetig.
Waarenbericht. Baumwolle ⸗Preis in New⸗York 711316 do. do. in New⸗Orleans 7, Petroleum Stand. white in New⸗Poll 7,00, do. do. in Philadelphia 6,95, do. rohes (in Cases) 7,90) do. Pipe line Certif. pr. Mai 122 ½, Schmalz Western steam 449 do. Rohe & Brothers 4,70, Mais pr. Juni 33 ½, do. pr. Juli 33 do. pr. September 35, Rother Winterweizen 72 ¼, Weizen pr. Jum 63 ⅛, do. pr. Juli 63 ¼, do. pr. September 63 ½, do. per Dezember 65, Getreidefracht nach Liverpool 2, Kaffee fair Rio Nr. 7 8 do. Rio Nr. 7 pr. Juli 11,50, do. do. pr. September 10,60, Mehl, Spring⸗ Wheat clears 2,40, Zucker 3 ¼, Zinn 13,60, Kupfer 11,75.
Visible Supply an Weizen 49 486 000 Bushels, do. a Mais 9 406 000 Bushels. 1
Chicago, 15. Juni. (W. T. B.) Weizen, schwächte sich nach der Eröffnung etwas ab auf schwächere ausländische Meldungen sowie auf bedeutende Exporte aus Rußland und weeil die sichtbaren Vorräthe geringer abgenommen als erwartet. Später trat infolge von Deckungen der Baissiers eine bessere Stimmung ein, welche jedo auf Liquidation der langsichtigen Termine verloren ging. Schlu stetig. — Mais durchweg willig auf günstiges Wetter und auf große Ankünfte. Schluß stetig. 88
Weizen pr. Juni 56 ½, do. pr. Juli 56 ⅞, Mais pr. Jun 273½. Schmal; pr. Juni 4,10, do. pr. Juli 4,15. Spec short clear 4,12 ½. Pork pr. Juni 7,05.
Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 16. Juni. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Reichspostdampfer „Bayern“, von Australien kommend, ist am 15. Juni, 2 ½ Uhr Morgens, auf der Weser angekommen. et Schnelldampfer „Saale“ ist am 13. Juni, 12 Uhr Mittags, von New⸗York via Southampton nach der Weser abgegangen. Reichspostdampfer „Darmstadt“, nach Australien bestimmt, ist 6 14. Juni Vormitiags in Genua angekommen. Der Reichspos⸗ dampfer „Prinz⸗Regent Luitpold“, von Australien kommeg ist am 14. Juni, Vormittags, in Colombo angekommen. n Schnelldampfer „Werra“ hat am 15. Juni, 1 Uhr Nachmittags, Reise von Gibraltar nach New⸗ York fortgesetzt. fer
London, 15. Juni. (W. T. B.) Der Uniondampfa, „Trojan“ ist auf der Heimreise gestern in Southampton 8 gekommen. Der Uniondampfer „Guelph' ist auf der Ausreise en Sonnabend von Southampton abgegangen. Der Castledamp „Garth Castle“ ist gestern auf der Ausreise gekommen. Iö
Kapstadk a⸗
en Rei
zum Deut an.
Literatur. Die Hohenzollern und die Religionsfreiheit. Vo Dr. Philipp Zorn, Geheimem Justiz⸗Rath und ord. Professor
der Rechte an der Universität Königsberg i. Pr. Verlag von Karl
Heymann, Berlin. Preis 80 ₰.
Ein lebensvolles Bild von der Thätigkeit, welches die Fürsten aus dem Hause Hobeqzoglern in verflossenen Tagen auf dem Gebiet der Kirchenpolitik entfaltet haben, entrollt uns der bekannte Königsberger Rechtsgelehrte in dieser lesenswerthen Schrift. Er führt den Nachweis, daß die rechtliche Verwirklichung der Toleranzidee vorwiegend ein Verdienst der Regenten Brandenburg⸗Preußens ist, welche diesen Gedanken seit dem Anfang des 17. Jahrhunderts gleichmäßig und ihrer Zeit vorauseilend zur Gestung gebracht haben, und daß die Religionsfreiheit, die die allgemeine Meinung vornehmlich auf die große Revolution zurück⸗ zuführen geneigt ist, schon preußisches Staatsgrundprinzip war, lange bevor die französische Revolution unter Strömen Blutes das „Menschenrecht“ der Gewissensfreiheit proklamierte. Im Nachstehen⸗ den folgen wir der Darstellung des Verfassers.
Dem Deutschland des 17. Jahrhunderts war kirchliche Toleranz unbekannt, nur dem Reiche gegenüber hatten die evan⸗ gelischen und die katholischen Stände gleiches Recht sich errungen, innerhalb des einzelnen Gebiets galt dagegen die landesherrliche Gewalt auch in kirchlichen Dingen nahezu unbeschränkt — cujus regio, ejus religio. Dieses starre fürstliche Reformations⸗ recht wurde zum ersten Mal in Deutschland aufgegeben, als im Jahre 1613 der Kurfürst Johann Sigismund von Brandenburg bei seiner Konversion vom lutherischen zum reformierten Bekenntniß seinem Lande den lutherischen Glauben gewährleistete und die branden⸗ burgischen Gebiete fortab eine Freistatt für beide evangelischen Bekennt⸗ nisse wurden. Die Hohenzollern haben dann in ihrer Stellung zu den beiden evangelischen Bekenntnissen diese Tradition Johann Sigismund's allezeit heilig bewahrt. In einem Erlaß des Großen Kurfürsten vom 26. November 1645 finpet sich das grofßs und sir jene Zeit merkwürdige Wort über die Auffassung religiöser Dinge: „Wir seind Gott Lob des Verstandes, daß Wir Uns über die Gewissen Unserer Unterthanen keines Imperii anmaßen, sondern dasselbige Gott allein anheimstellen.’ Weit großartiger und folgenreicher aber war iinne andere Entwickelung des Toleranzprinzips, welche gleichfalls schon im Beginn des 17. Jahrhunderts, wenn auch nur in einzelnen Theilen des brandenburgisch⸗preußischen Staats sich vollzog und welche in der ganzen Weltgeschichte das erste Bei⸗ spiel einer nicht vorübergehenden, sondern dauernd und un⸗ verbrüchlich festgehaltenen religiösen Duldung eines evangeli⸗ schen Staats gegen den katholischen Glauben bietet, zu einer Zeit, wo anderwärts von Toleranz katholischer Fürsten gegen den evangelischen Glauben noch Jahrhunderte lang keine Rede war: die Anerkennung des Toleranzprinzips in den am Anfang des 17. Jahr⸗ hunderts neu erworbenen Ländern der Jülichschen Erbschaft und im ehemaligen Ordensland — In voller Freiheit konnte hier der katholische Glaube sich innerhalb des bis dahin abgeschlossenen evan⸗ ee Staats entfalten, und mit Stolz durfte der Große Kur⸗ ürst in einem Schreiben an den pfälzischen Nachbar vom 22. Februar 1661, der in seinem Lande den Evangelischen die intoleranteste Behandlung zu theil werden ließ, es betonen: „Wir haben die Römisch⸗Katho⸗ lischen bishero dergestalt regieret, daß sie es auch unter römisch⸗ katholischer Obrigkeit selbst nicht besser hätten haben können.“ So waren die beiden Vorlande des brandenburgischen Staats unter der Herrschaft der Hohenzollern die erste Freistatt religiöser Toleranz in Deutschland, ja in der ganzen Welt geworden, und kein späterer Hohenzoller hat an diesen Grundsätzen auch nur ein Titelchen ge⸗ mindert. Selbst der Papst Innocenz XII. schrieb unter dem 5. Mai 1700 an den Bischof von Ermland: „Insbesondere haben wir den gädigen Sinn jenes großen Fürsten gegen Dich und seinen besonderen Eifer in Förderung der katholischen Kirchenangelegenheiten bewundert.“
Eine Weiterentwickelung des preußischen Religionsrechts im großen Stile fand dann wieder durch Friedrich den Großen statt. Dieser gewann dem preußischen Staate große Gebiete mit Millionen katholischer Bevölkerung. Zwar war für das Prinzip der Religionsfreiheit weder der Erwerb von Schlesien, noch derjenige von Westpreußen von epoche⸗ machender Bedeutung — es war den preußischen Traditionen setstverständlich, daß die schlesischen und westpreußischen Katholiken ich im preußischen Staate der unbeschränkten Religions⸗ reiheit zu erfreuen haben müßten, und die Aufgabe, welche der preußischen Verwaltung in Schlesien und Westpreußen zuftel, war vielmehr nur die, die Religionsfreiheit der Evangeli⸗ schen zu sichern. Wohl aber war die Eroberung epochemachend für eine andere Seite des Kirchenstaatsrechts, nämlich für die Ausbildung der Kirchenhoheitsrechte des Staats über die katholische Kirche: ein Problem, dessen systematische Löfung namentlich seit dem Gewinn Schlesiens zur Nothwendigkeit wurde. Friedrich der Große löste es für seine Zeit, indem er ohne jegliche Bedrückung die vorbehaltlose Unterwerfung der katholischen Kirche unter die Souveränetät des Staats durchzu⸗ setzen wußte. Nicht minder aber bildete der Gedanke des landesherr⸗ lichen Summepiskopats den unverrückbaren Leitstern seiner Kirchen⸗ politik auch dem protestantischen Bekenntniß gegenüber. — Die Re⸗
gierung Friedrich's des Großen war freilich auch für die Weiterentwickelung der Religionefreiheit nicht ohne hohe Bedeutung. In den Erblanden Brandenburg und ommern galten — wenn auch bexreits seit Friedrich Wilhelm I. die katholische Religionsübung in Berlin, Stettin, Potsdam, Spandau, Stendal, Frankfurt a. O. und anderen Orten gestattet und eine selbständige katholische Militärseelsorge eingerichtet war — doch immer noch die Grundsätze des evangelischen Konfessionsstaats. Die that⸗ sächlichen Verhältnisse in diesen Provinzen, die tief innerlich be⸗ gründete persönliche Ueberzeugung jener Fürsten von der Wahrheit des evangelischen Glaubens, die Bedrückungen und blutigen Ver⸗ folgungen der Evangelischen in katholischen Ländern, insbesondere auch die intolerante Behandlung derselben im pfalz⸗neuburgischen Theile der Jülichschen Erbschaft — alle diese Momente wirkten zusammen, um die Hohenzollern in Betreff ihrer Erblande auf dem Boden der alten Zeit und ihrer ö zu halten. Friedrich der Große verwirklichte aber auch hier das Toleranzprinzip. Die persön⸗ lichen Anschauungen des großen Königs in Bezug auf religiöse Dinge sind allbekannt. Es genüge, an ein Wort desselben aus einem Schreiben an den ersten preußischen Bischof, den Kardinal Sinzendorf, zu erinnern: „Da die Garantie der freien Religionsübung nach der Ueberzeugung der Menschen“, so schrieb der König, „einen Bestandtheil ihres Glückes ausmacht, so werde ich mich niemals von dem festen Entschlusse entfernen, den ich gefaßt habe, jede Religion bei ihren Rechten und Freiheiten zu erhalten.“ Friedrich gestattete in einem für die Katholiken überaus wohlwollenden Patent vom 22. November 1746 den Bau einer (atholischen Kirche in Berlin und schenkte selbst hierzu den erforderlichen Bau⸗ platz, gab den Katholiken Brandenburgs und Pommerns das Recht der Religionsausübung und schützte und sicherte den katholischen Kultus überall in seinen Ländern. üfe forderte freilich der König, wie bereits erwähnt wurde, die vorbehalt⸗ lose Unterwerfung der katholischen Kirche unter die Souveränetät des Staats. Nur ein charakteristisches Wort des großen Königs hierüber, gleichfalls an den Kardinal Sinzendorf gerichtet, möge hier Pla
finden: „In Sachen, so keine Glaubensartikel angehen, bin J
summus episcopus im Lande und erkenne keine päpst⸗ liche noch andere autorité: wessen sich der Kardinal wohl zu bescheiden und wissen muß, daß er unter einem Souverän stehet, der die Mittel hat, seine Autorität zu soutenieren.“ Aber die römisch⸗katholische Kirche hat damals jenen Stand der Dinge nicht etwa als einen beklagenswerthen Zustand betrachtet, sondern in den wärmsten Worten haben die Päpste der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts dem großen König ihre Dankbarkeit für seine Behandlung der katholischen Kirche ausgesprochen. So schrieb Benedikt XIV. unter dem 20. November 1747: „Der Fürst, welcher jetzt die Herrschaft über jene Länder ausübt, scheint auch das Wohlwollen seiner Familie segen die Katholiken ererbt zu aben“, und Pius VI. stellte Friedrich dem Großen 1784 das ruhmvolle Putgni aus: „Wir bekennen, daß wir dem Helden⸗ könig für seine Billigkeit, welche nicht der letzte unter seinen Ruhmes⸗ titeln ist, zum größten und unsterblichen Dank verpflichtet sind.“ Noch viele ähnliche Aeußerungen der Päpste lassen sich nach dieser Richtung anführen. Aber noch in anderer Heisehun hat Friedrich der Große dem Prinzip der Religionsfreiheit eine bis dahin völlig unbekannte und in den Augen der meisten Zeitgenossen unerhörte Ausdehnung gegeben. Die Vorschriften des Westfälischen Friedens hatten den außerhalb der katholischen oder evange⸗ lischen Kirche stehenden kleineren eeiorcfle schttne und Sekten jegliche Duldung versagt. Auch nach dieser Richtung hatten allerdings bereits der Große Kurfürst und seine Nachfolger in weitherziger Weise das enge Religionsrecht des Westfälischen Friedens zu Gunsten ver⸗ schiedener kleiner Religionsgesellschaften durchbrochen; Friedrich der Große aber hat dasselbe völlig verlassen und allen Religionsgesell⸗ schaften sichere Existenz gewährt, wenn sie nur der starken Autorität seiner Regierung sich beugten. In der Staats⸗ idee, die alle Unterthanen gleichmäßig ihren Forderungen unterwarf, aber auch alle zur Recisgtecthan emporhob, schuf er eine feste, vom Glaubensstandpunkt unabhängige 1. „Die Katholiken, die Lutheraner, die Reformierten, die Juden und zahlreiche andere christliche Sekten,“ heißt es in seinem politischen Testamente von 1751, „wohnen in diesem Staat und leben da in Frieden. — Ich suche sj alle zu vereinigen, indem ich ihnen zum Bewußtsein bringe, daß sie alle Bürger eines Staates sind und daß man einen Menschen, der einen rothen Rock trägt, ganz ebenso lieben kann, wie denjenigen, der einen grauen trägt.“ — Was Friedrich so auf dem Wege der Verwaltungspraxis durchgeführt hatte, das fand dann seine endgültige Feststellung in jenem groß⸗ artigen Gesetzgebungswerke, welches wir als Erbe des großen Königs überkommen haben und welches zu den gröͤßten gesetzgeberischen Erzeugnissen aller Zeiten zu zählen wir vollberechtigt sind: im Allgemeinen preußischen Landrecht. „Die Begriffe der Ein⸗ wohner des Staats von Gott und aeteh Dingen, der Glaube und der innere Gottesdienst können kein Gegenstand von Zwangs⸗ gesetzen sein-. Mit diesen Worten beginnt der elfte Titel des zweiten Theils, das Kirchenrecht umfassend: sie enthalten den diametralen Gegensatz zu dem jus reformandi des Westfälischen Friedens und seinem Verbot der Sekten. „Jedem Einwohner im Staat muß eine vollkommene Glaubens⸗ und Gewissensfreiheit
gestattet werden.“ „Mehrere Einwohner des Staats können sich zu
Religionsübungen verbinden“ und Religionsgesellschaften begründen. Dieser ganze Abschnitt des Landrechts athmet, wie kein anderer, den Geist des großen Königs, und die Grundgedanken desselben sind auch heute noch die Frndämenhe des preußischen Kirchenstaatsrechts.
— Die Alt⸗Badischen Burgen und Schlösser des Breisgaues. Beiträge zur Landeskunde von J. Naeher und H. Maurer. Zweite, verbesserte, vermehrte und mit Abbildungen versehene Auflage. Emmendingen, Verlag von Albert Dölter, 1896. — Im Gegensatz zu den auf der anderen Seite des Rheins sich er⸗ hebenden Vogesen, wo zahlreiche und ansehnliche Trümmer mittel⸗ alterlicher Burgen erhalten sind, bietet der Schwarzwald nur noch wenige Reste derartiger Bauten aus jener fehdelustigen Zeit. Die meisten Burgen des Breisgaues sind schon im 13. und 14. Jahr⸗ hundert von den mächtig aufstrebenden Städten niedergelegt worden, wie die Burgen Zäringen, Schneeburg, Scharfen⸗ stein, Birchiberg, Falkenstein, Keppenbach und das Schloß der Grafen von Freiburg durch die Bürger dieser Stadt; ebenso zerstörten die Bürger von Endingen das Schloß Koliberg, die Breisacher die Burg Uesenberg, die Basler Schloß Idstein. Andere kleinere Burgen gingen im Laufe der Zeit durch Verwahrlosung zu Grunde, noch andere im Bauern⸗ und im dreißigjährigen Kriege; mit dem Rest aber räumten die Franzosen zu Ende des 17. Jahrhunderts auf. Viele Burgbauten sind so von den Stürmen der Zeit durch Fehden, Kriege und Erdbeben bis auf den Boden weggefegt worden. In der vorliegenden Schrift werden von den Fgerehen Burgen und Schlössern des Breisgaues nur diejenigen behandelt, welche von den Markgrafen von Baden erbaut oder erworben worden sind. Dies sind: Lhh Hachberg (jetzt „Hochburg“ genannt), die Burgen
Zäringen, Höhingen, Landeck, Sponeck, Badenweiler, Sausenberg, Röteln, die S lösser zu Sulzburg, ferner (in einem Anhang zu der vorliegenden zweiten Auflage der Schrift) die Burgen Lichteneck, Limberg, Kürnberg, Kastelberg ge⸗ Waldkirch) und Schwarzenberg. Ueberall ist der ausführlichen Geschichte der Burgen eine Beschreibung der baulichen Anlage sowie der landschaftlichen Umgebung vorangestellt. Die Verfasser haben sich auf diese Weise geschickt in ihre Aufgabe getheilt und es auch dem Leser bequem gemacht, je nach seiner Neigung dem einen oder anderen Theil den Vorzug zu geben. Da auch die ge⸗ schichtlichen Mittheilungen allgemein verständlich und ohne gelehrtes Beiwerk abgefafft sind, so bietet die Schrift einen werthvollen volks⸗ thümlichen Beitrag zur badischen Kesdess chsckr und Landeskunde. Der neuen Auflage 1 außerdem vier Tafeln mit Faecsimile⸗Nach⸗ bildungen der alten Merian’schen ꝛc. Ansichten von den Burgen und Schlössern, Grundrissen und architektonischen Details, ferner Wappen⸗ und Siegelabbildungen im Text, sowie eine Reihe von Autotypien nach ehtohre hischen Aufnahmen der Burgen in ihrer heutigen ruinenhaften Gestalt beigegeben, welche das Buch auch äußerlich anziehend machen.
— Von „Spamer's großem Handatlas“ liegen jetzt 10 Lieferungen vor (Leipzig, Otto Spamer). Die neu erschienenen Hefte bestätigen das über die ersten abgegebene Urtheil. Insbesondere zeigt sich immer mehr, eine wie glückliche Idee es war, mit den großen Karten einen von einem ausgezeichneten Fachmann, dem Professor
ettner in Leipzig, bearbeiteten Text zu verbinden und darin zahlreiche Spezialkarten, graphische Darstellungen von wirthschaftlichen oder Verkehrsverhältnissen, ethnographische und historische Skizzen u. dergl. einzuschalten. Diese Vereinigung verleiht dem Spamer'’schen Hand⸗ atlas eine außerordentliche Vielseitigkeit. Der Text bietet in seiner knappen Darstellung mannigfache Anregung und Belehrung. Die eben⸗ falls unter Professor Hettner's Leitung . estellten Spezialkarten lassen geographische, statistische, wirths chaftagolitische Verhältnisse ꝛc. mit einem Blick übersehen, die das gewöhnliche Kartenbild gar nicht, das ge⸗ schriebene oder gesprochene Wort niemals mit so klarer Anschamlichtet vermitteln kann, und bilden so eine werthvolle Bereicherung und Er⸗ gänzung des Kartenwerks. Die Karten des Handatlas selbst sind technisch vorzüglich ausgeführt, übersichtlich und klar. Aus den neuesten Lieferungen seien besonders hervorgehoben die Karte der österreichischen Alpenländer und die Reliefkarte von Mittel⸗Europa mit einer über⸗ raschend plastischen Darstellung des ganzen Gebiets von der Nordsee bis zum Adriatischen Meere. Unter den Spezialkarten 8883 man schön gestochene Kartenbilder der bayerischen Alpen, der Gletscher des Oetz⸗ thals, vom Brenner, dem Salzkammergut, den Hohen Tauern, der Ortlergruppe und den Dolomiten. Interessant ist ferner ein Kärtchen, auf dem die Zeit des Frühlingseinzuges (nach dem Aufblühen des ,J2 in den verschiedenen Gegenden Europas dargestellt wird.
bgesehen von diesem außerordentlich reichen und vielseitigen Inhalt an Kartenmaterial und Text, dürfte auch der wohlfeile Preis der Ver⸗ Fretennch de Spamer'schen Atlas (16 ℳ oder 32 Lieferungen à 50 ₰)
rder ein.
— Im Verlage von Rudolf Stolle, Bad Harzburg, erschien so⸗ eben eine Gedichtsammlung, betitelt: „L om schönen Harz“, Ge⸗ dichte von Hermann Ruhe (mit 20 Bildern; Preis 1,20 ℳ). Die⸗ selbe erfreut sich eines so anerkennenden Geleitworts von Julius Stinde, dem bekannten Verfasser der „Buchholz“⸗Geschichten, daß man kaum noch ein weiteres zu ihrem Lobe hinzufügen kann. nennt das Büchlein einen „Strauß anmuthiger chtungen, aus denen allen heller Sonnenschein leuchtet: der Sonnenschein der Liebe zu den Bergen und Thälern, den Wäldern und Wassern, die das Menschenherz hineinziehen in holdesten Märchenzauber“. Das illustrativ und typographisch sehr gefällig ausgestattete Werkchen empfiehlt sich als hübsches Souvenir für Harzbesucher.
Untersuchungs⸗Sachen.
Aufgebote, Zustellungen u. dergl.
. Unfall⸗ und Invaliditäts⸗ ꝛc. Versicherung. 4. Zerkäufe, Verpachtungen, Verdingungen ꝛ. Verloosung ꝛc. von Werthpapieren.
Oeffentlicher Anzeiger.
6. Kommandit⸗Gesellschatten öbee u. Aktien⸗Gesellsch. 7. Erwerbs⸗ und Wirthschafts⸗Genosfsenschaften 8. ꝛc. von Rechtsanwälten.
9. Bank⸗Aus 6 10. Verschiedene Bekanntmachungen.
genommen.
1) Untersuchungs⸗Sachen.
[18221] Steckbriefs⸗Erledigung.
Der vegen den Bank⸗Direktor, früheren Pro⸗ kuristen Ernst Raeb, geboren zu Foltichow am 12. Oktober 1843, wegen wiederholter Unter⸗ schlagung in den Akten R. 26. 74 (R. 399. 74. rep.) von dem früheren Königlichen Stadtgericht, Abthei⸗ lung für Untersuchungssachen, Kommission II für Voruntersuchungen zu Berlin unter dem 24. De⸗ jember 1873 erlassene Steckbrief wird hiermit zurück⸗ genommen.
Berlin, den 11. Juni 1896.
Königliche Staatsanwaltschaft beim Landgericht I.
* 118
114““
H18222] Steckbriefs⸗Erledignng.
er gegen den Gärtner Richard Petersen, geboren 9 24. Januar 1845 zu Potsdam, wegen Diebstahls in den Akten P. 235. 74 (P. 282. 74 rop.) . dem früheren Königlichen Stadtgericht, Abthei⸗ zung für Untersuchungssachen, Kommission II für
vruntersuchungen zu Berün unter dem 7. Oktob
[18223] Das
erledigt.
legt worden:
1 Berlin, den 11. Juni 1896. Königliche Staatsanwaltschaft beim Landgericht I. 9.
Erledigung eines
„Offenen Strafvollstreckungsersuchens“. inter die Wehrpflichtigen Eisner und Ge⸗ nesas unterm 11. Juli 1894 erlassene offene Straf⸗ vollstreckungsersuchen ist bezüglich des Wehrpflichtigen Holzdrehers Karl Gustav Emil Eisner, geboren am 25. Februar 1867 zu Sänitz, Kreis Rothenburg O.⸗L.,
8 den 11. Juni 1896. Der Königl. Erste Staatsanwalt.
Königl. Württemb. Staatsanwaltschaft Ravensburg. Durch Beschluß der Strafkammer des K. Land⸗ schweren gerichts Ravensburg vom 5. Juni 1896 ist gemäß 326 St.⸗P.⸗O. iche Vermögen der folgenden der Verletzung der Wehrpflicht angeklagten
1874 erlassene Steckbrief wird hiermit zutück.] 1) Bucher, Josef, Metzger, geb. am 15. August 873 zu Ravensburg, zuletzt wohnhaft daselbst,
Dienstknecht, I 1873 zu Herbertingen, O.⸗A. Saulgau, zu⸗ letzt wohnhaft in Sießen, Gemeinde Hasenweiler,
9 Fürst, Reinhard, .Apri
O.⸗A. Ravensbur
14. September 1873 zu Altshausen, zuletzt wohnhaft daselbst
5) Vonier, Martin, 6. November 1875 sn Ringschnait, zuletzt wohnhaft in Ri
6) Zapf, Gebhard,
O.⸗A. Ravensburg, 7) Zapf, Alois, Bäcker zu Samhof, Gde.
das im Deutschen Reich befind⸗
ersonen mit Beschlag be⸗ tember 1873 zu Nürtingen, zu
3) Klein, Gottlieb, Schlosser, geb. O.⸗A. Saulgau,
4) Reich, Karl, Bierbrauer, geb. den 27. Januar 1873 zu Hedelberg, Gde. Eberhardzell, zuletzt wohn⸗ haft in Schussenried, O.⸗A. Waldsee, Feftetosgitag. geb. den
ßegg, O.⸗A. Biberach,
8 - Fabrstarbefter geb. den 26. Mai 1873 zu Samhof, Gde. Wolfegch Waldsee, zuletzt wohnhaft in Mollen, Gde.
geb. den 21. Februar 1875 Wolfegg, zuletzt wohnhaft in Schachen, Gde. Vogt, O.⸗A. Ravensburg, 8) Fischer, Wilhelm, Bauer, &b den 24. Sep⸗ etzt wohnhaft in Weiler, Gde. Obertheuringen, O.⸗A. T.
9) Ackermann, Paul, Sattler, geb. am 27. Fe⸗ bruar 1874 zu Stuttgart, zuletzt wohnhaft in Wangen im Allgäu,
was hierdurch öffentlich bekannt gegeben wird.
Den 11. Juni 1896.
Böltz, H.⸗A.
2) Aufgebote, Zustellun “
[18261 Amtsgericht Greene. In Sachen des Vogelhändlers Carl Wollenweber in Grünenplan, KeS; wider den Großköther Heinrich Gundelach in Schuldners, wegen ypothekzinsen, wird, nachdem auf Antrag des läubigers die Beschlagnahme des dem Beklagten ehörigen Großkothhofes No. ass. 65 in Delligsen ene. ubehör, zum Zwecke der Zwangsversteigerun durch Beschluß vom 10. Juni 1896 verfügt, au die Lee; dieses Beschlusses im Grundbuche an demselben Tage erfolgt ist, Termin zur 1
geb. am
. Biberach,
O.⸗A. Vogt,
versteigerung auf den 28. September d. J., Morgens 11 Uhr, vor Herzoglichem Amtsgerichte ö“ 8
ettnang