Bekanntmachung,
betreffend die Verloosung der vormals Hannoverschen 4prozentigen Staats⸗Schuldverschreibungen Litt. S.
für das Jahr vom 1. April 1896/97.
Bei der am 1. d. M. in Gegenwart eines Königlichen Notars — Ausloosung der vormals Hannoverschen Staats⸗Schuld⸗ verschreibungen Litt. S. zur Tilgung für das Jahr vom 1. April
1896/97 sind die nachfolgend verzeichneten Nummern gezogen worden:
Nr. 48 164 207 208 316 435 659 über je 1000 Thlr. Gold und Nr. 718 974 1000 1128 1228 1330 1411 1571 1618 1678 1891 2022 2031 2084 über je 500 Thlr. Gold. 8
Dieselben werden den Besitzern hierdurch auf den 2. Januar 1897 zur baaren Rückzahlung gekündigt.
Die au 2 Schuldverschreibungen lauten auf Gold, und wird deren Rückzahlung in Reichswährung nach den Bestimmungen der Bekanntmachung des Herrn Reichskanzlers vom 6. Dezember 1873, betreffend die Außerkurssetzung der Landes⸗Goldmünzen ꝛc. („Reichs⸗ Anzeiger⸗ Nr. 292), sowie nach den Ausführungsbestimmungen des Finanz⸗Ministers vom 17. März 1874 („Reichs⸗Anzeiger“
r. 68, Position 3) erfolgen.
Die Karitalbeträge werden schon vom 15. Dezember d. J. ab gegen Quittung und Einlieferung der Schuldverschreibungen nebst den zugehörigen Zinsschein⸗Anweisungen und den nach dem 2. anuar 1897 fälligen Zinsscheinen Reihe VI Nr. 3 bis 10 an den Geschäftstagen bei der Regierungs⸗Hauptkasse hierselbst, von 9 bis 12 Uhr Vor⸗ mittags, ausgezahlt.
Lie Gicksfung der Schuldverschreibungen kann auch bei sämmt⸗ lichen übrigen Regierungs⸗Hauptkassen, bei der Staatsschulden⸗ Tilgungskasse in Berlin, sowie bei der Kreiskasse zu Frank⸗ furt a. M. bewirkt werden.
Zu diesem Zweck sind die nebst den zu⸗ gehörigen Zinsschein⸗Anweisungen und Zinsscheinen schon vom 1. De⸗ zember d. J. ab bei einer der letztgedachten Kassen einzureichen, welche dieselben der hiesigen 12— übersenden und, nach er⸗ folgter Feststellung, die Auszahlung beforgen wird.
Bemerkt wird: b
) Die Einsendung der Schuldverschreibungen nebst den zugehörigen Zinsschein⸗Anweisungen und Zinsscheinen mit oder ohne Werthangabe muß portofrei geschehen.
2) Sollte die Abforderung des gekündigten Kapitals bis zum älligkeitstermin nicht erfolgen, so tritt dasselbe von dem gedachten eitpunkt ab zum Nachtheil der Gläubiger außer Verzinsung.
Schließlich wird darauf aufmerksam gemacht, daß alle übrigen äun 4prozentigen vormals A.“* Landes⸗ und Eisenbahn⸗
zuldverschreibungen bereits früher gekündigt sind, und werden des⸗ halb die Inhaber der unten noch nicht eingelieferten, mit dem Kündigungstermin außer getretenen,
Hannoverschen Staatsschuldverschreibungen an die Erhebung der Kapi⸗
talien derselben bei der hiesigen Regierungs⸗Hauptkasse hierdurch noch⸗
mals erinnert. .
Hannover, den 6. Juni 1896. 8
“ Der Ee“ 3 von Brandenstein.
Verzeichniß der bereits früher gekündigten und bis jetzt nicht ein⸗ elieferten, nicht mehr verzinslichen vormals annoverschen Landes⸗ und Eisenbahn⸗Schuldver⸗ schreibungen.
Litt. H. 3 ½ % auf 2. Januar 1874 gekündigt: Nr. 830 100 Thlr. Courant.
Litt. N. 3 ½ % auf 2. Januar 1873 gekündigt: Nr. 4163 100 Thlr. Gold, auf 1. Dezember 1874 gekündigt: Nr. 4162 100 Thlr. Gold.
Litt. EI. 4 % auf 1. Dezember 1874 gekündigt: Nr. 2880 über 100 Thlr. Courant.
Litt. FI. 4 % auf 1. Dezember 1874 gekündigt: Nr. 14 110 über 500 Thlr. Gold.
Litt. G I. 4 % auf 1. Dezember 1874 gekündigt: Nr. 5421 über 100 Thlr. Courant.
Litt. HI. 4 % auf 1. Dezember 1874 gekündigt: Nr. 4580 über 200 Thlr. Courant, Nr. 1320 über 100 Thlr. Courant.
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1““
Abgereist: eine Excellenz der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Staatssekretär des Innern Dr. von Boetticher, nach Kiel;
Seine Excellenz der Staats⸗Minister und Minister der
FFiftlichen. Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten D. Dr. osse, nach Karlsbad;
Seine Excellenz der Wirkliche Geheime Rath und Präsi⸗
dent der Seehandlung von Burchard, nach Königswart in
Böhmen;
der Ministerial⸗Direktor im Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten, Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Kuegler, nach der Provinz Pommern.
Denutsches Reich. 1
Preußen. Berlin, 22. Juni
Seine Majestät der Kaiser und König begaben Sich, wie aus Kiel gemeldet wird, am Sonnabend Morgen an Bord des Pagferschiffs „König Wilhelm“, nahmen dann auf der Nacht „Meteor“ an der Regatta des Norddeutschen R “ theil und besuchten Abends das Schulschiff „Gneisenau.“
Heute Vormittag um 9 Uhr nahmen Seine Majestät die Vorträge des Vize⸗Präsidenten des Staats⸗Ministeriums, Staatssekretärs Dr. von Boetticher und des Chefs des Zivil⸗ kabinets, Wirklichen Geheimen Raths Dr. von
1“ “
88 Den Meldungen des „W. T. B.“ aus Kiel entnehmen wir noch Folgendes: Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin schifften Sich am Sonnabend Vormittag an Bord S. M. Yacht „Meteor“ zur Theilnahme an der Regatta des Norddeutschen Regattavereins ein. Ihre Königlichen -2e. der P und die Prinzessin Heinrich sowie die erzogin Friedrich Ferdinand zu Schleswig⸗Holstein⸗
onderburg⸗Glücksburg fuhren an ord der Nacht „Espérance“ des Prinzen w. 2 Beobachtung der Regatta in See. Um 11 Ühr 5 inuten starteten in 6 Klassen 27 Yachten. Die Yacht „Meteor“ passierte 3 Uhr 40 Minuten als Erste das in Höhe von Friedrichsort liegende Ziel; 4 Uhr 10 Minuten folgte die YNacht „Varuna“ Seiner Durchlaucht des Fürsten zu Schaum⸗ burg⸗Lippe. Ihre Majestäten wurden auf der Fahrt von den Pafsagieden des Begseitdampfers des Norddeutschen
lebhaft begrüßt. Am Nachmittag trafen Seine Kaiserliche Hoheit der Kronprinz und Seine Königliche Hoöheit der Prinz Eitel⸗Friedrich in Begleitung ihrer ouverneure, des Generals von Deines und des Obersten von Lyncker, aus Plön zum Besuch Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin ein und begaben Sich in einer Pinasse an Bord der Nacht „Hohenzollern“. Abends fand daselbst Tafel statt, zu welcher die in Kiel anwesenden Fürst⸗ lichen Personen geladen waren. Gestern verblieben 5 Majestäten der Kaiser und die Kaiserin mit den Prinzen⸗Söhnen an Bord der Nacht „Hohenzollern“, wo Allerhöchstdieselben dem Gottesdienst bei⸗ wohnten. Später meldete sich bei Seiner Majestät der Staats⸗ “ des Reichs⸗Marineamts, Admiral Hollmann, welcher in er Nacht in Kiel eingetroffen war. Um 10 ³ Uhr fuhren Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin und die Prinzen in Begleitung des Admirals Hollmann mit einem Dampfbeiboot nach der Barbarossabrücke. Ihre Vröestät die Kaiserin begaben Sich alsdann mit den Prinzen⸗Söhnen zum Besuch Ihrer Königlichen Hoheiten des Prinzen und der Prin⸗ zessin Heinrich nach dem Schlosse, während Seine Majestät der Kaiser mit dem Staatssekretär Hollmann zur YNacht „Meteor“ fuhren. Nach kurzem Aufenthalt kehrten Seine Ma⸗ jestät mit dem Staatssekretär nach der Barbarossabrücke zurück, woselbst Letzterer ausstieg, um sich zur Kaiserlichen Werft zu be⸗ geheg Seine Majestät begaben Sich hierauf wieder an Bord er Nacht „Hohenzollern“, wohin um 11 ½ Uhr Ihre Majestät die Kaiserin und die Kaiserlichen Prinzen folgten. Abends um 6 Uhr kehrten Seine Kaiserliche g der Kronprinz und Königliche Hoheit der Prinz Eitel⸗Friedrich nach Plön
Regattavereins
Der General der Kavallerie Edler von der Planitz,
Inspekteur der 2. Kavallerie⸗Inspektion, der General der Artillerie Edler von der Planitz, General⸗Inspekteur der Fuß⸗Artillerie, und der General⸗Lieutenant von Kuhl⸗ mann, Inspekteur der 1. Fuß⸗Artillerie⸗Inspektion, sind von Berlin abgereist.
Der Wirkliche Geheime Ober⸗Baurath im Reichs⸗Eisen⸗ bahnamt Streckert hat eine Dienstreise nach Süddeutschland angetreten.
Der zum Bundesrath, Königlich sächsische S Regierungs⸗Rath Dr. Fischer ist nach Dresden ab⸗ gereist.
Die Regierungs⸗Referendare Dr. jur. Werner aus Trier, von Dorndorf aus Arnsberg, von Schutzbar, genannt Milchling, aus Oppeln, Bresges aus Düsseldorf und Dr. jur. Riechelmann aus Potsdam haben die zweite Staatsprüfung für den höheren Verwaltungsdienst bestanden.
Laut telegraphischer Meldungen an das Ober⸗Kommando der Marine ist S. M. S. „Seeadler“, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Coerper, am 20. Juni in Lorenzo Margquez und beabsichtigt, am 30 d. M. nach Sansibar in See zu gehen; S. M. S. „Cormoran“, Kom⸗ mandant Korvetten⸗Kapitän Brinkmann, ist gest 1 Chefoo angekommen.
Kiel, 21. Juni. Der chinesische außerordentliche Bot⸗ schafter, Vize⸗König Li⸗Hung⸗Chang traf heute Abend mittels Sonderzuges hier ein und wurde am Bahnhof von dem Staatssekretär des Reichs⸗Marineamts, Admiral Hollmann, dem Chef der Marinestation der Ostsee, Vize⸗Admiral Thomsen, dem Ober⸗Werftdirektor, Kapitän Diedrichsen und dem Stadtkommandanten, Oberst⸗Lieutenant von Höpfner empfangen. Eine überaus zahlreiche Menschen⸗ menge begrüßte den Vize⸗König mit wiederholten lebhaften Hurrahrufen. Nach der Vorstellung der zum Empfange er⸗ schienenen Persönlichkeiten fuhr der Vize⸗König nach seinem Absteigequartier Bellevue. Morgen früh wird derseibe S. M. Schiff „Kurfürst Friedrich Wilhelm“, die Kaiserliche Werft und die Germaniawerft besichtigen.
Baden.
Wie die „Neue Badische Landeszeitung“ meldet, hielt Seine Königliche Hoheit der e Sn2 gestern bei Gelegenheit der Einweihung eines Krieger⸗Denkmals in Hockenheim, an welcher Feier etwa 5000 Krieger theil⸗ fehmen. eine Rede, in der Höchstderselbe etwa Folgendes aus⸗ ührte:
Ich fühle mich veranlaßt, der Stadt Hockenheim Dank zu sagen für die heutige Denkmalsfeier und Denkmalsenthüllung, welche das Ziel hatte, der Zeiten zu gedenken, die wir heute und immer im Herzen haben und für die wir Gott danken: der Zeiten, in denen das Reich gegründet wurde mit dem Blute deutscher Soldaten. Allenthalben ist diese 25jährige Gedächtnißfeier gefeiert worden, in verschiedenster, mannigfaltigster Weise. Dies ist dankbar zu begrüßen. Sie wissen, daß vor wenigen Tagen das von den Kriegervereinen gewidmete Denkmal in Gegenwart Seiner Majestät des Kalsers eingeweiht wurde: eine Feier, welche den Ab⸗ schluß der Zeit bildet, der wir heute in dankbarer Erinnerung gedenken. Aber, was sollen die Folgen der Feier sein! Das ist es, was uns fortgesetzt beschäftigt. Wir wollen geloben, das festzuhalten, was gegründet ist; nicht gegen die Fern. außerhalb, sondern gegen diejenigen im Innern des Deutschen Reichs wollen wir ankämpfen. Wir wollen fest zusammenstehen; mögen Angriffe kommen, woher sie wollen, und von Leuten ausgehen, welche es auch sein mögen — es gilt fest zusammen zu halten, um die Achtung aufrecht zu halten; denn sie ist ein Segen der Nation; das Gegentheil ist Unglück und Vernichtung. Gott behüte uns vor Mangel an Hingebung zur Krone und zum Reich, vor Mangel an Liebe, die alles überragen muß. Nur durch Liebe können wir uns kleinlicher Dinge entschlagen; das ist es, meine Freunde, was ich eben angeführt, was ich hier an dieser Stelle Ihnen und dem ganzen Militärvereinsverband zurufe: Hee Euch getreu und fest an Einem, das Ihr seiner Zeit errungen habt: an dem deutschen Vaterlande; helfet, damit das, was Ihr selbst erlebt und geleistet habt, als Vorbild der jüngeren Generation diene, damit sie erkenne, worin die Freiheit und worin die Ordnung ruht. Diesem müßt Ihr Euch mit ganzem
erzen hingeben. Freiheit ist Ordnung. Ich betone dies um so ester, als wir alle wissen, daß sie ee angegriffen wird. Achtung und Hingebung gehören dazu, das zu verstehen, was das Reich sein soll: Zasenmenicfun aller Deutschen in gemeinsamer Arbeit zur Er⸗ haltung des Reichs. Hierzu bedarf es der Opferwilligkeit; denn ohne diese giebt es keine Macht. Macht ist nur möglich, wenn man sich ihr von ganzem Herzen hingiebt bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir hoffentlich noch lange nicht angekommen sind, wiederum das Schwert zu ziehen und für das Reich einzutreten. Damit wir das können, müssen wir rechtzeitig Opfer bringen. Die Opfer, die wir dafür bringen, können nicht zu groß sein; es gilt zu erhalten, was geschaffen ist. Keine Nation, sei sie noch so 898 ann eine große Sache unterstützen,
ohne daß Opfer gebracht werde⸗, die der Größe und Macht Dauer versprechen. Ich nehme an, daß alle, die hier anwesend sind, zu⸗ stimmen zu dem, was ich eben gesprochen. Halten wir fest zusammen damit das Reich bestehe. Stimmen Sie alle ein in den Ruf: „Der Deutsche Kaiser, unser Kriegsherr, derjenige, der bestimmt ist, das Reich zu erhalten, zu schützen und zu vermehren, lebe hoch!
Ihre Königlichen Hoheiten der Kronprinz und di Atos ri. von Schweden und Norwegen sing am Sonnabend Nachmittag auf Schlöoöß Baden eingetroffen
Elsaß⸗Lothringen. .
Bei den gestern vorgenommenen Nachwahlen zu den Gemeinderäthen wurden, wie „W. B. T.“ berichtet, in Straßburg 15 Mitglieder von der gemeinsamen Liste der Liberalen und des Zentrums und 8 von der gemeinsamen Liste der Demokraten und der Sozialdemokraten gewählt. Eine Wahl ist noch durch das Loos zu entscheiden. In Metz wurden 33 Mit⸗ glieder endgültig gewählt, und zwar 21 Altmetzer und 12 Ein⸗ gewanderte, unter letzteren auch mit großer Mehrheit der bisherige Bürgermeister von Kramer. In Schlettstadt wurden der Führer der katholischen Volkspartei Spies und zwei altdeutsche Kandidaten gewählt. Das Gesammt⸗ resultat ergiebt eine bedeutende Mehrheit der anti⸗ klerikalen Parteien, bestehend aus Altelsässern und Altdeutschen. In Mülhausen waren 31 Kandidaten zum Gemeinderath zu wählen, von denen auf die vereinigten Ordnungsparteien 29 Sitze entfielen, 11 Klerikale und 18 Li⸗ berale. Die beiden Altdeutschen, welche auf der Liste der ver⸗ einigten Ordnungsparteien standen, unterlagen und an ihrer Stelle wurden 2 Sozialdemokraten gewählt. In Marbach ist der bisherige altdeutsche Berufs⸗Bürgermeister Dittmar
wiedergewählt worden. Außerdem wurden drei Sozialdemo⸗
kraten gewählt, von denen nunmehr fünf dem Gemeinderath
angehören. In Colmar wurden neun Kandidaten der ge⸗
meinsamen Liste, ein Altdeutscher und ein Sozialdemokrat ge⸗ wählt. In Diedenhofen wurden unter zehn Kandidaten drei Altdeutsche gewählt. Bisher waren niemals Altdeutsche Mit⸗ glieder des Gemeinderaths. 1““
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser und König ist gestern Abend von Budapest nach Wien zurückgekehrt.
Beide Delegationen hielten vorgestern ihre Schluß⸗ sitzungen ab.
Die österreichische Delegation nahm nach Erledigung von Petitionen sämmtliche Vorlagen in dritter Lesung an. Der Minister des Aeußeren Graf Goluchowski sprach der Delegation sodann den Dank und die Anerkennung des Kaisers für die patriotische Opfer⸗ willigkeit aus und dankte hierauf im Namen der gemeinsamen S für das vertrauensvolle Entgegenkommen der Delegirten. Der Präsident Freiherr von Chlumecky erklärte in der Schlußrede, die Delegation habe aus den erhebenden Worten des Kaisers und aus den ausgezeichneten Dar⸗ stellungen des Grafen Goluchowski neue Friedenszuversicht geschöpft. Redner betonte, daß die österreichisch⸗ungarische Wehrkraft Schritt für Schritt vorwärts gehe, wobei allerdings der Bevölkerung nicht unwesentliche Opfer auferlegt würden; er wünsche, die europäischen Verhältnisse möchten es ermöglichen, daß den immer wachsenden Heereslasten einmal ein Ziel gesetzt werde. Der Präsident gab sodann dem Wunsche Ausdruck, es möge dem Süeses Goluchowski gelingen, dem bedauerlichen Wettkampf, der auf allerdings friedlichem, aber nicht minder empfindlichem Gebiet mit Bezug auf den künst⸗ lichen Schutz wirthschaftlicher Interessen in neuerer Heit mit erhöhter Kraft geführt werde, ein Ende zu machen. Zum Schluß brachte der ö ein dreifaches Hoch auf den Kaiser aus, in das die Ver⸗ ammlung begeistert einstimmte.
In der Sitzung der ungarischen Delegation übermittelte, nachdem die übliche Geschäftsübersicht gegeben worden war, der Finanz⸗Minister Baron Kallay den Dank und die An⸗ erkennung des Königs für die rasche und günstige Erledigung der Vorlagen und die Opferfreudigkeit der Delegation, sowie den Dank der Regierung für das Vertrauen und die Zuvor⸗ kommenheit der Delegation. Baron Bela Vay sprach sodann dem Präsidenten Szell den Dank der Delegation aus, worauf dieser die Arbeiten der Delegation für beendet erklärte. Redner bemerkte, die Delegation habe rasch, aber gründlich gearbeitet, das sei ein Beweis, daß die 8 der Regierung und die gewählten Mittel die der Delegation erlangt hätten, und ferner ein erfreulicher Beweis dafür, daß zwischen der exekutiven Macht und den parlamentarischen Kontrolkörperschaften die Harmonie bestehe, welche zur Leitung der Angelegenheiten und zur Hebung des Ansehens der österreichisch⸗ungarischen Monarchie sowie zur Festigung ihrer Wehr⸗ fähigkeit so nothwendig sei. Redner schloß mit einem Hoch auf den König, das mit stürmischen Eljenrufen beantwortet wurde.
Im ungarischen Unterhause wurde vorgestern die Vorlage über die Erhöhung der Zuckerprämie berathen, die Debatte aber später abgebrochen. Der Abg. Mezlanyi von der äußersten Linken brachte sodann eine Interpellation wegen der von dem Dr. Lueger gegen Ungarn vorgebrachten Ecgmäbunge ein. Ueber den Verlauf der Sitzung berichtet Der Referent Lang empfahl die Annahme der Vorlage über die Zuckerprämien, da die Zuckerindustrie des Schutzes bedürfe. An der gegenwärtigen Campagne seien 150 000 Joch ungarischen Bodens interessiert. Der Abg. Molnar (Ugronfraktion) betonte, die Vor⸗ lage diene nur der österreichischen Industrie, dem Interesse der ungarischen Zuckerindustrie widerstreite die Ausfuhrprämie. Der F’ Vernath führte aus, Oesterreich erzeuge doppelt so viel Zucker als Ungarn, welches wenigstens eine Million zu Gunsten Oesterreiche ohne Gegenleistung zahlen werde. Redner brachte eine Resolution ein, worin die Regierung aufgefordert wird, energische Maßnahmen geggen die Zuckerkartelle zu treffen sowie den an den Kartellen theil⸗ nehmenden Fabriken die staatlichen Begünstigungen zu entziehen, und erklärte, er werde gegen die Vorlage stimmen. asselbe erklärten die Abgg. Kofsuth und Helfy. Der Abg. Graf Alexander Karolyi sprach vom landwirthschaftlichen Standpunkte aus gegen die Vorlage. Der Finanz⸗Minister Lukacz erklärte, die Vorlage liege im Interesse sowohl der österreichischen als der ungarischen Industrie. Im Prinziy sei er ein Gegner der Zuckerprämien, da aber Deutschland die Prä⸗ mien auf das Doppelte erhöht habe, müsse auch hier zu Lande eine diesbezügliche 988 Verfügung getroffen werden. Der Minister e sodann die Behauptung, als ob Ungarn keine en habe; Ungarn vielmehr 1,3 Millionen Doppel⸗Zentner, kon⸗ sumiere aber nur 0,6 Millionen Doppel⸗Zentner; er erkläre, im Fall der Ablehnung der Vorlage müßten die Fabriken ihren Betrieb einstellen oder wenigstens einschränken. Der Minister besprach hierauf die Kartellfrage und führte aus, die Kartelle im allgemeinen und auch die Zuckerkartelle seien nicht zu beanstanden. Im Laufe der Ausgleichs⸗ verhandlungen werde sich Gelegenheit bieten, auch den Kartellen egenüber Pereazungen zu treffen für den Fall, daß dieselben die
nteressen der Verbraucher oder Produzenten schädigen würden. Der Minister ersuchte um Bewilligung der Vorlage. Die weitere Be⸗ rathung wurde sodann vertagt, worauf der Abg. Mezlanyi folgende Interpellation einbrachte: In den an der österreichischen Grenze gelegenen, zumeist deutschsprachigen Gemeinden versenden die öster⸗ reichischen Antisemiten entgel gic ihre Blätter, in welchen An⸗ griffe auf Ungarns staatliche Existenz enthalten sind und die Natio⸗
alitäten, insbesondere die Deutschen, aufgefordert werden, das Joch der magyarischen Unterdrückung abzuschütteln. Diese Blätter ehen besonders nach den Komitaten. Wieselberg. Preß⸗ 8⸗-. Eisenburg und Oedenburg. Einzelne Agenten be⸗ reisen die Komitate Preßburg und Oedenburg als Stimmungsmacher und verkünden, Lueger werde bald erscheinen, um das Volk aufzu⸗ klären. Er frage nunmehr an: Hat der Handels⸗Minister Kenntniß davon, daß in der letzten Zeit eine große Menge von Blättern, welche gegen eine rezipierte Konfession, gegen den ungarischen Staat und egen die ungarische Nation hetzen, in die an Oester⸗ 52 grenzenden Komitate unentgeltlich versandt werden? Ist, der Minister entschlossen, diesen Blättern den Post⸗ zebit für Ungarn und dessen Nebenländer zu entziehen? Hat der Minister des Innern Kenntniß davon, daß einzelne Agenten zum wecke der Aufreizung das Land zu bereisen beginnen, und ist er ent⸗ schlossen, die volle Strenge des Gesetzes anzuwenden, damit gegen die⸗ selben — seien es Führer oder Agenten, und mögen sie auf Berufung oder aus eigenem Willen zur Verkündung ihrer aufreizenden Prinzipien kommen — die nothwendigen Maßregeln angewendet werden?
Großbritannien und Irland.
Der Ministerrath hielt am Sonnabend eine zwei Stunden dauernde Sitzung ab, um die parlamentarische Lage zu berathen. Wie die „Times“ erfährt, wurde beschlossen, die Unterrichtsbill zurückzuziehen.
Es werde jedoch wahr⸗ scheinlich eine ähnliche Vorlage in der nachsten Session eingebracht werden.
Frankreich.
Der Minister⸗Präsident Méline empfing am Sonnabend den Unter⸗Staatssekretär der Südafrikanischen Republik van Boeschoten, welcher die Genugthuung seiner Regierung über die zwischen Transvaal und Frankreich bestehenden und sich immer mehr ausbreitenden Handels⸗ und Freundschafts⸗ beziehungen zum Ausdruck brachte.
Die Deputirtenkammer setzte vorgestern die Berathung des Gesetzentwurfs, wonach Madagaskar sur französischen Kolonie erklärt wird, fort und nahm schließlich die Vorlage mit 329 gegen 82 Stimmen an. Ueber den Verlauf der Sitzung berichtet „W. T. B.“, wie folgt:
Der Deputirte Bazille sprach sich gegen den Gesetzentwurf aus und erinnerte den Minister des Aeußern Hanotaux daran, daß er, ehe er Minister geworden sei, auf die Unzuträglichkeiten der Annexion Madagaskars hingewiesen habe. Der Minister des Auswärtigen
anotaux wies den ihm gemachten Vorwurf, er habe sich mit seinen üheren Anschauungen in Widerspruch gesetzt, zurück und erklärte, ob⸗ gleich er persönlich einem Protektorat den Vorzug gegeben haben würde, habe er seit dem März d. J. mehrfach ausge⸗ führt, daß er nach der Beseitigung des Protektorats seitens des Ministeriums Bourgeois dringend wünsche, die neue, von dem jetigen Ministerium angenommene Kombination möge Erfolg haben. Ee habe die Annexion aus Nothwendigkeit, nicht aus freier Wahl angenommen und habe seine “ Anschauungen dem Wohle des Staats geopfert, weil es keinen anderen Ausweg bei dieser Sach⸗ lage gebe. Der Minister wies darauf hin, daß dies von der Erklärung des früheren Ministers des Aeußern Berthelot herstamme, worin mitgetheilt worden sei, Madagaskar sei eine französische Besitzung. In diesen entscheidenden Worten liege die Annexion; das Protektorat sei zu Ende gewesen, als die Königin von Madagaskar die einseitige Erklärung unterzeichnet habe, worin sie die Besitzergreifung seitens Frankreichs anerkenne. Diese neue Lage habe unvermeidliche diplomatische Konsequenzen nach sich ziehen müssen. Frankreich habe am 11. Februar den Mächten diese definitive Besitzergreifung mitgetheilt. Die . der Mächte habe den Empfang dieser Mit⸗ theilung estätigtl, andere hätten von der Besitzergreifung Kenntniß genommen. Der englische Premier⸗Minister Lord Salisbury habe erklärt, er halte bis zum Empfang des Wort⸗ lauts des Vertrags die bestehenden Rechte Englands aufrecht. Der Staatssekretär der Vereinigten Staaten Olney habe im Namen der Vereinigten Staaten benfalls Vorbehalte gemacht. Es seien Ver⸗ handlungen eingeleitet worden, und auf das Verlangen des Staats⸗ sekretärs Olney habe der ehemalige Minister Bourgeois erwidert, der Vertrag der Vereinigten Staaten mit Madagaskar vom Jahre 1881 sei unvereinbar mit dem neuen Stande der Dinge; die amerikanischen Bürger würden auf Madagaskar die Vortheile der zwischen vesge⸗ und den Vereinigten Staaten abgeschlossenen Verträge genießen. Der Staatssekretär Olney habe auf der Abgabe einer kategorischen Er⸗ Uürun bestanden, in welcher an die Stelle der malgassischen die französische Souveränetät gesetzt werde. Das Verlangen Olney's sei im Auswärtigen mt nach der Bildung des Kabinets Méöline eingegangen. Das neue Kabinet habe eine Ehre darin gesucht, in der auswärtigen Politik die Kontinuität der Ansichten und der Pläne zu sichern; es habe, um die bereits erreichten Resultate nicht wieder aufzugeben, nicht auf die Form des Protektorats zurückkommen können, welches der Form und dem Wesen nach mit Rücksicht auf die Mächte durch successive Modifika⸗ tionen zerstört worden sei. Einen anderen Beweggrund, die Annexion zu unterstützen, hätten die Verhandlungen mit Großbritannien gebildet, welches sich in . der Annexion geweigert habe, sich den Ansichten Frankreichs bezüglich der Zolltarife anzuschließen. eshalb verlange die Regierung, daß die Kammer den Gesetzentwurf annehme, da das Parlament denjenigen, welche mit der Lösung der bestehenden Schwierigkeiten beauftragt seien, Autorität und neue Kraft zu geben habe. Die bloße Einbringung der gegenwärtigen Vorlage habe schon die Zustimmung der Vereinigten Staaten gesichert, und dieses durch die Macht der Verhältnisse herbeigeführte Resultat dürfe nicht das einzige bleiben. Es fei natürlich, daß Frankreich in dem Augenblick, wo Madagaskar einen Werth für dasselbe erlange, für sein Budget und seinen dg- ein gerechtes Aequivalent für die gebrachten Opfer beanspruche. „Wir wollen nicht daran weifeln“, fägte der Minister hinzu, ao die relativ sekundären politischen Fragen, welche noch vorhanden sind, wenn wir sie jo be⸗ trachten, sich schnell lösen lassen.“ Der Minister für die Kolonien Lebon äußerte die Ansicht, man müsse auf Madagaskar nur eine moͤglichst geringe Anzahl von Beamten unterhalten; er verpflichtete sich, die Ausgaben te I edeben; und erklärte schließlich, daß demnächst
schon die Einkünfte Madagaskars genügen würden. Die Kammer nahm bierauf ohne besondere Abstimmung den einzigen Artikel des Gesetz⸗ entwurfs an. Der Deputirte Denechau verlangte, daß die Sklaverei 9 Madagaskar sofort abgeschafft werde. Der Deputirte Le Myre e Vilers bemerkte, die Abschaffung könne erst nach Anstellung einer
nquête und, nachdem entsprechende Maßnahmen getroffen seien, vorge⸗
nommen werden. Es lebten im Innern der Insel mehrere Hundert⸗ kansend Sklaven, die man unmöglich zur Landstreicherei verurtheilen Pee. Der Deputirte Jaurds schloß sich Denechau an. Rer Deputirte de Mah 8 brachte eine Tagesordnung ein, worin die Uiegierung ersucht wird, Maßnahmen dahin zu treffen, daß die gesetz⸗ 6 abgeschaffte Sklaverei auch thatfächlich so bald als möglich be⸗ ehat werde. Der Minister⸗Präsident Méöline konstatierte, daß
üüermann für die Abschaffung der Sklaverei sei, daß aber bis zur gen Beseitigung derselben ein Uebergangszustand nothwendig sei.
r, acceptiere die Tagesordnung de Mahy. Dieselbe wurde mit
mmen angenommen.
Dem „Matin“ zufolge beschloß die Regierung, eine mili⸗ börische Er mee au 8 entsenden, um hie Ueberbleibsel der derpedition des Marquis Morèͤs zurückzuführen. An⸗
erseits hätten auch die Freunde des Marquis Morés eine
Lepedicion ausgerüstet, welche demnäͤchst nach Tunis abgehen
e, um von dort die Leiche Morès abzuholen.
Italien.
Der König hat dem General Baldissera das Groß⸗ kreuz des Militärordens von Savoyen verliehen. Der Unter⸗Staatssekretär im Kriegs⸗Ministerium General
Dalverme hat, wie „W. T. B.“ berichtet, sein Entlassungs⸗
gesuch zurückgezogen.
8 In den Abtheilungen der Kammer wurde vorgestern die Berathung der Vorlage über die Reorganisation der Armee zu de geführt. Die Diskussion war eine sehr leb⸗ hafte, die Opposition erhob in allen Abtheilungen Wider⸗ spruch. Das Ministerium siegte in acht von den neun Ab⸗ theilungen; es wurden daher acht Kommissare ernannt, die für die Vorlage sind, und einer, der gegen dieselbe ist.
Spanien.
8 Den Cortes ist von der Regierung ein Gesetz⸗ entwurf folgenden Inhalts vorgelegt worden: Die Re⸗ gierung wird ermächtigt, den Boden⸗ und Industrie⸗ erzeugnissen des Deutschen Reichs die Zellsätze des zweiten Tarifs (Minimaltarifs) aus dem gegenwärti⸗ für Spanien und Cuba sowie Puerto⸗Rico geltenden 55 2 tarif ohne weitergehende Zugeständnisse zu gewähren, wofern Deutschland seinerseits den Erzeugnissen aus Spanien und dessen Kolonien die Zollsätze seines General⸗ tarifs gewährt ohne die Zuschläge, welchen gegenwärtig ein⸗ zelne Waarengattungen unterworfen sind.
In der Deputirtenkammer brachte der Finanz⸗ Minister vorgestern den Budgetentwurf ein; das Defizit des Jahres 1894/95 beträgt 25 Millionen Pesetas, das wahrschein⸗ liche Defizit des Jahres 1895/96 22 Millionen Pesetas. Das außerordentliche Budget ist mit 236 Millionen Pesetas ver⸗ anschlagt. Der Finanz⸗Minister erklärte, die Eö5* mittel sollten aus dem Tabackmonopol, der Schiffahrtsteuer und einer Anleihe entnommen werden.
Wie verlautet, sollen zwischen dem 15. August und 15. September 50 000 Mann spanischer Truppen nach Cuba abgehen.
Die 2 28. hat den Ankauf von zwei neuen Tor⸗ pedobooten beschlossen.
“
Türkei.
Die Ernennung eines christlichen Vali für Zeitun ist nunmehr von dem Sultan in einem Irade angeordnet worden.
Der Marschall Derwisch⸗Pascha, Ober⸗Kommandant von Rumelien, ist gestorben.
Die Botschafter hatten, dem „W. T. B.“ zufolge, am Sonnabend eine Besprechung über die Lage in Kreta. — Der „Agenzia Stefani“ wird berichtet, der österreichisch⸗ ungarische Botschafter von Calice unternehme Schritte, die auf eine Wiederherstellung der Ruhe in Kreta hinzielten. Der Botschafter verlange zu diesem Zweck die Ernennung eines christlichen Gouverneurs, Wiederherstellung des Vertrags von Haleppa und Einberufung des Landtags. Alle Botschafter seien beauftragt, die Schritte des österreichisch⸗ ungarischen Botschafters zu unterstützen.
Der „Agence Havas“ wird aus Athen berichtet, die Aufständischen auf Kreta weigerten sich, die von der Pforte gestellten Bedingungen anzunehmen. Die Türken hätten sich nach Vukolics zurückgezogen, während die Christen nach Alikianu vorgerückt seien. Zwei Dampfer seien von Griechenland nach Kreta abgegangen, um die Frauen und Kinder aufzunehmen, deren Lage als höchst bedauernswerth geschildert werde. — Das französische Kriegsschiff „Le⸗ Levrier“ ist in Herakleion angekommen.
In Wien ist aus Konstantinopel die Nachricht daß im Hauran neue Unruhen ausgebrochen seien. Dem „Reuter'schen Bureau“ zufolge hätten die Drusen vier Kom⸗ pagnien türkischer Truppen vernichtet und mehrere Geschütze erbeutet. Der Aufstand scheine ernsterer Art zu sein als der vorjährige. Es werde in Konstantinopel versichert, daß in Salonichi 12 Bataillone nach Syrien eingeschifft werden sollten.
Rumänien.
Der König und die Königin haben sich am Sonnabend zu längerem ““ von Bukarest nach Sinaia begeben. Die nationalliberale Partei hielt vorgestern in Bukarest eine große öffentliche W11“ an weicher sich, dem „W. T. B.“ zufolge, über 10 Personen be⸗ theiligten und der auch Deputationen von Senatoren, Groß⸗ grundbesitzern und Industriellen beiwohnten. Aus allen Theilen des Landes waren Anhänger der Partei eingetroffen. Der Minister⸗Präsident Sturdza, welchem stürmische Ovationen dar⸗ ebracht wurden, besprach die Lage und das Verhalten er Regierung; außerdem sprachen noch die ehemaligen Minister Giani und Naco sowie der Professor der Philosophie an der Universität Bukarest Dimitrescu. Der frühere Minister Pherekyde brachte eine Resolution ein, welche die Haltung der Regierung billigt und die Agitation Fleva'’'s verwirft. Der Antrag wurde unter lebhaften Ovationen für Sturdza an⸗ genommen. Die Versammlung löste sich in völliger Ordnung auf; in den Straßen fanden keinerlei Kundgebungen statt.
Serbien.
Die Belgrader Blätter melden, in Kurschumlje habe ein Konflikt zwischen den serbischen Behörden und monte⸗ negrinischen Ansiedlern stattgefunden, bei welchem mehrere Personen getödtet und verwundet worden seien.
Bulgarien. 8
Eine seit langem angekündigte und vom macedonischen Zentral⸗Comité vorbereitete Versammlung hat, wie „W. T. B.“ aus Sofia erfährt, gestern Nachmittag in Deotis unter nur geringer Betheiligung stattgefunden. Dragan S ow führte den Vorsitz. Es dee ge nur zwei Redner.
ie Resolution des Comités, betreffend die Reformen in Macedonien, gelangte zur Annahme und soll der Regierung überreicht werden. Die Versammlung verlief in vollster Pänemark.
Die Großherzogin von Luxemburg ist am Sonn⸗ abend Abend von Kopenhagen über Vamdrup und Hamburg nach Königstein bei Frankfurt a. Main abgereist.
Der ehemalige Justiz⸗Minister Nellemann 28-S. psz Direktor der Dänischen Nationalbank “ 8 1“
ist zum ernannt
zufolge ist die von tete Nachricht über den Ausbruch einer Auf mehrere
Der „Hamburgischen Börsenhalle“
New⸗York aus verbre 2 Revolution in Guatemala unbegründet.
von Hamburg nach Guatemala gerichtete telegraphische An⸗ Sgen sei die Antwort eingegangen, daß in Guatemala alles ruhig seiiä. 8
Afien. Nach einer dem „Reuter'schen Bureau“ zugegangenen Nachricht aus Peking ist die Kaiserin⸗Mutter am Freitag gestorben.
Afrika.
Aus Kairo berichtet das „Reuter'sche Bureau“, eine Truppenabtheilung unter Hauptmann Makon habe Kedden, 45 Meilen von Suarda entfernt, am Fuß der Katarakte von wee dreiviertel. Wegs von Wadyhalfa nach Dongola, erreicht.
Dem „Messagero“ zufolge ist durch Vermittelung eines in Schoa wohnhaften französischen Staatsangehörigen ein Brief eines bei Menelik gefangenen italienischen Soldaten an dessen Familie in Turin gelangt, nach welchem sich in Adissabaha 1500 Gefangene befänden. Ihre Reise habe zwei Monate gedauert. Sie hätten sich während dieser Zeit von gerösteter oder roher Gerste ernährt und seien sehr mangelhaft bekleidet und mit blutenden Füßen angekommen. Viele in Adissabaha wohnende Europäer unterstützten die Ge⸗⸗ fangenen. Diese seien verständigt worden, daß sie zur Er⸗ bauung einer neuen Königsburg für Menelik wurden ver⸗ wendet werden.
„Dem ‚Reuter'schen Bureau“ wird aus Sansibar be⸗ richtet, Hilal Bin Omar, welcher wegen Umtriebe mit den Muskat⸗Rebellen zur Deportation verurtheilt war, habe sich am Freitag der Wegführung aus seinem Hause widersetzt. Die Truppen des Sultans seien alsdann mit Gewalt in das Haus eingedrungen; ihnen seien der Bruder Hilal's und andere Araber mit gezückten Schwertern gefolgt, welche sich Pgen General Raikes, den Befehlshaber der Truppen des Sultans, gewandt hätten. Der Minister⸗Präsident General Mathews habe darauf von seinem Revolver Gebrauch emacht und vier Personen aus dem Volkshaufen verwundet. Pilal sei dann an Bord des britischen Kriegsschiffs „Philomel⸗ nach Aden gebracht worden.
Aus Buluwayo, vom 19. d. M., erfährt das Reuter'sche Bureau“: die Lage in Maschonaland sei sehr ernst; der Aufstand der Eingeborenen, die an verschiedenen, einzeln liegenden Orten die Familien der Ansiedler ermordeten und weder Frauen noch Kinder schonten, sei allgemein. Alle in der Kolonie ansässigen Europäer hätten sich nach dem befestigten Lager von Salisbury geflüchtet, wo an alle felddienstfähigen Männer Waffen vertheilt worden seien; die zur Vertheidigung von Salisbury verfügbare Streitmacht sei indessen genügend. Auch die Bugel von Umtate müßten bewacht werden. Der General Carrington habe die Truppen, welche zur Verstärkung der Garnison nach Buluwayo gesendet worden seien, nach Salis⸗ bury zurückgeschickt und sie durch fünfzig Mann von seinen eigenen Leuten verstärkt. Ein starker Matabelestamm habe die Verschanzungen auf den Matoppohügeln bei Buluwayo ver⸗ lassen und marschiere über Umgingwe nach Norden. — Der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain erhielt ein Telegramm, in welchem eine Depesche aus Buluwayo vom 18. d. M. mitgetheilt wird, wonach eingeborene Boten, welche von Tuli aus der von Victoria kommenden Abtheilung entgegengesandt worden seien, durch die Matabeles, deren Streitkräfte zwischen Gondokwe und Belingwe ständen, zur Umkehr gezwungen worden seien.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Bericht über die vorgestrige Sitzung des Reichs⸗ tags, sowie die Rede, welche der Justiz⸗Minister Schönstedt in der letzten (19.) Sitzung des Herrenhauses gehalten hat, befinden sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (111.) Sitzung des Reichstags, welcher der Reichskanzler Fürst 88 Hohenlohe, der Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Nieberding, der Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Gras on Posadowskyund der Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammerstein beiwohnten, genehmigte das Haus nach Ablehnung eini in dritter Berathung den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltungen des Reichsheeres und des Auswärtigen Amts sowie der Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenverwaltung, nach⸗ dem der Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Graf von Posadowsky erklärt hatte, daß die verbündeten Re⸗ gierungen in ihrer Mehrheit einverstanden seien mit dem ein⸗ geschobenen § 3 des Gesetzes, wonach die Anleihe nur soweit aufgenommen werden soll, als die Ausgaben durch Ueber⸗ schüsse des Reichs nicht gedeckt werden können.
Darauf wurde die zweite Berathung des Aareereen Gesetzbuchs fortgesetzt und zwar bei dem Titel 6 des zweiten Buches: Dienstvertrag.
Die Sozialdemokraten beantragten, als Ueberschrift des 6. Titels zu setzen statt „Dienstvertrag“: „Arbeitsvertrag“ und überall statt „Dienstberechtigter“: „Arbeitgeber“, statt „Pifge „Arbeitnehmer“.
Vor die Bestimmungen des sechsten Titels sollten zwölf neue Paragraphen eingeschoben werden, deren erster lautet:
„Arbeitsvertrag (Lohnvertrag, Dienstvertrag oder dergl.) ist ein Vertrag, durch welchen der Arbeitnehmer sich verpflichtet, einen Theil seiger geistigen oder körperlichen Arbeitskraft für die häus⸗ liche Gemeinschaft. ein wirthschaftliches oder ein gewerbliches Unter⸗ nehmen des Arbeitgebers gegen einen vereinbarten Lohn (Gehalt, Salair, Honorar, Gage, Stolgebühr oder dergl.) zu verwenden.
Unter Arbeitnehmern werden auch diejenigen Personen ver⸗ standen, welche für bestimmte Gewerbetreibende außerhalb der Arbeitsstätten der letzteren mit der Anfertigung gewerblicher Erzeugnisse beschäftigt sind, und zwar auch dann, wenn sie die Roh⸗ und Hilfsstoffe selbst beschaffen.“
Abg. Stadthagen (Soz.): Die bestehende Gesindeordnung, die aufrecht erhalten werden soll, siebt in allen Punkten in Widerspruch mit den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches. Für das Gesinde besteht keine einheitliche Ordnung seiner Rechtsverhältnisse, und ebenso liegt es bezüglich der Bergarbeiter. Warum sollen diese Arbeiterklassen aus⸗ geschlossen sein von dem einheitlichen Recht? Man sagt: Der Name ist Schall und Rauch. Das ist richtig. Ich gebe auf den Namen auch nicht viel, aber wann hat man jemals im praktischen Leben den Arbeitgeber als Dienstberechtigten, die Arbeitnehmer als Dienstverpflichtete be⸗ zeichnet? Die Arbeiter müssen annehmen, daß man diesen Namen 8 hat, um sie zurückzuwerfen in ein überwundenes Dienstverhältniß. Hat man jemals etwas gehört von einem Militärdienstberechtigten oder einem Militärdienstver⸗ pflichteten? Wir wollen doch solche unzutreffenden Bezeichnungen nicht in die Gesetzessprache einführen. In der Denkschrift zu dem neuen