1896 / 179 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 29 Jul 1896 18:00:01 GMT) scan diff

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Formosa zum Schutz der deutschen Interessen in Aktion.

drei oder vier Monaten eintrete, den Truppen zuzu

des Korvettenkapitäns Graf von Baudissin in Korea und

Es wird noch in frischem Gedächtniß sein, daß das kleine Kanonenboot zum Schutz eines deutschen Dampfers, der von chinesischen meuternden Soldaten beschossen wurde, eintrat und das Auslaufen des Dampfers dadurch erzwang, daß es das artilleristisch weit überlegene Fort zum Schweigen brachte.

Die gegenwärtige Besatzung (Mannschaft) S. M. Kbts. „Iltis“ hat Deutschland am 26. März 1895 verlassen und würde im Juni 1897 in die Heimath zurückgekehrt sein. Der Kommandant hat erst in diesem slenhahr das Kommando übernommen, die übrigen Offiziere sind im Laufe des Jahres 1895 hinausgegangen. v

Der Stab bestand aus: v“

Kapitän⸗Lieutenant Braun, Kommandant,

Lieutenant zur See von Holbach, Erster

Lieutenants zur See Fraustaedter und Prasse,

Assistenz⸗Arzt erster Klasse Dr. Hildebrandt,

Marine⸗Unter⸗Zahlmeister Loß,

Ober⸗Maschinist Hill.

Zahlmeister Loß war während der Katastrophe, wie oben⸗ tehende Depesche besagt, nicht an Bord.

Die genaue Verlustliste wird nach Feststellung sofort ver⸗

ffentlicht werden.

Baden.

Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großn er Fr. sind am Montag Abend zu längerem Auf⸗ nthalt auf Schloß Mainau eingetroffkre. G

Anhalt. 1 Ihre Hoheiten der Herzog und die erzogin sind mit 4 Gefode Nachmittag von Ballenstedt nach Berchtes⸗ aden ab ereist

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Großbritannien und Irland.ʒ

Im Unterhause richtete gestern Berthelott die Anfrage an die Regierung, ob dieselbe angesichts der ernsten Nach⸗ ichten aus Rhodesia weitere Truppen nach Süd⸗Afrika zu enden gedenke. Der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain erwiderte darauf: er habe am 24. d. M. bermals an Goodenoughtelegraphiert, Carrington s Telegramme über die jüngsten militärischen Operationen ließen darauf chließen, daß die Unterdrückung des Aufstands langwierig werden könne; er solle in Gemeinschaft mit Carrington noch⸗ en, ob sie noch der Ansicht seien, daß die Streit⸗

genügen, oder ob weitere Verstärkungen erwünscht seien. Gestern Abend habe er (Chamberlain) eine vom 27. d. M. datierte Antwort erhalten, worin Carrington be⸗ richte, daß er unzweifelhaft durch den Mangel einer größeren Zahl von Mannschaften an der schnellen und wirksamen Unter⸗ drückung des Aufstands behindert sei, daß er aber andererseits, wenn mehr Mannschaften geschickt würden, dieselben bei den schwierigen Transportverhältnissen nicht verpflegen könne. Goodenough habe hinzugefügt, er sehe keine Verminderung der Schwierig eiten voraus. Alle Bemühungen 1 jetzt darauf der hist. die Nahrungsmittel noch vor der egenfet⸗ die in h

ühren. Er habe gegenwärtig über 1000 Reichstruppen in Rhodesia, Maclautste und Mafeking zur Verfügung, einen Bestand, der n dieser Höhe aufrechterhalten werden solle. Die Verluste eien bis jetzt glücklicherweise gering gewesen. Chamberlain bemerkte zum Schluß, er halte es für unrecht, zu ver uchen, den Beehlazaber Truppen aufzudrängen, die sie nicht ver⸗ flegen könnten. Auf weitere Anfragen erklärte der Parlaments⸗Untersekretär Curzon, der Regierung sei nichts davon bekannt, daß die Pforte die Abberufung Abdullah Pascha's beschlossen habe. Die Vertreter der Mächte hätten der Pforte empfohlen, den Oberbefehl auf Kreta an einen Offizier von niedrigerem Rang als Abdullah Pascha zu übergeben; die Pforte habe darauf geantwortet, daß die Zahl der jetzt auf Kreta befind⸗ ichen Truppen einen Befehlshaber hohen Ranges nothwendig mache, daß ferner die Ernennung Abdullah Pascha s nur eine eitweilige sei, und daß ihm die Instruktion zugegangen sei, im Einvernehmen mit dem Statthalter zu handeln und sich nicht in die Angelegenheiten der Zivilverwaltung zu mischen. Der Prozeß gegen Jameson und Genossen wurde gestern 3 ührt. „W. T. B.“ berichtet darüber Folgendes aus London: Der Gerichtssaal war dicht 8 Es herrschte tiefes Schweigen, als der Lord⸗Oberrichter Russell begann, den Mitgliedern der Jury das Resumé der Verhandlung darzulegen. Er führte aus, wenn die Jurh nur überzeugt sei, daß die Angeklagten bei den Vorfällen in Pitsani und Mafeking helfend und auf⸗ reizend betheiligt waren, so komme es nicht darauf an, ob Pitsani im Herrschaftsgebiet der Königin von England liege oder nicht, oder ob die Foreign Enlistment Act dort in Kraft bestanden habe oder nicht. Der Lord⸗Oberrichter Russell hob sodann den unzweifelhaft militärischen Charakter der Expedition Jameson's hervor. Gegenüber der Behauptung, daß die Expedi⸗ tion nicht auf den Umsturz der Regierung von Transvaal abgezielt habe, machte er geltend, daß Jameson mit dem Einfa eine Aenderung der in Transvaal geltenden Fr; im Interesse anderer Personen gewaltsam herbeizuführen gesucht habe, daß die Expedition somit gegen einen befreundeten Staat ge⸗ richtet gewesen sei. Betreffs des Briefes des Se an Jameson führte der Lord⸗Oberrichter aus, der Brief habe sich auf eine politische Schwierigkeit bezogen, in welcher der Ausschuß eine politische Ungerechtigkeit erblickt habe, nämlich die, daß die Uitlanders des gerechten Antheils an der Gesetz⸗ gebung des Landes beraubt würden. Die Jury müsse er⸗ wägen, warum der Reformausschuß sich nicht lieber an den Vertreter der Königin in Kapstadt oder Prätoria oder direkt an das Kolonialamt als an den Verwalter einer Handels⸗ esenschaft ewendet habe. Nachdem der Lord⸗Oberrichter ussell der Jury noch anheimgestellt hatte, su erwägen, ob sie nicht überzeugt sei, daß alle Angeklagten bei der Vorbereitung der Ausführung der edition gemeinschaftlich vorgegangen seien, zogen sich die Geschworenen zurück. Der Wahrspruch lautete auf „Schuldig“ gegen sämmtliche Angeklagten. Jameson wurde zu 15 Monaten Gefängniß ohne Zwangsarbeit, Major Willoughby zu 10 Monaten, Major White zu 7 Monaten, Coventry, Grey und Oberst White zu je 5 Monaten Gefängniß verurtheilt. Mit Rücksicht auf diesen Ausgang des Prozesses gegen

dem Anwalt beim Schatzamt brieflich mitgetheilt, daß Cecil⸗

Rhodes bereit sei, nach London zu kommen und sich selbst der Regierung zur Verfügung zu stellen, falls seine gericht⸗

liche Verfolgung gewünscht werde. Die Blätter billigen übereinstimmend den Ausgang des

Prozesses und geben ihrer Befriedigung darüber Ausdruck, daß dem Gesetz Achtung verschafft und die bona fides der eng lischen Regierung außer Zweifel gestellt worden sei.

Frankreich. Gestern Vormittag fand das Leichenbegängniß des früheren Ministers puller unter überaus großer Be⸗ theiligung statt. Dem „W. T. B.“ zufolge wohnten fast ämmtliche Minister der Feierlichkeit bei. Auf dem Kirchhofe dre⸗Lachaise, wo die Beisetzung erfolgte, wurden zahlreiche Reden gehalten. Der Unterrichts⸗Minister Rambaud er⸗ innerte an die von Spuller als Unterrichts⸗Minister ge⸗ leisteten Dienste und rühmte die literarischen Arbeiten Spuller’s. Der Minister des Auswärtigen Hanotaux sprach im Namen der Regierung. Nachdem der Redner auf die hervorragenden Eigenschaften hingewiesen hatte, die der Verstorbene gezeigt habe, als er Minister des Auswärtigen war, fuhr er fort: „Sie erinnern sich, mit welcher Autorität und mit welchem Takt Spuller es verstanden hat, von der Tribüne der Deputirtenkammer denen zu antworten, die es kritisierten, daß Frankreich die Einladung der Kaiserlich deutschen Regierung zu der internationalen ncbeiterkonferen, angenommen hatte, welchen einstimmigen Erfolg er damals davontrug und, wie er selbst eine Gegner zu seiner Meinung bekehrte, als er den Nachweis ührte, daß das mit allen Mächten in Frieden lebende Frank⸗ reich eine andere Rolle zu spielen habe, als sich abseits zu halten, daß Frankreich überall mit Würde den ihm zukom⸗ menden Rang einzunehmen habe, und daß Frankreichs Platz insbesondere überall da sei, wo es sich um edelmüthige Ideen und um Bestrebungen handele, die der Menschheit zum Vor⸗ theil gereichen“. 1 b Der Vize⸗König Li⸗Hung⸗Chang hat sich über Saint⸗ Etienne wieder nach Paris zurückbegeben. Der Pariser Stadtrath empfing gestern Nachmittag die Mitglieder des internationalen für angewandte Chemie zu einem Lunch im Stadthause.

Rußland.

In St. Petersburg verlautet, dem „W. T. B.“ zufolge, daß die russische Sprache vom nächsten Schuljahr ab in Montenegro, Serbien und Bulgarien als obligato⸗ torischer Lehrgegenstand werde eingeführt werden.

Spanien.

Der Marine⸗Minister Beranger erklärte auf Befragen: er hoffe, daß die Frage der italienischen Kreuzer ihre Erledigung finden werde. Spanien könne dieselben erwerben, obgleich eine andere Macht 858 Preise geboten hätte. 1

Die Schritte, welche zum Zweck einer Verständigung wischen der Regierung und der Opposition in Betreff der in

en Cortes zur Berathung stehenden volkswirthschaft⸗ lichen Gesetzentwürfe unternommen wurden, sollen, d

„W. T. B.“ zufolge, gescheitert sin. Türkei.

Ueber die letzten Ereignisse in Macedonien wird dem Wiener K. K. Telegraphen⸗Korrespondenz⸗Bureau aus Kon⸗ stantinopel noch Folgendes berichtet: Wenn auch die Angaben aus türkischen und anderen Quellen über die Stärke der Banden in Macedonien nicht vollkommen zutreffend sein dürften und auf Meldungen erschreckter Lokalbehörden sowie gefährdeter Truppen⸗Kommandos und auf übertriebene Privatnachrichten Herlchesshien sind, so scheint doch zweifellss, daß die Banden bereits einige hundert Mann stark sind. Die Operationen der Banden be⸗ gannen auf drei Wegen, von denen der erste von Kalabaka üͤber Milias nach dem Pindosgebirge, der zweite von Trikala nach Nerecha⸗Planina gegen Monastir und der dritte von Larissa uüͤber den Olymp und das Agostosgebirge gegen Prilip führt. Bei dem Zusofnmensto welcher am 23 d. M. bei Verria erfolgte, sindz auf türkischer Seite 40 Mann gefallen 4 wurden verwundet und 17 gefangen genommen. Bei Agostos hat ein kleines Scharmützel stattgefunden; nach beiden Punkten sind von Salonichi aus Verstärkungen abgegangen. Es werden Versuche gemacht, die bei Östrovo stehende Bande zu umzingeln. Neue unentschiedene Zusammenstöße fanden stutt bei Kailar, unterhalb Monastir. Im Janina⸗ kreise werden zwei Redifbataillone mobilisiert, ein Linien⸗ bataillon ist zur IW1“ des Grenzübergangs bei Milias beordert. Der Vali von Monastir hat sich nach Prilip be⸗ geben. Von dem militärischen Vorgehen der Pforte ist trotz der Finanzlage eine energische Eindämmung der Umtriebe der Banden zu erwarten. .

Ueber den Umfang der Unterstützung der Aufständischen auf Kreta von seiten griechischer Unterthanen macht die „Politische Korrespondenz“ einige Mittheilungen. Danach landete am 21. d. M. ein griechlsches Schiff mit Freiwilligen bei Rhodolos, worauf an die Christen in den umliegenden ö Waffen und Munition vertheilt wurden. Am 23. d. M. landeten griechische Freischärler in San Nicolo bei Canea und griechische Segelschiffe mit Freiwilligen, Waffen und Munition ür Kreta an anderen Stellen. Hieraus erhelle, daß griechischer⸗ eits eifrig auf die Weiterverbreitung des Aufstandes nach der isher fntaen Westhälfte der Füc. hingearbeitet werde. Diese Vorgänge hätten auch Vorstellungen der Mächte bei der riegischen Regierung veranlaßt. Am Montag früh ent⸗ gund in Caneca aus ganz unbedeutenden Ursachen eine Panik. Es wurden einige Flintenschüsse gewechselt, ohne zu treffen. Nach einer Meldung der „Agensia I““ hätten die Konsuln dem Vali empfohlen, strenge Maßregeln gegen die Ruhestörer in ergralten. 8 h

Amerika.

Verlust von 29 Todten und zahlreichen

Afrika.

ampfer an.

H“

Nach einer in Madrid eingetroffenen Drahtmeldung aus Cuba vom heutigen Tage schlugen die spanischen Truppen unter Linares die Schaaren der Aufständischen unter Garcia und anderen Führern und brachten ihnen einen erwundeten bei.

Die Kolonne Linares hatte 9 Todte und mehrere Verwundete.

Wie die „Agenzia Stefani’ aus Djibuti meldet, traten die Feigelessfun italienischen Gefangenen gestern Vormittag en

Der Abg. Joest, Mitglied des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten, hat seine Mandate niedergelegt.

Statistik und Volkswirthschaft.

Der auswärtige Handel des deutschen Zollgebiets im Juni 1896 nach dem vom Kaiserlichen Statistischen Amt herausgegebenen Juni⸗Heft:

A. Einfuhr im Juni in Tonnen zu 1000 8 netto: 3 282 845 gegen 2 889 790 im Juni 1895, daher mehr 393 055. Hierunter Edelmetalle 162, übrige Artikel 3 282 683. An der Steigerung nehmen hauptsächlich theil: Abfälle mit 15 909 t, Erden und Erze ꝛc. mit 115 122 t, Getreide mit 33 050 t, Holz mit 139 094 t, Kohlen c. mit 78 472 t, während die Einfuhr von Oel und Fetten, Steinen und Steinwaaren, Vieb, Wolle und Wollenwaaren nicht unerheblich zurück. gegangen ist. Die Gesammteinfuhr im ersten Halbjahr 1896 beträgt 16 175 232 gegen 14 096 330 im Vorjahre, daher mehr 2 078 902.

B. Ausuhr im Juni in Tonnen zu 1000 kg netto: 2 076 128 gegen 1 782 444 im Juni 1895, daher mehr 293 684. Hierunter Edelmetalle 49, übrige Artikel 2 076 079. An der Steigerung nehmen hauptsächlich theil: Erden und Erze mit 30 758 t, Holz mit 5808 t, Material⸗, Spezerei⸗ und Konditorwaaren mit 4095 t, Papier mit 2582 t, Steine ꝛc. mit 16 033 t, Kohlen mit 214 696 t und Thon⸗ waaren mit 7208 t, während wenige Waarengruppen einen Rückgang der Ausfuhr ergeben, nämlich Abfälle, Flachs, Getreide, Haare, Häute, Seide, Vieh, Zink ꝛc. Die Gesammtausfuhr im 1. Halbjahr 1896 beträgt 11 957 536 gegen 10 930 648 im Vorjahre, daher mehr 1 026 888.

Einfuhrwerthe für 1. Halbjahr 1896 in 1000 nach den für 1895 festgestellten Einheitswerthen: 2 241418 gegen 2 071 293 im Jahre 1895, daher mehr 170 125. Hierunter Edelmetalle 117781 gegen 47 517, übrige Artikel 2 123 637 gegen 2 023 776.

Ausfuhrwerthe für 1. Halbjahr 1896 in 1000 ℳ: 1 738 944 gegen 1 579 147, daher mehr 159 797. Hierunter Edel⸗ metalle 96 525 gegen 43 229, übrige Artikel 1 642 419 gegen 1 535 918. Gestiegen ist der Werth der Einfuhr von Abfällen gegen 1. Halb⸗ jahr 1895 um 4, von Droguerie⸗ ꝛc. Waaren um 9, von Eisen um 6, von Getreide um 45, von Holz um 17, von Instrumenten zc. um 3, von Kautschuck um 4, von Kupfer um 8, von Leder um 2 von literarischen und Kunstgegenständen um 2, von Materialwaaren um 9, von Kohlen um 5, von Theer ꝛc. um 4, von Thieren e. um 4, von Wolle um 9 Millionen Mark, gefallen dagegen der Werth der Einfuhr von Baumwolle um 15, von Flachs um 8, von Häuten um 7, von Vieh um 26 Millionen Mark.

Gestiegen ist der Werth der Ausfuhr von Droguerie⸗ ꝛc. Waaren um 15, Eisen um 23, von Erden, Erzen, Edelmetallen um 57, von Kleidern um 9, von Kupfer um 6, von Kurzwaaren um 17, von Materialwaaren um 8, von Papier um 3, von Steinen um 3, von Kohlen um 7, von Thonwaaren um 3, von Wolle um 3 Millionen

Mark.

Zur Arbeiterbewegung. 8

Aus Solingen wird der „Rhein.⸗Westf. Ztg.“ über die Be⸗ endigung des Ausstandes der Reider (vgl. Nr. 178 d. Bl.) geschrieben: Der seit 7 Wochen andauernde Ausstand der Taschen⸗ messerreider ist am Sonnabend egeng worden. Die Reider ver⸗ pflichten sich zur sofortigen Wiederaufnahme der Arbeit, die Fabri⸗ kanten zur alsbaldigen Regulierung des Lohns für die streitigen Sorten. Außerdem wird für die Taschenmesserfabrikanten und ihr Messerreider eine Vergleichskammer ins Leben gerufen, welche für die Folge Streitigkeiten, wie diejenigen, die zum Ausstand geführt haben allein regelt.

Aus Braunschweig meldet „W. T. B.“: In der Feld⸗ schlößchen⸗Brauerei hbat gestern das gesammte Brauerpersonal die Arbeit niedergelegt. Als Grund wird die Berufung eines Kelle⸗ meisters aus Hannover angeführt. Die anderen Brauereien der Stadt haben sofort Hilfspersonal entsandt.

Aus Zwickau wird der „Rhein.⸗Westf. Ztg.“ unter dem 27. Jul⸗ berichtet: Seit längerer Zeit klagten die Bergleufe sowohl im Zwickauer wie im Oelsnitz⸗Lugauer Bezirk über die gedrückten Ge⸗ dingelöhne und über lange Arbeitszeit, während über daß „Nullen“ und andere Strafen neuerdings weniger Beschwerden gefühn werden. Vor mehreren Tagen ist es nun auf einigen 8 des Zwickauer Bezirks zwischen der Werkverwaltung und der eleg⸗ schaft zu Auseinandersetzungen über Lohnfragen gekommen. Die Förderleute verweigerten die Einfahrt, sodaß die Werkverwaltung eine Erhöhung der Gedingelöhne und vom 1. Januar ab auch eine Auf⸗ besserung der Schichtlöhne versprechen mußte. Die Arbeit wurde als⸗ dann wieder aufgenommen. 1

In Wien ist am Montag im Währinger Brauhause eine Arbeitseinstellung von 50 Personen erfolgt, die, wie die „Presse“ mit⸗ theilt, schon seit längerer Zeit, etwa seit drei Wochen, vorbereitet wurde. Ursache des Ausstandes ist die Entlassung einiger Arbeiter welche die Arbeiterschaft mit der Forderung einer Ent fernung des Oberbrauers beantwortete. Da die Direktion diese Forderung zu erfüllen, ablehnte, erfolgte die Arbeitseinstellun der Brauer, der sich auch die Binder anschlossen. Die Gewerk schaft der Bierbrauergehilfen hat nun, wie das „D. B. H.“ mel den Boykott über die Währinger Bierbrauerei verhängt.

Aus Antwerpen schreibt man der „Köln. Ztg.“ unter den 26. Juli: Der von englischen Agitatoren in Antwerpen angeregte internationale Verband der Hafenarbeiter soll hauptsäch⸗ lich der gleichzeitigen Veranstaltung von Ausständen in England Holland und Belgien dienen und bei Arbeitseinstellungen in den beiden ersten Ländern den Schiffen die Möglichkeit benehmen, ihre Lad in belgischen Häfen zu löschen. Der monatliche Beitrag der T bandsmitglieder ist auf 25 Cts. festgesetzt. Mehrere Versammlun der Hafenarbeiter auf öffentlichen Plätzen wurden polizeilich aufgel

Kunst und Wissenschaft.

Ausgrabungen auf Thera hat im Laufe dieses Sommers Herr Dr. F. Hiller vo Gärtringen unternommen. Wir dürfen einem seiner Bri —- 15. ven d. J.) nähere Nachrichten darüber entnehm

err von Hiller schreibt, wie folgt:

Ein fünfwöchentlicher Aufenthalt auf Thera im vorige⸗ Jahre, während dessen ich mit meinem Freunde Alfred Schif die . dieser merkwürdigsten aller Inseln des Aegäischen Meeres studierte, erweckte in uns beiden die Ueber zeugung, daß außer den wunderbaren eologischen Erscheinun 8 und den unter der Lava tief vergrabenen prähistorischen An siedelungen auch gerade die historische Hauptstadt ein grundlichere Untersuchung verdiene. Die alte Stadt Thero liegt außerhalb der vulkanischen Gebilde auf einem ins Meer vorgeschobenen Berge (Méssa Vund), der, von böchsten Gipfel der Insel, dem Prophitis Ilias, durch ühe insattlung e getrennt ist. Außer den erfolguche Bereisungen durch Lubwig Roß und Rudolf Weil lagen 1. nur so gut wie gar nicht veröffentlichte Ergebnise onm systematischer Grabungen vor. So begab ich mi s qfer dieses Jahres mit dem Königlich preußischen Landmeh⸗, Herrn P. Wilski, welcher die Ausführung einag⸗ nauen Karte übernommen hatte, 9 d 89 v schlug bei der Kapelle Evangelismös meine Prankes

die Heimreise auf einem italienisch

Jameson hat der Anwalt der Chartered Company Hawksley

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begann am 15. Mai die Ausgrabungen auf d n Stel; Bßen und Roß entdeckten sogenannten Votivfelsen, einer

wo die natürlichen schrägen Platten des blauen Kalkstein⸗

ebirges weithin mit Inschriften bedeckt sind, welche zum thei 5 den ältesten Schriftdenkmälern der Uhee gan 89

ören. Aber das ehrwürdige Alter derselben steht in starkem Widerspruch su dem Inhalt der meisten dieser der Laune des Augenblicks verdankten Texte, welche uns die Theräer in ihrer Glanzzeit, als sie das stolze Kyrene gründeten, als Freunde heiteren, uns allerdings nicht mehr

. verständlichen 1“ zeigten. Auch eine Künstler⸗ inschrift fand sich aus dieser Zeit, welche Hermotimos, Sohn des Lykeios, nennt; seine Werke mag man sich nach Art des Apollon von Thera vorstellen. Später verehrte man hier wie Inschriften lehren, in der Nähe einer künstlich ausgearbeiteten Groste den Hermes und Herakles, die Götter der Palästra Doch die mehrfach in jenen alten Texten erwähnten Tänzer erinnern noch mehr an die Feste des dorischen Hauptgottes des Apollon Karneios, dessen einfachen, abher scham Han Tempel wir auch in nicht weiter Entfernung vom Votivfelsen, dicht am Ostrande des Stadtberges aufgefunden haben. Späte Gewandstatuen, die in seinem Bezirk standen, und einige inter⸗ essante Inschriften fanden wir theils im Rande einer modernen Tenne verbaut, die im Pronaos des Tempels hergerichtet war, theils in Terrassenmauern, welche die schmalen Gerstenfelder stützen, theils auch in einer Cisterne, die innerhalb des Bezirks liegt; zwei spimndeische Postamente waren viel tiefer hinab nach dem Meere zu gerollt. Eine durch viele Felsnischen für Weihgeschenke bezeichnete Feststraße führt an der Rückseite des Tempels 19 zu einer dem dritten Ptolemäer geweihten Felsbasis; auf der anderen Seite der Straße liegt das Nymphenheiligthum der Hylleer, wohl das Brunnenhaus der einen dorischen Phyle. Innerhalb dessen sind wiederum zahlreiche hochalterthümliche Inschriften, darunter auch der Name des Zeus, in den Fels gemeißelt. Denn der Kalkfels schien den alten Theräern nun einmal die natürlichste und dauerhafteste Unterlage für ihre Aufzeichnungen zu sein.

Weiter ergab sich, daß das Meiereigebäude Cet ch des Evangelismés in einen alten Tempel eingebaut war, der auf einem Unterbau steht. Ein drei Meter langer Gang führt in diesem Unterbau zu einem größeren, theils auf⸗ gemauerten, theils in den Fels gearbeiteten Raume, der zu⸗ nächst eine Grabkammer zu sein schien, wahrscheinlich aber doch ein Vorrathskeller der Priester war. Den Namen des Gottes nennt keine Inschrift; Reliefbruch⸗ stücke enthalten dionysische Darstellungen, Satyr und Nymphe, zwei Panther um einen Mischkrug, darüber eine Weintraube u. a. m. Drei in nächster Nähe gefundene kleine Aphroditetorsen und ein marmornes Schwein weisen dagegen in andere Richtung.

Nun kam es aber darauf an, das Zentrum der Stadt mit seinen Staatsgebäuden, seinem Markt und Tempeln zu suchen. Eine sehr hervorstechende Mauerecke war schon von Roß als der Ort bezeichnet worden, wo der frühere französische Vize⸗ Konsul Albi Inschriften und Statuen gefunden habe, die meist in den Louvre wa enn sein werden. Viele späte Gewandstücke, ein stattlicher Altar des Augustus, dann ein anderer, wohl des Ptole⸗ maios Euergetes (III.), ein gutgearbeiteter lebensgroßer Ochsenkopf, anscheinend von einem Akroterion, und andere Funde zeigten, daß etwas Bedeutendes in der Nähe war; nach längerem Suchen standen wir vor einer Thür, die in späterer Zeit ver⸗ baut war, drangen durch sie in das Innere vor und fanden⸗ uns bald vor zwei in die Rückwand eines langen Gebäudes eingelassenen Inschrifttafeln. Nach denselben hat Titos Phlavios Kleitosthenes Klaudianos im Juli des Jahres 149 n. Chr. nach anderen verdienstvollen Arbeiten es übernommen, die „Stoa am Markte“ oder die „Stoa Basilike“, die sich in sehr übler Ver⸗ sesagg befunden hatte, wiederherzustellen. Daß wir uns in der That in der Stoa Basilike befanden, bestätigte der Grund⸗ riß; ein langer, 43:11 m messender Bau, in dessen Längs⸗ achse eine (innere) Säulenstellung lief, während an der nörd⸗ lichen Schmalseite hinter drei Quersäulen (statt der einen) eine 3,65 m lange Basis steht. Vor dieser Basis fanden wir von den in einem mit zwei Delphinen als Stadtwappen hnrnheeg Dekret der Theräer erwähnten Bildwerken echs meist wohlerhaltene Köpfe, darunter die Porträtbüste

eines sehr schmächtigen Iung inge von offenbar sprechender

Aehnlichkeit, einen schönen griechischen Jünglingskopf, einen stattlichen Frauenkopf, beide von idealem griechischen Typus, und ein interessantes, sehr individuell gebildetes Frauen⸗ porträt. In der gegenüberliegenden Ecke deutete ein Tisch mit Seg auf die Thätigkeit der Marktpolizei. Zahlreiche Inschriften und Skulpturreste vor der Thür, darunter ein Apollotorso, der an die Statue im Belvedere erinnert, und ein nackter Oberleib, vielleicht von einem Fen verriethen die Nähe des Staatsmarkts; ein nörd⸗ lich anstoßender, in später Zeit zugebauter Platz, der von Magazinen umgeben ist, mag der alte Kaufmarkt sein. In eine der Magazinmauern ist ein mächtiger Block verbaut, der alterthümliche Schriftzüge trägt; nach einer geistreichen Deutung enthalten dieselben eine Schmähung: „Kikinos ist schamlos“”. Also finden wir hier die Stimmung wieder, die einst auf dem „Votivfelsen“ geherrscht hat. Eins der hübschesten Fundstücke ergab ein kleines Zimmer im Süden der Stoa, eine 66 cm hohe Statuette bekannten Motivs, eine stehende Aphrodite, die das linke Bein über einen Baum⸗ stamm gelegt hat und sich etwas vorneigt, um, wie es scheint, die Sandalen zu lösen. Leider fehlen der Kopf, die größten Theile der Arme und der linke Unterschenkel; aber auch in wecem Zustand wird die Statuette ein huͤbsches Museums⸗ ein. Die baugeschichtliche Verwerthung des Fundes dieser griechischen Basilika, bei der jeder an die Stoa Basileios am thenischen Staatsmarkte erinnert wird, überlassen wir späteren Zeiten. Jetzt galt es nach weiteren festen Punkten, besonders nach Heiligthümern, zu suchen. Zuletzt fand sich in einem Acker auf der Stadthöhe ein Gebäude guter Zeit, in der Nähe ein Altar der Hestia und darin neben zwei kopflosen weiblichen Gewandstatuen zwei lebensgroße guterhaltene Ephebenköpfe ögr ein kleinerer Knabenkopf von feiner Ausführung und tadel⸗ oser Erhaltung, die um so mehr auffiel, als die Köpfe wenig unter der Oberfläche, zum theil in einem wüsten Steinhaufen bersteckt lagen. Unsere Hoffnung, die Bestimmung des Ge⸗ Fänes kennen zu lernen, ging uͤber Erwartung rasch in Er⸗ fh auf einer auf drei Seiten beschriebenen Stele fand 8 Brief des Königs Ptolemaios von Egypten, offenbar dritten, Euergetes, der für seine in Thera postierte Uaruijon sorgt, datiert aus dem 18. Regierun 8. vom Se udnaios = 15. Epeiphi (228 vor Chr.). Auf demselben ein steht ein SereSas derjenigen, welche vom 18. bis gefie egierungsjahre zur abesercn des Gymnasion bei⸗ gesteuert haben. Die 289 Namen gehören vermuthlich

der erwähnten Söldnerschaar an, deren verschiedene Herkunft verständlich genug durch die bald dorischen, bald derzunft Namensformen gekennzeichnet wird.

Für die nächste Zeit ist unter anderem auch eine Er⸗ forschung der antiken Nekropolen in Aussicht genommen, zu der Herr Dragendorff demnächst aus Athen herüberkommen wird. Mit der Aufnahme der Architektur und einzelner durch ihre Form bemerkenswerther Inschriften ist Herr egierungs⸗ Bauführer Füoos Heyne beschäftigt. Eine Anzahl namhafter Fachgenossen hat sonst noch die Ausgrabungen besucht, nament⸗ lich auch Herr Professor Dörpfeld aus Athen.

Die Bevölkerung von Thera betrachtet unsere Aus⸗ grabungen als ein nationales Werk und zeigt uns freund⸗ liches Entgegenkommen; der Abt des Eliasklosters, dem der ganze Berg gehört, läßt uns frei schalten und walten. Die Vertreter der Königlich srichischen Regierung, der „Epoptis“ Herr Schuldirektor Vassiliu in Phira (Thera) und der „Epistatis“ Herr Grimanis fördern die Arbeit in jeder Weise, und im besonderen sind wir der Kaiserlich deutschen Gesandt⸗ schaft in Athen und dem Königlich griechischen Kriegs⸗Ministerium für vielfache neiternahng zum Dank verpflichtet. Nicht zum wenigsten aber ist der altbewährte Aufseher Angelis Kosmopulos, der seit den Ausgrabungen in Olympia von 1874 oftmals an deutschen Ausgrabungen betheiligt war oder deutschen Archäologen durch die griechischen Lande als Führer gedient hat, mit seinem unermüdlichen Eifer, seiner unbedingten Zuverlässigkeit und seinem glücklichen Spürsinn eine Bürgschaft für unsere Erfolge gewesen.

Der Senior der Berliner Künstler, der Professor Maler August Hopfg arten ist, wie erst jetzt bekannt wird, am Sonntag im 89. Lugug jahre gestorben. Hopfgarten, geboren am 17. März 1807 in Berlin, besuchte hierselbst von 1820 an die Akademie. Im Jahre 1825 erhielt er seinen ersten akademischen Preis, verweilte 1827 bis 1832 in Italien und malte dann in Wiesbaden die Grabkapelle der Herzogin von Nassau aus. Seit 1835 verweilte er fast ohne Unterbrechung in Berlin und entfaltete hier eine rege Thätigkeit auf dem Gebiet der Historien⸗ und Genremalerei. Bekannt sind semne Bilder „Raffael, das Motiv zur Madonna della Sedia findend“, „Schwäne fütternde Mädchen“, „Tasso vor Eleonore“: liebenswürdige Kostümbildchen im Stile der Düssel⸗ ö Seeit 1841 war Hopfgarten Mitglied der hiesigen

9 8 ““ Handel und Gewerbe.

Juli 1896. 3 % Deutsche Reichs⸗Anleihe 99,70, 3 % Preu

Konsols 99,90, Pfesge hesh⸗ Kredit⸗Aktien 226,00, Lombarden ven. Franzosen. 152,60, Berliner Handelsgesellschaft 150,25, Darmstädter Bank⸗Aktien Mark⸗St. 153,50, Deutsche Bank⸗Aktien 186,00, Dis⸗ konto⸗Kommandit⸗Antheile 208,25, Dresdner Bank 157,25, National⸗ bank für Deutschland 139,75, G Bank für auswärtigen Handel 130,00, Aachen⸗Maastricht 90,00, Dortmund⸗Gronau 165,50, Lübeck⸗Büchener 147,50, Mainz⸗Ludwigshafener 119,75, Marienburg⸗Mlawka 91,50, Ostpreußische Südbahn 90,00, Busch⸗ tehrader 272,00, Canada Pacific 55,10, Gotthardbahn 167,50, Italienische Meridional 119,20, do. Mittelmeer 94,60, Jura⸗ Simplon (konv. Schwz. W.) 105,00, Oesterreichische Nordwest⸗ bahn 135,00, do. do. Elbethal 137,75, Prince Henri 87,50, Transvaal 216,50, Schweizer Zentralbahn 139,50, do. Nordost⸗ bahn 137,50, do. Union 90,00, Warschau⸗Wiener 269,50, Italienische 5 % Rente 87,75, Mexikaner 6 % Anleihe 95,20, do. v. 1890 95,20, Oest. 1860er Loose 153,25, Russische 4 % Konsols 104,00, do. 4 % 80er Anl. 103,00, do. 4 % Rente 66,70, Türken konv. 19,20, do. Loose 98,50, Türkische Taback 166,00, Ungarische 4 % Gold⸗Rente 104,25, do. Kronen⸗Rente 100,20, Russ. 3 ½ % Goldanleibe 99,80, Chines. 5 % do. 99,75, Bochumer Gußstahl 160, Konsolidation 232,50, Dannenbaum 104,75, Dortmunder Union 6 % Stamm⸗Prioritäten 46,75, Gelsenkirchen 170,75, Guano 97,00, Hamburg. Packetfahrt⸗Akt. 131,75, Harpener 157,75, Hibernia 176,50, Königs⸗ und Laurahütte 152,75, Norddeutscher Lloyd 114,50, Trust Komp. 173,75, Russische Banknoten 216,00, Buenos Aires 31,50, Mexikaner 8 Futiger 8⸗ 6g Ducchschnättsrurne für deutsche Fon und Eisenbahn⸗Aktien. Amtlicher Durchschnittskurs vom 29. d. M. für Noten, 88

Peterebur 8

Verkehrs⸗Anstalten. 8

Aus Anlaß der bevorstehenden militärischen Herbstübungen wird au die Wichtigkeit der Anwendung richtiger und veremeer Nnf schriften bei den Manöver⸗Postsendungen hingewiesen. Zur genauen Aufschrift gehören: Familienname (möglichst auch Vorname, unter Umständen die Ordnungsnummer), Dienstgrad und Truppentheil Regiment, Bataillon, Kompagnie, Eskadron, Batterie, Kolonne u. s. w. und für gewöhnlich der ständige Garnisonort, eintretenden⸗ falls mit dem Zusatze „oder nachzusenden“. Die Angabe eines Marschquartiers empfiehlt sich nur dann, wenn dasselbe genau bekannt und vorauszusehen ist, daß die Sendung so zeitig an dem angegebenen Bestimmungsort eintrifft, um vor dem Weitermarsch in Empfang genommen werden zu können, und daß die Abholung von der Post auch mit Sicherheit zu erwarten steht. Da der Stab des Regiments und die einzelnen Bataillone ꝛc. ihre Postsachen häufig bei verschiedenen Postanstalten in Empfang nehmen, so ist eine genaue und richtige Aufschrift ebenso bei den an die Herren Offiziere gerichteten Manöver⸗Postsendungen wie bei den Mannschafts⸗ sendungen unentbehrlich. Durch mangelhafte oder ungenaue An⸗ fertigung der Aufschriften wird die Ueberkunft der Sendungen an die Empfänger oft sehr erheblich verzögert. Zur Vermeidung von Aus⸗ lassungen in der Aufschrift und zur Erhöhung der Deutlichkeit em⸗ S sich die Verw ndung von Briefumschlägen mit entsprechendem 8 ordruck. E“ ““ 8 v11“

8 11“

Im weiteren Verlauf der gestrigen ersten Sitzung der dies⸗ jährigen Tagung des Vereins deutscher Eisenbahn⸗Ver⸗ waltungen sprach Ober⸗Finanz⸗Rath Ledig, Mitglied der General⸗ Direktion der Königlich sächsischen Staatseisenbahnen (Dresden) über den „Einfluß der Eisenbahnen auf Kultur und Volkswirthschaft unter besonderer Berücksichtigung der Thätigkeit des Vereins deutscher Eisenbahn⸗Verwal⸗ tungen“. Der Vortragende führte etwa Folgendes aus: Ohne unser Verkehrsmittel würde niemals die Entwickelung der allgemeinen Bildungsverhältnisse diejenigen Fortschritte aufzuweisen haben, auf welche sich jetzt unser Zeitalter mit Stolz zu berufen vermag. Die köglichkeit, aus eigener serre. fremde Verhältnisse und Einrichtungen kennen zu lernen, die erleichterte An⸗ knüpfung persönlicher Beziehungen mit geistig hervorragenden Menschen, die erhöhte der Presse, deren Verbreitung lediglich durch die Eisenbahn ermöglicht wurde: alles dies vereinte sich, um das

eistige Leben mächtig anzuregen und den Entwickelungsgang der Völker 8 einer Weise zu beschleunigen, die in allen Zeitabschnitten ihres Gleichen sucht. Wenn einst nach Abschluß unseres Jahrhunderts das geschichtliche Fazit gezogen wird, dann muß anerkannt werden, daß auch in kultureller Beziehung der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Krone des Erfolges gebührt. Das Verdienst hierfür kommt aber in erster Linie der Eisenbahn zu; sie war es, welche durch die Befreiung von der örtlichen Gebundenbelt auch zur Befreiung in Hesftiger Beziehung mächtig beitrug und hierdurch ingerhalb weniger Jahrzehnte Erfolge

te, welche die früherer Jahrhunderte thurmhoch überragen

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Liquidationskurse der Berliner Börse für Ende

Bechsel pr. Wien u. St.

8

Und wie in rein geistiger Hinsicht, so ist auch der Einfluß, welchen neueren Verkehrsmitten auf die Gestaltung feslase tischen Lebens ausgeübt haben, ein überaus mächtiger. Der Eisenbahn ist es zu danken, wenn die wirthschaftliche Lage der unteren Volksklassen, einmal durch Darbietung vermehrter Arbeitsgelegenheit, sodann durch eine reichlichere und wohlfeilere Bedarfsversorgung erheblich ver⸗ bessert und hierdurch eine Milderung der vorhandenen sozialen Unter⸗ schiede herbeigeführt wird. Der Einfluß des Se leeeeh in politischer Hinsicht wird mit Recht dahin präzisiert, daß der ganze Charakter unseres öffentlichen Lebens auf den modernen Verkehrsmitteln beruht, und daß nicht allein die sondern auch die Macht⸗ mittel des Staats durch die Eisenbahnen, in Verbindung mit dem ver⸗ besserten Nachrichtendienst, wesentlich erweitert worden sind. Es erscheint keineswegs als eine Uebertreibung, wenn von einer Allgegen⸗ wart der staatlichen Zentralgewalt gesprochen wird, die erst durch die Eisenbahn begründet worden sei. In gleicher Weise ist die Be⸗ 35 des Volks an der Bearbeitung der Staatsangelegenheiten lediglich durch die modernen Verkehrsmittel ermöglicht worden. Das erhöhte Interesse, welches in unserer Zeit der Staatsbürger dem politischen Leben zuzuwenden pflegt, kann nur geweckt und unkterhalten werden, wenn er jederzeit in der Lage ist, sich entweder durch eigene Anschauung oder durch die Vermittelung der Prefse über den Stand der öffentlichen Angelegenheiten zu unterrichten. Beides wird nur durch die Eisenbahnen möglich gemacht, und zweifellos würde es uns wie eine Rückkehr zum Mittelalter anmuthen, wenn wir heute auf die Errungen⸗ schaften in dieser Richtung verzichten sollten. Wie der Verkehr von Mensch zu Mensch und von Stamm zu Stamm erleichtert und eine innigere wurde, so mußten auch die Beziehungen von Volk zu Volk erstarken. Der Eisenbahn ist es zu danken, wenn viele wirkliche oder vermeintliche Gegensätze zwischen den Nationen ausgeglichen wurden, und wenn engere politische Beziehungen, welche zwischen ein⸗ zelnen Staaten bestandene infolge der vermehrten persönlichen Derührung zu wahrhaften Völkerfreundschaften sich ausbildeten. Ohne unsere Verkehrsmittel hätte schwerlich das auf inniger Inter⸗ essengemeinschaft beruhende Bündniß mit unserem mächtigen Nachbar⸗ staat Oesterreich⸗Ungarn auch in dem Herzen des Volks so tiefe Wurzel fassen können, wie dies thatsächlich der Fall ist. Die Eisen⸗ bahn setzte das Volk in die Lage, dasjenige, was durch eine kühl er⸗ wägende Staatskunst geschaffen worden war, mit der eigenen herzlichen Sympathie zu besiegeln und den geschriebenen Verträgen erst hierdurch die rechte und eigentliche Weihe zu geben. Aber nicht allein in den friedlichen Beziehungen der Völker macht sich der große Einfluß des modernen Verkehrswesens geltend, sondern auch in der Kriegführung. Das hervorragendste Verdienst der Eisen⸗ bahnen auf diesem Gebiete liegt zweifellos darin, daß sie, in Ver⸗ bindung mit der unausgesetzten Vervollkommnung der Kriegswaffen, zur Abkürzung der modernen Kriege beitragen. Die gleichzeitige und schnelle Vereinigung großer Truppenmassen auf dem Kriegsschauplatz ermöglicht und bedingt die Herbeiführung einer schnellen Ent⸗ scheidung. Mögen die Opfer, welche diese schnelle Ent⸗ scheidung erfordert, noch so blutig und so zahlreich sein, so steht doch so viel fest, daß dadurch die Leiden, welche der Krieg den betheiligten Staaten auferlegt, wesentlich verringert werden. Feftr b wie sie durch den Dreißigjährigen und Siebenjährigen niep herbeigeführt wurden, sind heute kaum mehr denkbar. Der wirthschaftliche Aufschwung, den die Eisenbahnen geschaffen haben, ist ein geradezu gewaltiger. Wenn heute ein Mensch zurückkehrte, der unmittelbar vor der Entstehung der Eisenbahn sein Leben beschloß, er würde nicht glauben, dieselbe Welt vorzufinden, und er müßte wenigstens annehmen, daß seit seinem Tode Jahrhunderte vergangen seien, und daß in diesen Jahrhunderten Generationen zusammengewirkt hätten, um die beispiellosen e auf dem Gebiet des wirthschaftlichen Lebens hervorzurufen. Der Redner wies im weiteren Verlauf auf die Verdienste hin, die der Verein der deutschen Eisenbahn⸗Verwaltungen sich um das Eisenbahnwesen erworben habe. Die Schaffung des Uebereinkommens für die gegenseitige Wagenbenutzung sei eine der größten Leistungen, die in der kontinentalen Eisenbahnwirthschaft zu verzeichnen seien. Es wurde dadurch erreicht, daß ein Bestand von mehr als einer halben Million Wagen gewisser⸗ maßen zu einem einheitlichen Betriebsmittelpark verschmolzen, daß der ungehinderte Wagendurchgang von Bahn zu Bahn ermöglicht wurde und daß Güterumladungen, welche naturgemäß sowohl die Schnelligkeit als auch die Sicherheit des Transports beeinträchtigen müssen, auf das unbedingt nothwendige Maß beschränkt wurden. „Hoffen wir“, schloß Redner, „daß es noch der jetzigen Eisenbahn⸗Generation beschieden sein möge, die Reform des Personentarifwesens, welche sich für Deutschland immer mehr zu einer wirthschaftlichen und Nothwendigkeit ausgestaltet hat, durchgeführt zu sehen. ie Vortheile hiervon werden nicht nur dem Publikum zu gute kommen, sondern auch den Eisenbahn⸗Verwal⸗ tungen, welche in Frieden mit ihren Verkehrsinteressenten zu leben wünschen. Die bedeutende Vermehrung der Zugverbindungen, welche nahezu für das Gesammt⸗Vereinsgebiet stattgefunden hat, die Er⸗ höhung der Fahrgeschwindigkeit, die insbesondere bei den großen inter⸗ nationalen Verbindungen die hervorragendsten Erfolge ermöglichte, die fortgesetzt erhöhte Rücksichtnahme auf die Gesundheit und Bequemlichkeit der Reisenden während der Fahrt, alles dies sind Fortschritte, auf welche die moderne Eisenbahnwirthschaft und speziell die Vereins⸗ bahnen mit Recht stolz sein können, und die zweifellos auch vom Pu⸗ blikum in seiner Gesammtheit mit Dank anerkannt werden. Die Wünsche und Anforderungen auf dem Gebiet des öffentlichen Verkehrs⸗ lebens pflegen allerdings so weit voraus zu eilen, daß die Eisenbahn auch mit Dampfkrast nicht nachkommen kann. Trotzdem darf die Arbeit, auf welche die vereinten Eisenbahn⸗Verwaltungen am heutigen Gedenktage zurückblicken, eine gerechte Beurtheilung erwarten. Die ersten 50 Jahre des Eisenbahnbetriebs werden jederzeit für die Entwickelung des allgemeinen Verkehrslebens grundlegend bleiben, und es wird anerkannt werden, daß die heutigen Eisenbahn⸗Verwaltungen unter dem Schutz erleuchteter Regierungen, unter der Führung des Vereins und unterstützt von einer Technik, die dem Jahrhundert vorausgeeilt ist, Großes und Unver⸗ geleistet haben.“ (Lebhafter Beifall.) Der Vereinstag eschäftigte sich hierauf in längerer Berathung mit verschiedenen Aende⸗ rungen des Betriebs⸗Reglements. Alsdann wurde die Verhandlung auf g Fee

ie heutige Sitzung, welcher u. A. der preußische Minist der öffentlichen „Arbeiten Thielen, der dcrngsche FMieister Präsident Freiherr von Erailsheim und der würt⸗ tembergische Minister⸗Präsident Freiherr von Mittnacht beiwohnten, eröffnete der Präsident, Wirkliche Geheime Ober⸗ Regierungs⸗Rath Kranold mit der Mittheilung, daß ein Begrüßungs⸗ Telegramm von dem Internationalen Shen. dafß in Pheh ein⸗ egangen sei. Der Baudirektor der K. K. priv. Kaiser erdinands⸗Nordbahn, Regierungs⸗Rath Art (Wien) sprach alsdann über „Die Entwickelung des Gleisbaues im Vereinsgebiet“. Der Redner, eine Anutorität auf diesem Gebiete, wies in längerem Vortrage darauf hin, daß es der Thätigkeit des Vereins zu danken sei, daß man von Holzschienen zu Eisenschienen und von diesen zu Stahlschienen übergegangen sei. Anfäng⸗ lich hätten die Eisenschienen nur einen stählernen Oberbau gehabt; durch das Bessemer Verfahren sei jedoch der Stahl billiger geworden, und infolge⸗ dessen sei das Stahlschienensystem fast überall durchgeführt. Auch die Einführung der Vignolesschienen sei dem Verein zu verdanken. Ebenso sei es ein Verdienst des Vereins, daß der eperm Oberbau aus dem Stadium des Versuchs, in dem er sich ange Zeit befunden, herausgekommen und bereits vielfach durchgeführt sei. Der Redner empfahl schließlich das öö der Bau.⸗, Maschinen⸗ und Betriebstechniker, um einen Eisenbahn⸗Oberbau herzustellen, der auch den verbesserten Lokomotiven u. s. w. dauernd Stand balte; dies sei schon aus wirthschaftlichen Gründen empfehlenswerth. Hierauf wurde ein Preisausschuß gebildet, in den folgende Herren gewählt wurden: Hauptmann a. . Grünebaum est. esas Eisenbahn), Ober⸗Finanz⸗Rath Ledig (Sächsische

taatseisenbahnen), Eisenbahn⸗Direktions⸗ b “]