1896 / 186 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 06 Aug 1896 18:00:01 GMT) scan diff

Ein Knecht verunglückte bei einer Fuhre, von der es zweifelhaft war, ob sie dem gewerbsmäßigen Fuhrwerksbetrieb oder den sonstigen verschiedenartigen Betrieben des Unter⸗ nehmers zuzure nen war. Die Fuhwerks⸗Berufsgenossenschaft wurde zur Entschädigung verurtheilt, indem eine auf Grund der Heranziehung des Betriebsunternehmers zu Beiträgen be⸗ gründete formale Haftung der Berußsgenossenschaft an⸗ genommen wurde (1532).

sind noch folgende, in Angelegenheiten der Unfall⸗ versi säha erlassenen Bescheide unter Fiff 1533 und 1534

veröffentlicht: 1

Die Invaliditäts⸗ und Altersversicherungs⸗ anstalten sind berechtigt, den Antrag auf Einleitung des Verfahrens nach § 59 Abs. 4 des Unfallversicherungs⸗ gesetzes 64 Abs. 4 des landwirthschaftlichen Unfallversiche⸗ rungsgesetzes) zu stellen und gegen einen zurückweisenden Be 88 der unteren Verwaltungsbehörde Beschwerde an das Reichs⸗Versicherungsamt einzulegen (1533).

In einer zur Entlastung einer größeren Irrenanstalt begründeten Kolonie für Geisteskranke werden die Pfleg⸗ linge und das Wärterpersonal in erheblichem Maße mit land⸗ Se en Arbeiten beschäftigt. Das Reichs⸗Versicherungs⸗ amt hat entschieden, daß nicht die Pfleglinge, wohl aber deren Wärter versicherungspflichtig seien (1534).

8

In Angelegenheiten der Invaliditäts⸗ und Alters⸗ versicherung enthält die Nummer zunächst eine Bekannt⸗ e betreffend die Veränderung der Bezirke mehrerer im Bezirk der Versicherungsanstalt Sachsen⸗Anhalt belegenen Schiehsgerichte⸗ vom 1. August 1896, sodann ein Rundschreiben an die Vorstände der Invaliditäts⸗ und Altersversicherungs⸗ anstalten, betreffend den Erlaß revidierter Bestimmungen über die Anfertigung der dem Reichs⸗Versicherungsamt einzureichen⸗ den Uebersichten über die Geschäfts⸗ und Rechnungs⸗ ergebnisse, vom 10. Juli 1896, nebst Formularen und Er⸗ läuterungen, sowie foigene unter Ziffer 519 bis 525 ver⸗ zeichnete Revisions⸗ ö

Ein Mangel des Verfahrens liegt vor, wenn die vom Schiedsgericht um Vernehmung von Zeugen ersuchte Behörde die Vernehmung nur durch einen beeideten Protokoll⸗ 1ee ohne Beisein eines Vertreters dieser Behörde aufnehmen läßt; ein weiterer Mangel ist darin zu erblicken, daß die Parteien von dem Termin zur Beweisauf⸗ nahme nicht in Kenntniß gesetzt worden sind. Der letztere Mangel gilt aber bei entsprechender Anwen⸗ dung des § 267 der Zivilprozeßordnung als geheilt, wenn eine Partei vor dem Termin davon Kenntniß erhalten und den Mangel im Verhandlungstermine, in welchem sie vertreten war, nicht gerügt hat. In dem erstgedachten Falle geht das Rügerecht dagegen nicht verloren, da nach § 267

bsatz 2 der Zivilprozeßordnung die Parteien auf die im

öffentlichen Interesse etene Vorschrift über die Besetzung der vernehmenden ehörden wirksam nicht verzichten können (519). Ifst der glaubwürdige Nachweis einer Mindestzahl von Krankheitswochen, d. h. voller Kalenderwochen geführt, so kann deren Anrechnung auf die Wartezeit nicht Feg. deshalb abgelehnt werden, weil sich die fdescaltge Kalender⸗ woche, mit welcher sich die einzelne Krankheitswoche deckt, nicht mehr nach Datum ec. ermitteln läßt (520).

Der Verlust des Anspruchs auf Invalidenrente tritt nicht ein, wenn sich ein bereits dauernd erwerbsunfähiger 1“] dem ihm angebotenen Heilverfahren entzieht

Das hausgewerblich betriebene sogenannte anschlingen ist nicht versicherungspflichtig (522).

Die gesetzliche Frist zur Geltendmachung des Anspruchs heirathender weiblicher Personen auf Beitragserstattung 30 des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes) ist

ewahrt, wenn der Antrag binnen drei

eit der Eheschließung bei dem Vor⸗

stande der zuständigen Versicherun kagstalt ange⸗ bracht wird. Diese Frist ist eine Auss luß frist, ebenso wie die im 8 59 des Unfallversicherungsgesetzes vorgesehene rist. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen den

blauf dieser Frist ist unzulässig, da no § 211 der Zivil⸗

diese Wiedereinsetzung nur bei Nothfristen, enen die 1 in Betracht kommende Frist nicht an die Seite

Klöppel⸗

zu stellen ist, in Betracht kommen kann (523).

Die Erstattung von Beiträgen gemäß § 30 des Invaliditäts⸗ und EE welche während der Dauer der ersten Ehe entrichtet worden, sind an die sich wiederverheirathende Wittwe zulässig (524).

Ein hausgewerblich beschäftigter Kettenstuhlarbeiter ver⸗ legte seine Arbeitsstelle aus dem eigenen Hause in eine Mühle, um die dort vorhandene Wasserkraft zum Antreiben der Webestühle zu benutzen. Dieser Umstand in Verbindung mit der weiteren Thatsache, daß ein Theil der Webestuͤhle dem Fabri⸗ kanten gehörte, für welchen der Hausgewerbetreibende arbeitete, ist nicht geeignet, den Hausgewerbetreibenden seit Eintritt des 27 seiner Betriebsstätte als einen nach dem Invaliditäts⸗ und Altersversicherungs⸗

esetz versicherten Arbeiter des ihn beschäftigenden Fabrikanten anzusehe n (525).

In dem nichtamtlichen Theil sind zwei Ent⸗ scheidungen des Reichsgerichts mitgetheilt worden: eine des Ersten Strafsenats vom 11. Juni 1896, welche von den Voraussetzungen der Strafbarkeit eines Betriebs⸗ unternehmers wegen fahrlässiger Körperverletzung handelt, und eine des Dritten Zevllsenats vom 12./26. Juni

1896, welche die rechtliche Natur der Eintrittsgelder und Bei⸗

träge zu den Krankenkassen zum Gegenstande hat.

DDer Reichskommissar für die Welt⸗Ausstellung in Pa 8

Geheime Regierungs⸗Rath Dr. Richer. welcher nach seiner Rückkehr aus Frankreich sich für kurze Zeit auf Urlaub be⸗ geben hatte, ist in Berlin wieder eingetroffen. Derselbe ist täglich zwischen 11 und 3 Uhr im Dienstgebäude des Reichs⸗ amts des Innern, Wilhelmstraße 74, zu sprechen

Laut tele Fephiicher Meldung an das Ober⸗Kommando der Marine ist S. M. S. „Irene“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän du Bois, am 5. August von Chefoo nach Taku in See gegangen. 1““

In der Ersten und Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ wird die Begründung

zu dem Entwurf ei

nes Gesetzes, betreffend die Ab⸗

änderung der Gewerbeordnung, veröffentlicht.

Potsdam, 6. A

ließen heute am Sarge Seiner Majestät des

Seine Majestät der Kaiser

ugust. Hoch⸗

seligen Kaisers Friedrich im Mausoleum bei der Friedens⸗Kirche zur Erinnerung an die S lacht bei Wörth einen Kranz mit Schleife niederlegen. v

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.

Am 3. d. M. empfing Ihre Kaiserliche und Königliche

Hoheit die Herzogin

in Coburg eine Deputation ihres

russischen 41. Jamburg'schen 11“ Groß⸗

Marie Alexandrowna, beste

end aus dem General⸗

lajor und Kommandierenden des Regiments Koslowsky, dem Rittmeister und Kommandeur der Leib⸗Eskadron Latininé und

dem Wachtmeister Maksimenko.

Oesterreich⸗Ungarn.

Der König und

Nachmittag gegen 2 Uhr

3 hatten sich der rumänischen Gesandtschaft der Königin Blumen

uf dem Bahnho

die Königin von Rumänien sind in Wien eingetroffen. zum Empfang die Mitglieder eingefunden, deren Damen Abends fand bei

überreichten.

dem König und der Königin ein Diner statt, zu welchem

15 Einladungen ergangen waren.

Unter den Geladenen be⸗

fand sich auch der Minister des Aeußern Graf Goluchowski. früh reisten die rumänischen Majestäten nach Zell am

ee ab.

Zur Verabschiedung hatten sich auf dem Bahnhof

die Mitglieder der rumänischen Gesandtschaft und des Konsulats

eingefunden.

Das „Fremdenblatt“ bespricht den kurzen Besuch des

Königs und der Königin von Rumänien denselben jederzeit Sympathien der aufrichtigen Würdigung

186 zugewendeten

Königspaares, wie Interessengemeinschaft

Habsburger Monarchie.

in Wien und sagt in HOesterreich⸗Ungarn entspringen eben so sehr der Herrschertugenden des dem Bewußtsein der politischen zwischen Rumänien und der Das innige Verhältniß zwischen den

beiden Nachbarstaaten wird gekräftigt durch die freundschaft⸗ lichen, beide Dynastien mit einander verknüpfenden Beziehungen;

das Königspaar sindet

daher heute, wie stets, wenn es inner⸗

halb der Grenzen Oesterreich⸗Ungarns weilt, die herzlichste

A

Großbritannien und Irland.

Der L mittag von London na

sein Beglaubigungsschreiben

wurde derselbe von den

i⸗Hung⸗Chang hat sich gestern Vor⸗ ch Osborne begeben, um der Königin en zu überreichen. In Portsmouth Militär⸗ und Hafenbehörden empfangen;

Fer schiffte sich hier auf der Königlichen NYacht „Alberta“ ein,

welche unter Salutschüssen nach der Insel Wight abging. 8 Cowes wurde der Vize⸗König nach der Landung durch eine hrenwache von Marinetruppen empfangen, worauf er un⸗

mittelbar nach Osborne⸗House fuhr,

bereitgestellt waren. Wales und dem Nach Audienz. Bei

Dort wurde er von dem

dem Frühstück derselben waren der

wo Zimmer für ihn rinzen von empfangen. Königin von Wales,

Herzog von York

ertheilte ihm die

rin der Herzog von York, der Premierehfinise ord Salisbury und das Gefolge der Königin zugegen. Nachdem Lord Salis⸗ nt

bury der Königin den außerorde

ichen Botschafter vorgestellt

hatte, verlas Ee Piüie gang eine chinesische Ansprache, die darauf

ins Englische übersetzt wurde.

Er erklärte, dem „W. T. B.“

zufolge, er sei vom Kaiser von China abgeordnet worden, die

Königin zu begrüßen.

Die Königin antwortete, indem sie

den außerordentlichen Botschafter willkommen hieß und die vom

Kaiser von China ausgedrückten Gefühle Am Schlusse der Audienz verlieh die dem Vize⸗König Li⸗Hung⸗Chang die Auszeich⸗

sinnung erwiderte. Königin

nung eines Ehrenritters

Victorian Order“ und

Ehrenkomthurs des „Royal Victorian Order“.

reundlicher Ge⸗

s des Großkreuzes des „Royal seinem Sohne Li⸗Ching⸗Fong die eines Um 4 Uhr ver⸗

ließ Li⸗Hung⸗Chang Osborne und kehrte nach Cowes zurück,

wo er mouth zurückzufahren. stattete der Vize⸗König

ich an Bord der „Alberta“ begab, um nach Ports⸗

Nach seiner Ankunft in Portsmouth dem Prinzen und der Prinzessin von

Wales an Bord der Nacht „Osborne“ einen Besuch ab und nahm

den Thee bei Höchstdenselben ein. einer aus 47 Kriegsschiffen bestehenden Flotte, welche

gun

bei Spithead zusammengezogen war.

Hierauf folgte die Besichti⸗ Die „Alberta“ dampfte

langsam durch die Linien des Geschwaders, die Mannschaften

standen auf den Raaen NYacht „Osborne“ von Wales an Bord Kriegsschiffen beim

mit dem

und die Musikkapellen spielten. Die Prinzen und der Prinzessin

fuhr hinter der „Alberta“, von den

assieren mit dem Königs⸗Salut begrüͤßt.

Nach der Parade sens die „Alberta“ nach Portsmouth ab,

wo sie gegen 6 U nach seinem Hotel.

r ankam. Li⸗Hung⸗Chang fuhr sodann

Aus London theilt „W. T. B.“ mit: die Frähefüern er⸗

folgte des v Arran im

on der Regierung bekämpften Antrags

berhause werde in politischen Kreisen als ein

ungünstiges Vorzeichen für die irische Landbill angesehen; man

glaube jedoch nicht, da

die Regierung aus dem Vorgang

weitere Konsequenzen jie en werde. Die Admiralität hat, der „Allg. Korr.“ zufolge, in der

vorigen Woche fünf n Es fol ihnen ein

eue Schlachtschiffe in Bau gegeben.

neues Modell zu Grunde gelegt werden.

Ein Schiff werden die Thames Iron Works in London bauen,

das zweite Laird in Chatham, das vier die in Devonport.

weniger Wasserverdrängung besitzen

in Birkenhead, das dritte die Staatswerft

te die in Portsmouth und das fünfte

Die fünf neuen Schiffe werden 2000 t

als die Klasse des

„Majestic“, damit die Baukosten Frsigere sind und die neuen

Schiffe auch durch den wird 390, die größte drängung 12 950 t

Suezkanal fahren können. Die Länge Breite 74 Fuß und die Wasserver⸗ betragen. Die Maschinen sollen

13 indizierte Pferdekräfte haben, wodurch eine Schenthfeit

von 18 ¼ Knoten erreicht werden wird.

fährt nur 17 ½ Knoten

Der „Majestic“ in der Stunde.

Rußland.

Wie „W. T. B.“ erfährt, wird die Kaiserin⸗Wittwe mit dem Großfürsten Michagel und der Großfürstin Olga am

Sonnabend von St. hagen zum Besuch des

89

Petersburg abreisen, um sich nach Kopen⸗

Königlichen Hofes zu begeben.

man,

sitzer sich verpflichtet

Die Staatseinnahmen im Monat Juli 1896 über⸗ steigen die des Monats Juli 1895 um 2751 465 Lire.

Spanien.

Ein Haufen von etwa 50 mit Flinten bewaffneten Individuen durchzog in der Nacht vom 4. zum 5. d. M. die Umgebung von Valencia und schoß auf die Steuer⸗ beamten. Die Polizei, welche gegen die Tumultuanten ausrückte, wurde mit Flintenschüssen empfangen. Vier Personen wurden verwundet, darunter eine Frau schwer. Andere bewaffnete Haufen durchzogen in gleicher Weise ver⸗ schiedene Dörfer. Kavallerie wurde gegen 5 ent⸗ und zerstreute sie. Man glaubt, daß die Banden von

er republikanischen Partei gebildet worden seien. Vierzehn Ver⸗ haftungen wurden vorgenommen. Der Minister des Innern Cos⸗Gayon machte, dem „W. T. B.“ zufolge, über diese Vorgänge in einem Interview folgende Mitthei⸗ lungen: Bei Valencia seien zwei Banden zerstreut und viele Waffen aufgefunden worden. Die Banden hätten Bernardo Alvarez, einen pensionierten Obersten, zum Sieben Bes ae h0en seien vorgenommen worden. Die Regierung schreibe diese Unruhen cubanischen Partei⸗ ängern zu, die von protestantischen und freimaurerischen enossenschaften unterstützt würden. Ein ee Versuch ei bei Gerona gescheitert, wo ebenfalls einige Verhaftungen tattgefunden ätten. Seit einigen Tagen treffe die Regierung in der Provinz die nöthigen Maßregeln. Wie andererseits verlautet, ergebe sich aus einigen in Valencia auf⸗ gefundenen Briefen aus den Vereinigten Staaten und Argentinien, daß die revolutionäre Bewegung von ausgehe, um die Absendung von Verstärkungen nach Cuba zu erschweren. Bei Torrente sei gleichfalls eine kleine Bande gefen en worden. Eine der bei Valencia aufgetauchten Aufrübrerbanden setze ihren Rückzug in der Richtung auf das Gebirge fort und werde von der Gendarmerie und einer Kavallerie⸗Abtheilung veöfgcgt. Sie stehe unter Führung eines Arztes Bernardo Toledo, des Bruders eines der Führer der cu anischen Auf⸗ ständischen. 1

Belgien.

In der gestern fortgesetzten Verhandlung gegen den Kom⸗ g

mandanten Lothaire Peqen der Hinrichtung des Händlers Stokes verlas, wie „W. T. B.“ aus Brüssel berichtet, der General⸗Staatsanwalt die Antklageschrift und erkannte die Richtigkeit der Stokes gemachten orwürfe an. Zum Schluß führte er aus, Lothaire habe in gutem Glauben und im Zu⸗ stande berechtigter Vertheidigung gehandelt, er befürworte daher die Freisprechung. G

Amerika.

In Buenos Aires beschloß die Deputirtenkammer,

wie „W. T. B.“ vom gestrigen Tage meldet, auf dem Amende⸗ ment vom 17. Juli d. J. zu der Gesetzvorlage, betreffend die Unifizierung der argentinischen Staatsschuld, nicht u bestehen. Die Vorlage ist somit in der vom Senat be⸗ schlossenen Fassung endgültig angenommen.

XX. Konkurrenzprüfung von Marine⸗Chronometern.

In Gemäßheit der von Seiner Excellenz dem Herrn Chef der Kaiserlichen Admiralität unterm 2. Dezember 1875 erlassenen In⸗ struktion für die Deutsche Seewarte, § 2 und 4, wird in Hamburg auf der der Leitung der dortigen Sternwarte unterstellten Abthei⸗ lung IV der Seewarte (Chronometer⸗Prüfun 8⸗Institut) in der Zeit vom 15. November 1896 bis 23. April 1897 die zwanzigste der alljährlich zu veranstaltenden Konkurrenz⸗Prüfungen von Marine⸗ Chronometern abgehalten werden, zu welcher es jedem im Ge⸗ biet des Deutschen Reichs etablierten Uhrmacher freistehen wird, bis zu zehn Marine⸗Chronometer, über deren Anfer⸗ tigung in der eigenen Werkstatt und selbständige Durcharbeitung der Haupttheile, Unruhe, Spirale und Hemmung wie Ausführung der Reglage, eine schriftliche Erklärung belzufügen ist, unter Bea tung der nachstehenden Bedingungen und Tragung der Transportkosten sowie der Verantwortung einzusenden.

Gemäß hoher Verfügung Seiner Excellenz des Herrn Staats⸗ sekretärs des Reichs⸗Marineamts vom 12. Juli 1889 werden die ge⸗ prüften Chronometer, soweit dieselben sich als brauchbar für die nautische Praxis erweisen, in 4 Klassen eingeordnet, welche durch folgende Prädikate bezeichnet werden:

1. Klasse: „Vorzüglich“. 2. Klasse: „Sehr gut“. Gut“ 4 „Genügend“.

3. 8 8 . . Für die einzelnen Klassen werden die folgenden Maximalwerthe

der die Fehler der Chronometer zum Ausdruck bringenden Koeffi⸗

zienten A, B und C festgestellt:

Klasse 1 II III IW A+ 2B +C 285 580 685 108

B 0.75 1.20 1.60 2.50

CCC668ͤ69110 0.12 0.20

A stellt den Kompensationgfehler, B den durch sprungweise

Gangindemung C den durch Acceleration erzeugten Fehler dar. Zur Bestimmung von A, B und C werden die Chronometer stufenweise anfangs fallenden (bis 50 Celsius) und später wachsenden Temperaturen (bis 300 Celsius) ausgesetzt, und es werden durch sorg⸗ feiteh Standbestimmungen die mittleren täglichen Gänge ae. er einzelnen Zeitabschnitte (Dekaden) ermittelt. Je 2 der so er⸗ mittelten Gänge, welche zu gleicher Temperatur, also zu zwei zur Mitte der Prüfungszeit symmetrisch gelegenen Dekaden gehören, werden paarweise zu einem Mittelwert zusammengefaßt. Es ist sodann A Rlaich der größten Differenz zwischen den so gefundenen Mittelwerthen. Bezeichnet ferner B1 die ößte Differenz der täglichen Gänge von zwei auf einander fel enben Dekaden, 1 die Differenz der mittleren Tempe⸗ raturen während dieser beiden Zeitabschnitte und ] die Differenz der höchsten und niedrigsten überhaupt während der Prüfung vorgekom⸗ menen mittleren Dekaden⸗Temperaturen, so ist

Rcaeesee, e8s es B= B n

Die zehntägige Acceleration des täglichen Ganges, C, erhält indem man die Gangdifferenzen je zweier zur Mitte der Untersuchungszeit symmetrisch gelegenen Dekaden gleicher Temperatur bildet, dieselben durch die Anzahl der zwischen beiden Zeitabschnitten liegenden Tage dividiert und aus den so erhaltenen ahlen das Mittel nimmt. Zur größeren Genauigkeit der Be⸗ timmung der Größe C werden in dieser Weise die änge während der zwei ersten und der zwei letzten Dekaden in Rechnung gezogen. Innerhalb der einzelnen Klassen werden die Chronometer nach der Summe A 2B +C geordnet, d. h. dasjenige Chronometer, bei welchem diese Summe den geringsten Werth erreicht, nimmt den der Güte nach ersten Rang ein.

Einer Verfügung der Kaiserlichen Admiralität vom 24. August 1887 Lufolge elangen auch in diesem Jahre für die ersten 6 der in oben öeieeen⸗ Weise geordneten Chronometer Prämien zur Vertheilung. Die Prämiierung erfolgt indessen nur dann, wenn das Instrument der ersten Klasse angehört, und der Be⸗ das Chronometer der Kaiserlichen Marine

deren Wunsch zum Preise von 600 zu überlassen. au. erste pPun beträgt 700 ℳ, das die zweite Stelle einnehmende Chronometer erhält eine Prämie von 600 und die vier folgenden Instrumente erhalten eine solche von resp. 500, 400, 300 und 300

Ein und dasselbe Chronometer kann nur einmal prämiiert werden. Den einzusendenden Instrumenten ist beizufügen eine genaue Angabe über die Zeit der Fertigstellung, die Art der Kompen ation und der

semmung unter Beigabe einer dieselben erläuternden Skizze, sowie die venr der letzten Reinigung, da nur Uhren, welche innerhalb eines Jahres vor Beginn der Prüfung gereinigt wurden, bei der Prämiierung be⸗ rücksichtigt werden können. b

Bezüglich des Ankaufs von Chronometern behält sich das Reichs⸗ Marineamt die freie Wahl vor, wird aber, wie schon bemerkt, für jedes in den Besitz der Marine übergehende Instrument neben der auf dasselbe entfallenden Prämie noch 600 zahlen. .

Nach der Prüfung wird einem jeden Fabrikanten ein von dem Vorstande des Chronometer⸗Prüfungs⸗Instituts unterzeich⸗ netes und mit dem Dienstsiegel versehenes Attest über das Ver⸗ halten der von ihm eingelieferten Chronometer gebührenfrei zugestellt werden.

Ueber die Resultate der Konkurrenzprüfung werden eingehende Berichte in den „Annalen der Hydrographie ꝛc.“ veröffentlicht, und werden jedem Fabrikanten, welcher sich an derselben betheiligt hat Eremplare dieser Berichte zugestellt werden, sowie letztere selbst auch sonst noch in geeigneter Weise in den sich dafür interessierenden fachwissenschaftlichen Kreisen verbreitet.

nmeldungen von Chronometern oder sonstige auf die Prüfung selbst bezügliche Anfragen sind entweder an die Direktion der See⸗ warte oder an den Direktor der Hamburger Sternwarte, Herrn Pro⸗ fessor G. Rümker, als Vorstand der Abtheilung IV der Seewarte, zu adressieren. Der Anmeldung muß der Name des Fabrikanten, welcher die Chronometer konstruiert hat, sowie die Zahl und die Nummer der einzelnen Chronometer beigefügt werden.

Es wird gebeten, die Anmeldungen baldmöglichst zu machen und die Chronometer spätestens Ende Oktober einzusenden; Chronometer, welche nach dem 8. November zu den genannten Instituten gelangen, können nicht mehr zur Konkurrenzprüfung zugelassen werden.

Die Chronometer⸗Sendungen sind direkt an die „Seewarte Ham⸗

burg“ zu adressieren. Bei Sendungen aus dem Innern Deutschlands

würde es sich empfehlen, die Chronometer, nach zuvor eingeholter Genehmigung der betreffenden Kaiserlichen Postdirektion, an den Eisenbahnstationen den den Postwaggon begleitenden Postbeamten zur besonderen Fürsorge direkt zu übergeben, und wird ein Beamter der Seewarte die Uhren, falls der Fug⸗ mit dem sie eintreffen, mit Be⸗ stimmtheit angegeben werden kann, in Hamburg am Bahnhof in Empfang nehmen. .

Bei Sendungen durch die Post werden die folgenden Vorsichts⸗ maßregeln in Vorschlag gebracht: „. 8

I. Man setze die ÜUnruhe durch Unterschieben von Korkstückchen oder Papierstreifen fest, sodaß jede Bewegung verhindert wird.

II. Man befestige die Kompaß⸗Aufhängung durch Einschieben des Befestigungsarmes, oder auf irgend eine andere fest und sicher er⸗ scheinende Weise. 8

III. Man fülle den ganzen Raum zwischen dem Uhrgehäuse und dem hölzernen Kasten mit trockenem, staubfreiem Werg oder mit Papierschnitzeln oder anderem weichen Material aus, um jede Be⸗ wegung des Chronometers zu verhindern. u“

IV. Der geschlossene Chronometerkasten ist in einem Weidenkorb oder einem etwas elastischen Kasten in einer großen Menge weichen Materials zu verpacken.

V. Zwei Chronometer können in einem Korb verpackt werden, doch so, daß jeder Kontakt zwischen ihnen durch Füllmaterial, Stroh oder Werg, vermieden wird. 8

Die bei Gelegenheit der bisherigen Konkurrenz⸗Prüfungen ge⸗ machten Erfahrungen veranlassen die Direktion, diese Maßregeln der Berücksichtigung der einzelnen bei der Konkurrenz Betheiligten ange⸗ legentlich zu empfehlen.

Ueber den Eingang der Chronometer wird dem Absender eine von dem Abtheilungsvorstand unterzeichnete Bescheinigung zugestellt werden, und erfolgt die Aushändigung der Chronometer nach be⸗ endigter Prüfung gegen Rückgabe dieses Scheins. Sollte es von auswärtigen Uhrasen gewünscht werden, so können ihnen die Chrono⸗ meter mittels der Post, in der angegebenen Weise verpackt, wieder zu⸗ estellt werden; die Unkosten der Verpackung werden alsdann mittels erhoben, doch wird für etwaige Beschädigung eine Ver⸗ antwortlichkeit nicht übernommen.

Eine Versicherung der Chronometer gegen Feuersgefahr erfolgt nicht, sodaß keinerlei Ersatz für Feuerschaden während der Dauer der Konkurrenzprüfung geleistet wird. 1“ 1

Hamburg, im August 11696G.

Die Direktion der Seewarte. Dr. Neumayer.

Statistik und Volkswirthschaft. Invaliditäts⸗ und Altersversicherung. 3

Bei der Versicherungsanstalt Baden sind im Monat Juli 1896 273 Rentengesuche (62 Alters⸗ und 211 Iehhidenrentangefuche eingereicht und 214 Renten (43 + 171) bewilligt worden. Es wurden 63 Gesuche (12 + 51) abgelehnt, 133 (35 + 98) blieben unerledigt. Außerdem wurde im schiedsgerichtlichen Verfahren

Invalidenrente zuerkannt. Bis Ende Juli sind im Ganzen 11 668 Renten (5647 Alters⸗ und 6021 Invalidenrenten) bewilligt bezw. zuerkannt worden. Davon kamen wieder in Wegfall 3784 (1753 + 2031), sodaß am 1. August 1896 7884 Rentenempfänger vorhanden waren (3894 Alters⸗ und 3990 Invalidenrentner). Verglichen mit dem 1. Juli 1896, hat sich die Zahl der Rentenempfänger um 110 (12 Alters⸗ und 98 Invaliden⸗ rentner) vermehrt. Die Rentenempfänger beziehen Renten im Gesammtjahresbetrage von 991 826 58 (mehr seit 1. Juli 1896 14 406 64 4). Der Jahresbetrag für die im Monat Juli bewilligten 43 Altersrenten berechnet sich auf 5810 40 und für 172 Inpalidenrenten auf 22 042 80 ₰, somit der Durchschnitt für eine Altersrente auf 135 12 ₰, für eine Invalidenrente auf 128 16 ₰. Für sämmtliche bis 1. Januar 1896 bewilligten Renten betrug der durchschnittliche Jahresbetrag einer Altersrente 129 88 ₰, einer Invalidenrente 120 19 ₰.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Halle a. S. wird der „Mgdb. Fe. zum Ausstand der Steinsetzer (vgl. Nr. 184 d. Bl.) beri tet, daß die Arbeiter 42 ½ Stundenlohn oder 2 ½ mehr als bisher und außerdem Festse ung der Arbeitszeit auf 10 Stunden verlangen.

Aus Mainz wird der „Frkf. Sta. zur Lohnbewegung der dortigen Küfer (vgl. Nr. 184 d. Bl.) geschrieben: Die Lohn⸗ kommission der Küfer unterbreitete den Küfermeistern und Faßfabri⸗ kanten schriftlich die aufgestellten Forderungen und erbat sich Antwort bis zum Montag. Gefordert werden Fhebsfung der Accord⸗ und Wochenlöhne, eine regelmäßige zehnstündige Arbeitszeit, freies Koalitionsrecht sowie 8Se. des vollständigen Werkzeugs und des Materials, sobald es sehrpucht wird. 1 1

Aus Berlin b- lt die „Voss. Ztg.“ über die Nachwirkungen des kürzlich beendeten Ausstandes der Wollhutarbeiter (vgl. Nr. 173 d. Bl.) Folgendes mit: Etwa 400 Arbeiter und Arbeiterinnen sind brotlos geblieben und müssen nun unterstützt werden. Die Fabrikanten haben den größten Theil ihrer früheren Arbeiter wieder eingestellt, hatten aber für rund 400 keine Plätze mehr frei, deren Stellen bereits durch Kräfte, die während des Ausstandes angenommen waren, besetzt worden .— Die nun arbeits⸗ losen Arbeiter und Arbeiterinnen fallen der Organisation der Hut⸗ dadurch, und weil die Arbeitesschaßt sch 8 sehr

rd.

arbeiter zur Last, die lau an der Unterstützung betheiligt, noch mehr gesch

die

„In Genf ist, wie der „Vorwärts“ meldet, gestern ein inter⸗ nationaler Kongreß der Buchdrucker zusammengetreten.

„In Cleveland, Ohio, haben die Eisenarbeiter, einer Mit⸗ theilung der Londoner „A. K.“ zufolge, einen großen Ausstand begonnen. Vier Kompagnien Miliz bewachen die Fabriken und be⸗ schützen die nicht zum Gewerkverein gehörigen Arbeiter. Es ist schon zu blutigen Zusammenstößen mit dns Poe gekommen. Die Aus⸗ ständigen drohen sich bewaffnen zu wollen. 8

Kunst und Wissenschaft.

Die kunst⸗ und kulturgeschichtlichen Sammlungen des Ger⸗ manischen National⸗Museums zu Nürnberg haben, wie der „Anzeiger“ des Museums mittheilt, neuerdings wieder durch Geschenke von Gönnern und Ankäufe einen erfreulichen Zuwachs erhalten. So wurden der Sammlung der römischen Alterthümer sechs bei Mainz bffnden. Gläser eingereiht, die eine sehr willkommene Ergänzung der

isher schon hervorragend schöne Glasgefäße besitzenden Abtheilun bilden. Das beste Stück ist ein kleiner Glaskrug, welcher bezügli der Eleganz der Form es mit jeder kunstgewerblichen modernen derartig,en Arbeit aufnehmen kann. Der Abtheilung der Bautheile gingen eine Anzahl charakteristischer Thürbeschläge, Bänder, Thurgriffe und Schlüsselschilde, sowie ein sehr großes Vor⸗ hängeschloß⸗ aus dem 17. und 18. Jahrhundert zu. Ferner überließen rben des im Frühjahr des Jahres bei der furchtbaren Hochwasser⸗ katastrophe zu Freiburg im Breisgau ein Opfer seiner flicht ge⸗ wordenen Geheimen Ober⸗Regierungs⸗Raths Carl Siegel dem Museum dessen kunst⸗ und lütargeshctlch Sammlungen. Von besonderem Interesse sind daraus eine Anzahl plastischer egenstände aus gebranntem Thon, die in der ersten dieses Jahrhunders zu Zitzenhausen bei Konstanz gefert gt wurden. Sie sind mit Lackfarben bemalt; die Darstellungen der sieben Schwaben, sowie mehrere komische und drastische Orchester zeugen von einem köstlichen Humor, bei technisch sicherer Wiedergabe der dargestellten Figuren. Weiter enthält die Sammlung einige Fächer, worunter derjenige mit Malereien auf dem Stoff und den Stäben aus der Mitte des 18. Jahrhunderts Beachtung verdient, eine Anzahl hauptsächlich durch ihre 1 und die Bemalung ihrer Zifferblätter bemerkenswerther Uhren, einige prächtige Rosenkränze, kleine plastische Gegenstände u. dgl. Ein sehr merkwürdiges Stück ist dann weiter eine lederne Frauentasche, wie sie etwa von 1530 80 getragen wurden. Diese Tasche eine ähnliche ist in Hefner⸗Alteneck's „Tracht und Schmuck“ abgebildet soll nach bei ihr befindlichen Notizen aus Lüneburg stammen, vorher aber bis 1787 in der der Her⸗ zoglichen Familie von Kent aufbewahrt worden sein. tach ver⸗ schiedenen Besitzveränderungen kam sie in den Handel und nun in das Germanische Museum. Eine Reihe von Gegenständen von Volks⸗ alterthümern, die für Kunstgewerbe und Kulturgeschichte von Be⸗ deutung sind, aus Schleswig⸗Holstein und der Gegend von Ham⸗ burg wurde an Ort und Stelle erworben. Der Waffensamm⸗ lung hat auf ergangenes Ansuchen der Magistrat der Stadt Erfurt zwei große Setzschilde zur Aufstenung überlassen. Dieselben sind aus Holz in ungefährer Manneshöhe, leicht gewölbt und auf beiden Seiten mit Leder überzogen. Dieses wieder ist e auf Kreidegrund bemalt und zwar trägt die Vorderseite auf rothem Grund das weiße Rad, auf der Rückseite in der oberen rechten Ecke ist der das Jesus⸗ kind tragende Christophorus dargestellt. Zwei breite, lederüberzogene Handhaben dienen zum Fortbewegen des ziemlich schweren Ver⸗ theidigungsmittels. Nach dem Stil der Malereien läßt sich als Ent⸗ stehungszeit die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts annehmen. Auch die Medaillensammlung, die Sammlungen der Haus⸗ geräthe, der Silbergeräthe und der ⸗Porzellane haben sich um mancherlei hochinteressante und werthvolle Gegenstände vermehrt. Die Sammlung der kirchlichen Geräthe erhielt aus Privatbesitz einen besonders werthvollen Zuwachs durch ein romanisches Kruzifix mit Maria und Johannes, von dem im Museum bisher schon ein Bronze⸗Abguß vorhanden war. Das Material des mit dem Unter⸗ satz 32,; cm hohen Werks ist eine kupferhaltige Bronze mit starker, wohl im Lauf der Zeiten erneuerter, aber an vielen Stellen wieder verschwundener Feuervergaldang Die stilistischen Formen weisen auf die Uebergangszeit des romanischen Stils im 13. Jabrhundert hin; früher wurde es bis ins 11. Jahrhundert zurückdatiert. Das Schönste an dem seltenen, gut erhaltenen Werk ist die ebenso sinn⸗ reiche, wie geschmackvolle Bildung des Fußgestells. Dasselbe besteht aus zierlichem Rankenwerk und ruht auf vier phantastischen, drachen⸗ artigen Thieren, auf deren Rücken nackte Gestalten knien, welche die Ranken aufnehmen. Die sich seitlich reicher entwickelnden Ranken bilden dann das Fußgestell für Maria und Johannes. Das Postament für das Kruzifix selbst ist knaufartig und durchbrochen gebildet; eine Thiermaske hält den Schaft des Kruzifixes.

Der Verwaltungs⸗Ausschuß des Museums hielt am 27. und 28. Mai seine Jahresversammlung ab. In derselben wurde u. a. das Programm des nöthigen Erweiterungsbaues für die Sammlungen und die festgestellt und eine Revision der Pflegschafts⸗ ordnung beschlossen.

Für Haafseng. und zu Ankäufen für die Sammlungen wurden der Anstalt in den letzten Monaten einzelne beträchtliche Zu⸗ wendungen zu theil. Unter den neu angemeldeten Jahresbeiträgen sind besonders namhafte und zahlreiche aus den Städten Erfurt, Gotha und Halle verzeichnet. Pflegschaften wurden neu begründet in Friedenau, Lauingen, Buchloe und Tuttlingen.

Der Nr. 2 des „Anzeigers“ sind die ersten Bogen des neu be⸗ arbeiteten illustrierten Katalogs der Gewebesammlung, verfaßt von Dr. Theodor Hampe, Sekretär des Museums, beigelegt. Diese neue Ausgabe wurde dringend nothwendig, weil die 1869 er⸗ schienene vollständig veraltet war. Der Bestand der Sammlung hat sich seitdem etwa verfünffacht, und auch eine systematische Reuordnung machte sich nothwendig, wofern der Katalog der Kunstgeschichte wie der Kunstgewerbe von Nutzen sein sollte. Dem zunächst zur Publi⸗ kation gelangenden ersten Theil, welcher die Gewebe und Wirkereien sowie ne Zeugdrucke umfaßt, soll im Jahre 1897 ein zweiter über die im Germanischen neoh JI“ Stickereien, Filetarbeiten, Spitzen und Posamenterien folgen.

1 8 dem I der zum Abdruck bestimmten geschnittenen Holzstöcke vom 15. bis 18. Jahrhundert erschien ein Atlas mit 12 Tafeln (groß Folio⸗Format.) Derselbe enthält zwei Tafeln mit den zwar ungelenk gezeichneten, aber darum nicht minder werthvollen Auf⸗ nahmen der einstigen „Heiligthümer“ (Reliquienschreine, Monstranzen ꝛc.) der Kirche von S. Ulrich und Afra in Angrburg, sowie zwei andere mit breiten Randleisten und Eckstücken zur Bücherverzierung, Exlibris und Schlußvignetten. Ganz besonders werthvoll sind jedoch die alten Holzstöcke zu dem Stadtplan von Nürnberg (4 Blätter) von H. W. (Hans Weigel oder Hans Wurm) und zu der Karte der Um⸗

egend der alten Reichsstadt, als Rund⸗Panorama aufgenommen, von Georg Glockenton (ebenfalls zwei Werke von sorgfältigster Ausführung aller Einzelheiten und ochachtbare Zeugnisse der xylo⸗ graphischen Kunstfertigkeit früherer Zeit. 1

Die Mittheilungen aus dem Germanischen National⸗Museum“, welche dem „Anzeiger“ beigefügt werden, enthalten in den vorliegenden Nrn. 2 und 3 mehrere sehr interessante Beiträge. In einem derselben erörtert Direktor Gustav von Bezold die Frage nach dem Meister der berühmten, in Holz geschnitzten Nürnberger Madonna und sucht eine ziemliche Wahrscheinlichkeit far Peter Vischer’s Autorschaft nach⸗ zuweisen, wenn auch zur Gewißheit manches fehle. Maßgebend ist dem Herrn Verfasser für seine Ansicht namentlich die Ge⸗ wandbehandlung, die, im Gegensatz zu der Kinitterigkeit, die Veit Stoß liebt, lang gezogene Falten zeigte auch die Behandlung der Hände und das rund vorspringende Kinn haben in anderen Werken Vischer’'s Analoga. Sehr ins Gewicht fällt für ihn ferner die schon von Dr. Stegmann gemachte Bemerkung, daß die Figur

anz im Metallstil gedacht und ausgeführt ist. Wolle man trotzdem an

etter Vischer’s Autorschaft zweifeln, so sei vielleicht an einen seiner

öhne zu denken, deren klin stlerische Individualität man freilich nicht genauer kenne. In einem anderen Beitrag bespricht Karl Schaefer 38 8b 82

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den holzgeschnitzten Figurenfries auf dem Rahmen des Allerheiligen⸗ bildes von Dürer, der im Germanischen Museum be⸗ findet, während das Gemälde selbst in die Wiener Galerie elangte. Er geht der Entstehungsgeschichte des Bildes nach, schüädert den Inhalt der ganz im antiken Reliefstil gehaltenen Schlißere⸗ die das jüngste Gericht darstellt, und gelangt zu dem Schluß, daß nur Dürer selbst die Zeichnung zu diesem Werk an⸗ gefertigt haben könne, welches Feinheiten formaler Natur und in Bezug auf den Gedankeninhalt aufweise, wie sie keinem deutschen Bildwerk bis dahin eigen gewesen. Ein saomenlt des Rahmens ist auf einer beigegebenen Lichtdrucktafel veranschaulicht.

Zur Erlangung geeigneter Entwürfe für die gnsseh eines auf dem Theaterplatz in Aachen dem Hochseligen Kaiser Wilhelm I. zu errichtenden ehernen Reiter⸗Standbildes wird unter den Künstlern deutscher Reichsangehörigkeit ein allgemeiner Wettbewerb eröffnet, für welchen drei Preise in der gleichen Höhe von je 3000 zur Verfügung stehen. Das Preisrichter⸗Amt haben übernommen die Herren: Bildhauer Prof so⸗ Diez in Dresden, Landrath a. D. Janßen in Burtscheid bei Aachen, Stadt⸗Baurath Laurent in Aachen, Baurath a. D. Maertens in Bonn, Bildhauer Professor von Miller in München, Professor Oeder in Düsseldorf und Geheimer Regierungs⸗Rath Pelzer in Aachen. Die Bedingungen nebst Lageplan und Zeichnungen werden auf ein an den Vorsitzenden des Denkmalcomités, Landrath a. D. Janßen, zu richtendes Ersuchen kostenfrei übersandt. Die Modelle n bis zum 1. Juni 1897, Mittags 12 Uhr, an den Kastellan des Aachener Stadt⸗ Theaters einzusenden.

Die gestrige, zweite allgemeine Sitzung des III. internatio⸗ nalen Kongresses für Psychologie in München (vgl. Nr. 185 d. Bl.) wurde von Professor als Mech geleitet. Vorträge hielten der Direktor der rrenanstalt in Leipzig, rofefsor Flechsig, über Assoziations⸗Zentren des menschlichen Gehirns, erner Professor Sergi⸗Rom und Professor Preyer⸗Wiesbaden. An den Vortrag des Professors Flechsig knüpfte sich eine lebhafte Debatte zwischen Vertretern der Psychologie und denen der Psychiatrie über die Frage, welche Bedeutung die Pspcpootsch⸗ Forschung und die Gehirn⸗Anatomie für die Psychologie haben.

Die zweite des 27. Deutschen Anthropologen⸗ tags in Speyer (vgl. Nr. 185 d. Bl.) fand am Dienstag statt. Den ersten Vortrag hielt Professor Harster⸗Speyer über vor⸗ römische Beziehungen der Pfalz zu Italien, die durch Funde in den schweizerischen Pfahlbauten und in den Terramaren der Po⸗Ebene, dem Gräberfeld von Hallstadt im Vergleich mit den vorgeschicht⸗ lichen Begräbnißstätten der Romagna unzweifelhaft dargethan würden. Redner wies darauf hin, daß das Speyerer Museum selbst eine Anzahl aus⸗ gezeichneter Gegenstände, wie den goldenen Hut von Schifferstadt, den Dürkheimer Dreifuß, den großen Rodenbacher Grabhügelfund, die Haßlacher Bronzeräder, die Böhler goldenen Armspangen ꝛc., berge, die durch Vergleichung mit unzweifelhaft heimischen Funden ihren italienischen 85 etruskischen Ursprung ohne weiteres bekunden. Als zweiter Redner sprach darauf Baron von Andrian⸗Werburg (Wien) über Wort⸗Aberglauben, insbesondere über denjenigen, der sich an Personennamen knüpfe und heute noch sogar bei Kulturvölkern zu finden sei. Den dritten Vortrag hielt Pro⸗ fessor Furtwängler⸗Berlin über Lüteste Germanendarstellungen. Wie der Redner ausführte, gäben auch die Darstellungen der Markomannen auf der Trajanssäule nur eine mangelhafte Vorstellung von dem Aus⸗ sehen der alten Germanen. Dagegen zeige ein anderes Denkmal Germanendarstellungen, aus denen wir das Aeußere unserer Vorfahren mit Bestimmtheit erführen; es sei dies das Denkmal von Adam Klissi in der Dobrudscha. Der Vortragende suchte den Nachweis zu führen, daß dieses gewaltige Denkmal nicht etwa den Sieg Trajan's über die Daker, sondern vielmehr den Sieg des Crassus, des Feldherrn des Kaisers Augustus, über die Bastarner darstelle, die von der oberen Weichsel um 200 v. Chr. zur unteren Donau gezogen seien und dort das rechte Donauufer unsicher se naeh hätten. Es sei dem Crassus gelungen, sie zu überlisten und in einem mörderischen Treffen aufzureiben. Die Darstellung, die Cassius Dio von dieser Begebenheit liefere, passe durchaus auf die zahlreichen Reliefs, die das Denkmal fries⸗ artig umziehen. Zum Schluß ergriff noch der Geheime Medizinal⸗ Rath, Professor Dr. Virchow das Wort, um über den Schloßberg von Burg im Spreewalde zu sprechen, die größte und älteste alt⸗ germanische Ansiedelug in der Mark Brandenburg, die durch die projektierte Anlage einer Eisenbahn bedroht sei. Unter der lebhaften ustimmung der Versammlung erklärte Redner, die „Deutsche Anthropologische Gesellschaft⸗ könne nicht umhin, entschiedenen Einspruch gegen die Zerstörung des ehrwürdigen Schloßberges zu erheben, und hoffe, damit die Gefahr abzuwenden, wie sie früher schon durch ihr Eingreifen die Heiden⸗ mauern der Pfalz vor weiterer Zerstörung gerettet habe. Der Ein⸗ spruch solle allen betheiligten Instanzen unterbreltet werden.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

8 Cholera. 8

Ostindien. Kalkutta. Vom 21. bis 27. Juni starben 38 Personen an Cholera, 3 an Pocken und 158 an Fiebern.

Gelbfieber.

In Rio de Janeiro wurden, den „Public health reports“ zufolge, vom 7. bis 13. Juni 7 Todesfälle festgestellt, ferner auf Cuba in Havanna vom 3. bis 9. Juli 20 (bei etwa 50 Erkrankungen), in Matanzas vom 25. Juni bis 1. Juli 46 681), vom 28. Juni bis 4. Juli in Cardenas 2 (7), Cienfuegos 7, Santiago 9.

Verschiedene Erkrankungen. ocken: Odessa, Warschau je 4 Todesfälle; London 6, Paris 5,

St. 14 Erkrankungen; Flecktyphus: St. Petersburg 10 Erkrankungen; Rückfallfieber: St. Petersburg 49. Erkrankungen; Genickstarre: Moskau 3, New⸗York 6 Todesfälle; Berlin 3, Reg.⸗ Bezirk Stade 2 Erkrankungen; Tollwuth: Moskau 1 Todesfall; Milzbrand: St. Petersburg 1 Todesfall; Bonames (Landkreis rankfurt a. M.) 1 Erkrankung; Keuchhusten: London 50 Todes⸗ seüen Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starb an Masern uaa aller deutschen Berichtsorte 1881/90: 1,30 %): in Flens⸗ urg, Lübeck und Würzburg Erkrankungen kamen vor in Breslau 140, in den Reg.⸗Bezirken Arnsberg 308, Düsseldo 465, Königsberg 308, W 153, Wiesbaden 156, in Lübeck 61,

amburg 177, Edinburg 52, Kopenhagen 35, St. Petersburg 12

rag 24, Wien 99, Budapest 72 an Scharlach (1881/90 1,39 %): in Flensburg Erkrankungen wurden gemeldet in Berlin 4 Edinburg 37, v en 27, London 321 (Krankenhäuser), Paris 8 St. Petersburg 66, ien 43, Budapest 9 an Diphtheri und Croup (1881/90: 4,49 %): in Gera Erkrankungen sind an ezeigt in Berlin 63, im Reg.⸗Bez. Düsseldorf 102, in Kopenhagen 23, e 94 (Krankenhäuser), Paris 71, St. Petersburg 52, Wien 40 desgl. an Unterleibstyphus in St. Petersburg 165.

Sterblichkeits⸗ und Gesundheitsverhältnisse . im Monat Juni 1896.

Gemäß den Veröffentlichungen des en Gesundheitsamts

nd im Monat Juni cr. von je 1000 Einwohnern, auf das Jah als gestorben gemeldet: in Berlin 19,0, in Breslau 28

in Altona 18,98 in Frankfurt a. M. 16,6, in Hannover 17,0, in Ca 17,3, in Köln 25,2, in Königsberg 31,6, in Magdeburg ; in Stettin 40,9, in Wiesbaden 19,6, in ünchen 21,7, in Nürnberg 20,4, i 1 Augsburg 23,1, in Dresden 17,3, in Leipzig 20,3, in Stuttgart 14,8, in Karlotuhe 15,9, in Braunschweig 16,5, in HenbanS in Straß⸗ burg 17,0, in Metz 15,9, in Amsterdam 25,8, in Brüssel 21,9, in Budapest 25,9, in Christiania 24,3, in Dublin 22,8, in Edinburg 14,9, in Glasgow 20,4, in Leperhagen 19,6, in Krakau 32,5, in Liverpool 20,9, in London 16,4, in Lyon 19,1, in Moskau 46,0, in Odessa 19,0, in Paris 18,0, in St.

etersburg 31,4, in Prag 29,8, in Rom (Mai) 17,6, in Stockholm 22/7, in Trie

st 28,2, in Turin (Mai)