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Unfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 die Befugniß zustehen, 8 sübersccheian eine Besichtigung durch andere Sachverständige her⸗ beizuführen.
Zu § 97 e. 3 Durch die hier vorgesehene Bestimmung soll verhütet werden daß die Ausführung der von der Innung, dem Handwerksausschuß und der Handwerkskammer gefaßten Beschlüsse durch die Ausübung des nach den Vorschlägen des Entwurfs dem Gesellenausschuß und dem Kommissar zustehenden Beanstandungsrechts über Gebühr hinaus⸗
oben wird. Zu § 971.
86 eine nicht unbeträchtliche Zahl von Personen, welche von der Zwangsorganisation des Handwerks erfaßt werden, besteht in einzelnen Bundesstaaten landesgesetzlich die Verpflichtung, einer Handels⸗ kammer oder ähnlichen Organisationen anzugehören, wie z. B. in Preußen für die zahlreichen Handwerker, deren Firmen ins Handels⸗ register eingetragen sind; es wäre unbillig, solche Personen, sofern ihr An⸗ uß an die Handwerksorganisation nicht auf freier Entschließung beruht, zu Beiträgen für beide EEö deren 885 zur Ver⸗ tretung ihrer Interessen berufen ist, heranzuziehen. er Entwurf sieht daher vor, daß Gewerbetreibende, welche zufolge gesetzlicher Ver⸗ pflichtung der Innung angehören oder dem andwerksausschusse unter⸗ stehen, auf ihren Antrag von der Verpflichtung, der Handelskammer oder ähnlichen Organisationen anzugehören, zu befreien sind. 8 Zu §§ 98 und 99.
Um das Zustandekommen der in dem Entwurf, vorgesehenen Zwangsorganisationen zu ermöglichen, erscheint die Vorschrift, wonach die aus der ersten Errichtung der Innungen, Handwerksausschüsse und Handwerkskammern erwachsenden Kosten vom Staat vorzuschießen sind, unentbehrlich. Eine ähnliche Vorschrift findet sich im § 45 des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes (§ 98).
Die den Innungen, Handwerksausschüssen und Handwerkskammern zugewiesenen Aufgaben lassen es gerechtfertigt erscheinen, denselben für die Genehmigung ihrer Statuten, die Bescheinigungen über die Legitimation ihrer Vorstände und die Ausfertigung der Vollmachten ihrer Beauftragten Kosten⸗ und Stempelfreiheit zu gewähren (§ 99).
II. Freie Innungen.
Zu §§ 100 bis 103 b. Nach den hier vorgesehenen Bestimmungen sollen Innungen von
Gewerbetreibenden, welche Nichthandwerker sind, im wesentlichen unter
den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen auch fernerhin zugelassen werden. Es hat daher der Inhalt der §§ 97 bis 100 d, 101, 103 und 104 der Gewerbeordnung wieder Aufnahme gefunden, während aus den in der allgemeinen Begründung dargelegten Gründen die §§ 100 e bis 100 m in Wegfall gebracht sind (vergl. a. Art. 2 Ziffer 9). Im übrigen sind durch die Fassung des § 100 Absatz 3 des Entwurfs, abweichend von dem Inhalt des gegenwärtigen § 97a der Gewerbe⸗ ordnung, die Innungen dieser Art, welche als „freie Innungen“ be⸗ zeichnet werden, um den Gegensatz zu den im Rahmen der Zwangs⸗ organisotion stehenden „Zwangsinnungen“ auch sprachlich hervorzuheben, des Rechtes zur Errichtung von Krankenkassen für Gehilfen und Lehr⸗ linge und von Innungs⸗Schiedsgerichten entkleidet, da für den Bestand solcher Einrichtungen in den Kreisen der hier in Frage kommenden Gewerbetreibenden ein Bedürfniß nicht anzuerkennen ist.
Bei der Aufnahme des § 104 der Gewerbe⸗Ordnung — § 103 b des vorliegenden Entwurfs — ist der bisherige letzte Absatz im Hinblick auf die im Art. 3 Ziff. 1 vorgesehene Schließung der auf Grund von § 102 der Gewerbe⸗Ordnung errichteten Innungs⸗ ausschüsse in Wegfall hetoesh e während der bisherige vorletzte Absatz — § 103 b Abs. 7 des Entwurfs — in Uebereinstimmung mit
t es § 88 Abs. 7 gebracht worden isst.
III. Innungsverbände. — Zu §§ 104 bis 104n. 8 8
Auch die Vorschriften über Innungsverbände, welche die gegen⸗ wärtigen §§ 104 a bis 1040 der Gewerbeordnung enthalten, sind mit wenigen Abänderungen wörtlich übernommen worden.
Die Bildung von Innungsverbänden soll den Zwangsinnungen wie den freien Innungen auch fernerhin freistehen, ein solcher Zu⸗ sammenschluß jedoch nur eine Berufsgemeinschaft im engeren Sinne darstellen. Es sollen sich daher nur Pangen gleicher und verwandter Gewerbe zu solchen Verbänden vereinigen dürfen. Innungsver⸗ bände welche durch den Zusammentritt von Innungen der verschiedenartigsten Gewerbe gebildet sind, entbehren der inneren Berechtigung, da sie nach Art ihrer Zusammen⸗ setzung die wichtigsten und wesentlichen der den Innungsverbänden zu stellenden Aufgaben, die Pflege der Berufsinteressen der einzelnen Gewerbe, nicht zu erfüllen vermögen. Die wenigen Verbände dieser Art, welche bisher zu stande gekommen sind, haben denn auch den Schwerpunkt ihrer Thätigkeit auf Gebiete verlegt, welche überwiegend dem allgemeinen politischen Leben angehören und mit der Förderung der eigentlichen gewerblichen Interessen ihrer Mitglieder wenig oder nichts gemein haben. .
Die Einschränkung, welche der Kreis der Aufgaben der Innungs⸗ verbände mit Rücksicht auf die veränderte Sachlage für die Zukunft erfahren muß, ist in der vorgeschlagenen Fassung des § 104a Absatz 2 des Entwurfs (gegenwärtig § 104 a Absatz 1 der Gewerbeordnung) zum Ausdruck gebracht. Neu hinzugetreten ist die Vorschrift des § 104a Absatz 2 des Entwurfs, wodurch einzelnen Gewerbetreibenden, welche einer Innung nicht angehören, der Anschluß an den Innungsverband ihres Gewerbes ermöglicht ist. Dies mußte nach den Erfahrungen, welche bei den bestehenden Innungsverbänden gemacht sind, in hohem Grade erwünscht erscheinen, da andernfalls die zahlreichen Gewerbetreibenden, welche nach der Natur ihres Gewerbes oder mit Rücksicht auf ihren Wohnsitz zu vereinzelt dastehen, um zur Bildung einer Innung ihres Fachs gelangen zu können, vom Zusammenhange mit ihren Berufs⸗ genossen so gut wie ganz abgeschnitten sein würden.
Nach der Bestimmung im zweiten Satze des § 104 k Absatz 2 der Gewerbeordnung haben die in den einzelnen Bundesstaaten für die Beitreibung von Gemeindeabgaben zuständigen Behörden sich bei Zwangsvollstreckungen, welche für Unterstützungskassen von Innungs⸗ verbänden vorzunehmen sind, gegenseitig im unmittelbaren Geschäfts⸗ verkehr Rechtshilfe zu gewähren. Diese Bestimmung ist in den Ent⸗ wurf (§ 1041) aus dem Grunde nicht wieder aufgenommen worden, weil für solche Zwangsvollstreckungen die Behörden der Bundesstaaten bereits nach der Vorschrift im § 1 Absatz 1 Ziffer 1 litt. c des Gesetzes über den Beistand bei Einziehung von Abgaben und Voll⸗ streckung von Vermögensstrafen, vom 5. Juni 1895 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 256), einander auf Ersuchen Beistand zu leisten haben.
Zu Artikel 2.
Für diejenigen Handwerker, welche nach dem Vorschlage des Ent⸗ wurfs der Zwangsinnung angehören oder dem Handwerksausschuß unterstehen sollen, liegt künftighin ein Bedürfniß zur Vereinigung in freien Innungen nicht mehr vor. Das fernere Bestehen solcher Innungen für jene Gewerbetreibenden würde vielmehr bei der Gleich⸗ artigkeit der beiden Arten von Innungen obliegenden Aufgaben die gedeihliche Wirksamkeit sowohl der Zwangsinnungen als der freien Innungen ernstlich in Frage stellen.
Unter diesen Umständen werden sich diejenigen auf Grund der bisherigen Bestimmungen des Titels VI der Gewerbeordnung be⸗ stehenden Innungen, deren Mitglieder in der Mehrzahl zu denjenigen Gewerbetreibenden gehören, welche nach dem Vorschlage des Entwurfs einer Zwangsinnung angehören oder dem Handwerksausschuß unterstehen, nur in so weit aufrecht erhalten lassen, als es möglich ist, sie innerhalb des Rahmens der neuen Organisation zu Zwangsinnungen gleicher oder verwandter Gewerbe umzugestalten. Ob und inwieweit dies der Fall sein wird, wird unter Berücksichtigung der Herbeiführung einer möglichst zweckentsprechenden Durchführung der Zwangsorganisation innerhalb des Bezirks und namentlich auch der Zusammensetzung, Leistungsfähigkeit und örtlichen Begrenzung der betreffenden Innung in jedem Einzelfalle von der mit der Durchführung der neuen Organisation betrauten Behörde zu prüfen sein. Ueber die Art, in welcher die Umgestaltung der einzelnen Innung zu erfolgen hat, werden die Behörden in gleicher Weise und aus denselben Gründen
8
wie bei der Errichtung neuer Zwangsinnungem nach pflichtmäßüsem Ermessen zu bestimmen haben und daher befugt sein müssen, Aende⸗ rungen in dem Bestande der Innung, welchs ihnen nach Lage der⸗ Verhältnisse erforderlich erscheinen, vorzunehmen. Hierbei mag aus⸗ drücklich hervorgehoben werden, daß das Bestehen mehrerer Innungen eines Handwerks in demselben Bezirk künftig nicht mehr zugelassen, sondern eine Verschmelzung derselben zu einem einheitlichen Ganzen herbeigeführt werden soll, da die Zersplitterung von Kräften, welche auf ein Zusammenwirken hingewiesen sind, nach den 1.1g1,28 Er⸗ fahrungen nur verwirrend und lähmend wirkt. Die hierauf abzielenden Anordnungen werden im Verwaltungswege getroffen werden können⸗ und bedürsen daher der Aufnahme in das Gesetz nicht.
Sind in einer bestehenden Innung Handwerker vereinigt, deren Betriebe Gewerbe umfassen, welche nicht als verwandte erachtet werden können, so werden bei der Umgestaltung die⸗ jenigen Personen aus der Innung auszuscheiden sein, welche nach der Art ihres künftigen Bestandes dieser Voraussetzung nicht entsprechen. Werden solche Perfonen dabei einer anderen Zwangs⸗ innung zugewiesen, so wird es billig sein, dieser Innung auch einen entsprechenden Theil des Vermögens der Innung zuzuwenden, welcher jene “ bisher angehört haben.
rankenkassen für Gesellen und Lehrlinge, welche auf Grund des § 73 des Seeescdeneneegelate⸗ bei der umzugestaltenden Innung bisher bestanden haben, werden erhalten bleiben können, da die Innung auch in der Form der Fwangzinneng zur Unterhaltung solcher Kassen befugt ist. Das Gleiche gilt für andere Hilfskassen einer solchen Innung; hierbei wird aber dafür Sorge zu tragen sein, daß Innungs⸗ mitglieder, welche bei der Umgestaltung aus der Innung ausgeschieden werden, sich die Zugehörigkeit zu öess Kassen erhalten können, da sie anderenfalls unbilligerweise aller Ansprüche an sie verluftig gehen würden, nachdem sie vielleicht lange Jahre hindurch den entsprechenden Pflichten genügt haben.
Gemeinschaftliche Geschäftsbetriebe, welche bei bestehenden Innungen vorhanden sind, von ihnen aber künftig nicht mehr betrieben werden dürfen, werden bei der Umgestaltung der Innung am zweckmäßigsten in Erwerbs⸗ und Wirthschaftsgenossenschaften nach Maßgabe des Ge⸗ setzes vom 1. Mai 1889 umgewandelt. Um dies thunlichst zu be⸗ fördern, ist vorgesehen, daß die binnen sechs Monaten nach Erlaß des Gesetzes umgewandelten gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebe den für se bisher abgesonderten Theil des Innungsvermögens für sich in
nspruch nehmen können. Daneben ist bestimmt, daß gemeinschaftliche Geschäftsbetriebe, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt, wie dies namentlich bei den von Innungen für eigene Rechnung errichteten “ Schlachthäusern der Fall sein wird, von der allgemeinen
eegel, nach welcher Geschäftsbetriebe einer Innung, wenn sie nicht in Genossenschaften umgewandelt werden, aufzulösen sind, nicht ge⸗ troffen werden.
Innnngen, welche zwar der Mehrzahl nach Handwerker in sich vereinigen, sich aber zu einer Umgestaltung nicht eignen, werden ge⸗ schlofen werden müssen.
ine allgemeine Vorschrift über den Verbleib des Vermögens solcher Innungen wird sich dabei aus dem Grunde nicht aufstellen lassen, weil, namentlich bei den sogenannten gemischten Innungen, die bisherigen Mitglieder in vielen Fällen nicht etwa der einen oder der anderen Zwangsinnung, sondern vielmehr, je nach der größeren oder geringeren Mannigfaltigkeit der in der Innung vpertretenen Ge⸗ werbe, zu einem Theile den verschiedensten Zwangsinnungen, zum andern Theile dem Handwerksausschuß zuzuweisen sein werden. Bei dieser Zuweisung wird es sich mitunter nur um das eine oder andere Mitglied, oder doch nur um sehr wenige Mitglieder handeln. Unter diesen Umständen wird man gut daran thun, die Bestimmung über die Verwendung des Vermögens solcher Innungen der höheren Ver⸗ waltungsbehörde zu übertragen.
Innungen, deren Mitglieder nur in der Minderzahl Handwerker sind, werden durch die vorgeschlagene Organisation nur insofern berührt, als diejenigen ihrer Mitglieder, welche künftighin der Zwangsinnung angehören oder dem Haudwerksausschuß unterstehen, aus ihnen auszuscheiden haben. Ob bei ihrem Ausscheiden eine Vermögensauseinandersetzung überhaupt, oder in welcher Art diese zu erfolgen hat, wird nach den vorstehenden Darlegungen gleichfalls dem Ermessen der höheren Verwaltungsbehörde zu überlassen sein. Innungen dieser Art werden unbedenklich fortbestehen können, sofern sie innerhalb eines angemessenen Zeitraumes ihre Ver⸗ fassung den Vorschriften der §§ 100 bis 103 b des Entwurfs anpassen; thun sie dies nicht, so werden sie zu schließen sein. Um nicht allzu sehr in die bisherige Wirksamkeit solcher Innungen einzugreifen, ist hier nachgelassen (Ziffer 8 Absatz 2), daß die bei Erlaß des Gesetzes bestehenden Krankenkassen für Gehilfen und Lehrlinge, welche sie auf Grund des § 73 des Krankenversicherungsgesetzes errichtet haben, unter der Voraussetzung fortbestehen können, daß die Einrichtung dieser Kassen binnen einer bestimmten Frist nach Maßgabe des § 86f des Entwurfs umgestaltet wird.
Zu Artikel 3. Miit der in dem Entwurfe (§§ 89 bis 90 c) vorgesehenen Ein⸗ richtung von Handwerksausschüssen, in welchen die Innungen des Be⸗ zirks eine Vertretung finden, während ihnen gleichzeitig gewisse ge⸗ meinsame Aufgaben der betheiligten Innungen übertragen werden können, ist der Fortbestand der gemäß § 102 der Gewerbeordnung errichteten eeinsaushc⸗ nicht verträglich. Der Entwurf hat daher ihre Schließung in Aussicht genommen. Dagegen wird es sich empfehlen, den Fortbestand der bestehenden Innungsverbände für den Fall zu ermöglichen, daß sie sich der durch die veränderte Rechtslage gebotenen Umgestaltung ihrer Verhältnisse binnen einer angemessenen Frist unterziehen. Dabei ist allerdings anzuerkennen, daß die Zwangs⸗ innungen, welche aus der Ungestaltung einer bestehenden In⸗ nung hervorgegangen sind, ein von dieser wesentlich verschiedenes und in diesem Sinne ein neues Rechtssubjekt darstellen, und es deshalb zweifelhaft sein kann, ob der Anschluß an den Innungsverband, welchen die bisherige Innung seinerzeit vollzogen hat, ohne weiteres seine Rechtsbeständigkeit auch für die Zwangsinnung beibehält. Um in dieser Richtung etwaigen Bedenken zu begegnen und zugleich den Besitzstand der vorhandenen Innungsverbände nicht dadurch zu gefährden, daß die ihnen angehörenden Innungen alsbald nach ihrer Umgestaltung zu Zwangsinnungen vor die Nothwendigkeit estellt sind, das Verbleiben im Innungsverbande von der Beschluß⸗ 5 ung ihrer alsdann wesentlich anders zusammen gesetzten Innungs⸗ versammlung abhängig machen zu müssen, erschien die Vorschrift an⸗ gezeigt, daß Innungen in ihrer neuen bis zur anderweiten Beschlußfassung ihrer Innungsversammlungen bei dem Innungsver⸗ bande verbleiben. Zu Artikel 4.
Da mit dem § 133a ein neuer Abschnitt (III a) des Titels VII. der Gewerbeordnung beginnt und somit hinter dem § 133, mit dem der Abschnitt III dieses Titels abschließt, neue Paragraphen nicht ein⸗ geschoben werden können, so müssen die zu diesem Abschnitt gehörenden Paragraphen, um für die erforderlichen neuen Bestimmungen Raum zu gewinnen, auch soweit sie nicht abgeändert werden, eine andere Bezeichnung erhalten. Es empfiehlt sich daher eine vollständige Um⸗ arbeitung dieses Abschnittes, wodurch auch eine bessere Anordnung des Stoffes ermöglicht wird. Der die Lehrlingsverhältnisse betreffende Ss III soll nach dem Vorschlage des Entwurfs in zwei Theile zerfallen, von denen der erste (A) diejenigen Bestimmungen enthalten soll, welche für alle unter den Titel VII der Gewerbeordnung fallenden Gewerbetreibenden gelten, während der zweite (B) die ausschließlich für Handwerker geltenden Bestimmungen bringt.
A. Allgemeine Bestimmungen. Zu § 126.
Die Gewerbeordnung giebt bis jetzt keine Definition des Begriffs „Lehrling“ und auch sonst keine Anhaltspunkte für die Beurtheilung der Frage, ob im einzelnen Falle ein Beheee vorliegt. Dies hat dazu geführt, daß die Gerichte bei der Beurtheilung diefer Frage verschieden verfahren sind. Mehrfach ist dabei dem Inhalte des Arbeitsvertrages eine ausschlaggebende Bedeutung dahin beigelegt worden, daß auch in solchen Fällen, wo nach den thatfächlichen Ver⸗
als L.
sa S. 26) angeführtem Gründen von einer gesetzlichen Bestimmung des Lehrlingsbegriffes abgesehen, stellt jedoch die Venmnuhne auf, daß alle Personen unter 17 Jahren, welche mit technischen
hältnissen ein Zweifel über die Qnalifikation der jugendlichen Personen
behen füglich nicht bestehen konnte, dennoch ein Lehrerhöhnfg nicht angenos umen worden ist, sobald im Arbeitsvertrage vereinbart war, daß die jugendlichen Personen nicht als Lehrlinge, sondern als jugendliche Aerbeiter heschäftigt werden follten. Dadurch ist den Ge⸗
werbetreibendeen die Möglichkeit gegeben wonden, sich den gesetzlichen
Verpflichtungen des Lehrherrn gegenüber dem Lehrling in technische und sittlicher Beziehung zu entziehen und damit die Vorschriften 8 Gewerbeordnung über das Lehrlingswesen illusorisch zu machen. Der Entv'urf hat zwar aus den in der Begründung zu dem Ge⸗ betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung (Druck⸗ n des Reichstags Nr. 41, 3. Legislaturperivde, II. Sefsion 1878,
Hilfsleistungen beschäftigt werden, als Lehrlings gelten sollen, sofern diese Beschäftigung nicht lediglich ausnahmsweise 1e Ge
gehend stattfindet.
Hiernach wird also die Frage, ob ein Lohrverhältniß vorliegt,
nach den Umständen des einzelnen -e. ohne Rücksicht darauf, ob⸗ e
ein Lehrvertrag geschlossen ist, ob Lehrgeld gezahlt wird, oder ob die⸗ Arbeitsleistung gegen Lohn erfolgt, zu beurtheilen sein, und ein Lehr⸗ verhältniß auch dann als vorliegend angenommen werden können, wenn im Arbeitsvertrage vereinbart ist, daß ein Lehrverhältniß nicht bestehen solle.
„Bei Bestimmung der Altersgrenze von 17 Jahren ist die Er⸗ wägung maßgebend gewesen, daß die Lehrzeit im allgemeinen mit der Zurücklegung des schulpflichtigen Alters, also in dem größten Theile des Deutschen Reichs nach Vollendung des 14. Lehensjahres, beginnt und künftighin, wenigstens der “ drei Jahre dauert.
u a.
Da der Lehrling nach der Vorschrift des § 127a der väterlichen Zucht des Lehrherrn untersteht, so ist es dringend geboten, Personen, die sich im Besitze der bärgerlichen Ehrenrechte nicht befinden, von der Befugniß, Lehrlinge zu halten oder anzuleiten, auszuschließen.
„Der Ausdruck „Personen“ ist hier wie in anderen Paragraphen gewählt worden, um sowohl die im § 82 Absatz 2 bezeichneten Handwerker als auch neben den selbständigen Gewerbetreibenden die Werkmeister und andere mit der Unterweisung der Lehrlinge beauftragte
Personen zu treffen. Zu § 126 b.
Niach der sebigen Fassung der Gewerbeordnung können Lehrherren, die ihre gesetzlichen Pflichten gegen die ihnen anvertrzauten Lehrlinge verletzen, auf Grund des § 148 Ziffer 9 mit Geldstrafe bis zu 150 ℳ oder Haft bis zu 6 Wochen bestraft, dagegen an dem weiteren Halten von Lehrlingen nicht gehindert werden. Diese Strafbestimmung ist nach den bisherigen Erfahrungen unzulänglich. Es ist deshalb zunächst im § 126 b im Interesse eines wirksameren Schutzes der Lehrlinge die Bestimmung vorgesehen, daß solchen Personen, welche wiederholt die Pflichten gegen die ihnen anvertrauten Lehrlinge verletzt haben, oder von welchen eine sittliche Gefährdung der Lehrlinge zu befürchten ist, die Befugniß, Lehrlinge zu halten oder anzuleiten, entzogen werden kann. Weiterhin soll aber auch solchen Personen, welche in körper⸗ licher oder geistiger Beziehung als Lehrherren zur Unterweisung der Lehrlinge ungeeignet erscheinen, die Anleitung von Lehrlingen untersagt werden können.
Es erscheint zweckmäßig, gegen die Verfügung der unteren Ver⸗ waltungsbehörde das Verwaltungsstreitverfahren zuzulassen; wo ein solches nicht besteht, wird, wie bei Entziehung der Genehmigungen, Approbationen u. s. w. in den Fällen der §§ 53 und 54, das Ver⸗ fahren nach Maßgabe der §§ 20 und 21 Platz zu greifen haben. Dabei wird Fürsorge zu treffen sein, daß die entzogene Befugniß wieder verliehen werden kann.
Personen, welche den Vorschriften der §§ 126 a und, 126 b zuwider Lehrlinge halten, anleiten oder anleiten lassen, sollen nach Artikel 6. Ziffer 1 bestraft werden.
Zu § 126 c.
Gegen die Aufnahme einer Bestimmung, wodurch die Schriftlich⸗ keit des Lehrvertrages vorgeschrieben wird, ist das Bedenken geltend S1 worden, daß alsdann für die Beurtheilung der Frage, ob ein
ehrverhältniß vorliege, das Vorhandensein eines Lehrvertrages maß⸗
gebend sei, mithin den Gewerbetreibenden die Möglichkeit gegeben werde, durch Nichtabschließung des schriftlichen Lehrvertrages die Be⸗ stimmungen über das Lehrlingswesen zu umgehen und das Lehrver⸗ hältniß zu verschleiern. Nachdem durch die Aufnahme der gesetzlichen Vermuthung im § 126 diese Bedenken beseitigt worden sind, liegt kein Grund mehr vor, von der Forderung des schriftlichen Lehrver⸗ trages abzusehen, zumal allseitig anerkannt wird, daß die Schriftlich⸗ keit des Lehrvertrages für die Klarstellung der Rechtsverhältnisse zwischen Lehrherrn und Lehrling bei Streitigkeiten von wesentlicher Bedeutung ist und für eine wirksame Kontrole des Lehrlingswesens eine erwünschte Handhabe bietet.
Im Absatz 1 werden unter Ziffer 1 bis 4 nur einige Bestim⸗ mungen aufgeführt, die der Lehrvertrag berücksichtigen muß, wenn er als ordnungsmäßig abgeschlossen angesehen werden soll. Für Hand⸗ werker werden die Handwerkskammern nach § 91 Absatz 1 Ziffer 1 weitere Bestimmungen über Form und Inhalt des Lehrvertrages er⸗ lassen können; solange die Handwerkskammern von dieser Befugniß keinen Gebrauch machen, würden nach § 84 Ziffer 3 Absatz 2 die In⸗ nungen zum Erlaß solcher Vorschriften befugt sein.
Der Lehrherr, welcher den Lehrvertrag nicht ordnungsmäßig, d. h. unter Nichtbeachtung der Bestimmungen im Absatz 1 und 2, und, sofern er Handwerker ist, unter Nichtbeachtung der auf Grund des § 91 c Absatz 1 Ziffer 1 von der Hand⸗ werkskammer erlassenen Vorschriften abschließt, soll nach Artikel 6 Ziffer 4 bestraft werden. 1
Um die Kontrole des Lehrverhältnisses zu erleichtern, soll der Orts⸗ polizeibehörde das Recht eingeräumt werden, die Einreichung des Lehr⸗ vertrages zu verlangen.
Auf Lehrlinge in Lehrwerkstätten können die Vorschriften über den Abschluß des Lehrvertrages nicht Anwendung finden, weil solche Anstalten mehr oder weniger den Charakter der Fachschule tragen und die dadurch bedingte Veränderung des Lehrverhältnisses berücksichtigt werden muß. Nach Absatz 3 soll aber diese Ausnahme nur für die staatlich anerkannten Lehrwerkstätten gelten. Darunter sind einmal die vom Staate eingerichteten oder unterstützten Lehrwerkstätten zu verstehen, bei denen die staatliche Anerkennung in der Einrichtung oder Zuwendung von Geldmittetn zum Ausdruck kommt, und ferner die von Privatpersonen, Vereinen und Körperschaften eingerichteten Werkstätten, hinsichtlich derer die Landes⸗Zentralbehörden diese An⸗ erkennung ausdrücklich aussprechen (§ 129).
Der bisherige Absatz 5 des § 128 der Gewerbeordnung ist wegen des sachlichen Zusammenhanges als Absatz 5 hierher übernommen
worden. Zu § 127.
Die hier vorgeschlagene Bestimmung giebt den Inhalt des bis⸗ herigen § 126 der Gewerbeordnung wieder, erweitert aber die Pflichten des Lehrherrn im Interesse der Ausbildung und des körperlichen Wohles des Lehrlings.
Nach Absatz 2 soll es ferner dem Lehrherrn nicht mehr gestattet sein, Lehrlinge, welche in seinem Hause weder Kost noch Wohnung er⸗ halten, zu häuslichen Dienstleistungen heranzuziehen. Eine solche Verwendung von Lehrlingen läßt sich bei Lehrlingen, die im Hause des Lehrherrn Kost und Wohnung empfangen und dadurch zu Gliedern der Familie des Meisters werden, insofern rechtfertigen, als dadurch nicht, was übrigens schon nach der jetzigen Fassung des Ge⸗ setzes verboten ist, die Ausbildung des Lehrlings gefährdet wird. Darüber hinaus fehlt es an einem ausreichenden Grunde, den Lehrling auch zur Besorgung häuslicher Geschäft⸗ dem Lehrherrn zur Ver⸗ fügung zu stellen. Sollte diese Vorschrift den Erfolg haben, daß die frühere Sitte, den Lehrling in das Haus des Lehrherrn aufzunehmen, wieder zur Regel würde, so könnte dies im Interesse des Lehrlings⸗ wesens nur mit Freuden begrüßt werden. Verletzt der Lehrherr die ihm hier auferlegten Pflichten, so wird er wie bisher nach Ziffer 9. des § 148 bestraft. Bei wiederholter Pflichtverletzung soll ihm nach
89 1
5 126b die Befugniß zum Halten und Anleiten von Lehrlingen ent⸗ zogen werden können (vergl. g 8 1 u a.
Die Bestimmung dieses Paragraphen enthält eine Vervoll⸗ ständigung des jetzigen § 127, wodurch die Pflichten des Lehrlings gegenüber dem Lehrherrn in SeN Weise verschärft werden.
u 1
Die Absätze 1, 3 und 4 stimmen mit dem Absatze 1, 3 und 4 des jetzigen § 128 überein. Der Absatz 2 des bis⸗ herigen § 128 ist in dem neuen § 127 b als Absatz 2 mit dem Zusatze aufgenommen worden, ü der Lehrling auch dann entlassen werden kann, wenn er wiederholt die Pflichten gegen den Lehrherrn verletzt oder den Schulbesuch vernachlässigt. Letztere Be⸗ stimmung erscheint im Interesse des Lehrherrn erforderlich, damit dieser sich der ihm im § 127 auferlegten vieg. den Lehrling zum Schulbesuch anzuhalten, bei Erfolglosigkeit seiner Bemühungen durch Entlassung des Lehrlings entledigen kann.
Der Absatz 5 des bisherigen § 128 hat an anderer Stelle Auf⸗ nahme gefunden (vergl. zu § 126 c).
Zu § 127c bis g.
Die hier vorgeschlagenen Bestimmungen geben den Inhalt der
jetzigen §§ 129 bis 133 1 u
Abgesehen von der Vorschrift des bisherigen § 100e Ziffer 3, wonach Gewerbetreibenden, die einer Innung nicht angehören, unter bestimmten Voraussetzungen das Halten von Lehrlingen überhaupt untersagt werden kann, kennt die Gewerbeordnung hinsichtlich des Haltens von Lehrlingen keine Beschränkungen; es kann daher gemäß § 41 jeder Gewerbetreibende soviel Lehrlinge halten, wie er will. Wenn nun auch, wie die im Jahre 1895 veranstalteten Erhebungen über Verhältnisse im Handwerk ergeben haben (2. Heft, Tabellenwerk, Tabelle I), trotz dieser Freibeit die Zahl der Lehrlinge sowohl im Ver⸗ hältniß zu der Zahl der selbständigen Meister, als auch zu der Zahl der Gesellen im Allgemeinen keineswegs übermäßig erscheint (61 199 Meister, 40 189 Gesellen, 21 366 Lehrlinge), so läßt doch die Er⸗ hebung (Heft 3, Uebersicht 42) erkennen, daß in einzelnen Gewerben zahlreiche Betriebe vorhanden sind, in denen die Zahl der Lehrlinge nicht nur an sich, sondern auch im Verhältniß zu den Gesellen auf⸗ fallend groß ist. Diesem Mißbrauche, der sogenannten Lehrlingszüchterei, wird im Interesse der Ausbildung der Lehrlinge und zur Vermeidung einer mißbräuchlichen Ausnutzung ihrer Arbeitskraft entgegengetreten werden müssen. Es soll daher dem Bundesrath die Befugniß zum Erlaß von Vorschriften über die Zahl der Lehrlinge, die in einem Gewerbebetriebe gehalten werden darf, übertragen werden. Diese Befugniß soll sich auch auf diejenigen Gewerbe 1e welche weder zu den handwerksmäßigen noch zu den Fabrikbetrieben zu rechnen sind (Gastwirthe, Musiker u. dergl.). Um auch für den Fall Vorforge zu treffen, daß der Erlaß allgemeiner Bestimmungen nicht für das ganze Reichsgebiet, wohl aber für einzelne Bundesstaaten als erfor⸗ derlich oder zweckmäßig anerkannt werden sollte, wird der Landes⸗ Bentearhegrde das Recht zum Erlaß solcher Vorschriften vorzube⸗
alten sein.
Für die handwerksmäßigen Gewerbe sollen nach § 130 auch die Handwerkskammern und auf Grund des § 84 Ziffer 3 Absatz 2 die Innungen, so lange der Bundesrath oder die Landes⸗Zentralbehörden 8 dieser Befugniß keinen Gebrauch machen, Vorschriften erlassen önnen.
B. Bestimmungen für Handwerker.
Die unter diesem Abschnitt zusammengefaßten Vorschriften der §§ 129 bis 133 sollen für die Gewerbetreibenden Geltung haben, welche kraft Gesetzes den Innungen angehören, oder dem Handwerks⸗ ausschusse unterstehen. Sie gelten also nur für diejenigen Personen, welche eines der im § 82 aufgeführten Gewerbe handwerksmäßig und selbständig betreiben oder zu den im § 82 b Absatz 2 bezeichneten Feh en gehören. Alle übrigen Gewerbetreibenden, auch wenn e auf Grund des § 82 der Innung freiwillig beigetreten sind, fallen
nicht unter diese Bestimmungen.
u 1
Wenn der mit der Abänderung der Bestimmungen über das Lehrlingswesen verfolgte Zweck, eine ordnungsmäßige Ausbildung und Erziehung des Lehrlings zu sichern, erreicht werden soll so erscheint es vor allem geboten, an die Qualifikation des Lehrherrn weitere An⸗ forderungen zu stellen. Es ist daher im § 129 zunächst vorgesehen, daß nur solche Personen, die das 24. Lebensjahr vollendet, also ein gereifteres Lebensalter erreicht haben, Lehrlinge anleiten sollen. Diese Bestimmung erscheint gegenüber den Erfahrungen, daß vielfach gerade jüngere Personen, denen es ebenso sehr an der sittlichen Reife wie an der technischen und geschäftlichen Erfahrung fehlt, bei Begründung eines Handwerksbetriebes, in der Absicht, sich billige Arbeitskräfte zu verschaffen, Lehrlinge annehmen. Weiterhin soll aber nur Derjenige Lehrlinge anleiten dürfen, von welchem erwartet werden kann, daß er auch in technischer Beziehung die Ausbildung des Lehrlings mit Erfolg leiten wird: nach Ziffer 2 soll nur Derjenige Lehrlinge anleiten, der das Gewerbe selbst ordentlich gelernt hat. In der Regel wird dies nur von denen erwartet werden können, die die vorgeschriebene Lehrzeit zurückgelegt und die Gesellenprüfung abgelegt haben.
Hinsichtlich der Lehrzeit soll nur verlangt werden, daß ihre Dauer der von der Handwerkskammer auf Grund des § 91 Absatz 1 Ziffer 1 oder von der Innung auf Grund des § 84 Ziffer 3 Absatz 2 festge⸗ säbten Dauer entspricht. Ob im übrigen bei der Zurücklegung die ür die Regelung des Lehrlingsverhältnisses geltenden Vorschriften über das Halten und die Anleitung von Lehrlingen (§§ 126 a und h, 129 und 129 a), über die Zahl der Lehrlinge (§§ 84 Ziffer 3 Absatz2, 128 und 130) und die Ab chließung des Eeeeho (§§ 84 Ziffer 3 Absatz 2, 91 c Absatz 1 Ziffer 1I, 126 c und 129 b) beobachtet worden sind, wird schon aus dem Grunde nicht in Frage kommen können, weil es unbillig sein würde, den Lehrling für die Vergehen des Lehr⸗ herrn durch Nichtanrechnung der Lehrzeit oder eines Theiles derselben zu bestrafen.
Die unbedingte Forderung, daß nur Derjenige Lehrlinge anzu⸗ leiten befugt sein soll, welcher eine ordnungsmäßige Lehrzeit zurück⸗ gelegt und die Gesellenprüfung bestanden hat, würde indessen bei der modernen Gestaltung der Gewerbsthätigkeit ohne Zweifel zu Härten führen, namentlich in solchen Fällen, in welchen durch Aenderungen in den persönlichen oder gewerblichen Verhältnissen der Uebergang zu einem anderen Gewerbe zur Nothwendigkeit wird, und gegenüber solchen Personen, welche ihre Ausbildung in Fabriken genossen haben und erst in späterem Lebensalter einen selbständigen Gewerbebetrieb beginnen. Der Entwurf schlägt daher vor, das Recht zur Anleitung von Lehrlingen auch solchen Personen zuzugestehen, die, ohne eine vechf wehi8e Lehrzeit zurückgelegt und die Gesellenprüfung abgelegt zu haben, in dem Gewerbe fünf Jahre hindurch selbständig oder als Werkmeister oder in ähnlicher Stellung thätig gewesen Dabei wird von der Erwägung ausgegangen, daß n einer fünfjährigen Thätigkeit der Erwerb derjenigen Kennt⸗ nisse und Fähigkeiten möglich ist, welche zur ordentlichen An⸗ leitung der Lehrlinge in dem Gewerbe nothwendig sind, zu⸗ mal es sich in der Regel um Personen handeln wird, die sich in ge⸗ reifterem Lebensalter befinden.
Da die strenge Durchführung der im Absatz 1, gegebenen Vor⸗. schriften auch mit dieser Einschränkung in einzelnen Fällen, namentlich Gewerbetreibenden in höherem Lebensalter gegenüber, noch zu Härten führen kann, so ist im Absatz 2 die Möglichkeit vorgesehen, daß auch Gewerbetreibenden, die den Nachweis der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zu erbringen vermögen, auch ohne daß sie ihr Gewerbe fünf Jahre selbständig ausgeübt haben, durch die höhere Verwaltungs⸗ behörde die Befugniß zur Anleitung von Lehrlingen verliehen werden kann.
Durch den l einer Lehrwerkstätte soll die Lehrzeit in der Werkstatt eines Gewerbetreibenden 8 werden können. Die gleiche Vergünstigung wird hinsichtlich gewerblicher Unterrichtsanstalten platz⸗ greifen müssen, deren Besuch schon nach der jetzigen Regelung durch die Innungen, wie z. B. beim Baugewerbe, die Lehrzeit ganz oder zum theil ersetzt. Auch die Prüfungszeugnisse dieser Lehrwerkstätten
und Unterrichtsanstalten wird man unbedenklich als gleichwerthig mit den Prüfungszeu nissen der Innungen nnd Handwerkskammern hin⸗ stellen können. ie Bezeichnung der Lehrwerkstätteu und Unterrichts⸗ anstalten, welche diese Vergünstigungen genießen, muß bei der Be⸗ 57— der Angelegenheit den Landes⸗Zentralbehörden vorbehalten erden.
Für eine Reihe von Gewerben, in denen die Lehrzeit her⸗ gebrachter Weise nur von kurzer Dauer ist, besteht das Bedürfniß, eine Milderung der Voraussetzungen für die Anleitung von Lehrlingen eintreten zu lassen, insbesondere auch schon in früherem Lebensalter die Anleitung von Lehrlingen zu gestatten. Diese Ausnahmen fest⸗ zustellen, soll nach Absatz 4 Sache des Bundesraths sein.
„Wer dem § 129 zuwider Lehrlinge hält, soll nach Ziffer 1 des Artikels 6 bestraft werden; auch wird nach der im Artikel 5 unter Ziffer 2 vorgesehenen Bestimmung die Entlassung der Lehrlinge er⸗ zwungen werden können.
Zu § 129a.
„Der nla 1 regelt die Frage, wie es mit der 2Se zur An⸗ leitung von Lehrlingen beim gleichzeitigen Betriebe mehrerer Gewerbe gehalten werden soll. Wenn die Anleitung der Lehrlinge auch in diesen Fällen nur in denjenigen Gewerben stattfinden dürfte, in welchen der Unternehmer den Anforderungen des § 129 entspricht, so würde namentlich auf dem Lande, wo der Betrieb mehrerer Gewerbe viel⸗ fach die Regel bildet, die Annahme von Lehrlingen außerordentlich erschwert werden. Auch sonst würden daraus für die Gewerbe⸗ treibenden mancherlei Belästigungen entstehen. Nach dem Vorschlage des Entwurfs sollen daher der Unternehmer eines Betriebes, 2 welchem mehrere Gewerbe vereinigt sind, befugt sein, in allen zu dem Betriebe vereinigten Gewerben Lehrlinge anzuleiten, wenn er für eines dieser Gewerbe zur Anleitung von Lehrlingen befugt ist. Auf den gleichen Erwägungen beruhen auch die Bestimmungen im Absatz 2 und 3 hinsichtlich der Spezialitäten und der verwandten Gewerbe. Die Entscheidung darüber, welche Gewerbe als verwandte Gewerbe im Sinne des Absatz 3 anzusehen sind, wird der Handwerks⸗ kammer vorzubehalten sein.
Zu § 129 b. Da bei denjenigen Gewerbetreibenden, auf welche die Bestimmungen
über die Zwangsorganisation des Handwerks E finten, nach e
§§ 84 Ziffer 3 und 89 Absatz 2 die Kontrole über das Lehrlingswesen den Innungen oder den Handwerksausschüssen zufällt, so wird diesen an Stelle der Orts⸗Polizeibehörde (§ 126 c Absatz 2) der Lehrvertrag einzureichen sein.
Bei den jetzigen Innungen ist es vielfach Brauch, den Lehrvertrag vor der Innung abschließen zu lassen. Dies hat sich durchaus bewährt. Es soll deshalb durch den Absatz 2 den Innungen und Handwerks⸗ ausschüssen die Möglichkeit, diese Art des Abschlusses vorzuschreiben, auch fernerhin gesichert werden.
Zu § 130 vergl. die Ausführungen zu § 128. § 130 a. “ 8 ““
Die Regelung der Dauer der Lehrzeit ist für die Erziehung des Lehrlings von besonderer Bedeutung: sie muß unter Berücksichtigung der Art des Gewerbes so bemessen werden, daß sie ausreicht, um dem Lehrling unter normalen Verhältnissen die gründliche Erlernung des Gewerbes zu ermöglichen; andererseits aber darf dem Bestreben, die Arbeitskraft des bereits genügend ausgebildeten Lehrlings möglichst lange auszunutzen, nicht Vorschub geleistet werden.
Im Absatz 1 ist nicht eine Minimaldauer der Lehrzeit festgesetzt sondern nur als Regel hingestellt, daß sie, sofern nicht etwas anderes, festgesetzt wird, wie auch schon jetzt in vielen Gewerben üblich, drei Jahre dauern soll. Die Handwerkskammern, zu deren Auf⸗ gaben die Festsetzung der Lehrzeit gehören soll, können also für einzelne Gewerbe die Dauer der Lehrzeit auf weniger als drei Jahre festsetzen; dagegen sollen sie in keinem Falle über fünf Jahre hinausgehen dürfen. Diese Maximaldauer der Lehrzeit erscheint nach den bisherigen Er⸗ fahrungen zur Erlernung einzelner Gewerbe, deren Ausübung entweder eine besondere Vielseitigkeit oder ein hohes Maß technischer Kenntnisse und Fertigkeiten voraussetzt, nothwendig.
Im allgemeinen hat also die Handwerkskammer bei Festsetzung der Dauer der Lehrzeit innerhalb der Maximalgrenze von fünf Jahren freie Hand. Sie kann nicht nur für einzelne Gewerbe, sondern auch innerhalb eines solchen die Lehrzeit verschieden bestimmen und hierbei die längere oder kürzere Dauer insbesondere auch von dem Besuche einer Fach⸗ oder Fortbildungsschule oder von den Leistungen des Lehr⸗ lings in solchen Schulen abhängig machen.
Die Festsetzungen der Handwerkskammer über die Dauer der Lehrzeit sollen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde unter⸗ liegen, die zu prüfen haben wird, ob dabei nach richtigen Grundsätzen verfahren ist b
Solange die Handwerkskammern solche Bestimmungen nicht er⸗ lassen, werden nach § 84 Ziffer 3 Absatz 2 die Innungen zum Erlasse von Vorschriften berechtigt sein.
Um denjenigen Lehrlingen, welche sich in der Schule oder in der Werkstatt durch Fleiß und Tüchtigkeit hervorthun oder bei E“ en oder anderen Gelegenheiten sich auszeichnen, eine besondere Berücksichtigung theil werden lassen zu können, soll die Handwerkskammer nach Absatz 3 befugt sein, in Einzelfällen eine Kürzung der Lehrzeit eintreten zu lassen, die alsdann auch für den Prüfungsausschuß bei der Zulassung zur Gesellenprüfung (§ 131) maßgebend sein wird.
Zu §§ 131 bis 132. 3 3
Die §§ 131 bis 132 enthalten allgemeine Vorschriften über die Abnahme der Gesellenprüfung. Im § 131 ist vorgeschrieben, daß die Zulassung zur Prüfung erst nach Ablauf der Lehrzeit nachgesucht werden kann, so daß der Prüfungsausschuß vor der Zulassung zur Prüfung den Nachweis über die Zurücklegung der vorgeschriebenen
ehrjahre verlangen muß. Zu dem Zweck hat der Prüfling die er⸗ forderlichen Ausweise dem Antrage auf Zulassung zur Prüfung bei⸗ zufügen. Dagegen soll nicht verlangt werden, daß die Prllung un⸗ mittelbar im Anschlusse an die Lehrzeit und vor dem Prüfungsaus⸗ schusse des Bezirks, in welchem die Lehrzeit zurückgelegt ist, übgelet wird, weil dadurch Personen, die aus irgend einem Grunde die 8 nicht unmittelbar nach Beendigung der Lehrzeit abgelegt haben, späterhin ein für alle Male davon ausgeschlossen sein würden. Die Regel wird allerdings die Ablegung der Prüfung im An⸗ schlusse an die Lehrzeit und vor dem Prüfanss usses des Bezirks, in welchem die Ausbildung des Lehrlings erfolgt ist, bilden, und nur da, wo besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen, wird eine spätere Ablegung der Prüfung oder die Ablegung der Prüfung vor einem anderen Prüfungsausschusse gestattet werden. as Nähere in dieser Beziehung zu regeln, wird übrigens Sache der Prüfungsordnung sein, die nach § 131 b Absatz 2 von der höheren Verwaltungsbehörde erlassen werden soll.
Die Prüfungsausschüsse sollen von den Innungen und den Handwerkskammern errichtet werden; die Gründe, welche es nicht zweckmäßig erscheinen lassen, auch den Handwerksausschüssen die Er⸗ richtung von Prüfungsausschüssen zu übertragen, sind bereits dargelegt worden (vergl. zu §§ 91 bis 95). Die Handwerkskammer wird, so⸗ weit ein eee. Feretzaot. für einzelne Gewerbe mehrere Prüfungs⸗ ausschüsse errichten können. 8
schan § 131 a regelt die Zusammensetzung der Prüfungsausschüsse. Sie Fanegh wie dies auch jetzt schon bei den Innungen, welche eine Gefellenprüfung abnehmen, üblich ist, aus drei Mitgliedern einschließ⸗ lich des Vorsitzenden bestehen, abgesehen von dem Falle, wo die Prüfungsordnung noch eine besondere Prüfung in der Buch⸗ und Rechnungsführung vorschreibt (§ 131 b Abs. 3). Der Vorsitzende soll von der Nuffichtsbehörde ernannt, und dadurch eine Gewähr für die sachgemäße Handhabung der Prüfung gesichert werden. Die Auswahl der Personen ist dem Ermessen der Behörde überlassen. Dieselbe wird nicht behindert sein, auch andere Personen als Handwerker, z. B. Lehrer an Fortbildung⸗ oder Fachschulen, zu ernennen. Die an die Wählbarkeit der Beisitzer gestellten Anforderungen rechtfertigen sich
durch den Zweck der Prüfung.
Die bei den Gesellenprüfungen der Innungen bisher bereits übliche Theilnahme der Gesellen ist gerade hier von besonderem Werthe und gerechtfertigt. Während der ersten beiden Wahlperioden sollen auch Gesellen, welche nur eine zweilährige Lehrzeit zurückgelegt haben, gewählt werden können. Diese Uebergangsbestimmung ist erforderlich, weil Gesellen, welche die Gesellenprüfung auf Grund des Gesetzes abgelegt haben, beim Inkrafttreten des Gesetzes überhaupt nicht, und während der nächsten sechs Jahre nur in mehr oder weniger beschränkter Zahl vorhanden sein werden.
Die für die Uebergangszeit sonst erforderlichen Bestimmungen sind im Artikel 8 vorgesehen.
Die Mitglieder der Prüfungsausschüsse sind nach Auffassung des Entwurfs Inhaber von Aemtern der Innungen und Handwerks⸗ kammern im Sinne der §§ 88 und 94; es finden daher auf sie alle für diese . geltenden Vorschriften des Gesetzes Anwendung.
Die im Entwurf als Ausnahme von der Bestimmung im § 97 vor⸗ gesehene kürzere Wahlperiode beruht auf der Erwägung, daß es angesichts der mit dem Amt der Beisitzer im Prüͤfungscusschusse verbundenen Mühewaltung in vielen Fällen nicht ö“ sein würde, die Wahrnehmung dieses Amts auf die Dauer von sechs Jahren zu verlangen.
Wegen der den Mitgliedern der Prüfungsausschüsse für Zeit⸗ versäumniß zu gewährenden Entschädigung und der Vergütung ihrer baaren Auslagen vergl. § 97 b 8 1. .
Damit nicht bei der Prüfung die Anforderungen an den Prüfling ungebührlich gesteigert und nicht Mißstände hervorgerufen werden können, wie ü vielfach bei Abnahme der Prüfungen zur Zeit der Zünfte beobachtet worden sind, werden im § 131 b Absatz 1 allgemein diejenigen Gegenstände aufgeführt, auf welche die Prüfung sich zu be⸗ schränken hat. In diesem Rahmen wird die nähere Bezeichnung der Prüfungsgegenstände für die einzelnen Gewerbe durch die Prüfungs⸗ ordnungen zu erfolgen haben.
Eine Erweiterung des Prüfungsstoffes soll durch die Prüfungs⸗ ordnung in so fern eintreten können, als die Abnahme der Prüfunf in der Buch⸗ und Rechnungsführung vorgeschrieben wird. on dieser Befugniß wird die höhere Verwaltungsbehörde nur dann Gebrauch machen können, wenn dem Prüfling in einer Fortbildungs⸗ oder Fach⸗ schule Gelegenheit zur Erlernung dieser Materie geboten war. So werthvoll auch die Erlernung der Buch⸗ und Rechnungsführung für die wirthschaftliche Hebung des Handwerkerstandes ist, so ist es doch, solange nicht überall Fortbildungs⸗ oder Fachschulen bestehen, nicht angängig, die Prüfung hierüber allgemein vorzuschreiben. Zur Vor⸗ nahme der Prüfung in der Buch⸗ und Rechnungsführung werden die Prüfungsausschüsse vielfach einen besonderen Sachverständigen, nament⸗ lich einen Lehrer der Fortbildungs⸗ oder Fachschule, sofern dieser nicht etwa Vorsitzender des Prüfungsausschusses ist, zuziehen müssen. Da hierdurch die Mitgliederzahl eine gerade wird, so muß in diesem Falle die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag geben.
Die Kosten der Prüfungsausschüsse, wozu insbesondere auch die Vergütungen für ihre Mitglieder (§ 97 b) gehören, haben die Innungen und Handwerkskammern zu tragen. Dafür fallen ihnen die Prüfungsgebühren, deren Höhe durch die Prüfungsordnung festgesetzt werden soll, zu.
Um den Prüfling gegen eine etwaige unbillige Beurtheilung seiner Leistungen zu schützen, schlägt der Entwurf (§ 132) vor, dem Vor⸗ sitzenden das Recht zur Beanstandung der Beschlüsse des Prüfungs⸗ ausschusses zu geben. Bei dieser F. erscheint es nicht erforder⸗ lich, dem beg das Recht zur Erhebung des Rekurses gegen den Ausfall der Prüfung an eine Prüfungskommission, wie es die preußische Verordnung, betreffend die Errichtung von Gewerberäthen und verschiedene Abänderungen der allgemeinen Gewerbeordnung, vom 9. Februar 1849 (Gesetz⸗Samml. S. 93) vorsah, einzuräumen, zumal solche Berufungskommissionen für die Wiederholung der Prüfung nicht geeignet erscheinen und ihre Einrichtung den Prüfungsapparat erheblich beschweren würde. 1
Durch die Bestimmung des Prüfungsausschusses, daß die Prüfung vor Ablauf eines bestimmten Zeitraums nicht wiederholt werden darf (§ 131 c), tritt eine Verlängerung der Lehrzeit an sich nicht ein, da die Dauer der Lehrzeit durch die Handwerkskammer oder die Innung festgesetzt wird (vergl. zu § 130 a). .“
Sofern eine Verlängerung der Lehrzeit eintreten sollte, würde es eine natürliche Aufgabe der Innung und bei denjenigen Gewerbe⸗ treibenden, welche einer “ nicht angehören, eine solche des Handwerksausschusses sein, nöthigenfalls für die Unterbringung des Lehrlings bei einem Lehrherrn Sorge zu tragen. Hierüber nähere Vorschriften zu treffen, wird Sache der Handwerkskammer sein.
Die Kosten⸗ und vö der Prüfungszeugnisse recht⸗ fbrtißt fburch das öffentliche Interesse, das an der Ablegung der
rüfung besteht.
Die Befugniß des Vorsitzenden zur Beanstandung erstreckt sich auf alle Beschlüsse des Prüfungsausschusses, sowohl über die Zu⸗ lassung zur Prüfung, als auch über das Ergebniß der Prüfung. Der Ausschuß der Handwerkskammer (§ 91 Ziffer 5), dem die Beschluß⸗ fassung über die Beanstandung zustehen soll, wird nöthigenfalls auch die Ertheilung des Hrafungiencntssas von der Wiederholung der Prüfung abhängig machen können. Bei der Bildung dieses Aus⸗ schusses ist nach § 92b Absatz 1 Ziffer 3 der Gesellenausschuß zu betheiligen.
IIIa. Meistertitel.
Zu § 133. Die Vorschriften über die Fuhrung des Meistertitels 2 so getroffen werden, daß dadurch nicht andere berechtigte Interessen be⸗ einträchtigt werden, namentlich darf der schon seit Jahrzehnten ein⸗ ebürgerte Gebrauch, wonach auch diejenigen, welche den einzelnen erkstätten oder Abtheilungen gewisser Großbetriebe vorstehen, als „Meister“ bezeichnet werden, nicht ausgeschlossen werden. Deshalb wird die Berechtigung, den Meistertitel zu führen, von der Ablegung der Meisterprüfung nur für diejenigen abhängig gemacht werden können, welche nach den Bestimmungen der §§ 82 ff. einer Zwangsinnung an⸗ zugehören haben oder einem Handwerksausschusse unterstehen.
Soll die Maßregel ihren Zweck erreichen und gegen mißbräuch⸗ liche Handhabung geschützt werden, so müssen die Voraussetzungen für das Recht zur Führung des Meistertitels für alle Handwerker des⸗ selben Handwerks, sie mögen einer Innung angehören oder nicht, thunlichst gleichmäßig geregelt werden. Die näheren Bestimmungen über die bei den Prüfungen zu stellenden Anforderungen, über die Errichtung und Zusammensetzung der Feüneneseo eestechen sowie über das von diesen zu beobachtende Verfahren und die zu erhebenden Prüfungsgebühren können daher nicht den einzelnen Innungen und ebensowenig den Handwerksausschüssen überlassen werden. eshalb soll die Errichtung der Prüfungskommissionen durch die höhere Ver⸗ waltungsbehörde unter Mitwirkung der Handwerkskammer erfolgen und im übrigen die Regelung einer Prüͤfungsordnung vorbehalten werden, die mit Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde von der Handwerkskammer erlassen werden soll. Damit durch die Be⸗ stimmungen der Prüfungsordnung über den Gang der Prüfung nicht ungerechtfertigte Anforderungen gestellt werden können, bestimmt der Entwurf, daß der durch die Prüfung zu erbringende Nachweis sich auf die Befähigung zur selbständigen Ausführung der gewöhnlichen Ar⸗ beiten des Gewerbes und die zu seinem selbständigen Betriebe sonst nothwendigen Kenntnisse zu beschränken hat. Zu diesen letzteren sind auch die für die kaufmännische Seite des Gewerbebetriebs heutzutage unentbehrlichen Kenntnisse, namentlich in der Buch⸗ und Rechnungs⸗ führung, zu zählen.
Hervorzuheben ist noch, daß die Worte im ersten Absatz „wenn sie in ihrem Gewerbe die Befugniß zur Anleitung von Lehrlingen erworben“ absichtlich so gefaßt sind, um klarzustellen, daß der Gewerbe⸗ treibende, der einmal diese Befugniß erworben hat, auch dann, wenn ihm diese auf Grund des § 126 b Feeghen werden sollte, das einmal erworbene Recht zur Führung des Meistertitels nicht verlieren soll.
Die unbefugte Führung des Meistertitels soll nach Artikel 6 Ziffer 1 strafbar sein.
Für die Uebergangszeit ist im Artikel 9 das Erforderliche vor⸗
gesehen.