1896 / 227 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 23 Sep 1896 18:00:01 GMT) scan diff

Inf. Regt. von Horn (3. Rhein.) Nr. 29, unter Belassung in dem Kommando als Komp. Offizier bei der Unteroff. Schule in Marienwerder und unter Beförderung zum Pr. Lt. mit einem Patent vom 1. September d. Js., à la suite des Regts. gestellt. Schmidt, Sec. Lt. vom Hess. Jäger⸗Bat. Nr. 11, in das Lauenburg. Jäger⸗Bat. Nr. 9 versetzt. Graf von Götzen, Pr. Lt. vom 2. Garde⸗Ulan. Regt., vom 15. Dezember d. J. ab auf ein Jahr zur Botschaft in v kommandiert. In der Gendarmerie. Neues Palais, 19. September. v. Hegener, Hauptm. a. D., zuletzt Bezirks⸗Offizier bei dem Landw. Bezirk Braunsberg, fruüher Komp. Chef im Gren. Regt. König Fülenich III. (1. Ostpreuß.) Nr. 1, in der 12. Gend. Brig. ein⸗ gestellt. Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Neues alais, 17. September. v. Pelken, Pr. Lt. à la suite des önigin Augusta Garde⸗Gren. Regts. Nr. 4, Lentz, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Freiherr von Sparr (3. Westfäl.) Nr. 16, Pflüger, Sec. Lt. vom Inf. Regt. von Goeben (2. Rhein.) Nr. 28, v. Klitzing, Sec. Lt. vom 2. Pomm. Feld⸗Art. Regt. Nr. 17, allen Vieren mit Pension der Abschied bewilligt. Neues Palais, 19. September. Gravenstein, Sec. Lt. vom Inf. Regt. von Horn (3. Rhein.) Nr. 29, mit Pension nebst Aussicht auf Anstellung im Zivildienst der Abschied bewilligt. Steinmann, Oberst⸗Lt. a. D., zuletzt Kommandeur des Landw. Bezirks Oberlahnstein, unter Ertheilung der Erlaubniß zum ferneren Tragen der Uniform dieses Landw. Bezirks, in die Kategorie der mit Pension zur Disp. gestellten Offiziere zurückversetzt. In der Gendarmerie. Neues Palais, 19. September. v. Dewitz 8 v. Krebs, Oberst⸗Lt. von der 12. Gend. Brig., mit Pension nebst Aussicht auf Anstellung im Zivildienst und der Uniform des Drag. Regts. Prinz Albrecht von Preußen (Litthau.) Nr. 1 der Abschied bewilligt.

Nichtamtliches. .““ Dentsches Reich.

Preußen. Berlin, 23. September.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin sind gestern Abend um 10 ³¾ Uhr von der Wildparkstation nach Plön abgereist. 1 Da heute „Armee⸗Verordnungsblatt“ ver⸗ 1“ folgende Allerhöchste Kabinets⸗Ordre vom

Ich will dem Husaren⸗Regiment Kaiser Nikolaus II. von Rußland (I. Westfälisches) Nr. 8 an dem heutigen Tage, an welchem es vor seinem erhabenen Chef in der Parade steht, Aller⸗ höchstdessen Namenszug verleihen, welcher von den Offizieren und Mannschaften in den Achselstücken ö Achselschnüren und Schulterklappen zu tragen ist, und genehmige die Mir vom Kriegs⸗ Ministerium vorgelegten Proben. Das Kriegs⸗Ministerium hat das Weitere zu veranlassen. 8 1

Breslau, den 5. September 1896. 8 8 v von Goßler.

An das Kriegs⸗Ministerium.

Nach telegraphischen Meldungen an das Ober⸗Kommando der Marine hat S. M. S. „Sperber“, Kommandant Kor⸗ vetten⸗Kapitän Reincke, gestern von Kamerun aus die Heim⸗ reise angetreten; S. M. S. „Arcona“, Kommandant Kor⸗ vetten⸗Kapitän Becker, ist gestern in Chefoo angekommen und höhecg am 29. September nach Sangkaubay in See zu gehen.

8

Der Kaiser wohnte auch gestern den Manövern bei Czakathurn bei. Von beiden Korps waren je drei Divisionen im Gefecht, das über fünf Stunden währte. Während des Manövers, bei dem auch die Erzherzoginnen Blanca und Beatrix zugegen waren, war das Wetter günstig; später regnete es. Als der Kaiser bei der Rückkehr in Szent⸗Rokus den Wagen bestieg, brach die angesammelte zahlreiche Menschen⸗ menge in stürmische Eljenrufe aus. Um 2 ½ Uhr fand ein Diner im Kaiserzelt statt. In der geitrigen Sitzung des ungarischen Unter⸗ hauses erklärte der Handels⸗Minister Daniel in Beant⸗ wortung einer Interpellation des Abg. Thaly über den Beau eines Donau⸗Oder⸗Kanals, daß die gegenwärtig in Dresden tagende Konferenz, welche über den Bau Kanalnetzes berathe, eine rein private sei, daß die Regierungen an derselben nicht theil⸗ enommen hätten. Von den dort zur Berathung gelangenden Vasserverbindungen sei der Donau⸗Oder⸗Kanal weitaus die wichtigste, doch lasse sich zu den Plänen noch nicht Stellung nehmen. Immerhin könne er schon jetzt sagen, daß es an Anhaltspunkten für die Forderung fehle, daß der Kanal nicht bei Wien in die Donau münde. Die Regierung würde, wenn dieser Plan durchgeführt werden sollte, einen Neben⸗ kanal von Theben aus anlegen oder dahin wirken, daß die March von Angern bis Theben schiffbar gemacht werde. Das Haus nahm die Antwort des Ministers zur Kenntniß.

Großbritannien und Irland. 1

w Der Prinz von Wales, der Herzog von Connaught und der russische Botschafter von Staal begaben sich dech Vormittag 11 Uhr in Leith an Bord eines Dampfers, um der russischen „YNacht „Standart“ entgegenzufahren, welche mit dem Kaiser und der Kaiserin von Rußland an Bord bald darauf eintraf und unter den Salut⸗ schüssen der britischen Flotte Anker warf. Der Prinz von Wales, der Herzog von Connaught und der Botschafter von Staal gingen sodann an Bord des „Standart“, wo sie mit dem Kaiser und der Kaiserin das Frühstück einnahmen. Die Majestäten begaben sich hierauf an Bord des Dampfers „Tantallon afib⸗ und durchfuhren die Linien des britischen Geschwaders, dessen chiffe Salut feuerten. Um 1 ¾ Uhr gingen der kaiser und die Kaiserin an Land; die Truppen präsen⸗ tierten, die Musik spielte die russische Nationalhymne. Trotz der e Witterung war eine zahlreiche Zuschauer⸗ menge anwesend, welche die Majestäten mit großem g.. siasmus 1 ßte. Der Kaiser, Allerhöchstwelcher die Uniform der Royal Scots Greys angelegt hatte, und die Kaiserin begaben sich zunächst nach dem Empfangssaal, wo die Stadträthe von Edinburg und Leith versammelt waren. Die Gemahlin des Lord⸗Mayor von Edinburg überreichte der Kaiserin

der Lord⸗Mayor von Edinburg begrüßten alsdann die Ma⸗ jestäten im Namen ihrer Städte. Nach der Vorstellung der verschiedenen Würdenträger begaben sich die Majestäten trotz des ehens in offenem Wagen nach dem Bahnhof; Aller⸗ t elben wurden auf der Fahrt von der Einwohnerschaft ebhaft 6 Um 2 ½ Uhr traten die Majestäten über die Forth⸗ und die Tay⸗Brücke die Reise nach Dundee an, wo die Ankunft um 4 Uhr erfolgte. Der Aufenthalt daselbst währte eine Viertelstunde. Die Ehren⸗Kompagnie präsentierte,

gespielt. Als die Majestäten an der Waggonthür er⸗ schienen, überreichte der Vize⸗Bürgermeister von Dundee eine Begrüßungs⸗Adresse, welche der Kaiser unter dem Beifall der Anwesenden dankend entgegennahm. Um 5 ½ Uhr trafen die Allerhöchsten Herrschaften in Aberdeen ein. Trotz des kalten, regnerischen Wetters hatten sich auch hier zahlreiche Feseene Persönlichkeiten auf dem mit Blumen reich geschmückten Bahnhof eingefunden. Der Zug wurde bei seiner Ankunft mit begeisterten Hurrahrufen empfangen. Der Kaiser nahm die von dem Bürgermeister dargebrachte Adresse mit einigen Dankesworten an. Nach einem Aufenthalt von einer Viertelstunde setzte der Zug die Fahrt nach Ballater fort, wo derselbe kurz nach 7 Uhr eintraf. Nach der Begrüßung durch die Gemeindebehörden bestiegen der Kaiser, die Kaiserin, der Prinz von Wales und der Herzog von Connaught die Wagen zur Fahrt nach Schloß Balmoral. In demselben Augen⸗ blick flammten auf den umliegenden Bergen Freudenfeuer auf, die weithin leuchteten. Gegen 8 Uhr traf ein reitender Bote auf Schloß Balmoral ein, welcher das Nahen der Majestäten meldete. Nahe vor dem Schloß hatten sich die Freiwilligen des Orts, ein Detachement der Scots Greys, sowie Hochländer mit Fackeln und Sackpfeifen aufgestellt. Als die Wagen vor dem Schloß angekommen waren, erschien die Königin Victoria an der Thür zur Begrüßung. Trotz des schlechten Wetters, das sich erst im Augenblick der Ankunft vor dem Schlosse aufhellte, legten der Kaiser und die Kaiserin die ganze Strecke von Ballater bis zum Schlosse in offenem Nach einer Meldung der „Russischen Telegraphen⸗Agentur“ wird der Verweser des Ministeriums des Aeußern Schischkin am 28. d. M. von St. Petersburg nach Paris abreisen, dort einige Tage verweilen und sich sodann nach Cherbourg begeben, um die Ankunft des Kaisers und der Kaiserin von Rußland zu erwarten. 8 28

Italien.

Das „Bollettino militare“ veröffentlicht die Ernennung des Generals Saletta zum Chef des Generalstabs der Armee. Der General Baldissera hat sich gestern Abend von Rom nach Neapel begeben, um von dort nach Massowah ab⸗ zureisen. Zugleich mit ihm gehen an Bord des „Archimedes“ zwei Bataillone Jäger und eine Kompagnie Genietruppen nach Massowah ab, um die nach Italien zurückkehrenden Truppen zu ersetzen. „Das Journal „Roma“ versichert, daß eine weitere, aus zwei oder drei Schiffen bestehende Division zur Verstärkung es italienischen Geschwaders im Orient abgehen

werde. 1“

* G““ Niederlande.

In der Zweiten Kammer richtete gestern bei der Be⸗ rathung der als Antwort auf die Thronrede der Königin⸗ Regentin zu überreichenden Adresse der Abg. Kerkwik eine Anfrage an die Regierung über die Lage in der Türkei und hob hervor, man könne nicht von freundschaftlichen Beziehungen zu einer Macht sprechen, welche die Niedermetzelung von Christen dulde; die Türkei müsse aus Europa verdrängt werden. Der Minister des Auswärtigen Roöll erhob entschieden Einspruch gegen die Angriffe auf eine befreundete Macht und betonte, es sei noch nicht aus⸗ reichend Klarheit über die Lage in der Türkei geschaffen. Die Stellung der Niederlande gestatte ihnen nicht, bei den von den Großmächten bezüglich der Türkei zu ergreifenden Maßregeln mitzuwirken. Die Interessen der Niederlande seien aber ausreichend gewahrt. Der Abg. Bylandt gab der Sym⸗ pathie für die verfolgten Armenier Ausdruck.

8 Türkei.

Die in Konstantinopel erscheinenden türkischen Blätter veröffentlichen eine Liste der bisher in armenischen Kirchen und Häusern gefundenen Sprengmittel, darunter be⸗ finden sich 183 geladene und ungeladene Bomben, ferner Materialien zur Secg von Bomben, besonders Nitro⸗ glycerin, sowie verschiedene Munition.

Wie dem „Daily Telegraph“ aus Athen gemeldet wird, hätten, einem Telegramm aus Kanea zufolge, die Türken den protestantischen Kirchhof an der Sudabay unter den Augen der Offiziere der britischen und österreichischen Kriegsschiffe, die den Vorgang durch Ferngläser beobachteten, entweiht. Die Frevelthat habe großen Unwillen hervorgerufen. Der „Agence Havas“ zufolge ist ein türkisches Transport⸗ schiff vor Kanea eingetroffen, um von dort einige Bataillone nach Salonichi zu bringen. V1

Griechenland.

Das italienische Panzer⸗Geschwader, mit der „Sardegna“ als Flaggschiff des Admirals Canevaro, ist, wie die „Agence Havas“ aus Athen berichtet, gestern im Hafen von Phaleron eingetroffen und wird . wieder ab⸗ n Das britische Geschwader, welches um sechs

chiffe verstärkt ist, manövriert zwischen Thasos und Salonichi. Neun weitere britische Kriegsschiffe werden Ende dieses Monats in Phaleron erwartet.

4

8

Bulgarien. hM“ Der in der Ungelegin eit der Ermordung Stam⸗ bulow's angeklagte Böni Georgieff, welcher infolge einer Entscheidung des Gerichts erster Instanz gegen Bürgschaft in Freiheit gesett worden war, ist nunmehr, wie „W. T. B.“ aus Sofia erfährt, kraft eines Beschlusses des Appellg esbesgs, durch welchen die oben angeführte Entscheidung süͤr ungültig erklärt wird, wieder in Haft genommen worden.

Afien. Eine in Madrid eingetroffene amtliche Depesche aus Manila

bestätigt die gestern mitgetheilte Nachricht des „Heraldo“ über die Ermordung von Mönchen in der Provinz Cavite, und

einen Blumenstrauß. Die Stadträthe von Leith sowie

zwar seien 13 Mönche ermordet worden.

und es wurden die russische und die britische Nationalhymne

thätigen bei Al Landwirthschaft ꝛc. noch weiter in

Nr. 28 des „Eisenbahn⸗Verordnungsblatts“ hegehen im Ministerium der öffentlichen Arbeiten vom 16. Se⸗ deran. at folgenden Inhalt: Bekanntmachung des Reichskanzlers, etr di technische Einheit im Eisenbahnwesen, vom 28. August 1896. e Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten; vom 10. September 1896, betr. Beförderungsbedingungen für Petroklastit oder Haloklastite vom 12. September 1896, betr. Anwendung des Millitärtarifs auf die Kaiserlichen Schutztruppen. Nachrichten. 8

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Wer die Flaschen⸗Etiquetten und sonstigen Ankündi

von Schaumweinen mit dem Namen des franzöͤsischen Orse f8 sieht⸗ woher der Rohwein bezogen wird, während er den Namen des m Vereinszollgebiet gelegenen Orts, wo dieser Rohwein zum Schaum⸗ wein verarbeitet worden, verschweigt, ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Strafsenats, vom 7. Mai 1896, aus § 16 des Gesetzes zum Schutz der Waarenbezeichnungen vom 12. Mai 1896 („Wer Waaren oder deren Verpackung ꝛc. mit dem Namen eines Orts .. zu dem Zweck versieht, über Beschaffenheit und Werth der Waaren einen Irrthum zu erregen, oder wer zu dem gleichen Zweck derartig bezeichnete Waaren in Verkehr bringt oder eilhält, wird mit Geldstrafe von 150 bis 5000 .. bestraft“*) zu bestrafen. „Das Urtheil der Strafkammer geht von der Annahme aus, daß der verkaufte Wein aus echtem Rohwein bestand, der enau nach der in Epernay üblichen Methode (in Luxemburg der

ollersparniß halber) verarbeitet war, sodaß also ein stofflicher Unterschied zwischen diesem und dem echten in Epernav fabrizierten Champagner nicht bestand. Gleichwohl wurde der § 16 des zitierten Gesetzes (gegen den angeklagten Weinwirth, welcher in seiner Weinkarte den Wein als echten Champapner aus der Stadt Epernay bezeichnet hatte) mit Recht angewendet. Das Urtheil geht hierbei von der Erwägung aus, daß die Begriffe Beschaffenheit und Werth einer Waare nicht in rein objektivem Sinne zu verstehen seien, daß es nicht ausschließlich auf Struktur, chemische Zusammensetzung und Aussehen der Waare ankomme, daß es sich vielmehr schon dann um die Beschaffenheit und den Werth einer Waare handle, wenn deren Herkunftgort nach den Anschauungen des Verkehrslebens die Beurtheilung der Qualität und die Preisbemessung beeinflusse. Diese Erwägungen sind nicht rechtsirrthümlich. Es liegt ihnen der richtige Gedanke zu Grunde, daß für Verhältnisse wie die bier in Frage stehenden, die Imponderabilien des Geschmackz der Konsumenten, sei es des physischen, sei es des intellektuellen Ge⸗ schmacks, Faktoren der Beschaffenheit und des Werths der Waare bilden. Diese müssen sogar als in objektiver Verbindung mit der Waare stehend gedacht werden. Nach den thatsächlichen Feststellungen des Urtheils genießt nun Champagnerwein aus Epernay in den Kreisen der Konsumenten ein größeres Ansehen und wird deshalb theurer be⸗ zahlt als nicht französischer, insbesondere Schaumwein aus Luxemburg. Hier begründet sonach der Geschmack der Konsumenten die Verschieden⸗ beit in Bezug auf Beschaffenheit und Preis des Weines. Gegen eine andere Auslegung des Gesetzes streite w Motive.“ (1220/96.) 1““

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Hunde, welche zum Zwecke der Dressur oder des Handels gehalten werden, können, nach einem Urtheil des Ober⸗ Verwaltungs⸗ gerichts, II. Senats, vom 17. Januar 1896, gesetzlich von den Ge⸗ meinden zur Hundesteuer herangezogen werden. „Zwar be⸗ stimmt die unter dem 18. Oktober 1834 auch auf Landgemeinden aus⸗ e Kabinets⸗Ordre vom 29. April 1829, daß von der Hunde⸗ teuer die Eigenthümer solcher Hunde frreeizulassen sind, welche entweder zur Bewachung zum Gewerbe unent⸗ behrlich sind; sie füh aber hinzu, daß in dem die Steuer einführenden emeindebeschluß ausgesprochen werden solle, bei wem das Bedürfniß der Bewachun! oder des Gewerbes eintritt. Hiernach hat zunächst die Gemeinde selbst darüber zu be⸗ finden, unter welchen näheren Umständen in den gekennzeichneten Fälle Befreiungen von der Steuee eintreten sollen, und die Gemeinde

ist, indem sie von dieser Befugniß in ihrem Steuerregulatib Gebrauch gemacht, dabei aber die zum Zweck der Dressur oder des Handels gehaltenen Hunde nicht unter die befreiten aufgenommen hat, keineswegs in Widerspruch gerathen mit der ausdrücklichen Vor⸗ eih Fr auch nur mit der Absicht der bezeichaeten Kabinetsordre.“

Die bloße Möglichkeit der zukünftigen gewinnreichen Aus⸗ beutung von Mineralien berechtigt, nach einer Entscheidung des Ober⸗Verwaltungsgerichts, VI. Senats, I. Kammer, vom 6. Juni 1896, noch nicht zur höheren Bewerthung einer Besitzung für die Schätzung zur Vermögenssteuer. „Solange es gänzlich unge⸗ wiß ist, ob, wann und unter welchen e die Ausbeutung begonnen wird, pflegt eine Wertherhöhung über⸗ haupt nicht einzutreten. Erst wenn die Verhältnisse mit einem gewissen Grade don Wahrscheinlichkeit übersehen werden können, ge⸗ langt eine entsprechende Preissteigerung im Immobiliarverkehr zum Ausdruck. Hiermit ergiebt sich dann von selbst ein höherer Verkaufs⸗ werth für jedermann, während es sich bis zum Eintritt dieser Preis⸗ steigerung nur um einen bei der Bewerthung der Grundstücke nicht in Betracht kommenden außerordentlichen Werth handeln kann.“

oder

Statistik und Volkswirthschaft.

Hauptergebnisse der Berufszählung im Deutschen Reich vom 14. Juni 1895. II2)

Noch ist zu erwähnen die Gliederung der Bevölkerung nach der Berufsstellung. „Für die Frage“ schreibt das Statistische Amt —, „wie sich die Bevölkerung nach ihrer Berufsstellung gliedert, hat man sich mit der allgemeinen Eintheilung in Selbständige, An⸗ gestellte und Arbeiter nicht begnügt, sondern noch Unterarten unter⸗ schieden, welche jedoch bei den einzelnen Berufsabtheilungen nicht durch⸗ weg die gleichen sind.“ Es seien, um damit einen wenigstens ober⸗

ächlichen Einblick in die Art der statistischen Bearbeitung des Materials zu gewähren, darüber folgende, freilich keineswegs er⸗ schöpfende Mittheilungen gemacht.

Die „Erwerbsthätigen“ und, wie das Statistische Amt bemerkt, demnächst ihre Dienstboten und Angehörigen werden bei den einzelnen Berufsarten der Berufsabtheilungen A, B und C im allgemeinen, wie folgt, eingetheilt und bezeichnet:

2à. Selbständige, auch leitende Beamte und sonstige Ge⸗ schäftsleiter (Eigenthümer, Inhaber, Besitzer, Mitinhaber oder Mit⸗ besitzer [Kompagnons], Pächter, Erbpächter, Handwerksmeister, Unter⸗ nehmer, Direktoren, Administratoren), 2

b. Nicht leltende Beamte, überhaupt das wissenschaftlich, technisch oder kaufmännisch gebildete Verwaltungs⸗ und Aufsichts⸗, sowie das Rechnungs⸗ und Bureaupersonal,

c. Sonstige Gehilfen, Lehrlinge, Fabrik⸗, Lohn⸗ und Tage⸗ arbeiter, einschließlich der im Gewerbe thätigen Familienangehörigen und Dienenden.

Fe ker werden noch folgende Unterscheidungen gemacht:

- ie unter a zu führenden Gewerbetreibenden, die in 58 eigenen Wohnung für ein fremdes Geschäft zu Hau für fremde Rechnung arbeiten, werden unter der Bezeichnung „a fr.“ von den übrigen getrennt gehalten.“

Ferner gliedern sich die zu „b“ und „g“ bezeichnet

*) S. Nr. 226 d. Bl., Erste Beilage.

.Wirthschaftsbeamte (Gutsverwalter, Inspektoren ꝛc.), auch Volontäre und Lehrlinge,

„Aufsichtspersonal (Gutsaufseher, Hofmeister, Vögte 22

.Rechnungs. und Bureaupersonal (Rechnungeführer, uch⸗ alter, Schreiber ꝛc.), sodann

. Familienangehörige, die in der Wirthschaft des Haushaltungs⸗ vorstandes (Vater, Bruder ꝛc.) thätig sind,

1 dendwieclcgestlich⸗ Knechte und Mägde, .

3. Landwirthschaftliche Tagelöhner und sonstige Arbeiter (Schäfer, Hirten ꝛc.) mit eigenem oder .“ Land, ausschließlich des Deputat⸗ und Halbpachtlandes,

c 4. desgleichen ohne eigenes oder gepachtetes Land.

Bei anderen Berufsarten der Abtheilung A (A 2, 3, 5 und 6) und der Berufsabtheilung B (1 bis 160) „Industrie ꝛc.“ findet sich folgende Gliederung für die zu „b“ bezeichneten Erwerbsthätigen:

b 1. Technisch gebildete Betriebsbeamte (Betriebs⸗Inspektoren, In⸗

Volontäre,

b 2. öö (Aufseher, Werkmeister, Obersteiger und Steiger ꝛc.),

b 3. Kaufmännisch gebildetes Verwaltungspersonal, sowie Bureau⸗ und Rechnungspersonal (Prokuristen, Disponenten, Justitiare, Buchhalter, Korrespondenten, Rechner, Schreiber ꝛc.), auch Volontäre und Lehrlinge,

Familienangehörige, die im Betriebe ihres Haushaltungsvor⸗ standes thätig, aber nicht eigentliche Gewerbsgehilfen sind;

c 1. fr. desgleichen bei a fr⸗Personen (siehe oben!),

c 2. Gesellen, Lehrlinge und sonstige Arbeiter für Dienstleistungen,

zu welchen in der Regel eine Vorbildung erforderlich ist (z. B.

Gesteins⸗, Kohlenhauer ꝛc.),

c 2. fr. desgleichen bei a fr⸗Personen (siebe oben!),

c 3. Andere Hilfspersonen (Handarbeiter, Handlanger, sonstige Arbeiter) für Dienstleistungen, zu welchen in der Regel eine Vorbildung nicht erforderlich ist, sowie Maschinisten, Heizer, auch Geschäftskutscher, Fuhrleute, Hausdiener ꝛc. b

In ähnlicher Weise sind auch die im Handels⸗, Versiche⸗

rungs⸗ und Verkehrsgewerbe, in der Gast⸗ und Schank⸗

wirthschaft u. w. Beschäftigten unterschieden worden.

Es sind auf diese Unterscheidungen in der Berufsstellung schon deshalb auch weitere Kreise hier ausdrücklich hinzuweisen, weil über das Wesen der Berufszählung und der für sie aufzuwendenden Arbeit im allgemeinen immer noch eine große Unkenntniß herrscht und und nichts die sozialpolitische Bedeutung der Berufs⸗ zählung besser zum Verständniß bringen kann, als ihre Leistungen in Bezug auf genaue Feststellung der beruflichen Gliederung der Be⸗ völkerung. Es liegt auf der asd. daß die Bearbei⸗ tung des Materials nach all diesen Gesichtspunkten Jahre lange angestrengte wissenschaftliche Thätigkeit erfordert, und um so mehr ist zu wünschen, daß auch das sogenannte große Publikum, soweit es gewillt und berufen ist, über die Entwickelung unserer sozialen Ver⸗ bältnisse zu urtheilen, diese allein verläßlichen Grundlagen für eine richtige Beurtheilung mehr als bisher benutzt und zu benutzen in die Lage gebracht wird.

Wir lassen hier zunächst noch die vom Statistischen Amt ge⸗ ebene Uebersicht über die Bevölkerung der Berufsabtheilungen A bis C nach der Berufsstellung folgen, indem wir bezüglich der zum theil abgekürzt gegebenen Bezeichnungen der Berufsstellung aus⸗ drücklich auf die Beriee de Bemerkungen verweisen.

genieure, Chemiker ꝛc.), auch

Erwerbs⸗ thätige 8 im Haupt⸗ An⸗ beruf gehörige

Zu⸗

Berufsstellung sammen

Dienst⸗ boten

ofr. desgleichen bei Haus⸗

Erwerbs⸗

A. Landwirthschaft, Gärtnerei und Thierzucht, Forstwirthschaft und Fischerei. a. Selbständige ꝛc. . . 2 576 725¹⁄ ß349 693] 6 550 403 9 476 821 b. Wirthschaftsbeamte ꝛc. 96 173 12 751 142 300 0 ÿ251 224

c. Landwirthschaftliche Knechte, Arbeiter ꝛc. s5 619 794 12 253 3 141 215]/ 8 773 262 und

B. Bergbau und Hüttenwesen, Industrie Bauwesen. 3 842 505] 5 882 062 670 989

1 774 481 287 388 380 420 460 1187/ 751 130

263 747 5 900 380 24 577 6 961 964/12 886 921 6 870 62 139

55 233 36 Handel und Verkehr.

843 5566 244 992 1 729 244

a. Selbständige ꝛc. ... a fr. Selbständige Haus⸗ industrielle .. b. Technisches, kaufmän⸗ nisches ꝛc. Personal c. Gesellen und andere Hilfspersonen ꝛc.

industriellen

C. Selbständige, Ge⸗ schäftsleiter .. b. Kaufmännisch gebil⸗ detes Bureau⸗ und Rechnungs⸗Personal c. Handlungsgehilfen, Verkäufer, Kellner, Packer, Kutscher ꝛc., auch im Betriebe 8 5 thätige Familien⸗ * 3 1 angehörige . 1 233 045 9 483] 1 288 909]¼ 2 531 437 Des weiteren legt das Statistische Amt noch dar, daß in der Urproduktion, der Industrie und dem Handel (den sogenannten materiellen Berufen“*) nahezu ein Drittel der Erwerbsthätigen den „Selbständigen,“ etwas über zwei Drittel den „Abhängigen“ angehört. Verhaͤltnißmäßig am zahlreichsten sei die Klasse der Selbständigen im Handel, am wenigsten in der Industrie vertreten, während die Abhängigen am häufigsten in der Industrie und am wenigsten im Handel auftreten. „Von ganz besonderem Interesse ist es zu sehen, wie dieses Ver⸗ hältniß sich seit dem Jahre 1882 verschoben hat. Folgende Zahlen geben darüber Aufschluß. Es kamen auf 100 Erwerbsthätige:

„b⸗Gehilfen“ „c⸗Gehilfen“ 1895 1882 1895 1882

1,16 0,81 67,77 71,41 3,18 1,55 71,92 64,04 3607 44,67 11,20 9,02 52, 73 46.31

Summe] 28,99 32,03 / 3,29 1,90 67,72 66,07

„Die Zahl der Selbständigen“ bemerkt das Statistische Amt“ dazu „hat sich also in der Landwirthschaft relativ beträchtlich vermehrt, die des Arbeiterpersonals fast um ein Gleiches verringert; umgekehrt ist sowohl beim Handel wie namentlich bei der Industrie eine Abnahme der Selbständigen und eine Vermehrung des Arbeiterpersonals zu konstatieren.“ 1 „Zu dem gleichen Resultat führt eine Vergegenwärtigung der Berufsstellung des männlichen und des weiblichen Ge⸗ 8s innerhalb der Berufsabtheilungen A bis C. Es entfielen

au

Berufsabtheilung

2 817 792

261 907 29 504 326 205 ß617 616

„Selbständige“ 1895 1882

31,07 27,78 24,90 34,41

in der Berufsabtheilung

29Ge⸗ hilfen“

3 239 646 2 380 148 4 963 352 992 261 868 040 11 987 365 005

582 401 9 071 038 39 426] 3 737 414

„p.Ge⸗ hilfen“

78 066 18 107 254 415 9 332 249 920

Erwerbs⸗ bst⸗ thätige Sel 2 überhaupt ständige

5 539 538 2 221 826 2753 154 354 899 6 760 097 1 542 330 1521 1331 519 540 1 758 9000° 640 940

579 6088 202 616

14 058 535 4 405 096 4 853 895] 1 077 055

männlich.. 8 - vzbhh. 1 8 männ 98 8 veüblig,.. männlich.. C. weiblich

In Verhältnißzahlen ausgedrückt und unter gleichzeitiger Heran⸗ ziehung der Vergleichszahlen von 1882, treffen auf 100 Erwerbsthätige:

1 „Selbst⸗ „b⸗Gehilfen“ „e⸗Gehilfen“

ständige“ 1895 1882 18 1895 1882 1895] 1882

Berufsabtheilung

35,27 10,93 30,77 51,42 43,31 50,51

1,41 0,66 3,76 0,61 14,21 2,07

1,07. 0,23 1,84 0,20 10,88 1,06

58,48 86,45 73,42 65,23 49,35 62,97

63,66 88,84 67,39 48,38 45,81 48,43

40,11 12,89 22,82 34,16 36,44 34,96

männlich

. weiblich

männlich

1 wab, männli

8 weiblich männlich [31, 34 s34,17 4,14]/ y2,42] 64,52 63,41

Zusammen—cweihlich 22,19 25,43] 0/81] 0,29] 77,00 74,28

Es ist also gegenüber der 1882 er Zählung auch hier wieder

in der Landwirthschaft eine relative Zunahme sowohl der männ⸗

lichen wie der weiblichen Selbständigen zu verzeichnen, während

s in den beiden anderen Berufsabtheilungen erheblich zurückgegangen

nd. Ganz bedeutend ist diese Abnahme bei den weiblichen Selbst⸗ ändigen. Das umgekehrte Verhältniß zeigt sich bezüglich der An⸗ estellten und Arbeiter. Besonders bemerkenswerth ist hierbei das starke Eindringen des weiblichen Geschlechts in die Klasse der „c⸗Ge⸗ hilfen“ und namentlich auch der „b⸗Gehilfen“ innerhalb der Industrie und des Handels.“

Zum Schluß gedenkt das Statistische Amt noch besonders der sogenannten Hausindustriellen, derjenigen Personen, welche sich bei der Zählung als Zzu Haus für fremde Rechnung beschäftigt bezeichnet haben. Sie sind in Vorstehendem bei den „Selbständigen“ berücksichtigt, wirthschaftlich nehmen sie aber, wie das Statistische Amt bemerkt, zwischen der Klasse der „Selbständigen“ und der „b⸗“ bezw. „c⸗Gehilfen“ eine Mittelstellung ein. Im Jahre 1895 wurden in der Landwirthschaft und Gärtnerei 176, in der Industrie 733 128 hausgewerbliche Personen hausgewerblich Erwerbsthätige (im Hauptberuf), deren Dienst⸗ boten und Angehörige ermittelt. Läßt man, wie das Statistische Amt weiter ausführt, die Hausgewerbetreibenden der Landwirthschaft und Gärtnerei wegen ihrer geringen Zahl außer Rechnung und faßt nur die nähere Gliederung der o116A“ der Industrie ins Auge, so zeigt sich, daß diese sich auf 342 622 Erwerbsthätige (im Hauptberuf), 3216 Dienstboten und 387 290 Angehörige vertheilen. Gegenüber den Zahlen von 1882 bringen die von 1895 einen Rückgang der selbständigen hausgewerb⸗ lichen Personen der Industrie von 339644 auf 287 389 zum Ausdruck. Der Klasse der Gehilfen gehörten nach der 1895er Zählung 55 233 Personenan, 1882 sind die hausindustriellen Gehilfen nicht besonders ermittelt worden. Es ist demnach bei den selbständigen Hausindustriellen ohne deren Angehörige und Dienstboten ein Rückgang. von 15,39 % (bei den männlichen um 10,51 %, bei den weiblichen um 20,59 %) verzeichnet worden. 8 8

Gilt dieser Rückgang für die Selbständigen der Hausindustrie im Hauptberuf, so ist dagegen bei den nebenberuflichen Haus⸗ industriellen die Zahl der Selbständigen gegen 1882 um 14 591 oder 45,34 % gestiegen, und zwar beim männlichen Geschlecht nur um 17,89 %, dagegen beim weiblichen um 71,62 %. Es sind 1895 insgesammt 59 456 Personen als nebenberuflich hausgewerbe⸗ treibend (davon 59 441 überhaupt und 46 775 als Selbständige in der Industrie) bezeichnet worden. Das Statistische Amt hält es dabei aber für nöthig, dem Zweifel Ausdruck zu geben, „ob in jenen Zahlen die nebenberuflichen Haus⸗ industriellen namentlich die weiblichen einiger⸗ maßen vollständig erfaßt sind“. 8

Zur Arb “X“ 8

Aus Leipzig berichtete die „Lpz. Ztg.“ am Montag über die Lohnbewegung der Buchbinder, daß in einer Versammlung mit⸗ getheilt wurde, es seien bereits über 1000 Arbeiter und Arbeiterinnen unter den von den Arbeitgebern bewilligten Bedingungen thätig; für eine eventuelle Arbeitseinstellung stehe der Gewerkschast eine Summe von 45 000 zur Verfügung. Die Buchbindereibesitzer hätten in einer am Freitag abgehaltenen Versammlung zu den Gehilfen⸗ forderungen Stellung genommen, und zwar in einer den Gehilfen fehr günstigen Weise, indem einstimmig folgende Beschlüsse sefäßt worden seien: Die 9 ½ stündige Arbeitszeit inkl. je †stündiger Frü stücks⸗ und Vesperpause wird bewilligt, ebenso der Mindeststunden⸗ lohn von 38 ₰, dieser jedoch mit dem Vorbehalt, daß bei minderwerthigen Leistungen dem Arbeitgeber anheimgestellt ist, den Lohn zu vereinbaren. ür Ueberstundenarbeit wird den männlichen Arbeitern ein Lohnzuschlag von 8 ₰, den weiblichen ein solcher von 4 bewilligt. Hinsichtlich der Annahme des ganzen neuen Gehilfentarifs mußte die Entschließung ausgesetzt werden, bis derselbe fertig vorliegt. Wie nun dem „Vorwärts“ gemeldet wird, soll gestern eine Buchbinderversammlung das Anerbieten der Arbeit⸗ geber abgelehnt haben. 8 1

In Untersachsenberg ist nach dem „Vorwärts“ der Fach⸗ verein der Musikinstrumentenarbeiter aufgelöst worden, weil er mit anderen sozialdemokratischen Arbeitervereinen in Verbindung getreten ist.

In Grabow i. M. sind nach demselben Blatt 17 Vergolder wegen Lohnstreits am 16. September in den Ausstand eingetreten.

Hier in Berlin wurde in einer Versammlung am Montag der allgemeine Ausstand der Schlosser (vgl. Nr. 221 d. Bl.) für beendet erklärt. Ueber acht Werkstätten, wo die Forderungen der Schlosser noch nicht bewilligt sind, wurde die Sperre verhängt. In der Versammlung wurde mitgetheilt, daß jetzt eine Lohn⸗ bewegung in Charlottenburg beginnen solle. Der Ausstand der Glaser ist durch gütliche bei⸗ elegt; ein Theil der Arbeitgeber hat die Forderungen der Gehilfen bewfüigt (vgl. Nr. 222 d. Bl.). Eine Versammlung von Arbeitern und Arbeiterinnen der Buchbindereien verhandelte am Montag über die Ausstandsbewegung in ihrem Gewerbe. Nach dem Bericht der Lohnkommission haben bis zum letzten Sonnabend, dem festgesetzten Erklärungstermin, 33 Werkstuben die Arbeiterforderungen ganz und etwa 20 nur bezüglich der neunstündigen Arbeits⸗ zeit und der prozentualen Lohnerhöhung beywillligt. Die Versammlung beschloß, daß die Arbeiter in den Werk⸗ stuben, welche die Forderungen bis zum 19. d. M. nicht bewilligt haben, am gestrigen Dienstag bei den Fabrikanten nochmals vorstellig werden sollten. Bei ablehnendem Bescheid der Unternehmer sollte die Arbeit sofort niedergelegt werden. Der „Vorwärts“ führt bereits heute 31 Werkstätten auf, deren Arbeiter ausständig sind.

Aus Zürich wird der „Voss. Ztg.“ gemeldet, daß die Arbeiter⸗ union den Boykott über sämmtliche Ringbrauereien be⸗ dingungslos für aufgehoben erklärt hat (vgl. Nr. 225 d. Bl.).

Land- und Forstwirthschaft.

8 Ernteergebniß in Rumänien. - Der von dem vaast Ackerbau⸗Ministerium veröffentlichten vorläufigen Schätzung des diesjährigen Ernteergebnisses entnehmen

ir folgende Zusammenstellung: wir folgende Zus en erg rache rgezgi in h

in ha 243 000 4 305 10o0 1 505 000 25 088 700 607 000 11 201 700 8 281 000 5 187 300 bu“ Fefer, der Maisernte ist bisher noch nicht veröffentlicht worden, doch läßt sich jeßt schon sagen, daß dasselbe bedeutend hinter dem des Vorjahres zurückbleiben wird. Ernteergebniß in Bulgarien. Das diesjährige Ernteergebniß kann mit Ausnahme desjenigen

des Mais als gut mittel bezeichnet werden und soll die vorjährige

Ernte um 10 % überireffen. Der Mais hat unter der anhaltenden Dürre bedeutend gelitten und wird nur ein geringes Ergebniß liefern 8

Ernteergebniß in Dänemark. Die nunmehr im ganzen Lande beendigte Getreideernte kann im allgemeinen als eine Mittelernte und insbesondere die der Winter saaten als über einer Mittelernte stehend bezeichnet werden. Infolge des in letzter Zeit gefallenen Regens sind die Befürchtungen wegen fattermangels geschwunden; auch der Stand der Wurzelgewächse ha gebessert.

Mit der neuen Winteraussaat hat man unter günstigen Witterungs⸗ verhältnissen begonnen.

Verkehrs⸗Anstalten.

Der Fahrplan der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion Kattowitz vom 1. Oktober 1896 enthält folgende wichtigeren Aenderungen gegen den bisherigen Fahrplan: A. Neue Züge: Zur Belebung des Lokalverkehrs im Oberschlesischen Industriebezirk werden eine große Zahl gemischter Züge eingelegt, von welchen zu erwähnen sind auf der Strecke 8 ug 46. Katto⸗ witz ab 11,45 Vorm., Gleiwitz an 12,33 Nachm., vlgla⸗ an Schnell⸗ zug 230 nach Oppeln —Breslau-—Berlin; auf der Strecke Beuthen Laurahütte Kattowitz: Zug 434. Kattowitz ab 11,22 Vorm., An⸗ schluß an den neuen Zug 43 aus Gleiwitz, Ank. 11,11 Vorm. Beuthen O.⸗S. an 12,03 Nachm., gewinnt Anschluß an Schnellzug 230 nach Oppeln —Breslau- Berlin und an Zug 345 nach Morgenroth. B. Ausfallende Züge: Die Züge 249/250 auf der Strecke Falken⸗ berg —-Schiedlow wegen überaus geringer Personenfrequenz C. Sonstige wichtige Aenderungen: Strecke Flmn.. Zug 281. Gleiwitz ab 6,35 Vorm., Beuthen O.⸗S. an 7,26 Vorm., Anschluß an den neuen Zug 353 nach Morgenroth. Zug 284. Beuthen O.⸗S. ab 8,56 Vorm., erhält Anschluß an den neuen Zug 354 von Morgenroth. Gleiwitz an 9,40 Vorm.; Strecke Schwien⸗ tochlowitz Königshütte Beuthen R. O. U. Um den Anschluß an den neuen Zug 44 nach Kattowitz —Gleiwitz zu gewinnen, verkehrt der Zug 306 Schwientochlowitz ab 8,39 statt 8,36 Vorm., Beuthen R. O. ü. an 9,03 Vorm. Zug 308 Schwientochlowitz ab 11,05 statt 10,37 Vorm., Anschluß an den neuen Zug 43 aus Gleiwit, behält in Chorzow den Anschluß an Zug 401 nach Laurahütte. Beuthen R. O. U. an 11,30 statt 11,01 Vorm. Der Anschluß an Zug 344 nach Tarnowitz mußte aufgegeben werden, um den wich⸗ tigeren Anschluß an Zug 43 nach Schwientochlowitz zu gewinnen. ug 316. Um diesem Zage den Anschluß an den neuen Zug 47 zu schern, fährt Zug 316 in Schwientochlowitz ab 10,12 und trifft 10,42 Nachm. in Beuthen O.⸗S. ein; Strecke Peiskretscham —Glei⸗ witz. Um in Gleiwitz an den neuen Zug 43 anzuschließen, werden die Zage 221/263 vorgeschoben und verkehren: Zug 221 in Peis⸗ kreischam bis 9,53, Beuthen O.⸗S. an 10,31 statt 10,41 Vorm. Zug 263. Peiskretscham ab 9,55 statt 10,08 Vorm. Gleiwitz an 10,16 (Zug 43 ab 10,22 Vorm.), Anschluß nach Kattowitz; Strecke Herby —Lublinitz Vossowska. Um namentlich von Lublinitz über Oppeln direkten Anschluß mit Breslau und Berlin an Schnellzug 8. zu gewinnen, wird Zug 484 im Anschluß an Zug 492 von Herby zwischen Lublinitz und ö. später gelegt und ver⸗ kehrt Lublinitz ab 11,40, ossowska an 12,48, Anschluß an Zug 206, Abfahrt 12,599 nach Oppeln Breglau— Berlin; Strecke Tarnowitz Beuthen —Kattowitz. Der Zug 417 im Anschluß an den Schnellzug 3 und Personenzug 223 ven Berlin bis Beuthen R. fährt von Beuthen R. um 6,24 statt 6,24 Nachm. ab und trifft schon 6,45 statt 6,24 Nachm. in Kattowitz ein, sodaß die Abendpost aus der Richtung Berlin noch etwas früher als bisher in Empfang genommen werden kann. Zug 350. Um den Anschluß an den neuen Zug 48 zu gewinnen, Morgenroth Abf. 8,22 statt 8,21 Nachm., in Beuthen von 8,22 bis 9,12 Nachm., Tarnowitz an 9,22 statt 9,72 Nachm. Zug 351. Tarnowitz ab 8,22 statt 8,24 Nachm., in Beuthen O.⸗S. wie bisher von 9,2³¾ bis 9,42 Nachm., Morgenroth an 10,22 statt 10,225 Nachm. Zwischen diesem und dem Zuge 352 verkehren nach und von Beuthen .⸗S. die neuen Züge 356/355.

Aus Dresden meldet „W. T. B.“ über die gestrigen Ver⸗ handlungen des Verbandstages für Binnenschiffahrt, der am Montag dort eröffnet wurde: Der Deutsch⸗Oesterreichisch⸗ Ungarische Verband für Binnenschiffahrt erklärte auf Grund der am 21. und 22. September 1896 geführten Verhandlungen über die Projekte eines Donau⸗Oder⸗, eines Donau⸗Moldau⸗Elbe, und eines Donau⸗Main⸗Kanals, daß die Herstellung leistungsfähiger Binnen⸗ wasserstraßen zur Verbindung der Donau mit den Stromgebieten der Oder, der Elbe und des Mains beziehungsweise des Rheins nicht nur im größten Interesse der zunächst betheiligten Staaten liege, sondern auch zur gedeihlichen Entwickelung und Befestigung der wirthschaftlichen Machtstellung der befreundeten Staaten Mittel⸗ Europas nothwendig sei. Es wird desbalb an alle einzelnen Vereine und ihre Mitglieder sowie die sonstigen Binnenschiffahrtsfreunde das Ersuchen gestellt, für die Verwirklichung dieser Wasserstraßenprojekte mit allen verfügbaren Mitteln einzutreten. Als Ort für die nächste Versammlung, die im Mai 1897 stattfinden soll, wurde Wien gewählt.

8 Theater und Musik. 11““ Neues Theater.

Es ist eine Merkwürdigkeit, daß das geschmackvoll ausgestattete Neue Theater, das so recht dazu angethan ist, dem Zuschauer einen angenehmen Aufenthalt zu bieten, mit den auf seiner Bühne zur Darstellung kommenden Stücken so wenig Glück hat; auch dem gestern zum ersten Male aufgeführten Schauspiel „Juana“ von Alessandro Lanza dürfte kein allzu langes Bühnenleben beschieden sein. Unter dem spanischen Pseudonym soll sich einem Foyergerücht zufolge der in Wien lebende Schriftsteller Hermann Bahr verbergen, auch die Handlung des Stückes ist nach Spanien verlegt; vermuthlich wählte der Autor diesen der Ereignisse weil er dessen für seinen Schlußakt, den er als „Epilog“ bezeichnet, zu bedürfen glaubte. Von den voraufgehenden drei Akten erscheinen der erste und der dritte fast als überflüssig, der zweite allein enthält die eigentliche Handlung, die im wesentlichen genau dieselbe ist, die Heyse in seinem einaktigen Drama „Ehrenschulden“ bearbeitet hat: nämlich daß ein junger Offizier dem alternden Gatten einer schönen, jungen Frau sein Ehrenwort giebt, keine ehebrecherischen Be⸗ ziehungen zu dieser unterhalten zu haben, während solche seit langem bestehen. Bei Heyse endigt der Akt mit dem Tode des Schuldbeladenen, während das Schicksal der Frau, die überhaupt nicht auftritt, uns unbekannt bleibt; Lanza hingegen drängt den Charakter dieser Frau in den Vordergrund der Ereignisse, er wollte die dämo⸗ nische Macht eines bestrickenden, sinnlich⸗überreizten Weibes zeigen, das, nachdem es das Glück semner Umgebung freventlich zerstört, schließlich dem Wahnsinn zum Opfer fällt; aber er hat nur eine schauspielerische Paraderolle geschaffen, die in vier nur lose zusammengefügten Bildern fast die ganze Skala menschlicher Affekte durchmißt. Der erste Akt zeigt Juana'sheuchlerisch⸗leichtfertiges Gebahren in ihrer Häuslichkeit, der zweite ihre Anwesenheit in der Wohnung des Geliebten, wo sie, im Neben⸗ zimmer verborgen, hört, wie dieser ihrem Gatten gegenüber seine Ehre verwirkt; der dritte könnte „Juana's Rache“ heißen, weil sie darin ihrem Gatten den Wortbruch des Freundes und ihre eigene Schande eingesteht, nur um zu verhindern, daß der Geliebte, der noch an der Seite eines unschuldvollen Mädchens sein Glück zu finden hofft, ihr untreu werde. Mit dem Selbstmord des lungen Offiziers endigt dieser Aufzug. Das vierte Bild oder der Epilog zeigt Juana wahnsinnig in einem Klosterhofe; ein Zug von Nonnen zieht vorüber, unter ihnen befindet

ch jenes junge Mädchen, dessen Gluck sie vernichtet hat. Was diesem ganzen theatralischen Aufputz das Hauptinteresse verlieh, war daserste Auf⸗ treten der Frau Reisenhofer an der neuen Stätte ihrer Wirksam⸗ keit. Ihrer Kunst gelang es, der Gestalt der Juana, soweit dies über⸗ haupt möglich ist, Leben einzuflößen. Daß sie bestrickende An⸗

muth und glühende Leidenschaft meisterhaft darzustellen d 2 ist bekannt; neu aber waren die rührenden Töne, die